Der Christushymnus – Philipper 2,5-11 - EGW Bern

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Sonntag, 26. Februar 2017
Kapelle Nägeligasse 9/11, Bern
Predigt: Vanessa Baumann, Pfarrerin EGW, Schwerpunkt Jugend
Der Christushymnus – Philipper 2,5-11
Stell dir vor, du bist ein König, eine Königin. Du wohnst in einem grossen Schloss, regierst über dein
Land und hast viel Macht. Du kannst dir Frühstück ans Bett bringen lassen. Du wirst herumchauffiert.
Du kannst dir, wünschen, was du essen möchtest und es wird gekocht. Du hast alle
Annehmlichkeiten, die ein König haben kann.
Und dann entschliesst du dich, all diese Annehmlichkeiten hinter dir zu lassen, um als Knecht unter
deinen Landsleuten zu leben. Keine Annehmlichkeiten mehr und niemand mehr, der dir dein
gewünschtes Essen kocht. Du musst arbeiten und hast auf deine Stellung und Macht verzichtet. Du
gibst deine Macht auf, dein Schloss, deine Pferde, deine Autos, um als Knecht bei deinem Volk zu
sein. Du lebst von nun an in einem kleinen Bretterhaus ohne richtiges Bett. Du bist nun ein Mensch
aus dem Volk, ein niedriger Mensch aus dem Volk. Wie fühlt sich dies an?
Tauscht kurz mit eurem Sitznachbarn aus. Wie fühlt sich dies an?
Um dies geht es heute. Es geht um einen König, der alles hingegeben hat. Um einen König, der seinen
Platz und seinen Stand aufgegeben hat. Ich spreche hier nicht von einem weltlichen König, sondern
vom König der Könige, vom Herr der Herren. Von Jesus.
Ich lese euch die Verse aus Philipper 2,6-11:
6 der in Gestalt Gottes war und es nicht für einen Raub hielt, Gott gleich zu sein. 7 Aber er machte sich
selbst zu nichts und nahm Knechtsgestalt an, indem er den Menschen gleich geworden ist, und der
Gestalt nach wie ein Mensch befunden, 8 erniedrigte er sich selbst und wurde gehorsam bis zum Tod,
ja, zum Tod am Kreuz. 9 Darum hat Gott ihn auch hoch erhoben und ihm den Namen verliehen, der
über jeden Namen ist, 10 damit in dem Namen Jesu jedes Knie sich beuge, der Himmlischen und
Irdischen und Unterirdischen, 11 und jede Zunge bekenne, dass Jesus Christus Herr ist, zur Ehre
Gottes, des Vaters.
Bei diesen Versen handelt es sich um einen Christushymnus, oder auch Christuslied genannt, wie er
auch im Kolosser, 1Timotheus und im 1Petrus zu finden ist. Diese Verse enthalten auf poetische- und
liederhafte Weise ein Glaubensbekenntnis. Hier geht es nicht um theologische Genauigkeit, sondern
um die Preisung Jesus. In diesen Versen wird Jesus geehrt und Wahrheit weitergegeben.
Vers 6: (Jesus) der in Gestalt Gottes war und es nicht für einen Raub hielt, Gott gleich zu sein.
Das Wort Gestalt kann man auch mit Daseinsweise übersetzen. Jesus war und ist von Ewigkeit an
wirklich Gott. Wir verbinden das Wort «Gestalt» oft mit der äusseren Erscheinung. Oder im
Berndeutschen: Wir haben eine Gestalt gesehen – mehr im Sinn von: ich habe etwas gfürchiges
gesehen. Aber hier geht es nicht um die äussere Gestalt Jesus, sondern um sein Sein. Jesus war wie
Gott. Er war bestimmt durch das Göttliche. Jesus hatte den Status Gottes. Jesus war Gott.
Das griechische Wort, welches hier für «gleich» verwendet wurde, bedeutet: deckungsgleich,
Identitätsgleich. Jesus war gleich wie Gott. Er war Gott.
Weiter heisst es, dass er nicht daran festgehalten hat. Er nutzte diese Stellung nicht aus. Anders als
die meisten Menschen wohl reagiert hätten. Im ersten Mose geht es bereits um dieses «gleich sein
wie Gott»:
1.Mose 3,1-6: 1 Die Schlange war das listigste von allen Tieren, die Gott, der Herr, erschaffen hatte.
