TZE_Mamma0805.Brosch..

Werbung
Schriftenreihe
TUMORZENTRUM
ERFURT e.V.
Mammakarzinom
Empfehlungen zur Diagnose, Therapie
und Nachsorge
Konsensuskonzept der
Arbeitsgruppe „Mammakarzinom“
am zertifizierten HELIOS-Brustzentrum Erfurt
6. überarbeitete Auflage
mit Datenauswertung des
Klinischen Krebsregisters Erfurt
Leiter der Arbeitsgruppe:
Univ.-Prof. Dr. med. U. B. Hoyme,
Direktor der Frauenklinik der
HELIOS Klinikum Erfurt GmbH
Nordhäuser Straße 74
99089 Erfurt
Telefon: 03 61 / 7 81 40 01
Telefax: 03 61 / 7 81 40 02
e-Mail: [email protected]
September 2005
Inhaltsverzeichnis
>>
Inhaltsverzeichnis
Seite
Einleitung ...............................................................................................3
1.
Diagnostik..............................................................................................5
1.1. Präoperative Untersuchungen..............................................................5
1.2. Histologische Sicherung ......................................................................5
1.3. Untersuchungen bei gesicherter Karzinomdiagnose..............................5
2.
Tumorklassifikation...............................................................................6
2.1. Tumorklassifikation nach TNM (2002) .................................................6
2.2. Histopathologische Untersuchung und Klassifikation ............................8
2.3. Histopathologische Beurteilung von Mammastanzbiopsien .................11
3.
Chirurgische Therapie.........................................................................13
3.1. Brusterhaltende Therapie ..................................................................13
3.2. Modifiziert radikale Mastektomie mit Axillaclearance..........................14
3.3. Axilladissektion.................................................................................14
3.4. Reduktionsmastektomie.....................................................................15
3.5. Exstirpation eines lokoregionären Rezidivs weit im Gesunden,
gegebenenfalls plastische Defektdeckung..........................................15
4.
5.
6.
7.
Strahlentherapie .................................................................................16
4.1. Kurativ-postoperativ: adjuvante Strahlentherapie................................16
4.2. Palliative Strahlentherapie .................................................................17
Adjuvante Therapie ............................................................................18
5.1. Empfehlungen zur adjuvanten Therapie.............................................18
5.2. Standardchemotherapie....................................................................19
5.3. Endokrine Therapie ..........................................................................19
5.4. Immuntherapie.................................................................................19
5.5. Hormonelle Substitution ....................................................................20
Therapie des metastasierten Mammakarzinoms ............................21
6.1. Hormontherapie der postmenopausalen Patientin ..............................21
6.2. Hormontherapie der prämenopausalen Patientin ...............................22
6.3. Chemotherapie ................................................................................22
6.4. Immuntherapie.................................................................................22
Nachsorge............................................................................................23
8.
Psychoonkologische Betreuung .........................................................25
9.
Synopsis................................................................................................26
10. Primäre systemische Chemotherapie (neoadjuvante
Chemotherapie)...................................................................................31
Mitglieder der Arbeitsgruppe „Mammakarzinom“.........................32
Anhang.................................................................................................33
2
Einleitung
>>
Einleitung
Mammakarzinom
Empfehlungen zur Diagnose, Therapie und Nachsorge
Das Mammakarzinom ist das häufigste Malignom der Frau in den entwickelten
Industrieländern. Es tritt aber auch beim Mann auf (m:w 1:80-100). Die Inzidenz für
die Bundesrepublik Deutschland wird für das Jahr 2000 mit 47.517 Neuerkrankten
(Zum Vergleich: Im Jahr 2000 neue Bundesländer und Berlin – 9706, Thüringen –
1355) angegeben. Zugleich ist Brustkrebs in der Altersgruppe 35 bis 54 Jahre die
häufigste Todesursache. Dies ist unter anderem damit zu erklären, dass es bereits in
der präklinischen Phase zur Metastasierung kommen kann, was die Bedeutung einer
frühzeitigen systemischen Therapie bei entsprechender Indikation unterstreicht.
In der präoperativen Abklärung sind ein metrisch beschreibender klinischer Befund,
die Mammografie sowie die Sonografie als obligat anzusehen. Weitere diagnostische
Verfahren haben sich in der Praxis nur bedingt bewährt oder sind speziellen
Fragestellungen vorbehalten (Pneumozystografie, Galaktografie, Thermografie,
Xeroradiografie, Hochgeschwindigkeits- bzw. Vakuumstanzbiopsie, Sekretzytologie,
Kernspintomografie u.a.) und sind in der Regel verzichtbar. Die Indikation zur weitergehenden operativen Intervention sollte sich stets auf den zweifelsfreien histologischen Befund stützen, der heute weitgehend durch Hochgeschwindigkeits- bzw.
Vakuumstanzbiopsie gewonnen wird.
Spätestens nach Karzinombestätigung sind die Asservierung von Blutproben für weitergehende Analysen sowie postoperative Oberbauchsonografie, Skelettszintigramm
und Röntgenuntersuchung des Thorax zur Sicherung von Ausgangsbefunden zu veranlassen. Die Indikation zur Behandlung ist in jedem Falle individuell und unter folgenden Maximen zu stellen:
• ausreichend sichere Entfernung des Karzinoms im Gesunden
• geringe Morbidität und hohe Lebensqualität (unter kurativem Ziel kann eine
aggressive Therapie mit vorübergehender Verschlechterung der Lebensqualität
notwendig sein)
• optimales ästhetisches und funktionelles Resultat der chirurgischen Intervention
• altersentsprechende Wertung der therapeutischen Alternativen.
Die diagnostischen, chirurgischen, chemo- und hormontherapeutischen Modalitäten
und die der Nachsorge sowie die Qualitätsstandards werden im speziellen Teil detailliert dargestellt. Die aufgeführten Standards sollten nur im Einzelfall bei begründeter
Indikation unterschritten werden.
Das Mammakarzinom ist ein Malignom, dessen Charakter die frühzeitige
Kooperation, Konsultation und Abstimmung zwischen verschiedenen medizinischen
3
Einleitung
Disziplinen unabdingbar macht, um eine für den einzelnen Patienten optimale
Behandlung garantieren zu können.
Die in diesem Konzept dargestellten Standards stellen den am zertifizierten Brustzentrum Erfurt bestehenden Konsensus dar. Für sicherlich notwendige Hinweise zur
Erweiterung, Präzisierung, Aktualisierung oder Korrektur sind die Verantwortlichen
schon heute dankbar.
4
1. Diagnostik
>>
1. Diagnostik
1.1. Präoperative Untersuchungen
• Anamnese: Vorsorgefrequenz, familiäre Belastung, genetische Bewertung, Zahl
der Kinder, Alter bei der ersten Schwangerschaft, Stillgewohnheiten, Menopausenstatus, exogene Hormonzufuhr, vorangegangene Brustdrüsenerkrankungen,
histologische Befunde
• Klinische Untersuchung
• Mammografie, Sonografie
• ggf. Kernspintomografie
1.2. Histologische Sicherung
• Stanzbiopsie
• Vakuumbiopsie
• Offene Biopsie
1.3. Untersuchungen bei gesicherter Karzinomdiagnose
•
•
•
•
•
Laboruntersuchungen (Tumormarker CEA, CA 15-3, Leberwerte)
Röntgenuntersuchung der Lunge
Oberbauchsonografie
Ganzkörperskelettszintigramm
bei Verdacht auf Metastasierung bzw. unklaren Befunden weiterführende gezielte
Diagnostik
5
2. Tumorklassifikation
>>
2. Tumorklassifikation
2.1. Tumorklassifikation nach TNM (2002)
Die pT-Kategorien entsprechen den T-Kategorien.
pT1
pT1mic
pT1a
pT1b
pT1c
pT2
pT3
pT4
pT4a
pT4b
pT4c
pT4d
Tumor 2 cm oder weniger in größter Ausdehnung
Mikroinvasion 0,1 cm oder weniger in größter Ausdehnung
mehr als 0,1 cm, aber nicht mehr als 0,5 cm in größter Ausdehnung
mehr als 0,5 cm, aber nicht mehr als 1 cm in größter Ausdehnung
mehr als 1 cm, aber nicht mehr als 2 cm in größter Ausdehnung
Tumor mehr als 2 cm, aber nicht mehr als 5 cm in größter Ausdehnung
Tumor mehr als 5 cm in größter Ausdehnung
Tumor jeder Größe mit direkter Ausdehnung auf die Brustwand oder Haut,
soweit unter pT4a bis pT4d beschrieben
Audehnung auf die Brustwand
Ödem (einschließlich Apfelsinenhaut) oder Ulzeration der Brusthaut oder
Satellitenknötchen der Haut und gleicher Brust
Kriterien 4a und 4b gemeinsam
Entzündliches (inflammatorisches) Karzinom
N-Kategorien werden abweichend von den pN- Kategorien klassifiziert.
