Mammakarzinom Empfehlungen zur Diagnose, Therapie und

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Schriftenreihe
M a m m a ka r z i n o m
Empfehlungen zur Diagnose, Therapie
und Nachsorge
Konsensuskonzept der
Arbeitsgruppe „Mammakarzinom“
9. überarbeitete Auflage
mit Datenauswertung des
Klinischen Krebsregisters Erfurt
Leiter der Arbeitsgruppe:
Univ.-Prof. Dr. med. habil. Prof. Dr. h.c. U. B. Hoyme,
Direktor der Frauenklinik der
HELIOS Klinikum Erfurt GmbH
Nordhäuser Straße 74
99089 Erfurt
Telefon: 03 61 / 7 81 40 01
Telefax: 03 61 / 7 81 40 02
e-Mail: [email protected]
Mai 2012
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Seite
Einleitung ...............................................................................................3
Was charakterisiert ein zertifiziertes Brustzentrum?........................5
Früherkennung, Screening, Mammografie.........................................7
Tumorbezogene Diagnostik .................................................................8
3.1. Präoperative Untersuchungen..............................................................8
3.2. Histologische Sicherung ......................................................................8
3.3. Untersuchungen bei gesicherter Karzinomdiagnose..............................8
4.
Tumorklassifikation ...............................................................................9
4.1. Tumorklassifikation nach TNM (7. Auflage, 2010) ................................9
4.2. Histopathologische Untersuchung und Klassifikation...........................12
4.3. Histopathologische Beurteilung von Mammastanzbiopsien (B-Klassifikation)..16
5.
Chirurgische Therapie.........................................................................17
5.1. Brusterhaltende Techniken .................................................................17
5.2. Modifiziert radikale Mastektomie mit operativer Therapie der Axilla ....18
5.3. Therapie der Axilla ...........................................................................18
5.4. Reduktionsmastektomie.....................................................................18
5.5. Rezidivoperation ...............................................................................18
5.6. Aspekte bei Fernmetastasierung ........................................................19
6.
Strahlentherapie..................................................................................20
6.1. Kurativ-postoperative/adjuvante Strahlentherapie ...............................20
6.2. Strahlentherapie bei lokoregionärem Rezidiv......................................21
6.3. Palliative Strahlentherapie .................................................................21
7.
Systemische Therapie..........................................................................22
7.1. Präoperative (neoadjuvante) Therapie................................................22
7.2. Postoperative (adjuvante) Therapie ....................................................22
7.2.1. Chemotherapie .............................................................................22
7.2.2. Zielgerichtete Therapie...................................................................22
7.2.3. Endokrine Therapie........................................................................23
7.3. Palliative Therapie des metastasierten Mammakarzinoms ...................23
8.
Palliativmedizin und Hospize ............................................................25
8.1. Palliativmedizin .................................................................................25
8.2. Hospize............................................................................................25
9.
Die Frauenselbsthilfe nach Krebs in Thüringen...............................27
10. Nachsorge ............................................................................................29
11. Psychoonkologische Betreuung..........................................................30
12. Mitglieder der Arbeitsgruppe „Mammakarzinom“.........................31
Anhang .................................................................................................33
Auswertung der Daten des klinischen Krebsregisters
des Tumorzentrums Erfurt zum Mammakarzinom ......................................33
1.
2.
3.
2
Einleitung
Einleitung
Mammakarzinom
Empfehlungen zur Diagnose, Therapie und Nachsorge
Einleitung
Brustkrebs stellt mit einer Inzidenz von 72.000 Neuerkrankungen (zusätzlich 6500 In situTumoren) pro Jahr (2008) das häufigste Malignom der Frau in der Bundesrepublik Deutschland
dar. Für das Jahr 2006 wurden für den Freistaat Thüringen 1530 Neuerkrankungen angegeben.
Zugleich ist Brustkrebs in der Altersgruppe 35 bis 54 Jahre die häufigste Todesursache. Dies ist
unter anderem damit zu erklären, dass es bereits in der präklinischen Phase zur Metastasierung
kommen kann, was die Bedeutung einer frühzeitigen adäquaten Therapie bei entsprechender
Indikation unterstreicht.
In der präoperativen Abklärung sind ein metrisch beschreibender klinischer Befund, die
Mammografie sowie die Sonografie als obligat anzusehen. Weitere diagnostische Verfahren
haben sich in der Praxis nur bedingt bewährt oder sind speziellen Fragestellungen vorbehalten
(Pneumozystografie, Galaktografie, Thermografie, Xeroradiografie, Sekretzytologie, Kernspintomografie u.a.) und sind in der Regel verzichtbar. Die Indikation zur weitergehenden operativen
Intervention sollte sich stets auf den zweifelsfreien histologischen Befund stützen, der heute weitgehend durch Punktionshistologie gewonnen wird.
Spätestens nach Karzinombestätigung sind die Asservierung von Blutproben für weitergehende
Analysen sowie postoperative Oberbauchsonografie und Skelettszintigramm zur Sicherung von
Ausgangsbefunden zu veranlassen. Die Indikation zur Behandlung ist in jedem Falle individuell
und unter folgenden Maximen zu stellen:
• ausreichend sichere Entfernung des Karzinoms im Gesunden
• geringe Morbidität und hohe Lebensqualität (unter kurativem Ziel kann eine aggressive
Therapie mit vorübergehender Verschlechterung der Lebensqualität notwendig sein)
• optimales ästhetisches und funktionelles Resultat der chirurgischen Intervention
• altersentsprechende Wertung der therapeutischen Alternativen.
Die diagnostischen, chirurgischen, chemo- und hormontherapeutischen sowie sonstigen
Modalitäten und die der Nachsorge, ebenso die Qualitätsstandards werden im speziellen Teil
detailliert entsprechend den 2008/2011 aktualisierten S3-Leitlinien zu Früherkennung und zu
Therapie dargestellt. Die aufgeführten Standards sollten nur im Einzelfall bei begründeter
Indikation unterschritten werden.
3
Einleitung
Das Mammakarzinom ist ein Malignom, dessen Charakter die frühzeitige Kooperation,
Konsultation und Abstimmung zwischen verschiedenen medizinischen Disziplinen unabdingbar
macht, um eine für den einzelnen Patienten optimale Behandlung garantieren zu können. Eine
weitere Verbesserung der Situation ist von der Anfang 2009 erfolgten Einführung des
Mammografie-Screenings nun auch in West-Thüringen zu erwarten.
Die in diesem Konzept dargestellten Standards stellen den am zertifizierten HELIOS-Brustzentrum
Erfurt/Gotha bestehenden Konsensus dar. Für sicherlich notwendige Hinweise zur Erweiterung,
Präzisierung, Aktualisierung oder Korrektur sind die Verantwortlichen schon heute dankbar.
4
1. Was charakterisiert ein zertifiziertes Brustzentrum?
1. Was charakterisiert ein zertifiziertes Brustzentrum?
Die Früherkennung des Mammakarzinoms mit nachfolgender strukturierter kontinuierlicher und
qualitätsgesicherter Behandlung, wie sie fachübergreifend (Abb. 1) definitionsgemäß an einem
Brustzentrum sowohl inhaltlich als auch strukturell gewährleistet ist, stellt aus mehreren Gründen
die im Interesse der Erkrankten beste Option dar.
Beginnend nach der Wende und verstärkt seit 1993 ist am Klinikum Erfurt die Behandlung des
Mammakarzinoms von der chirurgischen an die gynäkologische Klinik übergegangen. Das nunmehr in 9. überarbeiteter Auflage vorliegende „Gelbe Heft“ ist Ausdruck dieser Veränderung
und Beleg für den interdisziplinären Ansatz in Diagnostik und Therapie. Die Kooperation sowohl
der einzelnen Kliniken untereinander als auch die mit den Einrichtungen in der Stadt in den
Bereichen Prävention, Früherkennung, Diagnostik, chirurgischer, systemischer und Strahlentherapie sowie in der Nachsorge hat einen hohen Standard erreicht und wurde mit der Zertifizierung
von 2005 optimiert, festgeschrieben und zugleich nach außen dargestellt. Dies soll für unsere
Patientinnen den eminent wichtigen ganzheitlichen Ansatz sicherstellen und auf diese Weise bei
ihnen Vertrauen in die Behandlung, die zu erzielende Lebensqualität mit und nach Krebs sowie
eine weiterhin möglichst positive Lebenseinstellung fördern. In allen Phasen soll so die Frau aufgeklärt und vertrauensvoll in die medizinischen Prozesse eingebunden sein, mitbeurteilen und
Alternativen bewerten können sowie das Gefühl der aktiven, wissenden Partnerschaft erhalten.
Dies gilt in gleichem Maße für die Angehörigen.
Grundlage jeglicher Diagnostik und Therapie ist der Inhalt der aktuellen nationalen und internationalen Leitlinien, die auf der evidenzbasierten wissenschaftlichen Medizin beruhen. Die
Ergebnisse sind durch die Qualitätssicherung im Freistaat Thüringen überprüfbar dargelegt. Über
die 1 x wöchentlich stattfindende individuell fallbezogene Konferenz ist die enge und kontinuierliche Kooperation mit allen in Betracht kommenden Disziplinen aus dem Klinikum und aus dem
niedergelassenen Bereich gewährleistet. Dieses Gremium dient zugleich auch als
Kompetenzzentrum. Organisatorisch ist die unmittelbare Information der Patientin nach medizinischer Meinungsbildung und die daraus abzuleitende Therapie sichergestellt, ebenso die unmittelbare Verwirklichung des Therapievorschlages binnen zwei bis fünf Werktagen. Der aktuelle
medizinisch-wissenschaftliche Standard wird durch die Teilnahme an multizentrischen Studien
und über das HELIOS Research-Center Berlin wissenschaftlich, ethisch und rechtlich ergänzt.
Möglichkeiten, Entwicklungen, Angebote, Alternativen und qualitative/quantitative Ergebnisse
der Tätigkeit werden in regelmäßigem Abstand nach innen und außen auf Fortbildungsveranstaltungen deutlich gemacht. Das Interdisziplinäre Brustzentrum orientiert sich an den Leistungen
anderer zertifizierter Kliniken und will einerseits an diesen vorbildhaften Leistungen gemessen als
gleichwertig eingestuft werden, andererseits in der Region auch dahingehend wirken, die
Qualität der Medizin nach außen zu tragen und erkennbar zu machen. Dies wird ermöglicht
durch die Optimierung der Zusammenarbeit in Kombination mit kontinuierlicher interner und
externer Qualitätssicherung, wobei die Zertifizierung mit den jährlichen Audits (zuletzt 4/2012)
das wesentliche übergreifende Instrument darstellt. Zugleich ist damit die Basis für weiterführende qualitätsverbessernde medizinisch-wissenschaftliche Vorhaben gegeben.
