GEOTECHNOLOGIEN Science Report

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Die dauerhafte geologische
Speicherung von CO2 in Deutschland –
Aktuelle Forschungsergebnisse
und Perspektiven
Carbon Capture and Storage (CCS) kann zukünftig eine Schlüsselrolle im Portfolio
der CO2-Vermeidungstechnologien spielen. Von zentraler Bedeutung ist die dauerhaft sichere geologische Speicherung des abgeschiedenen Kohlendioxids (CO2).
In der öffentlichen Diskussion werden immer wieder die Sorgen der Bürgerinnen
und Bürger offenkundig, die um die Verlässlichkeit dieser neuen Technologie
fürchten. Für eine sachlich fundierte Diskussion ist die objektive Information durch
die Forschung unentbehrlich. In Deutschland gründet sie auf einer breit gefächerten wissenschaftlichen Expertise, die den Anspruch erhebt, die verschiedenen
Aspekte dieser neuen Technologie unabhängig zu erörtern. Zentrale Fragen sind
dabei: Welche Chancen eröffnet die CCS-Technologie dem Klimaschutz und dem
Technologiestandort Deutschland und welche Risiken ergeben sich für die Bevölkerung und die Umwelt?
Seit 2005 befassen sich im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und
Forschung (BMBF) geförderten Forschungsprogramms GEOTECHNOLOGIEN,
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus unterschiedlichen Fachdisziplinen
und Forschungseinrichtungen mit der CO2-Speicherung. Mit diesem GEOTECHNOLOGIEN-Science Report liegt erstmals eine zusammenfassende Darstellung
zum Forschungsstand und den Perspektiven der CO2-Speicherung in Deutschland
vor. Der Bericht berücksichtigt auch Forschungsarbeiten, die im Rahmen des
COORETEC-Programms, des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie
(BMWi) zum Thema »CO2-Speicherung« gefördert werden.
Science Report
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GEOTECHNOLOGIEN
11.12.2009
Die dauerhafte geologische Speicherung von CO2 in Deutschland
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GEOTECHNOLOGIEN
Science Report
Die dauerhafte geologische
Speicherung von CO2 in Deutschland –
Aktuelle Forschungsergebnisse
und Perspektiven
No. 14
ISSN: 1619-7399
No. 14
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Die dauerhafte geologische Speicherung
von CO2 in Deutschland – Aktuelle
Forschungsergebnisse und Perspektiven
Herausgegeben von:
Ludwig Stroink
J. Peter Gerling
Michael Kühn
Frank R. Schilling
Autoren:
Sebastian Bauer6 · Günter Borm8 · Holger Class5 · Jörg Erzinger3 · Carsten Fichter4 · J. Peter Gerling1 ·
Uwe-Jens Görke7 · Niels T. Hoth2 · Thomas Kempka3 · Stefan Knopf1 · Olaf Kolditz7 · Michael Kühn3 ·
Franz May1 · Robert Meyer9 · Fabian Möller3 · Chan-Hee Park7 · Klaus Reinhold1 · Kurt M. Reinicke4 ·
Frank R. Schilling8 · Ludwig Stroink10 · Catalin Teodoriu4 · Maja Tesmer3 · Wenqing Wang7 ·
Hilke Würdemann3 sowie CLEAN-PARTNER und die CO2SINK-Group
1 Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), Hannover
2 Technische Universität Bergakademie Freiberg
3 Helmholtz-Zentrum Potsdam, Deutsches GeoForschungsZentrum – GFZ
4 Technische Universität Clausthal
5 Universität Stuttgart
6 Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
7 Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ, Leipzig
8 Karlsruher Institut für Technologie – KIT
9 GDF SUEZ E&P Deutschland GmbH
10 Geschäftsstelle GEOTECHNOLOGIEN; Helmholtz-Zentrum Potsdam, Deutsches GeoForschungsZentrum – GFZ
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Impressum
Schriftleitung
Dr. Ludwig Stroink
© Koordinierungsbüro GEOTECHNOLOGIEN, Potsdam 2009
ISSN 1619-7399
The Editors and the Publisher can not be held responsible for the opinions expressed and
the statements made in the articles published, such responsibility resting with the author.
Die Deutsche Bibliothek – CIP Einheitsaufnahme
Die geologische Speicherung von CO2 –
Aktuelle Forschungsergebnisse und Perspektiven
Potsdam: Koordinierungsbüro GEOTECHNOLOGIEN, 2009
(GEOTECHNOLOGIEN Science Report No. 14)
ISSN 1619-7399
Bezug / Distribution
Koordinierungsbüro GEOTECHNOLOGIEN
Telegrafenberg
14473 Potsdam, Germany
Fon +49 (0)331-288 1071
Fax +49 (0)331-288 1077
www.geotechnologien.de
[email protected]
Bildnachweis Titel / Copyright Cover Picture:
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Inhaltsverzeichnis
Vorwort ....................................................6
1. Zusammenfassung
»Für den schnellen Leser« ................. 8
7. Prozessmodellierung
zur Risikoabschätzung ..................... 66
8. Bohrlochsicherheit – Entwicklung
CO2-resistenter Materialien.............. 78
2. Einleitung ........................................ 20
3. Speicherpotenziale für CO2
in Deutschland ................................ 28
4. Sicherheit des CO2-Speichers –
potenzielle Leckagepfade und
Gefährdungsabschätzung ................ 40
5. Chemische Wechselwirkungen
zwischen injiziertem CO2 und
Speichergesteinen, Deckgesteinen
und salinaren Formationswässern .... 50
9. Monitoring, Überwachung
zukünftiger CO2-Speicher ................ 88
10. Pilotprojekte zur CO2-Speicherung
in Deutschland ............................. 104
11. Internationale Aktivitäten .............. 120
12. Literaturverzeichnis ....................... 124
13. GEOTECHNOLOGIEN
Science Reports – Already
published/Editions ......................... 138
6. Biogeochemische Wechselwirkungen –
langfristige mikrobielle Umwandlung
des gespeicherten CO2 .................... 58
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VORWORT
Damit Deutschland seine Klimaziele erreichen und
seiner klimapolitischen Vorreiterrolle gerecht werden kann, sind realistische Optionen nötig, um die
anthropogenen Treibhausgasemissionen deutlich
zu reduzieren. Ein Schlüssel sind neue Energietechnologien: sowohl auf der Angebotsseite, d. h. dort,
wo Energie produziert wird, wie auch auf Nachfrageseite, also dort, wo Energie verbraucht und eingespart wird. In Deutschland ist insbesondere die
Angebotsseite in der öffentlichen Diskussion. Unumstritten ist, dass der Anteil der regenerativen
Energieproduktion in den nächsten Jahren deutlich
gesteigert werden muss. Wie der Anteil der Wasser-, Sonnen- bzw. Windenergie und der Geothermie weiter ausgebaut werden kann, ist derzeit Gegenstand diverser Forschungsvorhaben und wird
von Seiten der Bundes- und Landesregierungen
mit erheblichen Finanzmitteln gefördert.
Prognosen gehen jedoch davon aus, dass in den
kommenden Jahrzehnten die heimische Kohle –
neben den regenerativen Energien – ein bedeutender Bestandteil im deutschen Energiemix bleiben wird. Voraussetzung ist der Bau CO2-armer
Kraftwerke. Als eine mögliche Schlüsseltechnologie gilt hier CCS (CCS = Carbon Capture and
Storage). Diese Technologie ließe sich nicht nur im
Kraftwerksbereich, sondern in vielen anderen
CO2-intensiven Produktionsbereichen, wie beispielsweise in der Stahlproduktion oder in der Zementindustrie, aber auch bei der Erzeugung von
regenerativer Energie aus Biomasse einsetzen.
Für die erfolgreiche Einführung der CCS-Technologie ist die dauerhaft sichere geologische Speicherung des abgeschiedenen Kohlendioxids (CO2)
von zentraler Bedeutung. Sie wird hierzulande kontrovers diskutiert. Offenkundig werden dabei immer wieder die Sorgen der Bürgerinnen und
Bürger, die um die Verlässlichkeit dieser neuen
Technologie fürchten. Für eine fundierte Diskus-
sion ist eine objektive Information durch die Forschung unentbehrlich. Sie gründet auf einer breit
gefächerten und unabhängigen wissenschaftlichen Expertise und erhebt den Anspruch, wertneutral »beide Seiten der Medaille« wissenschaftlich zu beleuchten. Zentrale Fragen sind dabei:
Welche Chancen eröffnet die CCS-Technologie
dem Umweltschutz und dem Technologiestandort
Deutschland und welche Risiken ergeben sich für
die Bevölkerung und die Umwelt?
In dem Forschungsprogramm GEOTECHNOLOGIEN
befassen sich seit dem Jahr 2005 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus unterschiedlichen Fachdisziplinen und Forschungseinrichtungen
mit der CO2-Speicherung. Nach vier Jahren intensiver Arbeit, die zumeist in enger Kooperation mit
ausländischen Experten durchgeführt wurde, liegt
mit diesem GEOTECHNOLOGIEN-Sonderband erstmals eine zusammenfassende Darstellung zu dem
Stand und den Perspektiven der CO2-Speicherung
in Deutschland vor. Der Bericht berücksichtigt darüber hinaus Forschungsarbeiten, die im Rahmen
des COORETEC-Programms zum Thema »CO2Speicherung« gefördert werden.
Mit den hier vorgestellten wissenschaftlichen Ergebnissen und Fakten will der Bericht einen Beitrag
leisten zu einem offenen Diskurs über die geologische CO2-Speicherung. Die Herausgeber danken
den Autorinnen und Autoren, die an der Fertigstellung des vorliegenden Berichtes mitgewirkt haben.
Die Kapitel reflektieren dabei die unterschiedlichen
Akzente der zahlreichen Disziplinen, die auf diesem
hochaktuellen Forschungsgebiet tätig sind.
Potsdam, Hannover, Karlsruhe im Oktober 2009
Ludwig Stroink, J. Peter Gerling, Michael Kühn,
Frank Schilling
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»Die CCS-Technologie (Carbon Capture and Storage) kann einen
wesentlichen Beitrag zur Reduktion der anthropogenen CO2Emissionen leisten. Es liegt an uns, diese technisch machbare
Technologie ökologisch akzeptabel und sicher für die Bevölkerung
zu nutzen.«
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Zusammenfassung – »Für den schnellen Leser«
Anthropogenes CO2 wird insbesondere dann freigesetzt, wenn Kohle, Erdöl, Erdgas oder Biomasse
verbrannt werden. Heute liegt die CO2-Konzentration in der Atmosphäre mit circa 380 ppm
deutlich über dem vorindustriellen Niveau von
rund 280 ppm. Falls der Anstieg der anthropogenen CO2-Emissionen nicht deutlich reduziert werden sollte, erwarten die meisten Klimaexperten
Konzentrationen von über 700 ppm bis Ende dieses Jahrhunderts. Die Folgen könnten eine globale Erwärmung, eine Zunahme extremer Wettersituationen und irreversible Schäden für viele Ökosysteme sein. Das Intergovernmental Panel of
Climate Change (IPCC) hält eine maximale Erwärmung der mittleren Oberflächentemperatur der
Erde um maximal 2 °C gegenüber der vorindustriellen Zeit für noch tolerabel. Um dieses Ziel zu realisieren, müssen die globalen CO2-Emissionen weltweit zunächst stabilisiert und bis 2050 auf etwa
die Hälfte der Werte von 1990 reduziert werden.
Aktuelle Prognosen zeigen, dass national wie international in den nächsten Jahrzehnten mit
einem steigenden Energiebedarf zu rechnen ist.
Kohle wird nach Einschätzung der Internationalen
Energie Agentur (IEA) auch zukünftig eine wichtige Rolle spielen. Neben Einsparmaßnahmen, einer
effizienteren Energieerzeugung und dem steigenden Anteil erneuerbarer Energien gilt die Abscheidung und geologische Speicherung von CO2
(CCS: Carbon Capture and Storage) als eine wichtige Option, anthropogene CO2-Emissionen deutlich zu reduzieren. Darüber hinaus könnten die
CCS-Technologien auch bei CO2-intensiven Industrieprozessen wie der Stahl- oder Zementerzeugung eingesetzt werden. Mit CCS ausgestattete
Anlagen zur Erzeugung von Bioenergie würden
1
gar zu »negativen CO2-Bilanzen« beitragen. CCS
kann damit ein wichtiges Element im Portfolio der
CO2-Vermeidungstechnologien werden, auch
wenn mittelfristig regenerative Energien in
Deutschland und weltweit den Energiemix dominieren werden. Durch den Export dieser Klimaschutztechnologie können sich zudem attraktive
wirtschaftliche Perspektiven für die deutsche
Industrie eröffnen.
Die CCS-Technologie besteht aus drei Prozessschritten: CO2-Abscheidung, -Transport und -Speicherung. Sie sind eine Kette, in der jedes Glied unmittelbar in das andere greift. Die sichere CO2Speicherung ist dabei entscheidend, um die Technologie erfolgreich einsetzen zu können.
Auf »benachbarten« Technologiefeldern, wie der
Suche und unterirdischen Speicherung von Erdgas
und Erdöl, hat Deutschland bereits eine jahrzehntelange Erfahrung und ein großes technologisches
»Know-how«. Dabei werden ebenfalls hohe Sicherheitsanforderungen erfüllt. Dank dieser Wissensbasis lässt sich schon heute sagen, dass die
unterirdische Speicherung von CO2 für Mensch
und Umwelt generell risikoarm umgesetzt werden
könnte, wenn wir verantwortlich mit dieser neuen
Technik umgehen. Erste Ergebnisse an Pilotstandorten im Forschungsmaßstab sind vielversprechend. Für eine fundierte Bewertung der Technologie sind aber weitere Untersuchungen unerlässlich. Die Entwicklung und Erprobung der CCSTechnologie ist daher eine Maßnahme in dem Integrierten Energie- und Klimaprogramm der Bundesregierung mit dem Ziel, den Bau von Demonstrationskraftwerken möglich zu machen.
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In Deutschland werden Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zur CCS-Thematik im Wesentlichen
durch die beiden Bundesministerien für Bildung
und Forschung (BMBF) und Wirtschaft und Technologie (BMWi) koordiniert und gefördert. Die unterirdische Speicherung von CO2 und die damit
verbundenen Forschungsarbeiten werden im Wesentlichen durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des FuEProgramms GEOTECHNOLOGIEN gefördert. Entsprechend dem interdisziplinär und institutionell
breit gefächerten Ansatz sind deutschlandweit 37
Universitäten und außeruniversitäre Einrichtungen
an entsprechenden Forschungsprojekten beteiligt
(s. a. Kap. 2, Seite 20 ff.). Auf diese Weise wird
eine unabhängige wissenschaftliche Expertise bereit gestellt. Alle Forschungsarbeiten werden in
enger Abstimmung mit internationalen Forschergruppen durchgeführt.
Was ist Kohlendioxid und wie wirkt es?
Kohlendioxid (CO2) ist ein geruch- und farbloses
Gas. Es ist lebenswichtiger Bestandteil unserer Atmosphäre und in Lebensmitteln (z. B. Mineralwasser) enthalten. Erst in höheren Konzentrationen ist
CO2 gesundheitsgefährdend. Konzentrationen über
20 % können innerhalb von 20 bis 30 Minuten
zum Tode führen. CO2 ist schwerer als Luft und
kann sich in Bodennähe sammeln, verwirbelt
aber bereits bei geringer Luftbewegung.
CO2 ist weder brennbar noch explosiv. Es wird daher auch als Löschsubstanz in Feuerlöschern eingesetzt. Es handelt sich also um ein harmloseres
Gas als Stadtgas oder Erdgas, die mit vergleichbarer Technologie in vergleichbaren Speichern gelagert werden.
Natürliche CO2-Ausgasungen sind allgegenwärtig.
So geben Böden infolge mikrobieller Aktivitäten
erhebliche Mengen CO2 ab. Messungen auf landwirtschaftlich genutzten Flächen im brandenburgischen Ketzin ergaben, dass pro Jahr 4000 Tonnen
CO2 pro Quadratkilometer im biogenen CO2-Kreislauf mit der Atmosphäre ausgetauscht werden.
9
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Speicherpotenziale in Deutschland
Die Speicherung von CO2 erfolgt in der Regel in
Gesteinsformationen, die mehr als 800 Meter
unterhalb der Erdoberfläche bzw. des Meeresbodens liegen. Aufgrund der hier herrschenden
Druck- und Temperaturverhältnisse hat das CO2
eine um etwa den Faktor 300 größere Dichte als
bei Atmosphärenbedingungen. Dadurch kann der
vorhandene Porenraum der Speichergesteine optimal genutzt werden. Kohlendioxid verhält sich
unterhalb dieser Tiefe wie eine Flüssigkeit mit sehr
geringer Viskosität.
Für die geologische CO2-Speicherung in Deutschland sind – hinsichtlich ihrer Kapazitäten – (ausgeförderte) Erdgasfelder und tiefe Sole führende
Gesteinsschichten (sogenannte salinare Aquifere)
die mit Abstand aussichtsreichsten Speicheroptionen (s. a. Kap. 3, Seite 28 ff.). Eine CO2-Speicherung in tiefen, nicht abbaubaren Kohleflözen
unter gleichzeitiger Gewinnung von Flözgas
kommt in Deutschland wegen der Kohlequalitäten (geringe Permeabilitäten) und damit verknüpfter geringer Injektionsraten zurzeit nicht in
Betracht. Ausgeförderte Erdölfelder sind in
Deutschland in der Regel zu klein.
Das CO2-Speicherpotenzial in den deutschen Erdgaslagerstätten ist von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) im Rahmen
der EU-Projekte GESTCO und GeoCapacity bestimmt worden. Demnach liegt das abgeschätzte
Gesamtpotenzial für 39 Erdgasfelder bei circa
2,8 Gt CO2 (1 Gigatonne = 1 Mrd. Tonnen). Die
CO2-Speicherkapazität salinarer Aquifere in
Deutschland wird mit 12 - 28 Gt CO2 abgeschätzt
(Stand: 01.01.2006).
Mit einer Sedimentmächtigkeit von regional mehr
als 10000 Metern und einer Ausbreitung über den
gesamten norddeutschen Raum besitzt das Norddeutsche Becken das mit Abstand größte Potenzial
zur tiefen geologischen CO2-Speicherung. Darüber
hinaus gibt es CO2-Speicherpotenziale im Molassebecken nördlich der Alpen, im Oberrheingraben,
im Saar-Nahe-Becken, im Thüringer Becken, in der
Münsterländer Oberkreidemulde und in der
Hessischen Senke.
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Fazit
Noch sind die bestehenden Angaben über die
Speicherpotenziale in Deutschland zu ungenau.
Um eine detaillierte Bilanzierung des CO2-Gesamtspeicherpotenzials im tieferen Untergrund
Deutschlands vornehmen zu können, ist ein umfassendes und tiefgreifendes Verständnis zur Verbreitung und Qualität von Speicher- und Abdeckgesteinen zwingend erforderlich – und zwar in
einer bundesweit einheitlichen Systematik. Daher
wird gegenwärtig das vom Bundesministerium für
Wirtschaft und Technologie (BMWi) und einem
Industriekonsortium geförderte Projekt »SpeicherKataster« gemeinsam von der BGR und den
Staatlichen Geologischen Diensten der Länder
durchgeführt (s. a. Kap. 3, S. 28). Ein weiterer
Baustein ist das kürzlich von BGR, LBEG und BSH
begonnene Projekt »Geopotenzial der deutschen
Nordsee«, in dem u. a. auch für diesen Raum das
Speicherpotenzial erarbeitet wird.
Sicherheit eines CO2-Speichers – potenzielle
Leckagepfade
Die derzeit technologisch wichtigste Option zur
geologischen Speicherung von CO2 sind tiefliegende poröse Sandsteine. Die Poren der Sandsteine
sind entweder mit Restgas (im Falle von Erdgaslagerstätten) oder mit Salzwasser, sogenannte Solen, gefüllt.
Um Umweltrisiken auszuschließen, muss verhindert werden, dass entweder CO2 aus der Speicherschicht austritt oder Solen in höher gelegene
Trinkwasserleiter oder Oberflächengewässer gelangen. Der Speicher muss daher durch eine oder
besser gleich mehrere für Fluide und Gase sehr
gering durchlässige Schichten aus Ton- oder Salzgestein abgedichtet sein (Multi-Barriere-System).
Darüber hinaus ist ein Verständnis der hydraulischen Systeme über große Bereiche eine wesentliche Voraussetzung, um die Verunreinigung von
Trinkwasser zu vermeiden. Entsprechend den
Empfehlungen des IPCC sind nur minimale Verluste erlaubt, die nicht mehr als 0,01 Prozent pro
Jahr betragen sollten, um einen effektiven Beitrag
zur Reduktion des anthropogenen Ausstoßes des
Treibhausgases CO2 zu erzielen. Rein rechnerisch
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bedeutet dies, dass selbst nach 1000 Jahren weniger als 10 Prozent des ursprünglich eingelagerten
CO2 entwichen sein dürfen; eine Menge, die langfristig von den natürlichen CO2-Kreisläufen verarbeitet werden kann. Neben der intensiv überwachten Betriebsphase des Speichers ist daher
auch die Langzeitsicherheit von Speichern zu
bewerten (s. a. Kap. 9, Seite 88 ff.)
1
Die Deckschichten unmittelbar über einer
Speicherstruktur stellen die erste Barriere für eine
CO2-reiche Gasphase dar. Modellvorstellungen
über den CO2-Transport gehen davon aus, dass
CO2 durch langsamen Aufstieg im porösen Speicher die »dichten« Abdeckformationen erreicht,
sich darunter sammelt und lateral ausbreitet.
Solche »Cap Rocks« haben im Falle von Erdölund Erdgaslagerstätten über Millionen von Jahren
ihre weitgehende Dichtigkeit bewiesen. (Überkritisches) CO2 sowie kohlensäurehaltige Salzwässer
reagieren mit den Tongesteinen jedoch anders als
Kohlenwasserstoffe und können unter bestimmten Umständen die Dichtigkeit von Deckschichten herabsetzen, z. B. durch die Lösung von
Kalzit aus kalkhaltigen Deckgesteinen (z. B. Mergel). Bei der Speicherung von CO2 sind vor allem
die langsamen Reaktionen für die Langzeitsicherheit von Bedeutung (s. Kap. 5, Seite 50 ff.). Allerdings wurden bislang erst wenige experimentelle
Untersuchungen zur Geschwindigkeit der möglichen Reaktionen durchgeführt. Ihnen wird in
den laufenden Forschungsprojekten daher besondere Bedeutung zugemessen. Die Reaktionsraten
für viele natürliche Minerale werden schon bald
besser bekannt sein, so dass auch Computersimulationen für eine verlässliche Prognose von
Gesteinsumwandlungen gezielter einsetzbar sind
(s. Kap. 7, Seite 66 ff.).
Viele Experimente, aber auch die meisten geochemischen Modellierungen, berücksichtigen ausschließlich den Einfluss von reinem CO2 auf Formationswässer sowie Speicher- und Deckgesteine. Der Einfluss von in CO2 gelösten Spurenelementen, wie SO2 und NO2, auf die Formationswässer und -gesteine, ist daher Gegenstand verschiedener Forschungsprojekte. Industriell abge-
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schiedenes CO2 enthält in geringem Maße
Verunreinigungen mit N2, Ar, O2, SO2, NOx, H2S
etc. Selbst Spuren von SO2 und NO2 reagieren mit
den Formationswässern zu Säuren, wie Schwefeloder Salpetersäure. Sie könnten die Speichergesteine intensiver als Kohlensäure verändern. Bei Quarz-dominierten Sandsteinen und
Salzschichten sind auch bei verunreinigtem CO2
keine ausgeprägten Alterationsprozesse zu erwarten (s. a. Kap. 5, Seite 50 ff.).
Deckschichten können durchlässiger werden,
wenn der Injektionsdruck die Festigkeit des Gesteins im lokalen Spannungsfeld überschreitet und
Risse gebildet werden. Umfangreiche Kenntnisse
zum geomechanischen Verhalten von Sand- und
Tonsteinen konnten in der Erdöl- und Erdgasproduktion und bei der tiefen geothermischen
Energiegewinnung erworben und für die geologische CO2-Speicherung genutzt werden. Hier werden Gesteine gezielt »gefract«, um die Produktionsraten zu erhöhen. Die Bedingungen zur Bildung und Ausbreitung von Rissen in Gesteinen sind
daher grundsätzlich bekannt, in heterogen zusammengesetzten Gesteinsformationen aber nicht immer präzise vorherzusagen. Welchen Einfluss die
Injektion von CO2 auf die Festigkeitseigenschaften
von Reservoir und Deckschichten hat, wird in Forschungsprojekten derzeit untersucht.
In den Speichergesteinen werden die schwachsauren und an Kohlensäure reichen Formationswässer mit zahlreichen Gesteinsbestandteilen chemisch reagieren und falls schwerlösliche Karbonate als Reaktionsprodukte entstehen, wäre das eingespeiste CO2 endgültig fixiert und für Millionen
Jahre dem Kohlenstoffkreislauf entzogen. Mögliche Reaktionen zwischen CO2, Gestein und Formationswässern sind aus oberflächennahen Prozessen und experimentellen Untersuchungen bekannt. Die chemisch-mineralogischen Prozesse
und petrophysikalischen Veränderungen in großen Tiefen sind Gegenstand verschiedener nationaler und internationaler Forschungsvorhaben
(s. a. Kap. 5, Seite 50 ff.).
11
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Biogeochemische Wechselwirkungen im tiefen Untergrund, der sogenannten »tiefen Biosphäre«,
und die dort vorherrschenden anaeroben Stoffwechselprozesse sind erst seit wenigen Jahren in
den Fokus der Forschung gerückt. Im Zusammenhang mit der CO2-Speicherung sind die biogeochemischen Prozesse von Interesse, an denen CO2
beteiligt ist. Dies gilt im Besonderen für (i) die
sekundäre Methanbildung, (ii) die CO2-fixierende
Sulfatreduktion und (iii) den mikrobiellen Einfluss
auf die Karbonatbildung (s. a. Kap. 6, Seite 58).
Die Methanbildung interessiert unter dem Aspekt
der langfristigen CO2-Umwandlung zu einem
Energierohstoff. Die autotrophe Sulfatreduktion ist
verknüpft mit einer unerwünschten Sauergasbildung und der Korrosion an Bohrungen. Die biogene Karbonatbildung stellt einen wesentlichen
Aspekt zur Erhöhung der Speichersicherheit dar.
Die Charakterisierung mikrobieller Lebensgemeinschaften im tiefen Untergrund wurde in den letzten Jahren durch neue kultivierungsunabhängige
Untersuchungsmethoden vorangetrieben. In dem
GEOTECHNOLOGIEN-Projekt RECOBIO wurden in
tiefen erdgasführenden Formationen aktive Mikroorganismen (Archaea oder »Urmikroorganismen« und Bakterien) in den Formationswässern
nachgewiesen. Die Archaeen waren nahezu vollständig den Methanbildnern zuzuordnen, die
Bakterien den CO2-fixierenden, sulfatreduzierenden Formen. Im Rahmen des CO2SINK-Projekts
wurden mit molekularbiologischen Methoden
ebenfalls aktive Bakterien und Archaeen nachgewiesen, darunter auch verschiedene sulfatreduzierende Arten, die autotroph mit Wasserstoff und
CO2 leben können. Erste Laborexperimente zeigen, dass an den Silikatmineralen der Sandsteine
Wasserstoff für die Mikroorganismen zur Verfügung steht. Infolge der CO2-Einwirkung erhöht
sich die Menge des verfügbaren Wasserstoffs
noch. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für die
biogeochemische CO2-Transformation zu Methan
(CH4) (s. a. Kap. 6, 10, Seite 58 und 104).
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Von Bedeutung für die Speichersicherheit sind
auch natürliche Störungen, das heißt Flächen, die
– in der Regel – verschiedene Gesteinsformationen »durchschneiden« und an denen Gesteinspakete gegeneinander versetzt sind. Störungen
können bis an die Erdoberfläche reichen und möglicherweise Wegsamkeiten mit erhöhter Durchlässigkeit für CO2 darstellen. Meist zeichnen sich
Störungen jedoch durch eine geringe Permeabilität aus und bilden so Fließbarrieren – beispielsweise gilt das für alle Erdölfelder in der süddeutschen Molasse. In jedem Fall ist es für die
Beurteilung der Eignung eines Standorts unerlässlich, das Inventar der Störungen im Bereich des
Speichers vollständig zu erfassen und zu charakterisieren. Zur Erkundung von Störungen im Untergrund werden vor allem seismische Verfahren
eingesetzt. Diese in der Erdöl- und Erdgassuche
etablierte Technologie wird im Rahmen des GEOTECHNOLOGIEN-Programms derzeit erfolgreich
optimiert, insbesondere was das Auflösungsvermögen dieser Verfahren betrifft. Zur Erfassung
geologisch junger, noch aktiver Störungen werden
geodätische Verfahren und Fernerkundungsmethoden eingesetzt. Sie messen Bewegungen
der Erdoberfläche, die weit unterhalb des Auflösungsvermögens seismischer Verfahren liegen.
Fazit
Die Reaktionsmechanismen zwischen CO2 aus
Industriequellen und dem umgebenen Gestein
sind bislang nur teilweise verstanden und werden
daher aktiv untersucht. Angesichts der mannigfaltigen Einflussgrößen, wie der wechselnden Zusammensetzung von Gesteinen und Formationswässern, Verunreinigungen des injizierten CO2Stroms sowie unterschiedlicher Druck- und Temperaturbedingungen im Untergrund, werden derzeit weltweit geochemische Laborexperimente
durchgeführt, um zu einem quantitativen Verständnis der Alterationsreaktionen in Deck- und
Speichergesteinen zu gelangen. In Deutschland
befassen sich insbesondere die GEOTECHNOLOGIEN-Projekte ALCATRAP, CO2-MoPa, CO2TRAP,
COSONOStRA, CO2SEALS, COMICOR, CSEGR,
CLEAN und COORAL (COORETEC-finanziert) mit
diesem wichtigen Thema.
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Geomechanische Prozesse werden im Zusammenhang mit der CO2-Speicherung erst seit kurzem
wissenschaftlich untersucht. Besondere Bedeutung
kommt den Deckschichten zu, die bei Überschreitung eines maximalen Injektionsdruckes brechen
können. Neben einem detaillierten Prozessverständnis können numerische Modellierungen zum komplexen Bruchverhalten im realen Untergrund helfen, die bei Speicheroperationen auftretende Mikroseismizität zu steuern und zu reduzieren. Petrophysikalische und gesteinsmechanische Untersuchungen werden u. a. in den Forschungsprojekten
CO2SEALS, COSMOS, CO2-MoPa, CO2SINK, CLEAN – sowohl unter Labor- als auch unter realistischen Bedingungen vor Ort – durchgeführt.
1
Die verschiedenen Prozesse der biogeochemischen Wechselwirkungen in der »tiefen Biosphäre« sind in ihren Anfängen erfasst. Es bedarf vertiefender Untersuchungen, um diese Mechanismen, insbesondere im Zusammenhang mit der
CO2-Speicherung, besser zu verstehen. Zum
einen, um ihre mittel- bis langfristigen Auswirkungen auf die CO2-Speicherung genauer extrapolieren zu können, zum anderen, um kurzfristige
Auswirkungen im Speicherbetrieb besser zu verstehen und damit adäquat reagieren zu können.
In Deutschland befassen sich u. a. die Projekte
RECOBIO und COSMOS, sowie das Pilotprojekt
CO2SINK mit anaeroben, mikrobiellen Stoffwechselprozessen.
Prozessmodellierung zur Risikoabschätzung
Die mathematische Modellierung und Simulation,
wie das Gestein auf die CO2-Injektion reagiert und
wie sich das CO2 im Untergrund ausbreitet, ist von
fundamentaler Bedeutung für Risikoanalysen und
die Beurteilung der Langzeitsicherheit eines Speichers (s. a. Kapitel 7, Seite 66 ff.). Hierzu müssen
alle Transportprozesse sowie die Wechselwirkungen zwischen injiziertem CO2 und den Speicherbzw. Deckgesteinen berücksichtigt werden.
Die Modellierung der CO2-Ausbreitung im Untergrund erfolgt in aller Regel auf der Basis eines
Mehrphasensystems (Wasser, CO2, Gestein). Die
Modellierung von Mehrphasenströmungen in
porösen Medien, insbesondere im natürlichen
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Untergrund, ist in Wissenschaft und Praxis seit
Jahrzehnten etabliert. Klassische Anwendungsfelder sind einerseits Erdöl- und Erdgaslagerstätten,
z. B. zur Erhöhung der Produktion. Andererseits
finden Modellierungen im Umweltsektor routinemäßige Anwendung, wie z. B. zur Vorhersage der
Ausbreitung von Schadstoffen im Untergrund,
oder bei thermisch unterstützten In-situ-Sanierungsverfahren, wie der Dampfinjektion.
Bislang durchgeführte Forschungsarbeiten zur
Simulation von geochemischen Prozessen bei der
CO2-Speicherung konzentrierten sich hauptsächlich auf exemplarische und vereinfachte Modelle.
Sie umfassen eindimensionale, zweidimensionale oder dreidimensionale Simulationen der Strömungs- und Transportvorgänge. Hierbei wird offensichtlich, dass mit zunehmender Dimensionalität und Komplexität der Geologie (MehrschichtModelle) eine Identifizierung der dominanten geochemischen Prozesse schwierig wird. Der Forschungsschwerpunkt der numerischen Modellierung liegt daher in der Weiterentwicklung und
Kopplung von bestehenden Simulationsprogrammen. Für Langzeitbetrachtungen und Sicherheitsanalysen ist insbesondere eine gekoppelte thermo-hydro-mechanisch-chemische Modellierung
(THMC) der beteiligten Prozesse notwendig, wie
sie in dem GEOTECHNOLOGIEN-Projekt CO2MoPa
und dem Pilotprojekt CLEAN durchgeführt wird.
Die Zuverlässigkeit von Simulationsergebnissen
hängt maßgeblich davon ab, ob ein Modell ausreichend validiert bzw. verifiziert werden kann.
Besondere Bedeutung haben in diesem Zusammenhang experimentelle Daten, die unter bestmöglich kontrollierten Bedingungen erzeugt wurden. Die experimentellen Arbeiten können durch
natürliche Analoga und numerische Modellvergleichsstudien ergänzt werden. Eine von der Universität Stuttgart im Rahmen des GEOTECHNOLOGIEN-Projekts BENCHMARK koordinierte Modellvergleichsstudie konnte zeigen, dass die derzeit verfügbaren Modelle in der Lage sind, die
wesentlichen Prozesse übereinstimmend und mit
nur kleinen Abweichungen abzubilden. Unsicherheiten in den Modellprognosen entstehen
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vorwiegend durch unterschiedliche Interpretation von Randbedingungen, Diskretisierungseffekten, Heterogenitäten und vor allem durch
die Unsicherheit der Modelleingangsdaten
(s. Kapitel 7, Seite 66 ff.).
In dem Pilotprojekt CO2SINK am Standort Ketzin
besteht die einzigartige Möglichkeit, unterschiedliche Modellieransätze und Modellierungsprogramme an den realen Vorgängen im Untergrund
zu »kalibrieren« (s. a. Kapitel 10, Seite 104 ff.).
Dazu wurden die verschiedenen Modellierungsergebnisse mit den realen Beobachtungen verglichen sowie das Monitoring-Konzept aufgrund
der Modellvorhersagen ausgelegt. Die in den Modellen prognostizierte Ankunft des (reinst) CO2 in
der ersten Beobachtungsbohrung in Ketzin (50 m
Entfernung zur Injektionsbohrung) stimmt mit
den realen Messungen gut überein. Damit bilden
Modellierungen eine unverzichtbare Basis für die
Planung des Monitoring-Ablaufes und des Injektionsregimes. Der zusätzlich vorhandene Entwicklungsbedarf auf diesem Gebiet wird aber durch
die Tatsache verdeutlicht, dass die Ankunft des
CO2 in der zweiten Beobachtungsbohrung im Vergleich zu der im Vorfeld durchgeführten Modellierung verspätet detektiert wurde. Viele Modelle
basieren bislang auch auf reinem CO2. Für die
Reaktionseigenschaften von verunreinigtem CO2
gibt es bislang erst unzureichende Datensätze.
Verschiedene Forschungsprojekte widmen sich
daher diesem Thema.
Fazit
Für eine belastbare Modellierung sind quantitative
geochemische und geomechanische Eingangsdaten unerlässlich. Aktuelle Forschungsschwerpunkte liegen daher auf den im Speicher ablaufenden
geochemischen Prozessen, wie z. B. der CO2-bedingten Gesteinsveränderung von Speicher- und
Deckschichten, insbesondere unter dem Einfluss
von verunreinigtem CO2. Geomechanische Prozesse wurden im Zusammenhang mit der CO2-Speicherung bislang zu wenig beachtet und werden
daher sowohl im Labor- als auch im Feldmaßstab
untersucht. Als kritisch werden die Auswirkungen
des Injektionsdrucks und das unterschiedliche pe-
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trophysikalische Verhalten von CO2 und H2O auf
die Speichersicherheit erachtet. Für die notwendige Kopplung von unterschiedlichen Modellen und
deren geometrische Diskretisierung ist die Recheneffizienz ein weiterer relevanter Aspekt der Forschungs- und Entwicklungsarbeit. Hierbei liegen
die Bestrebungen im Wesentlichen in der Entwicklung von effizienten Rechenprozeduren und der
Parallelisierung zum Einsatz des Höchstleistungsrechnens, um die komplexen und interagierenden
Prozesse realitätsnah simulieren zu können.
Bohrlochsicherheit – Entwicklung
CO2-resistenter Materialien
Eine mögliche Schwachstelle in der Sicherheitskette unterirdischer CO2-Speicher sind aktive bzw. stillgelegte CO2-Injektionsbohrungen sowie alte Erdgas- oder Erdölproduktionsbohrungen, die nicht
für den Zweck der langfristigen CO2-Speicherung
ausgelegt sind (s. a. Kap. 8, S. 78 ff.). In erschöpften Erdgaslagerstätten – die neben salinaren
Aquiferen als bevorzugte CO2-Speicherstätten in
Frage kommen – müssen Altbohrungen daher
besonders intensiv untersucht werden.
In der Bohrindustrie liegen langjährige Erfahrungen im Umgang mit CO2 vor. Seit Jahrzehnten
werden Fluide, die CO2 enthalten, sowohl produziert als auch in den Untergrund geleitet. Zur Produktionssteigerung von Erdöllagerstätten wird im
Zuge sogenannter EOR-Maßnahmen (Enhanced
Oil Recovery) CO2 in die ölführenden Horizonte
injiziert. Weiterhin sind seit vielen Jahren Sauergaslagerstätten in Betrieb, die H2S und CO2 in teilweise höheren Anteilen enthalten. Die Industrie
betreibt inzwischen Bohrungen, um die aus dem
Sauergas abgetrennten sauren Bestandteile H2S
und CO2 zurück in den Untergrund zu injizieren.
Das insbesondere auch in Deutschland bestehende
bohrtechnologische »Know-how« ist somit eine
wichtige Grundlage für die sichere Langfristauslegung von CO2-Injektions- und Altbohrungen.
CO2 an sich ist nicht korrosiv. Damit es zur Korrosion kommen kann, muss Wasser vorhanden sein.
In Verbindung mit Wasser entsteht Kohlensäure
(H2CO3). Die Kohlensäure führt bei direktem
Seite 14
Kontakt mit metallischen Werkstoffen (Rohrtour)
und den umliegenden Zementen zur Korrosion.
Aus Falluntersuchungen lässt sich ableiten, dass
bei metallischen Werkstoffen wie Stahl eine maximale Korrosion in einem Temperaturbereich von
60 bis 100 ºC stattfindet: 25 mm/Jahr bei 65 ºC und
1 MPa CO2-Druck und 250 mm/Jahr bei 82 ºC und
16 MPa CO2-Druck bei den routinemäßig verwendeten Stählen (s. a. Kapitel 8, Seite 78 ff.).
1
Unter den Zementen neigen besonders die üblicherweise in der Öl- und Gasindustrie eingesetzten
Portlandzemente zur Zersetzung, wenn sie sauren
Gasen oder Wässern ausgesetzt werden (Karbonatisierung). Im Laborversuch liegen die Korrosionsraten bei < 0,1 bis 1,3 mm/Tag unter statischen Bedingungen und weisen eine deutliche Zeitabhängigkeit auf. Mit zunehmender Versuchsdauer verringert sich die Korrosionsrate und lässt sich durch
einen diffusionskontrollierten Reaktionsprozess
beschreiben. Unter dynamischen Bedingungen
(Ein- und Ausspeicherungsprozesse) liegen die Korrosionsraten um zwei Größenordnungen höher.
Derzeit werden verschiedene technische Lösungen geprüft, um die Langzeitsicherheit von neuen
CO2-Injektionsbohrungen und ein sicheres, aber
preisgünstiges Management von alten und unzureichend verfüllten Bohrungen zu gewährleisten.
So werden Zementsysteme mit höherer Elastizität
entwickelt, um mechanischen Spannungen entgegenzuwirken. Spezielle additive sowie Kalziumfreie bzw. Portlandzementfreie oder -arme Rezepturen erhöhen die Beständigkeit gegen Karbonatauslaugung. Selbstheilungseffekte spielen
eine möglicherweise bislang unterschätzte Rolle.
Aus Reaktionsprozessen resultierende Mineralneubildungen können beispielsweise Zementrisse verheilen. In Laborexperimenten wird derzeit getestet, inwieweit sich die Sicherheitsingenieure das
mechanische Verhalten von Ton- und Salzgesteinen zunutze machen können. Unter erhöhten
Druck- und Temperaturverhältnissen reagieren
diese Gesteine plastisch und »fließen« bei entsprechender Bohrlochauslegung in Freiräume,
wo sie natürliche Barrieren ausbilden (s. a.
Kapitel 8, Seite 78 ff.).
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Fazit
Selbstheilungseffekte müssen weiter erforscht
werden. Dies geschieht in den GEOTECHNOLOGIEN-Projekten CSEGR, COSMOS und dem
Pilotvorhaben CLEAN. Die Entwicklung von verbesserten metallischen Werkstoffen und Zementen muss ebenfalls weiter verfolgt werden. Von
den metallischen Werkstoffen ist bekannt, dass
eine Korrosion nur in Anwesenheit von Wasser
stattfindet. Für die Einstellung der Feuchte im
Injektionsstrom müssen daher belastbare Grenzwerte ermittelt werden. Ebenso ist bekannt, dass
selbst kleinste Verunreinigungen im CO2 signifikanten Einfluss auf die Korrosionsrate haben können. Ein besseres Verständnis dieser Abhängigkeiten ist Voraussetzung für die Langzeitsicherheit,
nicht nur von Bohrungen. Um das Korrosionsver-
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halten von Zementen verlässlich beurteilen zu
können, sind allgemeingültige Messstandards zu
entwickeln.
Überwachung zukünftiger CO2-Speicher
Neben der CO2-Injektion in den zukünftigen Speicher muss auch das kurz-, mittel- und langfristige
Verhalten des CO2 im Untergrund genauestens beobachtet werden (s. a. Kapitel 9, Seite 88 ff.). Neben der Sicherheit während des Betriebes und in
der Nachbetriebsphase muss sichergestellt sein,
dass CO2 nicht wieder in die Atmosphäre gelangt.
Für den verantwortungsvollen Betrieb eines geologischen CO2-Speichers ist daher ein an die lokalen Gegebenheiten angepasstes permanentes Beobachtungs- und Messprogramm erforderlich.
Für die Überwachung und Beobachtung steht
Tab. 1: Auswahl von Monitoring-Verfahren für die Überwachung von Pipelines und
Injektionsanlagen. Ausführliche Beschreibung in Kap. 9, S. 88 ff.
Messmethoden in
der Pipeline und
der Injektionsanlage
15
Instrumente und ihre Funktionsweise
Druckmessung an der
Injektionsstelle
Die Drucküberwachung erfolgt u. a. durch mechanische Gasmanometer, die als Zeigerinstrument aufgebaut sind. Es können auch Dehnungsmessstreifen dazu verwendet werden, druckinduzierte mechanische Deformationen in elektrische Signale umzuwandeln.
Darüber hinaus können optische Verfahren genutzt werden, die druckinduzierten Deformationen präzise zu bestimmen.
Temperaturmessung in
der Pipeline und an der
Injektionsstelle
Zur Temperaturmessung werden verschiedene Verfahren eingesetzt. So kann die thermische Ausdehnung bestimmter Substanzen genutzt werden, um die Temperatur zu bestimmen. Dazu können klassische Flüssigkeitsthermometer eingesetzt werden, aber auch temperaturinduzierte Deformationen optisch bestimmt werden. Neben der thermischen Ausdehnung werden auch Thermometer verwendet, bei denen die Änderungen des elektrischen Widerstandes, die temperaturinduzierte Änderung des Fermi-Niveaus (Thermoelemente) oder temperaturabhängige Änderungen von Halbleitern (Thermistoren) genutzt
werden. Die temperaturabhängige Änderung optischer Eigenschaften wird in Glasfaserkabeln zur Temperaturmessung genutzt.