N-Regionäre Lymphknoten
NX
N0
N1
N2
N3
Regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden (z.B. vor klinischer
Klassifikation bioptisch entfernt)
Keine regionären Lymphknotenmetastasen
Metastasen in beweglichen ipsilateralen axillären Lymphknoten
Metastasen in ipsilateralen axillären Lymphknoten, untereinander oder an
andere Strukturen fixiert
Metastasen in ipsilateralen Lymphknoten an der A. mammaria interna
pN-Regionäre Lymphknoten
Die pathologische Klassifikation erfordert die Resektion und Untersuchung zumindest
der unteren axillären Lymphknoten (Level I). Hierbei werden üblicherweise 6 oder
mehr Lymphknoten histologisch untersucht. Wenn die untersuchten Lymphknoten
tumorfrei sind, aber die Zahl der üblicherweise untersuchten Lymphknoten nicht
erreicht wird, soll pN0 klassifiziert werden.
Die Untersuchung eines oder mehrerer Schildwächterlymphknoten ("sentinel lymph
node") kann für die pathologische Klassifikation herangezogen werden.
pNX
Regionäre Lympknoten können nicht beurteilt werden
(zur Untersuchung nicht entnommen oder bereits früher entfernt)
6
pN0
pN1mi
pN1
pN1a
pN1b
pN1c
pN2
pN2a
pN2b
pN3
pN3a
pN3b
pN3c
2. Tumorklassifikation
Keine regionären Lymphknotenmetastasen
Mikrometastase (größer als 0,2 mm aber nicht größer als 0,2 cm)
Metastase(n) in 1-3 ipsilateralen axillären Lymphknoten und/oder ipsilateralen Lymphknoten entlang der A. mammaria interna mit mikroskopischer(en) Metastase(n), nachgewiesen durch Untersuchung des
Schildwächterlymphknotens, aber nicht klinisch erkennbar
Metastase(n) in 1-3 axillären Lymphknoten, zumindest eine Metastase
mehr als 0,2 cm in größter Ausdehnung
Lymphknoten entlang der A. mammaria interna mit mikroskopischer(en)
Metastase(n), nachgewiesen durch Untersuchung des Schildwächterlymphknotens, aber nicht klinisch erkennbar
Metastase(n) in 1-3 axillären Lymphknoten und Lymphknoten entlang der
A. mammaria interna mit mikroskopischer(en) Metastase(n), nachgewiesen durch Untersuchung des Schildwächterlymphknotens, aber nicht klinisch erkennbar
Metastase(n) in 4-9 axillären Lymphknoten oder in klinisch erkennbaren
Lymphknoten entlang der A. mammaria interna ohne axilläre
Lymphknotenmetastasen
Metastasen in 4-9 axillären Lymphknoten, zumindest eine Metastase mehr
als 0,2 cm in größter Ausdehnung
Metastase(n) in klinisch erkennbaren Lymphknoten entlang der A. mammaria interna ohne axilläre Lymphknotenmetastasen
Metastasen in 10 oder mehr ipsilateralen axillären Lymphknoten oder in
ipsilateralen infraklavikulären Lymphknoten oder in klinisch erkennbaren
Lymphknoten entlang der A. mammaria interna mit mindestens einer axillären Lymphknotenmetastase mit klinisch nicht erkennbarer(en)
Metastase(n) in Lymphknoten entlang der A. mammaria interna oder
Metastase(n) in supraklavikulären Lymphknoten
Metastase(n) in 10 oder mehr ipsilateralen axillären Lymphknoten (zumindest eine größer als 0,2 cm) oder in ipsilateralen infraklavikulären
Lymphknoten
Metastase(n) in klinisch erkennbaren Lymphknoten entlang der A. mammaria interna mit mindestens einer axillären Lymphknotenmetastase oder
Lymphknotenmetastasen in mehr als 3 axillären Lymphknoten und in
Lymphknoten entlang der A. mammaria interna, nachgewiesen durch
Untersuchung des/der Schildwächterlymphknoten(s), aber nicht klinisch
erkennbar
Metastase(n) in ipsilateralen supraklavikulären Lymphknoten.
Anmerkung:
Fälle mit isolierten Tumorzellen (ITC) in regionären Lymphknoten werden als pN0
klassifiziert. Isolierte Tumorzellen sind definiert als einzelne Tumorzellen oder kleine
Cluster von Zellen, die nicht größer als 0,2 mm in der größten Ausdehnung sind.
Typischerweise zeigen ITCs keine metastatische Aktivität.
7
2. Tumorklassifikation
pM-Fernmetastasen:
Die pM-Kategorien entsprechen den M-Kategorien
M0
M1
keine Metastasen
Fernmetastasen
R-Klassifikation
Das Fehlen oder Vorhandensein von Residualtumor nach Behandlung wird durch die
R-Klassifikation beschrieben.
RX
R0
R1
R2
Vorhandensein von Residualtumor kann nicht beurteilt werden
kein Residualtumor
Mikroskopischer Residualtumor
Makroskopischer Residualtumor
Nachbemerkung:
Im Falle multipler Tumoren in der Brust wird der Tumor mit der höchsten T-Kategorie
für die Klassifizierung herangezogen. Bei bilateralen Mammakarzinomen wird
getrennt klassifiziert. Bei multiplen simultanen Tumoren wird die Multiplizität oder die
Anzahl der Tumoren in Klammern angegeben. Als regionäre Lymphknoten gelten
ipsilaterale axilläre sowie intramammäre und Lymphknoten an der A. mammaria
interna. Jede andere Lymphknotenmetastase ist als Fernmetastase zu klassifizieren.
2.2. Histopathologische Untersuchung und Klassifikation
Die mikroskopische Untersuchung von Gewebeproben der Mamma ist die sicherste
Methode einen bösartigen Tumor der Brust zu beweisen und Prognosefaktoren zu
bestimmen, die den weiteren Behandlungsablauf festlegen.
Die histologische Sicherung bzw. der Ausschluss eines Mammakarzinoms erfolgt
anhand von Vakuum-Stanzbiopsiezylindern oder Probeexzisionen.
Durch die mikroskopische Untersuchung werden folgende Parameter festgelegt:
a) Histologischer Tumortyp
Der histologische Tumortyp und die Benennung der Risikoläsionen sowie des intraduktalen Karzinoms (DCIS) wird nach den Kriterien der WHO-Klassifikation der
Tumoren der Brust (2003) bestimmt. Die histologische Klassifikation der WHO unterscheidet 20 Hauptkarzinomtypen entsprechend ihrer Prognose, so dass auch der
histologische Karzinomtyp zur Entscheidung einer brusterhaltenden Therapie herangezogen werden kann.
