Skriptum zur Vorlesung Ungleichungen O.Univ.-Prof. Dr.phil. Robert Tichy Georg Maierhofer 22. März 2012 Inhaltsverzeichnis Einführung in das Themengebiet Ungleichungen 3 I 6 Algebraische Ungleichungen 1 Beweismethoden 1.1 Vollständige Induktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Vorwärts-Rückwärts Induktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 7 8 2 Mittelungleichungen 10 3 Cauchy-Schwarz´sche Ungleichung 14 4 Ordnungsungleichung und Tschebyschew-Ungleichung 17 5 Bernoulli-Ungleichung 19 6 Ungleichung von Jensen 6.1 Konvexe und konkave Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Ungleichung von Jensen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 22 23 7 Ungleichung von Schur 26 II 28 Geometrische Ungleichungen 8 Wichtige Formeln und Ausdrücke 8.1 Heronsche Flächenformel . . . . . 8.2 Summensätze . . . . . . . . . . . 8.3 Darstellung des Sinus . . . . . . 8.4 Darstellungen des Umkreisradius 8.5 Darstellungen des Inkreisradius . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 29 31 33 35 37 9 Winkelfunktionsabschätzungen 41 10 Dreiecksungleichung 43 11 Eulersche Ungleichung 45 12 Ungleichung von Leibniz 47 13 Ungleichung von Erdös-Mordell 49 14 Ungleichung von Weitzenböck 51 1 INHALTSVERZEICHNIS III Beispiele 52 15 Angaben 53 16 Lösungen 55 Literaturverzeichnis 66 2 Einführung in das Themengebiet Ungleichungen Im Grunde sind Ungleichungen Vergleiche von Zahlen. Das Gebiet Ungleichungen“ an sich gehört ” in der Mathematik teilweise zum Gebiet Algebra“ und teilweise zum Gebiet Analysis“. Diese ” ” beiden werden wie auch beispielsweise die Geometrie axiomatisch1“ behandelt. Um eine (für uns) ” sinnvolle Arbeit mit Ungleichungen zu ermöglichen werden wir die Axiomatik dieses Gebietes, wie auch Godfrey Hardy, John Littlewood und George Pólya in ihrem Buch Inequalities“ (1), wiefolgt ” festlegen: • Zunächst übernehmen wir aus der Algebra die gewöhnlichen Gesetze für Addition und Multiplikation. • Dann wählen wir jene Axiome welche die Lösbarkeit linearer Gleichungen betreffen und jene, welche die Existenz und Eindeutigkeit von Differenz und Quotient sicher stellen. • Letztlich genügen fünf zusätzliche Axiome um unsere Arbeit zu ermöglichen: 1. Für zwei Zahlen a, b gilt immer: a > b ∨ a = b ∨ a < b. 2. Für zwei Zahlen a, b gilt immer: a ≤ b ∧ b ≤ a =⇒ a = b. 3. Für drei Zahlen a, b, c gilt immer: a ≤ b ∧ b ≤ c =⇒ a ≤ c. 4. Für jede Zahl a gilt immer: a ≤ a bzw. a ≥ a. 5. Für zwei positive Zahlen a, b > 0 gilt immer: a+b>0 a·b>0 1 Aufbauend auf sogenannten Axiomen = nicht begründete Grundsätze einer Theorie 3 INHALTSVERZEICHNIS 1. wird auch Kettenaxiom, 2. auch Antisymmetrie, 3. auch Transität und 4. auch Reflexivität genannt. Wir definieren damit eine sogenannte Totalordnung“, das heißt: jede Zahl a ist mit ” jeder anderen Zahl b eindeutig vergleichbar, wie in der ersten Abbildung gezeigt ist. Dies ist aber lediglich eine Definition und keineswegs notwendigerweise gegeben - wie man in der zweiten Abbildung sehen kann - hier wären a und b nicht vergleichbar. Daraus ergibt sich die logische Folgerung: 0 < a ≤ b =⇒ 1 1 ≥ > 0. a b Im Folgenden wird die wohl grundlegendste und damit wohl wichtigste Ungleichung etwas näher betrachtet: Satz 0.1. Für alle x ∈ R gilt: x2 ≥ 0. Beweis. Dies zu beweisen gelingt schnell mit einer sehr grundlegenden Strategie - der Fallunterscheidung, die es ermöglicht ein schwer lösbares Problem in mehrere leichter lösbare Probleme aufzuspalten: 1. Fall: x < 0 =⇒ −x > 0 ⇐⇒ x2 = (−x) · (−x) > 0. 2. Fall: x = 0 =⇒ x2 = x · x = 0. 3. Fall: x > 0 =⇒ x2 = x · x > 0. 4 INHALTSVERZEICHNIS Bemerkung. Aus dieser Ungleichung folgt unmittelbar: • Für x, y ∈ R gilt immer: x y + ≥ 2. y x Beweis. x y ! + ≥2 y x ! ⇐⇒ x2 + y 2 − 2xy ≥ 0 ⇐⇒ (x − y)2 ≥ 0. • Die sogenannten Mittelungleichungen für 2 Variablen (auf die allgemeine Form kommen wir in Kapitel 2 zurück): r 2 (1) √ (2) x + y (3) x2 + y 2 xy ≤ ≤ . 1 1 ≤ 2 2 x + y Beweis. Der Beweis von (2) und (3) verläuft ähnlich zum obigen, (1) folgt unmittelbar aus (2) für x → x1 und y → y1 ). 