»Hat Gott wirklich gesagt«, fragte sie die Frau, »dass ihr keine Früchte von den Bäumen des Gartens
essen dürft?« 2 »Selbstverständlich dürfen wir sie essen«, entgegnete die Frau der Schlange. 3 »Nur
über die Früchte vom Baum in der Mitte des Gartens hat Gott gesagt: `Esst sie nicht, ja berührt sie
nicht einmal, sonst werdet ihr sterben.´« 4 »Ihr werdet nicht sterben!«, zischte die Schlange. 5 »Gott
weiß, dass eure Augen geöffnet werden, wenn ihr davon esst. Ihr werdet sein wie Gott und das Gute
vom Bösen unterscheiden können.« 6 Die Frau sah: Die Früchte waren so frisch, lecker und verlockend
- und sie würden sie klug machen! Also nahm sie eine Frucht, biss hinein und gab auch ihrem Mann
davon. Da aß auch er von der Frucht.
Sie werden sein wie Gott. Sie wollten es sich rauben, so zu sein, wie Gott, aber nicht Jesus. Er war wie
Gott, behielt es aber nicht für sich. Dieser Status stand ihm zu, aber er hielt ihn nicht krampfhaft fest.
Er bestand nicht auf seine göttlichen Rechte.
Nein in Vers 7 können wir lesen:
Aber er machte sich selbst zu nichts und nahm Knechtsgestalt an, indem er den Menschen gleich
geworden ist, und der Gestalt nach wie ein Mensch befunden.
Bei seiner Inkarnation, bei seiner Menschwerdung, machte er sich selbst zu nichts, oder anders
übersetzt: er machte sich leer.
Dieses leermachen wird auch in Ruth 1,21 gebraucht:
Sie verlor ihren Mann und ihre beiden Söhne. In diesem Zusammenhang wird auch dieses leer
machen gebraucht. Bei dieser Stelle geht es um einen Verlust, den Menschen gegen ihren Willen
erfahren. Ruth hat gegen ihren Willen ihren Mann und ihre Söhne verloren. In diesem Vers 7
allerdings geschieht dies nicht gegen den Willen Jesus, sondern er verzichtet freiwillig darauf. Die
Entäusserung basiert auf freiem Willen. Jesus wählte diese Entäusserung in Freiheit. Er verzichtet auf
seine göttliche Macht und Herrlichkeit
Erinnere dich daran, wie ist es dir ergangen, als du vorhin dein Schloss, deine Macht und all deinen
Besitz aufgegeben hast und ein Knecht wurdest.
Den Gott, den wir anbeten, er hat dies getan. Und es ist nicht annähend zu vergleichen mit unserer
Vorstellung.
Wie viel würden Menschen dafür hergeben, wie Gott sein zu können und Jesus, der es war, gab
seinen Status freiwillig auf, um Mensch zu werden. Und wenn ich ehrlich bin, ich muss mir nicht mal
vorstellen in einem Plast zu wohnen, sondern es genügt schon im Kleinen zu denken, was ich alles
hergeben müsste. Mein weiches Bett, mein warmes Zuhause, gutes Essen, warmes Wasser….
Jesus wurde Menschen – nimm dir etwas Zeit und verinnerliche dies. Gott wurde Mensch.
Er machte sich selbst zu nichts. Und in welche Tiefe er sich begab können wir lesen. Er wurde Knecht.
Er wurde hier aber nicht als König geboren. Er kam nicht in einem Palast zur Welt. Nein es heisst, sie
legten ihn in eine Krippe. In eine Futterkrippe für Tiere. Nichts mit einem weichen Bett. Der König der
Könige kam an einem Ort auf die Welt, der nicht einem König entsprach. Und er gab sich mit
Menschen ab, die zu dieser Zeit nichts galten. Er hatte Gemeinschaft mit den Zöllnern. Er berührte
Aussätzige und sprach mit Frauen. Er begab sich zu den Ausgestossenen der Gesellschaft.
Über Jesus wurde nicht eine Hülle gestülpt, eine menschliche Gestalt, sondern er wurde ganz als
Mensch befunden.
Auch in diesem Vers kommt das Wort «gleich» vor. Bereits ein Vers vorher wurde Jesus mit Gott
gleichgesetzt und nun mit den Menschen. Im Griechischen wird hier jedoch ein anderes Wort
verwendet: ὁμοιώματι. Es bedeutet Gleichheit, etwas das durch einen Prozess etwas anderem gleich
wurde. Es bedeutet hier nicht wie in Vers 6 deckungsgleich. Jesus war deckungsgleich mit Gott und
dann, indem er sich zu nichts machte, wurde er den Menschen gleich. Jesus ist durch den Prozess des
Angleichens, wie ein Mensch geworden.
