1 Funktionen und Flächen

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1.1
Funktionen und Flächen
Flächen
Definition: Die Ebene R2 ist definiert als Menge aller geordneten Paare von reellen Zahlen:
R2 = {( x1 , x2 )| x1 , x2 ∈ R}
Der erste Eintrag heißt dann auch x −Koordinate und der zweite y−Koordinate. Für zwei Punkte ( x1 , y1 ), ( x2 , y2 ) ∈ R2 ist der Abstand definiert als:
q
d(( x1 , y1 ), ( x2 , y2 )) := ( x2 − x1 )2 + (y2 − y1 )2
Definition: Ein Kreis mit Mittelpunkt a = ( x0 , y0 ) ∈ R2 und Radius r ∈ R ist die Menge:
Ka,r := {( x, y) ∈ R2 |( x − x0 )2 + (y − y0 )2 = r2 }
Analog ist die Kreisscheibe
Ba,r := {( x, y) ∈ R2 |( x − x0 )2 + (y − y0 )2 ≤ r2 }
(B für Ball). Speziell ist der Einheitskreis die Menge
{( x, y) ∈ R2 | x2 + y2 = 12 = 1}
dito Einheitskreisscheibe.
Die Flächenaxiome: Sei D ⊂ R2 und D ⊂ Ba,r für einen Ball Ba,r (dies stellt sicher, daß D
begrenzt ist). D wird eine nicht negative reelle Zahl zugeordnet, die Fläche. Es gelten die folgenden Axiome:
i) Kongruenzen (Drehungen, Spiegelungen, Verschiebungen) ändern die Fläche von D nicht.
ii) Wird D in endlich viele, nicht überlappende Bereiche aufgeteilt, so ist die Fläche von D die
Summe der Teilflächen.
iii) Ist E ⊂ D, so ist die Fläche von E höchstens so groß wie die von D.
iv) Ein Quadrat der Seitenlänge 1 hat die Fläche 1.
Definition (Flächeninhalt) Sei D ⊂ R2 und es existiere Ba,r mit D ⊂ Ba,r (d.h., daß D beschränkt
ist). Es sei M := {∆ ⊂ R2 | ∆ ist nichtüberlappend aus Rechtecken zusammengesetzt}. Die Elemente von M haben also eine Fläche, die die Summe der Flächen der Dreiecke/Rechtecke sind,
aus denen sie sich zusammensetzen. Wir betrachten U = {Fläche von ∆ ∈ M | ∆ ⊂ D } und
O := {Fläche von ∆ ∈ M | D ⊂ ∆}. Existieren sup U und inf U und gilt sup U = inf O, dann ist
dieser Wert der Flächeninhalt von D.
Beispiel: Der Einheitskreis liegt komplett im Quadrat mit den 4 Eckpunkten (±1, ±1), welches
den Flächeninhalt 4 hat. Wählt man nun beliebig viele Punkte auf dem Einheitskreis und bildet
aus zwei benachbarten Punkten und dem Mittelpunkt Dreiecke, so ist die Summe dieser Dreiecksflächen sicher kleiner als die Fläche des Einheitskreises. Das Supremum all dieser ist die
Fläche des Einheitskreises und heißt π (und ist gleich dem Infimum aller Flächen, in denen der
Kreis enthalten ist).
Definition: Zu einem auf dem Einheitskreis gegebenen Punkt betrachten wir das Kreissegment,
das von der Verbindungslinie von Punkt und Mittelpunkt und der positiven x − Achse gebildet
wird. Das Zweifache von dessen Fläche ist der Winkel des Punktes. Insbesondere ist also der
Vollwinkel 2π.
1.2
Trigonometrische Funktionen
Definition Für den Punkt ( x, y) auf dem Einheitskreis mit Winkel φ ∈ [0, 2π ) ist:
cos(φ) := x
sin(φ) := y
Diese seien 2π −periodisch fortgesetzt durch sin(φ + 2π ) = sin(φ) und cos(φ + 2π ) = cos(φ).
Folgerungen:
−1 ≤ cos( x ), sin( x ) ≤ 1
cos(φ)2 + sin(φ)2 = 1
sin(φ) =
q
1 − cos(φ)2 für alle φ mit sin(φ) ≥ 0
sin(−φ) = − sin(φ)
cos(−φ) = cos(φ)
Durch einfache geometrische Überlegungen erhält man auch die folgende Wertetabelle:
cos sin
0 1
0
π
0 √1
2
√
π
4
2
2
π −1
2
2
0
Der Sinus ist auf [− π2 , π2 ] streng monoton steigend. Die Umkehrfunktion heißt arcsin:[−1, 1] →
[− π2 , π2 ]
Analog: arccos:[−1, 1] → [0, π ]
Satz (Additionstheoreme):
cos(α + β) = cos(α) · cos( β) − sin(α) · sin( β)
sin(α + β) = sin( β) · cos(α) + sin(α) · cos( β)
Grund: Wird bei den komplexen Zahlen gegeben.