8
2. Tumorklassifikation
Epitheliale Tumoren
Invasiv duktales Karzinom, nicht anderweitig spezifiziert
Gemischter Typ eines Mammakarzinoms
Pleomorphes Karzinom
Karzinom mit osteoklastären Riesenzellen
Karzinom mit Chorionkarzinom-Muster
Karzinom mit Melanomstrukturen
Invasiv lobuläres Karzinom
Tubuläres Karzinom
Invasiv kribriformes Karzinom
Medulläres Karzinom
Muzinöses Karzinom und andere Tumoren mit reichlich Schleimbildung
Muzinöses Karzinom
Zystadenokarzinom
Siegelringzellkarzinom
Neuroendokrine Tumoren
Solides neuroendokrines Karzinom
Atypisches Karzinoid
Kleinzelliges neuroendokrines Karzinom
Großzelliges neuroendokrines Karzinom
Invasiv papilläres Karzinom
Invasiv mikropapilläres Karzinom
Apokrines Karzinom
Metaplastische Karzinome
Reine epitheliale metaplastische Karzinome
Plattenepithelkarzinom
Adenokarzinom mit Spindelzellmetaplasie
Adenosquamöses Karzinom
Mukoepidermoidkarzinom
Gemischte epithelial/mesenchymale
metaplastische Karzinome
Lipidreiches Karzinom
Sekretorisches Karzinom
Onkozytäres Karzinom
Adenoid-zystisches Karzinom
Azinuszell-Karzinom
Glykogenreiches Klarzellkarzinom
Sebaziöses Karzinom
Inflammatorisches Karzinom
Lobuläre Neoplasie
Lobuläres Carcinoma in situ
ICD-O-M
8500/3
8022/3
8035/3
8520/3
8211/3
8201/3
8510/3
8480/3
8480/3
8490/3
8249/3
8041/3
8013/3
8503/3
8507/3
8401/3
8575/3
8575/3
8070/3
8572/3
8560/3
8430/3
8575/3
8314/3
8502/3
8290/3
8200/3
8550/3
8315/3
8410/3
8530/3
8520/2
9
2. Tumorklassifikation
Intraduktale proliferative Läsionen
Gewöhnliche duktale Hyperplasie
(Usual ductal hyperplasia = UDH)
Flache Atypie
Atypische duktale Hyperplasie (ADH)
Duktales Carcinoma in situ
Intraduktale papilläre Neoplasien
Zentrales Papillom
Peripheres Papillom
Atypisches Papillom
Intraduktales papilläres Karzinom
Intrazystisches papilläres Karzinom
Myoepitheliale Läsionen
Myoepitheliose
Adenomyoepitheliale Adenose
Adenomyoepitheliom
Malignes Myoepitheliom (myoepitheliales Karzinom)
8500/2
8503/0
8503/0
8503/2
8504/2
8983/0
8982/3
Mesenchymale Tumoren / maligne Lymphome
Aufgrund der Seltenheit dieser Tumorentität soll im Rahmen des Konsensuskonzeptes
nicht näher darauf eingegangen werden.
b) Histologisches Grading
Der histopathologische Grad gibt Auskunft über das Ausmaß aggressiven Verhaltens
des Karzinoms. Für die Bestimmung des histopathologischen Grades werden die
Fähigkeit des Karzinoms zur Drüsenbildung, die Zellatypie und die Zahl der Mitosen
herangezogen. Im Ergebnis der semiquantitativen Analyse wird eine Graduierung
von Grad I (Prognose günstig) bis Grad III (Prognose ungünstig) gegeben.
c) Ausbreitungsklassifikation
Die Karzinomausbreitung ist ein entscheidender Prognosefaktor. Zur Festlegung der
Ausbreitungsklassifikation (pT pN cM LV) wird am Operationspräparat die Größe des
Karzinoms ausgemessen, so dass je nach Größe des Karzinoms eine pT1 bis pT4Kategorie bestimmt wird.
Die pN-Kategorie (pN0-pN3c) gibt Auskunft über die Anzahl der befallenen
Lymphknoten in der Axillaregion und in der Region der Arteria mammaria interna.
Zur Festlegung der pN-Kategorie werden alle, bei der Operation geborgenen,
Lymphknoten histologisch untersucht, die Mindestanzahl histologisch bewerteter
Lymphknoten beträgt 6.
Die cM-Kategorie gibt Auskunft über mögliche, bereits nachgewiesene Metastasen
fern der regionalen Lymphknoten.
Im Primärtumor bzw. in seiner Nachbarschaft wird mikroskopisch nach Tumorzellen
in Lymphgefäßspalten (L0 oder L1) gesucht.
Analog besagt die Angabe V0 kein Nachweis von Tumorzellen in peripheren Venen
bzw. V1 den Nachweis von Tumorzellthromben in peripheren Venen.
10
2. Tumorklassifikation
d) R-Klassifikation
Die R-Klassifikation gibt Auskunft, ob das Karzinomgewebe komplett im Gesunden
entfernt wurde (R0), oder ob mikroskopische Reste des Karzinoms an den
Resektionsgrenzen nachweisbar sind (R1). Da eine Resektion des kompletten
Karzinoms im Gesunden von entscheidender prognostischer Bedeutung ist (R0Resektion), werden alle 6 Resektionsgrenzen des Operationspräparates als Schnellschnitt intraoperativ untersucht. Die intraoperative Schnellschnittuntersuchung der
Resektionsgrenzen gestatten dem Operateur eine Nachresektion bei fehlendem oder
nur knappem Sicherheitsabstand.
e) Immunhistochemische Bestimmung von Prognose- bzw. prädiktiven
Faktoren
An allen Mammakarzinomen wird immunhistochemisch die Expression des Östrogenund des Progesteronrezeptors bestimmt. Bei mehr als 10 % positiven Tumorzellen für
einen der beiden Rezeptoren gilt das Mammakarzinom als hormonrezeptorpositiv.
Das Her2-neu-Protein ist ein wichtiges Wachstumsfaktorrezeptorprotein (Rezeptor für
EGF). Eine Überexpression von Her2-neu wird in 20 % der Mammakarzinome gefunden und gestattet als innovativen Therapieansatz eine Blockade dieses
Rezeptorproteins. Für die Bestimmung der Her2-neu-Expression wird im Institut für
Pathologie des HELIOS-Klinikum Erfurt der FDA-zertifizierte Hercep-Test vorgenommen. Bei zweifelhaftem immunhistochemischen Ergebnis steht eine Genanalyse
(Her2-neu-FISH) mit standardisierter Auswertung zur Verfügung (Tumorgenetisches
Labor des Institutes für Pathologie).
f) Archivierung von Tumorgewebe
Weltweit finden sich z.Z. zahlreiche innovative Therapiestrategien für das metastasierte Mammakarzinom in Erprobung. Für die Anwendung dieser Therapiemöglichkeiten
ist eine Rezeptorbestimmung am Tumorgewebe meist eine obligate Voraussetzung.
Um den Patientinnen auch noch nach Jahren (bei Auftreten von Metastasen) die
Chance für die zukünftigen Therapiemöglichkeiten zu erhalten, wird im Zusatz zu den
üblichen histologischen Gewebsproben frisches Tumorgewebe schockgefroren und
bei Temperaturen unter -70° C aufbewahrt.
2.3. Histopathologische Beurteilung von Mammastanzbiopsien (B-Klassifikation)
Die Beurteilung der Zylinder erfolgt nach den Empfehlungen der National
Coordinating Group for Breast Screening Pathology (NHSBSP), Großbritannien, und
der europäischen Gesellschaft für Pathologie 2003:
B1-a
B1-b
Nicht verwertbar
Ausschließlich Normalgewebe
11
2. Tumorklassifikation
B2
B3
B4
B5
Benigne, u.a. fibrös-zystische Mastopathie, Fibroadenom, sklerosierende
Adenose, periduktale Mastitis
Benigne, aber mit unsicherem biologischen Potential, u.a. atypische intraduktale Epithelproliferationen, bei denen eine definitive Festlegung an der
perkutanen Biopsie nicht möglich ist (z.B. Veränderungen im Sinne einer
atypischen duktalen Hyperplasie: in Abhängigkeit von Ausdehnung und
Grad der Atypie ggf. auch Kategorie B4), lobuläre Neoplasie (atypische
lobuläre Hyperplasie und LCIS), papilläre Läsionen (bei hochgradigem
V.a. papilläres DCIS, ggf. auch Kategorie B4), radiäre Narbe/komplexe
sklerosierende Läsion, V.a. Phylloides-Tumor.
Malignitätsverdächtig, z.B. vermutlich maligne Veränderungen, aber
Beurteilung aus technischen Gründen eingeschränkt, atypische intraduktale Epithelproliferationen in Abhängigkeit von Ausdehnung und Schwere
der Atypie (siehe auch Kategorie B3).
Maligne, z.B. DCIS, invasive Karzinome, maligne Lymphome.
B5a In situ - Karzinome
B5b Invasive Karzinome
B5c Unklassifiziert
12
3. Chirurgische Therapie
>>
3. Chirurgische Therapie
Prinzipiell gilt, dass jeder suspekte Gewebebezirk vollständig zu entfernen ist.
Kosmetisch günstig ist der periareoläre Bogenschnitt oder bei peripherer Lage die
semizirkuläre Inzision über dem Tumor. Bei entsprechender Lage kann auch die
Schnittführung in der Submammärfalte oder am Pektoralisrand indiziert sein. Beim
hautnahen auf Karzinom verdächtigen Befund ist eine Hautspindel oder -sichel mit
auszuschneiden.
Das Exzidat wird entsprechend einer mit dem Histopathologen vereinbarten
Konvention markiert und kartografisch fixiert transportiert. Nach Möglichkeit wird
durch diesen neben der Schnellschnittuntersuchung auch die Asservierung von
Gewebe für die Bestimmung von Hormonrezeptoren sowie Prognosefaktoren vorgenommen.