Ist Jesus nun Mensch oder Gott oder beides? Diese Frage hat die Menschen bereits in den ersten
Jahrhunderten nach Jesus beschäftigt und sind ihr im Konzil von Chalcedon 451 nachgegangen.
Das Bekenntnis von Chalcedon 451 n. Chr.
Wir folgen also den heiligen Vätern und lehren alle einmütig, einen und denselben Sohn zu bekennen,
unseren Herrn Jesus Christus. Er ist vollkommen in der Gottheit und vollkommen in der Menschheit,
wirklich Gott und wirklich Mensch aus einer vernünftigen Seele und einem Körper. Er ist dem Vater
wesensgleich nach der Gottheit und uns wesensgleich nach der Menschheit, in jeder Hinsicht uns
ähnlich, ausgenommen die Sünde. Vor aller Zeit wurde er aus dem Vater der Gottheit nach gezeugt, in
den letzten Tagen aber wurde er um unsert- und unseres Heiles willen aus der Jungfrau und
Gottesgebärerin Maria der Menschheit nach geboren.
[Wir bekennen] einen und denselben Christus, den Sohn, den Herrn, den Einziggeborenen, der in zwei
Naturen, unvermischt, ungewandelt, ungetrennt, ungesondert veroffenbart ist. Keineswegs wird der
Unterschied der Naturen durch die Einigung aufgehoben, vielmehr wird die Eigenart jeder Natur
[gerade] bewahrt, und beide vereinigen sich zu einer Person und einer Hypostase.
[Wir bekennen] nicht einen in zwei Personen gespaltenen oder getrennten, sondern einen und
denselben einziggeborenen Sohn, den göttlichen Logos (= Wort), den Herrn Jesus Christus, wie
vorzeiten die Propheten über ihn und [dann] Jesus Christus selbst uns unterwiesen haben und wie es
das Glaubensbekenntnis der Väter uns überliefert hat.
Dies ist der einzige Weg uns Menschen zu retten. Nur Gott als einzig sündloser konnte die Schuld der
Menschen auf sich nehmen, aber nur ein Mensch konnte für die Menschen die Gerechtigkeit Gottes
erfüllen.
Vers 8: erniedrigte er sich selbst und wurde gehorsam bis zum Tod, ja, zum Tod am Kreuz.
Jesus erlebte statt der göttlichen Verehrung und Herrlichkeit die menschliche Vergänglichkeit und
das menschliche Elend. Jesus war Gott gehorsam, gehorsam bis zum Tod. In Mat 26,29 können wir
lesen, dass Jesus betet: Mein Vater, wenn es möglich ist, lass diesen bitteren Kelch an mir
vorübergehen! Aber nicht wie ich will, sondern wie du willst.« Jesus weiss, was auf ihn zukommt, aber
er sagt: Vater dein Wille soll geschehen. Er war Gott gehorsam. Er starb wie ein Verbrecher am Kreuz.
Er starb zwischen Verbrechern. Jesus war Gott gehorsam bis in den Tod.
Vers 9: Darum hat Gott ihn auch hoch erhoben und ihm den Namen verliehen, der über jeden Namen
ist,
Gott hat seinem Sohn alles zugemutet. Er, der doch seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern ihn
für uns alle hingegen hat (Röm 8,32). Gott hat ihn hingegeben bis in die Gottverlassenheit am Kreuz.
Aber dies ist nicht das Ende. Aus der hingebenden Liebe des Sohnes entspringt die erhöhende Liebe
des Vaters. Von der tiefsten Tiefe wird Jesus nun von Gott in die höchste Höhe erhoben, zur Rechten
des Vaters. Er ist nicht nur der Herr über die Gemeinde, sondern der Herr über die ganze Welt. Jesus
ist nicht nur in seine frühere Daseinsweise zurückgekehrt, sondern er ist über alle Macht erhöht.
Diese Erhöhung meint die höchste Erhöhung, die es gibt. Diese Stelle spricht von einem überhöhten
Jesus.
Verse 10 & 11: damit in dem Namen Jesu jedes Knie sich beuge, der Himmlischen und Irdischen und
Unterirdischen, und jede Zunge bekenne, dass Jesus Christus Herr ist, zur Ehre Gottes, des Vaters.
Die Erhöhung von Jesus hat kosmische Bedeutung und die Reaktion darauf ist, die Anbetung durch
die ganze Welt.
Die Redewendung jedes Knie wird sich beugen und jeder Zunge wird bekennen ist ein Zitat aus Jes
45,23: Ich habe mir selbst geschworen, und Gerechtigkeit ist ausgegangen aus meinem Mund, ein
Wort bei dem es bleiben soll: Mir sollen sich alle Knie beugen und alle Zungen schwören.