5 Teil I Algebraische Ungleichungen 6 Kapitel 1 Beweismethoden 1.1 Vollständige Induktion Mithilfe der vollständigen Induktion ist es möglich, eine Behauptung, die in irgendeiner Weise für alle natürlichen Zahlen n gelten soll, zu beweisen. Jede vollständige Induktion besteht aus folgenden Schritten: Induktionsbasis: Zunächst versucht man die Behauptung für kleine Werte von n zu beweisen, dies kann man mit einer beliebigen Methode durchführen. Induktionsannahme: Die Annahme, dass die Aussage für n gilt, wird als Induktionsannahme bezeichnet und sollte beim Beweis auch angeführt werden. Induktionsschritt: Nun ist zu zeigen, dass aus der Gültigkeit der Aussage für n die Gültigkeit der Aussage für n+1 folgt und dies geschieht im Induktionsschritt. Dazu führt man die Behauptung für n + 1 auf eine wahre Aussage zurück, man kann sich dabei der Induktionsannahmen bedienen. Beispiel 1.1.1. Man finde alle n ∈ N für die gilt: 2n ≤ n! Lösung. Wir sehen durch Probieren kleiner n, dass die Behauptung für alle n ≥ 4 zu gelten scheint und beweisen diese Behauptung nun mithilfe von vollständiger Induktion: Induktionsbasis: Wir suchen zunächst eine Induktionsbasis, also das kleinste n, für das die Behauptung stimmt. In diesem Fall ist dieses n = 4, da 16 = 24 ≤ 4! = 24 gilt. Induktionsannahme: Diese lautet hier also: 2n ≤ n! Induktionsschritt: Wir versuchen nun also die Behauptung für n + 1 mithilfe der Induktionsannahme auf eine wahre Aussage zurückzuführen: ! 2n+1 ≤ (n + 1)! ! ⇐⇒ 2 · 2n ≤ n! · (n + 1) 7 KAPITEL 1. BEWEISMETHODEN Nach Induktionsannahme gilt 2n ≤ n!, wir verschärfen die Ungleichung also zu: ! 2 · n! ≤ n! · (n + 1) ! ⇐⇒ 2 ≤ n + 1 ⇐⇒ 1 ≤ n Und dies gilt, da wir als Induktionsbasis n = 4 gewählt haben. Somit gilt die Aussage für alle n ∈ N mit n ≥ 4. 1.2 Vorwärts-Rückwärts Induktion Ein weiteres nützliches Werkzeug zum Beweisen von Behauptungen, die für alle natürlichen Zahlen n gelten sollen, ist die Vorwärts - Rückwärts Induktion. Diese funktioniert ähnlich, wie die vollständige Induktion und besteht aus grundsätzlich 2 Schritten: 1. Man zeigt die Aussage zuerst für eine unendliche Teilmenge der natürlichen Zahlen, zum Beispiel für alle 2er - Potenzen, oder alle Quadratzahlen. 2. Danach zeigt man, dass aus der Gültigkeit der Aussage für n die Gültigkeit der Aussage für n − 1 folgt. Dies kann man durch geschicktes Nutzen des Freiheitsgrades“ (z.B.: passende ” Substitution, wie im folgenden Beispiel) erreichen. Hat man diese beiden Dinge gezeigt, ist die Aussage für alle natürlichen Zahlen bewiesen. Ein typisches Beispiel für die Vorwärts - Rückwärts Induktion ist der Beweis der Arithmetisch - Geometrischen Mittelungleichung (vgl. Kapitel 2): Beispiel 1.2.1. Man zeige für alle n ∈ N und alle x1 , x2 , . . . , xn ∈ R+ : √ n x1 x2 · · · xn ≤ x1 + x2 + · · · + xn n Lösung. Wir beweisen die Aussage mithilfe Vorwärts - Rückwärts Induktion: Vorwärtsschritt: Zunächst wollen wir die Aussage für alle 2er - Potenzen zeigen. Induktionsbasis: Für n = 1 ist die Aussage trivial, für n = 2 gilt: √ x1 + x2 2 ! x2 + 2x1 x2 + x2 2 ⇐⇒ x1 x2 ≤ 1 4 ! x2 − 2x1 x2 + x2 2 ⇐⇒ 0 ≤ 1 4 (x1 − x2 )2 ⇐⇒ 0 ≤ w.A. 4 Induktionsannahme: ! x1 x2 ≤ Diese lautet hier also: √ n x1 x2 · · · xn ≤ x1 + x2 + · · · + xn n 8 KAPITEL 1. BEWEISMETHODEN Induktionsschritt: 2n zu beweisen: Es gilt: Wir versuchen nun also mithilfe der Induktionsannahme die Aussage für x1 + x2 + · · · + x2n = 2n Laut Induktionsannahme für 2 gilt: x1 +x2 +···+xn n + xn+1 +xn+2 +···+x2n n 2 x1 +x2 +···+xn n xn+1 +xn+2 +···+x2n n 2 r ≥ + x1 + x2 + · · · + xn xn+1 + xn+2 + · · · + x2n · n n Laut Induktionsannahme für n gilt: x1 + x2 + · · · + xn n xn+1 + xn+2 + · · · + x2n ∧ n r x1 + x2 + · · · + xn xn+1 + xn+2 + · · · + x2n =⇒ · n n r x1 + x2 + · · · + xn xn+1 + xn+2 + · · · + x2n · ⇐⇒ n n xn+1 +xn+2 +···+x2n x1 +x2 +···+xn + n n =⇒ 2 x1 + x2 + · · · + x2n ⇐⇒ 2n ≥ √ n ≥ √ n ≥ x1 x2 · · · xn xn+1 xn+2 · · · x2n q√ n √ ≥ 2n ≥ 2n ≥ 2n √ √ x1 x2 · · · xn · √ n xn+1 xn+2 · · · x2n x1 x2 · · · x2n x1 x2 · · · x2n x1 x2 · · · x2n Somit haben wir die Aussage für alle 2er - Potenzen bewiesen. Rückwärtsschritt: Nun zeigen wir die Aussage für n − 1 mithilfe der Aussage für n: Induktionsannahme: Es gilt: √ x1 + x2 + · · · + xn ≥ n x1 x2 · · · xn n Induktionsschritt: Nach der Induktionsannahme gilt: √ x1 + x2 + · · · + xn ≥ n x1 x2 · · · xn n sei xn = Es gilt praktischerweise: q n x1 x2 · · · xn−1 x1 + x2 + · · · + xn−1 + n ⇐⇒ x1 + x2 + · · · + xn−1 + =⇒ √ n−1 √ n−1 √ n−1 x1 x2 · · · xn−1 x1 x2 · · · xn−1 = x1 x2 · · · xn−1 √ n−1 x1 x2 · · · xn−1 ⇐⇒ x1 + x2 + · · · + xn−1 ⇐⇒ x1 + x2 + · · · + xn−1 x1 + x2 + · · · + xn−1 ⇐⇒ n−1 ≥ √ n−1 x1 x2 · · · xn−1 √ x1 x2 · · · xn−1 √ ≥ n · n−1 x1 x2 · · · xn−1 √ √ ≥ n · n−1 x1 x2 · · · xn−1 − n−1 x1 x2 · · · xn−1 √ ≥ (n − 1) · n−1 x1 x2 · · · xn−1 √ ≥ n−1 x1 x2 · · · xn−1 n−1 Damit haben wir auch gezeigt, dass aus der Gültigkeit der Aussage für n die Gültikeit der Aussage für n − 1 folgt und somit haben wir die Aussage für alle natürlichen Zahlen n bewiesen. 