Ist eine mammografisch suspekte Veränderung nicht tastbar, so ist das zu entfernende Areal unter mammografischer oder auch sonografischer Kontrolle vorab zu markieren. Die Vollständigkeit der Exstirpation bei Verkalkungsherden muss mittels
Präparateradiografie gesichert werden.
Bei suspekter Galaktorrhoe erfolgt die Exzision komplett nach Blaudarstellung vom
Areolarand her. Der zentrale Teil wird gekennzeichnet. Bei Verdacht auf PagetKarzinom erfolgt die Diagnosesicherung durch Biopsie aus der Mamille und dem
retroareolären Gewebe.
3.1. Brusterhaltende Therapie (Tumorektomie, Segmentresektion, Quadrantenresektion) mit Axillaclearance und
obligater Bestrahlung des Restparenchyms der Brust,
nicht der Axilla bei adäquater Clearance
Indikation zur brusterhaltenden Therapie:
• lokal begrenzte nicht invasive sowie invasive Karzinome mit günstiger Relation von
Tumorgröße zu Brustvolumen
• Tumor ist beweglich gegenüber der Muskulatur
• Tumor infiltriert nicht die darüberliegende Haut
• präoperative Bereitschaft zur Radiatio
Kontraindikation zur brusterhaltenden Behandlung:
• inkomplette Tumorausschneidung auch nach Nachresektion
• schlechte und unsichere Abgrenzbarkeit
• multizentrische Karzinome (Distanz > 4 cm)
• multifokale Herde mit diffuser Mikrokalzifikation
• ausgedehnte lymphangische Beteiligung (Lymphangiosis carcinomatosa)
13
3. Chirurgische Therapie
• ausgedehntes intraduktales Karzinom in und um den Tumor bei invasivem duktalen Karzinom
• kleine Brust
• für Bestrahlung nicht geeignete (große) Brust (Reduktionsmastektomie?!)
• Ablehnung der Nachbestrahlung
• retroareolärer Sitz (bedingt)
3.2. Modifiziert radikale Mastektomie mit Axillaclearance
• Standardoperation, wenn die Voraussetzungen für eine brusterhaltende Therapie
nicht gegeben sind und bei Patientenwunsch
• Entfernung des gesamten Brustdrüsenkörpers einschließlich Pektoralisfaszie und
axilläre Lymphknotenentfernung (mindestens Level I und II)
• Sofortrekonstruktion auf Wunsch (Expander/Implantat; nach frühestens 6
Monaten 2. Phase mit Reduktionsplastik/Mastopexie kontralateral, sowie AreolaMamillen-Rekonstruktion)
• Sekundärrekonstruktion (nach 6 – 12 Monaten, Expander, Implantat, Lappenplastiken)
• Im Stadium IV erfolgt ggf. die einfache Mastektomie oder Lumpektomie wegen
drohender Exulzeration.
• Technisch primär nicht operable (inflammatorische) Karzinome werden nach
histologischer Sicherung chemotherapeutisch (radiologisch) behandelt, danach
operiert.
3.3. Axilladissektion
• gegenwärtig Standardoperation
• Entfernung und histologischer Nachweis von mindestens 10 Lymphknoten gefordert.
• alleinige Sentinel-Lymphonodektomie nur bei optimalen Voraussetzungen (TuGröße maximal 2 cm, klinisch freie Axilla, adäquate Patientinnenaufklärung und
-einsicht, Gewährleistung engmaschiger Nachsorge, tumorfreier Lymphknoten im
Schnellschnitt) mittels Radionuklid- und evtl. Farbdarstellung, bei entsprechender
Indikation auch bei Z.n. Tumorexstirpation
• Verzicht auf Axilladissektion:
– DCIS
– Invasives Karzinom im Stadium pT1mic
– Tubuläres Karzinom unter 10 mm
14
3. Chirurgische Therapie
3.4. Reduktionsmastektomie
Im Einzelfall Alternative zur typischen brusterhaltenden Operation, z.B. bei für
Bestrahlung primär ungünstiger voluminöser Brust.
3.5. Exstirpation eines lokoregionären Rezidivs weit im Gesunden, gegebenenfalls plastische Defektdeckung
(Thorakoepigastrischer Verschiebe- oder Schwenklappen, Musculus latissimus dorsi-Lappen, transversaler
Musculus rectus abdominis-Schwenklappen mit einoder doppelseitiger Stielung bzw. bei Mikrogefäßanschluss freies Transplantat)
• histologische Untersuchung und Rezeptorbestimmung, ebenso Her2-neu
• bei Lokalrezidiv nach brusterhaltender Operation nunmehr Ablatio, chirurgische
Maßnahme geht vor Radiatio, ggf. partielle Thoraxwandresektion
3.6. Fernmetastasierung
Die Zurücknahme der Radikalität des Eingriffes im Bereich der Mamma kann indiziert
sein, daneben eventuell die primär chirurgische Sanierung der Metastasierung.
Bei Skelettmetastasierung in statikrelevante Bereiche sind Osteosynthese,
Verbundosteosynthese oder Endoprothesenimplantation indiziert, nachfolgend oder
alternativ die Radiatio.
15
4. Strahlentherapie
>>
4. Strahlentherapie
4.1. Kurativ-postoperativ: adjuvante Strahlentherapie
Hochvolttherapie (Linearbeschleuniger, CT- und planungsrechnergestützte 3DBestrahlungsplanung)
Beginn:
• 4 – 8 Wochen postoperativ oder
• nach abgeschlossener Chemotherapie
Nach brusterhaltender Operation:
• Bestrahlung der befallenen Brust und Brustwand, Gesamtdosis 50,4 Gy
• Boost-Bestrahlung (Indikation: prämenopausale Frauen, 10 Gy)
Nach modifiziert-radikaler Mastektomie:
Indikation:
• T3/T4 Karzinome
• T2-Karzinome > 3 cm
• Multizentrizität
• Lymphangiosis carcinomatosa, Gefäßeinbrüche (L1/V1)
• Befall der Pektoralisfaszie oder Sicherheitsabstand < 5 mm
• R1/R2-Resektion
• ≥4 befallene Lymphknoten
• Summation von Risikofaktoren (1 – 3 befallene Lymphknoten, G3, Rezeptornegativität)
• Boost bei R1-Resektion > 16 Gy
Axilla:
Indikation:
• nachgewiesener Lymphknotenbefall ohne totale Metastasenentfernung
• Kapseldurchbruch axillärer Lymphknotenmetastasen
• weniger als 10 Lymphknoten exstirpiert und untersucht (N0 und N+)
• Lymphangiosis des axillären Fettgewebes
Gesamtdosis: 50,4 Gy
Parasternale Lymphknoten:
Bei medialem und zentralem Tumorsitz und axillärer Metastasierung.
Gesamtdosis: 50,4 Gy
16
Infra- und supraklavikuläre Lymphknoten:
• Bei Bestrahlung der axillären oder parasternalen Lymphknoten
• bei direktem Metastasennachweis.