Bei CO2-Pipelines bietet es sich an, die thermodynamischen Besonderheiten von CO2 auszunutzen. Aufgrund des ausgeprägten Joule-Thomson-Effekts kommt es beim Austritt
und Aufstieg von CO2 zu einer deutlichen Abkühlung des Gases in einem potenziellen
Leckage-Bereich. Wird die Temperatur mithilfe von Glasfaserkabeln ortsaufgelöst überwacht, können auch kleine Leckagen im System frühzeitig erkannt und geeignete
Interventionsmaßnahmen eingeleitet werden.
Mengenbestimmung an
der Injektionsstelle
Zur Bestimmung der Durchflussmengen werden indirekte Methoden angewandt, die auf
der Wärmekapazität (mit Thermistoren), dem Dopplereffekt (mittels Ultraschallmessungen)
oder auf der Corioliskraft beruhen.
Gaszusammensetzung
Standard-Gasanalyseverfahren wie z. B. die Gasmassenspektroskopie
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Tab. 1b: Auswahl von Monitoring-Verfahren für die Überwachung von
Reservoirs. Ausführliche Beschreibung in Kap. 9, S. 88 ff.
Instrumente und ihre Funktionsweise
Messmethoden
im Reservoir
Seismik
Die Methode beruht maßgeblich auf Änderungen der Schallgeschwindigkeiten. Wird das
Wasser im Porenraum der Speichergesteine durch CO2 ersetzt, ändern sich
Schallgeschwindigkeit und Dichte. Dies führt auch zu Änderungen der Diffraktions-,
Absorptions- und Refraktionsprozesse, die zur Detektion der räumlichen Ausbreitung von
CO2 im Untergrund genutzt werden können. Je nach angewendetem Verfahren wird ein
zwei- oder dreidimensionales Abbild des Untergrundes erzeugt. Feine Strukturen lassen sich
mit der Seismik nur sehr schwer – wenn überhaupt – abbilden.
Geoelektrik
Das im Porenraum eingeschlossene Salzwasser stellt einen guten elektrischen Leiter dar. Je
höher der Anteil des schlechter leitenden CO2 im Porenraum wird, desto signifikanter die
Änderung des elektrischen Widerstands. Diese Änderung kann zur Beobachtung der Ausbreitung genutzt werden. Es werden aktive Verfahren, wie Elektrische Widerstands-Tomographie (z. B. ERT – Electrical Resistivity Tomography), von passiven, elektromagnetischen,
Verfahren unterschieden (z. B. Magnetotellurik).
Schweremessung
Wird im Porenraum Wasser mit einer Dichte von ca. 1 g/cm³ durch CO2 mit deutlich geringerer Dichte (0,3 - 0,8 g/cm³) ersetzt, ändert sich die Dichte der Gesteine und damit das
lokale Schwerefeld der Erde. Direkte Messungen der Änderung der lokalen Gravitation am
Boden oder vom Flugzeug (mittels Gravimeter) werden von indirekten, satellitengestützten
Verfahren unterschieden.
Temperaturmessung
s. o.
Druckmessung
s. o.
Deformationsmessungen
Über In-situ-Deformationsmessungen, z. B. optische Verfahren oder Dehnungsmessstreifen,
lassen sich Gesteinsdeformationen automatisiert aufzeichnen. Mit klassischen Vermessungsmethoden können durch regelmäßige Wiederholungsmessungen Deformationen in großen
Gebieten beobachtet und der zeitliche Verlauf abgebildet werden. Auch GPS-Signale eignen
sich, um die Deformationen in einem Gebiet zu bestimmen. Ein GPS-Monitoring kann permanent installiert oder über Wiederholungsmessungen durchgeführt werden. Satellitengestützte Verfahren – meist Radarinterferometrie – eignen sich besonders gut, um großräumige Veränderungen zu kartieren.
Geochemische/biologische Überwachung
Geochemische und biologische Verfahren werden meist auf Proben angewendet, die in
flüssiger, fester oder gasförmiger Form gewonnen wurden: Bodenluftproben, Fluidproben
aus Injektions- und Beobachtungsbohrungen, Boden- und Gesteinsproben (Bohrkernen) etc.
Neben klassischen indirekten Untersuchungstechniken der Geochemie und Biologie werden
derzeit In-situ-Untersuchungsmethoden entwickelt, die eine direkte Beobachtung der
Prozesse im Untergrund erlauben. Eine Veränderung des optischen Verhaltens im Sensor,
die auf Wechselwirkung zwischen dem Formationsfluid und/oder den darin enthaltenen
Mikroorganismen basiert, kann gemessen werden. Diese Änderungen können über optische
Fasern von der Oberfläche ausgewertet werden (z. B. pH-Messungen, CO2-Konzentrationen, Biomarker).
bereits heute eine große Anzahl hochentwickelter
Technologien zur Verfügung. Sie sind in Tab. 1
dargestellt. Weitere befinden sich in der
Entwicklung. Da die räumliche Auflösung und die
spezifische Sensitivität der einzelnen Verfahren
1
keine gesicherten Aussagen zulassen, liegt der
Schlüssel eines guten Überwachungs-Konzepts in
der Kombination verschiedener Ansätze. Dabei
sind detaillierte geologische Vorauserkundungen
und Modellsimulationen ebenso notwendig wie
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ein fundiertes Prozessverständnis und geeignete
Interventionsstrategien.
Fazit
Auch wenn inzwischen eine Vielzahl von bewährten Technologien zur Überwachung von CO2-Speichern existiert, werden derzeit weitere – insbesondere echtzeitfähige – Verfahren entwickelt, getestet und in Pilotvorhaben eingesetzt. Sie erlauben
einen immer detaillierteren Einblick in den Untergrund und die dort ablaufenden Prozesse.
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»CCS eignet sich nicht nur für den Einsatz in Kraftwerken. Auch
CO2-intensive Industrieprozesse, wie die Stahl- oder Zementerzeugung, sind prädestiniert für den Einsatz dieser Technologie. Mit
CCS ausgestattete Anlagen zur Erzeugung von Bioenergie können
sogar zu ›negativen CO2-Bilanzen‹ führen.«
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2. Einleitung
Prognosen zeigen, dass national und international
in den nächsten Jahrzehnten mit einem steigenden
Energiebedarf zu rechnen ist. Kohle wird nach
Einschätzung der Internationalen Energie Agentur
(IEA) auch zukünftig eine wichtige Rolle spielen.
Neben Einsparmaßnahmen, einer effizienteren
Energieerzeugung und dem steigenden Anteil erneuerbarer Energien gilt die Abscheidung und geologische Speicherung von CO2 (CCS: Carbon Capture and Storage) als eine wichtige Option, anthropogene CO2-Emissionen zu reduzieren. Neben der
Kohleverbrennung sind es insbesondere CO2-inten-
sive Industrieprozesse, wie die Stahl- oder Zementerzeugung, die sich für den Einsatz der CCS-Technologie eignen. Mit CCS ausgestattete Anlagen zur
Erzeugung von Bioenergie könnten gar zu »negativen CO2-Bilanzen« führen. CCS könnte damit
ein wichtiges Element im Portfolio der CO2-Vermeidungstechnologien sein, selbst wenn mittelfristig
regenerative Energien in Deutschland und weltweit
den Energiemix dominieren werden. Durch den
möglichen Export dieser Klimaschutztechnologie
würden sich zudem attraktive wirtschaftliche Perspektiven für die deutsche Industrie eröffnen.
2
Abb. 1: Möglichkeiten der CO2-Speicherung im Untergrund
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Die CCS-Technologie besteht aus drei Prozessschritten: CO2-Abscheidung, -Transport und -Speicherung. Sie sind eine Kette, in der jedes Glied unmittelbar in das andere greift. Die kurz-, mittel- und
langfristig sichere CO2-Speicherung ist dabei für den
Erfolg dieser Technologie entscheidend, um das
Gesamtkonzept erfolgreich umsetzen zu können.
Auf »benachbarten« Technologiefeldern, wie der
Suche und unterirdischen Speicherung von Erdgas
und Erdöl, hat Deutschland bereits eine jahrzehntelange Erfahrung und ein großes technologisches
»Know-how«. Dank dieser Wissensbasis lässt sich
schon heute sagen, dass die unterirdische Speicherung von CO2 für Mensch und Umwelt generell risikoarm umgesetzt werden könnte, wenn wir
verantwortlich mit dieser neuen Technik umgehen.
Erste Ergebnisse von Pilotstandorten im Forschungsmaßstab sind vielversprechend. Für eine
fundierte Bewertung der Technologie sind aber
weitere Untersuchungen unerlässlich. Die Entwicklung und Erprobung der CCS-Technologie ist
daher Teil des Integrierten Energie- und Klimaprogramms der Bundesregierung, mit dem Ziel,
den Bau von Demonstrationsanlagen möglich
zu machen.
In Deutschland werden Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zur CCS-Thematik im Wesentlichen durch die Bundesministerien für Bildung
und Forschung (BMBF) sowie Wirtschaft und
Technologie (BMWi) koordiniert und gefördert.
Die unterirdische Speicherung von CO2 und die damit verbundenen Forschungsarbeiten werden
durch das Bundesministerium für Bildung und
Forschung (BMBF) gefördert. Entsprechend dem
interdisziplinär und institutionell breit gefächerten
Ansatz sind deutschlandweit 37 Universitäten und
außeruniversitäre Einrichtungen beteiligt (Abb. 2).
Auf diese Weise kann eine unabhängige wissenschaftliche Expertise gewährleistet werden. Die
FuE-Arbeiten werden im Rahmen des Sonderprogramms GEOTECHNOLOGIEN und in enger
Abstimmung mit internationalen Forschergruppen
durchgeführt (s. a. Kapitel 11, S. 120 ff.).
21
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Das Forschungskonzept basiert auf einem modularen Vorgehen. Im Labor- und Modellmaßstab
werden grundlegende Fragestellungen mit einem
breiten wissenschaftlich-technologischen Forschungsansatz bearbeitet. Integrale Sicherheitskonzepte, die Entwicklung und Optimierung von
Überwachungs- und Injektionstechnologien sowie
ein besseres Verständnis der Speichermechanismen und Wechselwirkungen zwischen injiziertem
Gas, Poreninhalt und Gestein stehen im Fokus der
Forschungsverbünde aus Wissenschaft und Wirtschaft. Sie sind eng mit Pilotprojekten im Feldmaßstab abgestimmt (Stroink, 2009).
In Ketzin (Brandenburg) wird derzeit Deutschlands
erste Pilotanlage zur CO2-Speicherung betrieben
(Forschungsvorhaben: CO2SINK). In Sachsen-Anhalt wurden im Rahmen des Pilotprojektes CLEAN
2008 erste Forschungsarbeiten begonnen. Hier
soll zukünftig zu Testzwecken CO2 in ein erschöpftes Erdgasfeld injiziert werden. Ein weiteres Pilotprojekt COAST ist in Vorbereitung. Großprojekte
dieser Art sind unerlässlich, um die Laborergebnisse unter natürlichen Umgebungsbedingungen
zu verifizieren.
Komplementär zu den Forschungsarbeiten des
BMBF unterstützt das Bundesministerium für
Wirtschaft und Technologie (BMWi) im Rahmen
seines Forschungsprogramms COORETEC die
Entwicklung neuer und verbesserter Technologien
zur CO2-Abscheidung und Effizienzsteigerung
zukünftiger Kraftwerke. Das Bundesumweltministerium (BMU) entwickelte 2009 gemeinsam mit
dem BMWi den Gesetzentwurf für eine dauerhafte CO2-Speicherung (KSpG) und führt über das
Umweltbundesamt (UBA) ergänzende Forschungsarbeiten durch.
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Uni Kiel
LANU Kiel
GEOMAR Kiel
FhG ISIT Itzehoe
TU Hamburg
Uni Hamburg
Uni Oldenburg
2
GeoZentrum Hannover*
GRS
Braunschweig
Uni Hannover
GFZ Potsdam
FU Berlin
Uni Potsdam
TU Clausthal
UFZ Leipzig
Uni Göttingen
DGFZ Dresden
Uni Halle
Wittenberg IIF Leipzig
IFINKOR Iserlohn
TU Dresden
DBI
Freiberg
RWTH Aachen
Uni Bonn
TU Freiberg
Uni Jena
Uni Bayreuth
TU Darmstadt
Uni Erlangen FH Nürnberg
Nürnberg
FhG ITWM
Kaiserslautern
Uni Karlsruhe
Uni Stuttgart
Uni Tübingen
Uni Freiburg
CO2-Speicherung – Forschung und Entwicklung in Deutschland
Grundlagenforschung
Pilotprojekt CLEAN
Pilotprojekt COAST
CLEAN: CO2 Largescale EGR in the Altmark Natural-gas field
COAST: CO2 Aquifer Storage Technology
* GeoZentrum Hannover: BGR, LBEG, LIAG
Status: Mai 2009
Abb. 2: CO2-Speicherung in Deutschland – breite Expertise für ein forschungspolitisch hochaktuelles Thema
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Tab. 2: CO2-Speicherung in Deutschland – Aktuelle Forschungsprojekte; weitere Informationen unter www.geotechnologien.de
1: EU-finanziertes Vorhaben / 2: COORETEC (BMWi)
Projekt
Laufzeit
Ziel
ALCATRAP
2008 – 2011
Ziel dieses Projektes ist es, durch die Reaktion mit alkalischen
Reststoffen eine schnelle CO2-Abreicherung aus Rauchgasen zu
ermöglichen. Das CO2 wird entweder direkt in Calciumkarbonat
oder indirekt in alkalinitätshaltigen Lösungen gebunden. Letztere
könnte in einen geeigneten (Anhydrit führenden) Aquifer verbracht werden, wo das CO2 durch anschließendes »Mineral
Trapping« (mineralische Bindung) festgelegt wird.
Numerische Untersuchungen zur
CO2-Speicherung – problemorientierte Benchmarks
BENCHMARK
2005 – 2008
Numerische Simulation von Prozessen der
CO2-Speicherung in geologischen Formationen.
CO2-Bindung durch Mineralreaktionen in sauren Grubenwässern
und Restseen des Braunkohletagebaus
CDEAL
2005 – 2008
Idee ist es, kalziumreiche Flugaschen sowie Karbonat- und
Eisenschlämme gefluteter Tagebauseen mit CO2 zu injizieren. Es
entstehen feste, »immobile« Mineralphasen, wie Kalzit und
Siderit, die das Treibhausgas dauerhaft binden.
CHEMKIN
2005 – 2008
Ziel des Vorhabens ist es, Sensoren (optisch, elektrochemisch,
massenspektrometrisch) für extreme chemische und physikalische Umgebungen zu entwickeln und zur Echtzeitüberwachung eines CO2-Speichers einzusetzen.
Optimierung der CO2-Speicherung durch Reaktion mit alkalischen Reststoffen
Echtzeitbeobachtung des chemischen und kinetischen Verhaltens
von CO2 während der geologischen
Speicherung
CO2 Large-Scale Enhanced Gas Recovery in the Altmark Natural Gas
Field
CLEAN
2008 – 2011
Ziel ist es, die Möglichkeiten zur Steigerung der Erdgasförderung durch die Injektion von Kohlenstoffdioxid (CO2) in eine nahezu ausgeförderte Erdgaslagerstätte zu erforschen. CO2 verdrängt nicht nur das Erdgas, sondern soll anstatt seiner gespeichert werden. Im Rahmen des Pilotvorhabens sollen nahezu
100000 Tonnen CO2 in ein Teilfeld der Erdgaslagerstätte Altmark
injiziert werden, um die generelle Tauglichkeit der Lagerstätte
zur Injektion von CO2 zu testen.
Hochauflösende Abbilder des
Untergrundes zur CO2-Lagerung
mithilfe der CRS-Methode
CO2CRS
2005 – 2008
Entwicklung hochauflösender Aufsuchungs- und Überwachungstechnologien auf Basis tomographischer Methoden.
2008 – 2011
Das Projekt widmet sich der Optimierung von 3-D-seismischen
Monitoringverfahren. Dazu werden mathematische Verfahren
entwickelt, die die räumliche Auflösung verbessern und vor
allem das Signal-Rausch-Verhältnis optimieren.
2008 – 2011
Im Rahmen des Verbundvorhabens CO2-Leckage wird an
einem geeigneten Standort die Ausbreitung von Kohlendioxid in einem oberflächennahen Grundwasserleiter detailliert
analysiert.
2008 – 2011
Ziel von CO2-MoPa ist es, komplexe, prozessorientierte und gekoppelte numerische Modelle zu generieren, die das Verhalten
von CO2 im Untergrund realistisch beschreiben. Vor allem die
geochemischen und geomechanischen Prozesse stehen im
Fokus der Entwicklungen.
2008 – 2011
Abdeckschichten über potenziellen CO2-Lagerstätten kommt
eine Schlüsselposition bei der Auswahl und Entwicklung von
CO2-Speichern zu. Der integrierende Ansatz des Projektes wird
im Labor-, Modellierungs- und Reservoirmaßstab die Mineralalteration, die Änderung des Fluidverhaltens und den Transport der Fluide in Störungs- und Bruchzonen analysieren.
seit 2004
Ziel dieses Projektes ist es, die gesamte Prozesskette eines CO2Speichers von der Beantragung über die Genehmigung bis hin zur
Realisierung im Pilotmaßstab abzubilden. Die Entwicklung von
Verfahren zur kurz-, mittel- und langfristigen Überwachung von
geologischen CO2-Speichern steht im Mittelpunkt des Projektes.
2008 – 2011
Das Projekt zielt
a) auf die Entwicklung und Untersuchung eines Niedrigemissions-Kraftwerkes, das auf der Nutzung von synthetischem Gas aus der Untertagevergasung (UTV) basiert,
b) auf die CO2-Speicherung in den resultierenden Überresten der in situ umgewandelten Kohleflöze.
Auflösung und Ortung von CO2Speicherungs- und Migrationsprozessen aus 3-D-seismischen Daten
CO2-Leckageversuch in einem oberflächennahen Grundwasserleiter
zur Erprobung von Monitoringkonzepten und -methoden
Modellierung und Parametrisierung von CO2-Speicherung in
tiefen, salinaren Formationen für
Dimensionierungs- und Risikoanalysen
Abdichtungsprozesse bei der geologischen Speicherung von CO2
CO2 Storage by Injection into a
Natural Saline Aquifer at Ketzin
CO2-Speicherung in in situ umgewandelten Kohleflözen
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Akronym
CO2DEPTH
CO2-LECKAGE
CO2-MoPa
CO2SEALS
CO2SINK1
CO2SINUS
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Projekt
Akronym
Laufzeit
Ziel
Innovative Strategien zur Speicherung und dauerhaften Fixierung von CO2 im Untergrund
CO2TRAP
2005 – 2008
Das Vorhaben untersucht Möglichkeiten zur dauerhaften
mineralischen Bindung des flüchtigen CO2-Gases als Kalziumkarbonat und der physikalischen Bindung in stillgelegten
Kohlegruben.
Innovative Strategien zur Speicherung und dauerhaften Fixierung von CO2 im Untergrund
CO2-UGS-RISK
2005 – 2008
Ziel ist es, eine formalisierte Sicherheits- und Risikoanalyse für
CO2-Speicher auf der Basis der FEP-Methodik zu entwickeln.
Abdichtung von Bohrungen
eines CO2-Untergrundspeichers
COBOHR
2008 – 2011
Prüfung natürlicher CO2-resistenter Materialien als Langzeitdichtung in Bohrungen.
2008 – 2011
Um die Langzeitwirkung von CO2 zu untersuchen, werden in
diesem Projekt potenzielle Speichergesteine der Buntsandsteinformation analysiert, die in den vergangenen Jahrhunderten und Jahrtausenden einer natürlichen CO2-Quelle
ausgesetzt waren.
Störungsbezogene CO2-Migration und ihr Einfluss auf
die Speichereigenschaften
COMICOR
CO2-Reinheit für Abscheidung
und Lagerung
COORAL2
2009 – 2012
Im Rahmen des Verbundprojektes sollen die Konzentrationen
der Gasverunreinigungen, die für den Betrieb von CO2-Abscheideanlagen und Untergrundspeicher zulässig sind, ermittelt werden und die Möglichkeiten zu deren Beeinflussung durch den
Betrieb des Kraftwerkes und der CO2-Abscheide- und Aufbereitungsprozesse dargestellt werden.
CO2SINK Reservoir Drill holes
CORDRILL2
2006 – 2008
CORDRILL war ein integriertes Teilprojekt im Rahmen von
CO2SINK
CO2-Recovery, Transport,
Intermediate Storage, and
Conditioning
CORTIS2
2005 – 2010
CORTIS ist ein integriertes Teilprojekt im Rahmen von CO2SINK.
CO2-Lagerung und Entwicklung
von Überwachungs- und Sicherheitstechnologien
COSMOS
2005 – 2008
Entwicklung von Sicherheitstechnologien und -methoden als
Beitrag zum Pilotprojekt CO2SINK.
2008 – 2011
Das Vorhaben untersucht Reaktionsprozesse und Wechselwirkungen zwischen industriell abgetrenntem CO2 und potenziellen Speicher- und Deckgesteinen. Im Mittelpunkt der Untersuchungen steht das Verhalten von unreinem CO2 mit wechselnden Anteilen von Sauerstoff sowie Schwefel- und Stickoxiden.
CO2-SO2-NOx-Stimulated
Rock Alteration
COSONOSTRA
CO2-Speicher-Rückbau und
Abschlussmonitoring
CORA
2010 – 2013
Das Projekt CORA zielt auf die messtechnische Überwachung
eines CO2-Speichers beim Rückbau und in der Nachbetriebsphase, um die Sicherheit der Langzeitspeicherung von Kohlendioxid (CO2) in salinen Aquiferen zu untersuchen.
Speicherung von CO2 und EGR
in Erdgaslagerstätten
CSEGR
2005 – 2008
Machbarkeitsstudie zur zusätzlichen Erdgasproduktion
(Enhanced Gas Recovery, EGR) durch CO2-Injektion in versiegende Erdgaslagerstätten.
RECOBIO
2005 – 2008
Ziel des Projektes ist es, die biogeochemischen Prozesse in
tiefliegenden CO2-Speichern zu verstehen, unter besonderer
Berücksichtigung der mikrobiellen Methanbildung aus CO2.
Recycling von CO2 durch
mikrobielle-biogeochemische
Umwandlung in Methan (CH4)
Untersuchung der biogeochemischen Transformation von
gespeichertem CO2 im tiefen
Untergrund
RECOBIO 2
2008 – 2011
2
Welche biogeochemischen Prozesse laufen bei der Injektion
von CO2 in einen tiefen salinen Aquifer ab? Im Zentrum des
Interesses stehen
- die Prozesse zur Karbonatbildung und Untersuchungen
ihrer mikrobiellen Katalyse,
- die Auswirkungen von unreinem CO2 auf die biogeochemischen Prozesse und
- die langfristige Umwandlung von CO2 in Methan.
Speicher-Kataster Deutschland 2
2008 – 2011
In dem Projekt erarbeiten die Staatlichen Geologischen
Dienste von Deutschland Grundlagen für eine bundesweit
einheitliche Bewertung des tiefen Untergrundes. Dazu werden Informationen über Verbreitung und Ausbildung nutzbarer Speicher- und Barrieregesteine sowie ihre geologischpetrophysikalischen Eigenschaften einheitlich und systematisch zusammengestellt.
24
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Tab. 3: Schwerpunkte interdisziplinärer Forschungsprojekte zur CO2-Speicherung
CO2-Speicherung in Kohleflözen
Innovative Ansätze alternativer
Speichermechanismen
CO2-Speicherung und EGR
Untersuchung natürlicher Analoga
Übergeordnete Aspekte
Auswirkung von CO2 auf GW-Leiter
Langzeitsicherheit, Speicherrückbau,
FEP-Methodik
Risiko-Analysen, Leckage-Szenarien
Bohrungsintegrität, Injektionstechnik,
CO2-resistente Materialien
Sicherheitskonzepte
Risk-Management
Numerische Speichermodellierung
CO2-Ausbreitung in Raum und Zeit
Mineral Trapping
Mikrobiologische Untersuchungen
Mineralogische, mechanische
Gesteinsveränderungen
Fernerkundungstechnologien
Abschluss- und Langzeitmonitoring
Technologiesysteme für
Oberflächenmessungen
Geochemische Kontrolltechnologien
Geophysikalische Kontrolltechnologien
Chemische Wechselwirkung CO2-Gestein
Integrität von SpeicherDeckgesteinen
Monitoring
ALCATRAP
BENCHMARK
CDEAL
CHEMKIN
CO2CRS
CO2DEPTH
CO2-Leckage
CO2-MoPa
CO2SEALS
CO2SINUS
CO2-TRAP
CO2-UGS-RISK
COBOHR
COMICOR
COSMOS
COSONOStRA
CORA
CSEGR
RECOBIO
RECOBIO2
Der vorliegende Bericht befasst sich ausschließlich
mit Aspekten der dauerhaften geologischen CO2Speicherung. Damit liegt erstmals für Deutschland
eine umfassende und unabhängige Übersicht zum
Stand der Forschung vor. Der Bericht zeigt, dass
bereits heute ein umfängliches Wissen existiert,
das aber hinsichtlich bestimmter Fragestellungen
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noch weiter spezifiziert und vertieft werden muss.
Nach Abschluss der Forschungsarbeiten werden
die Wissenschaftler ein überzeugendes Konzept
vorlegen, auf dessen Grundlage eine verlässliche
Bewertung der CCS-Technologie möglich ist.
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»Für die geologische CO2-Speicherung am Standort Deutschland eignen sich vor allem die beiden Speicheroptionen Erdgasfelder und tiefe Sole führende Gesteinsschichten, sogenannte
salinare Aquifere.«
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Speicherpotenziale für CO2 in Deutschland
J. Peter Gerling, Klaus Reinhold & Stefan Knopf
Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), Hannover
Die dauerhafte geologische Speicherung von
Kohlendioxid (CO2) aus der Verbrennung fossiler
Energieträger oder anderen Prozessen in großtechnischen Anlagen ist nach Meinung vieler
Fachleute eine der Schlüsseltechnologien, um den
Ausstoß von CO2 in die Atmosphäre zu verringern.
Für einen hochindustrialisierten Staat wie die Bundesrepublik Deutschland ist diese Option von großer Bedeutung. Für Deutschland kommt dabei insbesondere der Standortfaktor zum Tragen: Ein
relativ hoher Anteil im deutschen Energiemix
resultiert aus kohlebasierter Stromerzeugung
(über 45 %), wovon etwa die Hälfte aus heimischer Braunkohle erzeugt wird. Und dieser
Anteil kohlebasierter Elektrizität wird möglicherweise in den kommenden Jahren angesichts des
Ausstiegs aus der Kernenergie noch anwachsen –
trotz der vermutlich weiterhin starken Wachstumsraten bei den regenerativen Energien.
Ohne den Nachweis hinreichend großer und dauerhaft sicherer CO2-Speicher kann die CO2-Abscheidung und -Speicherung nicht implementiert werden. Die Bundesanstalt für Geowissenschaften
und Rohstoffe (BGR) beschäftigt sich daher seit
dem Jahr 2000 intensiv mit der geologischen CO2Speicherung und hat zu den Fragen der Speicheroptionen und -potenziale wiederholt Stellung genommen (z. B. Gerling & May 2001; May et al.
2003, 2005; Radgen et al. 2006; Meyer et al.
2008; Gerling 2008). Bereits frühzeitig wurden
künstlich angelegte unterirdische Hohlräume aus
folgenden Gründen ausgeschlossen:
– wirtschaftliche Gründe (Kavernen)
– sicherheitstechnische Aspekte (Kohlebergwerke, häufig zerrüttetes Deckgebirge)
– vorrangige Nutzungsoptionen (Stillgelegte
Salzbergwerke bieten aufgrund hervorragender
Barriereeigenschaften und guter Begehbarkeit
beste Voraussetzungen zur Einlagerung fester
und flüssiger Stoffe mit hohem Gesundheitsund Umweltgefährdungspotenzial).
Eine CO2-Speicherung in tiefen Kohleflözen unter
gleichzeitiger Flözgasgewinnung kommt in
Deutschland wegen der Kohlequalitäten und damit verknüpfter geringer Injektionsraten nicht in
Betracht. Ausgeförderte Erdölfelder sind in
Deutschland in der Regel zu klein, oftmals zu flach
gelagert und häufig in Schollen zerlegt.
3
Somit verbleiben für den Standort Deutschland
allein die beiden Speicheroptionen Erdgasfelder
und tiefe Sole führende Gesteinsschichten (sogenannte salinare Aquifere). Erdgasfelder haben ein
aus den Fördermengen und verbleibenden Reserven errechnetes Speichervolumen von 2,75
Mrd. Tonnen CO2. Sie haben ihre Langzeitsicherheit per Existenz über Millionen Jahre bereits
nachgewiesen. Einzig nennenswerter Unsicherheitsfaktor sind die für die Förderung abgeteuften
Bohrungen durch das überlagernde Barrieregestein. Die salinaren Aquifere sind in der Regel viel
weniger durch Tiefbohrungen erkundet und demzufolge a priori in geringerem Umfang durch anthropogen verursachte Schwachstellen (Bohrungen) beeinträchtigt. Andererseits resultiert daraus
ein geringerer Wissensstand über die Verbreitung
und die Qualitäten der potenziellen Speichergesteine, der sich beispielsweise in der derzeitigen
Abschätzung der Speicherkapazität im Bereich
von 12 - 28 Mrd. Tonnen CO2 widerspiegelt.
Für die zukünftigen CO2-Speichermöglichkeiten in
Deutschland ist ein umfassendes und tiefgreifendes Verständnis der Verbreitung und der Qualitäten von Speicher- und Barrieregesteinen zwingend
erforderlich – und zwar in einer bundesweit einheitlichen Systematik. Die Bewertung des CO2Speicherpotenzials in Deutschland hängt dabei
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von den geologischen Bedingungen, aber auch
von den Methoden zur Potenzialabschätzung ab.
Diesen Weg beschreiten zurzeit die BGR und die
Staatlichen Geologischen Dienste der Länder. Die
folgenden Ausführungen erläutern die geologischen Voraussetzungen für die Untergrundspeicherung in Deutschland, die methodischen Ansätze zur Abschätzung des Speicherpotenzials und
den Status quo des Projektes zur Entwicklung
eines Speicher-Katasters von Deutschland.
Was ist bei der Untergrundspeicherung von
CO2 zu beachten?
Für eine technologische Umsetzung der dauerhaften Speicherung von CO2 sind verschiedene Optionen und Szenarien entwickelt worden. Eine
Bewertung des nutzbaren Speicherpotenzials in
geologischen Formationen berücksichtigt folgende Kriterien:
– die physikalischen Eigenschaften des CO2,
– die reservoirgeologischen Bedingungen,
– die technische Realisierbarkeit.
Die Veränderung der Dichte von CO2 mit der Speichertiefe ist in Abb. 3 dargestellt. Mit zunehmender Tiefe und damit einhergehend steigendem
Druck und steigender Temperatur wird das Gas
CO2 sukzessive verdichtet. Ab einer Tiefe von circa 800 Metern liegt das CO2 in einer physikalisch
»überkritisch« genannten Phase vor und besitzt
nur noch eine geringfügige Kompressibilität. Koh-
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lendioxid verhält sich unterhalb dieser Tiefe wie
eine Flüssigkeit. Oberhalb dagegen existieren
ungünstige Bedingungen für eine optimale
Ausnutzung des Porenraums zur Speicherung großer Mengen von CO2 in geologischen Formationen. Abgesehen von diesem wirtschaftlichen Aspekt kann man prinzipiell bei größeren Speichertiefen auch eine höhere Sicherheit unterstellen.
Die Nutzungsmöglichkeit potenzieller geologischer Formationen im tieferen Untergrund wird
durch folgende grundlegende reservoirgeologische Kriterien bestimmt:
– das Vorhandensein eines Speicherhorizontes
mit ausreichender Aufnahmefähigkeit (Speicherkapazität),
– das Vorhandensein einer geologischen Barriere
(Deckschicht) mit sicherer langzeitwirksamer Abdichtung und Festigkeit gegenüber erhöhten
Lagerstätten- bzw. Schichtdrücken,
– die Verträglichkeit des zu speichernden Mediums (CO2-Strom) mit den Lagerstättenmedien und dem Speichergestein.
Die Speicherkapazität eines potenziellen Speichers
ist durch die volumetrischen Parameter Mächtigkeit, Verbreitung, Porosität, den physikalischen Parameter Permeabilität und die hydraulische Leitfähigkeit bestimmt. Im Allgemeinen besteht ein
Zusammenhang zwischen der Porosität, der
Abb. 3: Aufgrund der herrschenden Druck- / Temperaturverhältnisse im Untergrund nimmt Kohlendioxid ab einer Tiefe von etwa 800 Metern eine
hohe Dichte ein, so dass viel CO2 pro Speicherraum injiziert werden kann; Nebenbestandteile verringern die Dichte des einzuspeichernden Gases.
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Abb. 4: Zwischen Porosität und Permeabilität (Durchlässigkeit) von Gesteinen
existiert ein grundsätzlich nichtlinearer
Zusammenhang in der Form, dass die
Gesteinsdurchlässigkeit mit zunehmender Tiefe infolge Kompaktion und geochemischer Prozesse schneller abnimmt
als die Porosität.
3
Permeabilität und der Speicherkapazität, so dass
bei hohen Porositäten auch die Mindestanforderungen an die Durchlässigkeit erfüllt werden
(Abb. 4).
Die CO2-Speicherung im Untergrund führt zu
einer Druckerhöhung und einer partiellen Verdrängung der Lagerstättenwässer im Aquifer. Die
maximal zulässigen Speicherdrücke sind durch
den geologischen Bau und die Lithologie des
Deckgebirges bestimmt. Als strukturelle Schwachstellen des Deckschichtenpaketes (geologische
Barriere) können Störungen, Klüfte und Alt-Bohrungen auftreten. Dabei wird die regionale Druckentwicklung im Reservoir insbesondere durch die
von den Speichergesteinseigenschaften abhängigen Strömungswiderstände und vom Konzept der
Speicherung bestimmt.
Besondere Bedeutung kommt den Untersuchungen zu, die sich mit Reaktionsmechanismen zwischen dem zu speichernden Medium (CO2-Strom)
und den im Speicher vorhandenen Medien (Fluide
und Gase) sowie dem Speichergestein selbst
befassen (s. dazu auch Kapitel 5, Seite 50). Wichtige Aspekte sind:
– Porositäts- und Permeabilitätsreduktionen
durch Ausfällung,
– Freisetzung des CO2,
– Speichergesteinsauflösungen im größeren Umfang (Gerüstzerfall).
Für die Bewertung der Speicherpotenziale einer
Speicherstruktur sind zudem die hydrodynamischen Eigenschaften des Speicherkomplexes von
Bedeutung. Dabei müssen folgende Typen unterschieden werden:
– hydraulisch offene Systeme,
– hydraulisch geschlossene Systeme.
Hydraulisch offene und semi-offene Aquiferspeicher können dann geeignet sein, wenn der
Aquiferspeicher eine ausreichende Größe besitzt,
ein spezifisches Verhältnis von CO2-Aufnahme
und Formationswasser berücksichtigt wird, Strömungsgeschwindigkeiten ausreichend gering sind
und andere reservoirgeologische Bedingungen die
sichere Speicherung von CO2 gewährleisten.
Hydraulisch geschlossene Aquiferspeicher sind
durch undurchlässige Gesteinsschichten oder
durch »dichte« Störungssysteme allseitig gegenüber der Umgebung abgeschlossen. Die Aufnahmefähigkeit geschlossener Aquiferspeicher ist dadurch begrenzt und geringer als bei den offenen
bzw. semi-offenen Aquifertypen. Die Speichervo-
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Tab. 4: Speichermechanismen und ihre Wirkungsweisen (nach Bradshaw et al. 2007)
Speichermechanismus
Wirkungsweise
Strukturell / lithologisch (physikalisch)
Freies CO2 (überkritische Phase) steigt durch Auftriebskräfte auf und
wird physikalisch unterhalb des Abdeckgesteins zurückgehalten. Das
CO2 wird innerhalb einer Fallenstruktur gespeichert.
Residual (physikalisch)
CO2 bleibt im Porenraum entlang der Migrationswege haften
(kapillare Bindung).
Lösung (chemisch)
Das CO2 löst sich im Formationswasser.
Mineralisierung (chemisch)
CO2 reagiert mit der Gesteinsmatrix und fällt in Form stabiler Minerale
(Karbonate) aus.
lumina hydraulisch geschlossener Systeme werden
durch die elastischen Eigenschaften des Speichergesteins und des Formationswassers (Kompressibilität) bestimmt.
Die angestrebte dauerhafte Speicherung von CO2
im tieferen Untergrund wird durch eine Kombination von physikalischen und chemischen Speichermechanismen erreicht. Es werden generell vier Speichermechanismen unterschieden, die in Tab. 4
zusammengefasst sind.
Die Beziehungen zwischen diesen Mechanismen
sind komplex und abhängig von den lokalen geologischen Bedingungen einer Speicherstruktur
und der gewählten Injektionsstrategie. Dabei entfalten diese Mechanismen ihre effektive Wirkung
nicht zeitgleich. Überwiegen während der Injektionsphase noch physikalische Mechanismen, so
nimmt mit fortschreitender Dauer der CO2-Speicherung die Bedeutung chemischer Speichermechanismen zu (Abb. 5). Damit einhergehend steigt
die Speichersicherheit an.
Methoden zur Abschätzung des CO2-Speicherpotenzials berücksichtigen in erster Line die physikalischen Speichermechanismen, da diese während der Injektionsphase dominieren. Effekte wie
Lösung und Mineralisierung werden bei der Abschätzung des CO2-Speicherpotenzials vernachlässigt und können das Speicherpotenzial zusätzlich erhöhen.
31
Abschätzung des CO2-Speicherpotenzials
Die zwei wichtigsten geologischen CO2-Speicheroptionen in Deutschland sind entleerte Erdgaslagerstätten und tiefe salinare Aquifere. Nachfolgend werden die bisher unsererseits applizierten
Ansätze und Methoden zur Abschätzung des CO2Speicherpotenzials dieser beiden Optionen beschrieben.
Erdgaslagerstätten
Die Abschätzung des CO2-Speicherpotenzials für
Erdgasfelder stützt sich auf vergleichsweise gute
Datengrundlagen der Explorationstätigkeiten und
der Förderhistorie der einzelnen Lagerstätten.
Aufbauend auf diesen Daten kann das Volumen
des ursprünglich im Reservoir vorhandenen Erdgases bestimmt werden. Unter der Annahme,
dass in einem volumetrischen Verhältnis von 1:1
das geförderte Erdgas durch CO2 ersetzt wird,
lässt sich die CO2-Speicherkapazität auf Basis der
geförderten Erdgasmengen und unter Beachtung
der Bedingungen im Reservoir mit folgender
Formel relativ genau abschätzen:
MCO2
ρCO2r
URρ
ex
CO2-Speicherkapazität (Masse an CO2)
CO2-Dichte unter Reservoirbedingungen
ultimativ gewinnbares Erdgas (engl.: »proven ultimate recoverable gas«)
Erdgas-Expansions-Faktor (engl.: »volumetric formation expansion factor«)
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Abb. 5: Effektive Wirkung bzw. Änderung der
Anteile der verschiedenen Speichermechanismen
mit fortschreitender Zeit (nach IPCC 2005)
3
Das ultimativ gewinnbare Erdgas (URρ) setzt sich
zusammen aus dem kumulativ geförderten Erdgas
und den im Reservoir verbleibenden Reserven. In
Deutschland werden pro Erdgasfeld allerdings nur
die Zahlen zur kumulativen Erdgasförderung jährlich berichtet. Die verbleibenden Erdgasreserven
eines Feldes sind den Autoren nicht bekannt und
mussten daher abgeschätzt werden. Der Expansionsfaktor (ex) lässt sich aus dem Verhältnis der
Erdgasdichte unter Reservoirbedingungen zur
Dichte unter Normalbedingungen bestimmen.
Das CO2-Speicherpotenzial in den deutschen Erdgaslagerstätten ist nach dieser Methode von der
BGR erstmalig im Rahmen des EU-Projektes GESTCO bestimmt worden. Dafür sind alle Erdgasfelder
betrachtet worden, die eine kumulative Erdgasförderung von mindestens 2 x 109 m3 überschritten hatten. Für das spätere EU-Projekt GeoCapacity wurden diese Abschätzungen noch einmal
aktualisiert (Stand: 01.01.2006). Basierend auf
der kumulativen Erdgasförderung wurde die CO2Speicherkapazität für 39 Gesamtfelder auf 2,18
Gt (Gigatonnen = Mrd. t) CO2 geschätzt. Aus dem
Verhältnis der wahrscheinlichen Erdgasreserven
zu der kumulativen Erdgasproduktion in Deutschland (1,29) wurden die verbleibenden Erdgasreserven der 39 Erdgasfelder abgeschätzt. Dementsprechend liegt das abgeschätzte Gesamtpotenzial der 39 Erdgasfelder bei ungefähr 2,75 Gt
CO2. Das im amerikanischen CO2-Speicheratlas
(US DOE 2008) erläuterte Verfahren »production
based CO2 storage estimate« (Abschätzung basierend auf der Erdgasproduktion) ist mit der angewandten Methode in Deutschland identisch.
Bei der CO2-Speicherung in ehemaligen Erdgaslagerstätten sind weitere reservoirgeologische
Faktoren zu beachten, die das potenzielle Speichervolumen mitbestimmen:
– Verdrängbarkeit/Kompressibilität des Formationsfluids,
– Porenraumkompressibilität,
– regionale Druckausbreitung im Reservoir.
Ist ein Erdgasreservoir hydraulisch mit einem
Aquifer verbunden, so ist davon auszugehen, dass
Formationswasser im Verlauf der Förderung infolge des sinkenden Lagerstättendrucks in den freiwerdenden Porenraum eindringt. Eng verbunden
mit der Verdrängbarkeit des Formationsfluids ist
die Bewertung der Dichtheit eines Speichers unter
Beachtung der Druckentwicklung. Das Reservoir
kann nur bis zum ursprünglichen Lagerstättendruck befüllt werden, sofern die Erdgasförderung
nicht die Integrität des Reservoirs und des Abdeckgesteins (Cap Rock) beeinträchtigt hat. Kann
die Integrität des Reservoirs auch bei einem höheren Druck gewährleistet werden, so bietet die
Struktur zusätzliches Potenzial zur CO2-Spei32
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cherung. Dies kann ausgeschöpft werden, solange der kapillare Schwellendruck der abdeckenden
Gesteinsschicht (Barriere) nicht überschritten wird.
Ein alternatives Verfahren zur Abschätzung des
CO2-Speicherpotenzials in Kohlenwasserstoff-Lagerstätten wird im amerikanischen CO2-Speicheratlas (US DOE, 2008) erläutert. Die volumetrische
Abschätzung (»volumetrics-based CO2storage estimate«) basiert auf der bekannten Methode der
Explorationsindustrie zur Berechnung des Lagerstätteninhalts (Original Gas In Place, OGIP). Das
Speicherpotenzial wird – vereinfacht betrachtet –
auf Basis der Geometrie des Speichers (flächenhafte Ausdehnung und Mächtigkeit) und der Gesteinseigenschaften abgeschätzt. Die Berechnungsformel lautet:
GCO
A
hn
2
φe
Sw
B
ρCO
ER
2
CO2-Speicherkapazität (Masse an CO2)
Flächenhafte Ausdehnung
Mächtigkeit der Erdgassäule innerhalb der
Formation
Mittlere Porosität über hn
Durchschnittliche Wassersättigung innerhalb der Fläche A und der Mächtigkeit hn
Erdgasvolumen-Umrechnungsfaktor
(»formation volume factor«)
CO2-Dichte unter Reservoirbedingungen
Reservoireffizienz
Die Anwendung dieser Formel erfordert eine hervorragende Kenntnis der Geometrie und der Gesteinseigenschaften einer Speicherstruktur. Der
Faktor ER (Reservoireffizienz) beschreibt den Anteil
am ursprünglichen Lagerstätteninhalt (OGIP), der
für die CO2-Speicherung nutzbar sein wird. Es ist
ein reservoir- bzw. formationsspezifischer Faktor,
der u. a. berücksichtigt, dass nur ein Teil des Lagerstätteninhalts gewinnbar ist (bei konventionellem Erdgas ungefähr zwischen 60 und 90 %) und
durch CO2 substituiert werden kann.
33
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Salinare Aquifere
Die CO2-Speicherung in salinaren Aquiferen erfordert im Unterschied zur Nachnutzung ausgeförderter und gut dokumentierter Erdgas-Lagerstätten die Bewertung folgender zusätzlicher geologischer Parameter:
– strukturelle Situation,
– Aquifertyp,
– speichergeologische Bedingungen,
– Deckgebirgsdichtheit.
Als günstige strukturgeologische Voraussetzungen für eine CO2-Speicherung werden zurzeit vor
allem Antiklinalen – vorstellbar wie ein umgedrehter Kochtopf unter Wasser – untersucht. Aber
auch Aquifergebiete ohne besonders ausgebildete
Fangstrukturen können die Anforderungen für
eine CO2-Speicherung erfüllen, sofern die Reservoireigenschaften die Voraussetzungen der Rückhaltezeit und sicheren Speicherung erfüllen.
So kann auch eine Synklinale – also eine Mulde –
Bestandteil eines CO2-Speichers sein, wenn sie
von Antiklinalen umgeben ist. In so einem Fall
würde das CO2 aufgrund der im Vergleich zum Formationswasser geringeren spezifischen Dichte per
Auftrieb aus der Synklinale in Richtung umliegender Antiklinalen migrieren. Man könnte somit das
CO2 in einer Synklinale injizieren und von da aus
die angrenzenden Antiklinalstrukturen befüllen.