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1. Was charakterisiert ein zertifiziertes Brustzentrum?
Stationär & Ambulant
Interdisziplinäres Brustzentrum Erfurt
Selbsthilfe
Palliativmedizin
Gynäkologie
Tumorzentrum
Pathologie
Hämatologie/Onkologie
Strahlentherapie
Abb. 1
Diagnostische Radiologie
Nuklearmedizin
Psychoonkologie
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2. Früherkennung, Screening, Mammografie
2. Früherkennung, Screening, Mammografie
Die klinische Untersuchung mit Palpation, Inspektion und Beurteilung der Lymphabflussregionen
soll im Rahmen der gesetzlichen Früherkennungsuntersuchung ab dem Alter von 30 Jahren jährlich angeboten werden, sie ist zur Früherkennung aber nicht ausreichend. Auch die
Brustselbstuntersuchung ist als alleinige Methode dazu nicht in der Lage. Frauen sollen jedoch
angeregt werden, sich mit den normalen Veränderungen des eigenen Körpers auseinanderzusetzen und z. B. nach den Vorgaben des zertifizierten MammaCare®-Programms die Brustselbstuntersuchung durchzuführen.
Für Frauen mit familiärer Belastung 1. Ordnung können individuelle Früherkennungsmaßnahmen
eingeleitet werden, wie die Mammografie. Die Mammografie ist unstrittig die als effizient anerkannte Methode für die Erkennung von Brustkrebsvorstufen oder frühen Tumorstadien. Bei Frauen
zwischen 30 und 39 Jahren sollte jedoch bei klinischen Befunden oder Beschwerden zunächst
eine Mammasonografie durchgeführt werden. Bei Frauen von 40 bis 49 Jahren und bei über
70jährigen Frauen erfolgt bei auffälligem klinischen Befund in erster Linie eine Mammografie.
Lediglich bei genetischen Hochrisiko-Frauen ist auch die Mamma-MRT eine zusätzliche
Früherkennungsoption.
Frauen zwischen 50 und 69 Jahren profitieren am meisten von der Screening-Mammografie im
Sinne der Mortalitätsreduktion und Therapieschonung und sollten deshalb alle 2 Jahre am
Mammografie-Screening teilnehmen. Das Mammografie-Screening wird als Kassenleistung allen
Frauen zwischen 50 und 69 Jahren angeboten in der Altersgruppe mit der höchsten Inzidenz
und gleichzeitig mit einem der Lebenserwartung adaptierten Nutzen und ist von einem geordneten Einladungswesen flankiert.
Die Mamma-MRT ist zur Therapieplanung bei gesichertem Mammakarzinom oder bei unklaren
Befunden der Mammografie und Sonografie in der diagnostischen Nachsorge indiziert. Auch
bei Hochrisiko-Frauen ist eine MRT eventuell in ein Früherkennungskonzept einzubeziehen.
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3. Tumorbezogene Diagnostik
3. Tumorbezogene Diagnostik
3.1. Präoperative Untersuchungen
• Anamnese: Familiäre Belastung, genetische Bewertung, Zahl der Kinder, Alter bei der ersten
Schwangerschaft, Stillgewohnheiten, Menopausenstatus, exogene Hormonzufuhr, vorangegangene Brustdrüsenerkrankungen, histologische Befunde
• Klinische Untersuchung
• Mammografie, Sonografie
• ggf. Kernspintomografie
3.2. Histologische Sicherung
• Stanzbiopsie
• Vakuumbiopsie
• Offene Biopsie
3.3. Untersuchungen bei gesicherter Karzinomdiagnose
• Laboruntersuchungen (Leberwerte, Tumormarker CEA, CA 15-3)
• Röntgenuntersuchung der Lunge
• Oberbauchsonografie
• Ganzkörperskelettszintigramm
• bei Verdacht auf Metastasierung weiterführende gezielte röntgenologische Untersuchungen
oder Kernspintomografie
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4. Tumorklassifikation
4. Tumorklassifikation
4.1. Tumorklassifikation nach TNM (7. Auflage, 2010)
pTis
Carcinoma in situ
Tis(DCIS)
Tis(LCIS)
Tis(Paget)
pT1
Tumor 2 cm oder weniger in größter Ausdehnung
pT1mic
Mikroinvasion 0,1 cm oder weniger in größter Ausdehnung
pT1a
mehr als 0,1 cm, aber nicht mehr als 0,5 cm in größter Ausdehnung
pT1b
mehr als 0,5 cm, aber nicht mehr als 1 cm in größter Ausdehnung
pT1c
mehr als 1 cm, aber nicht mehr als 2 cm in größter Ausdehnung
pT2
Tumor mehr als 2 cm, aber nicht mehr als 5 cm in größter Ausdehnung
pT3
Tumor mehr als 5 cm in größter Ausdehnung
pT4
Tumor jeder Größe mit direkter Ausdehnung auf die Brustwand oder Haut, soweit
unter pT4a bis pT4d beschrieben
pT4a
Ausdehnung auf die Brustwand
pT4b
Ödem (einschließlich Apfelsinenhaut) oder Ulzeration der Brusthaut oder
Satellitenknötchen der Haut und gleicher Brust
pT4c
Kriterien 4a und 4b gemeinsam
pT4d
Entzündliches (inflammatorisches) Karzinom
pN-Regionäre Lymphknoten
Die pathologische Klassifikation erfordert die Resektion und Untersuchung zumindest der unteren
axillären Lymphknoten (Level I). Hierbei werden üblicherweise 10 oder mehr Lymphknoten histologisch untersucht. Wenn die untersuchten Lymphknoten tumorfrei sind, aber die Zahl der üblicherweise untersuchten Lymphknoten nicht erreicht wird, soll pN0 klassifiziert werden.
Die Untersuchung eines oder mehrerer Schildwächterlymphknoten ("sentinel lymph node") kann
für die pathologische Klassifikation herangezogen werden.
9
4. Tumorklassifikation
pNX
Regionäre Lympknoten können nicht beurteilt werden
(zur Untersuchung nicht entnommen oder bereits früher entfernt)
pN0
Keine regionären Lymphknotenmetastasen
pN1mi
Mikrometastasen (größer als 0,2 mm und/oder mehr als 200
Tumorzellen, aber nicht größer als 0,2 cm)
pN1
Metastase(n) in 1-3 ipsilateralen axillären Lymphknoten und/oder ipsilateralen
Lymphknoten entlang der A. mammaria interna mit mikroskopischer(en)
Metastase(n),
nachgewiesen
durch
Untersuchung
des
Schildwächterlymphknotens, aber nicht klinisch erkennbar
pN1a
Metastase(n) in 1-3 axillären Lymphknoten, zumindest eine Metastase mehr als
0,2 cm in größter Ausdehnung
pN1b
Lymphknoten entlang der A. mammaria interna mit mikroskopischer(en)
Metastase(n),
nachgewiesen
durch
Untersuchung
des
Schildwächterlymphknotens, aber nicht klinisch erkennbar
pN1c
Metastase(n) in 1-3 axillären Lymphknoten und Lymphknoten entlang der A. mammaria interna mit mikroskopischer (en) Metastase(n), nachgewiesen durch
Untersuchung des Schildwächterlymphknotens, aber nicht klinisch erkennbar
pN2
Metastase(n) in 4-9 axillären Lymphknoten oder in klinisch erkennbaren
Lymphknoten entlang der A. mammaria interna ohne axilläre
Lymphknotenmetastasen
pN2a
Metastasen in 4-9 axillären Lymphknoten, zumindest eine Metastase mehr als 0,2
cm in größter Ausdehnung
pN2b
Metastase(n) in klinisch erkennbaren Lymphknoten entlang der A. mammaria interna ohne axilläre Lymphknotenmetastasen
pN3
Metastasen in 10 oder mehr ipsilateralen axillären Lymphknoten oder in ipsilateralen infraklavikulären Lymphknoten oder in klinisch erkennbaren Lymphknoten entlang der A. mammaria interna mit mindestens einer axillären
Lymphknotenmetastase mit klinisch nicht erkennbarer(en) Metastase(n) in
Lymphknoten entlang der A. mammaria interna oder Metastase(n) in supraklavikulären Lymphknoten
pN3a
Metastase(n) in 10 oder mehr ipsilateralen axillären Lymphknoten (zumindest eine
größer als 0,2 cm) oder in ipsilateralen infraklavikulären Lymphknoten
10
4. Tumorklassifikation
pN3b
Metastase(n) in klinisch erkennbaren Lymphknoten entlang der A. mammaria interna mit mindestens einer axillären Lymphknotenmetastase oder
Lymphknotenmetastasen in mehr als 3 axillären Lymphknoten und in Lymphknoten
entlang der A. mammaria interna, nachgewiesen durch Untersuchung des/der
Schildwächterlymphknoten(s), aber nicht klinisch erkennbar
pN3c
Metastase(n) in ipsilateralen supraklavikulären Lymphknoten.
Anmerkung:
Befunde mit isolierten Tumorzellen (ITC) in regionären Lymphknoten werden als pN0 klassifiziert.
Isolierte Tumorzellen sind definiert als einzelne Tumorzellen oder kleine Cluster von weniger als
200 Zellen, die nicht größer als 0,2 mm in der größten Ausdehnung sind. Typischerweise zeigen ITCs keine metastatische Aktivität.
L - Lymphgefäßinvasion
LX - Lymphgefäßinvasion kann nicht beurteilt werden
L0 - keine Lymphgefäßinvasion
L1 - Lymphgefäßinvasion
V - Veneninvasion
VX - Veneninvasion kann nicht beurteilt werden
V0 - keine Veneninvasion
V1 - mikroskopische Veneninvasion
V2 - makroskopische Veneninvasion
Pn - Perineurale Invasion
PnX - Perineurale Invasion kann nicht beurteilt werden
Pn0 - keine Perineurale Invasion
Pn1 - Perineurale Invasion
pM-Fernmetastasen
pM0 - keine Metastasen
pM1 - Fernmetastasen mikroskopisch bestätigt
R-Klassifikation
Das Fehlen oder Vorhandensein von Residualtumor nach Behandlung wird durch die R-Klassifikation beschrieben.