9 Kapitel 2 Mittelungleichungen Satz 2.1. Es seien x1 , x2 , . . . , xn ∈ R+ , dann gilt: 1 x1 + 1 x2 n + ··· + (1) ≤ 1 xn √ n x1 + x2 + · · · + xn (3) x1 · x2 · · · xn ≤ ≤ n ≤ HM (2) GM ≤ AM r x21 + x22 + · · · + x2n n ≤ QM Harmonisches Mittel ≤ Geometrisches Mittel ≤ Arithmetisches Mittel ≤ Quadratisches Mittel (Gleichheit gilt für x1 = x2 = · · · = xn .) Beweis. (2) und (3) lassen sich mithilfe von Vorwärts-Rückwärts-Induktion schnell zeigen (vgl. Kapitel 1) und (1) folgt unmittelbar aus (2) (für xi → x1i ) Beispiel 2.1.1. (ÖMO GWB 2009) Seien 0 ≤ a, b ≤ 1 reelle Zahlen. Beweise, dass dann: √ p a3 b3 + (1 − a2 )(1 − ab)(1 − b2 ) ≤ 1 gilt. √ √ Lösung. Wir wissen, für 0 ≤ x ≤ 1 gilt x ≤ 3 x. Somit gilt hier: √ √ p p 3 a3 b3 + (1 − a2 )(1 − ab)(1 − b2 ) ≤ a3 b3 + 3 (1 − a2 )(1 − ab)(1 − b2 ) p = ab + 3 (1 − a2 )(1 − ab)(1 − b2 ) Außerdem gilt laut GM ≤ AM : p 3 (1 − a2 )(1 − ab)(1 − b2 ) ≤ 3 − (a2 + ab + b2 ) 3 Und somit: √ a3 b3 + p 3 − (a2 + ab + b2 ) 3 3 − (a2 − 2ab + b2 ) = ≤1 3 (1 − a2 )(1 − ab)(1 − b2 ) ≤ ab + 10 KAPITEL 2. MITTELUNGLEICHUNGEN Diese Mittel lassen sich zunächst leicht verallgemeinern (dafür versehen wir jedes xi mit einem positivem reellen Gewicht ai ) und wir erhalten die Gewichteten Mittelungleichungen“: ” Satz 2.2. Es seien also x1 , x2 , . . . , xn , a1 , a2 , . . . , an ∈ R+ , dann gilt: a1 a1 x1 + a2 + · · · + an ≤ + xa22 + · · · + xann p a1 +a2 +···+an a1 · x1 + a2 · x2 + · · · + an · xn ≤ ≤ n s xa1 1 · xa2 2 · · · xan n ≤ a1 · x21 + a2 · x22 + · · · + an · x2n a1 + a2 + · · · + an gHM ≤ gGM ≤ gAM ≤ gQM (Gleichheit gilt wieder für x1 = x2 = · · · = xn .) Beispiel 2.2.1. (ÖMO BWB II 2008) Man zeige: Für positive reelle Zahlen a, b, c mit a+b+c = 1 gilt: √ 1 a1−a b1−b c1−c ≤ . 3 Lösung. Es ist: √ a1−a b1−b c1−c = √ (1−a)+(1−b)+(1−c) a1−a b1−b c1−c Und nach gGM ≤ gAM gilt: √ (1−a)+(1−b)+(1−c) a(1 − a) + b(1 − b) + c(1 − c) (1 − a) + (1 − b) + (1 − c) a + b + c a2 + b2 + c2 − = 2 } 2 | {z a1−a b1−b c1−c ≤ = 12 Nach QM ≥ AM gilt: a+b+c 1 a2 + b2 + c2 ≥ = 3 3 3 Und somit: √ a1−a b1−b c1−c ≤ 1 1 1 − = 2 6 3 Das ganze lässt sich noch mehr verallgemeinern und dazu definieren wir folgendes: Definition. Es seien x1 , x2 , . . . , xn ∈ R+ und α ∈ R \ {0}, so ist das α-Mittel“ der xi definiert ” als: 1 α α α x1 + xα 2 + · · · + xn mα := n wobei für m0 gilt: 1 m0 := lim mα = (x1 · x2 · · · xn ) n α→0 Insbesondere ist also HM = m−1 , GM = m0 , AM = m1 , QM = m2 . Der somit (Satz 2.1.) vermutete Zusammenhang entspricht auch tatsächlich der Wahrheit: 11 KAPITEL 2. MITTELUNGLEICHUNGEN Satz 2.3. Seien x1 , x2 , . . . , xn ∈ R+ und α, β ∈ R mit α ≥ β und mα , mβ nach der obigen Definition festgelegt, so gilt: min xi ≤ mβ ≤ mα ≤ max xi (Gleichheit gilt erneut für x1 = x2 = · · · = xn .) Beispiel 2.3.1. (ÖMO BWB I 2011 (in leicht abgewandter Form)) Man bestimme für jede positive ganze Zahl k das Maximum der Funktion fk (x, y) = (x + y) − (x2k+1 + y 2k+1 ) über alle positiven reellen Zahlen x und y mit x2 + y 2 = 1. Lösung. Nach AM ≤ QM gilt: r √ x2 + y 2 = 2 2 ≥ QM (weil k ∈ Z+ ): x+y ≤2 Außerdem gilt nach m2k+1 r (x 2k+1 +y 2k+1 )≥2 x2 + y 2 2 2k+1 = √ 2· 1 2k Damit ist: fk (x, y) = (x + y) − (x2k+1 + y 2k+1 ) ≤ √ 2− √ 2· √ 1 1 = 2(1 − k ) k 2 2 Der Gleichheitsfall wird tatsächlich für x = y angenommen, damit liegt das Maximum der Funktion √ fk (x, y) bei 2(1 − 21k ). Wieder können wir die xi mit positiven Reellen Gewichten ai versehen und erhalten: Definition. Es seien x1 , x2 , . . . , xn , a1 , a2 , . . . , an ∈ R+ und α ∈ R \ {0}, so ist das Gewichtete ” α-Mittel“ der xi definiert als: gmα := α α a1 · xα 1 + a2 · x2 + · · · + an · xn a1 + a2 + · · · + an α1 und für α = 0: 1 gm0 := (xa1 1 · xa2 2 · · · xann ) a1 +a2 +···+an Und auch hier gilt: Satz 2.4. Seien x1 , x2 , . . . , xn , a1 , a2 , . . . , an ∈ R+ und α, β ∈ R mit α ≥ β und gmα , gmβ nach der obigen Definition festgelegt, so gilt: min xi ≤ gmβ ≤ gmα ≤ max xi (Gleichheit gilt auch hier für x1 = x2 = · · · = xn .) Beispiel 2.4.1. (Pauli Wettbewerb 2011) Man bestimme die größte reelle Konstante C, sodass für alle a, b, c ∈ R+ gilt: C · (11a2 + 5b2 + 2011c2 )3 ≤ (11a3 + 5b3 + 2011c3 )2 . 