Auf dem Weg in die Scheitelbereiche der Antiklinalen wird ein Teil des CO2 per Kapillarkräfte oder
durch Lösung im Formationswasser gebunden, ein
weiterer Anteil durch Mineralneubildung gefangen (vgl. Abb. 5). Dieses Modell wird auch seitens
der Industrie (z. B. Dose 2007) als kombinierter
Speichermechanismus erwogen.
Aufbauend auf den vorhandenen regionalgeologischen Kenntnissen erfolgt die Bestimmung des
CO2-Speicherpotenzials salinarer Aquifere über
eine volumetrische Abschätzung.
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GCO
A
M
2
φe
ρCO
EF
2r
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CO2-Speicherkapazität (Masse an CO2)
Flächenhafte Ausdehnung des Speichers
Mächtigkeit der Speichergesteine innerhalb
einer Formation
Mittlere Porosität über M
CO2-Dichte unter Reservoirbedingungen
Flutungseffizienz
Durch die Bestimmung der Verbreitung (A), der
Mächtigkeit (M) sowie der Porosität (φe) des Speichergesteins lässt sich das Speichervolumen
ermitteln. Bei Anwendung der CO2-Dichte (ρCO )
auf das Speichervolumen ergibt sich das theoretische Gesamtpotenzial für die CO2-Speicherung.
Der Faktor Flutungseffizienz (EF) schränkt das theoretische Gesamtpotenzial für die CO2-Speicherung weiter ein. Die Flutungseffizienz (EF) hängt
von geologischen Parametern (z. B. Aquifertyp, speichergeologische Eigenschaften) und von ökonomischen Parametern wie der gewählten Injektionsstrategie (z. B. Art und Anzahl der Injektions2r
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bohrungen) ab. Die Flutungseffizienz ist a priori
nicht bekannt und kann erst nach der Injektionsphase bestimmt werden.
Basierend auf der Bestimmung der regionalen Verbreitung bekannter potenzieller Speichergesteine
und unter Verwendung regionaler geologischer
Parameter (Mächtigkeit der Sandsteine, Porositäten etc.) ist in den letzten Jahren die CO2-Speicherkapazität salinarer Aquifere in Deutschland
mit ungefähr 12 - 28 Gt CO2 abgeschätzt worden.
Um eine präzisere Bilanzierung des CO2-Gesamtspeicherpotenzials im tieferen Untergrund vornehmen zu können, wird gegenwärtig das vom
BMWi und einem Industriekonsortium geförderte
Projekt »Speicher-Kataster Deutschland« gemeinsam von der BGR und den Staatlichen Geologischen Diensten der Länder durchgeführt.
3
Das Projekt »Speicher-Kataster Deutschland«
Essentielle Grundlage für die Bewertung und
Bilanzierung des Speicherpotenzials ist eine fundierte Kenntnis und Einbeziehung aller verfügba-
Abb. 6: Die Staatlichen Geologischen Dienste von Deutschland erarbeiten gemeinsam im Projekt »Speicher-Kataster
Deutschland« wichtige Grundlagen für eine bundesweit einheitliche Bewertung des tiefen Untergrundes.
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ren geologischen und geophysikalischen Daten
und ihrer Interpretationen. Die entsprechenden
Datenbestände und Informationen aus der Kohlenwasserstoff-Exploration sowie anderen lagerstättenkundlichen Untersuchungen werden in
Deutschland von den zuständigen Fachbehörden
der Länder erfasst und bearbeitet. Das gemeinsame Projekt aller Staatlichen Geologischen Dienste
der Länder und der BGR bündelt diese Kompetenzen für die vertiefende Bearbeitung der Untergrundverhältnisse (Abb. 6). Ziel ist es, potenziell
geeignete, natürliche Speicherräume im Untergrund, z. B. für eine dauerhaft sichere Speicherung von CO2, nachzuweisen.
Dazu werden die Informationen zur Verbreitung
und Ausbildung nutzbarer Speicher- und Barrieregesteine und ihrer geologisch-petrophysikalischen Eigenschaften bundesweit einheitlich und
systematisch zusammengestellt. Die Verbreitung
von potenziell geeigneten Speicher- und Barrieregesteinen ist bekanntlich an die großen Sedimentbecken in Deutschland gebunden (Abb. 7).
Das mit Abstand größte Potenzial zur tiefen geologischen CO2-Speicherung besitzt das Norddeutsche Becken. Mit einer Sedimentmächtigkeit von
regional mehr als 10000 m und einer Ausbreitung
über den gesamten norddeutschen Raum besitzt
es schon jetzt große Bedeutung für die geotechnische und energetische Nutzung des tieferen
Untergrundes. Darüber hinaus gibt es CO2-Speicherpotenzial im Molassebecken nördlich der Alpen, im Oberrheingraben, im Saar-Nahe-Becken,
im Thüringer Becken, in der Münsterländer Oberkreidemulde und in der Hessischen Senke.
Die über diese Pauschalansprache hinaus gehende
Interpretation erfolgt auf Basis der bereits weiter
oben genannten Daten und Informationen. Im
ersten Schritt werden Potenzialkarten bedeutender Speicher- und Barrieregesteine erarbeitet und
signifikante Einzelstrukturen herausgearbeitet.
Anhand der Potenzialkarten werden die Gebiete
eingegrenzt, in denen die Speicher- und Barrieregesteinskomplexe für eine CO2-Speicherung geeignet sind. Unter den Begriffen Speicher- bzw.
Barrieregesteinskomplex wird die Verbreitung von
Formationen/Schichtfolgen verstanden, die eine
35
Seite 35
stratigraphisch abgrenzbare Einheit innerhalb
eines Sedimentationsraumes bilden und durch ein
herausragendes Potenzial zur Speicherung von
CO2 oder durch eine ausreichende Barrierewirkung charakterisiert sind. Speicherkomplexe Norddeutschlands mit bekannten Speichergesteinen in
räumlicher, zeitlicher und lithologischer Variabilität
findet man beispielsweise in den Formationen:
– Sedimentäres Oberrotliegend,
– Mittlerer Buntsandstein,
– Rhät-Lias,
– Dogger,
– Unterkreide.
Die Barrierekomplexe gewährleisten aufgrund
ihrer lithologischen Eigenschaften eine sichere
langzeitwirksame Abdichtung und weisen die erforderliche Festigkeit gegenüber erhöhten Lagerstätten- bzw. Schichtdrücken auf. Barrieregesteine
sind Tongesteinsfolgen und Salzgesteine, die allgemein eine sehr geringe Durchlässigkeit für
Fluide und Gase besitzen (Abb. 8). Bekannte
Beispiele für Barrierekomplexe in Norddeutschland
findet man in den Formationen:
– Zechstein (Salinar),
– Röt (Salinar),
– Lias (Tongesteinsformationen),
– Kreide (Tongesteinsformationen),
– Rupel (Tongesteinsformationen).
Mit Potenzialkarten werden Verbreitung, Mächtigkeit und Tiefenlage sowie die Speichereigenschaften (z. B. Porosität und Permeabilität) der Gesteinskomplexe dargestellt. Zudem werden potenziell geeignete Speicherregionen ausgewiesen und
die bestehenden geologischen Informationen in
einem digitalen Nachweissystem erfasst. Dadurch
wird die geologische Interpretation transparent
und die Verfügbarkeit von Daten dokumentiert.
In der zweiten Phase des Projektes werden ausgewählte Speicherstrukturen geologisch charakterisiert. Dazu werden bestehende strukturgeologische, geochemische und mineralogische Daten im
Detail ausgewertet. Auf dieser Basis können lokale Aspekte für die CO2-Speicherung erkannt und
bewertet werden. Dazu werden für ein kleinräumiges Gebiet wichtige petrographische und petro-
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Abb. 7: Darstellung großer CO2Quellen und potenzieller CO2Senken in Deutschland
3
physikalische Kennzahlen, die Lithologie und die
Mächtigkeit der geologischen Formationen ausgewertet. Auf dieser Basis, in Einzelfällen auch durch
numerische Simulationen, erfolgen Einschätzungen der Druckentwicklung im Reservoir, werden
potenzielle Wegsamkeiten analysiert, die FluidGesteins-Wechselwirkung erkannt und auch technische Aspekte, wie zum Beispiel die mögliche Injektionsrate für eine Struktur, ermittelt. Mit diesen
ortsspezifischen Erkenntnissen wird das Wissen
zur CO2-Speicherung generell vertieft und Abschätzungen zum Speicherpotenzial in Deutschland verlässlicher. Dennoch: Letztlich kann ein
lokaler Speicher erst durch eine detaillierte Erkundung vor Ort zuverlässig bewertet werden. Eine
möglichst breite Basis von qualitativ hochwertigen
Grundlagendaten ist in jeder Phase der Erkundung
aber von höchster Wichtigkeit, um die notwendigen Investitionen bestmöglich abzusichern.
Die effiziente Verwaltung der geologischen Daten
wird durch ein Geo-Informationssystem unterstützt. Dieses gewährleistet die Transparenz der
Bearbeitung und ermöglicht eine nachhaltige Verwendung der Projektergebnisse. Zudem können
Informationen aus anderen Sachgebieten in Form
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Abb. 8: Barrieregesteine (Salz, Tonsteine) sind durch signifikant geringere Gesteinsdurchlässigkeiten gegenüber potenziellen Speichergesteinen charakterisiert (Daten aus NW-Deutschland).
digitaler Daten bei der Bewertung berücksichtigt
werden (z. B. Informationen über Siedlungen, Infrastruktur, Schutzgebiete, andersartige Nutzungen des tiefen Untergrundes). Die vielseitigen Einsatzmöglichkeiten eines Geo-Informationssystems
werden insbesondere den multidisziplinären Anforderungen bei der Entwicklung einer verlässlichen Bilanzierung des CO2-Gesamtspeicherpotenzials unter Berücksichtigung konkurrierender
Nutzungsansprüche gerecht. Das Speicher-Kataster verbindet so Methoden der Geoinformatik,
der Reservoirgeologie und der Strukturgeologie,
um Antworten auf geowissenschaftliche Fragestellungen zur Untergrundspeicherung anzubieten. Zusammen mit den Beiträgen der weiteren
Projektpartner ermöglichen die zu erwartenden
Ergebnisse des »Speicher-Katasters« eine kompetentere Beratung und Information von Politik,
Wirtschaft und Öffentlichkeit durch die zuständigen Fachbehörden.
37
Dauerhafte CO2-Speicherung als neue Nutzungsoption des unterirdischen Wirtschaftsraums
Der unterirdische Wirtschaftsraum ist eine endliche Ressource, deren Nutzung bereits seit vielen
Jahrzehnten andauert. Beispielsweise werden dem
Untergrund durch den Bergbau auf Kohle, Salz,
Erdöl und Erdgas nicht nur Rohstoffe entnommen.
Die produzierten Lagerstättenwässer oder die bei
der obertägigen Veredlung von Salzen anfallenden hochsalinen Fluide werden auch wieder in tiefe geologische Formationen reinjiziert.
Seit mehr als 50 Jahren werden in Deutschland
Untertage-Erdgasspeicher zur Sicherung der Erdgasversorgung bzw. als Puffer für den tages- und
jahreszeitlich wechselnden Verbrauch betrieben.
Als Erdgasspeicher kommen grundsätzlich entweder Poren- oder Kavernenspeicher infrage. Porenspeicher sind in der Regel ehemalige Erdöl- oder
Erdgaslagerstätten, Aquifere spielen hier eher eine
untergeordnete Rolle. Kavernenspeicher werden
in den nur in Norddeutschland vorkommenden
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Salzstöcken angelegt, man kann sie mit unterirdischen Druckbehältern vergleichen. Letztgenannte
Option wird zukünftig wohl auch eine Rolle spielen, falls man Druckluft oder auch Wasserstoff als
Regelenergiepotenziale von Windparks realisieren
will. Seit wenigen Jahren wird in vielen Regionen
Deutschlands auch versucht, den tiefen Untergrund geothermisch zu nutzen – sei es für den
Wärmemarkt oder zur Stromerzeugung. Die größten Erfolge wurden bislang im Oberrheingraben
und in der Alpenvorlandmolasse erzielt. Zum
einen aufgrund des deutlich erhöhten geothermischen Gradienten, zum anderen wegen der
hohen Heißwasser-Zuflussraten. Dem Norddeutschen Becken wird von den Fachleuten bisher ein
nur nachrangiges geothermisches Potenzial zugemessen. Andere Nutzungen des tiefen Untergrundes sind beispielsweise mit der Balneologie, der
Natur-Kohlensäureproduktion oder auch der Endlagerung radioaktiver Abfälle verbunden. Die dauerhafte CO2-Speicherung im tiefen Untergrund
käme als neue Technologie hinzu, die wegen der
hohen Speichermengen vergleichsweise große
unterirdische Areale beanspruchen würde.
3
Für ein geordnetes Miteinander ist ein detailliertes
Wissen über den unterirdischen Raum unentbehrlich. Das »Speicher-Kataster Deutschland« ist
dafür ein wichtiger Grundbaustein, weil erstmalig
eine bundesweit abgestimmte, einheitliche Systematik für die Erfassung und Beschreibung der
Speicher- und Barrierekomplexe angewendet
wird. Ein weiterer Baustein ist das erst kürzlich
angelaufene Projekt »Geopotenzial der Deutschen
Nordsee« (http://www.geopotenzial-nordsee.de),
in dem u. a. für diesen Raum das Speicherpotenzial erarbeitet wird. Die Ergebnisse dieser und
weiterer darauf aufbauender Projekte sind essentielle Planungsgrundlagen für Politik und Industrie
– gleichzeitig wichtige Informationswerkzeuge für
die Öffentlichkeit.
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»Die Menschen über einem CO2-Speicher sollen nicht nur objektiv sicher sein, sondern sich auch sicher fühlen.«
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4. Sicherheit des CO2-Speichers – potenzielle
Leckagepfade und Gefährdungsabschätzung
Franz May
Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), Hannover
Die Betrachtung möglicher Leckageszenarien und
Gefährdungsabschätzungen beschränkt sich hier
auf die – hinsichtlich der Speicherkapazität – technologisch wichtigste Option: die Speicherung in
porösen Sandsteinen. Diese sind entweder von
Restgas (Erdgaslagerstätten) oder von Solen (tiefe
Aquifere) erfüllt. Im Allgemeinen wird die Speicherung in Strukturen erwogen, die eine Ausbreitung einer freien CO2-reichen Phase verhindern, z. B. Antiklinalen über Salzkissen. Diese
Strukturen sollten sich in einer Tiefenlage von
etwa 800 Metern oder mehr befinden, damit der
vorhandene Porenraum effizient von CO2 als Fluid
hoher Dichte genutzt werden kann. Umweltrisiken können nicht nur durch austretendes CO2,
einschließlich der darin enthaltenen Nebenbestandteile, sondern auch durch Solen entstehen,
die aus der Speicherschicht verdrängt und in höher gelegene Süßwasseraquifere oder Oberflächengewässer gelangen könnten. Neben der intensiv überwachten Betriebsphase des Speichers
ist auch die Langzeitsicherheit von Speichern zu
bewerten, die über die Zeiträume üblicher technologischer Erfahrungen hinausreicht. Dies verlangt die Anwendung von Methoden des Langzeitsicherheitsnachweises, wie sie für Endlager radioaktiver Abfälle erforderlich sind, auch wenn die Risiken an sich nicht vergleichbar sind. Die methodische Vorgehensweise, wie in Abb. 9 skizziert, lässt
sich aber auf die CO2-Speicherung übertragen.
FEP
Szenarien
Standorteigenschaften
Endlagerkonzept
Konzeptuelle
Modelle
Detailuntersuchungen
Unsicherheiten
Numerische
Modelle
Daten
4
Konsequenzenanalysen
- Referenzfall
- Szenarien
Unsicherheitsanalyse
Probabilistische Analyse
Sensitivitätsanalyse
Abb. 9: Hauptschritte einer Langzeitsicherheitsanalyse (Brasser et al. 2008)
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Im Folgenden werden die möglichen Wege, auf
denen Fluide (CO2 und Solen) aus einem Speicher
entweichen können, vorgestellt, bevor auf die Einschätzung von Gefährdungen eingegangen wird.
tionen zu gelangen. Fortschritte hierzu sind aus
den laufenden Forschungsprojekten CO2-MoPa,
COSONOStRA, CO2SEALS, CLEAN und COORAL
zu erwarten.
Mögliche Leckagepfade
Deckschichten
Die Deckschichten über einer Speicherstruktur stellen die erste Barriere für eine CO2-reiche Gasphase dar, welche aufgrund ihres Auftriebs oder aufgrund der Druckgradienten nach oben strebt. Als
Deckschichten sind Gesteine mit einer geringen
Durchlässigkeit für Fluide (Flüssigkeiten und Gase)
geeignet, vor allem tonreiche Sedimente oder Salzgesteine. Zum Durchströmen einer wassergesättigten Deckschicht muss eine Gasphase die Kapillarkräfte in den Poren des Gesteins überwinden.
Unterhalb eines Schwellendrucks sind die feinkörnigen Gesteine daher für die Gasphase undurchlässig. Molekulare Diffusion kann als Transportprozess für CO2 aus den tiefen Lagerstätten vernachlässigt werden. Beim Überschreiten des Schwellendrucks würde der Strömungswiderstand der feinkörnigen Gesteine dennoch nur eine geringe
Leckagerate zulassen.
Deckschichten können ebenfalls undurchlässig
werden, wenn der Injektionsdruck die Festigkeit
des Gesteins überschreitet und Risse gebildet werden. Bei der Erdöl- und Erdgasförderung und bei
der geothermischen Energiegewinnung macht
man sich dies gezielt zunutze, indem Wasser unter
hohem Druck in die Förderhorizonte injiziert wird.
Die durch das aufreißende Gestein geschaffenen
neuen Wegsamkeiten führen zu erheblich höheren Produktionsraten. Die Bedingungen zur Bildung
und Ausbreitung von Rissen sind daher grundsätzlich bekannt, in natürlichen heterogenen Gesteinen
aber nicht immer präzise vorherzusagen. Verlässliche Prognosen zum mechanischen Verhalten der
abdeckenden Gesteinsschichten während der
CO2-Injektion sind daher notwendig; nicht nur zur
Steigerung der Injektivität, sondern auch zur Ermittlung des maximalen Injektionsdrucks, bis zu
dem die Deckschichten intakt bleiben. Das geomechanische Verhalten potenzieller Deckschichten wird in einer Vielzahl von Forschungsprojekten
– sowohl unter Labor- als auch unter realistischen
Bedingungen vor Ort untersucht (s. a. Kapitel 7,
Seite 66 ff.).
Chemische Reaktionen zwischen Fluiden und Mineralen der Deckschichten könnten deren hydraulische Eigenschaften allerdings nachteilig verändern, z. B. die Lösung von Kalzit aus Kalkstein
oder Mergel oder die Auslaugung von Salz durch
untersättigte Formationswässer. Bei der Speicherung von CO2 sind vor allem die langsamen Reaktionen, besonders die Umwandlung von Silikaten,
für die Langzeitsicherheit von Bedeutung. Die Reaktionsraten für viele natürliche Minerale sind jedoch erst unzureichend bekannt. Computersimulationen, die eine verlässliche Prognose zur Gesteinsumwandlung liefern könnten, sind daher
nur begrenzt einsetzbar (s. a. Kapitel 5, Seite 50 ff.).
Angesichts der mannigfaltigen Einflussgrößen,
wie wechselnde Zusammensetzung von Gesteinen
und Formationswässern, Reinheit des CO2-Stroms
sowie unterschiedliche Druck- und Temperaturbedingungen im Untergrund, sind zahlreiche geochemische Laborexperimente nötig, um zu einem
quantitativen Verständnis der Alterationsreak-
41
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Das rasche Aufsteigen von CO2 durch die (vermuteten) Tonlagen im Utsira Sand und natürliche
CO2-Austritte durch tonreiche, unverfestigte Sedimente sind bislang nicht vollständig verstanden.
Offenbar treten in der Natur – neben dem durch
das Darcy-Gesetz beschreibbaren Durchströmen
poröser Gesteine – noch andere Transportprozesse auf, beispielsweise unter Bildung von Suspensionen aus Gas, Lagerstättenwasser und Sediment. Beispiele sind die meist Erdgas, aber auch
CO2 führenden Schlammvulkane. Häufig sind derartige Gasaustritte auch an tektonische Störungen
gebunden, wie Scherzonen in duktilen Sedimenten (Van Rensbergen et al. 2003). Studien dieser
Transportprozesse, wie sie unter anderem in dem
GEOTECHNOLOGIEN-Projekt COMICOR an natürlichen CO2-Austritten durchgeführt werden, kön-
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Abb. 10: Natürlicher CO2-Austritt in tonreichen Sedimenten des Egergrabens, Tschechien (Foto: F. May)
nen zur besseren Risikobewertung der Barriereeigenschaften unverfestigter Tongesteine beitragen.
Störungen
Von besonderer Bedeutung für die Speichersicherheit sind natürliche Störungen, die hydraulische
»Kurzschlüsse« zwischen verschiedenen Grundwasserstockwerken ermöglichen oder Wegsamkeiten bis an die Oberfläche darstellen können.
Dabei ist allerdings das ambivalente Verhalten von
Störungen zu beachten: Sie können sowohl Wegsamkeiten mit erhöhter Durchlässigkeit sein als
auch Fließbarrieren darstellen. Im ersten Fall sind
Störungen damit ein Sicherheitsrisiko, im zweiten
eine erwünschte Barriere. »Dichte« Störungen
sind aber auch ein geotechnisches Hindernis in
einem ansonsten homogenen Speicher und damit
ein ökonomisches Risiko für den Betreiber, der
eventuell mehr Bohrungen zur Befüllung eines
Speichers einsetzen muss.
In jedem Fall ist es für die Beurteilung der Eignung
eines Standorts unerlässlich, das Inventar der Störungen im Bereich des Speichers möglichst vollständig zu erfassen und zu charakterisieren. Bei
der Speicherung in Aquiferen ist dabei auch die
regionale Umgebung mit einzubeziehen, da die
induzierten Druckgradienten auch in der Umgebung des Speichers zu Fluidbewegungen führen.
Zur Erkundung von Störungen im Untergrund werden vor allem seismische Verfahren eingesetzt.
Das Auflösungsvermögen der Verfahren wird u. a.
von der Wellenlänge der Schallwellen und der
benötigten Energie zum Eindringen in die Tiefe
begrenzt. Verbesserungen bei der Aufnahme und
Auswertung seismischer Daten dienen dem besseren Erkennen von Störungen, aber auch der
Reservoirheterogenität und der Gassättigung in
den Speichergesteinen. Hieran arbeiten die Forscher in den Projekten CO2CRS und CO2Depth.
Insbesondere neotektonisch (in den letzten 10
Millionen Jahren) aktiven Störungen gilt das
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Augenmerk der Sicherheitsanalysen. Zur Erfassung neotektonisch aktiver Lineamente können
geodätische Verfahren und Fernerkundungsmethoden eingesetzt werden, die geringe Bewegungen der Erdoberfläche erfassen und Versatzbeträge messen können, die weit unterhalb des
Auflösungsvermögens seismischer Verfahren liegen. Derartige Methoden werden u. a. in den
Projekten CO2SINK und CLEAN weiterentwickelt
und erprobt.
Neben der Kartierung der Raumlage ist die Kenntnis der hydraulischen Eigenschaften der Störungen erforderlich, um deren Leckagerisiko abzuschätzen. Interferenztests (Pump- oder Injektionsversuche in der Nähe von Störungen) sind sehr
aufwendig und von begrenzter Reichweite. Daher
ist die Entwicklung neuer oder die Verbesserung
bestehender Verfahren zur Optimierung der hydraulischen Charakterisierung von Störungen eine
technologische Herausforderung. Für neue Verfahren gäbe es, neben der Speicherung von CO2,
viele weitere Einsatzmöglichkeiten bei der Nutzung des tieferen Untergrundes.
Auch geologisch alte, beispielsweise durch
Quarzgänge erfüllte und nicht mehr aktive Verwerfungen könnten zum Leckagepfad werden,
wenn eine Änderung der Spannungsverhältnisse
durch die Speicherung von CO2 zu erneuten Bewegungen entlang der alten Bruchflächen führt.
Die Kenntnis der geologischen Entwicklung einer
Störung, deren Festigkeit und Raumlage in Bezug
zu den aktuell herrschenden Spannungen in der
Erdkruste sowie die Simulation der Druckänderungen durch die CO2-Injektion sind erforderlich,
um das Potenzial zur Reaktivierung von Störungen abzuschätzen. Im Rahmen des COASTProjektes sind derartige geomechanische Bewertungen von Störungen für das Explorationsgebiet
Nordfriesland geplant.
Speicherstrukturen
Es ist Aufgabe der Speichererkundung, die Untergrundstrukturen von Speicher- und Deckschichten
sorgfältig zu beschreiben. Idealerweise wird die
Gasphase wie unter einer untergetauchten Käse-
43
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glocke zurückgehalten. Nun existieren im Untergrund keine idealen Käseglocken, bestenfalls
Strukturen »2. Wahl« mit ihren natürlichen Heterogenitäten. Das bedeutet nicht, dass sie als Speicher ungeeignet sind, sondern dass ihre Beschaffenheit sorgfältig zu untersuchen ist. Die Ränder
der unterirdischen »Käseglocken« sind unregelmäßig. Die sogenannten »Spillpoints« müssen genau
bekannt sein, um ein unkontrolliertes Entweichen
der Gasphase aus dem Speicher zu verhindern.
Auch lückenhafte Deckschichten oder die lokale
Reduktion ihrer Mächtigkeit stellen Sicherheitsrisiken dar. Neben der geophysikalischen Erkundung
hilft die Rekonstruktion der erdgeschichtlichen
Ablagerungs- und Abtragungsgeschichte, Hinweise
auf mögliche Schwachstellen zu geben und gezielt
danach zu suchen. Ein Beispiel hierfür sind tiefe
eiszeitliche Rinnen in Norddeutschland, in denen
der Rupelton (eine wichtige Barriere zwischen Sole führenden und Süßwasseraquiferen) teilweise
erodiert ist. Die aerogeophysikalische Erkundung
derartiger Rinnen erfolgte im BURVAL-Projekt und
soll auch im Rahmen des geplanten COASTProjektes erfolgen.
Die Heterogenitäten innerhalb des Speichers kontrollieren die Ausbreitung der Fluide. Die Untersuchung von fossilen Fluidsystemen in der Erdkruste zeigt, dass diese häufig hydraulisch bevorzugten Wegsamkeiten folgen. Daher ist auch
die Kenntnis der internen Struktur der Speichergesteine nötig, um die Ausbreitung des CO2 vorherzusagen. So breitet sich das CO2 am Top des
Utsira Sands gegenwärtig in einer schmalen Zone
einseitig nach Norden aus, was aus den geologischen Modellen und Simulationen nicht vorherzusehen war.
Die möglichst verlässliche Prognose der Ausbreitung von CO2 im Untergrund erfordert daher eine
hochauflösende Erkundung des Speichers und des
Deckgebirges. Dazu sind unter anderem seismische Methoden notwendig, wie sie in den
Projekten CO2SINK, CO2ReMoVe, CO2CRS und
CO2DEPTH entwickelt werden. Die unvorhergesehene Ausbreitung von CO2 kann auf Mängeln in
der Speichererkundung beruhen, die direkte
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Auswirkungen auf die Speichersicherheit haben.
Daher ist die technische Umsetzung der im Anhang der europäischen CCS-Richtlinie beschriebenen Erkundungsaufgaben ebenso notwendig
wie die Entwicklung von Richtlinien zur Bewertung der Speichersicherheit. An der Erstellung
von Regelwerken arbeitet u. a. ein Arbeitsbereich
der Bundesanstalt für Geowissenschaften und
Rohstoffe. Unter dem Schirm der Deutschen Gesellschaft für Geowissenschaften (DGG) und der
Deutschen Gesellschaft für Geotechnik (DGGT)
wurde 2008 ein Arbeitskreis »CO2-Lagerung in
geologischen Schichten« gegründet, der die
Erfahrungen aus FuE-Projekten aufgreifen und
Regelwerke (weiter-)entwickeln soll.
Bohrungen
Bohrungen werden häufig als die bedeutendsten
Wegsamkeiten angesehen, über die CO2 aus
einem Speicher entweichen könnte (s. a. Kap. 8,
Seite 78 ff.). Im Gegensatz zur Speicherung in tiefen Aquiferen, die üblicherweise durch wenige
Bohrungen aufgeschlossen sind, finden sich in
erschöpften Erdgasfeldern zahlreiche Produktionsbohrungen, die teilweise bereits verfüllt sind. Insbesondere die älteren, nicht für den Zweck der
langfristigen Verwahrung von CO2 ausgelegten
Bohrungen werden kritisch gesehen. Allein in der
Erdgaslagerstätte Altmark, in der ein Teilbereich
als CO2-Pilotspeicher genutzt werden soll, wurden
etwa 420 Tiefbohrungen abgeteuft. Forschungen
zur Beständigkeit von Zement und Stählen, die
Entwicklung neuer Verfahren unter Nutzung von
Verbundmaterialien zur Verfüllung von Bohrungen und die Entwicklung von Konzepten zum Umgang mit Altbohrungen wurden/werden in den
GEOTECHNOLOGIEN-Projekten CSEGR, COSMOS,
COBOHR und CLEAN durchgeführt. Die Dichtigkeit verfüllter CO2-Förderbohrungen in der Vorderrhön wurde im Rahmen des EU-Projekts NASCENT durch Bodengasmessungen überprüft. Es
wurden keine Hinweise auf Leckagen beobachtet.
Generell ist die umfassende, gründliche Standorterkundung das Fundament für alle Sicherheitskonzepte. Die Vermeidung von Leckagerisiken und
eventuell aufwendiger Gegenmaßnahmen recht-
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fertigt den hohen Aufwand (großflächige 3-DSeismik und Explorationsbohrungen) bei der Erkundung von Speicherkomplexen.
Gefährdungsabschätzung
Bei der Abschätzung der von einem CO2-Speicher
ausgehenden Gefahr sind verschiedene Schutzgüter zu betrachten: Klima, Umwelt und Gesundheit.
Klima
Bilanzen zur Klimawirksamkeit der CO2-Speicherung müssen sich auf die Menge des vermiedenen
Kohlendioxids beziehen, da für die Abscheidung
von CO2 aus Brennstoffen oder Rauchgasen derzeit noch ein Mehrbedarf an fossiler Energie erforderlich ist. Im Vergleich zur heutigen Situation, wo
100 % des CO2 aus fossilen Brennstoffen in die
Atmosphäre gelangen, sollte dessen Speicherung
selbst in undichten Speichern eine positive Emissionsbilanz ergeben, da ein erheblicher Teil des injizierten CO2 im Lagerstättenwasser gelöst, in
Feinporen gebunden und in Reservoirstrukturen
zurückgehalten werden sollte, selbst wenn dauerhafte Leckagen nicht behoben werden könnten.
Die Erstellung von umfassenden Energie- und
Emissionsbilanzen zum Nachweis der »Nachhaltigkeit« einer CCS-basierten Energieerzeugung,
die den Energieeinsatz und die damit verbundenen Emissionen der erforderlichen technischen
Infrastruktur und die durch die CO2-Speicherung
eingeschränkte Nutzung geothermischer Energie
einschließen, ist bislang kaum und nur ansatzweise versucht worden. Diese Problematik wird
für die Energieerzeugung insgesamt z. B. von Sarkar (2001) diskutiert. Aufgrund der – zumindest
intuitiv wahrgenommenen – Nachhaltigkeitsprobleme wird CCS häufig als Brückentechnologie
angesprochen. Umfassendere Energie, Emissionsund Ressourcenbilanzen wären erforderlich, um
CCS mit anderen Klimaschutzmöglichkeiten zu
vergleichen und um einen ökologisch optimalen
Mix von Technologien zu finden, anstatt unkritisch
der pauschalen Behauptung zu folgen, dass alle
Technologien erforderlich sind, um Klimaschutz
und Versorgungssicherheit zu vereinbaren. Hier ist
die Wissenschaft gefordert, belastbare Grundlagen
für die gesellschaftliche Diskussion zu liefern.
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Umwelt
Die Auswirkung von natürlichen CO2-Austritten
auf Ökosysteme an der Erdoberfläche ist meist auf
wenige Meter bis Dekameter im Umfeld der
Austrittsstellen begrenzt. Botanische und mikrobiologische Untersuchungen sind z. B. in der Umgebung des Laacher Sees von Forschern des EUExzellenznetzwerks CO2GeoNet durchgeführt worden (Jones at al. 2008). Die Erfassung und
Charakterisierung der Biotope vor der CO2-Injektion wird für die Risikobewertung benötigt. Sie
ist Bestandteil des standortgebundenen Verbundvorhabens CLEAN. Die Umzäunung der vegetationsfreien Gebiete im Zentrum von CO2-Austritten kann bereits ein wirksamer Schutz für die
meisten Wirbeltiere sein, so wie in der Nähe des
römischen Flughafens Chiampino, wo 7 t/d aus
einer etwa 6000 m² großen Mofette austreten
(Arts et al. 2007).
Werden gasführende Klüfte, Störungen oder
undichte Bohrungen an der Oberfläche von
Lockersedimenten bedeckt, kann sich aufsteigendes Gas auch über größere Bereiche ausbreiten,
wie z. B. im Falle der havarierten Ethen-Kaverne
bei Bad Lauchstädt (Katzung et al. 1996). In derartigen Fällen ist auch die Lösung von CO2 in
Grundwässern möglich. Die dadurch bedingte Versauerung an sich als auch Mineralumwandlungen
oder die Mobilisierung von Elementen und Schadstoffen könnten zur Beeinträchtigung nutzbarer
Grundwässer führen. Glaziale Lockersedimente
überlagern große Bereiche der Speicher in Norddeutschland. Die Auswirkungen von CO2 auf flache Grundwasserleiter sollen durch geochemische
Studien (CO2-MoPa) und in einem Injektionsexperiment (CO2Leckage) in Schleswig-Holstein
untersucht werden.
Auch der mögliche Austritt von hochkonzentrierten Solen hätte negative Auswirkungen auf die
Umwelt. Deren Ausmaß wird von den Raten
abhängen, mit denen gelöste Salze in Grund- oder
Oberflächenwässer gelangen. Die negativen Auswirkungen sind z. B. aus der jahrelangen Einleitung von Abwässern des elsässischen Kaliberbaus in den Rhein gut bekannt. In Hessen und
45
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Thüringen werden Salzwässer auch in den
Untergrund gepumpt, was, im kleinen Maßstab,
als Analogon zum Studium von Prozessen für die
Verdrängung von Salzwässern in Aquiferen dienen könnte.
Gesundheit
Im Mittelpunkt der öffentlichen Debatte über die
Speicherung von CO2 dürfte die Gefahr für Leib
und Leben der Bevölkerung über dem CO2-Speicher stehen. Erfahrungen mit dem Transport und
der Speicherung von natürlichem Gas lassen
jedoch vermuten, dass beispielsweise der Transport von CO2 viel anfälliger für Störungen durch
menschliche Einwirkungen und Leckagen ist als
der Untergrundspeicher an sich. Die Relativierung
von Risiken im Verhältnis zu anderen Technologien
des Klimaschutzes (wie das Explosionsrisiko einer
Biogasanlage, Bodendegradation unter MaisMonokulturen oder die Endlagerung hochradioaktiver Abfälle) und zu häufig akzeptierten persönlichen oder globalen Risiken (z. B. Skisport, Übergewicht, Klimawandel) ist eine Aufgabe, der sich
verantwortliche Wissenschaft nicht entziehen
darf. Durch selbstkritisches Arbeiten und die Vermittlung objektiver Informationen kann sie zur
Versachlichung oft polarisierter Diskussionen über
Klima- und Umweltschutz beitragen. Daher ist die
unabhängige Information der Öffentlichkeit über
laufende Forschungen und deren Ergebnisse auch
ein wichtiger Bestandteil der BMBF-geförderten
Forschung.
Die an sich gut bekannten Auswirkungen von CO2
auf den menschlichen Organismus hängen von
der Gaskonzentration ab. Gaswarngeräte für den
stationären oder mobilen Einsatz sind preiswert
und kommerziell erhältlich. In Gebieten mit bekannten CO2-Gefahren ist der Umgang mit dem
Gas eher pragmatisch. So nahmen Winzer nicht
nur des spärlichen Lichtes wegen eine Kerze mit in
den Gärkeller. Bei der Risikobewertung sollte
jedoch zwischen den Betriebsstätten (Kompressorstationen, Sondenplätze) und der Erdoberfläche
über den Speicherstätten unterschieden werden.
Die Betriebsstätten sind in der Regel begrenzt und
nicht öffentlich zugänglich. Die Personen, die dort
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arbeiten, sind ausgebildete Fachkräfte, geschult in
Unfallverhütung und über Sicherheitsmaßnahmen
informiert. CO2-Sensoren lassen sich in die Warnanlagen der Betriebsstätten integrieren.
Austritte von CO2 über dem Speicher können jedoch zu unerwarteten Zeiten an unbekannten Orten erfolgen und unvorbereitete Personen treffen.
In tiefer gelegenen, schlecht belüfteten Gebäudeteilen oder morphologischen Senken könnten
sich gefährlich hohe CO2-Konzentrationen bilden.
Die Entwicklung von Konzepten zur automatischen und preiswerten Überwachung größerer
Gebiete wird daher in den Projekten CO2-MoPa,
CLEAN und COAST angestrebt. Die Verbesserung
von Überwachungsgeräten und Methoden ist Gegenstand weiterer nationaler und internationaler
Verbundprojekte (CO2SINK, CHEMKIN, CLEAN,
CO2GeoNet, CO2ReMoVe; s. a. Kapitel 9, Seite 88
ff.). Speicherüberwachung und Risikobewertung
sind beides eng verknüpfte Aufgaben eines
umfassenden Risikomanagements (May 2006),
die kontinuierlich während des Betriebs aufgrund
der gewonnenen Erfahrungen zu hinterfragen
und gegebenenfalls anzupassen sind.
Risikoabschätzung
Das Risiko für ein Schutzgut ist proportional zum
Ausmaß der Auswirkungen und zur Häufigkeit
von Ereignissen, die zu negativen Auswirkungen
führen. Zur Abschätzung der Risiken und zum
Vergleich verschiedener Optionen zur Risikominimierung werden semiquantitative Verfahren in
verschiedenen Wirtschafts- und Technologiebereichen eingesetzt. Diese Methoden sind auch für
eine Beurteilung von CO2-Speichern geeignet,
jedoch auf die spezifischen Eigenschaften des
CO2 und der Speicheroptionen anzupassen.
Ausgangspunkt von Risikostudien sind häufig
sogenannte FEP-Datenbanken, in denen sicherheitsrelevante Eigenschaften (Features), Ereignisse
(Events) und Prozesse (Processes) zusammengestellt sind. Mithilfe dieser (FEPs) werden Szenarien
entwickelt, die zu Schäden an den Schutzgütern
führen können. Diese Szenarien werden weiter
untersucht, um deren Eintrittswahrscheinlichkeit
und die Schwere der Auswirkungen abzuschätzen
und möglichst zu quantifizieren.
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Für diese Abschätzungen werden häufig numerische Simulationen genutzt, da mittels Parametervariationen eine Vielzahl von Fällen berechnet
werden kann, die eine statistische Aussage zur
Wahrscheinlichkeitsverteilung z. B. von Leckageraten ermöglichen (Kreft et al. 2007). Allerdings
sind derartige Wahrscheinlichkeitsverteilungen oft
als kritisch anzusehen, wenn sie a priori unsichere
Annahmen beinhalten, zum Beispiel die unbekannten hydraulischen Eigenschaften von Störungen. Ferner lassen sich sicherheitsrelevante
Aussagen in Laborexperimenten untersuchen,
z. B. zu der Durchlässigkeit von Deckschichten,
geochemischen Reaktionen oder zur Korrosion
von Zementen und Stählen. Die Analyse natürlicher CO2-Vorkommen kann ebenfalls wertvolle
Hinweise auf Alterationsprozesse von Gesteinen
oder auf Umweltauswirkungen liefern (zum
Beispiel die Projekte CSEGR und CO2GeoNet).
Technische oder natürliche Unfälle mit Gasen,
Bohrungen oder CO2 können Beispiele für Szenarien sein (IEA GHG 2006), die unter Umständen
aber auch FEPs enthalten, die mit der Speicherung
von CO2 nicht vergleichbar sind. Daher ist die
unkritische Nutzung dieser Beispiele zur Illustration von CCS-Risiken irreführend. Eine sorgfältige Unfallanalyse sollte sowohl vergleichbare FEPs
als auch Unterschiede darstellen. Alle vier verschiedenen Methoden haben ihre Berechtigung
und Vor- und Nachteile (Tab. 5). Risikoabschätzungen sollten daher nicht einseitig, z. B. nur auf
Computersimulationen, basieren. Generell ist jedoch die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf reale
CO2-Speicher für jede Methode begrenzt, so dass
die Erfahrungen mit Pilot- und Demonstrationsprojekten (Ketzin, Altmark, Nordfriesland) mit in
die Risikobewertung zukünftiger Speicherprojekte
einbezogen werden müssen.
4
Die Entwicklung von Prozeduren zur einheitlichen
Bewertung von Speicherrisiken und deren Erprobung an konkreten Speicherstandorten sind Gegenstand aktueller Forschungs- und Entwicklungsarbeiten an den Pilot- und Demonstrationsprojekten. Da der geologische Untergrund, die
Injektionsstrategie sowie die bestehenden Schutzgüter für jeden Speicherstandort unterschiedlich
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Tab. 5: Möglichkeiten zur Risikoabschätzung von CO2-Leckage-Szenarien
Methode
Vorteil
Nachteil
Computersimulationen
+ viele Parametervariationen
+ lange Zeiträume sind berechenbar
+ vergleichbare »quantitative«
Wahrscheinlichkeiten
- vereinfachte Modelle
- unbekannte oder unsichere
Eingabewerte
Laborexperimente
+ Untersuchung realer Proben
+ in situ Druck-, Temperatur- und
Fluidzusammensetzung möglich
- geringe Repräsentativität kleiner Proben
- begrenzte Versuchsdauer
- hoher Aufwand
natürliche Analoga
+ Resultate von Echtzeit-Prozessen im
Originalmaßstab erhältlich
+ direkte Beobachtung
ökologischer Auswirkungen
- eingeschränkte Auswahl von
Parametersätzen (CO2-Austritte)
- nur teilweise bekannte
Systembedingungen bedingen
zusätzlichen Untersuchungsaufwand /
Unsicherheiten
CO2-Unfälle
+ direkte Beobachtung der Auswirkungen
+ oft gut bekannte Randbedingungen
- wenige Beispiele
- z. T. nicht vergleichbare FEPs
und einzigartig sind, müssen Sicherheitsbewertungen stets standortspezifisch sein. Daher sollten
Richtlinien zur Sicherheitsanalyse möglichst umfassend, aber auch so flexibel sein, dass eine Anpassung an standortspezifische Bedingungen und
die Berücksichtigung von Besonderheiten möglich
sind. Jede Risikoanalyse kann nur die vorhandenen
Daten bei der Erstellung von Szenarien berücksichtigen. Werden zusätzliche Informationen während
der Exploration oder des Speicherbetriebs bekannt,
sind die Risikoanalysen zu aktualisieren.
Die Menschen über einem CO2-Speicher sollen
nicht nur objektiv sicher sein, sondern sich auch
sicher fühlen. Daraus kann sich eventuell ein Mehraufwand für die Standorterkundung und dessen
Überwachung ergeben. Daraus ergeben sich aber
auch Anforderungen an die Kommunikation von
Risiken. Um eine einheitliche Kommunikation der
FuE-Ergebnisse der GEOTECHNOLOGIEN-Projekte
und deren Bedeutung für den sicheren Betrieb
möglicher CO2-Speicher zu gewährleisten, beabsichtigt das BMBF, eine zentrale Internetplattform
und Informationsstelle einzurichten.
47
Fazit
Derzeit noch offene Fragen zum sicheren Betrieb
von CO2-Speichern werden in den FuE-Projekten
des GEOTECHNOLOGIEN-Programms und in internationalen Verbundprojekten untersucht. Hervorzuheben sind u. a. die Prognose hydraulischer Eigenschafen von Störungen mit geophysikalischen
Verfahren, die Entwicklung eines sicheren, aber
preisgünstigen Altbohrungsmanagements in Gaslagerstätten, die Prognose der Druckausbreitung
und Salzwasserverdrängung im regionalen Umfeld
von CO2-Speichern, die Prognose des geotechnisch nutzbaren Anteils des Porenvolumens bei
sich gegenseitig beeinflussenden Aquiferspeichern oder das Verständnis der CO2-Migration
durch geringpermeable Tongesteine. Entwicklungsbedarf besteht bei der Verbesserung von
Überwachungs- und Messtechnologien hinsichtlich des Auflösungsvermögens, der Kosten und
der Automatisierung. Die Ergebnisse der Forschung sollten in die Abstimmung umfassender,
angemessener und allgemein akzeptierter technischer Regelwerke einfließen, die den Rahmen für
standortspezifische Überwachungs- und Sicherheitskonzepte bilden.