RX - Vorhandensein von Residualtumor kann nicht beurteilt werden
R0 - kein Residualtumor
R1 - Mikroskopischer Residualtumor
R2 - Makroskopischer Residualtumor
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4. Tumorklassifikation
Nachbemerkung:
Im Falle mulipler Tumoren in der Brust wird der Tumor mit der höchsten T-Kategorie für die
Klassifizierung herangezogen. Bei bilateralen Mammakarzinomen wird getrennt klassifiziert. Bei
multiplen simultanen Tumoren wird die Multiplizität oder die Anzahl der Tumoren in Klammern
angegeben. Als regionäre Lymphknoten gelten ipsilaterale axilläre, infra- und supraklavikuläre
sowie intramammäre Lymphknoten und Lymphknoten an der A. mammaria interna. Jede andere
Lymphknotenmetastase ist als Fernmetastase zu klassifizieren.
4.2. Histopathologische Untersuchung und Klassifikation
Die mikroskopische Untersuchung von Gewebeproben der Mamma ist die sicherste Methode,
einen bösartigen Tumor der Brust zu beweisen und Prognosefaktoren zu bestimmen, die den weiteren Behandlungsablauf festlegen.
Die histologische Sicherung bzw. der Ausschluss eines Mammakarzinoms erfolgt anhand von
Vakuum-Stanzbiopsiezylindern oder Probeexzidaten.
Durch die mikroskopische Untersuchung werden folgende Parameter festgelegt:
a) Histologischer Tumortyp
Der histologische Tumortyp und die Benennung der Risikoläsionen sowie des intraduktalen
Karzinoms (DCIS) wird nach den Kriterien der WHO-Klassifikation der Tumoren der Brust
(2003) bestimmt. Die histologische Klassifikation der WHO unterscheidet 20 Hauptkarzinomtypen entsprechend ihrer Prognose, so dass auch der histologische Karzinomtyp zur Entscheidung über eine brusterhaltende Therapie herangezogen werden kann.
Epitheliale Tumoren
Invasiv duktales Karzinom, nicht anderweitig spezifiziert
Gemischter Typ eines Mammakarzinoms
Pleomorphes Karzinom
Karzinom mit osteoklastären Riesenzellen
Karzinom mit Chorionkarzinom-Muster
Karzinom mit Melanomstrukturen
Invasiv lobuläres Karzinom
Tubuläres Karzinom
Invasiv kribriformes Karzinom
Medulläres Karzinom
Muzinöses Karzinom und andere Tumoren mit reichlich Schleimbildung
Muzinöses Karzinom
Zystadenokarzinom
Siegelringzellkarzinom
Neuroendokrine Tumoren
Solides neuroendokrines Karzinom
Atypisches Karzinoid
Kleinzelliges neuroendokrines Karzinom
Großzelliges neuroendokrines Karzinom
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ICD-O-M
8500/3
8022/3
8035/3
8520/3
8211/3
8201/3
8510/3
8480/3
8480/3
8490/3
8249/3
8041/3
8013/3
4. Tumorklassifikation
Invasiv papilläres Karzinom
Invasiv mikropapilläres Karzinom
Apokrines Karzinom
Metaplastische Karzinome
Reine epitheliale metaplastische Karzinome
Plattenepithelkarzinom
Adenokarzinom mit Spindelzellmetaplasie
Adenosquamöses Karzinom
Mukoepidermoidkarzinom
Gemischte epithelial/mesenchymale metaplastische
Karzinome
8503/3
8507/3
8401/3
8575/3
8575/3
8070/3
8572/3
8560/3
8430/3
Lipidreiches Karzinom
Sekretorisches Karzinom
Onkozytäres Karzinom
Adenoid-zystisches Karzinom
Azinuszell-Karzinom
Glykogenreiches Klarzellkarzinom
Sebaziöses Karzinom
Inflammatorisches Karzinom
Lobuläre Neoplasie
Lobuläres Carcinoma in situ
Intraduktale proliferative Läsionen
Gewöhnliche duktale Hyperplasie
Usual ductal hyperplasia = UDH)
Flache Atypie
Atypische duktale Hyperplasie (ADH)
Duktales Carcinoma in situ
Intraduktale papilläre Neoplasien
Zentrales Papillom
Peripheres Papillom
Atypisches Papillom
Intraduktales papilläres Karzinom
Intrazystisches papilläres Karzinom
Myoepitheliale Läsionen
Myoepitheliose
Adenomyoepitheliale Adenose
Adenomyoepitheliom
Malignes Myoepitheliom (myoepitheliales Karzinom)
8314/3
8502/3
8290/3
8200/3
8550/3
8315/3
8410/3
8530/3
8575/3
8520/2
8500/2
8503/0
8503/0
8503/2
8504/2
8983/0
8982/3
Mesenchymale Tumoren/maligne Lymphome
Aufgrund der Seltenheit dieser Tumorentität soll im Rahmen des Konsensuskonzeptes nicht näher
darauf eingegangen werden.
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4. Tumorklassifikation
b) Histologisches Grading
Der histopathologische Grad gibt Auskunft über das Ausmaß aggressiven Verhaltens des
Karzinoms. Für die Bestimmung des histopathologischen Grades werden die Fähigkeit des
Karzinoms zur Drüsenbildung, die Zellatypie und die Zahl der Mitosen herangezogen. Im
Ergebnis der semiquantitativen Analyse wird eine Graduierung von Grad 1 (Prognose günstig)
bis Grad 3 (Prognose ungünstig) gegeben.
c) Ausbreitungsklassifikation
Die Karzinomausbreitung ist ein entscheidender Prognosefaktor. Zur Festlegung der
Ausbreitungsklassifikation (pT pN cM L V Pn) wird am Operationspräparat die Größe des Karzinoms
ausgemessen, so dass je nach Dimension eine pT1 bis pT4-Kategorie bestimmt wird.
Die pN-Kategorie (pN0-pN3c) gibt Auskunft über die Anzahl der befallenen Lymphknoten in der
Axillaregion, evtl. der ipsilateralen infra- und supraklavikulären Lymphknoten und der in der Region
der Arteria mammaria interna. Zur Festlegung der pN-Kategorie werden alle bei der Operation
geborgenen Lymphknoten histologisch untersucht, die Mindestanzahl histologisch bewerteter
Lymphknoten beträgt gemäß Konvention 10.
Im Primärtumor bzw. in seiner Nachbarschaft wird mikroskopisch nach Tumorzellen in Lymphgefäßspalten (L0 oder L1) und perineural (Pn0 oder Pn1) gesucht.
Analog besagt die Angabe V0 kein Nachweis von Tumorzellen in peripheren Venen bzw. V1 den
Nachweis von Tumorzellthromben in peripheren Venen.
d) Beurteilung von Operationspräparaten
bei Z.n. neoadjuvanter Chemotherapie
Zur Überprüfung des Therapieerfolges wird ein histologisches Regressionsgrading (nach SINN
et al.) angewandt.
Regressionsgrad 0 -
kein Effekt
Regressionsgrad 1 -
vermehrte Tumorsklerose mit herdförmig resorptiver Entzündung
und/oder deutlich zytopathische Effekte
Regressionsgrad 2 -
weitgehende Tumorsklerose mit nur fokal nachweisbarem
Resttumor, kleiner 0,5cm
Regressionsgrad 3 -
kein invasiver Resttumor
Regressionsgrad 4 -
kein Resttumor
Die Ausbreitungsklassifikation bei Z.n. multimodaler Therapie wird durch das Präfix "y" gekennzeichnet.
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4. Tumorklassifikation
e) R-Klassifikation
Die R-Klassifikation gibt Auskunft darüber, ob das Karzinomgewebe komplett im Gesunden entfernt wurde (R0), oder ob mikroskopische Reste des Karzinoms in den Resektionsgrenzen nachweisbar sind (R1). Da eine Resektion des kompletten Karzinoms im Gesunden von entscheidender prognostischer Bedeutung ist (R0-Resektion), werden die Resektionsgrenzen mit einem
Sicherheitsabstand von weniger als 1 cm im Schnellschnitt intraoperativ untersucht. Die intraoperative Schnellschnittuntersuchung der Resektionsgrenzen gestatten dem Operateur eine
unmittelbare Nachresektion bei fehlendem oder nur knappem Sicherheitsabstand.
f) Immunhistochemische Bestimmung des Hormonrezeptorstatus
An allen Mammakarzinomen wird immunhistochemisch die Expression des Östrogen- und
Progesteronrezeptors bestimmt, nach S3-Leitlinie für Mammakarzinome vorzugsweise bereits am
Gewebe der Stanz -oder Vakuumbiopsie. Bei mehr als 10 % positiven Tumorzellen für einen der
beiden Rezeptoren gilt das Mammakarzinom als hormonrezeptorpositiv. Jedoch haben auch
Mammakarzinome mit weniger als 10 % Hormonrezeptoren einen therapeutischen Benefit von
einer endokrinen Therapie.
g) Bestimmung des Her2-Status
Das Her2-neu-Protein ist ein Wachstumsfaktorrezeptorprotein (Rezeptor für EGF). Eine
Überexpression von Her2-neu wird in 20 % der Mammakarzinome gefunden und gestattet als
innovativen Therapieansatz eine Blockade dieses Rezeptorproteins mittels Trastuzumab.
Für die Bestimmung der Her2-neu-Expression wird im Institut für Pathologie des HELIOS Klinikum
Erfurt der FDA-zertifizierte Hercep-Test vorgenommen.
Bei einem immunhistochemischen Her2-neu-Score von 2+ steht zur Sicherung des Befundes eine
Genanalyse mit standardisierter Auswertung zur Verfügung. Zugelassene Verfahren zur
Bestimmung sind hierbei die Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) , die Chromogen-in-situHybridisierung (CISH) und die Silver-in-situ-Hybridisierung (SISH).
h) Zusätzliche Prognosefaktoren
Zur Entscheidungsfindung über eine Chemotherapie bei Tumoren mit einer Größe von 1 bis 2 cm
wird Frischgewebe des Tumors kryoasserviert und in einem auswärtigen Labor molekularpathologisch untersucht. Hierbei wird der Wert der Proteinbiomarker uPA und PAI-1 bestimmt. Bei
erhöhten Werten trägt das zur Entscheidung für eine Chemotherapie bei.