Dies hat Gott sich selbst geschworen und weisst diesen Anspruch nun Jesus zu. Gott gibt Jesus, was
ihm gebührt. In dem die drei Kategorien Himmlisch, Irdisch und Unterirdisch genannt werden, zeigt
dies, dass ohne Ausnahme alle bekennen werden, dass Jesus der Herr ist. Diese Anbetung hat bereits
begonnen, hat aber ihren Höhepunkt noch nicht erreicht. Und dies geschah zur Ehre des Vaters.
Eines Tages werden alle, ohne Ausnahme alle, Jesus auf ihren Knien anbeten.
(Lied)
In Vers 5 schreibt Paulus: Habt dieselbe Gesinnung in euch, die auch in Jesus Christus war.
An diesen Vers ist der Christushymnus angehängt. Paulus fordert uns auf, dieselbe Gesinnung zu
haben, wie Jesus. Die Gesinnung umfasst das Denken, die Richtung des Willens, es ist ein Entschluss,
Gefühle. Oder in anderen Übersetzungen wir dieser Vers so übersetzt: Geht so miteinander um, wie
Christus es euch vorgelebt hat.
Paulus stellt Jesus nicht als Ideal hin, dass man nicht erreichen kann, sondern vielmehr als Grund für
den Wandel. Durch die Tat Jesus gibt es ein neues Sein und ein neues Denken. Und wir sollen es
Jesus gleichtun. Wir sollen Jesus als unser Vorbild nehmen.
Zwei Punkte möchte ich aufgreifen:

Jesus machte sich selbst zu nichts. Er gab seine Göttlichkeit auf, um Mensch zu werden. Dies
können wir ihm nicht gleichtun. Aber wir können uns den Schwächeren annehmen und uns
zu den Menschen begeben, die als weniger wichtig angesehen werden. Jesus wurde Mensch
und gab sich mit den Zöllnern ab. Er berührte Aussätzige. Er nahm sich all diesen Menschen
an, die ausgestossen waren und weniger Wert hatten in der Gesellschaft. Er gab diesen
Menschen ihre Würde zurück. Er ermöglichte diesen Menschen den Zugang zu anderen
Menschen zu einem sozialen Umfeld. Er machte es möglich, dass diese Menschen zurück in
die Gesellschaft konnten. Lasst uns Menschen sein, die sich auch solchen Menschen
annehmen.
Agnes Bojaxhiu war eine Frau, die dies getan hat. Sie hat sich den Armen angenommen und
mit ihnen gelebt. Sie wuchs in einer vermögenden Kaufmannsfamilie auf, entschloss sich
dann aber ins Kloster zu gehen. In dieser Zeit wurde sie mit dem Elend der Armen
konfrontiert und entschloss sich aus dem Kloster auszutreten und sich um die Armen zu
kümmern. Diese Frau ist besser bekannt als Mutter Teresa.
Nicht jeder von uns hat den Ruf nach Kalkutta zu gehen. Aber jeder von uns hat den Ruf sich
Jesus als Vorbild zu nehmen. Wir müssen nicht weit, um Menschen zu begegnen, die
ausgestossen sind. Menschen, die als weniger Wert angesehen werden. Schon nur wenige
Minuten von hier, beim Bahnhof, finden wir solche Leute.
Ich möchte hier ein weiteres Beispiel nennen, euch kommen sicher noch mehrere in den
Sinn. Etwas, was die ganze Schweiz ja ganz Europa beschäftigt, sind die Flüchtlinge. Sie
werden oft als weniger Wert angesehen. Aber Jesus ging genau zu ihnen. Lasst uns eine
Gemeinde sein, die sich solchen und anderen Menschen die ausserhalb der Gesellschaft sind,
annehmen.
Jesus kam auf diese Welt und lebte mit den Ausgestossenen. Lasst uns Menschen sein, die
seinem Vorbild nacheifern. Und dies heisst auch etwas aufzugeben, was man hat, um es zu
teilen. Sei es auch «einfach» deine Zeit.

Und das Zweite: Lasst uns Gehorsam sein Gott gegenüber. Lasst uns auf sein Wort hören.
Jesus war Gott gehorsam bis in den Tod. Er bat Gott darum, dass dieser Kelch an ihm
vorübergehen würde, aber nicht was er wollte, sollte geschehen, sondern der Wille Gottes.
Lasst uns Menschen sein, die Gott gehorsam sind.
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