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»Über Erdöl- und Erdgaslagerstätten haben tonmineralhaltige Gesteine ihre weitgehende Dichtigkeit über Millionen von Jahren bewiesen. Verdichtetes und evtl. verunreinigtes CO2 sowie kohlensäurehaltige Salzwässer reagieren mit den Tongesteinen jedoch
anders als Erdgas oder Erdöl.«
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5. Chemische Wechselwirkungen zwischen
injiziertem CO2 und Speichergesteinen,
Deckgesteinen und salinaren Formationswässern
Jörg Erzinger
Helmholtz-Zentrum Potsdam, Deutsches GeoForschungsZentrum – GFZ
Für die Speicherung von Kohlendioxid werden viele Optionen diskutiert, wie z. B. das Lösen im
Meerwasser, die Speicherung in tiefliegenden porösen Sandsteinen (Erdgas-, Erdöllagerstätten, salinare Aquifere), das Einbringen in Kohlelagerstätten
bzw. nicht abbauwürdigen Kohleflözen oder die
industrielle Mineralisierung durch die Reaktion mit
Silikaten, die reich an Calcium (Ca), Magnesium
(Mg) oder Eisen (Fe) sind. Für Mitteleuropa und
Deutschland kommen nur die Speicherung in entleerten Erdgaslagerstätten sowie die Option mit
dem größten Potenzial, die Einbringung in tiefe
salinare Aquifere, in Betracht (s. a. Kapitel 3, Seite
28 ff.). Schwerpunkt dieses Beitrages sind die geochemisch-mineralogischen Aspekte, wie sie in tiefen salzwasserführenden Grundwasserleitern (salinare Aquifere) zu erwarten sind.
Wie war das noch mit dem Kohlendioxid?
Kohlendioxid (CO2) ist ein fast geruchloses, ungiftiges und sehr reaktionsträges Gas, welches etwas
schwerer ist als Luft. Hohe Konzentrationen können zur Erstickung führen. Bei Normaldruck kann
CO2 auch in fester Form vorliegen und hat dann
eine Temperatur von -78,5 °C (Trockeneis). Flüssiges CO2 kann nur bei hohen Drücken existieren
(> 58,5 bar bei 20 °C) und durch Komprimieren aus
gasförmigem CO2 hergestellt werden. Bei Temperaturen höher als 31,1 °C (kritische Temperatur)
und wenn gleichzeitig der Druck größer ist als 73,9
bar (kritischer Druck), befindet sich CO2 in einem
sogenannten überkritischen oder fluiden Zustand.
Bei diesen Bedingungen kann CO2 durch Komprimieren nicht mehr in den flüssigen Zustand
überführt werden, sondern es wird mit steigendem
Druck nur an Dichte zunehmen. Überkritisches
CO2 verhält sich einerseits wie ein Gas (Viskosität)
und andererseits wie eine Flüssigkeit (Dichte). Mit
zunehmendem Druck wird die Viskosität von CO2
höher oder die Fließfähigkeit geringer. Mit zunehmender Temperatur dagegen nimmt die Viskosität
ab. Diese Eigenschaften sind wichtig für die Untertageinjektion von CO2. Es kommen nur Gesteinsformationen ab 800 Meter Tiefe infrage, da
hier in der Regel Temperaturen > 32 °C herrschen.
CO2 erreicht ab diesen Tiefen den »überkritischen«
Zustand, so dass der offene, aber zunächst noch
mit Salzwasser gefüllte Porenraum optimal ausgenutzt werden kann. »Unterkritische« Bedingungen
sollten außerdem vermieden werden, um im Reservoir eine Trennung in eine flüssige und gasförmige Phase zu verhindern, da diese Phasenübergänge
mit hohen Enthalpieänderungen (Wärmeinhalt)
verbunden sind (Kaszuba et al. 2006).
5
Kommt das CO2 mit Wasser in Kontakt, wird sich
ein geringer Teil darin lösen, wobei mit zunehmendem Druck die Löslichkeit zunimmt. Mit zunehmender Temperatur (bis ca. 100 °C) und zunehmendem Gehalt gelöster Salze (Salinität) wird sich
dagegen die Löslichkeit vermindern. Das gelöste
CO2 reagiert mit Wasser und bildet Kohlensäure
(H2CO3) und durch dessen Dissoziation in einem
festen Verhältnis zueinander Hydronium- (H+), Hydrogenkarbonat- (HCO3-) und Karbonationen
(CO32-). Die Acidität (H+-Konzentration) der Kohlensäure hängt von der gelösten Menge an CO2
ab, kann aber mit minimal pH 3,5 diejenige von
z. B. Orangensaft nur wenig unterschreiten.
Während Schwefelwasserstoff (H2S), der in geringen Spuren in industriell aus Rauchgasen abgetrenntem CO2 vorkommen kann, mit Wasser eine
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noch schwächere Säure als H2CO3 bildet, sehen die
Verhältnisse bei Vorhandensein auch von geringen
Spuren an Schwefeldioxid (SO2) und Stickstoffdioxid (NO2) völlig anders aus. Beide Spurengase sind
wesentlich besser löslich als CO2, reagieren mit
Wasser zu mittelstarken bis starken Säuren, die
außerdem starke Reduktionsmittel (SO2) sind
(Wiberg et al. 2007). Diese Gase – ebenso wie z. B.
Kohlenmonoxid (CO) und Sauerstoff (O2) – treten
nur als Spuren vermutlich im fluiden CO2 gelöst
auf. Es ist zurzeit noch nicht eindeutig geklärt, welchen Einfluss sie wirklich ausüben können (siehe
weiter unten im Text).
Anforderungen an einen Aquiferspeicher
Ein geeignetes Speichergestein muss eine hohe
Permeabilität und Porosität aufweisen, damit eine
hohe Injektionsrate bei möglichst geringem Kompressionsaufwand bzw. ein großes Raumangebot
gewährleistet ist. Der Speicher sollte in mindestens
800 Meter Tiefe liegen (möglichst bei Temperaturen > 32 °C), damit CO2 bei hoher Dichte eingebracht werden kann. Und er sollte ein ausreichend
großes Volumen haben damit sich eine industrielle
Erschließung lohnt. Weiterhin muss der Aquifer,
um eine langfristige Speichersicherheit bzw.
Verweilzeit des Kohlendioxids im Untergrund zu
gewährleisten, durch eine oder besser noch mehrere für CO2 wenig permeable Formationen aus
Tonsteinen oder evtl. Salzgestein nach oben zuverlässig abgedichtet sein. Das Speichergestein sollte
einerseits wenig reaktiv auf den Angriff durch Kohlensäure reagieren, damit sich die Speicherformation nicht auflöst und kollabiert. Anderseits ist eine
gewisse Reaktivität nicht unerwünscht, die mit
einer Vergrößerung der Porosität und Verbesserung der Injektivität verbunden sein kann. In von
der Injektionsstelle entfernten Regionen kann
dann möglicherweise eine Ausfällung des CO2 in
Form von Karbonaten erfolgen und damit das CO2
langfristig fixiert werden. In diesem Sinne geeignete Speicheraquifere mit großem Speicherpotenzial
sind in Deutschland überwiegend in Buntsandstein-Formationen des Norddeutschen Beckens
anzutreffen.
51
Seite 51
CO2 und Formationswässer
Nachdem das überkritische CO2 in die mit Salzwasser gefüllte Speicherformation gepumpt wurde,
liegen zwei kaum mischbare Phasen vor: eine dichte wässrige und eine spezifisch leichte hochkomprimierte fluide (CO2) Phase. Das »überkritische«
CO2 verdrängt das Salzwasser und in einer zunächst nur schmalen Übergangszone wird sich
etwas CO2 im Wasser lösen. Wegen der unterschiedlichen Viskositäten und dem in des Regel heterogen aufgebauten Porenspeichers kann das
CO2 die Wasserfront auch »überholen« und sich
fingerartig, aber wegen des Injektionsüberdrucks
zunächst nur lateral ausbreiten. Da das CO2-Fluid
in der Regel eine geringere Dichte hat, wird es
grundsätzlich die Tendenz haben, langsam »nach
oben« aufzusteigen und sich unterhalb der abdeckenden Formation zu sammeln. Die AuftriebsFließgeschwindigkeiten werden in einem Porenspeicher eher gering sein. Mit der Zeit und mit sich
vergrößernden Wasser-Fluid-Kontaktflächen werden sich zunehmende CO2-Mengen im Wasser
lösen. Salzwässer, die CO2 aufnehmen, werden
spezifisch schwerer und könnten nach Modellvorstellungen im Speicher wieder absinken und so
einen Konvektionskreislauf zusätzlich zu den natürlichen sehr kleinen hydrologischen Fließgeschwindigkeiten (1-10 cm /Jahr) hervorrufen (Bachu & Adams 2003). Theoretisch und ohne Berücksichtigung der dazu notwendigen und kaum
abschätzbaren Zeit (Hunderte bis Zehntausende
Jahre?) lassen sich in einem salinaren Aquifer
(250 g/l gelöste Salze) in 1000 Meter Tiefe und
40° C etwa 20 kg CO2 in 1000 Liter Wasser
lösen (Enick & Klara 1990, Carroll & Mather
1992, Portier & Rochelle 2005). Damit wäre das
CO2 in Lösung und fixiert (engl. solubility trapping), könnte jedoch wieder als Gas freigesetzt
werden, falls die Tiefenwässer irgendwo aufsteigen und dabei der hydrostatische Druck abfällt.
Bei seiner Migration durch die Formation wird vermutlich ein beträchtlicher zusätzlicher Teil des eingespeisten Kohlendioxids im Kapillarraum bzw. in
kleinen Poren gasförmig zurückgehalten (engl.
residual trapping). Abhängig von spezifischen Speichergesteinsbedingungen könnte dieser Prozess
der CO2-Fixierung bis zu 25 % des freien Poren-
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raums umfassen (Holtz 2002). Hiermit wäre CO2
ebenfalls langfristig und sicher gespeichert.
CO2 und Speichergesteine
Langfristig werden die schwach-sauren und an
Kohlensäure reichen Formationswässer mit zahlreichen Gesteinsbestandteilen in unterschiedlichem
Ausmaß chemisch reagieren und falls schwerlösliche Karbonate als Reaktionsprodukte entstehen,
wäre das eingespeiste CO2 endgültig fixiert und für
Millionen Jahre dem Kohlenstoffkreislauf entzogen
(engl. mineral trapping). Die möglichen CO2-Gesteins-Reaktionen sind seit langem bekannt und
werden/wurden im Zusammenhang mit der Gesteinsverwitterung, der Bodenbildung oder Verkarstungsprozessen intensiv untersucht und beschrieben. Die Verhältnisse in einem Speicherreservoir unterscheiden sich nicht wesentlich, mit der
Ausnahme, dass die CO2-Konzentrationen sehr viel
höher sind und kein Sauerstoffüberschuss herrscht
wie bei oberflächennahen Prozessen. Kohlensäure
reagiert relativ rasch mit Karbonaten [CaCO3 +
CO2 + H2O ⇋ Ca2+ + 2HCO3-] (Pokrovsky et al.
2005), so dass karbonatische Aquifere nicht nur
wegen ihrer begrenzten Ausdehnung, ihrer geringen Volumenporosität und meist starken Klüftigkeit, sondern auch wegen der intensiven Interaktion mit CO2 nicht ernsthaft in Erwägung gezogen werden (Radgen et a. 2006).
Basische Gesteine wie z. B. Basalte und Gabbros
enthalten hohe Anteile an Olivinmineralen, die bei
höheren Temperaturen sehr gut mit Kohlensäure
reagieren und schwerlösliche Karbonate wie
Magnesit (MgCO3) und Siderit (FeCO3) bilden. Das
CO2 kann somit dauerhaft gebunden werden [z. B.
Mg2SiO4 + 2CO2 + 2H2O ⇋ 2MgCO3 + H4SiO40
(SiO2-Ausfällung)] (Giammar et al. 2005, Kelemen
& Matter 2008). Davon abgesehen, dass in
Deutschland entsprechende Gesteinsformationen
sehr selten sind, gelten die technischen und praktischen Schwierigkeiten, CO2 in großem Maßstab
in basische Gesteine zu injizieren und sicher zu
deponieren, zurzeit als nicht lösbar (keine Volumenporosität, schlechte Injektivität, starke Klüftigkeit, keine sicheren Abdeckformationen).
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Geeignete Speicheraquifere mit großem Speicherpotenzial werden in Buntsandstein-Formationen
des Norddeutschen Beckens angetroffen. Die
Sandsteine bestehen überwiegend aus Quarzkörnern mit variablen Anteilen an Oxiden, Feldspäten
und anderen Alumosilikaten wie z. B. Illit, Chlorit
und Smektit. Während Quarz von Kohlensäure
nicht angegriffen wird, reagieren die Silikate z. B.
zu Kaolinit und neutralisieren so das H2CO3. In der
Folge können die aus basischen Alumosilikaten
freigesetzten Metallkationen (Ca, Fe, Mg) schwerlösliche Karbonate bilden [CaAl2Si2O8 + 2 H2O +
CO2 ⇋ CaCO3 + Al2Si2O5(OH)4] (Gunter et al.
2000; Carroll & Knauss 2005; Wigand et al. 2008).
Zum Einfluss des CO2 auf Sandsteinformationen
unterschiedlicher Herkunft und mineralogischer
Zusammensetzung werden seit vielen Jahren experimentelle Untersuchungen durchgeführt. Sie
simulieren die physiko-chemischen Untertage-Bedingungen so naturnah wie möglich. Die meisten
Arbeiten dazu erfolgten seit den 1970er Jahren in
den USA, weil insbesondere dort seit Jahrzehnten
CO2 industriell zur tertiären Erdölförderung (Enhanced Oil Recovery, EOR) eingesetzt wurde und
wird (Kaszuba et al. 2005; Duan et al. 2005;
Carroll & Knauss 2005; Golubev et al. 2005).
5
Aus Deutschland ist bislang nur eine experimentelle Arbeit zu diesem Thema veröffentlicht (Wigand
et al. 2008), die am Deutsches GeoForschungsZentrum – GFZ an einem Geomechanik-Versuchsstand (Triaxialpresse) durchgeführt wurde. Der Einfluss von »überkritischem« CO2 und salzhaltigem
Wasser auf eine Arkose (Sandstein mit 34 % Feldspäten, Glimmern und Karbonaten neben 66 %
Quarz) der Buntsandstein-Formation wurde bei 60
°C und 150 bar untersucht. Nach zwei Monaten
Versuchsdauer wurden die Quarzkörner nicht und
die Feldspäte nur in geringem Umfang angegriffen. Die Karbonate wurden gelöst und Tonminerale wurden zum Teil neu gebildet (Abb. 11). Geochemische Modelle konnten die mineralogischen
Beobachtungen und chemischen Veränderungen
der Fluide im Wesentlichen nachzeichnen.
Experimentelle Untersuchungen sind sehr aufwändig. Auch können nicht alle denkbaren Faktoren
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Abb. 11: Sekundärelektronen-mikroskopische (SEM) Aufnahmen gesteinsbildender Minerale eines Reservoir-Sandsteins aus der
Buntsandstein-Formation. Die Sandstein-Probe war zwei Monate lang bei 60 °C und 150 bar einer zirkulierenden
Salzwasserlauge sowie reinem »überkritischem« CO2 im Überschuss ausgesetzt. Die Versuche wurden am GFZ Potsdam an
einem Geomechanik-Versuchsstand (Triaxialpresse) durchgeführt (Wigand et al. 2008).
(A) K-Feldspat vor dem Experiment und (B) korrodierter K-Feldspat danach; (C) alterierter Albit nach 2 Monaten mit
Tonmineralneubildung (Montmorillonit); (D) Quarz war auch nach dem Experiment noch »frisch«. (E) frischer karbonatischer
Zement (Dolomit) löste sich durch den Einfluss von fluidem CO2 mit Salzwasser wie erwartet sichtlich auf (F).
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und Variablen einbezogen werden. Deshalb spielen verlässliche chemisch-mineralogische Modellierungen der Prozesse und Reaktionen eine große
Rolle (s. a. Kapitel 7, Seite 66 ff.). Sie bedürfen aber
in ausgewählten Fällen der experimentellen Überprüfung (Gunter et al. 2000; Xu et al. 2005). Die
chemischen und mineralogischen Konsequenzen
der Interaktion zwischen CO2 und dem Gestein
können auch in natürlichen CO2-Reservoiren studiert werden, um z. B. experimentelle Daten oder
modellierte Vorhersagen zu »überprüfen« (Moore
et al. 2005; Gilfillan et al. 2009). In Deutschland
arbeiten Wissenschaftler der BGR Hannover u. a.
im Rahmen der EU-Projekte NASCENT und CO2GeoNet sowie in den GEOTECHNOLOGIEN-Verbundvorhaben CSEGR und COMICOR zu diesem
Thema (Pearce et al. 2004; Beaubien 2008; Vosteen & May 2007).
Einige Feldexperimente wurden inzwischen durchgeführt, um das CO2-Transportverhalten und chemisch-mineralogische Gas-Wasser-Gestein-Interaktionen in situ (vor Ort) zu studieren (z. B. Kharaka et
al. 2006; CO2-Injektion in die Frio Formation, Texas). Die geochemischen Untersuchungen bestätigen im Großen und Ganzen die Modelle. Im Jahr
2004 begann mit »CO2SINK« das erste europäische Forschungsprogramm zur Untersuchung der
geologischen Speicherung von CO2 in einem Aquiferspeicher an Land. Der Injektionsbetrieb in Ketzin
startete im Juni 2008 (s. a. Kapitel 10, Seite 104 ff.).
CO2 und Abdeckgesteine
Modellvorstellungen und die ersten seismischen
Ergebnisse des norwegischen CO2-Speicherexperiments im Sleipner-Feld zeigen, dass sich fluides
CO2 durch langsamen Aufstieg im porösen
Aquiferspeicher unter den »dichten« Abdeckformationen (Cap Rocks) sammelt und lateral ausbreitet (s. a.: Best Practice Manuel 2004).
Über Erdöl- und Erdgaslagerstätten haben solche
tonmineralhaltigen Cap Rocks ihre weitgehende
Dichtigkeit über Millionen von Jahren bewiesen.
Verdichtetes und evtl. überkritisches CO2 sowie
kohlensäurehaltige Salzwässer reagieren mit den
Tonen jedoch anders als Erdgas oder Erdöl. Im
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Norddeutschen Becken bestehen die Tonsteine
(Cap Rocks potenzieller CO2-Speichergesteine) im
Wesentlichen aus Quarz, Feldspäten und verschiedenen Mehrschichttonmineralen, die mit CO2 reagieren können. Falls das Ausmaß der CO2Tonstein-Interaktion signifikant ist, könnte dies
auch die Porosität und Permeabilität der Tonsteine
beeinflussen. So hat fluides CO2 durch das
Aufnehmen von Wasser möglicherweise einen
austrocknenden Einfluss auf die Tone, wodurch
Schrumpfungsrisse entstehen könnten (Kaszuba
2006). Geochemische Modellierungen am Beispiel
des Abdeckgesteins im Sleipner-Feld sagen aber
eher eine Verringerung der Porosität und
Erhöhung der Dichtigkeit voraus und sie zeigen
eindeutig, dass nur die untersten Meter der oft
mehrere 100 Meter mächtigen tonreichen
Sedimentformation betroffen sind (Gaus et al.
2005). Allerdings gibt es kaum experimentelle
Untersuchungen zur Geschwindigkeit der möglichen Reaktionen. Über die Reaktionsraten ist daher nur wenig bekannt. Wichtige Forschungsarbeiten zu diesem Thema werden in dem GEOTECHNOLOGIEN-Forschungsprojekt CO2SEALS durchgeführt. In Deutschland, aber auch international ist
auf diesem Forschungsgebiet der Lehrstuhl für
Geologie, Geochemie und Lagerstätten des Erdöls
und der Kohle (LEK) der RWTH Aachen führend
(Busch et al. 2008; Krooss et al. 2009).
5
Wie verhält sich industriell abgetrenntes, möglicherweise verunreinigtes CO2?
Alle Verfahren zur CO2-Abscheidung haben zum
Ziel, möglichst reines CO2 zu gewinnen. Trotzdem
wird das abgeschiedene CO2 in der Summe 1 bis
2 % Verunreinigungen wie N2, Ar, O2, SO2, NOx,
H2S, CO etc. enthalten können. Allgemein gilt: je
»sauberer« das abgeschiedene CO2, desto höher
die Kosten bzw. desto geringer der Wirkungsgrad
eines Kraftwerkes (BMWi 2007). Während N2 und
Ar für die Lagerung von CO2 aus chemischer Sicht
keine und H2S und CO nur geringe negative
Einflüsse erwarten lassen, können SO2, NOx (hier:
NO2) und O2 beträchtliche Auswirkungen auf die
Speicher- und Deckgesteine haben. Die in diesem
Beitrag erwähnten Experimente berücksichtigen
ausschließlich den Einfluss von reinst-CO2 auf
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Formationswässer sowie Speicher- und Deckgesteine. Danach sind in quarzreichen Sandsteinen
keine ausgeprägten Alterations- und sekundären
Ablagerungsprozesse zu erwarten (z. B. Wigand et
al. 2008). Erste geochemische Modellierungen mit
verunreinigtem CO2 wurden (z. B. von Xu et al.,
2007) durchgeführt.
Der Einfluss von in CO2 gelöstem SO2 und NO2 auf
die Formationswässer und Speichergesteine wurde
experimentell bislang nicht untersucht. Numerische Modellierungen über das mögliche Verhalten
von H2S, SO2 und NOx lassen jedoch vermuten,
dass selbst Spuren von SO2 und NO2 ausreichen,
um starke Säuren (schweflige Säure bzw. Schwefelsäure bzw. Salpetersäure) zu generieren (Gunter
et al. 2000; Knauss et al. 2005; Palandri und
Kharaka 2005; Bryant und Lake 2005; Xu et al.
2007; Crandell et al. 2008). Diese sogenannten
starken Säuren verändern – zumindest theoretisch
– die Speicher- und Deckgesteine sehr viel intensiver als Kohlensäure. Auch sind manche möglicherweise entstehenden Sulfate schwer löslich und
können so zur Reduktion der notwendigen Porosität der Speichergesteine führen. Das Lösungsund Reaktionsverhalten von CO2, SO2 und NO2 ist
thermodynamisch und kinetisch völlig unterschiedlich. So ist auch zu erwarten, dass die Formation im
direkten Umfeld der Injektionsstelle intensiver
beeinflusst wird als der weitere Lagerstättenbereich. Da es keine experimentellen Daten zur Reaktionskinetik und z. B. zur Diffusion der »Verunreinigungen« innerhalb der CO2-Wolke gibt, bleiben
die Modellaussagen in manchen Punkten vage
(Crandell et al. 2008). Palandri & Kharaka (2005)
sehen das Vorhandsein auch größerer Mengen an
SO2 sogar positiv. Ihren Berechnungen zufolge
würden sehr viel mehr Metallionen, wie z.B. Eisen,
freigesetzt, was durch die vermehrte Ausfällung
von Siderit zu einer (dauerhaften) Fixierung von
CO2 führen könnte. CO würde ähnliche Reduktionsprozesse befördern wie SO2. Schwefelwasserstoff (H2S) wird dagegen mit dem CO2 um z. B. Eisenionen konkurrieren. Außerdem sind die Auswirkungen von verunreinigtem CO2 auf die petrophysikalischen Parameter wie Porosität, Permeabilität
sowie elastische Moduli und elektrische Leitfähig-
55
Seite 55
keit unbekannt (s. a. Kapitel 7, Seite 66 ff.). Diese
Gesteinsparameter aber sind für die geophysikalische Tiefensondierung und die Ausbreitung von
CO2 im tiefen Untergrund von großer Bedeutung.
Grundlegende Arbeiten zur Löslichkeit von CO2 in
Wasser und salinaren Wässern bei hohen Temperaturen und Drücken wurden in den 1960er und
70er Jahren im Institut für Physikalische Chemie
der Universität Karlsruhe durchgeführt. Viele Universitäten, Forschungseinrichtungen und Landesämter beschäftigen sich seither mit dem Einfluss
von CO2 in oberflächennahen Verwitterungsprozessen und bei der Bodenbildung. Die chemischen Reaktionen zwischen Wasser, CO2 und Gestein sind wichtige Forschungsthemen im Zusammenhang mit der Produktion von Mineralwässern
und geothermischer Energie. In den Projekten
COMICOR (GEOTECHNOLOGIEN) und NASCENT
(EU-Förderung) werden die Wechselwirkungen
zwischen natürlichem CO2 und dem Gestein an
natürlichen Analoga untersucht (u. a. von der
Universität Jena und der BGR Hannover). Am
Helmholtz-Zentrum Potsdam stehen dagegen die
Wechselwirkungen zwischen überkritischem CO2
und dem Gestein im Fokus der Untersuchungen.
Von Interesse sind die geochemisch-mineralogischen Reaktionen in tiefen salinaren Aquiferen und
die sich verändernden petrophysikalischen Gesteinsparameter. In dem GEOTECHNOLOGIEN-Projekt COSONOStRA wird unter Federführung des
GFZ erstmalig der chemische und petrophysikalische Einfluss von »unreinem« CO2 auf Speicherund Deckgesteine studiert. Ein Teilprojekt im
BMWi-Verbundvorhaben CORRAL will sich in
Zukunft ebenfalls mit diesem Thema beschäftigen
(BGR und Universität Jena). Der Lehrstuhl für
Geologie, Geochemie und Lagerstätten des Erdöls
und der Kohle (LEK) der RWTH Aachen ist führend
auf dem Gebiet der Gas-Tongestein-Interaktion.
Hier werden, unter anderem in dem GEOTECHNOLOGIEN-Projekt CO2SEALS, geochemisch-mineralogische Aspekte sowie petropysikalische Parameter wie Porosität, Permeabilität und Gas-Diffussionseigenschaften von Deckgesteinen untersucht.
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Fazit
Kurzfristig besteht weiterer Bedarf an experimentellen Arbeiten zur Interaktion zwischen CO2,
Wasser und Gesteinen. Insbesondere der Einfluss
von »unreinem« CO2 muss quantitativ besser erfasst werden. Dies gilt für die chemisch-mineralogischen Prozesse ebenso wie für petrophysikalische Veränderungen in salinaren Wässern bzw.
den Speicher- und Abdeckgesteinen. Noch während oder gleich nach Abschluss der ersten CO2Injektions-Feldexperimente (z. B. CO2SINK) sollten
gezielt Speicher- und Abdecker-Gesteine erbohrt,
beprobt und untersucht werden, um die tatsächlich erfolgten Veränderungen qualitativ und quantitativ zu erfassen. Mittelfristig müsste ein »Best
Practice Manual« entwickelt werden, in welchem
die für jeden zukünftigen CO2-Speicher notwendigen Standard-Voruntersuchungen empfohlen
werden. Diese Arbeiten können in Zukunft routinemäßig nicht von Universitäten und Forschungseinrichtungen geleistet werden. Es wäre deshalb
sinnvoll, dass durch die gezielte Einbindung privater Geo-Ingenieurbüros in zukünftige Forschungsprojekte ein entsprechendes Know-how in Deutschland aufgebaut würde.
5
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»Mikroorganismen sind die einzigen Lebensformen, welche aufgrund ihrer Größe und Stoffwechseleigenschaften im tiefen Untergrund existieren können. Die Lebensformen bzw. Stoffwechselwege haben sich den dort existierenden extremen Umgebungsbedingungen angepasst.«
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6. Biogeochemische Wechselwirkungen –
langfristige mikrobielle Umwandlung des
gespeicherten CO2
Niels T. Hoth (1), Hilke Würdemann (2)
(1) Technische Universität Bergakademie Freiberg
(2) Helmholtz-Zentrum Potsdam, Deutsches GeoForschungsZentrum – GFZ, Zentrum für CO2-Speicherung
Die Injektion von überkritischem CO2 verursacht
Konzentrations-, Temperatur- und Druckänderungen im Reservoir, die den natürlichen Lebensraum der mikrobiellen Biozönose beeinflussen
und Änderungen in der Stoffwechselaktivität zur
Folge haben. Der mikrobielle Stoffumsatz kann
wiederum die Effizienz der geotechnischen Nutzung des Reservoirs als CO2-Speicher mit bestimmen. Sowohl die langfristige Festlegung von
CO2 in mineralischer Form als auch die technische
Durchführung der CO2-Speicherung können beeinflusst werden. Die Injektivität im bohrlochnahen Bereich und auch die Beständigkeit der verwendeten Materialien können durch mikrobielle
Stoffwechselvorgänge beeinträchtigt werden. Die
biogeochemischen Prozesse durch mikrobielle
CO2-Umsetzung sind von besonderer Bedeutung,
da gespeichertes CO2 in tiefen, geochemisch reduzierten Formationen als relevanter Elektronenakzeptor und Kohlenstoffquelle für die Mikroorganismen dienen kann. Die Bedeutung von mikrobiellen Lebensgemeinschaften in tiefen geologischen Formationen (Deep Biosphere) und damit
vor allem auch von CO2-fixierenden (autotrophen)
Stoffwechselwegen ist erst im letzten Jahrzehnt in
den Fokus der Forschung gerückt. Kotelnikova
(2002) konnte mit mikrobiologischen und isotopengeochemischen Verfahren u. a. die Aktivität
von Methanbildnern (Archaea) in tiefen geologischen Einheiten nachweisen. Innerhalb des USamerikanischen Forschungsverbundes »CO2 Capture Project« wurden thermodynamische Modellierungen durchgeführt, um aufzuzeigen, welche
geomikrobiologischen Prozesse bei der CO2Speicherung die relevantesten sind (Kerr 2003;
Onstott 2003). Die Modellierungen erfolgten für
verschiedene geologische Formationen und
Formationswässer. Von besonderer Bedeutung für
die CO2-Speicherung sind demnach die Methanund Acetatbildung (Aufbau organischer Substanz)
und die autotrophe Sulfat-/Schwefelreduktion.
6
Stand der Forschung
Mikroorganismen sind die einzigen Lebensformen, welche aufgrund ihrer Größe und ihrer Stoffwechseleigenschaften im tiefen Untergrund existieren können. Der Gesteinsporenraum ist oft nur
wenige Mikrometer groß und zumeist durch eine
extreme Umgebung (Salzgehalt, Temperatur etc.)
gekennzeichnet. Die Lebensformen bzw. Stoffwechselwege sind an reduzierende Bedingungen
(Abwesenheit von Licht und Sauerstoff) angepasst
(Lovley & Chapelle 1995). Es sind Archaea (die
»Urmikroorganismen«) und Bakterien zu unterscheiden. Unter den reduzierten Bedingungen im
tiefen Untergrund spielen Stoffwechselprozesse
wie die Sulfat- und Eisenreduktion und die Methanogenese eine wichtige Rolle. So können CO2fixierende Methanbildner mit acetotrophen Methanbildnern, Sulfatreduzierern (SRB), Eisenreduzierern (FeRB) und Fermentierern konkurrieren,
aber auch kooperieren. Die vorhandene mikrobielle Biozönose sowie die Verfügbarkeit von Elektronendonatoren und Elektronenakzeptoren bestimmen Umfang und Art des CO2-fixierenden
Stoffwechsels.
Welch große Bedeutung die tiefe mikrobielle Biozönose und die autotrophen (CO2-reduzierenden)
Stoffwechselwege haben, ist erst seit wenigen
Jahren bekannt. Ein wichtiges Forschungsfeld ist
in diesem Zusammenhang die langfristige biogeo58
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chemische Transformation. Im Fokus stehen hier (i)
die Methanbildung, (ii) die autotrophe Sulfatreduktion und (iii) der mikrobielle Einfluss auf die
Karbonatbildung. Die Methanbildung interessiert
unter dem Aspekt der langfristigen CO2-Umwandlung zu einem Energierohstoff. Die autotrophe Sulfatreduktion ist verknüpft mit der Problematik der
Sauergasbildung und der Korrosion an Bohrungen
(s. a. Kap. 8, Seite 78) und die Karbonatbildung
stellt einen wesentlichen Aspekt für die langfristige
Festlegung des CO2 im Untergrund dar.
Für die CO2-Fixierung benötigen die Mikroorganismen einen Elektronendonator. Hierfür kommen
in der tiefen Biosphäre Wasserstoff (H2) und Acetat in Betracht. Obgleich die H2-Konzentration im
tiefen Untergrund sehr viel größer ist als in oberflächennahen Grundwasserleitern, ist der H2-Gehalt in den Formationswässern verglichen mit dem
Bedarf für die Methanogenese eher klein. Umfängliche Forschungsarbeiten haben jedoch gezeigt, dass die H2-Konzentration in den tiefen
Formationswässern nur eine »Momentaufnahme«
ist (Lovely & Godwin 1988; Hoehler et al. 1998;
Kotelnikova 2002), weil das H2 schnell genutzt,
bzw. umgewandelt wird. Niedrige H2-Konzentrationen sind daher kein Indikator für ein generell
niedriges H2-Angebot.
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Die Charakterisierung mikrobieller Lebensgemeinschaften im tiefen Untergrund wurde in den letzten Jahren vor allem durch neue, kultivierungsunabhängige Untersuchungsmethoden vorangetrieben. Orphan et al. (2003) wiesen in einem HochTemperatur Ölfeld in Kalifornien eine mikrobielle
Vielfalt nach, die von thermophilen und methanbildenden Spezies geprägt ist. Waldron et al.
(2007) beschreiben Archaea (zumeist Methanbildner) entlang eines Salinitätsgradienten in hochsalinaren Wässern eines Gasfeldes. Aus Formationswässern eines japanischen Gasfeldes werden thermophile sulfatreduzierende Bakterien und
methanbildende Archaea beschrieben (Fujiiwara et
al. 2006), die zu einer sekundären Wasserstoffund Methanproduktion unter hohen Drücken
(5 MPa) und Temperaturen (50 °C) beitragen.
Die Untersuchungen im Rahmen des GEOTECHNOLOGIEN-Projektes RECOBIO konzentrierten
sich auf jeweils ein aktives Gas- und Ölfeld westlich von Hannover (Gasfeld Schneeren) bzw. nördlich von Wolfsburg (Erdöllagerstätte VorhopKnesebeck). Sowohl für das Gasfeld Schneeren
(Oberkarbonsandsteine) als auch für das Ölfeld
Knesebeck (jurassische Dogger-β-Sandsteine) werden aktive Mikroorganismen (Abb. 12) in den
Formationswässern nachgewiesen. Weiterführende molekularbiologische Untersuchungen am
Abb. 12: Nachweis von aktiven Mikroorganismen in produzierten Formationswässern – exemplarisch (links) Archaea (Ölfeld) –
(rechts) Bakterien (Gasfeld)
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Standort Schneeren zeigen, dass die Archaeen
nahezu vollständig den Methanbildnern zuzuordnen sind. Es wurden sowohl CO2-fixierende
Archaeen (Methanoculleus spp.) als auch methylverwertende Archaeen (Methanolobus spp.) nachgewiesen. In Anreicherungsversuchen mit methanogenen Archaeen wurde eine aktive Methanbildung mit überraschend schweren 13C-Signaturen
(ca. -35 bis -40 ‰ PDB) nachgewiesen. Bei den
Bakterien dominieren anaerob fermentierende (Petrotoga und Thermoanaerobacterium) und CO2fixierende, sulfatreduzierende (Desulfotomaculum) Formen.
Die Reaktion zwischen überkritischem CO2 und
Sandsteinen eines CO2-Speichers kann zur Mobilisierung organischer Substanzen (z. B. org. Säuren,
Methylalkanen) sowie zur Umbildung silikatischer
Mineralphasen unter Aciditätspufferung (s. a. Kapitel 5, Seite 50 ff.) führen. Die im Rahmen der
RECOBIO-Studie untersuchten Gesteine (Kassahun et al. 2007, 2008) zeigten im Kontakt mit Formationswasser unter Gasphasenabschluss eine
Seite 60
kontinuierliche Freisetzung von Wasserstoff (Gleichgewichtseinstellung zwischen Feststoff- und Gasphase). Eine entscheidende Bedeutung für die
Freisetzung von Wasserstoff kommt der Anwesenheit organischer Komplexbildner in der fluiden
Phase zu (Kassahun et al., in prep.). Diese bewirken zusammen mit CO2 eine beschleunigte Mineralumbildung. Die größere innere Oberfläche erhöht die diffusive Freisetzung des bei der Mineralkristallisation gebildeten Wasserstoffs. Es zeigt
sich somit, dass die Silikatphasen Wasserstoff für
die Mikroorganismen zur Verfügung stellen und
dessen Bereitstellung durch die CO2-Einwirkung
noch erhöht wird.
Autoklavenversuche zur biogeochemischen CO2Transformation wurden im System »Formationswasser – Standortbiozönose – Gesteinsmatrix (gemahlen) – injiziertes CO2« durchgeführt (Hoth et
al. 2007, 2008). Die eingesetzte Gasphase enthielt
H2. Die Versuche weisen die Relevanz von biogeochemischen Reaktionen bei der CO2-Speicherung nach. Als Hauptergebnis ist der Aufbau
6
Abb. 13: Autoklavenversuche – zeitliche Entwicklung der Gehalte der im Formationswasser gelösten
organischen Substanzen. Vergleich zwischen nichtsterilisiertem (biogeochemischem) und sterilisiertem
(geochemischem) System. Es kommt nur im biogeochemischen System (mit Mikroorganismen) zum massiven Aufbau organischer Substanzen.
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Abb. 14: Autoklavenversuche, zeitliche Entwicklung der Gasphasen-Partialdrücke – biogeochemisches
System (oben), die Nachspeisung von H2 und CO2 zu verschiedenen Zeitpunkten (notwendig auf Grund
der mikrobiellen Transformation) ist an Hand der kurzfristigen Anstiege erkennbar – geochemisches
System (unten), es erfolgte auf Grund fehlenden Verbrauchs keine Nachspeisung von H2, nur nach 7 und
77 Tagen wurde CO2 nachgespeist, die Druckabnahmen nach dem 8. Versuchstag resultieren lediglich aus
den verschiedenen Gas- und Wasserprobenahmen (sprunghafte Abnahme).
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Abb. 15: Autoklavenversuche – ausgebaute Glasbehälter mit Versuchsansätzen nach Versuchsende – (links) biogeochemisches
System, (rechts) geochemisches System. Nur im biogeochemischen System wird eine stark ausgebildete dunkle Alterationszone
im oberen Bereich des Feststoffmaterials deutlich. Diese ist durch höhere Gehalte an organischer Substanz, Karbonat und reduzierten Schwefelverbindungen gekennzeichnet.
Abb. 16: Autoklavenversuche am Realsystem – REM-Bilder von FeS-haltigen Neubildungen in der oberen reaktiven Schicht des nichtsterilisierten
Reaktors (biogeochemisches System)
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von organischen Verbindungen in der Flüssigphase durch CO2-Transformation bei Vorhandensein
von H2 zu sehen (Abb. 13). Weiterhin kommt es in
einigen Versuchen zur starken Sulfatreduktion.
Für die in der Flüssigphase nachgewiesenen organischen Verbindungen zeigt die Kohlenstoffbilanz,
dass diese aus dem injizierten CO2(g) resultieren.
Es sinkt der CO2-Gaspartialdruck ebenso wie der
Gesamtdruck des Systems (Abb. 14).
Aufgrund der als Parallelversuche zwischen geochemischem System (sterilisiert) und biogeochemischem System (nichtsterilisiert) durchgeführten
Autoklaventests ist eindeutig nachweisbar, dass
diese Reaktionen durch die Stoffwechselaktivität
der Standortmikroorganismen hervorgerufen werden. Im geochemischen Versuchssystem treten
diese nicht auf. Im oberen Bereich der Festphase
kommt es zudem zur Anreicherung von Karbonat
(TIC), organischen Festphasen (TOC) und reduzierten Schwefelverbindungen (Abb. 15). Der Großteil
des transformierten CO2(g) liegt jedoch als organische Substanz in der Flüssigphase vor. Hierbei
sind jedoch der Zeithorizont der Versuche (Monate) und ihr Flüssigphase-Feststoff-Verhältnis (deutlich größer als in der Formation) zu beachten.
Abb. 16 zeigt im Rasterelektronenmikroskop die
in der oberen reaktiven Feststoffzone durch mikrobielle Sulfatreduktion neugebildeten Eisensulfidphasen.
Am CO2-Speicher in Ketzin belegte die Injektivitätsminderung vor Beginn der Injektion, dass mikrobiologische Stoffwechselvorgänge die Betriebssicherheit eines Speichers erheblich beeinflussen
können. Die gefundene Korrelation zwischen dem
Gehalt an Feststoffen, dem gelösten organischen
Kohlenstoff, den organischen Säuren und der
Abnahme der Sulfat-Konzentration im bohrlochnahen Bereich weisen auf eine biologische Umsetzung der Bohrspülung hin. Nach Hydrolyse und
Fermentation der organischen Bestandteile der
Bohrspülung nutzten sulfatreduzierende Bakterien
das bei der Vergärung gebildete Acetat, den bei
der Stahlkorrosion gebildeten Wasserstoff (H2)
und das Eisen (Fe2+) zur Bildung von Eisensulfid
(FeS). Da neben den Edukten und Produkten des
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mikrobiellen Stoffwechsels auch die daran beteiligten Mikroorganismen (Fermentierer und Sulfatreduzierer) in vergleichsweise hoher Zellzahl gefunden wurden, ist die entscheidende Rolle der
mikrobiellen Biozönose bei der Injektivitätsminderung offensichtlich. Die Injektivitätsminderung
konnte mithilfe eines Lufthebeverfahrens (Stickstoff-Lift) durch Entfernung der noch in der Bohrung verbliebenen Reste der Bohrspülung und des
gebildeten Eisensulfids beseitigt werden (Zettlitzer
et al., subm.).
Nach Ankunft des CO2 an den Beobachtungsbohrungen zeigten Fluidproben aus dem Reservoir
einen Abfall des pH-Werts auf 5,5 (nach Entgasung
gegen den atmosphärischen Druck) und einen
Anstieg der Eisenkonzentration von 6 mg/l auf
etwa 200 bis 300 mg/l (Würdemann et al., subm.).
Da Eisen sowohl in den Beobachtungsbohrungen
als auch im Sumpf der Injektionsbohrung in ähnlicher Konzentration gefunden wurde, stammt es
vermutlich in erster Linie aus Korrosionsprozessen
an der Verrohrung. Molekularbiologische Analysen
der mikrobiellen Biozönose zeigten, dass fermentative und sulfatreduzierende Bakterien den Stoffwechsel im Reservoir dominieren. Diese Organismen sind dafür bekannt, dass sie u. a. an Korrosionsprozessen beteiligt sind (z. B. Lochfraß an
Spundwänden). Nach fünf Monaten CO2-Exposition war die Zellzahl in Fluidproben aus der ersten
Beobachtungsbohrung wieder leicht angestiegen.
Zudem wurde eine deutliche Erhöhung des Anteils
stoffwechselaktiver Bakterien nachgewiesen (Abb.
17). Dies belegt die hohe Anpassungsfähigkeit der
Organismen an sich verändernde Umweltbedingungen (Morozova et al., subm.).
Fazit
In ersten Untersuchungen an realen Standorten
und in realitätsnahen Laborversuchen konnten aktive Mikroorganismen und CO2-fixierende Stoffwechselprozesse nachgewiesen werden. Eine Insitu-Bereitstellung von Wasserstoff (H2) in potenziellen Speichergesteinen wurde ebenfalls nachgewiesen. Die aufgezeigten mikrobiell-biogeochemischen Prozesse veranschaulichen, dass das injizierte CO2 zu gelösten organischen Verbindungen so-
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Abb. 17: Monitoring der Zellzahlen (Gesamtzahl
DAPI, stoffwechselaktive Zellen UNIV) in der ersten
Beobachtungsbohrung in Filterteufe, (Ktzi 200,
640 m Tiefe): deutliche Abnahme der Zellzahlen
durch die Reinigung der Bohrung durch einen N2Lift und Zunahme der stoffwechselaktiven Zellen
nach 5 Monaten CO2-Exposition (Morozova et al.
2009).
6
wie zu (karbonatischen) Feststoffen umgesetzt
werden kann. Ein tiefergehendes Verständnis dieser biogeochemischen Reaktionsmechanismen ist
wichtig, da beispielsweise resultierende Druckabfälle in einem Speicher auch als Leckage interpretiert werden könnten. Dies gilt z. B. für die in den
60er und 70er Jahren mit Stadtgas befüllten
Porengasspeicher, das sich durch sehr hohe H2-Gehalte auszeichnete. Gleichzeitig kommt es durch
diese Transformationsprozesse zur langfristigen
Festlegung des CO2 und damit zur Erhöhung der
Sicherheit der Speicherung.
Die mikrobielle Aktivität und ihre kurzfristigen
Auswirkungen sind auch für den Betrieb von Injektionsbohrungen von Bedeutung, u. a. durch
eine mögliche Abnahme der Permeabilität im
bohrlochnahen Bereich infolge geomikrobieller
Reaktionen und Sauergasbildung durch Sulfatreduktion. Es bedarf deshalb der weiteren, vertieften Untersuchung biogeochemischer Prozesse.
Zum einen, um ihre mittel- bis langfristigen Auswirkungen auf die CO2-Speicherung besser extrapolieren zu können, zum anderen, um kurzfristige
Auswirkungen im Speicherbetrieb besser verstehen und ihnen begegnen zu können.