15
4. Tumorklassifikation
4.3. Histopathologische Beurteilung von Mammastanzbiopsien
(B-Klassifikation)
Die Beurteilung der Zylinder erfolgt nach den Empfehlungen der National Coordinating Group
for Breast Screening Pathology (NHSBSP), Großbritannien, und der europäischen Gesellschaft
für Pathologie 2003:
B1-a:
Nicht verwertbar
B1-b:
Ausschließlich Normalgewebe
B2:
Benigne, u.a. fibrös zystische Mastopathie, Fibroadenom, sklerosierende Adenose, periduktale Mastitis
B3:
Benigne, aber mit unsicherem biologischen Potential, u.a. atypische intraduktale
Epithelproliferationen, bei denen eine definitive Festlegung an der perkutanen Biopsie
nicht möglich ist (z.B. Veränderungen im Sinne einer atypischen duktalen Hyperplasie:
in Abhängigkeit von Ausdehnung und Grad der Atypie ggf. auch Kategorie B4), lobuläre Neoplasie (atypische lobuläre Hyperplasie und LCIS), papilläre Läsionen (bei hochgradigem V.a. papilläres DCIS, ggf. auch Kategorie B4), radiäre Narbe/komplexe sklerosierende Läsion, V.a. Phylloides-Tumor.
B4:
Malignitätsverdächtig, z.B. vermutlich maligne Veränderungen, aber Beurteilung aus
technischen Gründen eingeschränkt, atypische intraduktale Epithelproliferationen in
Abhängigkeit von Ausdehnung und Schwere der Atypie (siehe auch Kategorie B3).
B5:
Maligne, z.B. DCIS, invasive Karzinome, maligne Lymphome.
B5a In situ – Karzinome
B5b Invasive Karzinome
B5c Unklassifiziert
B5d Anderes Malignom, z.B. Lymphom, Sarkom
16
5. Chirurgische Therapie
5. Chirurgische Therapie
Prinzipiell gilt, dass jeder suspekte Gewebebezirk vollständig zu entfernen ist. Kosmetisch günstig ist der periareoläre Bogenschnitt oder bei peripherer Lage die semizirkuläre Inzision über
dem Tumor. Bei entsprechender Lage kann auch die Schnittführung in der Submammärfalte oder
am Pektoralisrand indiziert sein. Beim hautnahen auf Karzinom verdächtigen Befund ist eine
Hautspindel oder -sichel mit auszuschneiden. Die chirurgischen Optionen sind derart vielgestaltig, dass erst nach vollständiger Diagnosestellung die definitive Operation im Einvernehmen mit
der Patientin individualisiert geplant werden kann.
Das Exzidat wird entsprechend einer mit dem Histopathologen vereinbarten Konvention markiert
und kartografisch fixiert transportiert. Nach Möglichkeit wird durch diesen neben der Schnellschnittuntersuchung auch die Asservierung von Gewebe für die Bestimmung von Hormonrezeptoren sowie Prognosefaktoren (uPA, PAI-1) vorgenommen.
Ist eine mammografisch suspekte Veränderung nicht tastbar, so ist das zu entfernende Areal unter
mammografischer oder auch sonografischer Kontrolle, ggf. auch MR-gestützt vorab zu markieren. Die Vollständigkeit der Exstirpation bei Verkalkungsherden muss mittels Präparateradiografie
gesichert werden.
Bei suspekter Galaktorrhoe erfolgt die Exzision komplett nach Blaudarstellung vom Areolarrand
her. Der zentrale Teil wird gekennzeichnet. Bei Verdacht auf Paget-Karzinom erfolgt die Diagnosesicherung durch Biopsie aus der Mamille und dem retroareolären Gewebe.
5.1. Brusterhaltende Techniken (Tumorektomie, Segmentresektion,
Quadrantenresektion) mit operativer Therapie der Axilla und obligater
Bestrahlung des Restparenchyms der Brust, nicht der Axilla bei adäquater
Clearance
Indikation zur brusterhaltenden Therapie:
• lokal begrenzte nicht invasive sowie invasive primäre Karzinome mit günstiger Relation von
Tumorgröße zu Brustvolumen
• Tumor ist beweglich gegenüber der Muskulatur
• Tumor infiltriert nicht die darüberliegende Haut (gilt bedingt, größenabhängig)
• präoperative Bereitschaft zur Radiatio
Kontraindikation zur brusterhaltenden Behandlung:
• inkomplette Tumorausschneidung auch nach Nachresektion
• schlechte und unsichere Abgrenzbarkeit
• multizentrische Karzinome (Distanz > 4 cm)
• multifokale Herde mit diffuser Mikrokalzifikation
• ausgedehnte lymphangische Beteiligung (Lymphangiosis carcinomatosa)
• ausgedehntes intraduktales Karzinom in und um den Tumor bei invasivem duktalen Karzinom
• kleine Brust
• präoperative Ablehnung der Radiatio
• retroareolärer Sitz (bedingt)
• Zustand nach brusterhaltender Operation (bedingt)
17
5. Chirurgische Therapie
5.2. Modifiziert radikale Mastektomie mit operativer Therapie der Axilla
• Standardoperation, wenn die Voraussetzungen für eine brusterhaltende Therapie nicht gegeben sind und bei Patientenwunsch
• Entfernung des gesamten Brustdrüsenkörpers einschließlich Pektoralisfaszie und axilläre
Lymphknotenentfernung (mindestens Level I und II)
• Primärrekonstruktion auf Wunsch (1. Phase: Expander/Implantat; nach frühestens 6
Monaten 2. Phase mit Reduktionsplastik/Mastopexie kontralateral, sowie Areola-MamillenRekonstruktion)
• Sekundärrekonstruktion (nach 6-12 Monaten, Expander, Implantateinlage oder
Eigengewebsrekonstruktionen z.B. Lappenplastiken, Deep inferior epigastric artery perforator flap (DIEP) etc.)
• Im Stadium IV erfolgt ggf. die einfache Mastektomie oder Lumpektomie wegen drohender
Exulzeration.
• Technisch primär nicht operable sowie inflammatorische Karzinome werden nach histologischer Sicherung chemotherapeutisch (radiologisch) behandelt, danach operiert.
5.3. Therapie der Axilla
• Sentinel Lymphonodektomie (SLNE) = Standard - Verfahren zur Bestimmung des Nodalstatus
• Bei Patientinnen, bei denen eine SLNE nicht indiziert oder nicht möglich ist, muss eine axilläre Dissektion mit Entfernung von mindestens 10 Lymphknoten aus Level I und II erfolgen
• SLNE ist bei klinischem Verdacht auf fortgeschrittene Lymphknotenbeteiligung und tumordurchsetzte Lymphknoten nicht indiziert (klinisch und sonografisch suspekte Lymphknoten)
• Verzicht auf Axilladissektion ist möglich bei:
- sonografisch unauffälliger Axilla und max. 2 befallenen Sentinellymphknoten
(gilt für brusterhaltende Operation mit Radiatio)
- Invasivem Karzinom im Stadium pT1mic und pNmi
- Tubulärem Karzinom unter 10 mm
- DCIS (v.a. bei low grade und intermediärem Typ)
5.4. Reduktionsmastektomie
Im Einzelfall Alternative zur typischen brusterhaltenden Operation, z.B. bei für Bestrahlung primär ungünstiger voluminöser Brust.
5.5. Rezidivoperation
• Exstirpation eines lokoregionären Rezidivs weit im Gesunden, gegebenenfalls plastische
Defektdeckung (thorako-epigastrischer Verschiebe- oder Schwenklappen, Musculus latissimus dorsi-Lappen, transversaler Musculus rectus abdominis-Schwenklappen mit ein- oder
doppelseitiger Stielung bzw. bei Mikrogefäßanschluss freies Transplantat z.B. DIEP)
18
5. Chirurgische Therapie
• erneute histologische Untersuchung und Rezeptorbestimmung, ebenso Her2-neu
• bei Lokalrezidiv nach brusterhaltender Operation nunmehr Ablatio, chirurgische Maßnahme
geht vor Radiatio, ggf. partielle Thoraxwandresektion
5.6 Aspekte bei Fernmetastasierung
Die Zurücknahme der Radikalität des Eingriffes im Bereich der Mamma kann indiziert sein, daneben eventuell die primär chirurgische Sanierung der Metastasierung.
Bei Skelettmetastasierung in statikrelevante Bereiche sind Osteosynthese, Verbundosteosynthese
oder Endoprothesen-Implantation indiziert, nachfolgend oder alternativ die Radiatio.
19
6. Strahlentherapie
6. Strahlentherapie
6.1. Kurativ-postoperative/adjuvante Strahlentherapie
Hochvolttherapie (Linearbeschleuniger, CT- und planungsrechnergestützte 3D-Bestrahlungsplanung)
Beginn:
• 4 - 8 Wochen postoperativ oder
• nach abgeschlossener Chemotherapie
Nach brusterhaltender Operation:
• Bestrahlung der befallenen Brust und Brustwand mit einer Gesamtdosis von ca. 50 Gy in konventioneller Fraktionierung (1,8 – 2 Gy).
• Die Boost-Bestrahlung ist in der Regel indiziert. Die empfohlene Boost-Dosis beträgt 10-16
Gy in konventioneller Fraktionierung. Bei Patientinnen > 60 Jahre mit kleinem Tumor ist der
Vorteil einer Boostbestrahlung gering, die Indikation sollte aber bei geringem Nebenwirkungsprofil großzügig gestellt werden, insbesondere bei Tumorgröße über 2 cm, G3 und
tumorfreiem Resektionsrand unter 3 mm.
Nach modifiziert-radikaler Mastektomie:
Indikation zur Bestrahlung der Brustwand:
a)
T3/T4 Karzinome,
R1/R2-Resektion (Boost bei R1/R2-Resektion > 16 Gy),
bei befallenen axillären Lymphknoten (pN+).
b)
Folgende Risikofaktoren stellen keine zwingende Indikation zur Radiatio der
Thoraxwand nach Mastektomie dar. Bei Kombination mehrerer Risikofaktoren erfolgt
eine individualisierte Therapieentscheidung:
Multizentrizität / Multifokalität,
Lymphangiosis carcinomatosa,
Vaskuläre Invasion (L1/V1),
Sicherheitsabstand < 5 mm,
T2 Karzinome > 3 cm,
Prämenopausale Patientin,
G3-Tumor,
rezeptornegativer Tumor.
Lymphabflußgebiet (axillär, supra- und infraklavikulär):
(Gesamtdosis: ca. 50 Gy, konventionell fraktioniert)
Indikation:
20
6. Strahlentherapie
•
•
•
•
•
Resttumor in der Axilla
inkomplette Axillasdissektion (< 10 LK)
bei befallenem Sentinel-Lymphknoten und nicht erfolgter oder inkompletter Axilladissektion
nach adäquater Axilladissektion bei 4 und mehr befallenen Lymphknoten
Patientinnen mit 1-3 befallenen Lymphknoten sollte die Bestrahlung der Lymphabflusswege
unter Hinweis auf die erhöhte Toxizität angeboten werden.