12 KAPITEL 2. MITTELUNGLEICHUNGEN Lösung. Nach gQM ≤ gm3 ist: r r 3 3 3 11a2 + 5b2 + 2011c2 3 11a + 5b + 2011c ≤ 2027 2027 2 2 2 2 3 3 11a + 5b + 2011c 11a + 5b3 + 2011c3 ≤ 2027 2027 1 · (11a2 + 5b2 + 2011c2 )3 ≤ (11a3 + 5b3 + 2011c3 )2 2027 Und somit ist also C ≤ 1 2027 und damit ist das größtmögliche C = 13 1 2027 . Kapitel 3 Cauchy-Schwarz´sche Ungleichung Die nach Augustin Cauchy (1789 - 1857) und Hermann Schwarz (1843 - 1921) benannte Ungleichung besagt: Satz 3.1. Seien a1 , a2 , . . . , an und b1 , b2 , . . . , bn reelle Zahlen, dann gilt: !2 n X ak bk n X ≤ k=1 (Gleichheit gilt für a1 b1 = a2 b2 = ··· = k=1 ! a2k n X ! b2k k=1 an bn .) Bemerkung. ~ • Diese Ungleichung lässt sich auch geometrisch darstellen: Seien ~a und b Vektoren in n Dia1 b1 mensionen mit ~a = ... und ~b = ... , so gilt: an Gleichheit gilt wieder für bn D E ~a, ~b ≤ |~a| ~b . a1 b1 = a2 b2 = ··· = an bn , also wenn die Vektoren proportional sind. • Es ist der folgende Zusammenhang für zwei Vektoren ~a, ~b und dem von ihnen eingeschlossenen Winkel ϕ bekannt: D E ~a, ~b cos ϕ = |~a| ~b D E ⇐⇒ cos ϕ |~a| ~b = ~a, ~b Da cos ϕ ∈ [−1, 1] ist, folgt im räumlichen und ebenen Fall daraus sofort die CauchySchwarz´sche Ungleichung. In beliebigen Dimensionen umgekehrt beweist die Ungleichung, dass obige Überlegung benutzt werden kann, um zu definieren, was ein Winkel ist. (2) 14 KAPITEL 3. CAUCHY-SCHWARZ´SCHE UNGLEICHUNG Beweis. Wir leiten die Cauchy-Schwarz´sche Ungleichung von einem allgemein gültigen Lemma her: Lemma 3.1.1. Es gilt für alle x ∈ R und reelle Zahlen a1 , a2 , . . . , an und b1 , b2 , . . . , bn : n X (ak x − bk )2 ≥ 0. k=1 Pn 2 Diese Funktion hat also maximal eine reelle Nullstelle - hat also graphisch k=1 (ak x − bk ) veranschaulicht eine der folgenden beiden Formen: Durch Umformen erhält man: n X (ak x − bk )2 ≥ 0 k=1 n X (a2k x2 − 2xak bk + b2k )2 ≥ 0 k=1 x2 n X k=1 a2k − 2x n X ak bk + k=1 n X b2k ≥ 0 k=1 Wir substituieren: n X a2k = A k=1 n X ak bk = B k=1 n X b2k = C k=1 Und erhalten: x2 A − 2xB + C > 0 Dies ist eine Quadratische Gleichung in x und lässt sich mithilfe der bekannten Formel lösen: r B B2 − C · A x1,2 = ± A A2 15 KAPITEL 3. CAUCHY-SCHWARZ´SCHE UNGLEICHUNG Wegen obiger Überlegung der Nullstellen muss die Diskriminante ≤ 0 sein, es gilt also: B2 − C · A ≤ 0 B2 ≤ C · A Also n X !2 ak bk k=1 ≤ n X k=1 ! a2k n X ! b2k k=1 Neben der ersichtlichen trivialen Gleichheit für ak = bk = 0, k ∈ [1, n], gilt Gleichheit genau dann, wenn die Funktion genau eine reelle Nullstelle besitzt, also wenn im Lemma 3.1.1. Gleichheit herrscht. Dies ist bei: a1 1 = x b1 1 a2 a2 x = b2 ⇐⇒ = x b2 .. . an 1 an x = bn ⇐⇒ = x bn a1 x = b1 ⇐⇒ Also genau für a1 b1 = a2 b2 = ··· = an bn gilt Gleichheit. Beispiel 3.1.1. (Pauli-Wettbewerb 2011) Man zeige für a, b, x, y, z ∈ R+ : y z 3 x + + ≥ . ay + bz az + bx ax + by a+b Lösung. Wir multiplizieren beide Seiten mit (a + b)(xy + yz + zx) = x(ay + bz) + y(az + bx) + z(ax + by) und erhalten: ! x y z (x(ay + bz) + y(az + bx) + z(ax + by)) + + ≥ 3(xy + yz + zx) ay + bz az + bx ax + by Nach der Ungleichung von Cauchy-Schwarz gilt: x y z (x(ay + bz) + y(az + bx) + z(ax + by)) + + ≥ (x + y + z)2 ay + bz az + bx ax + by Es bleibt also nur noch zu zeigen, dass: (x + y + z)2 ≥ 3(xy + yz + zx) Diese Ungleichung ist symmetrisch in x, y, z, deshalb können wir o.B.d.A. annehmen, dass x ≤ y ≤ z und damit ist die Ungleichung nach der Ordnungsungleichung (vgl. Satz 4.1.) erfüllt. 16 Kapitel 4 Ordnungsungleichung und Tschebyschew-Ungleichung Satz 4.1. Es seien x1 , x2 , . . . , xn und y1 , y2 , . . . , yn zwei Folgen reeller Zahlen. Es ist die Summe S, mit: S = x1 · y1 + x2 · y2 + · · · + xn · yn genau dann: • maximal, wenn x1 ≤ x2 ≤ · · · ≤ xn und y1 ≤ y2 ≤ · · · ≤ yn gilt und • minimal, wenn x1 ≤ x2 ≤ · · · ≤ xn und yn ≤ yn−1 ≤ · · · ≤ y1 ist. Beweis. Es sei {ci } eine Permutation der Folge {yi }, wir betrachten nun die Summen: S1 = x1 · c1 + x2 · c2 + · · · + xs · cs + · · · + xt · ct + · · · + xn · cn S2 = x1 · c1 + x2 · c2 + · · · + xs · ct + · · · + xt · cs + · · · + xn · cn (S1 und S2 unterscheiden sich nur am s-ten und t-ten Summanden.) Es gilt: S1 − S2 = xs · cs − xs · ct + xt · ct − xt · cs = = (xt − xs )(ct − cs ) Und damit: S1 > S2 ⇐⇒ ct > cs S2 > S1 ⇐⇒ cs > ct Daher wird das Maximum (Minimum) genau dann erreicht, wenn man die Folgen gleich (entgegengesetzt) ordnet. Für das Maximum lässt sich die Ordnungsungleichung verallgemeinern: 17 KAPITEL 4. ORDNUNGSUNGLEICHUNG UND TSCHEBYSCHEW-UNGLEICHUNG Satz 4.2. Es seien x1,1 , x1,2 , . . . , x1,n , x2,1 , x2,2 , . . . , x2,n , . . . , xa,1 , xa,2 , . . . , xa,n a Folgen reeller Zahlen. Es ist die Summe S, mit: S= a Y i=1 xi,1 + a Y xi,2 + · · · + i=1 a Y xi,n i=1 genau dann maximal, wenn gilt: x1,1 ≤ x1,2 ≤ · · · ≤ x1,n x2,1 ≤ x2,2 ≤ · · · ≤ x2,n .. . x1,1 ≤ x1,2 ≤ · · · ≤ x1,n . Beweis. Angenommen, die Folgen xi,1 , xi,2 , . . . , xi,n , i ∈ [1, a] sind gleichgeordnet mit x1,1 ≤ x1,2 ≤ · · · ≤ x1,n . Es sei {yi,j } eine Permutation der Folge {xi,j } und weiters {zi,j } eine Folge Qi−1 Qa mit zi,j = k=1 xk,j · k=i+1 xk,j für j ∈ [1, n]. Nun ist wegen obigen Bedingungen auch {zi,j } geordnet mit z1,1 ≤ z1,2 ≤ · · · ≤ z1,n und nach der Ordnungsungleichung in 2 Dimensionen (vgl Satz 4.1.) gilt für jedes i: zi,1 · xi,1 + zi,2 · xi,2 + · · · + zi,n · xi,n ≥ zi,1 · yi,1 + zi,2 · yi,2 + · · · + zi,n · yi,n . Damit wird das Maximum von obigem S also bei gleichgeordneten Folgen {xi,j } erreicht. Beispiel 4.2.1. (ÖMO BWB II 2005) Es seien a, b, c, d positve reelle Zahlen. Man beweise die Ungleichung a+b+c+d 1 1 1 1 ≤ 3 + 3 + 3 + 3. abcd a b c d Lösung. Wir substituieren zunächst w = a1 , x = 1b , y = 1c , z = 1 d und erhalten: ! xyz + wyz + wxz + wxy ≤ w3 + x3 + y 3 + z 3 Die Ungleichung ist symmetrisch, deshalb können wir o.B.d.A. annehmen, dass w ≤ x ≤ y ≤ z und aufgrund der allgemeinen Ordnungsungleichung ist die Ungleichung erfüllt. Direkt aus der Ordnungsungleichung ist die Tschebyschew-Ungleichung ersichtlich: Satz 4.3. Seien x1 , x2 , . . . , xn und y1 , y2 , . . . , yn zwei Folgen reeller Zahlen, dann gilt: ! n ! n n X X 1 X xi yi ≥ xi yi . n i=1 i=1 i=1 18 Kapitel 5 Bernoulli-Ungleichung Die nach Jakob Bernoulli (1655 – 1705) benannte Ungleichung lautet in ihrer allgemeinen Form: Satz 5.1. Sei x ∈ R>−1 ∧ x 6= 0, α ∈ R6=0 , so gilt: (1 + x)α > 1 + αx ∧ (1 + x)α < 1 + αx ∀ α<0∨α>1 ∀0<α<1 (Gleichheit gilt für α = 0, α = 1 und x = 0.) Bemerkung. Sehr häufig ist allerdings die folgende Spezialform der Bernoulli-Ungleichung ausreichend: Sei x ∈ R>−1 ∧ x 6= 0, n ∈ N>1 , so gilt: (1 + x)n > 1 + nx. Beweis. Dieser Spezialfall lässt sich leicht mittels vollständiger Induktion beweisen: Induktionsbasis: Für n = 2 gilt: (1 + x)2 > 1 + 2x ⇐⇒ 1 + 2x + x2 > 1 + 2x ⇐⇒ x2 > 0 Dies ist erfüllt, da laut Angabe x 6= 0 gilt. Somit gilt die Aussage für n = 2. Induktionsannahme: (1 + x)n > 1 + nx Induktionsschritt: ! (1 + x)n+1 > 1 + (n + 1)x ! ⇐⇒ (1 + x) · (1 + x)n > 1 + nx + x 19 KAPITEL 5. BERNOULLI-UNGLEICHUNG Laut Induktionsannahme gilt: (1 + x)n > 1 + nx, wir verschärfen die Ungleichung also zu: ! (1 + x)(1 + nx) > 1 + nx + x ! ⇐⇒ 1 + x + nx + nx2 > 1 + nx + x − (1 + nx + x) ⇐⇒ nx2 > 0 Dies gilt, da laut Angabe n > 1 und x 6= 0 gegeben ist. Beispiel 5.1.1. Sei f (n) : N → R eine Funktion mit f (n) = 1 + ganze Zahl. Man zeige, dass die Funktion einen Grenzwert besitzt. 1 n n und sei n eine positive Lösung. Dazu genügt es zu zeigen, dass die Funktion monoton (1) und beschränkt (2) ist, also: f (n − 1) < f (n) ∀ n ≥ 2 I II 2 ≤ f (n) < 3 (1): Nach der Bernoulli-Ungleichung gilt: n 1 n 1 1− 2 >1− 2 =1− n n n n n 1 1 1 1− >1− ⇐⇒ 1 + n n n n 1−n n−1 1 1 n ⇐⇒ 1 + > 1− = = n n n−1 n−1 1 = 1+ n−1 Also: f (n) > f (n − 1) Somit ist (1) gezeigt. (2) I: ! 2≤ 1 1+ n n Nach der Bernoulli-Ungleichung gilt: n 1 1+ n n 1 ⇐⇒ 2 ≤ 1 + n 1 1+n· ≤ n Und dies genau I. II: 1 1+ n n 20 ! <3 (1) (2) KAPITEL 5. BERNOULLI-UNGLEICHUNG Es gilt: 1+ 1 n n =1+ n 1 1 n + ··· + + 1 n 2 n2 | {z } | {z } =n 1 = n·(n−1) 1·2 n n | {z } = 1 ≤ nn n·(n−1)···(n−(n−2))·(n−(n−1)) 1·2·3···(n−1)·n n 1 nn n2 1 1 · + · 2 + ··· + · 1 n 1·2 n 1 · 2 · 3 · · · (n − 1) · n nn n 1 1 1 1 ⇐⇒ 1 + ≤1+1+ + + ··· + n 2 2·3 2 · 3 · · · (n − 1) · n ≤ Es gilt für alle n ∈ N≥3 : n! > 2n−1 Und somit: 2+ 1 1 1 1 1 1 + + ··· + < 2 + + 2 + · · · + n−1 2 2·3 2 · 3 · · · (n − 1) · n 2 2 2 Dieser Term ist eine geometrische Summe und hat den Grenzwert: lim 2 + n→∞ 1 1 1 1 + 2 + · · · + n−1 = 2 + 2 2 2 2 1− 1 2 =3 Es gilt also: n 1 1 1 1 1 1 1 ≤2+ + + ··· + < 2 + + 2 + · · · + n−1 ≤ 3 1+ n 2 2·3 2 · 3 · · · (n − 1) · n 2 2 2 n 1 =⇒ 1 + <3 n Die Funktion besitzt also einen Grenzwert (dieser ist die Euler´sche Zahl e). 21 Kapitel 6 Ungleichung von Jensen 6.1 Konvexe und konkave Funktionen Diese beiden Begriffe beziehen sich auf die Krümmung einer Funktion. Konvexe Funktionen: Eine Funktion f (x) heißt konvex im Intervall [a, b], wenn für alle x, y ∈ [a, b] und alle t ∈ [0, 1] gilt: t · f (x) + (1 − t) · f (y) ≥ f (t · x + (1 − t) · y) Die Funktion ist genau dann streng konvex, wenn die Ungleichung strikt ist. Graphisch ausgedrückt bedeutet dies: Liegt jede Verbindungslinie zweier Punkte einer Funktion im Intervall [a, b] an jeder Stelle oberhalb des Graphen, so ist die Funktion im Intervall [a, b] konvex. Konkave Funktionen: Eine Funktion f (x) heißt konkav im Intervall [a, b], wenn für alle x, y ∈ [a, b] und alle t ∈ [0, 1] gilt: t · f (x) + (1 − t) · f (y) ≤ f (t · x + (1 − t) · y) Die Funktion ist genau dann streng konkav, wenn die Ungleichung strikt ist. Graphisch ausgedrückt bedeutet dies: Liegt jede Verbindungslinie zweier Punkte einer Funktion im Intervall [a, b] an jeder Stelle unterhalb des Graphen, so ist die Funktion im Intervall [a, b] konkav. 