Es ergeben sich folgende weitere Untersuchungsfragen, die derzeit unter anderem in dem GEOTECHNOLOGIEN-Projekt RECOBIO-2 und CLEAN
bearbeitet werden:
– Vertiefung des Prozessverständnisses zur Karbonatphasenbildung (Speicherkapazitätserhöhung)
und Untersuchung ihrer mikrobiellen Katalyse
(infolge H2-Bildung und -verbrauch sowie Oberflächenreaktionen).
– Untersuchung der Auswirkung der Verbringung
nicht reinen CO2 (Rauchgas-, Synthesegasverunreinigungen) auf die ablaufenden biogeochemischen Prozesse.
– Untersuchung der langfristigen Umwandlung
von CO2 zu organischen Verbindungen oder Methan sowie der Bereitstellung der hierfür nötigen Elektronendonatoren in silikatischen Speichereinheiten und in Bezug auf die rezente mikrobielle Methanproduktion in Kohleeinheiten.
– Übertragung der erlangten Erkenntnisse, die an
Öl-/Gaslagerstätten bei ca. 55 °C bzw. 80-90 °C
gewonnen wurden, auf Standorte, die ca. 120 °C
Lagerstättentemperatur aufweisen und speicherrelevant sind (Altmark).
– Permeabilitätsverhalten – mikrobielles Clogging
während der Injektionsphase im Nahbereich
der Injektionsbohrungen.
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»Die numerische Simulation der CO2-Speicherung in geologischen Formationen ist von großer Bedeutung für die Erstellung
von möglichst realitätsnahen Prognosen und Risikoanalysen.«
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7. Prozessmodellierung zur Risikoabschätzung
Michael Kühn (1), Thomas Kempka (1), Holger Class (2), Sebastian Bauer (3), Olaf Kolditz (4),
Uwe-Jens Görke (4), Chan-Hee Park (4), Wenqing Wang (4)
(1) Helmholtz-Zentrum Potsdam, Deutsches GeoForschungsZentrum – GFZ, Zentrum für CO2-Speicherung
(2) Universität Stuttgart
(3) Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
(4) Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ, Leipzig
Die numerische Simulation der CO2-Speicherung
in geologischen Formationen ist von großer Bedeutung für die Erstellung von möglichst realitätsnahen Prognosen und Risikoanalysen. Hierzu müssen alle Transportprozesse und Wechselwirkungen
zwischen Speicherformation, Deckschichten und
dem injizierten CO2 berücksichtigt werden.
Der Entwicklungsschwerpunkt der numerischen
Modellierung liegt derzeit in der Weiterentwicklung und Kopplung von bestehenden Simulationsprogrammen. Dadurch können, neben den stattfindenden advektiven und diffusiven Transportprozessen, auch hydro- und geochemische sowie
geomechanische Prozesse in der Speicherformation und den umgebenden Formationen berücksichtigt werden. Die aus der Kopplung resultierenden hydro-mechanischen (H2M), hydro-mechanisch-chemischen (H2M/C) und thermo-hydro-mechanisch-chemischen (THMC) Rechenmodelle werden derzeit an die für die geologische CO2-Speicherung relevanten Prozesse adaptiert.
Obwohl Gegenstand von Forschungsvorhaben,
besteht in Bezug auf die Eingangsdaten weiterer
Forschungsbedarf zu den Eigenschaften und geochemischen Wechselwirkungen von verunreinigtem CO2. Unzureichend sind auch die Kenntnisse
über die im Speicher ablaufenden geochemischen
Prozesse, wie z. B. die CO2-bedingte Gesteinsveränderung von Speicher- und Deckschichten (s. a.
Kap. 5, Seite 50 ff.). Geomechanische Prozesse
wurden im Zusammenhang mit der CO2-Speicherung in geologischen Formationen bisher nahezu
gar nicht wissenschaftlich evaluiert. Hier besteht
aufgrund der als kritisch eingeschätzten Auswir-
kungen des Injektionsdrucks auf die Speichersicherheit dringender Forschungsbedarf.
Durch die im weiteren Verlauf dieses Kapitels näher erläuterte Kopplung von unterschiedlichen
Modellen und die notwendige Diskretisierung der
geometrischen Modelle ist die Recheneffizienz ein
weiterer relevanter Aspekt der Forschungs- und
Entwicklungsarbeit. Hierbei liegen die Bestrebungen im Wesentlichen in der Entwicklung von effizienten Rechenprozeduren und der Parallelisierung zum Einsatz des Höchstleistungsrechnens.
7
CO2-Ausbreitung im Untergrund
Die Modellierung der CO2-Ausbreitung im Untergrund erfolgt in aller Regel auf der Basis eines
Mehrphasensystems in einem porösen Medium.
Die betrachteten Phasen sind die Fluide, Wasser
(Salzwasser) und Kohlendioxid sowie die feste
Phase, die Gesteinsmatrix. Einen großen Einfluss
auf die Modellbildung hat die gewählte Skala, auf
der die Prozesse im Untergrund beschrieben werden. Die meisten derzeit zur Anwendung kommenden Modelle betrachten die CO2-Ausbreitung
auf der sogenannten REV-Skala (REV: Repräsentatives Elementar Volumen). Dabei werden Mittelungen über Volumina durchgeführt, deren Größe
für die dabei erhaltenen charakteristischen Eigenschaften repräsentativ sein muss. Innerhalb dieser
Volumina sind abgeleitete Größen wie die Phasensättigungen, die Porosität oder die Permeabilität
homogen.
Es werden dann auf der REV-Skala Bilanzgleichungen formuliert, die die Erhaltung von Masse,
Impuls und Energie beschreiben können. Die
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Interaktion zwischen den Fluidphasen untereinander sowie zwischen den Fluiden und dem Gestein
kann durch konstitutive Beziehungen beschrieben
werden (z. B. die relative Permeabilität-SättigungsBeziehung), die in aller Regel stark nichtlinear und
in der Praxis nur empirisch zu bestimmen sind. Vor
allem die relative Permeabilität-Sättigungs-Beziehung ist für die Modellierung der CO2-Ausbreitung
von herausragender Bedeutung. Gerade diese Beziehung weist typischerweise hysteretische Eigenschaften auf, was für die Immobilisierung von CO2
als residuale Phase (siehe unten) eine zentrale
Rolle spielt, d. h. im Modell z. B. für die Beurteilung der Speichersicherheit.
67
Seite 67
Stand der Forschung
Die Modellierung von Mehrphasenströmungen in
porösen Medien, insbesondere im natürlichen Untergrund, ist bereits seit mehreren Jahrzehnten in
Wissenschaft und Ingenieurspraxis sehr gut etabliert. Klassische Anwendungsfelder solcher Modellkonzepte sind einerseits Öl- und Gaslagerstätten, z. B. zur Optimierung der Erdöl- und Erdgasförderung, und andererseits umweltrelevante Problemstellungen, wie z. B. die Ausbreitung von
Schadstoffen im Untergrund, Grundwassergefährdungen oder thermisch unterstützte (Dampfinjektion) In-situ-Sanierungsverfahren. Ein wesentliches Element dieser Modelle ist die Erweiterung
des ursprünglich von Henry Darcy (1856) für Einphasenströmungen beschriebenen Fließgesetzes
auf Mehrphasenprozesse durch die Einführung
der relativen Permeabilität-Sättigungs-Funktion.
Dies geht zurück auf ein von Buckingham (1907)
eingeführtes Konzept. Grundlegende Arbeiten zur
Weiterentwicklung von Mehrphasenmodellen in
porösen Medien wurden z. B. auch von
Scheidegger (1974), Aziz & Settari (1979) oder
Lake (1989) geleistet, meist motiviert durch Fragestellungen der Petroleumindustrie.
Die aus der beschriebenen Modellbildung entstehenden stark gekoppelten und nichtlinearen Gleichungssysteme können, je nachdem welche physikalischen Prozesse neben der reinen advektiven
Ausbreitung der CO2-Phase noch berücksichtigt
werden, einen aus mathematischer Sicht sehr unterschiedlichen Charakter haben. Dies ist für die
Wahl der numerischen Lösungsmethoden und
-algorithmen von Bedeutung. Dementsprechend
sind die Recheneffizienz und damit die benötigte
Rechenzeit für die derzeit existierenden Simulationsprogramme sehr unterschiedlich und es muss
in jedem Einzelfall einer großskaligen Reservoirsimulation abgewogen werden, welche Prozesse
für die jeweilige Fragestellung zugunsten einer realistischen Rechenzeit vernachlässigt werden können. Je komplexer und großskaliger das Modellproblem betrachtet werden muss, umso mehr müssen
Maßnahmen zur Steigerung der Recheneffizienz,
wie z. B. auch die Kopplung unterschiedlicher Modellkonzepte, in Betracht gezogen werden.
Die Übertragung der bewährten Modellkonzepte
auf die Problemstellung der CO2-Ausbreitung im
Untergrund erfolgte vorwiegend in dem vergangenen Jahrzehnt disziplinübergreifend durch Umwelt- und Reservoiringenieure. Derzeit existiert
bereits eine ganze Reihe von kommerziellen Simulatoren und Forschungscodes, wobei diese hinsichtlich der im Einzelnen berücksichtigten Prozesse und damit ihrer Recheneffizienz starke Unterschiede aufweisen können.
Hinsichtlich der Zuverlässigkeit der Modelle lässt
sich (wie unten erläutert) sagen, dass in der Praxis
die Unsicherheit der Modelleingangsparameter
mit großer Wahrscheinlichkeit gegenüber den
unterschiedlichen Prognosen der einzelnen Modelle sowohl kommerzieller Software wie z. B.
ECLIPSE (Schlumberger) als auch von Forschungscodes wie z. B. MUFTE (Universität Stuttgart) oder
TOUGH2 (Lawrence Berkeley National Laboratory)
bei Weitem überwiegt.
Die physikalischen Prozesse
und ihre Raum- und Zeitskalen
Bei der Modellierung von physikalischen Prozessen bei der Speicherung von CO2 im Untergrund
muss beachtet werden, dass die verschiedenen
Prozesse auf der jeweils betrachteten Zeitskala unterschiedlich wichtig sein können. Diese Abhängigkeit jeweils dominanter und für die Speichersicherheit wichtiger Prozesse ist schematisch in
Abb. 18 dargestellt.
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Abb. 18: CO2-Speichersicherheit in Abhängigkeit
der physikalischen und chemischen Prozesse sowie ihrer
zeitlichen Skalen modifiziert
aus IPCC (2005)
7
Abb. 19: CO2-Sättigung in einem salinen Aquifer 24 Monate (links) und 49 Monate (rechts) nach Injektionsbeginn
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Während der Injektion von CO2 in ein Reservoir bestimmen vorwiegend die Eigenschaften des Mehrphasenströmungssystems die Ausbreitung (Abb.
19). Sie ist im Wesentlichen advektiv dominiert,
wobei die treibenden Kräfte unterschiedlicher Art
sind: viskos, bedingt durch Druckgradienten infolge der Injektion, dichtegetrieben (Auftrieb) durch
die geringere Dichte des CO2 im Vergleich zum
Formationswasser sowie kapillar. Die Kapillarkräfte spielen für das Mehrphasensystem insofern
eine wichtige Rolle, als sie für das sogenannte residual trapping verantwortlich sind. In vielen
Modellen wird dies über den Modellparameter
Residualsättigung in der relativen PermeabilitätSättigungs-Funktion wiedergegeben.
Bis die Ausbreitung von injiziertem CO2 nach dem
Stopp einer Injektion zur Ruhe kommt, tragen auf
größeren Zeitskalen noch weitere Prozesse zur
Speichersicherheit bei, wie beispielsweise die Lösung von CO2 im Wasser und geochemische Vorgänge (Mineralisierung). In jedem Fall lässt sich
sagen, dass diese Prozesse sich nur dort abspielen
können, wo das CO2 zum jeweiligen Zeitpunkt
auch vorliegt. Die möglichst genaue Vorhersage
des Mehrphasenflusses in einem CO2-Speicher ist
deshalb auch für die Modellierung weiterer Detailprozesse von entscheidender Bedeutung. Sehr
wichtig ist dabei die korrekte Beschreibung der
Fluideigenschaften in Abhängigkeit der im Reservoir gegebenen Temperatur- und Druckbedingungen. Dabei sind fehlende Daten im Hinblick
auf die Fluideigenschaften von verunreinigtem
CO2 ein besonderes Problem. An dieser Stelle besteht derzeit noch erheblicher Forschungsbedarf.
Einige Mehrphasenmodelle sind in der Lage, auch
Mehrkomponentensysteme zu beschreiben, d. h.
die einzelnen Fluidphasen können aus mehreren
Komponenten bestehen. Dies erlaubt z. B. die
Modellierung der Lösung von CO2 in Wasser und
das anschließende Absinken des dadurch schwerer gewordenen CO2-reichen Wassers. Des Weiteren lösen einzelne Simulatoren auch eine (oder
mehrere) Energiegleichung(en), so dass z. B. der
im Nahfeld eines Injektors evtl. auftretende JouleThompson-Effekt simuliert werden kann. Dieses
69
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Phänomen, bei dem sich das injizierte CO2 unter
Druckentlastung ausdehnt und gleichzeitig abkühlt, könnte z. B. zu temperaturinduzierten Spannungen im Gestein führen.
Während Mehrphasen- und Mehrkomponentenprozesse oftmals voll gekoppelt beschrieben und
gelöst werden, wird derzeit eine Realisierung der
Simulation von Mehrphasenströmung in Kombination mit geomechanischen und geochemischen
Prozessen vorwiegend durch die Kopplung unterschiedlicher (spezialisierter) Modelle angestrebt.
Auch bezüglich der räumlichen Skala muss die
Modellierung der CO2-Ausbreitung sehr sorgfältig
analysiert werden. So ist es z. B. für die Vorhersage
des durch die Injektion erzeugten Drucksignals im
Reservoir unverzichtbar, das Modellgebiet groß genug zu wählen, um die hydrogeologischen Randbedingungen korrekt abbilden zu können. Dazu
müssen diese aber bekannt sein, was in der Praxis
oft ein Problem darstellt.
Modellvalidierung bzw. -verifizierung
Die Zuverlässigkeit von Simulationsergebnissen
hängt davon ab, ob ein Modell ausreichend validiert bzw. verifiziert werden kann. Wünschenswert sind dazu möglichst experimentelle Daten,
die unter bestmöglich kontrollierten Bedingungen
erzeugt werden. Da dies für die CO2-Speicherung
vor allem aufgrund der benötigten sehr hohen
Drücke unter Laborbedingungen nicht auf relevanter räumlicher Skala umsetzbar ist, werden vor
allem Modellvergleichsstudien durchgeführt. Eine
erste Studie, die sich zentral mit der Frage der
CO2-Ausbreitung beschäftigte, wurde im Jahr
2001 vom Lawrence Berkeley Laboratory initiiert
(Pruess et al. 2002). Dabei wurden teils sehr vereinfachte akademische Testbeispiele definiert und
die von den Teilnehmern der Studie verwendeten
Modelle waren noch weit von der heute implementierten Modellkomplexität entfernt. Eine neuere, von der Universität Stuttgart im Rahmen des
Programms GEOTECHNOLOGIEN geplante und
koordinierte Modellvergleichsstudie beinhaltet
verschiedene dreidimensionale Testbeispiele auf
Reservoirskala, die neben der reinen Mehrphasen-
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strömung auch Mehrkomponentenprozesse und
thermische Prozesse umfassen (Class et al. 2009).
Diese Studie konnte zeigen, dass derzeit verfügbare Modelle in der Lage sind, die wesentlichen Prozesse übereinstimmend und mit nur kleinen Abweichungen abzubilden. Unsicherheiten in den Modellprognosen entstehen vorwiegend durch unterschiedliche Interpretation von Randbedingungen,
Gittereffekte, Heterogenitäten und vor allem durch
die Unsicherheit der Modelleingangsdaten.
Fazit
Obwohl die Modellierung der CO2-Ausbreitung
bzw. die dabei verwendeten Modellkonzepte bereits etabliert sind, muss die Prognosefähigkeit für
praxisrelevante Fragestellungen verbessert werden. Wie bereits erwähnt, ist die Modellierung der
durch Mehrphasenprozesse dominierten Ausbreitung des CO2 im Reservoir für alle darauf aufbauenden Prozesse essentiell. Hinsichtlich der physikalischen Modellbildung ist vor allem die Beschreibung der Fluideigenschaften bzw. Eigenschaften
der Fluidphasen in Abhängigkeit ihrer Zusammensetzung zu verbessern. Des Weiteren spielen die
hydraulischen Konstitutivbeziehungen eine wichtige Rolle, die für das System Wasser-CO2-Gestein
noch relativ unbekannt sind und bislang meist aus
Wasser-Luft-Beziehungen abgeleitet werden.
Ein wichtiges Thema ist auch die Effizienzsteigerung der Diskretisierungs- und Lösungsalgorithmen
bzw. die Einführung von Kopplungskonzepten,
um z. B. die erforderliche Modellkomplexität besser an die relevanten Raum- und Zeitskalen anpassen zu können. Detaillierte Simulationen unter Berücksichtigung aller für die verschiedenen Speichermechanismen relevanten Prozesse auf einer
praxisnahen Reservoirskala und für die Lebensdauer eines Speichers (z. B. 1000 Jahre) sind mit
derzeit verfügbaren Modellen und Rechnerkapazitäten kaum realisierbar. Weiterhin muss auch die
Kopplung zu Modellen, die geomechanische und
geochemische Prozesse beschreiben, intensiv verfolgt werden. Ein wichtiges Einsatzgebiet der Simulationsmodelle werden Risikostudien sein. Bedingt durch große Rechenzeiten, sind MonteCarlo-Ansätze nicht realisierbar, so dass evtl. auch
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Konzepte angedacht werden müssen, die für
bestimmte Fallstudien eine Modellreduktion mithilfe stochastischer Methoden ermöglichen.
Geochemische Prozesse bei der CO2Speicherung in salinaren Aquiferen
Stand der Forschung
Die bisherigen Arbeiten zur Simulation der CO2Speicherung decken hauptsächlich den Bereich
der Mehrphasenhydraulik ab. Dafür sind in der
Literatur entsprechende Modelle und die notwendige Zustandsgleichung von CO2 beschrieben
worden und werden weiterentwickelt. Für Langzeitbetrachtungen und Sicherheitsanalysen ist jedoch eine gekoppelte thermo-hydro-mechanischchemische Simulation (THMC) der beteiligten Prozesse notwendig (Stephanson et al. 2004). Die Literatur zur Simulation von geochemischen Prozessen im Zusammenhang mit der Speicherung
von CO2 enthält bisher hauptsächlich exemplarische und vereinfachte Modelle. Geochemische
Reaktionen können eine wichtige Rolle spielen, da
CO2 korrosiv wirkt und somit die Eigenschaften
von Brunnen, des Reservoirs und der Deckschichten beeinflussen kann. Die Bedeutung der geochemischen Prozesse wurde dabei schon sehr früh
erkannt (Czernichowski-Lauriol et al., 1996). Aus
ersten Feldexperimenten sind geochemische Effekte inzwischen auch experimentell nachgewiesen worden. Kharaka et al. (2006) fanden einen
Rückgang des pH-Wertes und eine Zunahme der
Alkalinität und der Eisenkonzentrationen im Reservoirwasser, die auf Lösungsreaktionen innerhalb kurzer Zeit nach Injektion von CO2 hinweisen. Wilson & Monea (2004) beobachteten durch
Karbonatlösung verändertes Reservoirwasser im
Weyburn-Projekt. Von Analogstandorten, an denen natürliches CO2 vorkommt, sind Mineralfällungen entlang der CO2-Migrationspfade bekannt
(May 2005; Fischer et al. 2006; Worden 2006),
wobei ein geochemisches Gleichgewicht auch in
langen Zeiträumen nicht immer erreicht ist (Hazeldine et al. 2005).
7
Die Simulation von geochemischen Reaktionen
(und dem damit notwendig verbundenen Mehr-
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komponenten-Transport in Mehrphasensystemen)
wird auf unterschiedlichen Längen- und Zeitskalen
durchgeführt. Aufgaben sind dabei:
– das Nachvollziehen von Laborexperimenten zur
Parameter- und Prozessidentifikation (Längenskala: 1 Meter, Zeitskala: 1 Jahr),
– die Simulation im Nahbereich des Zugabebrunnens zur Untersuchung der Injektivität (10
Meter, 50 Jahre),
– die Simulation des Brunnens zur Untersuchung
seiner Unversehrtheit (1000 m vertikal und 1
Meter horizontal, 1000 Jahre) und
– die Simulation der geochemischen Prozesse im
Reservoir zur Untersuchung der Langzeiteffekte
bei der Speicherung und zur Sicherheitsanalyse
(10 Kilometer, 10 000 Jahre).
Zur Simulation dieser Prozesse sind gekoppelte
Strömungs- und reaktive Transportmodelle notwendig. Nulldimensionale geochemische Simulationen (Batch) wurden dabei z. B. von Gunter et
al. (1997), Gaus et al. (2004) und Xu et al. (2004)
publiziert. Der Code THOUGHREACT (Xu & Pruess
2001; Xu et al. 2006) kann sowohl die thermischhydraulischen als auch geochemischen Prozesse
bei der CO2-Injektion simulieren. Dabei wird die
Rückwirkung der Lösungs- und Fällungsreaktionen auf die Porosität sowie die Permeabilität
berücksichtigt. Der Code wurde zur Untersuchung
geochemischer Prozesse eingesetzt, wie z. B. zur
Austrocknung im Nahbereich einer Injektionsbohrung (Andre et al. 2007) und zur 2D-Reservoirsimulation für das Sleipner-Feld in der Nordsee
(Audigane et al. 2007) oder zur Untersuchung der
Deckschicht (Gherardi et al. 2007). Lagneau et al.
(2005) simulierten für das Pariser Becken die geochemische Entwicklung des Dogger unter Zugabe
von CO2 mit dem Code HYTEC, der jedoch nur die
wässrige Phase abbildete. Johnson et al. (2004)
benutzen eine Kombination der Programme NUFT,
SUPCRT92 und GEMBOCHS zur Simulation der
CO2-Injektion am Standort Sleipner.
Bisher sind nur wenige Arbeiten zur Simulation
der geochemischen Veränderung der beim Bohrungsausbau verwendeten Zemente durchgeführt
worden. Jacquemet et al. (2007) simulierten dabei
71
Seite 71
Laborexperimente. Carey et al. (2007) versuchten
Feldbeobachtungen nachzuvollziehen.
Der Nahbereich einer Injektionsbohrung wurde im
Detail von Andre et al. (2007) untersucht. Die Autoren fanden unterschiedliche geochemische Prozesse, je nach Abstand zur Bohrung, die sich zeitlich aufgrund der Injektion verschoben. Giorgis et
al. (2007) untersuchten das Ausfallen von Salzen
bei der Eingabe von CO2. Ketzer et al. (2009) führen Laborexperimente zu Wasser-Gestein-CO2Wechselwirkungen an permischen Sandsteinen
durch und simulieren diese anschließend numerisch mithilfe von PHREEQC. Kühn & Clauser
(2006) beschreiben die mineralische Fixierung von
CO2 in geothermischen Reservoiren.
Im Bereich der Reservoir-Simulation sind die meisten wissenschaftlichen Arbeiten verfügbar. Diese
umfassen eindimensionale (Knauss et al. 2005; Xu
et al. 2005), zweidimensionale (Audigane et al.
2007; Johnson et al. 2001; White et al. 2005)
oder dreidimensionale (Le Gallo et al. 2006)
Simulationen der Strömungs- und Transportvorgänge. Diese Arbeiten zeigen, dass mit zunehmender Dimensionalität und Komplexität der
Geologie (Mehrschicht-Modelle) und heterogen
verteilten Parametern die Identifikation der dominanten geochemischen Prozesse schwierig wird.
Mehrere Arbeiten befassen sich mit der Simulation
der CO2-Injektion im Sleipner-Feld (Johnson et al.
2001, 2004; Audigane et al. 2007; Gaus et al.
2005). Diese Arbeiten führen zu unterschiedlichen
Ergebnissen, da sie auf unterschiedlichen Modellannahmen und Parametersätzen aufbauen (Gaus
et al. 2008). Es zeigt sich also, wie sensitiv die
Modellergebnisse für die Eingangsdaten sind.
Cantucci et al. (im Druck) berichten über geochemische Modellierungen mithilfe von PHREEQC
und spezifisch angepassten Modelldaten, um die
Verhältnisse des CO2 abzubilden. Gherardi et al.
(2007) untersuchen mögliche Reaktionen in einer
Deckschicht. Xiao et al. (2009) zeigen mithilfe von
THOUGHREACT mögliche geochemische Effekte
bei der CO2-Einspeicherung auf. Lewicki et al.
(2007) befassen sich mit den grundsätzlichen
Prozessen und Möglichkeiten bei einer Leckage,
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Wang und Jaffe (2004) sowie Zheng et al. (2009)
untersuchen mögliche geochemische Veränderungen im Grundwasser.
Temperatur, dem Druck und der Lösungszusammensetzung abhängig (Gherardi et al. 2007;
Oelkers & Helgeson 1988).
Fazit
Zur Simulation geochemischer Prozesse muss die
Zeitskala der einzelnen Reaktionen berücksichtigt
werden, d. h., die Reaktionskinetik ist von großer
Relevanz (Gaus et al. 2005). Dabei wird typischerweise auf eine Beschreibung nach Lasaga et al.
(1994) zurückgegriffen, die drei Raten für den
basischen, den neutralen und den sauren Bereich
umfasst. Xu et al. (2006) und Andre et al. (2007)
nutzen alle drei Bereiche, während z. B. White et
al. (2005) nur den neutralen Bereich, Gaus et al.
(2005) oder Langneau et al. (2005) nur den sauren Bereich beschreiben. Zur Simulation der Lösungs- und Fällungsprozesse fehlen insbesondere
noch die unter den entsprechenden Bedingungen
gemessenen Daten zur Parametrisierung der kinetischen Reaktionsgleichungen (Gaus et al. 2008).
Die Auswirkungen der CO2-Injektion über lange
Zeiträume sind mithilfe von Szenarienmodellierungen zu ermitteln, die über den Reservoirhorizont und eventuell die Deckschicht hinausgehen.
Die damit verbundene geologische und geochemische Komplexität stellt eine große Herausforderung sowohl an die konzeptionelle Modellbildung als auch an die numerische Implementierung. Im Kontext der gekoppelten THMC-Simulation sind hier die Implementierung entsprechender Methoden als auch das Höchstleistungsrechnen notwendig, um die komplexen und interagierenden Prozesse simulieren zu können.
Forschungsbedarf im Hinblick auf die geochemische Simulation besteht noch auf mehreren Feldern. Dazu gehören die Parametrisierung von kinetischen Reaktionen (Bereichsraten, reaktive
Oberfläche, Modelle), was auch die notwendigen
Daten umfasst. Ebenso wurde festgestellt, dass
das verwendete Reaktionssystem großen Einfluss
auf die Ergebnisse haben kann (Gaus et al. 2005).
Die damit verbundene Unsicherheit ist groß, da
eine detaillierte Charakterisierung der mineralogischen Zusammensetzung nur punktuell möglich
ist, jedoch die geochemischen Prozesse in einem
großen Raum stattfinden. Da die CO2-Injektion
typischerweise in hochsalinare Formationswässer
erfolgen wird, sollte für die geochemischen Reaktionen der Pitzer-Formalismus angewendet werden (Gaus et al. 2008). Dieser ist jedoch numerisch aufwändig und nicht alle notwendigen Koeffizienten wurden bereits experimentell bestimmt
(Gaus et al. 2008). Weiterhin besteht Forschungsbedarf bezüglich der Diffusionskoeffizienten der
einzelnen Spezies, da in der Deckschicht von
einem diffusionsdominierten Transport auszugehen ist. Die Diffusionskoeffizienten sind unter den
Bedingungen bei der CO2-Injektion von der
Geomechanische Prozesse
bei der CO2-Speicherung
7
Stand der Forschung
Die existierende Fachliteratur zur Prozessmodellierung bei der CO2-Speicherung in geologischen
Systemen ist vor allem durch die MehrphasenHydrodynamik sowie die Zustandsgleichungen von
CO2 in den verschiedenen möglichen Aggregatzuständen (flüssig, gasförmig, superkritisch) geprägt, siehe z. B. Pruess & Garcia (2002). Diese Einseitigkeit resultiert im Wesentlichen daraus, dass
z. B. bei der Förderung von Erdgas und Öl in erster
Linie die Mehrphasen-Prozesse für das Reservoirmanagement eine dominierende Rolle spielen. In
anderen Anwendungsgebieten für die Georeservoir-Simulation, wie z. B. die Endlagerung oder die
Geothermie, hat man erkannt, dass insbesondere
für Langzeitbetrachtungen eine gekoppelte Betrachtung der thermo-hydro-mechanisch-chemischen (THMC) Prozesse erforderlich ist (z. B. Stephansson et al. 2004; Rutqvist et al. 2008). Für die
Langzeitsicherheitsbetrachtung der CO2-Speicherung gewinnt das THMC-Konzept zunehmend an
Bedeutung. Insbesondere zur Rolle von transienten
mechanischen Deformationsprozessen im Kontext
thermischer, hydraulischer und geochemischer Vorgänge gibt es in der Literatur kaum Arbeiten.
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Seit jüngster Zeit gibt es einige Publikationen, die
sich mit dem Einfluss geochemischer Prozesse auf
mechanische Eigenschaften wie die Porosität
beschäftigen (Kaszuba et al. 2003; Lagneau et al.
2005; Xu et al. 2006; Xiao et al. 2009). Dabei geht
es im Wesentlichen um die chemische Charakterisierung von Lösungs-Fällungsreaktionen infolge der Änderung von Gleichgewichtsbedingungen bei einer CO2-Injektion und die damit verbundene Änderung des Porenraums mit entsprechenden hydraulischen Konsequenzen.
Existierende Arbeiten, die sich mit geomechanischen Prozessen im Kontext der CO2-Speicherung
beschäftigen, gibt es bisher nur sehr wenige. Rutqvist & Tsang (2002) betrachten H2M-Prozesse in
einem stark idealisierten salinaren Aquifer. Sie verwenden eine Kopplung der numerischen Codes
TOUGH2 und FLAC3D und finden heraus, dass
infolge der CO2-Injektion die größten Veränderungen der effektiven Spannungen an der Aquiferbasis und dem Aquiferhangendem zu erwarten
sind. Daher besteht das größte Risiko für eine
Rissbildung im untersten Teil des Deckgebirges, im
Kontaktbereich zum Aquifer. Durch den langsamen Intrusionsvorgang des CO2 in das Deckgebirge sind allerdings poro-elastische Prozesse zu
erwarten, so dass das Deckgebirge unter diesen
Umständen intakt bleiben kann.
Li et al. (2006) präsentieren ein THM-Konzeptmodell, ohne jegliche Details des gekoppelten Ansatzes (Bilanzgleichungen, numerisches Verfahren)
preiszugeben. Sie konzentrieren sich auf ein be-
Seite 73
kanntes konstitutives elasto-plastisches (DruckerPrager) Modell und stellen heraus, dass der Injektionsdruck der kontrollierende Faktor für geomechanische Prozesse ist (fault slip conditions).
In einer aktuellen Arbeit beschäftigt sich Khalili
(2008) mit der Modellierung von Zweiphasenströmungen in Klüften in einer deformierbaren Gesteinsmatrix. Diese Arbeit hat zwar nicht unmittelbar etwas mit der CO2-Problematik zu tun, ist aber
der aus unserer Sicht am weitesten entwickelte
Stand in der Modellierung von Mehrphasen-Konsolidierungsprozessen. Khalili (2008) präsentiert
ein voll gekoppeltes H2M-Modell für klüftig-poröse Medien auf der Basis des klassischen Mehrkontinua-Konzepts von Barenblatt et al. (1960).
Im Rahmen der Forschungsaktivitäten am Umweltforschungszentrum Leipzig konnte nun ein
voll gekoppeltes numerisches H2M-Modell entwickelt und für Prinzipstudien eingesetzt werden.
Die Modellgleichungen sowie Details zum numerischen Modell sind in Wang et al. (2009a) zu finden. Zwei verschiedene Mehrphasen-Formulierungen stehen zur Verfügung: eine pp- und eine
sogenannte pS-Variante (Park 2009, OpenGeoSys), die mit drei Testbeispielen überprüft wurden
(Buckley-Leverett, McWorther, Liakopoulos Probleme). Abb. 20 zeigt das Prinzipmodell für den
Bohrlochnahbereich. Der Speicher befindet sich in
770 m Tiefe und ist 6 m mächtig. Als Randbedingung wurde zunächst ein geschlossenes und
fest eingespanntes Reservoir angenommen.
Abb. 20: Prinzip-Modell für die CO2-Injektion
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Abb. 21: Berechnete CO2-Sättigungen und vertikale Spannungen nach einer Stunde (oben) und 1000 Stunden (unten)
7
Abb. 22: Zeitliche Entwicklung der CO2-Sättigungen und vertikalen Spannungen im Abstand von 20 und 50 m von der
Injektionsbohrung (links) und der Einfluss der Rückkopplung der mechanischen Prozesse (rechts)
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Die ersten Berechnungsergebnisse sind in den
Abb. 21 und Abb. 22 dargestellt. Aufgrund der
geringeren Dichte des CO2 schichtet es sich auf
dem Salzwasser auf (Abb. 21, links). Genau wie in
Rutqvist & Tsang (2002) zeigen die reduzierten
Vertikalspannungen am Aquifer-Top den geomechanisch kritischen Bereich auf (Abb. 21, rechts).
Der Einfluss der geomechanischen Kopplung auf
den Strömungsprozess ist in der Abb. 22 (links) zu
sehen. Die zeitliche Entwicklung der Tangentialspannungen in Abhängigkeit vom Bohrlochabstand ist in der Abb. 22 (rechts) dargestellt. Da es
sich um erste Berechnungsergebnisse handelt,
deren Verifizierung z. B. durch Code-Vergleiche
und Validierung durch experimentelle Befunde
aussteht, soll hier keine Interpretation der Ergebnisse erfolgen.
Fazit
Die Bedeutung gekoppelter Prozesse (THMC) wurde auch für die CO2-Modellierung erkannt. Die
Entwicklung von THMC-Codes ist nicht mehr leistbar durch einzelne Gruppen. Daher wird eine Entwicklung des THMC-Simulators als Open-SourceSoftware zusammen mit den Partnern in Kiel
(CAU), Potsdam (GFZ) und Stuttgart (IWS) angestrebt. Darüber hinaus muss eine Code-Entwicklung für sicherheitsrelevante Fragestellungen wie
die CO2-Speicherung ein höchstes Maß an Transparenz gewährleisten. Aufgrund des extrem hohen Rechenbedarfs von THMC-Modellen ist weiterhin die Entwicklung paralleler Algorithmen für
einen Einsatz auf Höchstleistungsrechentechnik
(HPC) unerlässlich (Wang et al. 2009b). Die Komplexität von THMC-Prozessen erfordert die Entwicklung von Benchmarking-Prozeduren durch
geeignete Code-Vergleiche (Pruess et al. 2004;
Class et al. 2009).
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»Eine Schwachstelle in der Sicherheitskette unterirdischer CO2Speicher könnten die CO2-Injektionsbohrungen sowie stillgelegte Produktionsbohrungen für Erdgas oder Erdöl sein.«
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8. Bohrlochsicherheit – Entwicklung CO2resistenter Materialien
Kurt M. Reinicke, Catalin Teodoriu, Carsten Fichter
TU Clausthal
Eine mögliche Schwachstelle in der Sicherheitskette
unterirdischer CO2-Speicher sind aktive bzw. stillgelegte CO2-Injektionsbohrungen sowie alte Erdgasoder Erdölproduktionsbohrungen, die nicht für den
Zweck der langfristigen CO2-Speicherung ausgelegt sind. In erschöpften Erdgas- oder Erdöllagerstätten – die als bevorzugte CO2-Speicherstätten in
Frage kommen (s. a. Kapitel 3, Seite 28 ff.) – kann
ihre Zahl leicht mehrere 100 überschreiten.
und mehr notwendig. Die sichere Langfristauslegung von CO2-Speichern erfordert daher sowohl
den sicheren Betrieb der Produktions- und Injektionssysteme während der Betriebsphase (typischerweise 10 bis 50 Jahre) als auch die technische
Zuverlässigkeit der Bohrungen über einen Zeitraum
von 100 bis 5000 Jahren. Nur so lassen sich CO2Leckagen über die Wegsamkeit der Bohrungen
ausschließen.
In der Bohrindustrie liegen langjährige Erfahrungen
im Umgang mit CO2 vor. Seit Jahrzehnten werden
Fluide, die CO2 enthalten, sowohl produziert als
auch in den Untergrund geleitet. Zur Produktionssteigerung von Erdöllagerstätten wird beispielsweise im Zuge sogenannter EOR-Maßnahmen (Enhanced Oil Recovery) CO2 in die ölführenden Horizonte injiziert. Weiterhin sind – auch in Deutschland – seit Jahren Sauergaslagerstätten in Betrieb,
die H2S und CO2 in teilweise höheren Anteilen enthalten. Die Industrie betreibt inzwischen Bohrungen, um die aus dem Sauergas abgetrennten sauren Bestandteile H2S und CO2 zurück in den Untergrund zu injizieren.
Sicherheit von Bohrungen
Die Dichtigkeit eines Systems ist immer ein relativer
Begriff, weil technisch kein System 100 % dicht
sein kann. Die Dichtigkeit einer Bohrung oder ihre
technische Integrität wird daher definiert über eine
maximal zulässige Leckrate durch das Verbundsystem Casing-Zement-Formation. Die U.S. Environmental Protection Agency, EPA (1998), spricht von
technischer Integrität einer Bohrung, wenn sie frei
von Leckagen ist und wenn kein signifikanter Umstieg von Fluiden in einen Trinkwasserhorizont stattfindet und nennt für den Nachweis eine Reihe von
Untersuchungsmöglichkeiten.
Zur Beurteilung der Dichtheit von Erdgaskavernenbohrungen ist in einem SMRI-Forschungsbericht, SMRI (1996), ein Wert von 150 kg/d für die
maximal zulässige Leckrate, ITE (2007), dokumentiert. Die Übertragung des Testes zur Feststellung
dieser Leckrate auf CO2-Injektionsbohrungen
würde in der Regel die Zerstörung eines möglicherweise intakten Verbundsystems Rohr-ZementFormation erfordern. Im Bohrloch kann CO2 über
verschiedene Wege zur Erdoberfläche gelangen.
Durch Untersuchungen an Bohrungskomplettierungen und Einrichtungen von CO2EOR- und Sauergas-Projekten wurde eine Vielzahl von Informationen über auftretende Versagensprozesse und
daraus entstehende Konsequenzen gewonnen.
Diese Erfahrungen spielten für die Entwicklung der
heute bekannten Sauergastechnologie eine entscheidende Rolle. Beim Einsatz dieser Technologien
während einer Betriebsphase von circa 10 - 50 Jahren sind daher keine grundsätzlichen Probleme zu
erwarten. Bei CO2-Speicherprojekten wird aber der
Nachweis der Langzeitsicherheit von 1000 Jahren
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Abb. 23: Potenzielle CO2-Wegsamkeiten im Bohrloch (nach Celia et al. 2004)
Schadensmechanismen
Chemische
Beanspruchung
Mechanische
Korrosion
Mechanisch-thermische
Beanspruchung
ZementKorrosion
Verformung
Rohr
Herstellungsdefizite
Verbundsystem
Rohr-ZementGebirge
Zement
Ermüdung
Ablösung
Risse
Abb. 24: Schadensmechanismen Bohrloch
Die Schadensmechanismen, die zu den vorstehend
gezeigten Fehlstellen im Verbundsystem BohrlochRohr-Zement-Formation führen, sind in Abb. 24
gezeigt. Sie untergliedern sich in drei Klassen: (i)
chemische Beanspruchung, (ii) mechanisch-thermische Beanspruchung und (iii) Herstellungsdefizite.
79
Chemische Beanspruchung
CO2 an sich ist nicht korrosiv (Neubert 2005). Damit
es zur Korrosion kommen kann, muss Wasser vorhanden sein. In Verbindung mit Wasser entsteht
Kohlensäure (H2CO3).
H2O + CO2 → H2CO3
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Die Kohlensäure führt bei direktem Kontakt mit
metallischen Werkstoffen (Rohrtour) und den umliegenden Zementen zur Korrosion. Bei Stählen resultiert die Korrosion aus der Reaktion einer Stahloberfläche mit Kohlensäure, d. h., es handelt sich
um keine direkte Reaktion mit gasförmigem CO2.
Bei der metallischen Korrosion wird der Materialabtrag pro Zeiteinheit in der Korrosionsrate ausgedrückt [mm/d oder mm/a]. Die Korrosionsrate ist
hauptsächlich abhängig von:
– Örtlichen Temperatur- und Druckbedingungen
– Gas-Wasser-Verhältnis
– Fluid-Geschwindigkeit
– Fließregime
– Oberflächenbedingungen
– Wasseransammlung, Wasserausfall aufgrund
von Änderungen in Fließprofil (Krümmung,
Schweißnähte)
– Fluid-Einträge (Vermischungseffekte)
Aus Falluntersuchungen lässt sich ableiten, dass
eine maximale Korrosion in dem Temperaturbereich
von 60 bis 100 ºC stattfindet. Unter diesen Bedingungen können sehr hohe CO2-Korrosionsraten
auftreten: 25 mm/a bei 65 ºC und 1 MPa CO2
Druck und 250 mm/a bei 82 ºC und 16 MPa CO2
Druck (Cailly et al. 2005; Hesjevlk et al. 2003).
Zur Korrosion von Zementen in sauergashaltigem
Milieu (CO2 und/oder H2S) gibt es umfangreiche
Literatur (Berlet-Gouédard et al. 2006; Lecolier et
al. 2006; Strazisar & Kutchko 2006). Danach neigen die in der Erdöl- und Erdgasindustrie üblicherweise eingesetzten Portland-basierten Tiefbohrzementsysteme zur Zersetzung, wenn sie sauren
Gasen oder Wässern ausgesetzt werden (Karbonisierung). Die chemischen Vorgänge die sich im
Rahmen der Karbonisierung abspielen sind vielfach
beschrieben (Krilov et al. 2000; Bruckdorfer 1986;
Kuenning 1966; Verbeelk 1958). Das Endergebnis
der Karbonisierung sind eine Auslaugung von zementartigem Material aus der Zementmatrix, eine
Zunahme von Porosität und Permeabilität, ein
Rückgang der Dichte, eine Abnahme der Festigkeit
und schließlich der Verlust der Schutzwirkung für
die Rohrtour.
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Die wichtigsten Einflussfaktoren auf die Rate der
Zementzersetzung sind:
– Typ und Menge der hydratisierten Phasen: Die
Korrosionsrate nimmt mit zunehmendem Gehalt
an Portlandit zu
– Typ und Menge der Zementadditive: Die Korrosionsrate nimmt mit zunehmendem Gehalt an
Bentonit zu (Strazisar & Kutchko 2006; Duguid
et al. 2004)
– Zementherstellung: Die Korrosionsrate nimmt
mit zunehmendem Wasser-Zement-Verhältnis zu
(Bruckdorfer 1986)
– pH-Wert: Die Korrosionsrate nimmt mit abnehmendem pH-Wert zu (Lecolier et al. 2006; Scherer 2005)
– Saure Phasen: Nasses superkritisches CO2 im
Vergleich zu CO2 gelöst in einer wässrigen Phase
(Berlet-Gouédard et al. 2006; Strazisar & Kutchko, 2006)
– Kontaktbedingungen: Unter dynamischen Bedingungen ist die Korrosionsrate sehr viel größer
als unter statischen Bedingungen (Scherer 2005;
Van Gerven et al. 2004)
– Temperatur und Druck (Strazisar & Kutchko
2006; Scherer 2005; Duguid et al. 2004)
– Einwirkungsdauer: Die Korrosionsrate nimmt mit
der Zeit ab (Barlet-Gouédard et al. 2006)
8
Die Korrosionsraten von Zementen liegen bei < 0,1
bis 1,3 mm/d unter statischen Bedingungen. Unter
dynamischen Bedingungen (Ein- und Ausspeicherungsprozesse) liegen die Korrosionsraten um zwei
Größenordnungen höher. Grundsätzlich fehlt es
aber bislang an einem Standard für die Durchführung experimenteller Untersuchungen, um die
Langzeitbeständigkeit hydratisierter Zemente festzustellen. Das erschwert einen Vergleich der veröffentlichten Resultate.
Für Sauergas- und CO2-Injektionsbohrungen werden
daher generell neue Wege im Bohrungsdesign
beschritten. Abhängig von der Korrosivität des Milieus sind die nachfolgenden Ansätze zu unterscheiden, um der Zementkorrosion Rechnung zu tragen:
– Der Einsatz von Zementsystemen höherer Elastizität: Ein »Engineered Young´s Modulus and
Expandable«-Zementsystem ist dokumentiert in
Krusche et al. (2006)
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Abb. 25: Durch superkritisches CO2 korrodierter Stahl und Zement
– Die Nutzung von Zementsystemen mit speziellen
Additiven und/oder kleineren Anteilen von Portland-Zement, um die Zementbeständigkeit zu
erhöhen:
Duncan und Hartford (1998) berichten über die
Nutzung eines Latex-Zements. Ackervoll et al.