4. Strahlentherapie
Gesamtdosis: 50,4 Gy
4.2. Palliative Strahlentherapie
Technisch bzw. biologisch nicht optimal operabler Primärtumor:
• Gleiches Vorgehen wie bei der adjuvanten Strahlentherapie nach brusterhaltender Operation
Gesamtdosis: mindestens 50 Gy
Lokalrezidive, Lymphknotenrezidive:
• wenn möglich operativ entfernen
• ohne vorausgegangene Strahlentherapie: Vorgehen wie bei adjuvanter postoperativer Strahlentherapie, Boost-Bestrahlung von Tumorresten
• nach vorausgegangener Strahlentherapie: individuelle Planung unter
Berücksichtigung der bisher eingestrahlten Dosis und bestrahlten Regionen
Skelettmetastasen:
• solitäre Metastasen: mindestens 40 Gy (Einzeldosis: 2 Gy)
• generalisierte Metastasen im Skelett; Hauptschmerzlokalisation: ED 3 Gy
Hirnmetastasen:
• Bestrahlung des gesamten Hirns mit einer Gesamtdosis von 30 bis 40 Gy, eventuell kleinvolumige Aufsättigung
• nach Operation solitärer Hirnmetastasen bei gutem Allgemeinzustand (kein
Nachweis generalisierter Metastasierung) Bestrahlung des gesamten Hirns bis
30 Gy Gesamtdosis
Haut- und Weichteilmetastasen:
Individuelle Planung und Dosierung
17
5. Adjuvante Therapie
>>
5. Adjuvante Therapie
5.1. Empfehlungen zur adjuvanten Therapie (Konsensus
St. Gallen 2005, Stand 31.08.2005)
Definition der Risikogruppen
Niedriges Risiko
N0 und > 35 Jahre und rezeptorpositiv und G1 und Tumorgröße < 2 cm und L0 und
V0 und Her2-neu negativ
Mittleres Risiko - unabhängig vom Rezeptorstatus
N0 und L0 und V0 und eines der folgenden Kriterien: Alter < 35 Jahre oder Her2-neu
positiv oder G 2 - 3 oder Tumor über 2 cm
oder
N+ (1 - 3 Lymphknoten befallen) und L0 und V0 und Her2-neu negativ
Hohes Risiko
N+ (mehr als 3 Lymphknoten befallen)
oder
N+ und L1 oder V1 und Her2-neu positiv
Behandlung nach Risikostratifikation
Endokrine Response
Niedriges Risiko
Prämenopause
Postmenopause
Endokrine Response
Endokrine Response zweifelhaft
Tam oder nichts
Prämenopause
Mittleres Risiko
Endokrine Response zweifelhaft
Tam+OS
oder
CT gefolgt von
Tam+OS
Tam oder Tam/AH
oder Anastrozol
Postmenopause
Tam oder
Anastrozol
oder Tam
gefolgt von
AH oder CT
gefolgt von
Tam/AH
18
Prämenopause
CT gefolgt von
Tam+OS oder
CT allein
Postmenopause
CT gefolgt
von Tam/AH
5. Adjuvante Therapie
Endokrine Response
Prämenopause
Hohes Risiko
CT gefolgt
von
Tam+OS
Postmenopause
CT gefolgt
von Tam oder
AH oder
Tam/AH
Endokrine Non-Response
Prämenopause
CT
Postmenopause
CT
Anmerkungen:
OS = ovarielle Suppression
Tam = Tamoxifen
AH = Aromatasehemmstoffe
CT = Chemotherapie
5.2. Standardchemotherapie
• Anthrazyklinhaltige Schemata bevorzugt, 6 x FE (100) C oder
6 x FE (120) C
• Taxane sequenziell oder als TAC-Schema in der Hochrisikosituation
möglich
• CMF klassisch oder i.v. bei Kontraindikationen gegen Anthrazykline
• Cave: Ovarprotektion mit GnRH - Analoga bei potenziellem Kinderwunsch
mindestens 14 Tage vor Beginn der Chemotherapie, ggf. Fortsetzung
bei endokriner Response
5.3. Endokrine Therapie
•
•
•
•
Ovarielle Suppression mit GnRH für 2 Jahre in der Prämenopause
Tamoxifen 20 oder Anastrozol für 5 Jahre
erweiterte Adjuvanz nach 5 Jahren Tamoxifen mit Letrozol für 5 Jahre
Sequenzielle Therapie nach 2-3 Jahren Tamoxifen mit Wechsel auf Exemestan
für insgesamt 5 Jahre
5.4. Immuntherapie
• Trastuzumab in der adjuvanten Situation bislang kein Standard
19
5. Adjuvante Therapie
5.5. Hormonelle Substitution
•
•
•
•
•
vorbehaltlich der aktuellen wissenschaftlichen Diskussion
immer Individualentscheidung
Gestagen jederzeit
Östrogen/Gestagen – Kombination frühestens nach fünf Jahren Rezidivfreiheit
Gravidität frühestens nach zwei Jahren Rezidivfreiheit und qualifizierter
Risikoabwägung
20
6. Therapie des metastasierten Mammakarzinoms
>>
6. Therapie des metastasierten
Mammakarzinoms
Die Therapieentscheidung erfolgt grundsätzlich nach Vorhandensein und Bewertung
von Prognosekriterien. Nach gegenwärtigem Wissensstand ist das metastasierte
Mammakarzinom nicht heilbar. Ziel der Behandlung ist die Erhaltung einer möglichst
hohen Lebensqualität und Symptomfreiheit.
Über die chirurgische Therapie von Metastasen sollte individuell entschieden werden
(z.B. Frakturgefährdung, eingetretene Frakturen, isolierte viszerale oder zerebrale
Metastasierung nach längerer Rezidivfreiheit).
Im Vordergrund stehen jedoch die systemische Therapie sowie die Strahlentherapie.
Bei Skelettmetastasierung gilt die zusätzliche Gabe von Bisphosphonaten als
Standard. Die Therapiewahl erfolgt unter Einbezug folgender Faktoren:
– Alter
– Beschwerdebild
– Her2-neu-Status
– Hormonrezeptorstatus
– Menopausenstatus
– Metastasierungsmuster
– Fulminanz der Erkrankung
– vorausgegangene Therapien (adjuvant/palliativ).
Hormone stellen die Therapie der ersten Wahl bei positivem oder unbekanntem
Rezeptorstatus dar.
Eine Ausnahme bilden Patientinnen mit hohem Remissionsdruck (ausgeprägte
Symptomatik, drohender Organausfall). Hier steht die Chemotherapie im
Vordergrund.
Der Her2-neu-Status hat nach gegenwärtiger Auffassung keinen Einfluss auf die
Indikationsstellung zur Hormontherapie.
6.1. Hormontherapie der postmenopausalen Patientin
Aromatasehemmer (Anastrozol, Exemestan, Letrozol)
Antiöstrogene (Fulvestrant, Tamoxifen)
Gestagene
6.2. Hormontherapie der prämenopausalen Patientin
Ausschaltung der Ovarialfunktion (GnRH-Analoga, Ovarektomie, Bestrahlung der
Ovarien) in Kombination mit Tamoxifen
In Kombination mit Aromatasehemmer der dritten Generation
In Kombination mit Fulvestrant oder Gestagenen
21
6. Therapie des metastasierten Mammakarzinoms
6.3. Chemotherapie
(in Abhängigkeit von vorausgegangener Therapie)
Monotherapie
Taxane = T, (Docetaxel, Paclitaxel)
Anthrazykline bzw. Anthrazenderivate = A, (Doxorubicin, pegyliertes liposomales
Doxorubicin, liposomales Doxorubicin, Epirubicin, Mitoxantron)
Polychemotherapie
Kombination von A und T
Kombination von Docetaxel und Capecitabin
Kombination von A, Cyclophosphamid +/- 5-Fluorouracil
oder CMF (bei reduzierter Therapierbarkeit)
Nach Versagen von Anthrazyklin und Taxan können folgende Pharmaka eingesetzt werden:
–
–
–
–
–
–
–
Bendamustin
Capecitabin
CMF
Gemcitabin
pegyliertes liposomales Doxorubicin
Vinorelbin
Experimentelle Therapeutika in Studien
6.4. Immuntherapie
–
–
–
Trastuzumab (bei Her2-neu-Überexpression)
Monotherapie nach Vorbehandlung mit Anthrazyklinen und Taxanen
Kombination mit Taxanen
6.5. Palliativmedizin und Hospiz
Palliativmedizinische Betreuung in Thüringen auf den entsprechenden Stationen der
Frauenklinik des Südharz Krankenhauses Nordhausen, des Katholischen Krankenhauses St. Nepomuk Erfurt, der Klinik für Palliativmedizin in der Zentralklinik Bad
Berka sowie am Kreiskrankenhaus Sömmerda.
Aufnahmekriterien:
– Indikation für Krankenhausbehandlung
– Ambulant nicht kontrollierbare Symptomatik
– Realistische Chance auf Besserung
– Psychosoziale Notlage
Darüber hinaus besteht die Möglichkeit der Kontaktaufnahme mit dem stationären
Hospiz Bad Berka sowie der Hospizgruppe Erfurt.
22
7. Nachsorge
>>
7. Nachsorge
Die Nachsorge erfolgt risikoadaptiert und individualisiert, wobei die wesentliche
Maxime die Erhaltung der Lebensqualität ist. Ein starres Nachsorgekonzept erscheint
nicht sinnvoll, nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Mehrzahl
der Rezidive von den Patientinnen selbst erkannt wird und Art und Intensität der
Nachsorge keinen signifikanten Einfluss auf die Überlebenszeit zu haben scheinen.
Die Ziele und Methoden der Nachsorge sind wie folgt definiert:
–
–
–
–
–
psychische und soziale Rehabilitation der Patientin aufgrund der konkreten
ambulanten Defizite
Mitarbeit in Selbsthilfegruppen
Früherkennung und Behandlung von Therapiefolgen
Anschlussheilbehandlung / Kur
Diagnostik und Therapie von Rezidiven.