22 KAPITEL 6. UNGLEICHUNG VON JENSEN Krümmungsverhalten bestimmen: Um zum Beispiel die Ungleichung von Jensen (vgl. Satz 6.1.) verwenden zu können muss man zuerst das Krümmungsverhalten einer Funktion bestimmen. Hier sind ein paar Tips, wie man dies machen kann: • Differenzieren: Die Funktion f (x) ist genau dann konvex/konkav, wenn ihre zweite Ableitung f 00 (x) ≥ / ≤ 0 ist. Sie ist genau dann streng konvex/konkav, wenn die Ungleichung strikt ist. • Sei n ∈ N und a ∈ Z dann gilt: – x2n ist konvex – x2n+1 ist konvex auf [0, ∞[ und konkav auf ] − ∞, 0] √ – 2n x ist konkav auf [0, ∞[ √ – 2n+1 x ist konkav auf [0, ∞[ und konvex auf ] − ∞, 0] – 1 x ist konvex auf [0, ∞[ und konkav auf ] − ∞, 0] – sin x ist konkav auf [0 + 2aπ, π + 2aπ] und konvex auf [π + 2aπ, 2π + 2aπ] – cos x ist konkav auf [− π2 + 2aπ, π2 + 2aπ] und konvex auf [ π2 + 2aπ, 3π 2 + 2aπ] 6.2 Ungleichung von Jensen Nun da wir das Krümmungsverhalten einer Funktion bestimmen können, widmen wir uns der Ungleichung von Jensen. Sie ist nach dem dänischen Mathematiker Johan Ludwig William Valdemar Jensen (1859 - 1925) benannt. Die gewichtete Ungleichung von Jensen lautet: Satz 6.1. Sei f (x) eine konvexe Funktion im Intervall [a, b] und seien x1 , x2 , . . . , xn ∈ [a, b] mit n ∈ N und den Gewichten t1 , . . . , tn ∈ [0, 1] mit t1 + · · · + tn = 1, dann gilt: t1 · f (x1 ) + t2 · f (x2 ) + · · · + tn · f (xn ) ≥ f (t1 x1 + t2 x2 + · · · + tn xn ) Ist f (x) konkav, so muss man das Ungleichheitszeichen umdrehen. (Gleichheit gilt für x1 = · · · = xn , für t1 = 1, t2 = t3 = · · · = tn und für f (x) ist linear.) Bemerkung. Eine Spezialisierung der Ungleichung von Jensen, welche häufig bereits ausreichend ist, lautet: Sei f (x) eine konvexe Funktion im Intervall [a, b] und seien x1 , x2 , . . . , xn ∈ [a, b] mit n ∈ N so gilt: x1 + x2 + · · · + xn f (x1 ) + f (x2 ) + · · · + f (xn ) ≥f . n n Beweis. Diese Spezialisierung lässt sich mittels Vorwärts - Rückwärts Induktion beweisen: Vorwärtsschritt: Zunächst wollen wir die Aussage für alle 2er - Potenzen zeigen. Induktionsbasis: Für n = 1 ist die Aussage trivial, für n = 2 soll gelten: f (x1 ) + f (x2 ) x1 + x2 ≥f 2 2 Dies ist genau die Definition von konvexen Funktionen also korrekt. 23 KAPITEL 6. UNGLEICHUNG VON JENSEN Induktionsannahme: f (x1 ) + f (x2 ) + · · · + f (xn ) ≥f n x1 + x2 + · · · + xn n Induktionsschritt: Wir versuchen nun die Aussage für 2n zu beweisen: x1 + x2 + · · · + x2n f (x1 ) + f (x2 ) + · · · + f (x2n ) ! ≥f 2n 2n f (xn+1 )+f (xn+2 )+···+f (x2n ) f (x1 )+f (x2 )+···+f (xn ) ! + x1 + x2 + · · · + x2n n n ≥f ⇐⇒ 2 2n Laut Induktionsannahme für n gilt: f (x1 ) + f (x2 ) + · · · + f (xn ) x1 + x2 + · · · + xn ≥f n n f (xn+1 ) + f (xn+2 ) + · · · + f (x2n ) xn+1 + xn+2 + · · · + x2n ∧ ≥f n n xn+1 +xn+2 +···+x2n x1 +x2 +···+xn f (xn+1 )+f (xn+2 )+···+f (x2n ) f (x1 )+f (x2 )+···+f (xn ) + f f + n n n n =⇒ ≥ 2 2 Laut Induktionsannahme für 2 gilt: xn+1 +xn+2 +···+x2n n f x1 +x2 +···+x + f n n 2 +···+x2n x1 +x2 +···+xn + xn+1 +xn+2 n n ≥ f( )= 2 x1 + x2 + · · · + x2n =f 2n Es gilt also: f (x1 ) + f (x2 ) + · · · + f (x2n ) ≥f 2n x1 + x2 + · · · + x2n 2n Damit ist die Aussage für alle 2er - Potenzen gezeigt. Rückwärtsschritt: Nun wollen wir die Aussage für n − 1 beweisen: Induktionsannahme: f (x1 ) + f (x2 ) + · · · + f (xn ) ≥f n Induktionsschritt: x1 + x2 + · · · + xn n x1 + x2 + · · · + xn n Laut Induktionsannahme gilt: f (x1 ) + f (x2 ) + · · · + f (xn ) ≥f n 24 KAPITEL 6. UNGLEICHUNG VON JENSEN Sei xn = x1 +x2 +···+xn−1 n−1 = An−1 , dann gilt: f (x1 ) + f (x2 ) + · · · + f (xn−1 ) + f (An−1 ) ≥f n x1 +x2 +···+xn−1 n−1 =f · (n − 1) + An−1 n =f x1 + x2 + · · · + xn−1 + An−1 n An−1 · (n − 1) + An−1 n = ! = = = f (An−1 ) f (x1 ) + f (x2 ) + · · · + f (xn−1 ) + f (An−1 ) =⇒ ≥ f (An−1 ) n ⇐⇒ f (x1 ) + f (x2 ) + · · · + f (xn−1 ) + f (An−1 ) ≥ n · f (An−1 ) ⇐⇒ f (x1 ) + f (x2 ) + · · · + f (xn−1 ) ≥ (n − 1) · f (An−1 ) ⇐⇒ f (x1 ) + f (x2 ) + · · · + f (xn−1 ) ≥ f (An−1 ) n−1 Und das ist genau die Aussage für n − 1, somit gilt die Aussage für alle natürlichen Zahlen n. Für eine konkave Funktion f (x), muss man im Beweis lediglich alle Ungleichheitszeichen umdrehen. Beispiel 6.1.1. Es sei K ein Kreis mit Radius R und PN ein eingeschriebenes Polygon mit N Seiten. Wir können annehmen, dass alle Winkel (wie in der Skizze eingezeichnet) x1 , . . . , xN ≤ π sind. Zeige, dass dann für den Flächeninhalt des Polygons gilt: F (PN ) ≤ 1 2 2π R N sin . 