(2005) und Lubenau (2005) berichten von Pozzolan als Zementzusatz.
– Der Einsatz von Zementsystemen ohne Calcium, das durch CO2 zu einem Karbonat umgewandelt werden kann: Der Einsatz von CalciumPhosphat-Hydraten sowie Calcium-Aluminosilikaten wird berichtet von Lance Brothers (2005)
für eine CO2- und eine Sauergas-Injektionsbohrung. High-Alumina-Zemente mit neu entwikkelten Fluid-Loss-Additiven finden sich in Benge
& Dew (2005)
– Die Nutzung neuer Zementrezepturen mit höherer Beständigkeit gegenüber CO2-Korrosion:
Berlet-Gouédard (2006) berichten über die
Ergebnisse experimenteller Untersuchungen
von neu entwickelten Materialien mit geringen
bzw. ohne Anteil von Portland-Zement. Danach
verhalten sich die neuen Rezepturen relativ
inert, sowohl gegenüber nassem super kritischem CO2 als auch CO2-gesättigtem Wasser.
– Sorgfältig geplante, ganzheitliche Lösungen für
Centralizer-Auswahl und -Platzierung, Rohreinbau, effizienter Preflush für die Spülungsverdrängung, Zementmaterialien, Qualitätskontrolle während der Zementation und Ausrüstung,
81
um optimale Bedingungen für Zementation und
Aushärtung zu gewährleisten.
Mechanisch-thermische Beanspruchung
Mit Fertigstellung einer Bohrung ist das eingebaute Verbundsystem Rohr-Zement sowohl mechanischen als auch thermischen Belastungen ausgesetzt, die mit Überschreiten der Festigkeitsgrenzen
der Materialien zum Versagen oder unter dauerhafter Wechselbelastung zum Ermüdungsbruch
führen können. Drückende Gesteinsschichten,
zum Beispiel die im Norddeutschen Becken weit
verbreiteten plastischen Salzformationen des Zechsteins, können zu Verformungen des Verbundsystems führen, bis hin zum Kollaps (Abb. 26).
Während des Betriebes sind Bohrungen extrem
unterschiedlichen Druck- und Temperaturbedingungen ausgesetzt. Infolge können Ablösungen
(Debonding) an der Grenzfläche Gestein/Zement
oder Zement/Rohr auftreten (Abb. 27).
Produktionssteigernde Maßnahmen, wie EOR,
EGR, können in den Bohrungen zusätzlich zu Schädigungen des Verbundsystems führen. Unvermeidbare Druckspitzen führen beispielsweise zum
Aufbrechen des Gesteins, wodurch Ablösungen
und Risse entstehen (Abb. 28). Erdgasbohrungen
werden während der Produktion durch fallende
Gasdrücke beansprucht, einhergehend mit einer
Kompaktion des Lagerstättenkörpers und der
Gesteine, welche die Lagerstätte überlagern.
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Herstellungsdefizite
Viele der in Bohrungen beobachteten Integritätsprobleme sind nicht auf mechanische oder chemische Belastungen, sondern auf Herstellungsdefizite
zurückzuführen (Abb. 29). Fehlstellen im System
»Rohr« können ihre Ursache haben in
– unsachgemäßer Materialauswahl
– unsachgemäßer Verbinderauswahl
– unzureichender Qualitätssicherung bei der Rohrund Verbinderherstellung
– falscher Verschraubung
– falschen Verbinderfetten
Abb. 26: Kollabiertes Doppelrohr durch
Druckbelastung plastisch reagierender Gesteine
(Salzgesteine)
Abb. 27: Schadenbilder für Zemente (Creel 2006)
Abb. 28: Zementversagen bei 310 bar Innendruck
(Creel 2006)
Fehlstellen im System »Zement« können Folge sein
von
– falscher Zementrezeptur (Korrosionsbeständigkeit, Formationsverträglichkeit)
– unzureichender Zementation (mangelnde Zentrierung, Feststoffsedimentation, freies Wasser)
– mangelhafter Bohrlochreinigung (Filterkuchen)
– Zementschrumpfung
– unzureichender Abbindezeit vor Fortsetzung des
Bohrvorganges
8
Bohrlochanforderungen
und Bohrlochsicherheit
Die Verwendung von Bohrungen zur CO2-Speicherung erfordert den Nachweis ihrer mechanischen Integrität. Demnach dürfen
– Bohrungen im Injektions-Betrieb keine signifikanten Leckagen im Casing, Tubing oder Zement aufweisen. Darüber hinaus dürfen keinerlei signifikante CO2-Ströme in einen Trinkwasserhorizont oder zur Oberfläche hin messbar sein,
– in stillgelegten CO2-Injektionsbohrungen der
nachbetrieblichen Phase weder signifikante
CO2-Ströme in einen Trinkwasserhorizont oder
zur Oberfläche hin messbar sein.
Als Grenzwert für die Definition einer »signifikanten Leckage« wird die Verwendung einer volumetrischen Rate von 50 l(in situ)/d vorgeschlagen.
Diese Rate reflektiert die Erfahrungen der Erdgasspeicherindustrie. Sie ist darüber hinaus mit der
heutigen Technologie nachweisbar. Schlüsselfaktoren zur Erreichung und Gewährleistung mechanischer Integrität sind Design, Herstellung, Betrieb
und Verfüllung von Bohrungen innerhalb des Spei-
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Abb. 29: Herstellungsdefizite in der Zementation (Creel 2006)
chereinzugsbereiches. Die Frage von Bohrlochanforderungen und Bohrlochsicherheit stellt sich je
nach Bohrungstyp aber ganz unterschiedlich dar
(s. Abb. 30).
Altbohrungen
Bei der Bewertung der mechanischen Integrität
von Altbohrungen ist der Schlüsselfaktor der aktuelle Zustand der Bohrung (Verrohrung und Zementation). Die Bewertung und der Umgang mit
Altbohrungen sollten nach folgendem Schema
durchgeführt werden:
– Erfassung und Bewertung
– Reparatur auffälliger Bohrungen
– Verfüllung nicht zu reparierender Bohrungen
Das Untersuchungsprogramm zur Erfassung und
Bewertung des Bohrungszustandes sollte eine
belastbare Feststellung der Integrität von Tubing,
Casing und Zement ermöglichen und eine Basis
liefern, mit der künftige Veränderungen festgestellt
werden können. Tubing- und Casing-Integrität
sollten über die volle Länge nachgewiesen werden.
Bohrungen mit signifikanter Korrosion sollten er-
neuert, Casing-Abschnitte mit signifikanter Korrosion repariert werden. Soweit noch keine Vorgaben
im geltenden gesetzlichen Regelwerk vorhanden
sind, muss die zuständige Behörde im Einzelfall bei
der Beschreibung der akzeptablen Kriterien rechtzeitig eingebunden werden, um eine Genehmigungsfähigkeit des Projektes zu gewährleisten.
Neubohrungen
Neubohrungen müssen den späteren betrieblichen
Bedingungen (Raten, Druck, Temperaturen, Fluidzusammensetzung und Säurekapazität, Betriebsdauer etc.) und möglichen Versagensszenarien
Rechnung tragen (Karman & Wildenborg 2006).
In Injektionsbohrungen, in die CO2 in trockenem,
superkritischem Zustand (scCO2) injiziert wird, gibt
es kein signifikantes Risiko metallischer Korrosion,
da die Korrosionsrate in Gegenwart von trockenem
scCO2 sehr gering ist. Hierbei sollte die Auslegung
nach folgenden Gesichtspunkten durchgeführt
werden:
– Werkstoffauswahl für Verrohrung und
Zementation
Bohrungen
Altbohrungen
Neubohrungen
Bohrungsverfüllung
Prävention
statt Reparatur
alte verfüllte
Bohrungen
Abb. 30: Unterscheidung nach Bohrungsarten
83
neu zu
verfüllende
Bohrungen
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– Fließquerschnittdimensionierung
– Einbauten (z. B. Untertagesicherheitsventil)
– Injektion von Inhibitoren.
Verfüllte Bohrungen
Die Aufgabe, den Zustand bereits verfüllter Bohrungen zu beurteilen, ist in der Regel schwierig.
Die größte Herausforderung ist hierbei die Beschaffung repräsentativer Informationen. Information, die verfügbar ist, ist nicht notwendigerweise
repräsentativ für den aktuellen Zustand. Es ist einfach zu verlangen, dass alle in der Vergangenheit
verfüllten Bohrungen aufgebohrt und neu verfüllt
werden müssen, wie z. B. vorgeschrieben in Alberta, IEA (2007). Die Auswirkungen einer solchen
Regelung auf die Wirtschaftlichkeit von CO2-Projekten wären katastrophal. Für die meisten Projekte wäre eine solche Forderung das Aus. Der
Verweis auf die weitreichenden wirtschaftlichen
Konsequenzen kann und darf andererseits aber
nicht Freibrief sein, nichts zu tun.
Als Kompromiss wird in IEA (2007) vorgeschlagen,
für alle Bohrungen innerhalb des CO2-Speichergebietes eine gewichtete Risikobewertung durchzuführen. Abhängig vom Ergebnis wären Bohrungen
mit höherem Leckagerisiko zu sanieren. Für Bohrungen mit geringerem Risiko wäre ein Monitoring
um diese Bohrungen herum ausreichend. Für die
Umsetzung dieses Vorschlages, der grundsätzlich
unterstützt wird, sind weitere Diskussionen erforderlich, denn Risiko – definiert als die Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines negativen Ereignisses multipliziert mit dessen wahrscheinlichen Folgen – ist ein relativer Begriff. Für die Umsetzung dieses Vorschlages sind weitere Abstimmungen erforderlich.
Für eine Risikobewertung sollte die verfügbare
Bohrungsinformation strukturiert aufgenommen
und integriert werden. Die Bewertung des Risikos
sollte vorgenommen werden auf Basis eines umfassenden Verständnisses von
– Bohrungszustand zum Zeitpunkt der Verfüllung
– Art der Verfüllung
– Herstellungsverfahren der Bohrung
– Bohrungsgeometrie
– Historie der Bohrung
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– verwendeten Materialien (Werkstoffe
und Zemente)
– Geologie
unter besonderer Berücksichtigung der Korrosion
des Zementmantels der primären Zementation der
Bohrungsverrohrung.
Zu verfüllende Bohrungen
Bohrungsverfüllungen in (potenziellen) CO2-Injektionsgebieten sind mit der größten Sorgfalt zu planen und vorzunehmen. Am Anfang der Arbeiten
muss die Sichtung und Bewertung relevanter Bohrungsinformationen stehen. Relevante Bohrungsinformationen in diesem Zusammenhang sind
nach Ohio EPA (2005)
– Unterlagen über die Herstellung der Bohrung,
Reparaturen und Veränderungen
– Unterlagen über die Produktions-/Injektionshistorie und ggf. Auffälligkeiten
– Analysedaten für Formation und Fluide
– Aktueller Zustand der Bohrung.
8
Basierend auf den Bewertungsergebnissen sollten
detaillierte Planungen vorgenommen werden für
die Vorbereitung der Bohrung zur Verfüllung, Auswahl des Verfüllungsmaterials, seine Platzierung
und das begleitende Monitoring der Verfüllung.
Hierbei sind die Auflagen der Bergbehörde zu beachten. Für eine strukturierte Durchführung wird
empfohlen, die aufgenommene Information für
eine Bewertung zu integrieren. Für die Verfüllung
muss Material eingesetzt werden, dessen Widerstandsfähigkeit gegenüber CO2-Korrosion durch
Langzeitversuche nachgewiesen ist. Für die Zwischenräume zwischen den Zementstopfen ist das
Einbringen von Dickspülungen zu erwägen, die
über CO2-resistente Feststoffanteile verfügen und
zu einem möglichst kompakten Festkörper aussedimentieren (Wittke 1991-3, 1991-6). Für die
Auslegung ist die Nutzung eines risikobasierten
Verfahrens, wie in Jammes (2007) dokumentiert,
zu erwägen.
In Bohrungsabschnitten mit fraglicher Zementintegrität sind ein Ziehen/Fräsen der Rohre oder
die Bohrlochunterschneidung und eine Zementstopfen-Platzierung zwischen den Bohrlochwänden eine überlegenswerte Alternative. In Boh84
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rungen, in denen über dem Zielhorizont plastische
Salze und/oder Tone angetroffen wurden, sollte
die Aktivierung einer natürlichen Barriere überlegt
werden. Durch Fräsen des Casings und Unterschneiden des Bohrloches in den Bereichen, in
denen plastisches Salz oder Ton angetroffen wurde, würden die Voraussetzungen geschaffen, das
Salz oder Ton in das Bohrloch kriechen zu lassen
und so eine natürliche Barriere zu schaffen. Die
Möglichkeiten einer solchen Barrierebildung werden zurzeit an der TU Clausthal untersucht. Es versteht sich von selbst, dass Planung und Ausführung der Verfüllung angemessen zu dokumentieren und zu archivieren sind, damit sie jederzeit
zugänglich sind.
Fazit
Für die CO2-Speicherung kommen poröse und
permeable Schichten im geologischen Untergrund
Norddeutschlands in Frage. Dieser ist durch die
Erdöl- und Erdgasindustrie bereits umfänglich exploriert worden (> 22000 Tiefbohrungen). Es gibt
kaum ein Gebiet, in dem es keine Tiefbohrungen
gibt. Die Beurteilung der Dichtigkeit dieser bereits
existierenden und zum großen Teil verfüllten Tiefbohrungen stellt die größte Herausforderung dar.
Bei der Beurteilung dieser Bohrungen spielen
Selbstheilungseffekte eine große Rolle, z. B. Sedimentationsprozesse, Setzungsprozesse der Formation, Salzkriechen, aber auch die Mineralneubildung in Zementrissen unter dem Einfluss von
CO2, wie in der Bauindustrie beobachtet. Diese Effekte werden nicht ausreichend verstanden und
müssen weiter erforscht werden. Zum Teil geschieht dies im Rahmen des nationalen Pilotprojekts CLEAN (CO2 Largescale EGR in the
Altmark Natural-gas field).
Für die Beurteilung der Integrität von Tiefbohrungen bietet sich eine Reihe von Verfahren
sowohl deterministischer als auch probabilistischer
Art an: Features-Events-Processes-Methodik, SAMCARDS, Nachweisführung Schacht Konrad,
Schlumberger-OXAND-Methodik. Im Rahmen des
Verbundvorhabens CLEAN soll ein transparentes,
praktikables Verfahren zur Feststellung und Bewertung aktueller und künftiger Bohrungsinte85
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grität entwickelt werden, das auch Selbstheilungseffekte berücksichtigt.
Der Wunsch nach besseren metallischen und nicht
metallischen Werkstoffen und Verfahren in der
Herstellung von Bohrungen ist natürlich richtig
und sollte mit Nachdruck weiterverfolgt werden.
Daneben sollten jedoch auch Untersuchungen
zum Verhalten der traditionellen, in der Vergangenheit eingesetzten Materialien durchgeführt
werden, wenn diese mit CO2 in Berührung kommen. Eigene Untersuchungen zeigen, dass das
Korrosionsverhalten des Zementes nicht nur durch
die Zementrezeptur bestimmt wird, sondern in
entscheidendem Maße auch durch die Vorbereitung der zu untersuchenden Laborproben, wie
z. B. die Aushärtung der Proben und das Milieu, in
dem die Aushärtung stattfindet, aber auch Druck
und Temperatur während der Versuchsdurchführung. Ein Vergleich und die Bewertung der in
der Literatur dokumentierten Ergebnisse mit nur
einer »Langzeitmessung« (90 Tage) werden dadurch erschwert, dass es keine Messstandards
gibt. Die Wertung der Langzeitmessung leidet
unter den wenig präzisen Angaben zu Zementrezeptur, Probenvorbereitung und Testbedingung. Die Abhängigkeiten der Zementkorrosion
sollten weiter untersucht und echte Langzeitmessungen vorgenommen werden.
Von den metallischen Werkstoffen ist bekannt,
dass eine Korrosion das Vorhandensein von Wasser voraussetzt. Für die Einstellung der Feuchte im
Injektionsstrom wäre ein belastbarer Grenzwert
für die kritische Feuchte wünschenswert. Ebenso
ist bekannt, dass selbst kleinste Verunreinigungen
im CO2 signifikanten Einfluss auf die Korrosionsrate haben können. Für die Optimierung der CO2Abtrennung ist ein besseres Verständnis dieser
Abhängigkeiten Voraussetzung. Für Speicherhorizonte mit überlagernden Salzschichten ist eine
inerte und impermeable Bohrungsverfüllung
durch Salzkriechen zum Bohrungsstopfen möglich, was im Rahmen des Projektes CLEAN untersucht wird. Für Horizonte ohne Salzschichten im
Hangenden sind andere Multibarriere-Konzepte
zu entwickeln und zu testen.
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»Es gibt keinen Eingriff in die Natur, der ohne Risiko ist – dies
gilt in besonderem Maße auch für die Nutzung des Untergrundes. Ein geeignetes Überwachungs-Konzept erlaubt es, die Risiken zu minimieren und damit die Sicherheit für Mensch und Umwelt zu erhöhen.«
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9. Monitoring, Überwachung zukünftiger
CO2-Speicher
Frank R. Schilling
Karlsruher Institut für Technologie – KIT
Es gibt keinen Eingriff in die Natur, der ohne Risiko
ist – dies gilt in besonderem Maße auch für die
Nutzung des Untergrundes; sei es zur Förderung
von Erdöl und Erdgas, bei Bauwerken im Untergrund, bei der Gewinnung geothermischer Energie oder bei geologischen Kohlendioxid-, Erdgasoder Druckluftspeichern. Ein geeignetes Überwachungskonzept erlaubt es aber, die Risiken zu
minimieren und damit die Sicherheit für Mensch
und Umwelt zu erhöhen.
Für den verantwortungsvollen Betrieb eines geologischen CO2-Speichers ist ein verlässliches Monitoring-Programm erforderlich, das jeweils an die
lokalen Gegebenheiten angepasst wird. Dafür stehen bereits heute hochentwickelte Technologien
zur Verfügung (DOE/NETL-Report 2009), die ständig optimiert werden. Zudem werden gezielt neue
Verfahren entwickelt, die nicht nur in der CO2Speicherung einsetzbar sind. Da die räumliche
Auflösung und spezifische Sensitivität einzelner
Systeme keine gesicherten Aussagen zulassen,
liegt der Schlüssel eines guten Monitoring-Konzepts in der Kombination verschiedener Ansätze.
Dazu sind neben detaillierten geologischen Vorauserkundungen und Modellsimulationen ein
fundiertes Prozessverständnis und geeignete Interventionsstrategien wichtige Voraussetzungen. Die
Sicherheit solcher Anlagen hängt aber auch von
den Personen ab, die den Speicher betreiben und
überwachen. Deshalb sind gut ausgebildete Spezialisten und ein unabhängiges Kontrollsystem unverzichtbar im Umgang mit der wertvollen und
nicht vermehrbaren Ressource Untergrund. Da das
Speicherrisiko nach Beendigung der CO2-Injektion
an den Staat übergeht, ist es selbstverständlich,
dass die Öffentlichkeit von Anfang an informiert
wird und Zugang zu Daten erhält. Ein offener
Datenzugang zu allen Beobachtungsdaten hilft,
die Sicherheit signifikant zu erhöhen.
Eine umfangreiche Risikobewertung und darauf
aufbauende Sicherheitskonzepte – Risk-Assessment
– sind für jede technische Installation in Deutschland vorgeschrieben. Für die gesamte Prozesskette, angefangen von der Planung über den Aufbau
und die Nutzung bis hin zum Abschluss der Arbeiten, müssen für jeden Schritt eine entsprechende Risikobewertung und ein geeigneter Gefahrenabwehrplan vorliegen. Das gilt selbstverständlich
auch für die Abscheidung, den Transport, die Injektion und langfristige Lagerung von CO2 im Untergrund und wurde am Standort Ketzin mit
einem multiplen, unabhängigen Risk-Assessment
und darauf aufbauenden Gefahrenabwehrplänen
beispielhaft umgesetzt (s. a. Kap. 10, S. 104 ff.).
9
Dieser Beitrag gibt einen Überblick über Möglichkeiten des geotechnischen Monitorings von CO2Speichern. Im Vordergrund stehen die wichtigsten
Prinzipien und Technologien, die zur Risikominimierung von Mensch und Umwelt eingesetzt werden können.
Im »European Trading System« ETS erhält das Gas
CO2 einen Wert. Dem Speicherbetreiber erwachsen daraus nur dann ökonomische Vorteile, wenn
er nachweist, dass das Gas langfristig und sicher
im Untergrund verbleibt. Dies stellt an SpeicherÜberwachung ganz neue Herausforderungen, die
in diesem Beitrag ebenfalls vorgestellt werden.
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Transport- und Injektionsmonitoring
Wichtig beim Transport und bei der Injektion von
CO2 sind die beiden Aspekte Sicherheit für
Mensch und Umwelt (Health Safety Environment,
HSE) und die Reduktion von CO2-Emissionen in
die Atmosphäre. Neben dem Transport mit LKWs
– die aufgrund der begrenzten Tonnagen vornehmlich bei Pilot- und Demoanlagen eingesetzt
werden – und mit dem Schiff wird zukünftig vermutlich die größte Menge CO2 über Pipelinesysteme transportiert werden. Für einen sicheren
Transport und die sichere Injektion müssen die
Qualität des CO2 bekannt sein sowie die Drücke,
Temperaturen und Injektionsraten sicher geregelt
werden können.
Chemische Zusammensetzung/Qualitätskontrolle
Die Gaszusammensetzung hat einen direkten Einfluss auf die Korrosion der Transport- und Injektionsanlagen, aber auch auf Fluid-Gesteinswechselwirkungen im Untergrund (s. a. Kap. 5, Seite 50
ff.). Deshalb ist eine genaue Kenntnis der Gaszusammensetzung eine wichtige Randbedingung
für einen sicheren Speicherbetrieb. In der Regel
sind die Zusammensetzungen des Mediums gut bekannt. Dennoch sollte die Gaszusammensetzung
regelmäßig – kontinuierlich oder stichprobenartig
– untersucht werden. Zur Qualitätssicherung eignen sich Standard- Gasanalyseverfahren wie z. B.
die Gasmassenspektroskopie. Da die Gaszusammensetzung für das ETS-System in Deutschland
von der Deutschen Emissionshandelsstelle (DEST)
ohnehin überwacht wird, kann dabei auf das bereits vorliegende »Know-how« der DEST zurückgegriffen werden.
Druckmessung
Beim Transport kann mit Druck- und Durchflussmessern die Dichtheit der Systeme überprüft werden. Die Überwachung kann dabei mit denselben
Methoden erfolgen, wie dies bei Erdgastransporten oder beim Transport technischer Gase Stand
der Technik ist. Starke Druckschwankungen müssen dabei vermieden werden. Um Drücke zu messen, werden Deformationen, die durch Druckänderungen verursacht werden, genutzt. Im Rahmen
des Hookeschen Gesetzes gilt, dass die Deformation
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proportional zur angelegten mechanischen Spannung (z. B. Druck) ist. Die Drucküberwachung
erfolgt u. a. durch mechanische Gasmanometer,
die als Zeigerinstrument aufgebaut sind. Hierbei
wird durch eine druckinduzierte Verformung einer
Membran oder Röhre ein Zeiger bewegt. Der
Druckwert kann bei diesen Druckmessern z. B.
durch Schleifkontakte an einem elektrischen
Widerstand abgegriffen und so als elektrisches
Signal weiterverarbeitet werden. Dehnungsmessstreifen können dazu verwendet werden, um in
einer elektronischen Brückenmessanordnung druckinduzierte mechanische Deformationen eines
Rohres in elektrische Signale umzuwandeln. Darüber hinaus können optische Bragg-Gitter genutzt verwendet werden, die druckinduzierten
Deformationen einer Glasprobe präzise zu bestimmen. Dabei wird die Änderung eines Interferenzmusters ausgewertet.
Temperaturmessung
Um den bohrlochnahen Bereich nicht durch thermische Spannungen zu schädigen bzw. thermische Belastungen zur gezielten Beeinflussung der
Injektivität zu nutzen, muss die Temperatur bei
der Injektion präzise gemessen und gesteuert
werden können. Zur Temperaturmessung werden
im Rahmen der CO2-Speicherung verschiedene
Verfahren eingesetzt. So kann die thermische
Ausdehnung verschiedener Substanzen genutzt
werden, um die Temperatur zu bestimmen. Dazu
können klassische Flüssigkeitsthermometer eingesetzt werden, aber auch temperaturinduzierte
Deformation optisch über Bragg-Gitter bestimmt
werden. Neben der thermischen Ausdehnung
werden auch Thermometer verwendet, bei denen
die Änderungen des elektrischen Widerstandes
(Widerstandsthermometer – z. B. Pt 100), die temperaturinduzierte Änderung des Fermi-Niveaus
(Thermoelemente) oder temperaturabhängige
Änderungen von Halbleitern (Thermistoren) genutzt werden. Die temperaturabhängige Änderung des Raman-Effekts wird in DTS-Glasfaserkabeln (Distributed Temperature Sensing) zur
Temperaturmessung genutzt. Die Temperaturmessung in DTS-Systemen basiert auf der Temperaturabhängigkeit der Raman-Verschiebung, die bei
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gepulsten Lasern über die Signallaufzeit einem Ort
zugeordnet werden kann.
Zur Überwachung von CO2-Pipelines bietet es sich
darüber hinaus an, die thermodynamischen Besonderheiten von CO2 auszunutzen. Aufgrund
des ausgeprägten Joule-Thomson-Effekts bei CO2
kommt es beim Austritt von CO2 durch die Expansionsarbeit bei der Druckreduktion zu einer deutlichen Abkühlung des Gases. Wird die Temperatur
mithilfe von DTS-Glasfaserkabeln (Distributed Temperature Sensing) ortsaufgelöst überwacht, können auch kleine Leckagen im System frühzeitig
erkannt und geeignete Interventionsmaßnahmen
eingeleitet werden.
Mengenbestimmung
Die Bestimmung der Durchflussmessungen ist für
eine sichere Injektion, für die Steuerung der
Injektionsanlage und für den Nachweis der eingelagerten CO2-Mengen eine Grundvoraussetzung.
Um eine ausreichende Genauigkeit bei der Bestimmung der Gasdurchflussmessungen zu erzielen,
werden meist indirekte Methoden zur Bestimmung
angewandt, die auf der Wärmekapazität (mit Ther-
Seite 90
mistoren), dem Dopplereffekt (mittels Ultraschallmessungen) oder auf der Corioliskraft beruhen.
Die letztere Methode wird z. Z. in Ketzin eingesetzt
um die Durchflussmengen zu bestimmen.
Reservoir-Monitoring
Bei der Überwachung von Reservoiren im Untergrund kann auf die jahrzehntelange Erfahrung und
ein großes »Know-how« der Energieindustrie im
Bereich Erdöl-/Erdgasförderung und -Speicherung
zurückgegriffen werden. Zur Lagerstättenkontrolle
eignen sich physikalische (DOE/NETL-Report 2009),
chemische und biologische Verfahren. Hinzu kommen Überwachungsmethoden aus dem Weltraum.
Natürliche Speicher sind direkt nur punktuell über
Bohrungen zugänglich. Ansonsten können nur
indirekte Abbildungsverfahren eingesetzt werden,
welche die Veränderungen verschiedener physikalischer und mechanischer Eigenschaften im Untergrund nutzen, um die dort ablaufenden Prozesse
mehrdimensional abzubilden. Aus dem bekannten
Portfolio können geeignete Monitoring-Verfahren
gewählt oder auch zusätzliche Methoden entwikkelt und eingesetzt werden.
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Abb. 31: Bohrloch-Kopf – Beispiel CO2SINK in Ketzin
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Um eine langfristig sichere Verwahrung des CO2
im Untergrund sicherzustellen, müssen der Speicher
während des gesamten Injektionsbetriebes überwacht und die Prozesse im Untergrund untersucht
werden. Mithilfe des Reservoir-Monitorings werden die Injektionsparameter so angepasst, dass
Schädigungen im Deckgestein-Reservoir-System
vermieden werden und eine optimale Füllung des
Porenraumes gewährleistet wird. Auch nach
Abschluss der Injektionsphase muss der Speicher
weiter beobachtet und mit einem öffentlich zugänglichen, intelligenten Langzeit-Monitoring überwacht werden. Letzteres erscheint vor dem Hintergrund bedeutsam, dass nach vorliegender EURichtlinie die Verantwortung für die Speicher langfristig an den Staat – und damit an die Allgemeinheit – übergehen soll. Ein transparenter Datenzugang kann helfen, die Sicherheit zu erhöhen.
Vor Injektionsbeginn
Vor Beginn der Injektion sollte – so weit wie möglich – für jedes Monitoring-Verfahren eine Basislinie bestimmt werden (Förster et al. 2006). Damit
wird eine Bezugsgröße und Grundlage für die
nachfolgenden Untersuchungen geschaffen. Wird
bei einzelnen Verfahren z. B. eine jährliche Variation erwartet, sollten Basislinienmessungen auch
mindestens für den Zeitraum eines Jahres durchgeführt werden. Dies gilt zum Beispiel für oberflä-
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chennahe chemische und biologische Untersuchungen, aber auch für geophysikalische Messungen an der Oberfläche, wenn diese z. B. eine
erhebliche Temperaturabhängigkeit besitzen bzw.
stark mit der Lage des Grundwasserspiegels oder
der Bodenfeuchte variieren.
Um die Sicherheit von Bohrungen nachweisen zu
können, sind umfangreiche, in der Kohlenwasserstoffindustrie genutzte Verfahren notwendig (Environmental Protection Agency 1998). Dazu werden vor dem Einbringen und nach Einbau der Verrohrung mit speziellen Bohrlochmessgeräten (Logging-Werkzeuge) verschiedene Eigenschaften bestimmt (Prevedel et al. 2009), die später auch bei
Wiederholungsmessungen wichtige Informationen zur Bohrloch-Stabilität und -Sicherheit liefern.
Die Sensoren werden in der Regel an einem Kabel
in das Bohrloch gebracht (Wire-Line-Logging) und
die Messungen in einem am Logging-Werkzeug
befindlichen Datenspeicher gesichert bzw. die
Signale über ein Messkabel an die Oberfläche
übertragen. Ziel der Loggingverfahren ist es, aus
der Messung elektrischer, akustischer, elektromagnetischer, radioaktiver und weiterer Eigenschaften
möglichst viele Informationen über die geologischen, mineralogischen und physikalisch-chemischen Eigenschaften der Gesteine und Porenfluide
zu gewinnen (Erzinger et al. 2006). Erst durch eine
kombinierte Auswertung der Methoden kommt
Abb. 32: Jährliche Variation der natürlichen CO2-Emisionen aus dem Boden (grüne Punkte).
Die Temperatur ist als blaue Linie dargestellt. Die jährliche Variation der CO2-Emissionen kann auf
Temperaturänderungen zurückgeführt werden. (Projekt CO2SINK – M. Zimmer pers. Mitteilung,
GFZ-Potsdam)
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es zu einer petrophysikalisch aussagekräftigen Interpretation der Beobachtungen zu Porosität, Permeabilität, Gesteinszusammensetzung, elastischem Verhalten, Deformationseigenschaften,
Wassersättigung etc. Das Logging bildet eine
wesentliche Grundlage für einen nachhaltigen
Speicherbetrieb. Folgende Loggingverfahren können im Rahmen der geologischen CO2-Lagerung
eingesetzt werden:
Lage des Wasserpegels:
Über Widerstandsänderungen kann mit einem Lot
die Lage des Wasserstandes in der Bohrung bestimmt werden. (In Luft hoher Widerstand, im
Wasser geringerer Widerstand).
Bohrlochdimensionen:
Mit einem Kaliberlog wird der Querschnitt der
Bohrung als Funktion der Tiefe abgebildet. Dazu
wird mechanisch die Bohrlochwand abgetastet
und neben der Tiefe auch die Orientierung des
Werkzeuges aufgezeichnet. Damit können Ausbrüche im Bohrloch, aber auch Bereiche mit hoher
Deformationsrate abgebildet werden.
Elektrischer Widerstand – Resistivity Logs:
Die elektrische Leitfähigkeit im Bohrloch wird über
meist vielpolige Widerstandsmessungen in Gleichund Wechselstromverfahren erfasst. Die Widerstandsmessung des Fluids im Bohrloch gibt u. a.
Auskunft über den Salzgehalt der angetroffenen
Fluide. Damit lassen sich z. B. technische Fluide
des Bohrprozesses von Formationsfluiden unterscheiden. Das elektrische Widerstandsverhalten
der Gesteine kann über die Verteilung von Fluiden
im Porenraum Auskunft geben und ist sensitiv auf
kleine Risse im Gestein, die durch Fluide vernetzt
sind (diese Beobachtungen sind komplementär zu
den Informationen über die elastischen und radioaktiven Eigenschaften).
Elastische Eigenschaften – Sonic Logs:
Über Schallmessungen (meist im Ultraschallbereich) können die elastischen Eigenschaften des
bohrlochnahen Bereiches untersucht und damit
auch die Qualität der Zementation der Verrohrung überprüft werden. Die elastischen Eigen-
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schaften sind materialspezifisch und geben darüber hinaus Informationen über Porositäten in
Gesteinen und im Zement (diese Beobachtungen
sind komplementär zu den Informationen aus
Resistivity- und γ-Log).
Radioaktive Eigenschaften:
Sowohl die natürliche Radioaktivität als auch
durch radioaktive Quellen angeregte Sekundärstrahlung liefern wichtige Hinweise über den Porenraum und die Gesteinszusammensetzung der
umgebenden Gesteine.
Magnetische Eigenschaften:
Die magnetischen Eigenschaften geben Auskunft
über den Mineralbestand und die Orientierung
verschiedener Gesteinsschichten. Darüber hinaus
können unter günstigen Bedingungen über die
charakteristische Magnetisierung Altersinformationen der Gesteine gewonnen werden.
Mud-Logging:
Neben der elektrischen Leitfähigkeit werden hier
meist die Temperatur und der Druck simultan aufgezeichnet. Daraus können die Zusammensetzung des Bohrloch-Fluids abgeschätzt und Druck
und Temperatur im Reservoir bestimmt werden.
Zusätzlich können Gasproben während des Bohrens entnommen und damit die Gaszusammensetzung im Fluid bestimmt werden.
9
NMR-Logs:
Mithilfe der Nuklearen Magnetischen Resonanz
(NMR) werden Wechselwirkungen von hochfrequenten elektromagnetischen Wellen mit Wasserstoffatomen ausgewertet. Diese erlauben eine
Charakterisierung des Porenraumes und der Grenzflächeneigenschaften zwischen Fluid und Gestein.
Gesteinsfestigkeit, Spannungsfeld:
Um die Gesteinsfestigkeit im natürlichen Spannungsfeld zu bestimmen, können Bereiche des
Abdeckgebirges hydraulisch getrennt werden
(mittels zweier Packer) und der Druck in diesem
Bereich bis zum Frac-Druck (bei dem das Gestein
lokal aufbricht) erhöht werden. Um das Abdeckgebirge nicht zu sehr zu belasten, kann dabei
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auch der Druck getestet werden, der später (inkl.
Sicherheitsmarge) im Speicher maximal auftreten
kann, ohne das Gestein zu zerstören.
Fluid-Proben:
Zur geochemischen, mineralogischen und mikrobiologischen Bestimmung der Fluidzusammensetzung können in der Tiefe Proben genommen werden. Dazu können Durchflussprobennehmer (die
durchströmt werden und dann eine Probe sicher
einschließen) und Autoklaven (die das Probenmaterial unter Fluiddruckbedingungen an die Erdoberfläche bringen) eingesetzt werden. Mit einem
doppelten Rohr, welches im untersten Bereich
über ein Ventil U-förmig verbunden ist (sog. Utube), können Fluidproben an die Oberfläche »gepumpt« werden. Wird im Rohr der Druck reduziert, fließt über das Ventil Flüssigkeit in das
Doppelrohr. Anschließend wird N2 oder Ar-Gas in
das eine Rohr gepresst und dadurch die Fluidprobe im anderen Rohr nach oben gedrückt. Die so
gewonnenen Proben können anschließend analysiert werden.
Seite 93
Gas-Proben:
Wird anstelle des Ventils in einer U-Tube eine semipermeable Membran (welche nur Gase, aber
keine Flüssigkeiten durchlässt) angebracht, gelangt durch die Membran Gas in das Rohr, welches permanent mit Ar gespült wird. Mit einem
Gas-Membran-Sensor (GMS) kann mit einer hohen zeitlichen Auflösung die Gaszusammensetzung bestimmt werden.
Gesteinsproben:
Während des Bohrens können mit speziellen Bohrmeißeln Bohrkerne geborgen werden.
Injektionsphase
Während der Injektionsphase besteht das höchste
Risiko eines ungewollten Entweichens von CO2 in
die Atmosphäre, da während der Injektionsphase
die höchsten Drücke (insbesondere im bohrlochnahen Bereich) auftreten. Um mögliche Undichtheiten frühzeitig erkennen zu können, müssen
insbesondere der bohrlochnahe Bereich und geologische Störungszonen überwacht werden. Da-
Abb. 33: Logging-Tools des
ICDP am GFZ-Potsdam
(www.gfz-potsdam.de)
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rüber hinaus müssen die Beobachtungen mit
den numerischen Simulationen verglichen und
die Reservoirmodelle an die Beobachtungen
angepasst werden – »history matching« (s. a.
Kapitel 7, Seite 66 ff.).
Seismik
Mithilfe seismischer Wellen lässt sich der Untergrund, ähnlich einer Ultraschalluntersuchung, abbilden. Im Gegensatz zur medizinischen Ultraschalluntersuchung werden in der Seismik elastische Wellen mit großen Wellenlängen verwendet,
da die kurzwelligen Ultraschallwellen im Gestein
zu stark absorbiert werden. Die Auflösung der
Seismik hängt vom angewendeten Verfahren und
der Wellenlänge der seismischen Wellen ab. Neben den Primärwellen, die sich wie Schallwellen in
der Luft ausbreiten, werden dabei in Festkörpern
auch Scherwellen und Oberflächenwellen beobachtet. Die Abbildungsverfahren beruhen auf der
Beobachtung von Änderungen der Schallgeschwindigkeit sowie Diffraktions-, Absorptions- oder Refraktionsprozessen. Wird im Untergrund das Wasser im Porenraum der Gesteine durch CO2 ersetzt,
Seite 94
ändern sich Schallgeschwindigkeit und Dichte.
Dies führt auch zu Änderungen der Diffraktions-,
Absorptions- und Refraktionsprozesse, die zur
Detektion der räumlichen Ausbreitung von CO2
im Untergrund genutzt werden können (Juhlin et
al. 2007). Mithilfe seismischer Verfahren lassen
sich Strukturen sehr genau abbilden. Feine Strukturen lassen sich jedoch nur sehr schwer – wenn
überhaupt – identifizieren. Viele Verfahren erlauben es, horizontale Strukturen sehr präzise aufzulösen, während vertikal stehende Strukturen oft
nicht oder nur eingeschränkt abgebildet werden.
Mithilfe verschiedener Methoden, die ein zweioder dreidimensionales Abbild des Untergrundes
erlauben, können die seismischen Verfahren
– von der Oberfläche aus (aktive und passive
Methoden),
– zwischen Bohrlöchern (z. B. Cross-Hole-Methode oder passive Methoden) und
– von der Oberfläche ins Bohrloch hinein (aktive
Methoden)
eingesetzt werden (Giese et al. 2009).
Bei aktiven Verfahren werden durch kleine Spren-
9
Abb. 34: 3-D-seismische Untersuchungen des größten europäischen CO2-Speichers (Sleipner-Feld vor Norwegen –
www.statoilhydro.com). Pro Jahr werden hier ca. 1 Mio. Tonnen CO2 gespeichert. Bereiche mit starkem Farbkontrast
zeigen den Bereich, an welchem CO2 im Porenraum nachgewiesen werden kann.
94
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gungen, Fallgewichte oder Vibratoren Schallwellen
erzeugt, die den Untergrund durchdringen. Dabei
kann das Wellensignal flächenhaft (3-D-Seismik)
oder entlang von Linien (2-D-Seismik) angeregt
und aufgezeichnet werden. Werden 3-D-seismische Experimente wiederholt, kann aus dem zeitlichen Versatz die Ausbreitung von CO2 im
Untergrund verfolgt werden (Abb. 32). Bei 3-Dseismischen Verfahren wird ein möglichst engmaschiges Netz über dem Untersuchungsgebiet ausgelegt. Werden entlang von Linien seismische
Untersuchungen durchgeführt, erhält man einen
zweidimensionalen Schnitt durch den Untergrund.
Diese Verfahren sind wesentlich günstiger als eine
komplette 3-D-Seismik. Werden mehrere 2-D-seismische Experimente sternförmig ausgelegt, erhält
man eine kostengünstige Pseudo 3-D-Seismik.
Durch Wiederholungsmessungen kann hier auch
die Ausbreitung von CO2 im Untergrund betrachtet werden.
Bei passiven Verfahren werden Schallwellen für
die Experimente genutzt, die nicht für das Experiment angeregt wurden. Dabei kann es sich um die
Nutzung von Erdbebenwellen, durch Menschen verursachten »Lärm« (z. B. Fahrzeuge in der Stadt)
oder natürliche Geräuschquellen (z. B. Gezeitenströmungen) handeln. Neben den klassischen Abbildern der Seismologie kann auch die Veränderung des Frequenzspektrums (des Rauschens) als
Information genutzt werden. Verfahren die das
»Seismische Rauschen« nutzen, befinden sich momentan noch in einer Test- und Entwicklungsphase. Passive Experimente sind hervorragend geeignet, die Reaktivierung von Störungen zu detektieren und abhängig vom Untergrund die Ausbreitung des CO2 und die vorauseilende Druckwelle
zu verfolgen.
Zwischen zwei Bohrungen können aktive seismische Untersuchungen direkt im Bereich des Reservoirs durchgeführt werden (Cross-Hole-Messungen). Die darüber liegenden Gesteinsschichten
haben einen geringen Einfluss auf die Beobachtung. In der Regel kann so nur eine 2-D-Seismik
durchgeführt werden. Oberflächenmessungen
müssen zwar durch die darüber liegenden Ge-
95
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steinsschichten »blicken«, erlauben aber die Untersuchung größerer Bereiche – in 2-D, Pseudo-3D und 3-D.
Vertical Seismic Profiling (VSP) versucht die Vorteile von Oberflächenexperimenten und CrossHole-Seismik zu kombinieren. Eine Quelle regt an
der Oberfläche seismische Wellen an (bei Oberflächenanregung kann mehr Energie in den
Boden gebracht werden, als dies bei einer Anregung im Bohrloch möglich ist). Durch Variation
der Tiefe (im Bohrloch) der Seismometer(-ketten)
wird ein Schnitt durch das Gebirge erzeugt. Wird
von verschiedenen Richtungen bezogen auf das
Bohrloch eine seismische Welle angeregt, kann
eine 3-D-Auswertung erfolgen.
Moving Source Profiling (MSP) ist mit dem VSP
verwandt. Hier wird jedoch die Quelle an der
Oberfläche bewegt und die Beobachtung mit
einer Seismometer-Kette im Bohrloch erfolgt an
derselben Stelle. Hier kann durch eine sternförmige Anordnung der MSP-Linien an der Oberfläche eine 3-D-Seismik im bohrlochnahen Bereich erhalten werden.
Geoelektrik:
Das größte bekannte Speicherpotenzial besitzen
nach heutigem Kenntnisstand, tiefliegende Sandsteine, bei denen der Porenraum mit Salzwasser
gefüllt ist, sogenannte salinare Aquifere (s. a. Kap.
3, Seite 28 ff.). Die Gesteinsmatrix kann annäherungsweise als Isolator gelten, das im Porenraum
vernetzte Salzwasser stellt dagegen einen guten
elektrischen Leiter dar. Wird im Porenraum der
gute Leiter durch den schlechten Leiter CO2
ersetzt, ändert sich der elektrische Widerstand signifikant. Diese Änderung kann zur Beobachtung
der Ausbreitung des CO2 genutzt werden (Christensen et al. 2006). Meist erlauben geoelektrische
Verfahren eine sehr sensitive Beobachtung von
Änderungen im Untergrund, die genaue Leitfähigkeitsverteilung im Untergrund ist dagegen meist
schlechter aufzulösen (Ramirez et al. 2006).
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Wird aktiv mit einer Stromquelle Strom in den
Boden eingebracht, spricht man von aktiver Geoelektrik. Spannungsänderungen werden meist
mit Elektrodenarrays beobachtet. Man spricht in
diesem Fall von einer Elektrischen WiderstandsTomographie (ERT – Electrical Resisitvity Tomography). Dies kann von der Oberfläche zur Oberfläche, zwischen Bohrlöchern und zwischen
Oberfläche und Bohrloch geschehen. Die Elektroden können permanent in Bohrungen installiert oder als »Logging-Tools« zeitweise in ein
Bohrloch eingebracht werden. Geoelektrische
Verfahren können bei dauerhafter Installation
auch als Permanent-Monitoring betrieben werden. Die Anregung kann mit Gleichstrom oder
Wechselstrom erfolgen.