Folgerungen:
π
π
π
+ x = cos
sin( x ) − sin
sin( x ) = − sin( x )
cos
2
2
2
sin
π
π
+ x = cos
sin( x ) + sin
cos( x ) = cos( x )
2
2
2
π
1.3
Eigenschaften von Funktionen
Häufig sind Funktionen durch eine Abbildungsvorschrift definiert: f : R → R, x → x2 + 5. Es
gibt aber auch andere Möglichkeiten eine Funktion zu beschreiben, z.B. durch Flächen. Dazu
das folgende
Beispiel: Sei f : R → R, f ( x ) = mx (für m > 0). F ( a) sei die Fläche unter zwischen der Geraden
f ( x ) und der x −Achse und den Geraden x = a und x = 0. Also F ( a) = 21 ma2 .
f (x) = m · x
1
ma2
2
a
Beachten Sie: Für x < y gilt 2mx < m( x + y) < 2my und daher 2mx (y − x ) < m(y + x )(y − x ) <
2my(y − x ). Wir haben insgesamt:
1
1
(y − x )mx < my2 − mx2 < (y − x )my
2
2
Ist also f ( x ) = mx und F ( x ) = 21 mx2 , so gilt:
(y − x ) f ( x ) < F (y) − F ( x ) < (y − x ) f (y)
Klappt das auch bei krummlinig begrenzten Flächen?
Beispiel: Es sei f ( x ) := x2 . Für alle 0 < x < y gilt:
x2 + x2 + x2 < x2 + xy + y2 < y2 + y2 + y2
Multiplikation mit y − x liefert:
x2 (y − x ) <
1 3 1 3
y − x < y2 ( x − y )
3
3
also wieder obige Doppelungleichung, diesmal mit f ( x ) = x2 und F ( x ) = 31 x3 .
Satz: Sei f : [ a, b] → R streng monoton und f ( x ) ≥ 0 für alle x ∈ [ a, b]. Dann existiert die Fläche
zwischen x = a, x = b und dem Graph von f .
Grund: Wir betrachten den Fall monoton steigend. Wir unterteilen das Intervall wie folgt: Sei
a
b− a
ti = a + i b−
n . Dann ist a = t0 < t1 < . . . < tn = b und ti +1 − ti = n . Dann liegt der Graph von
f auf dem Intervall [ti , ti+1 ] überall oberhalb von f (ti ) und unterhalb von f (ti+1 ). Die Differenz
a
dieser Flächen ist (ti+1 − ti )( f (ti+1 ) − f (ti )) = b−
n ( f ( ti +1 ) − f ( ti )). Aufsummieren liefert:
b − a n −1
b−a
( f (ti+1 ) − f (ti )) =
( f (b) − f ( a))
∑
n i =0
n
Dieser Ausdruck wird für genügend große n beliebig klein und es gilt:
n
n −1
i =0
i =0
∑ f (ti )(ti+1 − ti ) ≤ I ≤ S ≤ ∑
f (ti+1 )(ti+1 − ti )
Dabei ist F = {( x, y) ∈ R2 | x ∈ [ a, b], 0 ≤ y ≤ f ( x )} und I das Infimum Flächeninhalte aller
meßbaren Flächen, die Teilmengen vom F sind, und S das Supremum
aller Flächeninhalte aller meßbaren Flächen, in denen F enthalten ist.
a
Nun ist die Differenz von rechter Seite und linker Seite b−
n ( f ( b ) − f ( a )), somit ist S − I kleiner
als dieser Wert, wird also für großes n beliebig klein. Daher ist I = S gleich der Fläche von F .
Beispiel:i) f : R>0 → R>0 , x 7→ 1x ist streng monoton fallend, denn für x2 > x1 gilt: x12 < x11 .
Wie wir schon gesehen hatten ist f ( x ) sogar bijektiv, da jedes x 6= 0 ein multiplikatives Inverses
x −1 = 1x hat.
Ist f streng monoton fallend, so ist f ( a) − x streng monoton steigend. Die Fläche zwischen dem
Graph von f und [ a, b] ist dann
(b − a)( f (b) − f ( a)) − F
Dabei ist F die Fläche zwischen dem Graphen von f ( a) − x und [ a, b].