2 N Der Flächeninhalt wäre also für das regelmäßige Polygon am größten. Lösung. Es ist die Formel für den Flächeninhalt bekannt: F = Flächeninhalt des Polygons: N X 1 F (PN ) = R2 sin xi 2 i=1 Die Funktion sin x ist konkav auf [0; π] und somit gilt nach der Ungleichung von Jensen: ! PN PN 2π i=1 sin xi i=1 xi ≤ sin = sin N N N Damit gilt also: F (PN ) = N 1 2X 1 2 2π R ≤ R N sin 2 2 N i=1 F (PN ) ≤ 1 2 2π R N sin 2 N 25 ab sin γ 2 und somit gilt für den Kapitel 7 Ungleichung von Schur Satz 7.1. Es seien x, y, z ∈ R+ , dann gilt für jedes positives reelle r: X xr (x − y)(x − z) ≥ 0. cyc (Gleichheit gilt für x = y = z.) Bemerkung. Für den Fall r = 1 lässt sich die Ungleichung auch so anschreiben: X x(x − y)(x − z) ≥ 0 (7.2) cyc 3xyz + X x3 ≥ cyc X x2 z + xz 2 (7.3) cyc xyz ≥ (x + y − z)(x + z − y)(y + z − x) (7.4) Sind x, y, z die Seiten eines Dreiecks, so folgt aus Satz 7.4. unmittelbar die Eulersche Ungleichung (vgl. Satz 11.1.) Beweis. Es gilt: X xr (x − y)(x − z) = xr (x − y)(x − z) + y r (y − z(y − x) + z r (z − y))(z − x) = cyc ! = (x − y)(xr (x − z) − y r (y − z)) + z r (y − z)(x − z) ≥ 0 Da die Ungleichung symmetrisch ist, kann man aber o.B.d.A. annehmen, dass x ≥ y ≥ z. Daraus ergibt sich aber x − y ≥ 0, y − z ≥ 0, x − z ≥ 0 und xr (x − z) − y r (y − z) ≥ 0 und damit ist die obige Ungleichung erfüllt und die Ungleichung von Schur bewiesen. Gleichheit gilt ersichtlicherweise genau für x = y = z. Beispiel 7.1.1. Seien α, β, γ die Winkel eines Dreiecks, man zeige: cos α + cos β + cos γ ≤ 26 3 . 2 KAPITEL 7. UNGLEICHUNG VON SCHUR Lösung. Es gilt nach dem Cosinus-Satz: b2 + c2 − a2 2bc c 2 + a 2 − b2 cos β = 2ac a2 + b2 − c2 cos γ = 2ab cos α = Eingesetzt erhalten wir: b2 + c2 − a2 c 2 + a 2 − b2 a2 + b2 − c2 ! 3 ≤ + + 2bc 2ac 2ab 2 ! ⇐⇒ a(b2 + c2 − a2 ) + b(c2 + a2 − b2 ) + c(a2 + b2 − c2 ) ≤ 3abc ⇐⇒ (b + c − a)(c + a − b)(a + b − c) ≤ abc Dies entspricht genau der Ungleichung von Schur (Satz 7.4.). 27 Teil II Geometrische Ungleichungen 28 Kapitel 8 Wichtige Formeln und Ausdrücke 8.1 Heronsche Flächenformel Mithilfe dieser nach Heron von Alexandria (ca. 1. Jahrhundert n. Chr.) benannten Formel lässt sich der Flächeninhalt eines Dreicks nur anhand dessen Seitenlängen berechnen. Satz 8.1. Seien a, b, c die Seiten eines Dreiecks und F dessen Flächeninhalt, so gilt demnach: p F = s(s − a)(s − b)(s − c) Wobei s = a+b+c 2 ist. Beweis. Zum Beweisen der Heronschen Flächenformel verwenden wir drei Hilfssätze: Lemma 8.1.1. Es gilt in jedem Dreieck: F = a·b · sin γ 2 Lemma 8.1.2. Es gilt sin2 γ + cos2 γ = 1 ⇔ sin γ = p 1 − cos2 γ Setzt man nun in Lemma 8.1.1. ein, so erhält man: a·b p F = · 1 − cos2 γ 2 Lemma 8.1.3. Nach dem Cosinus - Satz gilt: c2 = a2 + b2 − 2ab cos γ ⇐⇒ 2ab cos γ = a2 + b2 − c2 ⇐⇒ cos γ = a2 + b2 − c2 2ab 29 KAPITEL 8. WICHTIGE FORMELN UND AUSDRÜCKE Setzt man nun Lemma 8.1.3. ein, so ergibt sich: s 2 2 a·b a + b2 − c 2 F = · 1− 2 2ab r a4 + b4 + c4 − 2a2 c2 − 2b2 c2 + 2a2 b2 a·b ⇐⇒ F = · 1− 2 4a2 b2 r a·b 4a2 b2 − a4 − b4 − c4 + 2a2 c2 + 2b2 c2 − 2a2 b2 ⇐⇒ F = · 2 4a2 b2 p 1 ⇐⇒ F = · 2a2 b2 + 2a2 c2 + 2b2 c2 − a4 − b4 − c4 4 Nun muss man nur noch geschickt zusammenfassen: 1 p 4 · −a + (a2 b2 − 2a2 bc + a2 c2 ) + (a2 b2 + 2a2 bc + a2 c2 ) − (b4 − 2b2 c2 + c4 ) 4 1 p = · −a4 + a2 (b − c)2 + a2 (b + c)2 − (b2 − c2 )2 4 1 p 2 = · a (b + c)2 − a4 − (b + c)2 (b − c)2 + a2 (b − c)2 4 1 p = · ((b + c)2 − a2 )(a2 − (b − c)2 ) 4 1 p = · (b + c + a)(b + c − a)(a + b − c)(a − b + c) 4 s a+b+c a+b+c a+b+c a+b+c · −a · −b −c = 2 2 2 2 p = s(s − a)(s − b)(s − c) ⇐⇒ F = ⇐⇒ F ⇐⇒ F ⇐⇒ F ⇐⇒ F ⇐⇒ F ⇐⇒ F Und das ist genau die Heronsche Flächenformel. 30 KAPITEL 8. WICHTIGE FORMELN UND AUSDRÜCKE 8.2 Summensätze Um in der Trigonometrie Winkelfunktionen aufzuteilen, zum Beispiel sin(α + β), gibt es die sogenannten Summensätze: Satz. Seien α und β beliebige Winkel so gilt demnach: sin(α ± β) = sin α cos β ± cos α sin β (8.2) cos(α ± β) = cos α cos β ∓ sin α sin β (8.3) sin(2α) = 2 sin α cos α 2 (8.4) 2 2 2 cos(2α) = cos α − sin α = 2 cos α − 1 = 1 − 2 sin α 1 − cos 2α sin2 α = 2 1 + cos 2α 2 cos α = 2 1 − cos α 2 α = sin 2 2 1 + cos α 2 α cos = 2 r 2 1 − cos α α tan2 = 2 1 + cos α (8.5) (8.6) (8.7) (8.8) (8.9) (8.10) Beweis. Des Summensatzes sin(α + β) = sin α cos β + cos α sin β. Es gilt offensichtlich AB = cos α und BC = sin α ∆AF D: h c (1) h = sin α + ED (2) sin(α + β) = Desweiteren gilt: ∆ACD: cos β = 1 c (3) In (1): sin(α + β) = h · cos β Außerdem gilt: z c ⇐⇒ z = sin β · c sin β = (3) in (4): z= sin β cos β 31 (4) KAPITEL 8. WICHTIGE FORMELN UND AUSDRÜCKE Die Dreiecke ∆AF G und ∆GCD sind ähnlich da: ∠AGF = ∠CGD ∧ ∠AF G = ∠GCD = 90◦ =⇒ ∠F AG = ∠CDG = α ∆DEC: u z ⇐⇒ u = cos α · z cos α = (5) (4) in (5): u= cos α sin β cos β In (2): h = sin α + cos α sin β cos β In (1): sin(α + β) = cos α sin β sin α + cos β cos β ⇐⇒ sin(α + β) = sin α cos β + cos α sin β Und das ist genau der gesuchte Satz. 32 KAPITEL 8. WICHTIGE FORMELN UND AUSDRÜCKE 8.3 Darstellung des Sinus Eine oftmals sehr nützliche Darstellung des Sinus anhand der Seitenlängen eines Dreiecks lautet: Satz 8.11. Sei ∆ABC ein Dreieck mit den Seiten a, b, c und den Winkeln α, β, γ in den Ecken A, B, C, so gilt: r (s − b)(s − c) α sin = 2 bc r (s − a)(s − c) β sin = 2 ac r γ (s − a)(s − b) sin = . 