Bei passiven geoelektrischen Verfahren wird das
natürliche elektromagnetische Wechselfeld genutzt, welches über Induktion Ströme im Untergrund indiziert, welche von Oberflächendetektoren beobachtet werden können. Zusätzliche
Elektroden können auch in den Untergrund eingebracht werden, um die räumliche Auflösung
des Verfahrens weiter zu erhöhen. Die Auflösung
der passiven Verfahren hängt stark von der
Messdauer und der Stationsdichte der Magnetotellurik-Stationen ab.
Temperaturmessung:
Temperaturmessungen können dazu verwendet
werden, die Fließbewegungen im Untergrund zu
beobachten (Freifeld et al. 2009). Durch den starken Joule-Thomson-Effekt eignen sich Temperaturmessungen auch zur Detektion von Leckagen
entlang der Bohrungen. Temperaturmessungen
geben Hinweise zum Aggregatzustand des CO2
im Bohrloch und bohrlochnahen Bereich und können auch zur Qualitätssicherung der Zementation
von Bohrungen eingesetzt werden.
Druckmessung:
Der Reservoir-Druck ist eine entscheidende Größe,
um eine sichere CO2-Speicherung zu gewährleisten. Neben Reservoir-Druckmessungen direkt im
Injektionsbereich helfen zusätzliche Druckmessungen in Beobachtungsbohrungen, die hydrauli-
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schen Bedingungen im Untergrund besser zu verstehen. Zusätzliche Druckmessungen in darüber
liegenden Aquiferen ermöglichen es, hydraulische
Verbindungen zwischen verschiedenen Bereichen
im Untergrund zu beobachten und dabei mögliche Leckage-Pfade rechtzeitig zu detektieren. So
können frühzeitig Bereiche identifiziert werden,
durch die es zur Versalzung von Grundwasser
kommen könnte.
Schweremessung:
Wird im Porenraum Wasser mit einer Dichte von
ca. 1 g/cm³ durch ein CO2-Fluid mit deutlich geringerer Dichte (0,3 - 0,8 g/cm³) ersetzt, ändert sich
die Dichte des Gesamtkomplexes Gestein-Fluid im
Untergrund und damit die lokale Schwere. Je nach
Größe der Speicher können diese vom Boden,
Flugzeug oder Satelliten aus beobachtet werden.
Aus den hydraulischen Modellen können Dichteverteilungen im Untergrund abgeleitet und mit
den Schwerebeobachtungen verglichen werden.
Umgekehrt können aber auch die Schweremessungen als Eingangsparameter von Reservoirmodellen verwendet werden, um diese zu kalibrieren.
Bei der Schweremessung werden Boden-gestützte
Verfahren von Weltraum-gestützten Verfahren unterschieden.
9
Deformationsmessung:
Durch die Injektion von CO2 in den Untergrund
kommt es zu Deformationen – im Wesentlichen
Hebungen – im Bereich des Reservoirs. Die Deformationen und Hebungen können über FiniteElement-Berechnungen vorhergesagt werden.
Dazu werden Gesteinskenngrößen, wie Elastizitätsmodul oder Gesteinsfestigkeitswerte, benötigt. Zusätzlich sind die Druckentwicklung im
Reservoir und die räumliche Anordnung der geologischen Strukturen für die Modellierung und
Interpretation von Deformationsmessungen notwendig (s. a. Kap. 7, Seite 66 ff.). Dabei müssen
elastische, plastische und kataklastische (bruchhafte) Deformationen berücksichtigt werden. In
einem geregelten Speicherbetrieb muss eine
bruchhafte Deformation des Deckgebirges verhindert werden. Ein Deformations-Monitoring kann
die Qualität der verwendeten Modelle überprüfen
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und kritische Prozesse, wie spontane Deformationen, identifizieren helfen. Sie liefern dadurch
einen wesentlichen Beitrag zur Speichersicherheit.
Um die natürliche Deformation von der anthropogen induzierten Deformation unterscheiden zu
können, werden beim Deformations-Monitoring
Basislinienmessungen benötigt, die über einen
ausreichend – abhängig von der geotektonischen
Situation – langen Zeitraum vor Injektionsbeginn
durchgeführt werden müssen.
Deformationen lassen sich in situ beobachten,
wenn in das Gestein Deformationssonden eingebaut werden. Über Deformationsmessungen – z. B.
optische Verfahren oder Dehnungsmessstreifen –
lassen sich die Deformationen automatisiert aufzeichnen. Ein solches strukturintegriertes Monitoring erlaubt die Einbindung der Messungen in
ein Echtzeitüberwachungssystem, um bei kritischen Beobachtungen automatisiert Alarm geben
zu können. Mit klassischen Vermessungsmethoden können durch regelmäßige Wiederholungsmessungen Deformationen in großen Gebieten
beobachtet und der zeitliche Verlauf abgebildet
werden. Auch GPS- Signale eignen sich, um die
Deformationen in einem Gebiet zu bestimmen.
Ein GPS-Monitoring kann permanent installiert
oder über Wiederholungsmesskampagnen durchgeführt werden. Satelliten – gestützte Verfahren –
meist Radarinterferometrie – eignen sich besonders gut, um großräumige Veränderungen zu
kartieren.
Mikrobiologische Messungen:
Durch das Einbringen großer CO2-Mengen in das
Reservoir kommt es zu geochemischen und mikrobiologischen Reaktionen. Diese können zu technischen Problemen bei der Injektion (Verstopfung
von Filtern oder Porenraum durch anorganische
oder organische Mineralausfällungen) oder auch
zu Lösungs- bzw. Fällungsprozessen im Gestein
und Formationswasser (Karbonatauflösung, Karbonatausfällung, Lösung von CO2 im Formationswasser) führen. Welche Reaktionen ablaufen,
hängt dabei von den physiko-chemischen Randbedingungen ab, insbesondere von der Geochemie der Fluide und der Mineralogie der Gesteine.
97
Seite 97
Einige der Reaktionen sind gewünscht (Ausfällung
von Karbonaten), andere sollten möglichst vermieden werden (z. B. Auflösung karbonatischer
Deckgebirge). Eine genaue Überwachung der biologischen und geochemischen Prozesse im
Untergrund ist deshalb unabdingbare Voraussetzung eines gewissenhaften Reservoir-Monitorings
(s. a. Kap. 6, Seite 58 ff.).
Erste Untersuchungen haben gezeigt, dass die
Änderung der Lichtabsorption durch Veränderung
der Chlorophyll-Konzentration in Pflanzen ein
möglicher Bioindikator für erhöhte CO2-Gehalte
in der Luft über einem Speicher sein könnte.
Geochemische und biologische Untersuchungen
im Grundwasser sollten alle CO2-Speicheraktivitäten begleiten (s. a. Kap. 6, S. 58 ff.). Je nach Mineralogie in der Umgebung der Grundwasserhorizonte können erhöhte CO2 Konzentrationen zu
einer Beeinflussung der mikrobiellen Aktivität und
zur Mobilisierung und Demobilisierung von gelösten Stoffen im Grundwasser führen.
Geochemische und biologische Verfahren werden
meist auf flüssige, feste oder gasförmige Proben
angewendet: Bodenluftmessungen, Fluidproben
aus Injektions- und Beobachtungsbohrungen, Untersuchungen an Böden und Gesteinsproben (Bohrkernen). Neben klassischen Untersuchungstechniken der Geochemie und Biologie werden verstärkt auch In-situ-Untersuchungsmethoden entwickelt, die eine direkte Beobachtung der Prozesse im Untergrund erlauben. Eine Veränderung
des optischen Verhaltens im Sensor, die auf einer
Wechselwirkung zwischen dem Formationsfluid
und/oder den darin enthaltenen Mikroorganismen
basiert, kann gemessen werden. Diese Änderungen können über optische Fasern von der
Oberfläche aus ausgewertet werden (z. B. pHMessungen, CO2-Konzentrationen, Biomarker).
Ende der Injektion
Nach Beendigung der Injektionsphase können alle
Monitoring-Verfahren, die für die Injektionsphase
angewendet wurden, weitergeführt werden. Werden der Speicher verschlossen und die Bohrungen
verfüllt, ist der Zugang zum Reservoir und den
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darüber liegenden Schichten nicht mehr gegeben.
Deshalb sollte mit der Verfüllung der Bohrungen
so lange gewartet werden, bis ausreichend Informationen zum Verhalten des Reservoirs und der
darüber liegenden Cap Rocks gesammelt sind.
Darüber hinaus sollten nicht alle Bohrungen sofort
verschlossen werden, sondern zumindest einige
Beobachtungsbohrungen – insbesondere die Beobachtungsbohrungen in dem über dem Reservoir
liegenden Aquifer – noch längere Zeit offen gehalten werden.
Beim Verschluss der Bohrungen – Abandonment –
wird die im Bohrloch installierte Sensorik meist zerstört. Deshalb ist beim Abandonment zu prüfen,
welche Sensorik beim Verfüllen der Bohrung mit
eingebaut werden soll, um auch nach dem Bohrlochverschluss ausreichend Informationen über die
kritischen Parameter im Untergrund und im reservoirnahen Bereich zur Verfügung zu haben. Dabei
sollte berücksichtigt werden, dass tief eingebaute
Sensorik als Schwachstelle im Abandonment zu
einem erhöhten Leckagerisiko führen kann.
Bei gewöhnlichen Energiespeichern werden die
Reservoire und Kavernen nach Beendigung der
Speicherung geleert. Bei der CO2-Lagerung hingegen muss der Speicher unter Druck verschlossen
und die Dichtigkeit des Speichers langfristig nachgewiesen und überwacht werden, um das Risiko
für Mensch, Umwelt und Klima so gering wie
möglich zu halten. Der Abschluss eines Speichers
unter Druck ist in der Öl- und Gasindustrie bei Bohrlochproblemen bereits gängige Praxis. Ein LangzeitMonitoring ist dabei auch möglich. Um aber eine
effektive, halb- bzw. vollautomatische Überwachung sicherzustellen, sind weitere F&E-Anstrengungen erforderlich. Deutschland besitzt bereits
heute eine ausgewiesene Expertise in diesem Bereich, die es für die Zukunft auszubauen gilt.
Langzeit-Monitoring
Auch wenn das Risiko der Speicherung nach Beendigung des Speicherbetriebes normalerweise zurückgeht, ist eine langfristige Überwachung und
Beobachtung notwendig. Auch hier können prinzipiell alle Monitoring-Verfahren, die für die Injektionsphase angewendet wurden, weitergeführt
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werden. Um kosteneffizient zu sein, sollte sich das
Langzeit-Monitoring auf kritische Parameter fokussieren. Welche Parameter im Einzelfall besonders
sensitiv sind bzw. aus sicherheitstechnischen Überlegungen heraus weiter gemessen werden sollen,
ergibt sich aus der Erfahrung, die während des
Speicherbetriebes gesammelt wurde.
Für eine langfristige regionale bzw. globale Überwachung geologischer CO2-Speicher eignen sich
in erster Linie Satelliten-gestützte Verfahren. Sie
können ein weltweit vergleichbares Langzeit-Monitoring sicherstellen. Dies scheint gerade vor dem
Hintergrund des geplanten CO2-Zertifikate-Handels unerlässlich. Spezielle Satellitenmissionen, die
mit Hyperspektral-Spektrometern, hochpräzisen
Gravimetern und/oder Radarinterferometern ausgestattet sind, bieten sich an. Auch wenn heute
bereits eine Vielzahl von Technologien zur Verfügung steht, werden auch in Zukunft weitere, echtzeitfähige Monitoring-Verfahren entwickelt, getestet und eingesetzt, um die Prozesse im Untergrund besser zu verstehen.
9
Ein exemplarisches Monitoring-Konzept
Für jede Speicherlokation muss das Monitoring
maßgeschneidert werden! Bei dem nachfolgend
beschriebenen »exemplarischen Monitoring-Konzept« handelt es sich um ein virtuelles Beispiel, anhand dessen die technologischen Möglichkeiten
und ihre Kombination diskutiert werden sollen. Es
dient lediglich der besseren Veranschaulichung!
Die Kürze der Abhandlung erlaubt nur einzelne
Themen anzureißen, nicht jedoch Details darzustellen. Der virtuelle Speicher ist durch folgende
Randbedingungen charakterisiert:
– Es wird von einem Multibarrieren-System ausgegangen.
– Ein salinarer Aquifer soll als Speicher genutzt
werden.
– Der Tiefenbereich des Reservoirs liegt zwischen 2000 und 2200 m (CO2 liegt dort als
überkritische Phase mit einer Dichte von ca.
0,7 g/cm³ vor).
– Es handelt sich um ein nichtverritztes Gebirge
(d. h., es existieren keine Altbohrungen bzw.
alter Bergbau).
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Vor Injektionsbeginn wurde eine groß angelegte
3-D-Untersuchung durchgeführt. Die Auswertung
zeigt, dass die Störungen in den abdeckenden
Gesteinen (Cap Rocks) einen Versatz haben, der
deutlich geringer ist als die Dicke der Cap-RockSchichten (Multibarrieren!). Bei den Bohrungen
wurden Bohrkerne gezogen und Untersuchungen
des Formationswassers durchgeführt. Die Reservoirgesteine haben eine Permeabilität von > 500
mDarcy und bestehen aus einem Sandstein, der
silikatisch gebunden ist. Die abdeckenden Schichten besitzen eine Permeabilität < 1 mDarcy. Sie
sind arm an Karbonaten. Störungen sind durch
Rekristallisationen »ausgeheilt«. Hydro-Frac-Experimente zeigen, dass die Gesteine beim vorliegenden Spannungsfeld einem zusätzlichen Druck von
bis zu 50 bar standhalten. Die Untersuchungen
zeigen, dass es sich um einen geeigneten Speicherort handelt, da keine kritischen chemischen
Reaktionen mit dem Deckgebirge zu erwarten
sind, ein Multibarrieren-System für eine erhöhte
Sicherheit sorgt, die Permeabilität der Speichergesteine für die Injektion ausreichend ist und die
Störungen vermutlich keine Wegsamkeit für CO2
darstellen. Das Reservoir-Gestein hat vereinzelt
feldspatreiche Linsen. An einer Stelle befindet sich
eine basische Vulkanitlage, dadurch kann langfristig ein Ausfällen von Karbonatmineralen (z. B.
Kalk, Siderit) erwartet werden. Diese Mineralreaktionen erhöhen die Sicherheit des Speichers. Der
Speicher liegt unter einem landwirtschaftlich genutzten Bereich mit mehreren landwirtschaftlichen
Betrieben. Welche Risiken sind nun zu betrachten,
und was muss das Monitoring leisten, um eine verlässliche Speicherkontrolle zu garantieren?
Folgende technische Installationen
sind notwendig:
(i) Um eine mögliche Reaktivierung einer Störung
beobachten zu können, ist in mehreren (!) Beobachtungsbohrungen eine passive Seismik permanent zu installieren. Damit kann ortsaufgelöst
der Ort möglicher Reaktivierungen von Störungszonen beobachtet werden.
Interventionsmaßnahme bei Beobachtungen von
kritischer Seismizität: Injektion stoppen – dadurch
fällt der Druck sofort ab; dann den Druck ggf.
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Seite 99
noch zusätzlich reduzieren (CO2 kontrolliert abblasen). In Zukunft muss der maximale Injektionsdruck dann außerdem deutlich (z. B. 10 %) unterhalb jenen Druckes gehalten werden, der bei der
Reaktivierung der Störung geherrscht hat.
(ii) Beobachtungsbohrungen zur Fluid-Probenahme in den ersten Aquifer oberhalb des Speichers
(ggf. zusätzlich Permanentsensorik – U-Tube, GMSSensor, optische Sensoren) und Monitoring von
geochemischen und biologischen Prozessen sowie
Druckmessungen. Sollten Druckänderungen in dieser Tiefe beobachtet werden, ist von einer hydraulischen Verbindung zwischen den Schichten auszugehen (entweder durch den Speichervorgang generiert oder schon immer vorhanden).
Interventionsmaßnahme bei kritischen Beobachtungen von unkontrollierten Druckvariationen im
Aquifer: Wird ein kritischer Wert überschritten,
sofort die Injektion stoppen – dadurch fällt der
Druck ab. Ggf. Druck reduzieren (CO2 kontrolliert
abblasen). In Zukunft muss der maximale Injektionsdruck deutlich (z. B. 10 %) unterhalb des Druckes gehalten werden, welcher zur hydraulischen
Verbindung geführt hat. Wird eine Leckage beobachtet, kann über gezielte Bohrungen und sogenannte »Schleierinjektionen« die Permeabilität
der Störung deutlich herabgesetzt werden. Dazu
müssen CO2-resistente Materialien eingesetzt werden. Momentan verwendet man dabei vor allem
organische Materialien, deren Langzeitstabilität in
der Gegenwart erhöhter CO2-Konzentrationen unbekannt ist. Schleierinjektionen bei CO2-Speichern
sind ein interessantes Forschungsthema.
(iii) Ist die Sprunghöhe der Störungen geringer als
die Dicke der Cap-Rock-Schichten, sind regelmäßige seismische Wiederholungsmessungen notwendig, mit denen auch die Ausdehnung der
CO2-Wolke im Untergrund (CO2-Plume) beobachtet werden kann. Sie ergeben automatisch ein
Bild über Änderungen der Sprunghöhe. In den
meisten Fällen erlaubt das oben beschriebene passive seismische Monitoring die Beobachtung einer
Reaktivierung von Störungen. Es sind aber, gerade
in idealen Cap-Rock-Gesteinen, die ein elasto-plastisches Deformationsverhalten zeigen, aseismische
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Deformationen im Cap Rock, insbesondere im Bereich von Störungen, möglich.
Interventionsmaßnahmen bei einer aseismischen
kritischen Veränderung sehen aus wie im vorherigen Absatz beschrieben.
(iv) Elektronische CO2-Gaswarngeräte werden,
wenn nötig, in Gebäuden installiert und mit
einem Alarmsystem verbunden (akustisch und
optisch mit Warnlicht). Über eine Funkverbindung wird die Warnung automatisch an ein
Leitsystem weitergeleitet. Ergebnis: erhöhte Sicherheit für die Bewohner – höher als ohne CO2Speicherbetrieb!
Interventionsmaßnahmen bei erhöhten CO2-Konzentrationen im Keller: Ventilation des Kellers,
Ursachenforschung (Gärprozess oder CO2 aus
dem Speicher – Gärprozesse sind der wahrscheinlichste Grund für die erhöhten CO2-Konzentrationen). Installation einer aktiven und passiven
Entlüftung, um zukünftig eine Erhöhung der
CO2-Konzentrationen zu verhindern. Ist eine
Wegsamkeit für CO2 aus dem Speicher an die
Oberfläche Grund der erhöhten CO2-Konzentration, können die unter (ii) beschriebenen
Interventionsmaßnahmen geprüft und eingesetzt werden.
Seite 100
ggf. stilllegen, sofern kritische Schwermetall-Konzentrationen beobachtet wurden. Werden erhöhte Werte festgestellt, muss zunächst Ursachenforschung betrieben werden, denn nicht nur der
Speicherbetrieb kann zu einer Veränderung im
Grundwasserbereich führen (es ist wesentlich
wahrscheinlicher, dass früher vergrabener Müll im
Boden oder eine unsachgemäß betriebene KFZWerkstatt zu den beobachteten Veränderungen
führen). Wird z. B. eine nahe gelegene Mülldeponie als Ursache ausgemacht, muss diese entsprechend gesichert und saniert werden. Auch die Klimaerwärmung der Erde könnte zu einer Erhöhung
der CO2-Konzentrationen im Grundwasser führen, da durch höhere Temperaturen auch die Bioaktivität erhöht wird (auch dieser Prozess ist wesentlich wahrscheinlicher als die Verunreinigung
durch den Speicherbetrieb). Klassische Bodensanierungsverfahren können eingesetzt werden,
wenn die Schwermetall-Konzentrationen im Grundwasser kritische Werte erreicht. Die zusätzliche –
regelmäßige – Überwachung des Grundwassers
führt zu einer erhöhten Sicherheit, da Umweltbeeinträchtigungen aus verschiedensten Quellen detektiert werden und geeignete Interventionsmaßnahmen schneller getroffen werden können.
(vi) Ähnlich wie bei der Aufklärung von Straftaten
mithilfe von Genanalysen lassen sich die Organismen im Grundwasser untersuchen. Mithilfe der
PCR-Analyse werden dabei die Biozönose über ein
»Fingerprint-Verfahren« bestimmt und Veränderungen der Lebensgemeinschaften im Untergrund
aufgezeichnet.
(vii) Zum Monitoring des CO2-Speichers werden
neben drei abgelenkten Injektionsbohrungen sieben Beobachtungsbohrungen in verschiedene
Tiefen abgeteuft. Drei Beobachtungsbohrungen
erreichen dabei den Speicher, während die anderen vier Bohrungen die Aquifere oberhalb des
untersten Cap Rocks erreichen (Abb. 35). In allen
Beobachtungsbohrungen können Fluid-Proben
genommen und Logging-Tools eingesetzt werden.
Die Qualität der technischen Installationen wird
mit Logging-Tools und Drucktests vor Injektionsbeginn überprüft.
Interventionsmaßnahmen bei signifikanter Abweichung vom geplanten Injektionsregime: Wird ein
Druck bei der Injektion erreicht, der oberhalb eines Schwellenwertes liegt (s. o.), wird die Injektion
sofort gestoppt.
Interventions-Sofortmaßnahme: Trinkwasserbrunnen in der Umgebung sofort untersuchen und
(viii) Außerhalb der Injektionsverrohrung (Injektionsstrings) wird ein DTS-Kabel montiert, um
(v) Regelmäßiges biologisches und geochemisches Monitoring von Fluidproben aus Brunnen.
Aus den Laborexperimenten zur Mobilisierung in
unserem hypothetischen Beispiel ist bekannt, dass
ein Metall (z. B. Zink) sich im Untersuchungsgebiet
besonders sensitiv auf eine Erhöhung der CO2Konzentration auswirkt. Dieses Element wird bei
der Überwachung als »Proxy« verwendet.
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Leckagen rechtzeitig beobachten zu können.
Interventionsmaßnahme bei kritischen Beobachtungen: Wird eine Leckage festgestellt, wird die
Injektion unterbrochen und der Injektionsstring
ersetzt. Handelt es sich um eine größere Leckage
außerhalb der Verrohrung, wird die Bohrung
saniert. Die Sanierung kann vom Einbau spezieller
Packer bis hin zum kompletten Verschluss der
Bohrung reichen (Abandonment).
(ix) Die Bohrkeller aller Bohrungen, die in den
Speicherhorizont reichen, werden mit automatischen CO2-Detektoren bestückt und mit der
Leitstelle verbunden.
Interventionsmaßnahme bei kritischen Beobachtungen: Wird eine erhöhte CO2-Konzentration
festgestellt, wird eine Ursachenforschung betrieben. Am Wahrscheinlichsten ist eine Leckage in
den oberirdischen Installationen, die dann durch
eine Sanierung der Bohrung behoben werden
muss. Kommt das CO2 aus dem Speicher, können
die unter (vii) beschriebenen Interventionsmaßnahmen ergriffen werden.
(x) Alle Bohrungen werden bei der letzten Rohrtour
mit einem Smart-Casing-Konzept außerhalb der
Verrohrung ausgestattet. Neben jeweils fünf
Elektroden werden in drei verschiedenen Tiefen
optische Seismometer eingebaut. Damit werden
ein passives seismisches Array aufgebaut, eine
Widerstandstomographie ermöglicht und Temperaturmessungen über die optischen Zuleitungskabel zu den Seismometern (DTS) möglich. In vier
Beobachtungsbohrungen werden zusätzlich Breitbandseismometer einzementiert (passives seismisches Netz – siehe i). Drei weitere Breitbandseismometer werden in Brunnen (ca. 50 m Tiefe) permanent eingebaut, um die Beeinflussung von Oberflächenlärm auf die Messung zu reduzieren. Die
Beobachtung der Ausbreitung des CO2 ist wichtig,
um die Reservoirmodellierungen zu überprüfen
und die Modelle an der Realität auszurichten.
Interventionsmaßnahmen: Wird eine Leckage in
der Bohrung detektiert, werden die unter (vii) beschriebenen Sanierungsmaßnahmen durchgeführt.
(xi) Die Kopfdrücke aller Beobachtungsbohrungen werden permanent überwacht. Werden Drücke
101
Seite 101
beobachtet, die nicht von den Modellen vorhergesagt wurden, wird ein Alarm ausgelöst
Interventionsmaßnahmen: Bei Alarm wird die Injektion gestoppt und die Ursache für die unerwartete Druckentwicklung gesucht. Ein Wiederanfahren des Speicherbetriebes kann erst nach erfolgreicher Ursachenforschung erfolgen (dies gilt
auch für alle Punkte, bei denen als Interventionsmaßnahme bei kritischen Beobachtungen der
sofortige Stopp der Injektion notwendig war).
(xii) Eine Bohrung ist in der Nähe einer Störung
abgeteuft worden. Dort werden Deformationsmesseinrichtungen eingebaut, um Gebirgsdeformationen in situ beobachten zu können.
Interventionsmaßnahmen: Wird eine Deformation
über einem aus der geomechanischen Modellierung bekannten Grenzwert beobachtet, wird die
Injektion sofort gestoppt. Weitere Interventionsmaßnahmen siehe unter (i).
(xiii) Mit Radarinterferometrie, klassischer Vermessung und GPS-basierten Beobachtungen wird die
Oberflächendeformation in halbjährlichem Rhythmus bestimmt. Die Beobachtungen werden mit
den Modellvorhersagen verglichen, die Modelle
entsprechend angepasst.
Interventionsmaßnahme bei kritischen Beobachtungen: Bei unerwartet starken Deformationen
(Grenzwert muss vorher festgelegt werden) wird
das Injektionsregime überprüft oder die Injektion
gestoppt.
Nach Ende der Injektion sollte das Monitoring-Programm noch für mindestens drei Jahre weitergeführt werden – und, je nach Abklingverhalten des
Druckes im Reservoir, weitergeführt werden. Nach
Beendigung der Injektion reduziert sich der Druck
im Reservoir. Die Sicherheit des Speichers nimmt
mit der Zeit zu. Sukzessive können die Intervalle
der Wiederholungsmessungen (3-D-Seismik, Geomechanisches Monitoring) verlängert werden.
Verhält sich das Reservoir erwartungsgemäß, können die bis ins Reservoir abgeteuften Bohrungen
mit einem speziellen Verschluss abgeschlossen
werden (Abandonment). Es wird 50 Meter der
Verrohrung im Cap Rock ausgefräst, ein drei
Meter dicker Salz-Plug gesetzt, darüber eine Zementation mit CO2-resistenteren Zementen (fein-
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körnige Füllermaterialien mit einer optimierten
Korngrößenverteilung als Salzzement eingebracht) durchgeführt. Wie ein optimales Abandonment für spezifische Situationen aussieht, ist
zur Zeit Gegenstand von FuE-Vorhaben.
(xiv) In die Zementation werden langzeitgeeignete Monitoringtechniken eingebaut (Widerstandsmessungen, DTS und TDR). Die einzementierten
Monitoring-Verfahren stellen ein erhöhtes Leckage-Risiko dar. Deshalb beginnen die Sensoren
ca. 15 m oberhalb der tiefsten Stelle der Zementation. Interventionsmaßnahmen bei Beobachtung
von Undichtigkeiten: Bei beobachteten Undichtigkeiten wird die Bohrung aufgearbeitet (aufgebohrt und neu verschlossen).
Seite 102
Langzeit-Monitoring:
Im Prinzip könnten alle Monitoring-Techniken
weitergeführt werden. Dies gilt insbesondere für
die CO2-Warngeräte in den Kellern, Deformationsmessungen mit Satelliten sowie die Untersuchungen der Grundwasserbrunnen. Nach Beendigung des Speicherbetriebes nimmt das Risiko, das von dem Speicher ausgehen könnte,
kontinuierlich ab.
Die Hauptrisiken für die Bevölkerung und die
Umwelt entstehen vermutlich durch Einflüsse, die
primär nicht mit dem Speicherbetrieb in Verbindung stehen (z. B. Beeinträchtigung des Grundwassers durch Mülldeponien oder Oberflächendeformationen durch Karsthöhlen). Das durch den
Speicherbetrieb aufgebaute Monitoring-Netz kann
dazu genutzt werden, sowohl die durch den
Speicherbetrieb hervorgerufenen Veränderungen
zu beobachten, als auch andere Risiken langfristig
zu verfolgen und die Sicherheit der Bevölkerung
insgesamt zu erhöhen.
9
Abb. 35: Brunnenbohrungen (nur eine ist dargestellt) erreichen den Grundwasser-Aquifer. Die Beobachtungsbohrung vom
Typ I reicht bis zu dem salinaren Aquifer, welcher sich direkt oberhalb des untersten Cap Rocks (III) befindet.
Beobachtungsbohrungen vom Typ II erreichen das Reservoir. Die Injektionsbohrung ist abgelenkt; im abgelenkten Bereich ist die
Bohrung perforiert. Durch die längere perforierte Strecke (verglichen mit einer Vertikalbohrung) kann eine höhere Injektionsrate
bei geringen Überdrücken realisiert werden.
Links:
Anordnung der Injektions- und Beobachtungsbohrungen.
Rechts: Schematischer Schnitt durch den Untergrund. Es handelt sich um ein Multibarrieren-System (mehrere Cap-RockSchichten, die durch salinare Aquifere getrennt sind). Die CO2-Verteilung im Untergrund ist blau dargestellt (CO2Plume).
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Seite 103
»Zur Validierung der Laborergebnisse und Erhebung verlässlicher Speicherdaten sind neben grundlagenorientierten Untersuchungen auch Feldversuche unter realistischen, d. h. natürlichen,
Speicherbedingungen notwendig.«
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10. Pilotprojekte zur CO2-Speicherung
in Deutschland
Zur Validierung der Laborergebnisse und Erhebung verlässlicher Speicherdaten sind neben den grundlagenorientierten, auf den Labormaßstab konzentrierten Untersuchungen auch Feldversuche unter realistischen, d. h. natürlichen, Speicherbedingungen notwendig.
CO2SINK – erstes europäisches Untertagelabor
zur geologischen Speicherung von CO2
Hilke Würdemann (1), Michael Kühn (1), Fabian Möller (1), Günter Borm (2), Frank R. Schilling (2)
und die CO2SINK-Group
(1) Helmholtz-Zentrum Potsdam Deutsches GeoForschungsZentrum – GFZ, Zentrum für CO2-Speicherung
(2) Karlsruher Institut für Technologie – KIT
Zusammenfassung
Mit dem EU-Projekt CO2SINK (CO2 Storage by
Injection into a Natural Saline Aquifer at Ketzin,
www.co2sink.org) als Nukleus entwickelte sich
das Untertagelabor in Ketzin zum ersten – und bisher einzigen – realisierten geologischen CO2-Speicherprojekt auf dem europäischen Festland. Ziel
des vom Deutschen GeoForschungsZentrum geleiteten Verbundvorhabens ist es, die gesamte Prozesskette von der Beantragung über die Genehmigung bis hin zur Realisierung abzubilden. Die Entwicklung von Verfahren zur kurz-, mittel- und langfristigen Überwachung von geologischen CO2Speichern steht im Mittelpunkt des Projektes. Der
Standort Ketzin, nur wenige Kilometer vor den
Toren Berlins, wurde so zu einem Anziehungspunkt für Forscher, Politiker und Interessierte aus
Deutschland, Europa und der gesamten Welt.
Für das Forschungs- und Entwicklungsvorhaben in
Ketzin wurde das weltweit umfangreichste Monitoring-Programm konzipiert und mithilfe nationaler Projekte (GEOTECHNOLOGIEN-Projekte COS-
MOS und CHEMKIN sowie COORETEC-Projekte
CORDRILL und CORTIS) und europäischer Projekte
(CO2SINK, CO2ReMoVe und GRASP) sowie der
EUROGIA-Projekte COSMOS II & III finanziell unterstützt. Zur Vorerkundung fanden umfangreiche
geologische, geophysikalische und petrophysikalische Untersuchungen statt. Während der Bohrphase wurden Kerne von Deckgebirge und Reservoir erbohrt und untersucht, Fluidproben analysiert sowie hydraulische Untersuchungen durchgeführt. Die Injektionsbohrung und die zwei Beobachtungsbohrungen sind mit einer sogenannten
Smart-Casing-Technologie bestückt, die speziell
für dieses Experiment entwickelt wurde und
simultan die Temperatur im Untergrund, den elektrischen Widerstand sowie das Wärmeleitverhalten im Untergrund erfasst.
10
Dem Genehmigungsverfahren ging eine umfangreiche Risikoanalyse voraus, in deren Rahmen die
Risiken von Transport, Zwischenspeicherung, Injektionsanlage und geologischem Speicher durch
unterschiedliche Forschergruppen aus dem In-
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und Ausland unabhängig untersucht wurden.
Weder der Eigner des Speichers (Verbundnetzgas
AG, VNG) noch der bergrechtlich Verantwortliche
(GFZ) waren in diese Risk-Assessments involviert.
Nachdem unabhängige Assessments sowie die
Experten von VNG und GFZ und das für die Genehmigung zuständige Bergamt zu dem Ergebnis
kamen, dass eine Speicherung von CO2 in Ketzin
zu keinem wesentlich erhöhten Risiko führt, wurde im Sommer 2008 mit der Injektion von CO2 in
den Untergrund begonnen.
Im Projekt CO2SINK ist es gelungen, CO2 sicher zu
injizieren, die Ausbreitung im Untergrund zu verfolgen und ein umfangreiches Risk-Assessment zu
implementieren. Das Untertagelabor CO2SINK soll
auch in den nächsten Jahren genutzt werden, um
neuartige Monitoring-Techniken zu testen, Aussagen über die Genauigkeit der Methoden zu erhalten, die Nachhaltigkeit der Speicherung zu erforschen sowie den sicheren Verschluss eines CO2Speichers und ein innovatives »Post-Closure Monitoring«-Konzept anzuwenden.
In einem Jahr Speicherbetrieb wurden bisher rund
20000 t CO2 (Stand: 1. September 2009) bei einer
maximalen Injektionsrate von 3 t/Std. in die
Stuttgart-Formation injiziert. Die Ausbreitung des
CO2 im Untergrund wird gaschemisch, geoelektrisch, seismisch und thermisch verfolgt. Das Monitoring-Programm wird durch geochemische und
biologische Untersuchungen von Fluid- und Gesteinsproben sowie verschiedene Bohrlochmessverfahren (Logging) ergänzt. Die Ankunft von
freiem CO2 in den beiden Beobachtungsbohrungen erfolgte nach injizierten CO2-Mengen von
rund 500 bzw. 11000 t. Wie in den hydrodynamischen Modellierungen vorausgesagt, erreichte das
CO2 nach wenigen Wochen die erste Beobachtungsbohrung. Das geoelektrische Monitoring
(ERT) der CO2-Ausbreitung zeigt eine deutliche
Zunahme des Widerstands im Untergrund mit zunehmender Injektionsmenge. Eine erste Auswertung weist auf eine Hauptausbreitung in NW-SERichtung hin. Dies stimmt mit der verzögerten
Ankunft des CO2 in der zweiten Beobachtungsbohrung überein. Die Druckentwicklung im Reservoir liegt im erwarteten Bereich.
Zu Beginn des Projektes wurde mit den beteiligten
Partnern vereinbart, dass alle Ergebnisse in Ketzin
öffentlich zugänglich gemacht werden. Umfangreiche Informationsaktivitäten (lokal, regional, national, weltweit) begleiten das Projekt von Anfang
an. Die gute Kooperation mit der Bevölkerung in
Ketzin, insbesondere mit Herrn Bürgermeister
Lück und der Stadtverordnetenversammlung, hat
das Projekt erst möglich gemacht.
Die Geometrie der CO2-Ausbreitung ließ sich in
der zeitlichen Veränderung der seismischen Crosshole-Tomographie noch nicht abbilden. Dies liegt
vermutlich an der zum Zeitpunkt der Wiederholungsmessungen sehr geringen Injektionsmenge,
der geringen Mächtigkeit der mit CO2 gefüllten
Schichten und dem anisotropen Fluss im Untergrund sowie an den bisher angewendeten Auswertealgorithmen.
105
Seite 105
Einführung
Im Rahmen des CO2SINK-Projektes werden alle
Prozesse, die bei der Speicherung von CO2 im Untergrund ablaufen, wissenschaftlich untersucht.
Nach heutigem Kenntnisstand besitzen Sandsteinschichten, deren Porenräume mit Salzwasser gefüllt sind, das größte Speicherpotenzial. Deshalb
wurde für den Forschungsspeicher ein salinarer
Aquifer gewählt, um dort unter realistischen Bedingungen diese Speichertechnologie zu untersuchen. Das Untertagelabor CO2SINK (Abb. 36) liegt
20 km westlich von Berlin in der Nähe der Havelstadt Ketzin (Abb. 37). Auf einem Industriegelände der Verbundnetzgas AG wurde das Speicherprojekt entwickelt und unter Bergrecht genehmigt. Das Genehmigungsverfahren entspricht
weitgehend den Anforderungen der europäischen
CCS-Speicherrichtlinie.
Die Entwicklung geeigneter technologischer Verfahren für eine sichere und effektive Injektion von
CO2 und die Entwicklung und Optimierung verschiedener Überwachungs-Technologien stehen
im Fokus der Forschungsarbeiten in Ketzin. Aus
dem Vergleich zwischen den Ergebnissen der
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Seite 106
Abb. 36: Das CO2SINKUntertagelabor
technischen Anwendung und den Vorhersagen
der Computersimulation können entscheidende
Hinweise für die Optimierung der numerischen
Modellierung abgeleitet werden. Ziel der Untersuchungen ist die Definition der Anforderungen
für eine langfristige und sichere Einlagerung von
CO2 im Untergrund in Bezug auf die geologische
Struktur und das Überwachungs-Programm (Borm
& Förster 2005).
Das CO2SINK-Konsortium umfasst 18 Partner aus
neun europäischen Ländern und wird vom Helmholtz-Zentrum Potsdam Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ koordiniert. Zählt man die Partner
aus den Forschungsprojekten, die in Ketzin arbeiten, dazu, sind mehr als 50 Institutionen (Universitäten, Forschungseinrichtungen, KMU, Industrie)
am Projekt beteiligt.
Voraussetzung für den Beginn der Arbeiten vor
Ort war ein umfangreiches Genehmigungsverfahren, welches neben dem Bergamt auch die
Obere und Untere Wasserschutzbehörde, die Umweltbehörde, das Landratsamt und die Stadt Ketzin einbezog. Dabei wurde dem Umweltschutz,
dem Emissionsschutz und dem Landschaftsschutz
hohe Priorität eingeräumt. So wurden Beobach-
tungsstationen für geophysikalische Untersuchungen beispielsweise nicht in Schutzgebiete gelegt. Dank der Kooperation mit den Bürgern vor
Ort konnten innerhalb weniger Jahre umfangreiche seismische (Juhlin et al. 2007), geochemische
(Zimmer et al. 2009), biologische (Morozova et al.
2009) und geologische (Förster et al. 2009) Untersuchungen durchgeführt werden. Zudem wurde
das Untertagelabor eingerichtet (Prevedel et al.
2008) und 2008 schließlich mit der CO2-Injektion
begonnen.
10
Zur Errichtung des CO2SINK-Untertagelabors wurden eine Injektionsbohrung und zwei Beobachtungsbohrungen in die Stuttgart-Formation bis
auf ca. 800 Meter Teufe niedergebracht. Die Bohrungen sind in einer L-förmigen Geometrie aufgestellt und – entsprechend dem Smart-Casing-Konzept – mit einer umfangreichen Sensorik versehen
(Prevedel et al. 2008; Giese et al. 2009). Die permanent installierte Sensorik befindet sich im
Wesentlichen außerhalb der letzten Verrohrung (5
½ Zoll) in den Bereichen der Deckschicht und des
Reservoirs. Sie ist einzementiert und damit direkt
mit dem umliegenden Gestein verbunden. Zu den
Smart-Casing-Sensoren gehören pro Bohrung 15
Elektroden zur Widerstandsbestimmung und ein
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Abb. 37: Lage des CO2SINKPilotexperiments in der Nähe von
Ketzin (bei Berlin)
faseroptisches ortsauflösendes Temperaturmesskabel (DTS). In der Injektionsbohrung ist zusätzlich
ein Heizkabel installiert und in Reservoirteufe ein
optischer Druck- und Temperatursensor. In allen
Bohrungen werden Fluidproben für geochemische
und biologische Untersuchungen gewonnen und
in den Beobachtungsbohrungen seismische Sender und Empfänger sowie Bohrlochsonden (Logging-Tools) eingesetzt (s. a. Kap. 9, S. 88 ff.).
Die Injektionsanlage besitzt zwei jeweils 50 t fassende CO2-Tanks und ist für eine Injektionsrate
von 300 bis 3250 kg CO2/Stunde ausgelegt. Injektionsdruck, Injektionstemperatur und Injektionsrate werden permanent überwacht und geregelt.
Im Zuge des Injektionsbetriebs könnte eine Permeabilitätsreduktion im bohrlochnahen Bereich zu
einer Erhöhung des erforderlichen Injektionsdruckes über den sicherheitstechnisch erlaubten
Maximaldruck führen. In der Erdöl- und Erdgasindustrie wird der Maximaldruck in der Regel 10
bis 20 % niedriger als der beim Formationsdrucktest (Leak-off-Test) bestimmte Wert festgelegt. Als
Präventionsmaßnahme wurde vor Beginn der
CO2-Injektion eine 6%ige KCl-Lösung injiziert
107
(KCl-Slug), um eine CO2-induzierte Salzausfällung
durch Trocknungseffekte zu vermeiden.
Geologische und
hydrogeologische Charakterisierung
Der Speicher in Ketzin liegt in der Stuttgart-Formation, die in der Trias (ca. 230 Mio. Jahre vor heute) als Flussablagerung gebildet wurde und deshalb als stark heterogen angenommen und modelliert wird (Frykman et al. 2006). Die gesamte
Formation hat eine Mächtigkeit von 80 Metern,
wovon circa 20 Meter permeable und poröse
Sandsteine sind (Porenvolumen 15 bis 26 Vol.%).
Sie bilden den eigentlichen Speicher (Förster et al.
2006). Das darüber liegende Deckgebirge besteht
aus tonreichen Ablagerungen mit sehr geringer
Permeabilität und hoher Festigkeit. Bohrkernuntersuchungen und zwei- sowie dreidimensionale
seismische Untersuchungen (2-D- und 3-D-Seismik)
bestätigten das für die Speicherung angenommene geologische Profil und belegen die starke
Heterogenität (Juhlin et al. 2007). Hydraulische
Tests in allen drei Bohrungen liefern neben den
geologischen und geophysikalischen Messungen
wichtige Informationen für die numerische Mo-
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9:40 Uhr
dellierung des Speicherverhaltens. Eine Auswertung (Bohrlocheinzelauswertung) lieferte für den
Sandsteinhorizont eine mittlere Permeabilität zwischen 50 und 100 mDarcy und gab Hinweise auf
die Existenz von weniger durchlässigen Bereichen
nahe der Injektionsbohrung.
Geophysikalisches Monitoring
Um die Aussagefähigkeit verschiedener Monitoring-Techniken vergleichen zu können (Giese et al.
2009), wurde für das CO2SINK-Projekt das umfangreichste Monitoring-Programm weltweit konzipiert (Abb. 38). Neben 2-D-, -Pseudo-3D-SternExperimente und 3-D-Seismik-Experimenten, die
von der Oberfläche aus durchgeführt werden,
können die Ergebnisse in Ketzin mit Crosshole
(zwischen den Bohrlöchern) und VSP/MSP (Vertical
Seismic Profiling/Moving Source Profiling)-Untersuchungen kombiniert werden. Auch die VSP/MSP-Untersuchungen sind in 2-D und 3-D auswertbar. Bei allen seismischen Verfahren werden
Wiederholungsmessungen durchgeführt, um die
zeitliche Änderung der Eigenschaften im Untergrund abhängig von der CO2-Ausbreitung abbilden zu können. Darüber hinaus werden passive
seismische Experimente an der Oberfläche und im
Bohrloch ausgeführt. Der Standort in Ketzin bietet
die Möglichkeit, die Experimente zur Bestimmung
Seite 108
der räumlichen Auflösung der CO2-Wolke durchzuführen, Auswertemethoden (Processing) zu
optimieren und neue Verfahren zu testen. Die im
Rahmen des Smart-Casing-Konzeptes außerhalb
der Verrohrung angebrachten Elektroden können
für eine 3-D-Tomographie des Raumes zwischen
den Bohrungen eingesetzt werden. Um auch den
Bereich außerhalb der Bohrungen abbilden zu
können, werden die Crosshole-Messungen durch
Oberflächen-Oberflächen-Messungen und Oberflächen-Untergrund-Messungen ergänzt. Die komplementären seismischen und geoelektrischen Datensätze sollen gemeinsam ausgewertet werden,
um noch genauere Einblicke in die Prozesse zu gewinnen. Mit den DTS-Messungen können die
Wärmetransporteigenschaften im direkten Umfeld
der Bohrungen beobachtet und damit Fließbewegungen abgebildet werden. Darüber hinaus können die Beobachtungen genutzt werden, um die
Qualität der Zementation zu überprüfen und
Leckagen im Bereich der Bohrungen zu detektieren
Die Ankunft von gasförmigem CO2 in den Beobachtungsbohrungen wurde mithilfe eines im
Rahmen
des
GEOTECHNOLOGIEN-Projektes
CHEMKIN entwickelten Gas-Membran-Sensors
(GMS) beobachtet. Dieser erlaubt eine kontinuierliche Bestimmung der Gaszusammensetzung
10
Abb. 38: Überblick über die
Überwachungsaktivitäten am
CO2SINK-Untertagelabor.