Konkret bedeutet dies, dass nach einem Lokalrezidiv sowie nach einem kontralateralen Mammakarzinom vorrangig gefahndet werden muss (insbesondere mittels
Mammografie-Sonografie). Die routinemäßige Anwendung technischer Untersuchungsmethoden (Ganzkörperskelettszintigrafie, Computertomografie, Oberbauchsonografie) ist umstritten.
23
7. Nachsorge
Empfehlungen zur Nachsorge nach abgeschlossener Primärtherapie:
Anamnese und
Untersuchung
Tumormarker
Selbstuntersuchung
nach
Mastektomie
vierteljährlich für
3 Jahre, halbjährlich bis 5. Jahr,
dann jährlich
monatlich auf Dauer
jährlich
Sonografie von
Mamma, regionären Lymphabflußgebieten/
Thoraxwand
halbjährlich
Ganzkörperskelettszintigrafie,
Labor
Oberbauchsonografie
vierteljährlich für 3 Jahre,
halbjährlich für noch nicht
definierte Zeit
Tumormarker in der Routine verzichtbar
Mammografie
Röntgen Thorax
nach brusterhaltender
Therapie
kontralaterale Brust
jährlich, ipsilaterale Brust
in den ersten beiden
Jahren halbjährlich,
dann jährlich
in den ersten beiden Jahren
mindestens
halbjährlich
bei entsprechenden Symptomen
bei klinischem Verdacht auf
Metastasen, z. B. Knochenschmerzen
bei entsprechenden Symptomen
24
8. Psychoonkologische Betreuung
>> 8. Psychoonkologische Betreuung
Die psychoonkologische Betreuung erfolgt behandlungsintegriert und bedarfsgerecht
nach der diagnostischen Erhebung und Einteilung in die Risikogruppen (Abb.1). Die
Diagnostik erfolgt mittels Screening-Fragebogen, psychoonkologischer Basisdokumentation und spezifischer Exploration. Das Ziel besteht in der Förderung des
Selbstmanagements der Situation und der Stabilisierung des intrapsychischen und
psychosozialen Gleichgewichtes.
Belastung aufgrund der
Erkrankung und Therapie
Krankheitsverarbeitung
Zusätzliche psychosoziale
Belastungen
Gesundheitsverhalten
Risikogruppe I
Risikogruppe II
Zustand bei Krebserkrankung
ohne zusätzliche Belastung
Copingprobleme
familiäre Probleme
Angst, Depression, Anpassungsstörung,
akute Belastungsreaktion
Risikogruppe III
Die psychoonkologische Betreuung erstreckt sich über drei Ebenen Diagnostik,
Therapie und Nachsorge entsprechend dem Betreuungsbedarf der Patientin (Abb.2)
Ergebnisorientierung in der Psychoonkologie
Belastungen /
Kompetenzen
Psychologisch /
Psychosoziale
Leistungen
Behandlungsbeginn
Behandlungsverlauf
Behandlungsende
ambulante
Nachsorge
Schock
Befolgen
Selbstvertrauen
Unerfahrenheit
Mitwirken
Selbstmanagement
Hilflosigkeit
Zusammenwirken Selbstwirksamkeit
Risikogruppe I
Information/Aufklärung (z.B. Arzt)
Risikogruppe II Unterstützung/Anleitung (z.B. Sozialpädagoge)
Risikogruppe III Beratung/Behandlung (z.B. Psychotherapeut)
25
9. Synopsis
>>
9. Synopsis
Therapie des Stadium 0 (Formel: pTisN0M0)
Duktales Carcinoma in situ
Operative Therapie:
Bei brusterhaltender Operation weiträumig freie Schnittränder !
Indikation zur Mastektomie:
– Ausdehnung der Läsion über 4 cm
– DCIS, welches auch nach mehreren Nachresektionen nicht im Gesunden entfernt ist
– Multizentrizität
Adjuvante Therapie:
–
–
Radiatio nach brusterhaltender Operation
Tamoxifen bei rezeptorpositivem DCIS
Carcinoma lobulare in situ
(nicht invasives lobuläres Karzinom)
Operation:
Lumpektomie
Hormonth.:
nein
Radiatio:
Chemo-/
nein
Achtung!
Engmaschige klinische und mammografische Kontrollen (6 – 12 Monate)
26
9. Synopsis
Therapie des Stadium I (Formel: pT1N0M0)
Variante A
Operation:
Radiatio:
Variante B
Chemo-/
Hormonth.:
Operation:
Radiatio:
Chemo-/
Hormonth.:
* SLNE als Option
Lumpektomie oder Quadrantektomie
und Axillaclearance *
ja
nach Risikobewertung (s. o.)
modifiziert radikale Mastektomie
(mit Axillaclearance)
nein
nach Risikobewertung (s. o.)
Therapie des Stadium II
Therapie des Stadium IIA ohne Lymphknotenbefall (Formel: pT2N0M0)
Variante A
Operation:
Radiatio:
Variante B
Chemo-/
Hormonth.:
Operation:
Radiatio:
Chemo-/
Hormonth.:
modifiziert radikale Mastektomie
(mit Axillaclearance)
in der Regel nein
nach Risikobewertung (s. o.)
Lumpektomie oder Quadrantektomie
und Axillaclearance bei Tumor bis 3 cm
Durchmesser und entsprechendem
Brustvolumen
ja
nach Risikobewertung (s. o.)
27
9. Synopsis
Therapie des Stadium IIA mit Lymphknotenbefall (Formel: pT2N1M0)
Variante A
Operation:
Radiatio:
Variante B
Chemo-/
Hormonth.:
Operation:
Radiatio:
Chemo-/
Hormonth.:
modifiziert radikale Mastektomie
(mit Axillaclearance)
nach Risikobewertung (s. o.)
ja
Lumpektomie oder Quadrantektomie
und Axillaclearance
ja
ja
Therapie des Stadium IIB ohne Lymphknotenbefall (Formel: pT3N0M0)
sowie mit Lymphknotenbefall (Formel: pT2N1M0)
Variante A
Operation:
Radiatio:
Variante B
modifiziert radikale Mastektomie
(mit Axillaclearance)
nach Risikobewertung (s. o.)
Chemo-/
Hormonth.:
ja
Radiatio:
ja
Chemo-/
Hormonth.:
ja
Operation:
Lumpektomie oder Quadrantektomie
und Axillaclearance bei Tumor bis 3 cm
Durchmesser und entsprechendem
Brustvolumen
28
9. Synopsis
Therapie des Stadium III
Therapie des Stadium IIIA (Formel: pT1-2N2M0, pT3N1-2M0)
Operation:
Radiatio:
Chemo-/
Hormonth.:
modifiziert radikale Mastektomie
(mit Axillaclearance) oder bei pT1-2 (< 3 cm)
Quadrantektomie, Axillaclearance
ja
ja
Therapie des Stadium IIIB (Formel: pT4N0-3M0, pT1-4N3M0)
Operation:
Radiatio:
Chemo-/
Hormonth.:
modifiziert radikale Mastektomie
(mit Axillaclearance)
ja
ja
Therapie des Stadium IV (Formel: T1-4N0-3M1)
In diesem Stadium ist mit der operativen Therapie zurückhaltend zu verfahren.
Ausnahmsweise kommt die Lumpektomie oder die einfache Mastektomie bei drohender oder vorhandender Ulzeration in Betracht.
Die palliative Bestrahlung mit 40 bis 50 Gy kann indiziert sein, auch die Bestrahlung
größerer regionärer Lymphknotenbefunde.
Fernmetastasen, insbesondere statikgefährdende im Bereich des Skelettes, sollten
palliativ einer stabilisierenden Operation und/oder einer Strahlentherapie zugeführt
werden.
Für das inflammatorische Mammakarzinom gelten die o. g. Leitsätze sinngemäß in
gleicher Weise. Auch hier gilt, dass die radikale Operation primär oft nicht möglich
oder nicht indiziert ist. Die antineoplastische Chemotherapie, die in Einzelfall auch
intraarteriell appliziert werden kann, ist in dieser Situation angezeigt. Tritt eine
Rückbildung des Befundes ein, sollte die Operation gemäß den genannten Kriterien
angeschlossen werden, insbesondere wenn keine Fernmetastasen bestehen. Die weitere Therapie erfolgt chemotherapeutisch bzw. bei persistierendem lokalen Befund
durch simultane Radiatio.