6.2. Strahlentherapie bei lokoregionärem Rezidiv
• wenn möglich operativ entfernen
• ohne vorausgegangene Strahlentherapie:
Vorgehen wie bei adjuvanter postoperativer Strahlentherapie, Boost-Bestrahlung bei R1 /
R2-Resektion
• nach vorausgegangener Strahlentherapie: individualisierte Planung unter Berücksichtigung
der bisher eingestrahlten Dosis und der bestrahlten Regionen
Im Einzelfall ist eine Modifikation der o. g. Empfehlung möglich.
6.3 Palliative Strahlentherapie
Nicht optimal operabler Primärtumor:
• Gleiches Vorgehen wie bei der adjuvanten Strahlentherapie nach brusterhaltender Operation
• Gesamtdosis: mindestens 50 Gy
Skelettmetastasen:
• solitäre Metastasen: mindestens 40 Gy
• bei generalisierten Skelettmetastasen unter analgetischen Gesichtspunkten und bei
Frakturgefährdung
Hirnmetastasen:
• Bestrahlung des gesamten Hirns mit einer Gesamtdosis von 30 bis 40 Gy, eventuell kleinvolumige Aufsättigung
• nach Operation solitärer Hirnmetastasen bei gutem Allgemeinzustand (kein Nachweis generalisierter Metastasierung) Bestrahlung des gesamten Hirns mit einer Gesamtdosis von 30 bis
40 Gy
• ggf. stereotaktische Bestrahlung
Haut- und Weichteilmetastasen:
Individualisierte Planung und Dosierung
21
7. Systemische Therapie
7. Systemische Therapie
7.1 Präoperative (neoadjuvante) Therapie
• umfasst alle medikamentösen Maßnahmen nach histologischer Sicherung des Mammakarzinoms vor der chirurgischen Therapie
• Standard bei primär inoperablem sowie inflammatorischem Mammakarzinom
• Ziel ist Erhöhung der Rate brusterhaltender Operationen
• mindestens 6 Zyklen eines anthrazyklin- oder taxanhaltigen Schemas (Kontrolle des Ansprechens alle 8 Wochen)
• bei HER 2-Überexpression zusätzlich Trastuzumab
• endokrine Therapie bei hormonrezeptorpositivem Karzinom, wenn eine Operation oder
Chemotherapie nicht möglich ist
7.2 Postoperative (adjuvante) Therapie
7.2.1. Chemotherapie
Eine Chemotherapie ist indiziert, wenn ungünstige Prognosefaktoren vorliegen:
• negativer Hormonrezeptorstatus
• HER 2-Überexpression
• Grading G3
• Lymphknotenbefall
• erhöhte Expression von uPA oder PAI-1
• Alter unter 35 Jahre
• Tumorgröße ( ≥ pT2)
Therapieschemata:
• anthrazyklinhaltig ( 6 x FEC)
• taxanhaltige Sequenz- oder Kombinationstherapie bei erhöhtem Risiko
(3 x FEC/3 x Docetaxel, 6 x TAC)
7.2.2. Zielgerichtete Therapie
Eine zielgerichtete Therapie erfolgt bei Nachweis einer HER 2-Überexpression bzw.
Genamplifikation.
•
•
•
•
Standard ist die Gabe von Trastuzumab für 1 Jahr bei allen Patientinnen mit einem Tumor > 1cm
erfolgt simultan zu einer taxanhaltigen Chemotherapie und sequentiell bei Anthrazyklingabe
wöchentliche oder 3 wöchentliche Applikation möglich
auch indiziert bei Tumoren > 5 mm, wenn zusätzliche Risikofaktoren vorliegen und eine
Chemotherapie indiziert ist
22
7. Systemische Therapie
7.2.3. Endokrine Therapie
Die endokrine Therapie ist Standard bei allen Patientinnen mit hormonrezeptorpositivem
Mammakarzinom.
Bei zusätzlich durchgeführter Chemotherapie beginnt die endokrine Therapie nach Abschluss
der Chemotherapie. Sie erfolgt entsprechend dem Menopausenstatus.
Prämenopause
Tamoxifen 20 für 5 Jahre
Kombination mit GnRH-Analoga für 2-3 Jahre bei alleiniger endokriner Therapie
Postmenopause
Therapiedauer mind. 5 Jahre
Tamoxifen 20
Sequenztherapie von Tamoxifen und Aromatasehemmer
erweiterte adjuvante Therapie (nach Tamoxifen) mit Aromatasehemmer bei nodalpositivem
Mammakarzinom
7.3. Therapie des metastasierten Mammakarzinoms (palliativ)
Die endokrine Therapie ist die Therapie der ersten Wahl bei rezeptorpositivem
Mammakarzinom.
Bei Patientinnen mit hohem Remissionsdruck (ausgeprägte Symptomatik, drohender
Organausfall) steht die Chemotherapie im Vordergrund. Bei HER 2-Überexpression erfolgt eine
zielgerichtete Therapie. Da sich der Rezeptorstatus im Lauf der Erkrankung ändern kann, ist eine
Neubestimmung in der Metastase sinnvoll.
Endokrine Therapie
In der Prämenopause Ausschaltung der Ovarialfunktion (GnRH-Analoga, Ovarektomie,
Bestrahlung der Ovarien) in Kombination mit
- Tamoxifen
- GnRH-Analoga + Aromatasehemmer
- Fulvestrant oder Gestagenen
In der Postmenopause (in Abhängigkeit von der adjuvant erfolgten endokrinen Therapie)
- Aromatasehemmer
- Antiöstrogene (Tamoxifen, Fulvestrant)
- Gestagene
- Everolimus + Exemestan
23
7. Systemische Therapie
Chemotherapie
• Monotherapie: Taxan = T (Docetaxel, Paclitaxel, Nab-Paclitaxel)
Anthrazykline bzw. Anthrazyklinderivate = A
(Epirubicin,Doxorubicin, pegyliertes liposomales Doxorubicin,
liposomales Doxorubicin, Mitoxantron)
Capecitabine
Vinorelbin
• Kombinationschemotherapie :
A und T
T + Capecitabine
Zielgerichtete Therapie
• bei HER 2 Überexpression
Trastuzumab in Kombination oder als
Monotherapie Lapatinib in Kombination
• ohne HER 2 Überexpression
Bevacizumab in Kombination mit einem Taxan
(first line)
24
8. Palliativmedizin und Hospize
8. Palliativmedizin und Hospize
8.1.Palliativmedizin
Die Palliativmedizin dient der Verbesserung der Lebensqualität von Patienten und der ihrer
Angehörigen, die mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung konfrontiert sind. Konkret wird körperliches Leid der Betroffenen mit medizinischen Maßnahmen gelindert, insbesondere
Schmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Verwirrtheit u.a körperliche Symptome. Für Probleme psychosozialer und spiritueller Natur stehen im Team speziell ausgebildete Psychologen, Sozialarbeiter,
Physiotherapeuten und Seelsorger zur Verfügung.
Diese palliativmedizinische Betreuung kann im Gesamtpaket stationär auf einer Palliativstation
oder ambulant außerhalb des Krankenhauses erfolgen.
Palliativstation = stationäre Versorgung
Palliativstationen sind kleine Abteilungen eines Krankenhauses mit überwiegend Einbett-Zimmern
und Übernachtungsmöglichkeit für Angehörige, eingebettet in die Zentren der medizinischen
Versorgung mit kurzen Wegen zu anderen Abteilungen wie z.B. der Strahlentherapie,
Endoskopie u.a., die nicht selten Partner in der Behandlung sind. Palliativstationen werden ärztlich geleitet. Die Palliativmediziner richten ihre Therapie im Team streng an der aktuellen
Symptomatik und dem Wunsch des Patienten aus. Das Ziel der Behandlung ist nicht unbedingt
die Lebensverlängerung, sondern die Linderung von körperlichem und seelischem Leid und die
Verbesserung der individuellen Lebensqualität von Patienten und ihrer Angehörigen. Kompetent
werden auch die Planung des weiteren Vorgehens, die Auswahl des Ortes der weiteren
Versorgung und die Möglichkeiten von Vorausverfügungen (Vorsorgevollmacht/Patientenverfügung) sowie ethische Fragen am Lebensende kommuniziert.
Palliativstationen befinden sich u.a. im HELIOS Klinikum Erfurt, im Katholischen Krankenhaus „St.
Johann Nepomuk“, am Zentralklinikum in Bad Berka sowie in der Ilm-Kreis-Klinik in Ilmenau.
AAPV und SAPV = ambulante Versorgung
Bei gut beherrschbaren Symptomen kann eine Allgemeine Ambulante Palliativmedizinische
Versorgung (AAPV) im Rahmen einer nicht heilbaren Erkrankung durch den betreuenden
Hausarzt erfolgen.
Bei komplexen und schwer behandelbaren Symptomen und bestehendem Wunsch des
Patienten, nicht in einem Krankenhaus behandelt zu werden oder dem explizitem Wunsch zu
Hause sterben zu können, darf eine SAPV (Spezialisierte Ambulante Palliativmedizinische
Versorgung) durch spezielle Palliativteams zu Lasten der Krankenkasse verordnet werden.
In der Umgebung von Erfurt und Weimar betreut aktuell das Palliative Care Team –PALLIATUS,
das von Frau Dipl.-Med. Sylvana Urban, einer Palliativmedizinerin, geleitet wird.
8.2. Hospize
Hospize (lat. hospitium = Herberge) haben es sich zur Aufgabe gemacht, Sterbende umfassend
zu versorgen. Im deutschen Sprachgebrauch wird mit Hospiz meist eine stationäre
Pflegeeinrichtung bezeichnet, die Menschen mit nicht heilbaren Erkrankungen und absehbarem
Lebensende in kleinen Pflegeeinheiten bis zum Tode begleitet. Stationäre Hospize werden pfle-
25
8. Palliativmedizin und Hospize
gerisch geleitet, die notwendigen ärztlichen Besuche übernimmt in der Regel der Hausarzt.
In der Umgebung von Erfurt und Weimar können Patienten im Christlichen Hospiz „St. Martin“
in Erfurt und im Hospiz Bad Berka aufgenommen werden. Die Aufnahme muss ärztlich beantragt
und durch die Krankenkassen genehmigt werden.