Definition: Sei f : [ a, b] → R eine streng monoton steigende Funktion und f ( x ) ≥ 0 für alle
x ∈ [ a, b]. Gibt es eine Funktion F : [ a, b] → R, mit F ( a) = 0 und
(y − x ) f ( x ) < F (y) − F ( x ) < (y − x ) f (y)
für alle x, y ∈ [ a, b] mit x < y, so ist die Funktion F mit dieser Eigenschaft eindeutig bestimmt
(siehe Anhang B). Eine solche (eindeutig bestimmte) Funktion nennen wir die Flächenfunktion
von f (auf dem Intervall [ a, b]).
f (x)
(y − x) · f (y)
(y − x) · f (x)
x
y
Satz: Eine solche Flächenfunktion existiert und ist eindeutig bestimmt. Weiter ist die Flächenfunktion F : [ a, b] → [0, F (b)] einer nicht negativen, streng monotonen Funktion, streng monoton steigend und bijektiv auf ihr Bild.
Grund: Anhang B
1.4
Der natürliche Logarithmus
Definition: Für eine Zahl a > 1 ist ln( a) definiert als die Fläche zwischen den senkrechten
Geraden x = 1 und x = a und der x −Achse und der Kurve y = 1x . Für 0 < a < 1 wird die
Fläche negativ gezählt, es ist ln( A) der negative Wert der Fläche unter 1x von x = a bis x = 1.
y
2, 5
2
1
1, 5
0, 5
1
f (x) =
1
x
x
1
1, 5
2
2, 5
−0, 5
y
f (x) = ln(x)
x
1
1, 5
2
2, 5
−1
Eigenschaften: 1) ln( x ) ist streng monoton steigend (als Flächenfunktion).
2) ln(1) = 0
3)
1
1
(y − x ) < ln(y) − ln( x ) < (y − x )
y
x
für alle y > x ≥ 1.
Ist 0 <y < x ≤ 1, so gilt
1
1
( x − y) < ln( x ) − ln(y) < ( x − y)
x
y
Diese Flächen werden aber negativ gezählt. Multiplikation mit −1 liefert wieder die obige Doppelungleichung.
Folgerung:
ln(c · x ) = ln(c) + ln( x )
Grund: Wir betrachten die für festes c > 0 die Funktionen L1 ( x ) := ln(c · x ) − ln(c). Dann ist
L1 (1) = ln(c) − ln(c) = 0
Dann gilt: L1 (y) − L1 ( x ) = ln(c · y) − ln(c · x ). Es ist aber auch 0 < c · x < c · y für x < y. Wir
ersetzen in den obigen Ungleichungen alle x durch c · x und dito y durch c · y und erhalten:
1
(cy − xc) < ln(cy) − ln(cx ) =
cy
ln(cy) − ln(c) − ln(cx ) + ln(c) <
also
1
(cy − cx )
cx
1
1
( y − x ) < L1 ( y ) − L1 ( x ) < ( y − x )
y
x
Es ist auch L1 (1) = ln(c · 1) − ln(c) = 0. Wegen der Eindeutigkeit gilt aber: L1 ( x ) = ln( x ) also
ln(cx ) − ln(c) = ln( x ) und damit ln(cx ) = ln(c) + ln( x ).
Folgerung: ln yx = ln( x ) − ln(y) für y 6= 0. Speziell: ln 1x = − ln( x ).
Grund: ln yx + ln(y) = ln yx y = ln( x ), also die Behauptung
Folgerung: ln( x ) nimmt beliebig große (und kleine negative) Werte an.
Grund: Es ist ln 2 > 0 und ln(2n ) = ln(2 · . . . · 2) = ln(2) + . . . + ln(2) = n · ln(2) und ln(2−n ) =
−n ln(2)
Definition: Die Abbildung ln : R>0 → R ist bijektiv. Ihre Umkehrabbildung exp : R → R>0 ist
die Exponentialabbildung. Schreibweise e x := exp( x ).
Rechenregeln:i) eln( x) = x für alle x ∈ R>0 und ln(e x ) = x für alle x ∈ R, da exp und ln
Umkehrfunktionen voneinander sind.
ii) Ist a = ln( x ) (d.h. e a = x ) und b = ln(y) (d.h. eb = y) , so gilt:
e a+b = eln( x)+ln(y) = eln( x·y) = x · y = e a · eb
iii)
Definition: Für a ∈ R>0 und x ∈ R definieren wir:
a x := e x ln a
Bemerkung: Bis hierher hatten wir nur die Potenzierung mit Brüchen definiert. Dies erlaubt
nun das Potenzieren mit beliebigen reellen Zahlen x.
Die Potenzregeln: i) a x · ay = a x+y
ii) ( a x )y = a xy
Grund: i) a x+y = e( x+y) ln a = e x ln a+y ln a = e x ln a ey ln a = a x ay
y
ii) ( a x )y = e x ln a = ey( x ln a) = e( xy) ln a = a xy
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