29
9. Synopsis
Therapie des Paget-Karzinoms
Nach histologischer Sicherung aus der Mamille bzw. dem retromamillären Gewebe
ist die modifiziert radikale Mastektomie mit Axillaclearance im Prinzip indiziert. Die
Nachbehandlung erfolgt entsprechend dem Tumorstadium.
30
10. Primäre systemische Chemotherapie (neoadjuvante Chemotherapie)
>> 10. Primäre systemische Chemotherapie
(neoadjuvante Chemotherapie)
Indikation:
–
–
–
–
inflammatorisches Mammakarzinom
inoperables Mammakarzinom
nach sorgfältiger Risikoabwägung und Patientenaufklärung als Option bei ungünstiger Relation von Tumorgröße zu Brustvolumen
möglichst innerhalb von Studien
Therapiesequenz:
1. Histologische Sicherung des Karzinoms
2. Exakte metrische Dokumentation (Mammografie, Sonografie, MRT der Mamma)
3. 3 – 4 Kurse einer anthrazyklinhaltigen Chemotherapie, ggf. gefolgt von einem
Taxan (Anlehnung an Schema der GEPARDUO-Studie empfohlen)
4. Metrische Verlaufskontrollen
5. Operation entsprechend den neuen Grenzen
6. Postoperative Strahlentherapie wie bei jeder adjuvanten Therapie
7. Endokrine Therapie bei Rezeptorpositivität
31
Mitglieder der Arbeitsgruppe „Mammakarzinom“
>>
Mitglieder der Arbeitsgruppe
„Mammakarzinom“
Dr. med. Gabriele Dötsch
Frauenklinik, HELIOS Klinikum Erfurt
Univ.-Prof. Dr. med. G. Endert
Klinik für Nuklearmedizin, HELIOS Klinikum Erfurt
Dr. med. F. Gaerisch
Radiologische Praxis, Erfurt
Dr. rer. nat. H. Göbel
Tumorzentrum Erfurt e.V.
Dr. med. U. Hauch
Internistisch-onkologische Praxis, Erfurt
Dr. med. Barbara Henkel
Institut für Pathologie, HELIOS Klinikum Erfurt
Univ.-Prof. Dr. med. U. B. Hoyme
Frauenklinik, HELIOS Klinikum Erfurt
K. Hubrich
Praxis für Strahlentherapie, Erfurt
Dr. med. Jana Klingner
Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie, HELIOS Klinikum Erfurt
Univ.-Prof. Dr. med. H. Kosmehl
Institut für Pathologie, HELIOS Klinikum Erfurt
Dipl.-Psych. A. Lohse
Tumorzentrum Erfurt e.V.
Dr. med. Anja Merte
Frauenklinik, HELIOS Klinikum Erfurt
Dr. med. Katharina Minkus
Radiologische Praxis, Erfurt
Dr. med. Christina Müller
Klinik für Palliativmedizin, Zentralklinikum Bad Berka
Dr. med. V. von Paris
Inselsbergklinik Tabarz
Priv.-Doz. Dr. med. Ulrike Schalldach
Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie, HELIOS Klinikum Erfurt
Dr. med. J. Weniger
Praxis für Hämatologie und Onkologie, Erfurt
32
Anhang
>>
Anhang
Auswertung der Daten des klinischen Krebsregisters des Tumorzentrums
Erfurt zum Mammakarzinom
H. Göbel*, U. B. Hoyme**
* Leiter Tumorzentrum Erfurt e.V., HELIOS Klinikum Erfurt, Nordhäuser Str. 74, 99089 Erfurt
** Direktor der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, HELIOS Klinikum Erfurt,
Nordhäuser Straße 74, 99089 Erfurt
Das theoretische Risiko an Brustkrebs zu erkranken beträgt in der Bundesrepublik
Deutschland für eine gesunde Frau etwa 8 Prozent. Dies entspricht 46.000 bis 50.000
Frauen pro Jahr, von denen 18.000 bis 19.000 an ihrem Karzinom sterben werden.
Die Dokumentation des klinischen Krebsregisters am Tumorzentrum Erfurt begann
prospektiv im Mai 1993. Daneben liegen retrospektiv erhobene Daten vor, die bis in
das Jahr 1953 zurückreichen.
Über spezielle Meldebögen und/oder Arztbriefkopien erfolgte bis heute die Erfassung
aufgrund der Behandlung durch Ärzte/Zahnärzte in den angeschlossenen
Krankenhäusern oder in der niedergelassenen Praxis. Dabei werden gemäß der bundeseinheitlichen Basisdokumentation für Tumorerkrankungen die Parameter aus den
Bereichen Diagnose, Therapie und Verlauf erfasst. Diese Informationen gehen einerseits in das von den neuen Bundesländern gemeinsam geführte epidemiologische
Krebsregister (GKR) in Berlin ein, andererseits ist auf dieser Basis am Tumorzentrum
Erfurt die vollständige Verlaufsdokumentation einschließlich einer statistischen
Auswertung im Sinne einer onkologischen Qualitätsanalyse möglich, die (auch klinikbezogen) Aussagen zur Versorgungssituation des Mammakarzinoms in Mittel- und
Westthüringen erlaubt.
Über das GKR werden die Daten des klinischen Krebsregisters mit den von den
Gesundheitsämtern übermittelten Sterbedaten und Todesursachen abgeglichen.
Damit sind Langzeitanalysen zu Überleben allgemein und tumorfreiem Überleben
möglich. Zugleich können Aussagen zur Radikalität, zu Komplikationen und zu
Nebenwirkungen der Behandlung gemacht werden. Im Folgenden sollen die zum
Mammakarzinom mit Stichtag 15.08.2005 vorliegenden Daten in einer Übersicht
präsentiert werden.
Zu diesem Termin waren 6.436 Mammakarzinome registriert. Diese Entität macht
damit 14 % des Gesamtdatenbestandes aus (Abb. 1). Dabei zeigte sich, dass das
Mammakarzinom den am häufigsten dokumentierten Tumor darstellt. In Übereinstimmung mit der Literatur wurde in 0,68 % ein Brustkrebs beim Mann gefunden.
33
Anhang
Abb. 1
Erfasste Tumoren nach Hauptlokalisationen (n = 45.944)
Abb. 2
Kumulative Entwicklung der Fallzahlen
Die Zahl der seit 1993 registrierten Patienten und Tumoren ist in Abb. 2 kumulativ
dargestellt, wobei der jährliche Zuwachs an erfassten Brustkrebspatienten mit dem
Jahr 1999 ein Plateau erreicht zu haben scheint (Abb. 3). Eine vergleichbare Dynamik
wurde auch von anderen klinischen Krebsregistern in ihrer Etablierungsphase beobachtet, so zum Beispiel im als vorbildlich einzustufenden des Landes Brandenburg mit
dem Jahr 1998.
34
Anhang
Abb. 3
Dokumentierte Mammatumoren nach Erfassungsjahr (n = 6.436)
In der mit anderen Krebsregistern vergleichbaren Altersverteilung bei Diagnose
(Abb. 4) ist der ebenfalls berichtete Trend zu höherem Alter bei Erstdiagnose auch aus
den Erfurter Daten in der 15 Jahre umfassenden Analyse zu erkennen.
Abb. 4
Altersverteilung der Mammatumoren bei Diagnose (n = 6.436)
35
Anhang
Das mittlere Alter bei Erkrankung beträgt 58,2 Jahre (zum Vergleich: 61,8 Jahre im
Land Brandenburg 2003). 25,2 % der Mammatumoren wurden vor dem 50. Lebensjahr registriert. Die meisten Tumoren traten wie in Brandenburg in der Altersgruppe
der 60- bis 64-jährigen auf. Der Anstieg des mittleren Erkrankungsalters seit dem
Jahr 1990 ist signifikant. Inwieweit die vorgesehene Einführung des Mammographiescreenings im Freistaat Thüringen hier zu einer Veränderung führen wird, bleibt abzuwarten.
Abb. 5
Mittleres Erkrankungsalter bei Diagnosestellung (n = 6.436)
Bei der histomorphologischen Untersuchung wurden invasiv duktale Karzinome mit
65,8 %, gefolgt von den lobulären Karzinomen mit 12,5 % gefunden (Abb. 6).
36
Anhang
Abb. 6
Verteilung histologischer Typen (n = 6.436)
Abb. 7
Verteilung der T-Kategorien (n = 6.436)
In der T-Kategorie überwogen mit 42,5 % die T1-Tumoren, dahinter T2-Tumoren mit
35,7 % (Abb. 7).