Im Unterschied dazu können betroffene Menschen und deren Familien auch im häuslichen
Umfeld durch einen ambulanten Hospizdienst begleitet werden. Diese Aufgabe übernehmen
überwiegend ehrenamtliche Mitarbeiter, die den Prozess des Abschiednehmens mit ihrer
umfangreichen Erfahrung unterstützen. Wir können über eine gute Zusammenarbeit mit der
Ökumenischen Hospizgruppe Erfurt beim Malteser Hilfsdienst e.V. berichten.
26
9. Selbsthilfe
9. Selbsthilfe
Wenn Sie diese Broschüre in die Hand nehmen, wird die Krankheit Krebs für Sie eine Bedeutung
haben und Sie möchten sich informieren – weil Sie selbst erkrankt sind oder ein Angehöriger
oder Freund betroffen ist.
Wir wollen neben allgemeinen Informationen Hoffnung vermitteln und durch unser persönliches
Beispiel zeigen, dass auch mit Krebs ein lebenswertes zufriedenes Leben möglich ist.
Die Frauenselbsthilfe nach Krebs ist ein gemeinnütziger Verein, der sich in einem Bundesverband,
12 Landesverbänden und zur Zeit 440 regionale Gruppen gliedert und ausschließlich über
Spenden finanziert wird.
Schirmherr und größter Förderer ist die Deutsche Krebshilfe.
Der Selbsthilfeverband ist offen für Frauen und Männer mit den verschiedensten Krebserkrankungen sowie deren Angehörige.
In Thüringen werden durch die Frauenselbsthilfe nach Krebs etwa 3000 krebserkrankte Frauen
und Männer in 38 Gruppen betreut. Weitere 7500 Betroffene befinden sich in der Betreuung
des Landesverbandes Thüringen z.B. durch Beratung und Besuche von Gruppenmitgliedern.
Hierbei ist das Motto der Frauenselbsthilfe nach Krebs:
- Auffangen nach der Diagnose
- Information durch Gespräche und Erfahrungen austauschen
- Begleiten während der Therapie und auf dem weiteren Weg nach der Diagnose und während des Krankheitsverlaufes.
Dabei zeichnet sich der Verband durch die folgenden Merkmale aus:
- eigene Betroffenheit
- ehrenamtliche Arbeit
- als Partner von professionellen Helfern in der Krebstherapie und -nachsorge
- demokratische Wahlen für alle Ämter
- Offenheit für neue Betroffene
- Unabhängigkeit.
Der Verband hat ein 6-Punkte Programm erarbeitet, welches den Gruppen und Betreuern die
Basis und das Rüstzeug zur Arbeit mit den betroffenen Patienten bietet.
Wir wollen
- krebskranke Menschen psychosozial begleiten
- helfen, die Angst vor weiteren Untersuchungen und Behandlungen zu überwinden
- Vorschläge zur Stärkung der Widerstandskraft geben
- die Lebensqualität verbessern helfen
- informieren über soziale Hilfen, Versicherungs- und Schwerbehindertenrecht
- die Interessenvertretung von Krebspatienten sozialpolitisch und gesundheitspolitisch verbessern.
Besondere Aktivitäten des Landesverbandes beinhalten z.B. Kooperationsverträge mit den Brustund Tumorzentren in Erfurt, Jena, Gera, Suhl, Meiningen, Sömmerda, Bad Langensalza und Bad
27
9. Selbsthilfe
Berka, ebenso die enge Zusammenarbeit mit der Thüringer Krebsgesellschaft und mit den
Fachärzten in Thüringen, die Mitarbeit in der Arbeitsgruppe Brustkrebs des Thüringer
Ministeriums für Familie, Soziales und Gesundheit, die ständige Weiterbildung der Gruppenleitungen zur Betreuung Krebskranker sowie die Mitarbeit im Projekt der BARMER Krankenkasse.
Aber auch Geselligkeit ist Bestandteil unseres Vereinslebens in den jeweiligen Gruppen; so werden Theaterbesuche, gemeinsame Fahrten, Buchlesungen und vieles mehr organisiert und durchgeführt. Wir können dem Leben nicht mehr Tage geben, aber den Tagen mehr Leben!
Grüne Damen
Für die Mitarbeiter am Brustzentrum endet die Patientenbetreuung nicht mit dem
Krankenhausaufenthalt; so gibt es seit 1993 an jedem Samstag vor dem 1. Advent eine
Patientenkonferenz „Ehemaliger“, so sehen wir uns auch wöchentlich:
Es ist Montag- oder Donnerstagnachmittag. Unsere Besuchszeit. Wir sind die Grünen Damen im
Brustzentrum des HELIOS Klinikum. Als selbst Betroffene besuchen wir die Krebspatientinnen am
Krankenbett. Wir kennen den Kummer, die Angst, die Sorgen, haben alles selbst durchlebt und
überlebt. Schon allein die Tatsache dieses Überlebens, es wieder meistern zu können, gibt
Hoffnung und Mut für den allzu verzweifelten Neuanfang. Das Zuhören kann helfen, Sorgen
abzuladen, Fragen auszusprechen, Vertrauen zu vertiefen in die Kunst der Ärzte und in das zertifizierte Brustzentrum und vor allem in das „Wie weiter?“. Dabei öffnen wir den Patienten den
Weg in die Selbsthilfegruppen, wo sie umfangreich Unterstützung im weiteren Prozess der
Gesundung finden. Die Ärzte, Schwestern und die Leitung des Klinikum schätzen diese wichtige
ehrenamtliche Arbeit der Grünen Damen über alles.
Wer sich berufen fühlt, als selbst Betroffene in unserem kleinen Team mitzuhelfen, meldet sich
bitte bei Herrn Lauerbach unter 0361 7811005.
28
10. Nachsorge
10. Nachsorge
Die Nachsorge der Mammakarzinompatientinnen erfolgt risikoadaptiert und individualisiert. Im
Vordergrund stehen neben der psychosozialen Betreuung die klinische Überwachung hinsichtlich
lokaler Rezidive oder Metastasen, da die frühzeitige Erkennung derselben die Überlebenszeit
erhöhen kann.
Der routinemäßige Einsatz von apparativen Untersuchungsmethoden (wie z.B. Skelettszintigrafie, Thoraxaufnahmen, Abdominalsonografie, Tumormarker) zur Suche von Fernmetastasen ist
hingegen nicht indiziert.
Die Ziele und Methoden der Nachsorge sind wie folgt definiert :
• Psychologische und soziale Rehabilitation – z.B. Anschlussheilbehandlung, Kur,
Selbsthilfegruppen
• Früherkennung von In-Brust-Rezidiven nach BET oder Thoraxwandrezidiven nach Ablatio,
ebenso Metastasen
• Früherkennung und Behandlung von Therapiefolgen
Empfehlungen zur Nachsorge nach abgeschlossener Primärtherapie:
nach
Mastektomie
nach brusterhaltender
Therapie
Anamnese und
Untersuchung
vierteljährlich für 3 Jahre,
halbjährlich bis 5. Jahr,
dann jährlich
Tumormarker
Tumormarker in der Routine verzichtbar
Selbstuntersuchung
Mammografie
monatlich auf Dauer
kontralaterale Brust
jährlich
Sonografie von
Mamma, regionären
Lymphabflußgebieten/
Thoraxwand
in den ersten 3 Jahren halbjährlich,
danach jährlich
Röntgen Thorax
bei entsprechenden Symptomen
Ganzkörperskelettszintigrafie,
Labor
bei klinischem Verdacht auf
Metastasen, z. B. Knochenschmerzen
Oberbauchsonografie
bei entsprechenden Symptomen
29
kontralaterale Brust
jährlich, ipsilaterale
Brust in den ersten drei
Jahren halbjährlich,
danach jährlich
11. Psychoonkologische Betreuung
11. Psychoonkologische Betreuung
Die psychoonkologische Beratung oder Therapie ist eine wichtige Säule der supportiven
Versorgung von Krebspatienten. Konfrontiert mit einer Tumordiagnose, erfährt der Betroffene
neben körperlichen Beschwerden oft auch psychische Krisen mit dem entsprechenden Bedürfnis
nach adäquaten psychosozialen Unterstützungsleistungen. Die emotionale Auseinandersetzung
mit einer Tumorerkrankung darf per se nicht pathologisiert werden, gleichwohl entwickeln etwa
1/3 der betroffenen Patienten über den Diagnoseschock hinaus behandlungsbedürftige psychische Symptome oder Störungen. Diese sind primär im Formenkreis der Ängste (Panikattacken,
Anpassungs- und Belastungsstörungen, Progredienzangst) und affektiven Störungen
(Depressionen) verortet. Psychoonkologische Begleitung kann bereits während der
Diagnosefindung erforderlich sein, vorrangig ist sie jedoch in den Phasen der Therapie und der
Nachsorge von Bedeutung. Ebenso sollte die Möglichkeit eingeräumt werden, Angehörige in die
psychoonkologische Beratung mit einzubeziehen, z.B. in Form von Familiengesprächen.
Die Abschätzung psychischer Belastungen kann mittels eines Screnningfragebogens erfolgen.
Als praktikabel erwiesen haben sich das Distressthermometer und das Hornheider ScreeningInstrument. Über das direkte Patientengespräch erfahrbare Indikatoren sind objektiv und subjektiv hohe psychische Belastung, der vom Patienten geäußerte Wunsch nach psychotherapeutischer Versorgung, mangelnde Therapie-Motivation und Compliance, prämorbid bestehende psychische Erkrankungen, chronische Schmerzen oder geringe soziale Unterstützung.
Betrachtet man die Entwicklung der letzten Jahre, so hat sich die psychosoziale Versorgungssituation der Patienten in der Erst- bzw. Akuterkrankungsphase durch die Zertifizierung zahlreicher Organtumorzentren und der damit einhergehenden Schaffung psychoonkologischer
Dienste substanziell verbessert. Weiterhin schwierig bleibt die psychoonkologische Betreuungssituation der Tumorpatienten im ambulanten bzw. nachstationären Bereich aus verschiedenen
strukturellen, inhaltlichen, aber auch aus therapeutenbezogenen Gründen, denn aufgrund der
Grunderkrankung steht bei Tumorpatienten immer die somatische Therapie im Vordergrund.
Psychologische Maßnahmen, wie z.B. Informationsvermittlung über Psychoedukation, Anleitung
zu Entspannungsübungen und Selbstinstruktion, Aktivitätsaufbau, Emotionsfokussierung bzw.
Körperakzeptanztherapie sowie Stressbewältigungs-, Problemlöse- oder Kognitives Training können jedoch die physische und psychische Verfassung des Patienten nachhaltig verbessern.