Bezeichnung der Verfahren –
siehe Text.
108
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im Untergrund. Daher konnte der zeitliche Verlauf der Ankunft des CO2 und der Tracer-Gase in
den Beobachtungsbohrungen genau aufgezeichnet werden.
Geochemisches und
mikrobiologisches Monitoring
Im Rahmen der Forschungsarbeiten in Ketzin werden grundlegende Untersuchungen zu den komplexen Wechselwirkungen zwischen Biozönose,
Fluid und Gestein durchgeführt. Sie sollen helfen,
das geowissenschaftliche Verständnis in Bezug auf
den Einfluss chemischer und biologischer Prozesse
zu verbessern. Durch die Injektion von überkritischem CO2 kommt es zu Konzentrations-, Temperatur- und Druckänderungen im Reservoir. Diese
Änderungen im natürlichen Lebensraum der mikrobiellen Biozönose können zu Änderungen in der
Stoffwechselaktivität führen, die wiederum die
Effizienz der geotechnischen Anwendung beeinflussen kann (s. a. Kap. 6, S. 58 ff.). Sowohl die Injektivität im bohrlochnahen Bereich (z. B. Sulfidbildung infolge von organischem Eintrag über Bohrspülungen) und die Permeabilität im Reservoir
(z. B. Calcit- und Dolomitbildung) als auch die Beständigkeit der verwendeten Materialien (Zementund Stahlkorrosion) können durch chemische Reaktionen und mikrobielle Stoffwechselvorgänge
beeinflusst werden. Der Einfluss der Injektion von
reinem CO2 auf die Biozönose und dessen Wechselwirkung mit dem Speichergestein werden in
situ über die Entnahme von Fluidproben und in
Langzeitexperimenten im Labormaßstab unter Insitu-Bedingungen untersucht. Dabei wurden die
anzuwendende Tiefenprobenahmetechnik und der
Einsatz von Markierungsstoffen zur Beurteilung
der Probenqualität erfolgreich erprobt und geeignetes Probenmaterial (Fluide und Kerne) aus der
Stuttgart-Formation für die Charakterisierung der
autochthonen Biozönose und Material zur Durchführung der Langzeitversuche gewonnen (Wandrey et al. 2009). Neben den Untersuchungen zu
den Wechselwirkungen zwischen Biologie und
CO2-Speicherung erlauben die Untersuchungen
neue Einblicke in die biologischen Vorgänge in
den tiefen Reservoiren.
109
Seite 109
Modellierung
Die Vorgänge im Untergrund wurden mit einer
Vielzahl unterschiedlicher Modellierungsansätze
und Modellierungsprogramme vorhergesagt. In
Ketzin bestand die einzigartige Möglichkeit, die
Vorhersagbarkeit zu testen (Kühn et al. 2009).
Dazu wurden die verschiedenen Modellierungsergebnisse mit den realen Beobachtungen verglichen sowie das Überwachungskonzept aufgrund
der Modellvorhersagen ausgelegt. Die Übereinstimmung der prognostizierten Ankunft des CO2
in der ersten Beobachtungsbohrung stimmt mit
den Beobachtungen gut überein. Damit bildeten
die Modellierungen eine verlässliche Basis für die
Planung des Monitoring-Ablaufes und des Injektionsregimes.
Erste Ergebnisse
Im Rahmen des CO2SINK-Projektes in Ketzin
konnte ein CO2-Speicher erfolgreich aufgesucht,
unter Bergrecht bewilligt und erschlossen werden
(Schilling et al. 2009; Würdemann et al. 2009).
Die kurz vor Beginn des Speicherbetriebs festgestellte Injektivitätsminderung in der Injektionsbohrung wurde durch die biologische Umsetzung
der Bohrspülung und die damit verbundene
Bildung von Eisensulfid verursacht. Sie konnte mithilfe eines Gashebeverfahrens (N2-Lift) beseitigt
werden (Zettlitzer et al. 2009). Mit dem kontinuierlichen Betrieb des Speichers wurde Ende Juni
2008 begonnen. Das Anfahrregime, die Stoppprozedur und die Injektion arbeiten problemlos und
erlauben eine sichere Handhabung der Injektion.
In einem Jahr Speicherbetrieb wurden bisher rund
20000 t CO2 (Stand: 1. September 2009) bei einer
maximalen Injektionsrate von 3 t/Stunde in die
Stuttgart-Formation injiziert. Die Verläufe des
Injektionsdrucks in Reservoirteufe und der Kopfdrücke an den Beobachtungsbohrungen entsprachen dem erwarteten Verhalten. Die festgestellten
Erhöhungen des Injektionsdrucks konnten mit der
sukzessive gesteigerten Injektionsrate und -menge
im Verlauf der Inbetriebnahme des Speichers
erklärt werden. Negative Effekte einer Salzausfällung (Halite Scaling) wurden daher bisher nicht
beobachtet. Im Verlauf des Injektionsbetriebes ist
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der Injektionsdruck von 66 bar auf rund 75 bar
angestiegen. Damit liegt das CO2 im Nahbereich
der Injektionsbohrung im überkritischen Zustand
vor (Dichte 0,25 g/cm3). Der mithilfe von Bohrlochmessungen bestimmte Druck- und Temperaturverlauf in Reservoirteufe zeigt, dass nach einem
Jahr Speicherbetrieb der Druck in beiden Beobachtungsbohrungen so weit erhöht wurde, dass
das CO2 hier ebenfalls in überkritischem Zustand
vorliegt (Würdemann et al. 2009). Die Ankunft
des freien CO2 an den Beobachtungsbohrungen
konnte mithilfe des GMS-Sensors sicher und mit
hoher Zeitauflösung verfolgt werden. Direkt nach
Ankunft des als Markierungsstoff eingesetzten
Kryptons stieg die CO2-Konzentration kontinuierlich an. Der Anstieg verlief in der ersten Beobachtungsbohrung steiler als in der zweiten (112 m
Abstand), was auf die deutlich unterschiedlichen
Verweilzeiten im Reservoir zurückgeführt werden
konnte (Zimmer et al. 2009).
Nach Ankunft des CO2 an den Beobachtungsbohrungen zeigten Fluidproben aus dem Reservoir
einen Abfall des pH-Werts auf 5,5 (nach Entgasung gegen den atmosphärischen Druck) und
einen Anstieg der Eisenkonzentration auf Werte
von etwa 6 mg/l auf 200 bis 300 mg/l. Da Eisen
sowohl in den Beobachtungsbohrungen als auch
im Sumpf der Injektionsbohrung in ähnlicher Konzentration gefunden wurde, stammt es vermutlich
in erster Linie aus Korrosionsprozessen an der
Verrohrung. Molekularbiologische Analysen der
Seite 110
mikrobiellen Biozönose zeigten, dass fermentative
und sulfatreduzierende Bakterien den Stoffwechsel im Reservoir dominieren, die in die beobachteten Korrosionsprozesse involviert sein könnten.
Nach einer vorübergehenden Reduktion der detektierten Zellzahl ist diese nach fünf Monaten
CO2-Exposition wieder leicht angestiegen. Zudem
wurde eine deutliche Erhöhung des Anteils stoffwechselaktiver Bakterien nachgewiesen. Dies belegt die hohe Anpassungsfähigkeit der Organismen an die sich verändernden Umweltbedingungen (Morozova et al. 2009).
Die Ausbreitung des CO2 im Reservoir wurde mit
geoelektrischen Verfahren verfolgt. Erste Ergebnisse des geoelektrischen Monitorings (Surfacedownhole ERT) deuten auf einen anisotropen
Fluss mit einer Hauptrichtung NW-SE im Untergrund hin. Diese Beobachtung stimmt mit der erwartungsgemäßen Ankunft an der ersten Beobachtungsbohrung und der verzögerten Ankunft des
CO2 an der zweiten Beobachtungsbohrung überein und wird auch durch die Interpretation der geologischen Profile gestützt. Petrographische und mineralogische Analysen an Bohrkernen und Bohrlochmessungen deuten darauf hin, dass die zweite Beobachtungsbohrung am Rand eines höher
permeablen Bereichs liegt. Die Auswertung der
seismischen Untersuchungen dauert noch an und
hat bisher keine eindeutigen Signale der Ausbreitung geliefert. Dies ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass sich aufgrund des geoelek-
10
Abb. 39: Injektionsrate (rote Punkte) und
gespeicherte CO2-Menge (blaue Linie)
110
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Abb. 40: Erste – vorläufige – Ergebnisse des
CO2SINK-Experimentes. Die Hauptfließrichtung
des CO2 im Untergrund ist NW-SE (elektrische
Widerstandstomographie). Die Ausbreitung zwischen der Injektionsbohrung und den Beobachtungsbohrungen kann über die elektrische
Crosshole-Tomographie beobachtet werden. Die
seismischen Abbildungen zeigen bisher kein eindeutiges Bild. Druck- und Temperaturverläufe in
den Bohrlöchern zeigen, dass das CO2 in Reservoir-Teufe im Bereich der Injektionsbohrung und
ersten Beobachtungsbohrung als überkritisches
Fluid vorliegt (Würdemann et al. 2009).
trisch beobachteten anisotropen Flusses zum
Zeitpunkt der seismischen Crosshole-Messung nur
wenig CO2 zwischen den beiden Beobachtungsbohrungen befand und zudem die Mächtigkeit
der mit CO2 gefüllten Speicherhorizonte bezogen
auf die Länge der seismischen Wellen gering ist.
Ausblick
Um die Aussagen zur Ausbreitung des CO2 im
Untergrund zu verifizieren, werden in diesem Jahr
neben den bisher durchgeführten geophysikalischen Untersuchungen (Surface-downhole ERT,
Crosshole ERT und Crosshole Seismik) weitere seismische Verfahren wie VSP, MSP und die 3-D-Seismik zur besseren Erfassung der Geometrie der
CO2-Ausbreitung (CO2-Wolke) eingesetzt. Eine gemeinsame Auswertung der verschiedenen geophysikalischen Untersuchungen, Modellierungen
und Laborversuche soll eine Aussage liefern, die
neben der räumlichen Ausdehnung auch Informationen zur Menge und Verteilung des Gases im
Untergrund enthält.
Außer den bisher eingesetzten Verfahren zur geochemischen, mikrobiologischen und geophysikalischen Beobachtung der CO2-Ausbreitung sollen in
einem Folgeprojekt zusätzlich passive Methoden
zur Bestimmung der Mikroseismizität eingesetzt
werden. Sie dienen zur Identifikation einer Reaktivierung von Störungen und zur indirekten Detektion der Ausbreitung der Druckfront im Unter-
111
grund und möglicher Rissbildungen während der
CO2-Verpressung und damit indirekt der Bestimmung der CO2-Ausbreitung. Der Einsatz der Magnetotellurik soll zur Abbildung des CO2-Plumes
und des Reservoirs in größerer Entfernung von
den Einspeisepunkten genutzt werden. Weiterhin
soll die Radar-Interferometrie (InSAR) zur Erfassung von Oberflächendeformationen, die durch
die CO2-Injektion auftreten können, eingesetzt
werden. Die Auswirkungen von Begleitstoffen im
Speichergas auf Ausfällungs- und Korrosionsprozesse sollen im Labor und in situ erforscht werden.
U. a. soll CO2 aus einer Oxyfuel-Anlage zur Injektion eingesetzt werden. Des Weiteren ist das
Abteufen einer weiteren Forschungsbohrung geplant, um das geophysikalische Monitoring zu
optimieren, die Störungscharakterisierung im rezenten Spannungsfeld zu intensivieren und zugleich auch den Verschluss einer Bohrung bei laufendem Speicherbetrieb zu testen. Damit ein ausreichender Zeitraum für die Erprobung von Verfahren zur Stilllegung und Überwachung der
Bohrung zur Verfügung steht, ist geplant, die Injektionsmenge auf bis zu 100000 t CO2 zu erhöhen. Dies würde zugleich auch erlauben, intensive
Untersuchungen zur Korrelation zwischen der
Injektionsmenge und der zeitlichen Veränderung
der CO2-Ausbreitung durchzuführen.
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CLEAN – Ein F&E-Verbundvorhaben zur Erhöhung
des Ausbringegrades von gasförmigen
Kohlenwasserstoffen durch die Injektion von
Kohlenstoffdioxid (CO2)
Michael Kühn (1), Maja Tesmer (1), Robert Meyer (2) & CLEAN-Partner
(1) Helmholtz-Zentrum Potsdam, Deutsches GeoForschungsZentrum – GFZ, Zentrum für CO2-Speicherung
(2) GDF SUEZ E&P Deutschland GmbH, Lingen
Einleitung und Zielsetzung
Das Verbundvorhaben CLEAN – CO2 Large-Scale
Enhanced Gas Recovery in the Altmark Natural
Gas Field – ist ein Forschungs- und Entwicklungsvorhaben (F&E) von 16 Institutionen der deutschen Wissenschaft und Wirtschaft. Das F&E wird
vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) seit Juli 2008 teilfinanziert und hat
eine geplante Laufzeit von drei Jahren.
Das Verbundvorhaben CLEAN hat zum Ziel, Möglichkeiten der Mobilisierung konventionell nicht
förderbarer Erdgasmengen und somit eine Steigerung der Erdgasförderung durch die Injektion
eines Förderfluids in die nahezu ausgeförderte
Erdgaslagerstätte Altmark zu erforschen (Enhanced Gas Recovery – EGR). Als Förderfluid wird Kohlenstoffdioxid (CO2) eingesetzt, welches nicht nur
das Erdgas verdrängt, sondern anstatt seiner gespeichert wird (Carbon Capture & Storage – CCS).
Im Rahmen des Pilotvorhabens sollen nahezu
100000 Tonnen CO2 zur Erhöhung der Erdgasförderung in das hydraulisch und strukturell isolierte Teilfeld Altensalzwedel injiziert werden, um
die generelle Tauglichkeit der Lagerstätte zur Injektion von CO2 zu testen. CO2 hat aufgrund der
Verbrennung fossiler Energieträger (z. B. Kohle)
den weltweit größten Anteil an anthropogen verursachten Treibhausgasen. Aus diesem Grund leistet das F&E-Vorhaben CLEAN zusätzlich einen
wichtigen wissenschaftlichen Beitrag auf dem
Weg der Reduzierung anthropogener Emissionen
von Treibhausgasen. Ergänzend wird durch eine
Abb. 41: Logo des
Verbundvorhabens CLEAN
gesteigerte Ausbeute des umweltfreundlichen Rohstoffes Erdgas aus der Altmarklagerstätte ein strategisch wichtiger Beitrag für eine importunabhängige Versorgungssicherheit auf regionaler Ebene
geleistet.
10
Die Forschungsschwerpunkte
des Verbundvorhabens CLEAN
Der Forschungsschwerpunkt von CLEAN liegt in
der Untersuchung, Beschreibung und Bewertung
aller mit der CO2-Injektion verbundenen Prozesse. Folgende wissenschaftliche, wirtschaftliche und ökologische Fragen sollen u. a. beantwortet werden:
– Wie sind die ökonomischen und technischen
Erfolgsaussichten einer EGR-Maßnahme in der
Altmark zu bewerten?
– Mit welcher Technologie kann CO2 kostengünstig, effektiv und langfristig sicher in den Untergrund gebracht werden?
– Wie kann die Integrität (Unversehrtheit) ehemaliger Förderbohrungen während und nach
einer CO2-Injektion technisch überwacht und
gewährleistet werden?
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– Welche hydraulischen, geomechanischen und
geochemischen Prozesse werden durch die
Injektion von CO2 beeinflusst und wie können
diese erfasst, dargestellt und durch Modelle
vorhergesagt werden?
– Wie lässt sich die Injektion und Ausbreitung
des CO2 technisch überwachen?
Das Untersuchungsgebiet
Das CLEAN-Untersuchungsgebiet umfasst einen
Teil der Erdgaslagerstätte Altmark (Teilfeld Altensalzwedel) und befindet sich in Sachsen-Anhalt,
südlich von Salzwedel (Abb. 42). Der Betreiber
und Bergwerkseigentümer dieser Erdgaslagerstätte ist die GDF SUEZ E&P Deutschland GmbH.
Generell bietet die Altmärkische Rotliegend-Gaslagerstätte gute geologische und infrastrukturelle
Erfolgsaussichten zur Umsetzung von sowohl EGR
mittels CO2 als auch für eine langfristige, sichere
Speicherung von CO2. Die Vorteile dieser Gaslagerstätte sind: (i) die sehr mächtigen und von
Natur aus gasdichten Salzformationen des Zechsteins im direkten Hangenden der Lagerstätte, (ii)
der sehr hohe Erkundungsgrad der Lagerstätte,
(iii) die guten bis befriedigenden Reservoirparameter der gasführenden Schichten und nicht zu-
Seite 113
letzt (iv) der überwiegend stark abgesenkte
Schichtdruck. Aufgrund der generell als gut zu bewertenden speichertechnischen Voraussetzungen
gepaart mit dem derzeit verfügbaren, einzigartig
großen Gesamtspeicherpotenzial in Westeuropa
bieten die Altmärkischen Gasfelder sehr gute Voraussetzungen für ein EGR/CCS-Projekt mit besonders hohen Erfolgsaussichten.
Im Rahmen des CLEAN-Pilotvorhabens werden
das Teilfeld Altensalzwedel (Größe ca.14 km2), in
dem die CO2-Testinjektion stattfinden soll, sowie
dessen angrenzendes Umfeld (Größe ca. 30 km2)
untersucht. Das Pilotfeld Altensalzwedel ist eine
strukturell und hydraulisch eigenständige Teilstruktur (Hochscholle) der Lagerstätte. Zwölf
Tiefenbohrungen erschließen das sedimentäre
Rotliegende als Speichergestein in Tiefen von
> 3400 m. Dieses besteht aus mehreren speicherfähigen Silt- und Sandsteinlagen, die durch Tonlagen getrennt sind. Das Reservoir wird von im
Durchschnitt mehreren hundert Metern mächtigen Zechsteinsalzen überlagert. Die rezenten
Reservoirtemperaturen und -drücke liegen bei
etwa 125 °C bzw. 30 bis 50 bar, während vor
Beginn der Gasförderung initiale Schichtdrücke
Abb. 42: Lage des Untersuchungsgebietes und der darin stehenden Bohrungen einschließlich der Teilstruktur Altensalzwedel
(Simulations-Modell) und des angrenzenden Umfeldes (Geo-Modell) in Sachsen-Anhalt
113
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von ca. 425 bar vorlagen. Etwa 90 % der für das
Teilfeld Altensalzwedel ermittelten Gasvorkommen sind bereits gefördert.
Das Verbundvorhaben CLEAN
und seine Themenverbünde
Das Verbundvorhaben wird vom Helmholtz-Zentrum Potsdam Deutsches GeoForschungsZentrum
in enger Abstimmung mit dem Sonderprogramm
für GEOTECHNOLOGIEN koordiniert. Fünf Themenverbünde bilden das Gerüst für das Verbundvorhaben und werden von dem/der verantwortlichen ThemenverbundsprecherIn im Lenkungsausschuss vertreten (Abb. 43).
Die Themenverbünde bearbeiten und erforschen
folgende Themenfelder:
– Öffentliche Akzeptanz,
– Technikumsanlage zur Injektion von CO2,
– Bohrungsintegrität,
– Geowissenschaftliche Prozessbeschreibung,
– Umwelt- und Prozessmonitoring.
Die Mehrzahl der Themenverbunde untergliedert
sich in weitere Projekte, denen jeweils ein(e) Pro-
Seite 114
jektveranwortliche(r) vorsteht. Bis zu fünf Projekte
sind in einem Themenverbund zusammengefasst.
Im Themenverbund »Technikumsanlage« und »Öffentliche Akzeptanz« wurde auf eine weitere Untergliederung verzichtet. Ein Lenkungsausschuss
unterstützt den Koordinator bei der Durchführung
des Vorhabens und trifft sich mindestens zwei Mal
jährlich. Er besteht aus dem Koordinator, den Themenverbundsprechern sowie Vertretern des Lagerstätteneigentümers (GDF SUEZ E&P Deutschland
GmbH). Als Gäste sind der für die Lieferung des
CO2 zuständige Industriepartner (Vattenfall Europe) und ein Repräsentant des Sonderprogramms
GEOTECHNOLOGIEN vertreten.
Der Themenverbund: Öffentliche Akzeptanz
Die öffentliche Akzeptanz ist eine der wichtigsten
Voraussetzungen für eine allseitig zufriedenstellende, erfolgreiche Durchführung des Verbundvorhabens CLEAN. Aktuell sind das Wissen und
die Einschätzung von EGR als eine mögliche
zukünftige CCS-Technologie bei dem größten Teil
der Gesellschaft in Deutschland nur wenig ausgeprägt, wie eine vom Bundesministerium für Wirt-
10
Abb. 43: Organigramm des Verbundvorhabens CLEAN
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schaft und Technologie (BMWi) finanzierte Studie
zeigt1. Laut dieser Studie leitet sich daraus der
Anspruch ab, durch Aufklärung die Vor- und
Nachteile dieser Technologie sachlich darzulegen.
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass zum Erreichen einer breiten gesellschaftlichen Akzeptanz
der CCS-Technologie in erster Linie neutrale und
transparente Informationen sowie glaubwürdige
Informationsvermittler unentbehrlich sind. Nur
durch eine allgemein verständliche, fundierte und
strategisch abgestimmte Öffentlichkeitsarbeit kann
ein in der Bevölkerung derart konträr diskutiertes
Thema wissenschaftlich und technisch fundiert
dargestellt werden und der Öffentlichkeit die Möglichkeit gegeben werden, sich objektiv und sachlich zu informieren. Der Themenverbund Öffentliche Akzeptanz wird im Rahmen des Pilotvorhabens CLEAN sowohl regional als auch national maßgeblich dazu beitragen, dass eine gesellschaftliche
Wahrnehmung und Risikobewertung der EGRund CCS-Thematik aufgebaut und gefördert wird.
Aufgaben des Themenverbunds
Der Themenverbund Öffentliche Akzeptanz hat
folgende Aufgaben:
– durch Presseinformationen, Podiumsdiskussionen und Interviews alle themenrelevanten Informationen an alle Interessenten heranzutragen
sowie das allgemeine Interesse der Gesellschaft
an der EGR/CCS-Technologie zu wecken,
– Organisation und Durchführung von Informationsveranstaltungen in öffentlichen Räumen,
Seite 115
– Aufbau einer internetbasierten, virtuellen Informationsplattform in Zusammenarbeit mit dem
BMBF,
– Einrichtung eines Informationszentrums in der
Altmark inklusive der Bereitstellung und des
Designs von Informationsmaterialien und Exponaten sowie
– Sicherstellung einer sachlichen Aufklärung, Beratung und Information der BürgerInnen durch
wissenschaftliches Personal des Informationszentrums.
Der Themenverbund:
Technikumsanlage zur Injektion von CO2
Die Technikumsanlage besitzt eine Schlüsselfunktion innerhalb des F&E-Vorhabens CLEAN. Sie ist
Voraussetzung dafür, dass die wissenschaftlichen
und technischen Kernfragen erforscht und die
wissenschaftlichen Ziele erreicht werden können.
Durch den Betrieb der Anlage und die damit verbundene CO2-Injektion ist im realen Feldversuch
zu verifizieren, dass:
1. durch die Injektion des Förderfluids CO2 konventionell nicht mehr förderbare Erdgasmengen mobilisiert und gefördert werden können,
2. sich die Gesteinsschichten im Pilotfeld Altensalzwedel für eine langfristige und ökologisch
sichere CO2-Speicherung eignen sowie
3. die beim Betrieb einer CO2-Konditionierungsund Injektionsanlage gewonnenen Erfahrungen
für Folgeprojekte verwertbar sind.
Abb. 44: Impressionen zum Themenverbund »Öffentliche Akzeptanz«
1 Sozioökonomische Begleitforschung zur gesellschaftlichen Akzeptanz von Carbon Capture and Storage (CCS) auf nationaler und internationaler Ebene – Abschlussbericht.
– Pfad: http://www.wupperinst.org/de/projekte/proj/uploads/tx_wiprojekt/Akzeptanz-CCS-Endbericht.pdf (Mai 2009)
115
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Bislang gibt es keine industriellen EGR-Vorhaben,
bei denen CO2 im Förderkreislauf eine wirtschaftlich attraktive Rolle einnimmt. Aufgrund der bislang geringen Bedeutung dieser Thematik ist wenig über begleitende Prozesse und Problematiken
bekannt. Erste Anhaltspunkte liefern unter anderem Nordseeprojekte wie beispielsweise das Projekt »K12-B« (Betreiber GDF SUEZ E&P Netherlands), bei dem das im Erdgas enthaltene und
dementsprechend bei der Gewinnung mit geförderte CO2 abgetrennt und in denselben Erdgashorizont reinjiziert wird.
Grundsätzlich unterscheidet sich die Technikumsanlage zur Injektion von CO2 von solchen Beispielen, da erstmals das bei der Energiegewinnung
durch Kohleverbrennung industriell anfallende CO2
im Rahmen von EGR dazu dienen soll, die Ausbeute
einer nahezu ausgeförderten Erdgaslagerstätte zu
erhöhen. Durch die Technikumsanlage (Abb. 45)
werden alle weiteren anlagen- und betriebsbezogenen Forschungs- und Entwicklungsprojekte und
-arbeiten realitätsbezogen integriert.
Aufgaben des Themenverbunds
Bei der Installation und dem Betrieb der Technikumsanlage werden folgende Arbeitsschritte unter standortspezifischen und pilotcharakteristischen
Bedingungen durchgeführt bzw. erforscht:
– Übernahme des aus einem Pilotkraftwerk abgetrennten CO2 und Konditionierung des CO2
zur Nutzung als EGR-Förderfluid,
– Betrieb der Konditionierungsanlage einschließlich der Injektionsleitungen und der injektionsbedingten Untersuchung und Optimierung des
Verfahrensprozesses,
Seite 116
– Injektion des CO2 in den Rotliegend-Speicher
der Teilstruktur Altensalzwedel zur Erprobung
und Bewertung verschiedener Injektionsregime,
– Erfassung der Platznahme des CO2 in der Lagerstätte, Bewertung der Injektivität der Bohrungen und des unmittelbar angrenzenden
Speicherbereichs,
– Teilfeldbezogene Bewertung des EGR-Effektes
sowie Messung und Nachweis der prognostizierten gesteigerten Erdgasausbeute.
Der Themenverbund: Bohrungsintegrität
Der Themenverbund Bohrungsintegrität ist ein unentbehrlicher Bestandteil des gesamtheitlichen Ansatzes des F&E-Vorhabens CLEAN. Jede Erdgasbohrung stellt einen anthropogenen Eingriff in die
von Natur aus gasdicht abgedeckten Lagerstättenstrukturen dar. Sie ist per se ein Artefakt und dementsprechend ein möglicher Risikofaktor. Aus diesem Grund ist die Analyse und Bewertung des jeweiligen Bohrungszustandes ein sehr entscheidendes Eignungs- und auch Sicherheitskriterium
für die Nutzung einer Lagestätte (s. a. Kap. 8, S.
78 ff.). In Hinblick auf einen Einsatz von EGR bei
simultaner CO2-Speicherung muss für jede abgeteufte Bohrung deren Dichtigkeit, ihre aktuelle
und langfristige Standfestigkeit sowie, für bereits
verfüllte Bohrungen, ihr dauerhaft sicherer Bohrungsverschluss gewährleistet werden. Dabei müssen die in Zeit und Raum veränderlichen Druck- und
Temperaturverhältnisse für jede Bohrung berücksichtigt werden. Den in der Altmark mächtigen Salzpaketen des Zechsteins kommt hierbei aufgrund
ihrer plastischen Gesteinseigenschaften (Salzkriechen) eine besondere Bedeutung zu, da sie eine
Bohrung natürlich abdichten können (Abb. 46).
10
Abb. 45: Schematische und reale Darstellung der obertägigen Konditionierungsanlage des Themenverbundes
»Technikumsanlage zur Injektion von CO2«. Planung (links), Durchführung (rechts)
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Aufgaben des Themenverbunds
Zur Lösung der genannten Problematik werden
vom Themenverbund Bohrungsintegrität Analyseund Bewertungsmethodiken entwickelt und erstmalig im Pilotfeld Altensalzwedel angewendet.
Die Aufgaben des Themenverbunds fokussieren
sich auf nachfolgende wissenschaftliche und technische Arbeitsbereiche:
– Entwicklung wissenschaftlicher Methoden zur
Erfassung des qualitativen Bohrungszustandes
in Hinblick auf dessen langfristige Eignung für
eine sichere und ökologisch unbedenkliche
CO2-Speicherung,
– Entwicklung wissenschaftlicher Konzepte und
Szenarien für mögliche CO2-Leckagen,
– Entwicklung von Monitoringprogrammen und
Gegenmaßnahmen zur Vermeidung, Reparatur
und Bekämpfung von Leckagen sowie
– Entwicklung eines dauerhaften geologischen
Verschlusskonzepts von Bohrungen.
Der Themenverbund:
Geowissenschaftliche Prozessbeschreibung
Der Themenverbund Geowissenschaftliche Prozessbeschreibung legt seinen Forschungsschwerpunkt auf die umfassende geowissenschaftliche
Charakterisierung des geologischen Gesamtsystems der Reservoirgesteine, Fluide und des Deckgebirges sowie aller durch die CO2-Injektion induzierten Prozesse. Er gliedert sich in drei Projekte:
– Gesteins- und Fluidcharakterisierung,
– Geo-Modellierung und numerische Prozesssimulation sowie
– projektübergreifendes Daten-Management-System und 3-D-Visualisierung für Prozess-Simulation und Überwachung (Abb. 47).
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Die Arbeiten im Themenverbund fokussieren auf
ein verbessertes, ganzheitliches Systemverständnis
der bei der CO2-Injektion bzw. -Speicherung ablaufenden physiko-chemischen Vorgänge. Diese
Prozesse laufen gekoppelt in verschiedenen räumlichen und zeitlichen Skalen ab. Sie werden signifikant von den strukturgeologischen, hydrogeologischen und hydraulischen Bedingungen, den sich
ändernden Fluid- und Gesteinseigenschaften, dem
Temperaturfeld sowie dem Injektionsregime beeinflusst.
Aufgaben des Themenverbunds
Im Themenverbund werden für die geowissenschaftliche Systemanalyse die verschiedenen relevanten Untersuchungs- und Modellskalen miteinander verknüpft. Diese umfassen: (i) Laboruntersuchungen, (ii) die Erfassung von Bohrungs- und
»Nah-Feld«-Effekten und (iii) die mesoskalige (regionale) Charakterisierung, Darstellung und Modellierung der Teilstruktur Altensalzwedel (Reservoir, Deckgebirge) sowie des Lagerstättenumfeldes. Die wesentlichen Arbeitsschritte sind nachfolgend zusammengefasst:
– Aufbau eines effizienten, ganzheitlichen DatenManagement-Systems zur optimalen Vernetzung der Themenverbundmitglieder als Voraussetzung einer ganzheitlichen geowissenschaftlichen Systemanalyse,
– Durchführung von Laboruntersuchungen zu
CO2-spezifischen Fluid- und Gesteinseigenschaften mit und ohne Einwirkung von überkritischem CO2,
– Durchführung von numerischen Simulationen
zur Quantifizierung der Prozesse und Verifizierung der Algorithmen anhand von Gelände
und Labordaten sowie
Abb. 46: Aufgaben des
Themenverbundes
»Bohrungsintegrität«: (i)
Analyse und Evaluierung möglicher Undichtigkeiten für CO2Leckagen (links) und (ii)
Entwicklung von Techniken
eines natürlichen
Bohrungsverschlusses (rechts)
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Abb. 47: Aufgaben des
Themenverbundes
»Geowissenschaftliche
Prozessbeschreibung«:
Gesteinsuntersuchungen,
Systemmodellierung,
Datenmanagement (von
links nach rechts)
– Entwicklung von Visualisierungsmethoden zur
Darstellung und Analyse von Prozessdaten.
Der Themenverbund
Umwelt- und Prozessmonitoring
Die Ziele des Themenverbundes Umwelt- und
Prozessmonitoring sind die Entwicklung und Erprobung von Überwachungsmethoden und die
Ableitung eines Umwelt- und Betriebsmonitoringkonzeptes. Die Konzepte berücksichtigen die folgenden Räume:
– das Reservoir sowie das überlagernde Deckgebirge,
– die oberflächennahen Grundwasserleiterkomplexe und die ungesättigte Zone.
Der Themenverbund erfasst alle umweltrelevanten
Prozesse, die durch die Injektion von CO2 hervorgerufen werden. Die oberflächennahen Untersuchungen beobachten denkbare Gefährdungspfade und Risiken für den äußerst unwahrscheinlichen, aber trotzdem zu berücksichtigenden Fall
einer CO2-Migration an die Erdoberfläche. Zudem
werden die in den oberen Bodenschichten stattfindenden natürlichen Gasumwandlungs- und Neubildungsprozesse untersucht.
Aufgaben des Themenverbunds
Die Entwicklung eines Konzepts für das Betriebsmonitoring findet in enger Zusammenarbeit mit
dem Lagerstättenbetreiber GDF SUEZ E&P Deutschland GmbH statt, welcher über vierzigjährige Förderbetriebserfahrung verfügt. Im Bereich des Reservoir- und Umweltmonitorings sind bislang noch
keine allgemeinen Konzepte entwickelt worden,
die EGR-Maßnahmen bei gleichzeitiger Speicherung von CO2 beschreiben. Die Aufgaben des
Themenverbunds lassen sich wie folgt skizzieren:
– Entwicklung und Erprobung von Methoden
zum Prozessmonitoring für die genannten Gebiete sowie Durchführung des jeweiligen Monitorings:
· geophysikalisches Monitoring (Seismik, Druck,
Temperatur),
· chemisches Monitoring (Analysen von Fluidund Gasproben),
· Erfassung mikrobiologischer Prozesse und
der mikrobiellen Biozönosen,
· Durchführung von Bodengasmessungen.
– Erfassung der natürlich und anthropogen verursachten Schwankungsbreiten der jeweiligen
Parameter und möglicher Indikatoren vor und
während der EGR-Maßnahme.
– Bewertung der verschiedenen Methoden im
Hinblick auf die natürlichen und anthropogen
verursachten Bandbreiten der erfassten Parameter in Raum und Zeit sowie
– Identifizierung, Ausweisung und Dokumentation der für ein EGR-Monitoring relevanten Parameter und Indikatoren.
10
Abb. 48: Aufgaben des
Themenverbundes
»Bohrungsintegrität«: (i)
Analyse und Evaluierung möglicher Undichtigkeiten für CO2Leckagen (links) und (ii)
Entwicklung von Techniken
eines natürlichen
Bohrungsverschlusses (rechts)
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»Die geologische Speicherung von CO2 ist nicht nur in Deutschland ein wichtiges Forschungsthema. Weltweit wurde eine Vielzahl von nationalen und internationalen Initiativen und Pilotprojekten auf den Weg gebracht.«
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11. Internationale Aktivitäten
Ludwig Stroink
Geschäftsstelle GEOTECHNOLOGIEN, Potsdam
Die geologische Speicherung von CO2 ist nicht nur
in Deutschland ein Thema. Weltweit wurde eine
Vielzahl von nationalen Initiativen und Pilotprojekten auf den Weg gebracht (Abb. 52).
– »CATO – CO2 Capture and Storage in the Netherlands« ist das nationale CCS-Forschungsprogramm der Niederlande mit einem Vier-JahresBudget von cirka 25 Millionen Euro. Im April
2008 ging in Rotterdam die erste Demonstrationsanlage zur CO2-Abscheidung (mit postcombustion-Technologie) an den Start. Unter
Federführung des französischen Energieunternehmens GDFSUEZ (früher: Gaz de France) und
niederländischer Forschungsinstitutionen wurde
vor der holländischen Küste zudem das Pilotvorhaben K12B realisiert. Hier wurde weltweit
erstmals der Versuch unternommen durch die
Injektion von CO2 zusätzliche Erdgasreserven zu
mobilisieren (Enhanced Gas Recovery, EGR).
– Ähnlich wie im Fall GDFSUEZ haben auch andere internationale Energiekonzerne die Initiative
ergriffen und konkrete Forschungs- und Demonstrationsvorhaben gestartet: Beispiele sind
die Projekte In Salah in der algerischen Sahara
(BP, STATOIL, Sonatrach) oder Lacq in Südfrankreich (TOTAL).
– Die britische Regierung unterstützt die Entwicklung von CCS seit 2004 mit cirka 7,5 Millionen
Euro. In der Planung befindet sich derzeit ein 1
Milliarde Euro teures CCS-Demonstrationsprojekt, das gemeinsam mit Industriepartnern errichtet werden soll.
– Der norwegische Energiekonzern Statoil-Hydro
und seine Partner betreiben bereits seit 1996
die CO2-Speicherung über dem Sleipner-Gasfeld südwestlich der norwegischen Küste: In die
unverfestigten Sande der »Utsira Formation«,
circa 1000 Meter unterhalb des Meeresbodens,
werden etwa 1 Million Tonnen CO2 injiziert, das
dem geförderten Erdgas zuvor als unerwünschte Verunreinigung entzogen wurde. Aufgrund
der in Norwegen üblichen CO2-Steuer ist die
kostenintensive Technologie auch wirtschaftlich
attraktiv; offenbar so sehr, dass das Unternehmen und seine Partner in der nördlichen Barentssee – im Snøhvit-Gasfeld – eine weitere Anlage in Betrieb genommen haben. Hier sollen in
den nächsten Jahren, bei jährlich ungefähr
700000 Tonnen, insgesamt mehr als 20 Millionen Tonnen CO2 in 2500 Meter unter dem Meeresboden liegende Sandsteine injiziert werden.
– Im kanadischen Weyburn wird seit 2000 eine
Pilotanlage betrieben, die erstmals CO2 aus einer
Industrieanlage für EOR-Maßnahmen benutzt.
Durchschnittlich 1,8 Millionen Tonnen CO2 werden jährlich in eine nahezu erschöpfte Erdöllagerstätte eingepumpt. Während das umweltschädliche CO2 auf Dauer in den zerklüfteten
Kalksteinen verbleiben soll, erwarten die Betreiber, am Ende der Versuchsphase 2015 zusätzlich
130 Millionen Barrel Öl gefördert zu haben.
11
– In den USA plant die Regierung, insgesamt circa 3 Milliarden US-Dollar in die Förderung der
CCS-Technologie zu investieren. Derzeit fördert
das Department of Energy im Rahmen seines
»Carbon Sequestration Partnership Programs«
verschiedene Pilotprojekte zu Abscheidung,
Transport und Speicherung von CO2. Regionale
Partnerschaften zwischen öffentlicher Hand
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und Unternehmen entwickeln hier landesweite
Best-Practice-Beispiele, um nationale Regulatorien erarbeiten zu können. Allein im Rahmen
des restrukturierten Future-Gen-Programms will
die US-Regierung in den nächsten Jahren cirka
1,3 Milliarden US-$ in die Entwicklung der CCSTechnologie investieren, davon bereits 290 Mio.
US-$ in 2009.
– Neben Nordamerika und Europa entwickelt sich
Australien zu einem weiteren regionalen Schwerpunkt der internationalen CCS-Forschung. Unter Federführung des Cooperative Research
Centre for Greenhouse Gas Technologies
(CO2CRC) wird hier neben dem seit April 2008
operierenden Otway-Projekt (Injektion von bis
zu 100000 Tonnen eines CO2-reichen Gases in
ein erschöpftes Erdgasfeld) derzeit eines der
weltweit größten Demonstrationsprojekte zur
CO2-Injektion vorbereitet. Ab 2012 sollen auf
einer vorgelagerten Insel an der NW-Küste Australiens pro Jahr circa 3-4 Millionen Tonnen CO2
in das Gorgon-Gasfeld injiziert werden. Im April
2009 wurde in Canberra das Global Carbon
Capture and Storage Institute (GCCSI) eröffnet,
das mit einer Anschubfinanzierung von 100
Millionen Australischen Dollar (circa 60 Mio.
Euro) ausgestattet ist.
Weltumspannend sind die Forschungsaktivitäten
im Rahmen des »Carbon Sequestration Leadership
Forum (CSLF)« und des »Greenhouse Gas R&D-Programme« der Internationalen Energie Agentur
(IEA; http://www.cslforum.org;
http://www.ieagreen.org.uk).
Deutschland ist Mitglied in beiden internationalen
Initiativen. Darüber hinaus stehen deutsche Forschungsgruppen in engem Kontakt zu ihren internationalen Kollegen, so dass heute ein weltweites
Innovationsnetzwerk wissenschaftlich-technologischer Kooperationen besteht.
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a)
11
b)
Abb. 49: a, b) Übersicht weltweiter Pilot- und Demonstrationsvorhaben zur geologischen CO2-Speicherung
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GEOTECHNOLOGIEN Science Reports –
Already published/Editions
No. 1
Gas Hydrates in the Geosystem – Status Seminar, GEOMAR Research Centre Kiel, 6–7 May
2002, Programme & Abstracts, 151 pages.
No. 2
Information Systems in Earth Management –
Kick-Off-Meeting, University of Hannover, 19
February 2003, Projects, 65 pages.
No. 3
Observation of the System Earth from Space –
Status Seminar, BLVA Munich, 12–13 June
2003, Programme & Abstracts, 199 pages.
No. 4
Information Systems in Earth Management –
Status Seminar, RWTH Aachen University, 23–
24 March 2004, Programme & Abstracts, 100
pages.
No. 5
Continental Margins – Earth’s Focal Points of Usage and Hazard Potential – Status Seminar,
GeoForschungsZentrum (GFZ) Potsdam, 9–10
June 2005, Programme & Abstracts, 112 pages.
No. 6
Investigation, Utilization and Protection of the
Underground – CO2-Storage in Geological Formations, Technologies for an Underground
Survey Areas – Kick-Off-Meeting, Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe
(BGR) Hannover, 22–23 September 2005, Programme & Abstracts, 144 pages.
No. 7
Gas Hydrates in the Geosystem – The German
National Research Programme on Gas Hydrates, Results from the First Funding Period
(2001–2004), 219 pages.
No. 8
Information Systems in Earth Management –
From Science to Application, Results from the
First Funding Period (2002–2005), 103 pages.
No. 9
1. French-German Symposium on Geological
Storage of CO2, Juni 21./22. 2007, GeoForschungsZentrum Potsdam, Abstracts, 202 pages.
No. 10
Early Warning Systems in Earth Management –
Kick-Off-Meeting, Technical University Karlsruhe, 10 October 2007, Programme & Abstracts,
136 pages.
No. 11
Observation of the System Earth from Space –
Status Seminar, 22–23 November 2007, Bavarian Academy of Sciences and Humanities, Munich, Programme & Abstracts, 194 pages.
No. 12
Mineral Surfaces – From Atomic Processes to
Industrial Application – Kick-Off-Meeting,
13–14 October 2008, Ludwig-Maximilians-Universtität, Munich, Programme & Abstracts, 133
pages.
No. 13
Early Warning Systems in Earth Management
– Status Seminar, 12–13 October 2009 Technische Universität München, Programme &
Abstracts, 165 pages.
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Die dauerhafte geologische
Speicherung von CO2 in Deutschland –
Aktuelle Forschungsergebnisse
und Perspektiven
Carbon Capture and Storage (CCS) kann zukünftig eine Schlüsselrolle im Portfolio
der CO2-Vermeidungstechnologien spielen. Von zentraler Bedeutung ist die dauerhaft sichere geologische Speicherung des abgeschiedenen Kohlendioxids (CO2).
In der öffentlichen Diskussion werden immer wieder die Sorgen der Bürgerinnen
und Bürger offenkundig, die um die Verlässlichkeit dieser neuen Technologie
fürchten. Für eine sachlich fundierte Diskussion ist die objektive Information durch
die Forschung unentbehrlich. In Deutschland gründet sie auf einer breit gefächerten wissenschaftlichen Expertise, die den Anspruch erhebt, die verschiedenen
Aspekte dieser neuen Technologie unabhängig zu erörtern. Zentrale Fragen sind
dabei: Welche Chancen eröffnet die CCS-Technologie dem Klimaschutz und dem
Technologiestandort Deutschland und welche Risiken ergeben sich für die Bevölkerung und die Umwelt?
Seit 2005 befassen sich im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und
Forschung (BMBF) geförderten Forschungsprogramms GEOTECHNOLOGIEN,
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus unterschiedlichen Fachdisziplinen
und Forschungseinrichtungen mit der CO2-Speicherung. Mit diesem GEOTECHNOLOGIEN-Science Report liegt erstmals eine zusammenfassende Darstellung
zum Forschungsstand und den Perspektiven der CO2-Speicherung in Deutschland
vor. Der Bericht berücksichtigt auch Forschungsarbeiten, die im Rahmen des
COORETEC-Programms, des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie
(BMWi) zum Thema »CO2-Speicherung« gefördert werden.
Science Report
9:31 Uhr
GEOTECHNOLOGIEN
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Die dauerhafte geologische Speicherung von CO2 in Deutschland
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GEOTECHNOLOGIEN
Science Report
Die dauerhafte geologische
Speicherung von CO2 in Deutschland –
Aktuelle Forschungsergebnisse
und Perspektiven
No. 14
ISSN: 1619-7399
No. 14
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