Als Ausdruck einer Qualitätsverbesserung, die im Jahr 2000 begann, wird die
Zunahme von T1-Tumoren bei gleichzeitiger Abnahme der Kategorie T2 bei nahezu
konstanten Anteilen der anderen Kategorien gesehen (Abb. 8). Brustkrebsvorstufen
37
Anhang
oder frühe Tumorstadien sind derzeit nur durch die Mammographie erfassbar. Die
Effizienz eines entsprechenden Screenings ist wissenschaftlich etabliert.
Abb. 8
Anteil der T-Kategorien nach Diagnosejahren
Eine Detailanalyse der Kategorie T1 zeigt, dass der Anteil der Karzinome mit einer
Größe kleiner als 10 mm (T1b) ansteigt. Es ist zu hoffen, dass mit intensivierter
Mammographie dieses prognostisch günstige Stadium weiter zunehmend häufig
erfasst wird. Die Kategorie T1c steigt ebenfalls an. Die nicht weiter differenzierte
Angabe T1 ist rückläufig, wofür sowohl die Verbesserung der histomorphologischen
Begutachtung als auch die Verbesserung der Meldequalität ursächlich sind.
38
Anhang
Abb. 9
Anteil der T1-Unterkategorien nach Diagnosejahren
Unstrittiges Ziel muss die Reduktion der Kategorie T1c bei gleichzeitigem Anstieg von
T1b (Tumorgröße 0,5-1 cm, Qualitätsziel 20 %) und insbesondere auch T1a (Tumorgröße bis 0,5 cm, Qualitätsziel: 10 %) sein (Abb. 9).
Der Anteil der N0-Karzinome beträgt 57,2 % (Abb. 10). Als Qualitätsziel wird
> 65 % im Zusammenhang mit der angestrebten frühen Diagnose betrachtet.
Abb. 10
N-Kategorien (n = 6.436)
39
Anhang
Bei insgesamt 495 Tumoren wurde kein TNM-Status mitgeteilt; in 91,47 % erfolgte
eine histologische Sicherung des klinisch und/oder apparativ erhobenen Lymphknotenstatus. Eine primäre Fernmetastasierung lag in 3,2 % der Tumoren vor, wobei
in diesen insgesamt 203 Fällen die Metastasen zu 29,6 % histologisch gesichert werden konnten. Der ossäre Befall stand mit 40,3 % an der Spitze, gefolgt von pulmonalen Metastasen mit 18,4 % sowie Lebermetastasen mit 13,1 % (Abb. 11).
Abb. 11 Primäre Fernmetastasierung (n = 6.436)
Aktueller Standard beim Brustkrebs-Stadium I ist unstrittig die brusterhaltende
Operation, deren Anteil nach Möglichkeit deutlich über 80 % (bzw. über 60 % auf alle
Karzinomstadien bezogen) liegen sollte. Diese Marge wurde im Berichtszeitraum
2000 bis 2004 von nahezu allen im Einzugsbereich des Tumorzentrums liegenden
Einrichtungen erreicht (Abb. 12).
Wird auf die Einrichtungen abgehoben, die im Durchschnitt pro Jahr wenigstens 6
Operationen in diesem Stadium vornahmen, so zeigt sich ebenfalls die dargestellte
Qualitätsverbesserung, auch wenn eine so kleine Fallzahl per se keinen
Qualitätsbeleg darstellt. Vor dem Hintergrund der Disease Management Programme
und der damit im Zusammenhang stehenden Brustzentren, die u.a. durch mindestens
150 primäre Mammaoperationen pro Jahr charakterisiert sind, ist hier mit deutlichen
Verschiebungen zu rechnen. Andererseits ist der von einer Einrichtung mit geringer
Fallzahl berichtete BET-Anteil von 100 % möglicherweise der kleinen Fallzahl zuzurechnen (Abb. 13).
40
Anhang
Abb. 12 Anteil brusterhaltender Operationen bei Stadium I (T1 N0 M0) in Kliniken
(Gynäkologische und Chirurgische Abteilungen eines Krankenhauses zusammengefasst) und Praxen des Einzugsgebietes
Abb. 13 Anteil brusterhaltender Operationen bei Stadium I (T1 N0 M0) in Kliniken und Praxen
des Einzugsgebietes mit ≥ 30 (volle Säulen) und < 30 Operationen (leere Säulen) in
den betrachteten 5-Jahres-Zeiträumen
41
Anhang
Abb. 14 Adjuvante Therapie nach T-Kategorien (nur Diagnosejahre 1999-2003)
Bei den relativ vollständig erfassten Fällen der Diagnosejahre 1999-2003 wurde
über alle Stadien gerechnet nach R0-Resektion eine adjuvante Therapie in 89,8 % der
Fälle vorgenommen. An adjuvanter Behandlung wurde mit 63,1 % die Bestrahlung,
mit 50,4 % die Hormontherapie und mit 48,3 % die Chemotherapie registriert, wobei
mannigfache Überschneidungen bestanden (Abb. 14).
Insgesamt war in Abhängigkeit von der T-Kategorie eine R0-Resektion zwischen
96,3 % (T1) und 55,7 % (T4) möglich (Abb. 15).
Abb. 15 Anteil der R-Klassifikation nach T-Kategorien
42
Anhang
Trotz zweifelsfrei anderslautender Empfehlung erfolgte in den Diagnosejahren 19992003 nach brusterhaltender Operation nur bei 81,2 % der Fälle eine Bestrahlung (nicht
berichtet? - Abb. 16). Der Anteil der Patientinnen, die nach einer Ablatio keine Nachbehandlung erhielten, ist seit Beginn der Registrierung kontinuierlich gesunken.
Unterstellt man ein höheres Tumorstadium als Indikation für die Mastektomie, dürfte
sich ein Paradigmenwechsel in der Therapie niedergeschlagen haben.
Abb. 16 Anteil adjuvanter Therapien nach Operationsarten
Das Gesamtüberleben aller Patienten nach 60 Monaten (Kaplan-Meier-Schätzung)
wurde mit 81,9 % ermittelt. Der Vergleich mit den relativen 5-Jahres-Überlebensraten des DDR-Registers (67 % für die frühen 80er Jahre) und des saarländischen
Krebsregisters (73 %) weist einen Fortschritt aus (Abb. 17).
Abb. 17 Gesamtüberleben (Kaplan-Meier-Schätzung, n = 6.436)
43
Anhang
Abb. 18 Gesamtüberleben (Kaplan-Meier-Schätzung, n=6.436) nach T-Kategorien
Abb. 19 Gesamtüberleben (Kaplan-Meier-Schätzung, n = 6.436) nach Altersgruppen (prämenopausal / postmenopausal)
44
Anhang
Abb. 20 Gesamtüberleben (Kaplan-Meier-Schätzung, n = 6.436) nach N-Kategorien
Die vorgestellten Zahlen hinsichtlich T- und N- Kategorien (Abb. 18 und Abb. 20)
sowie Menopausen-Status (Abb. 19) stellen die Versorgungssituation beim
Mammakarzinom in Mittel- und Westthüringen dar. Sie ermöglichen eine Bewertung
der Diagnostik, Therapie und Nachsorge und eröffnen zugleich Ansätze für eine
Verbesserung der Prognose.
Im Fazit ist anzustreben, die zukünftig anfallenden Daten komplett und entsprechend
den Regeln der Tumorbasisdokumentation zu registrieren. Nur so kann eingeschätzt
werden, ob die Patientinnen mit einem Mammatumor stadiengerecht und entsprechend dem aktuellen wissenschaftlich-medizinischen Standard versorgt werden.
Die dargestellten möglichen Versorgungsdefizite
– unterlassene Bestrahlung der Restbrust,
– weiterhin noch zu geringer Anteil prognostisch günstiger T1a- und T1b-Tumoren,
– niedriger Anteil brusterhaltender Therapie im Stadium I in einzelnen Einrichtungen
müssen überprüft und transparent gemacht werden, um gezielt qualitätsverbessernd
in den einzelnen Einrichtungen wirksam werden zu können.
Literatur
• Schön, D. et al.: Entwicklung der Überlebensraten von Krebspatienten in
Deutschland, Robert-Koch-Institut, Berlin 1999
• Stabenow, R.; Eisinger, B.: Brustkrebs, Gemeinsames Krebsregister der Länder
Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und der
Freistaaten Sachsen und Thüringen (Hrsg.), Schriftenreihe des GKR 1/2001, Berlin
• Tumorzentrum Land Brandenburg e.V.: Sachbericht Onkologie 2003
45
Thema
46
Thema
47
Thema
48
Herunterladen