Daraus leiten sich folgende Ziele der psychoonkologischen Interventionen ab:
• Steigerung der Bewältigungskompetenz bei emotionalen Belastungen (Verbesserung der
Befindlichkeit, Umgang mit Angst, Depressionen, Ärger, Erschöpfung und Müdigkeit)
• Steigerung der Lebensqualität über Förderung einer positiven Krankheitsbewältigung
(Verbesserung der Copingstrategien), Anstieg von Optimismus und des „benefit findings“
(Krankheitsakzeptanz und Sinnfindung)
• Indirekte Reduzierung der Beeinträchtigungen durch medizinische Eingriffe (Schmerzbewältigung, Körperakzeptanz, Wiedereingliederung in den Beruf, Aktivitätsaufbau) und Aufbau
von gesundheitsförderndem Verhalten
30
Mitglieder der Arbeitsgruppe „Mammakarzinom“
12. Mitglieder der Arbeitsgruppe
„Mammakarzinom“
Dr. med. J. Bechler, Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe, HELIOS Kreiskrankenhaus
Gotha/Ohrdruf
Dr. med. J. Buse, „Mammographie-Screening Thüringen Nord-West“, Bad Langensalza/Erfurt
Dr. med. Annette Bittrich, Hämatologisch-onkologische Praxis, Erfurt
Dr. med. Elke Conrad, Klinik für Nuklearmedizin, HELIOS Klinikum Erfurt
Dr. med. F. Gaerisch, Radiologische Praxis, Erfurt
Dr. rer. nat. H. Göbel, Tumorzentrum Erfurt e.V.
Dr. med. M. Glatzel, Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie, HELIOS Klinikum Erfurt
Dr. med. U. Hauch, Hämatologisch-onkologische Praxis, Erfurt
Heidi Heiland, Grüne Damen, Frauenklinik, HELIOS Klinikum Erfurt
Dr. med. Barbara Henkel, Institut für Pathologie, HELIOS Klinikum Erfurt
Univ.-Prof. Dr. med. habil. Prof. Dr. h.c. U. B. Hoyme, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe,
HELIOS Klinikum Erfurt
K. Hubrich, Praxis für Strahlentherapie, Erfurt
Dr. med. Jana Klingner, Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie, HELIOS Klinikum Erfurt
Dipl.-Psych. Anja Koch, 4. Medizinische Klinik, HELIOS Klinikum Erfurt
Univ.-Prof. Dr. med. H. Kosmehl, Institut für Pathologie, HELIOS Klinikum Erfurt
Dr. med. St. Liebers, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, HELIOS Klinikum Erfurt
H.-J. Mayer, Landesverband Thüringen e.V., Frauenselbsthilfe nach Krebs, Schmalkalden
Dr .med. Petra Meier, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, HELIOS Klinikum Erfurt
Dr. med. Anja Merte, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, HELIOS Klinikum Erfurt
Dr. med. Ch. Minkus, Radiologische Praxis, Erfurt
31
Mitglieder der Arbeitsgruppe „Mammakarzinom“
Dr. med. Berit Schütze, Hämatologisch-onkologische Praxis, Erfurt
Dr. med. Sabine Sonntag-Koch, Abteilung für Palliativmedizin und Schmerztherapie, HELIOS
Klinikum Erfurt
Dr. med. Christina Wagner, Institut für Pathologie, HELIOS Klinikum Erfurt
Dr. med. J. Weniger, Hämatologisch-onkologische Praxis, Erfurt
Dr. med. Jana Wessely, Klinik für Nuklearmedizin, HELIOS Klinikum Erfurt
32
Anhang
Anhang
Auswertung der Daten des klinischen Krebsregisters des
Tumorzentrums Erfurt zum Mammakarzinom
H. Göbel*, U.B. Hoyme**
*
Leiter des Klinischen Krebsregisters, Tumorzentrum, HELIOS Klinikum Erfurt
**
Direktor der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, HELIOS Klinikum Erfurt
Nach den aktuellen Zahlen des Robert-Koch-Instituts auf der Basis des Jahres 2008 erkrankten
in der Bundesrepublik Deutschland über 71.600 Frauen an Brustkrebs. Hinzu kommen noch
etwa 6.500 In situ-Tumoren. 17.209 Frauen sind 2008 an ihrem Karzinom gestorben. Die
Neuerkrankungsrate ist ansteigend, nicht zuletzt als Folge des ab 2005 in der Bundesrepublik
schrittweise eingeführten Mammographie-Screenings. Für das Jahr 2012 werden 74.500
Neuerkrankungen prognostiziert.
Die Dokumentation des klinischen Krebsregisters am Tumorzentrum Erfurt begann prospektiv im
Mai 1993. Daneben liegen retrospektiv erhobene Daten vor, die bis in das Jahr 1956 zurückreichen.
Die Daten wurden aus Arztbriefkopien der behandelnden Ärzte in den angeschlossenen
Krankenhäusern oder in der niedergelassenen Praxis erhoben und
gemäß der
Basisdokumentation für Tumorerkrankungen in einer Datenbank erfasst. Auf dieser Grundlage ist
am Tumorzentrum Erfurt die vollständige Verlaufsdokumentation einschließlich statistischer
Auswertungen im Sinne einer onkologischen Qualitätsanalyse möglich, die (klinikbezogen)
Aussagen zur Versorgung von Brustkrebspatienten in Mittel- und Westthüringen erlauben.
Darüber hinaus werden sämtliche Daten gemäß Krebsregistergesetz an das von den neuen
Bundesländern gemeinsam geführte epidemiologische Krebsregister (GKR) in Berlin weitergeleitet. Über das GKR können die Daten des Erfurter Krebsregisters mit den von den
Gesundheitsämtern weitergemeldeten Leichenschauscheinen abgeglichen werden.
Das klinische Krebsregister liefert Aussagen zur Radikalität, zu Komplikationen und zu Nebenwirkungen der Behandlung, insbesondere sind Langzeitanalysen zum Überleben allgemein und
tumorfreien Überleben speziell möglich.
Im Folgenden sollen die zum Mammakarzinom mit Stichtag 27.03.2012 vorliegenden Daten in
einer Übersicht präsentiert werden.
Zu diesem Zeitpunkt waren 12.828 Mammakarzinome registriert. Diese Entität macht damit 12,4 %
des Gesamtdatenbestandes aus (Abb. 1). Dabei zeigte sich, dass das Mammakarzinom nach
den Hauttumoren den am zweithäufigsten dokumentierten Tumor darstellt. Diese Reihenfolge der
häufigsten Tumoren resultiert aus der Tatsache, dass hier (anders als in der Krebsepidemiologie
üblich) auch die nicht-melanotischen Hauttumoren registriert sind. In Übereinstimmung mit der
Literatur wurde in 0,69 % ein Brustkrebs beim Mann gefunden.
33
Anhang
Abb. 1
Erfasste Tumoren nach Hauptlokalisationen (n = 103.365)
Abb. 2
Kumulative Entwicklung der Fallzahlen
Die Zahl der seit 1993 registrierten Patienten und Tumoren ist in Abb. 2 kumulativ dargestellt, wobei der jährliche Zuwachs an erfassten Brustkrebspatienten mit dem Jahr
1999 ein Plateau erreicht zu haben schien (Abb. 3). Eine vergleichbare Dynamik wurde
auch von anderen klinischen Krebsregistern in ihrer Etablierungsphase beobachtet. Die
gegenüber den davor liegenden Jahren niedrigere Fallzahl ab Diagnosejahr 2005 ist
vor allem darauf zurückzuführen, dass eine Klinik im Zusammenhang mit der Bildung
eines Brustzentrums an ein anderes Tumorzentrum meldete. Der im Jahr 2008 regi34
Anhang
strierte deutliche Anstieg ist nicht sicher erklärbar, da erst in den folgenden Jahren mit
der Einführung des Mammographiescreenings im Haupteinzugsgebiet des Registers
eine Steigerung der neu diagnostizierten Fälle zu erwarten war.
Abb. 3
Dokumentierte Mammatumoren nach Diagnosejahren (n = 12.828)
In der mit anderen Krebsregistern vergleichbaren Altersverteilung bei Diagnose (Abb. 4)
ist der Trend zu höherem Alter bei Erstdiagnose auch aus den Erfurter Daten in der vorliegenden 22 Jahre umfassenden Analyse zu erkennen (Abb. 5).
Abb. 4
Altersverteilung der Mammatumoren bei Diagnose (n = 12.828)
35
Anhang
Das mittlere Alter bei Erkrankung beträgt 60,1 Jahre. Ein Viertel der Mammatumoren
wurden vor dem 50. Lebensjahr registriert, also vor dem Alter der Erkennbarkeit
durch das Mammographiescreening. Das ist ein Argument für die Ausweitung der
Brustselbstuntersuchung (z. B. MammCare®)). Die meisten Tumoren traten in der
Altersgruppe der 65- bis 69-jährigen auf. Der Anstieg des mittleren Erkrankungsalters
seit dem Jahr 1990 ist signifikant.
Abb. 5
Mittleres Erkrankungsalter bei Diagnosestellung (n = 12.828)
36
Anhang
Bei der histomorphologischen Untersuchung wurden invasiv-duktale Karzinome mit
61,3 %, gefolgt von den lobulären Karzinomen mit 13,6 % gefunden (Abb. 6).
Abb. 6
Verteilung histologischer Typen (n = 12.828)
In der T-Kategorie überwogen mit 44,4 % die T1-Tumoren, dahinter T2-Tumoren mit
31,7 % (Abb. 7). Die T0-Karzinome traten im Zusammenhang mit präoperativen
Therapien auf.
Abb. 7
Verteilung der T-Kategorien (n = 12.828)
Als Ausdruck einer Qualitätsverbesserung insbesondere bei der Diagnostik wird die
Ende der 1990er Jahre beginnende Zunahme von T1-Tumoren bei gleichzeitiger
Abnahme von T2 bei nahezu konstanten Anteilen der anderen Kategorien gesehen.
37
Anhang
Bemerkenswert ist deshalb die beobachtete Stagnation dieses Trends ab 2004 (Abb.
8). Noch deutlicher wird dies bei Betrachtung der primären Tumorstadien (Abb. 9).
Eine sichere Erklärung gibt es dafür nicht. Möglicherweise wurden in Erwartung des
(letztlich erst viel später begonnenen) Mammographiescreenings weniger „graue“
Mammographien durchgeführt.
Abb. 8
Anteil der T-Kategorien nach Diagnosejahren
Abb. 9
Anteil der UICC-Stadien nach Diagnosejahren
38
Anhang
Eine Detailanalyse der Kategorie T1 zeigt, dass der Anteil der Karzinome mit einer
Größe kleiner als 10 mm (T1b) ansteigt. Es ist zu hoffen, dass dieses prognostisch
günstige Stadium mit intensivierter Mammographie zunehmend häufiger erfasst wird.
Brustkrebsvorstufen oder frühe Tumorstadien sind derzeit nur durch die Mammographie zu diagnostizieren.
Die Kategorie T1c steigt im Trend am deutlichsten an. Die nicht weiter differenzierte
Angabe T1 ist rückläufig, wofür sowohl die Verbesserung der histomorphologischen
Begutachtung als auch eine bessere Meldequalität ursächlich sind.
Abb. 10 T1-Unterkategorien nach Diagnosejahren
Die in der S3-Leitlinie „Brustkrebs-Früherkennung in Deutschland“ formulierten Ziele
wurden jedoch noch nicht erreicht. Es kommt darauf an, den T1c-Anteil bei gleichzeitigem Anstieg von T1b (Tumorgröße 0,5–1 cm, Qualitätsziel ≥20 %) und insbesondere auch T1a (Tumorgröße bis 0,5 cm, Qualitätsziel ≥10 %) zu verringern (Abb.
10).
39
Anhang
Der Anteil der N0-Karzinome beträgt 59,2 % (Abb. 11). Als Qualitätsziel im Rahmen
der Früherkennung wird >75 % angegeben. Trotz stetiger Verbesserungen wird diese
Grenze ebenfalls noch nicht erreicht (Abb.12).
Abb. 11
Verteilung der N-Kategorien (n = 12.828)
Bei insgesamt 1.277 Tumoren liegt keine Angabe zum TNM vor (nicht gemeldet oder
TNM nicht definiert). Lediglich in 82,4 % der Fälle ist die histologische Sicherung des
klinisch und/oder apparativ erhobenen Lymphknotenstatus dokumentiert.
Abb. 12
Anteil der N-Kategorien nach Diagnosejahren
40
Anhang
Eine primäre Fernmetastasierung bestand bei 3,5 % der Tumoren, wobei in diesen
insgesamt 447 Fällen die Metastasen zu 19,9 % histologisch gesichert wurden. Der
ossäre Befall stand mit 39,8 % an der Spitze, gefolgt von pulmonalen Metastasen mit
18,3 % sowie Lebermetastasen mit 14,5 % (Abb. 13).
Abb. 13
Primäre Fernmetastasierung (n = 12.828)
41
Anhang
Aktueller Standard beim Brustkrebs-Stadium I ist unstrittig die brusterhaltende
Operation, deren Anteil über 80 % liegen sollte. Diese Marge wurde im
Berichtszeitraum 2004 bis 2011 von der Mehrzahl der im Einzugsbereich des
Tumorzentrums liegenden Einrichtungen erreicht. Wird auf die Einrichtungen abgehoben, die in diesem 8-Jahreszeitraum wenigstens 50 Operationen in diesem
Stadium vornahmen, wird dieser Anteil ebenfalls weitgehend erreicht, auch wenn
eine so kleine Fallzahl per se keinen Qualitätsbeleg darstellt. Der von einer
Einrichtung berichtete BET-Anteil von 100 % ist möglicherweise der geringen Fallzahl
geschuldet (Abb. 14).
Abb. 14
Anteil brusterhaltender Operationen bei Stadium I (T1 N0 M0)
in Kliniken (Gynäkologische und Chirurgische Abteilungen eines Krankenhauses zusammengefasst) und Praxen des Einzugsgebietes mit ≥ 50 (volle Säulen) und < 50 Operationen (leere
Säulen) in den betrachteten 8-Jahres-Zeiträumen
42
Anhang
Die in der S3-Leitlinie vorgegebenen Qualitätsziele für den Anteil brusterhaltender
Operationen bei pT1 (>35 %) und pT2 (> 25 %) wurden im vergangenen 8-JahresZeitraum von nahezu allen operativen Einrichtungen des Einzugsgebietes erreicht
(Abb. 15).
Abb. 15
Anteil brusterhaltender Operationen bei pT1/pT2
in Kliniken und Praxen des Einzugsgebietes mit ≥ 100 (volle Säulen) und < 100 Operationen
(leere Säulen) in den betrachteten 8-Jahres-Zeiträumen
Qualitätsziel (S3-Leitlinie): Anteil BET > 60%
Insgesamt war in Abhängigkeit von der T-Kategorie eine R0-Resektion zwischen
96,2 % (T1) und 57,2 % (T4) möglich (Abb.16).
Abb. 16
Anteil der R-Klassifikation nach T-Kategorien
43
Anhang
Abb. 17
Anteil adjuvanter Therapien nach T-Kategorien (nur OP-Jahre 2000-2010, n=6.771 )
Bei den nahezu vollzählig erfassten Fällen der Diagnosejahre 2000-2010 wurde über
alle Stadien gerechnet nach R0-Resektion (n=6.771) eine adjuvante Therapie in 89,2 %
der Fälle dokumentiert. An adjuvanter Behandlung wurden mit 61,0 % die Bestrahlung, mit 63,1 % die Hormontherapie und mit 45,9 % die Chemotherapie registriert,
wobei diese Therapien häufig in Kombination verabreicht wurden (Abb. 17).
Trotz zweifelsfrei anderslautender Empfehlung ist in den Diagnosejahren 2000-2010
nach brusterhaltender Operation nur bei 77,3 % der Fälle eine Bestrahlung dokumentiert (nicht berichtet ?, Abb. 18).
Abb. 18 Anteil adjuvanter Therapien nach Operationsarten
(nur Diagnosejahre 2000-2010, n=6.748)
44
Anhang
Das Gesamtüberleben aller Frauen (n=12.366) nach 60 Monaten (Kaplan-MeierSchätzung, alle Stadien) wurde mit 83,1 % ermittelt. Für den Zeitraum 1995-2000
beträgt das beobachtete 5-Jahres-Überleben 81,2 %; für die im Zeitraum 2001-2006
erkrankten Patientinnen 83,1 % (Abb. 19). Zum Vergleich: Das Robert-Koch-Institut
(2012) weist auf der Basis von 2007/2008 eine absolute 5-Jahres-Überlebensrate für
Brustkrebspatientinnen, über alle Stadien betrachtet, von 78 % aus.
Abb. 19
Gesamtüberleben operierter Frauen (Kaplan-Meier-Schätzung, alle Stadien)
Anzahl Patienten
Diagnosejahre
1995-2000
2902
Diagnosejahre
2001-2006
8152
davon verstorben
1140
1245
Mediane Überlebenszeit (Monate)
193
125
Mediane Beobachtungszeit (Monate)
130
40
45
Anhang
Abb. 20 Gesamtüberleben (Kaplan-Meier-Schätzung) nach Altersgruppen (prämenopausal / postmenopausal)
< 50 Jahre
2949
599
313
85
Anzahl Patienten
davon verstorben
Mediane Überlebenszeit (Monate)
Mediane Beobachtungszeit (Monate)
≥Jahre
9417
2498
181
58
Abb. 21 Gesamtüberleben (Kaplan-Meier-Schätzung) nach T-Kategorien
Anzahl Patienten
davon verstorben
Mediane Überlebenszeit (Monate)
Mediane Beobachtungszeit (Monate)
46
T1
5684
880
225
63
T2
4050
1252
175
63
T3
495
221
107
56
T4
549
344
48
35
Anhang
Abb. 22 Gesamtüberleben (Kaplan-Meier-Schätzung) nach N-Kategorien
NO
7574
1320
221
61
Anzahl Patienten
davon verstorben
Mediane Überlebenszeit (Monate)
Mediane Beobachtungszeit (Monate)
N1
2776
981
160
71
N2/3
1094
429
80
33
Abb. 23 Gesamtüberleben (Kaplan-Meier-Schätzung) nach UICC-Stadien
Anzahl Patienten
davon verstorben
Mediane Überlebenszeit (Monate)
Mediane Beobachtungszeit (Monate)
47
I
4401
571
244
62
II
4542
1238
194
72
III
1365
581
90
42
I
468
292
36
23
Anhang
Die vorgestellten Überlebensdaten hinsichtlich Menopausen-Status (Abb. 20), T- und
N- Kategorien sowie Tumorstadien (Abb. 21 bis Abb. 23 ) belegen den erreichten
guten Stand in der Versorgung von Brustkrebspatienten in Mittel- und Westthüringen.
Sie ermöglichen eine Bewertung der Diagnostik, Therapie und Nachsorge und eröffnen zugleich Ansätze für die weitere Verbesserung der Prognose.
Für die Zukunft ist es notwendig, die anfallenden Daten möglichst vollständig und entsprechend den Regeln der Tumorbasisdokumentation zu registrieren. Nur so kann
eingeschätzt werden, ob die Patientinnen stadiengerecht und entsprechend dem aktuellen wissenschaftlich-medizinischen Standard versorgt wurden.
Die dargestellten möglichen Versorgungsdefizite
- unterlassene adjuvante Bestrahlung nach brusterhaltender Operation,
- weiterhin noch zu geringer Anteil prognostisch günstiger T1a- und T1b-Tumoren,
- niedriger Anteil brusterhaltender Therapie im Stadium I in einzelnen Einrichtungen
müssen überprüft und transparent gemacht werden, um gezielt qualitätsverbessernd
in den einzelnen Einrichtungen wirksam werden zu können.
Literatur
• Robert-Koch-Institut; Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e.V.:
Krebs in Deutschland 2007/2008, 8. überarbeitete Auflage, Berlin, 2012
• Stabenow, R.; Steller, B.; Wilsdorf-Köhler, H.; Eisinger, B.: Krebsinzidenz und Krebsmortalität
2005-2006 im Erfassungsgebiet des Gemeinsamen Krebsregisters, Jahresbericht, Berlin,
Schriftenreihe des Gemeinsamen Krebsregisters, Heft 1/2009
• Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms der Frau, S3-Leitlinie der
Deutschen Krebsgesellschaft und der beteiligten Fachgesellschaften, Juni 2004
• K.-D. Schulz, U.-S. Albert (Hrsg.): Stufe-3-Leitlinie Brustkrebs-Früherkennung in Deutschland,
W. Zuckschwerdt Verlag, München 2003
• J. Dudeck, G. Wagner, E. Grundmann, P. Hermanek (Hrsg.): Basisdokumentation für
Tumorkranke, 5. Auflage, W. Zuckschwerdt Verlag, München 1999
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