2 ab Beweis. Wir beweisen diese Formel mit drei Hilfssätzen: Lemma 8.11.1. Es gilt: sin2 α α + cos2 = 1 2 2 r α α ⇐⇒ sin = 1 − cos2 2 2 Lemma 8.11.2. Nach dem Cosinus-Satz gilt: a2 = b2 + c2 − 2bc cos α ⇐⇒ cos α = b2 + c2 − a2 2bc Lemma 8.11.3. Nach den Summenformeln (vgl. Satz 8.9.) gilt: cos2 α 1 + cos α = 2 2 Aus Lemma 8.11.2. folgt: 2 2 2 1 + b +c2bc−a α cos = 2 2 α 2bc + b2 + c2 − a2 ⇐⇒ cos2 = 2 4bc 2 33 KAPITEL 8. WICHTIGE FORMELN UND AUSDRÜCKE In Lemma 8.11.1.: α sin 2 α ⇐⇒ sin 2 α ⇐⇒ sin 2 α ⇐⇒ sin 2 ⇐⇒ sin α 2 ⇐⇒ sin α 2 r 2bc + b2 + c2 − a2 4bc r 4bc − 2bc − b2 − c2 + a2 = 4bc r 2bc + ba − ba + ca − ca − b2 − c2 + a2 = 4bc r (a − b + c)(a + b − c) = 4bc s a+b+c − b a+b+c −c 2 2 = bc r (s − b) (s − c) = bc = 1− Und dies ist die gesuchte Formel. Die beiden Formeln für sin β2 und sin γ2 erhält man durch zyklische Vertauschung von a, b und c und α, β und γ. 34 KAPITEL 8. WICHTIGE FORMELN UND AUSDRÜCKE 8.4 Darstellungen des Umkreisradius Eine oftmals gut brauchbare Formel zur Berechnung des Umkreisradius lediglich mithilfe der Seiten eines Dreiecks lautet: Satz 8.12. Es seien R der Umkreisradius, F der Flächeninhalt und a, b, c die Seiten eines Dreiecks, so gilt: abc R= 4F Beweis. Sei U der Umkreismittelpunkt des Dreiecks ∆ABC, seien α, β, γ die Winkel in den Ecken A, B, C und sei U X⊥AB. Nach dem Zentriwinkelsatz über der Sehne AB gilt: 2∠ACB = ∠AU B = 2γ Da ∆ABU gleichschenklig ist halbiert U X den Winkel ∠AU B. =⇒ ∠AU X = γ ∆AXU : Hier gilt: sin γ = ⇐⇒ R = c 2 R = c 2R c 2 sin γ Lemma 8.12.1. Es gilt: sin2 γ + cos2 γ = 1 p ⇐⇒ sin γ = 1 − cos2 γ Setzt man Lemma 8.12.1. ein, so erhält man: c R= p 2 1 − cos2 γ Lemma 8.12.2. Nach dem Cosinussatz gilt: c2 = a2 + b2 − 2ab cos γ ⇐⇒ cos γ = a2 + b2 − c2 2ab 35 KAPITEL 8. WICHTIGE FORMELN UND AUSDRÜCKE Nun setzen wir Lemma 8.12.2. ein und erhalten: R= q 2 1− c (a2 +b2 −c2 )2 4a2 b2 ⇐⇒ R = a·b·2·2· 1 4 abc q 4a2 b2 −(a2 +b2 −c2 )2 a2 b2 Lemma 8.12.3. Nach der Heronschen Flächenformel (vgl. Satz 8.1.) gilt: A= 1p 2 2 4a b − (a2 + b2 − c2 )2 4 Durch Einsetzen von Lemma 8.12.3. erhält man: R= abc 4A Dies ist genau die gesuchte Formel. Der Umkreisradius lässt sich auch mithilfe von Winkelfunktionen ausdrücken: Satz 8.13. Sei R der Umkreisradius, a, b, c die Seiten und α, β, γ die Winkel eines Dreiecks, so gilt: a 2 sin α b R= 2 sin β c R= 2 sin γ R= Beweis. Wie in der Skizze ersichtlich gilt: sin γ = ⇐⇒ R = c 2 R c 2 sin γ analog folgt: a 2 sin α b R= 2 sin β R= 36 KAPITEL 8. WICHTIGE FORMELN UND AUSDRÜCKE 8.5 Darstellungen des Inkreisradius Eine sehr bekannte Formel zur Berechnung des Inkreisradius lautet: Satz 8.14. Sei ∆ABC ein Dreieck und A dessen Flächeninhalt, a, b, c dessen Seiten, s = und ρ dessen Inkreisradius, so gilt: F ρ= . s a+b+c 2 Bemerkung. Setzt man für F die Heronsche Flächenformel (vgl. Satz 8.1.) ein, erhält man: r (s − a)(s − b)(s − c) . ρ= s Beweis. Sei AB = a, BC = b, CA = c, DB = x, EC = y, F A = x. Lemma 8.14.1. Nach dem Eistütensatz am Imkreis gilt: BE = x CF = y AD = z ∆ADI: tan α ρ = 2 z (1) Es gilt: x+z =c (2) x+y =a (3) y+z =b (4) (2) − (3) + (4): 2z = b + c − a ⇐⇒ z = s − a In (1): tan α ρ = 2 s−a 37 :2 KAPITEL 8. WICHTIGE FORMELN UND AUSDRÜCKE Lemma 8.14.2. Es gilt: α α α + sin2 = 1 : cos2 2 2 2 1 2 α ⇐⇒ 1 + tan = −1 2 cos2 α2 α 1 ⇐⇒ tan2 = −1 2 1 − sin2 α2 1 − 1 + sin α2 α ⇐⇒ tan2 = 2 1 − sin2 α2 cos2 sin2 α2 α = 2 1 − sin2 α2 s sin2 α2 α ⇐⇒ tan = 2 1 − sin2 ⇐⇒ tan2 α 2 Lemma 8.14.3. Nach der Formel zur Berechnung des Sinus (vgl. Satz 8.11.) gilt: r (s − b)(s − c) α sin = 2 bc In Lemma 8.14.2.: v u (s−b)(s−c) α u bc tan = t (s−b)(s−c) 2 1− bc s α (s − b)(s − c) ⇐⇒ tan = 2 bc − (s − b)(s − c) In (1): s (s − b)(s − c) ρ = bc − (s − b)(s − c) s−a r (s − a)2 (s − b)(s − c) =ρ bc − s2 + sb + sc − bc s (s − a)2 (s − b)(s − c) =ρ s(−s + b + c) ⇐⇒ ⇐⇒ · (s − a) s (s − a)2 (s − b)(s − c) =ρ s(s − a) r (s − a)(s − b)(s − c) ⇐⇒ =ρ s ⇐⇒ Und dies ist genau die gesuchte Formel. Auch der Inkreisradius lässt sich mittels Winkelfunktionen darstellen: 38 KAPITEL 8. WICHTIGE FORMELN UND AUSDRÜCKE Satz 8.15. Sei ρ der Inkreisradius und α, β, γ die Winkel eines Dreiecks, so gilt: ρ=a· ρ=b· ρ=c· sin β2 sin γ2 cos α2 sin α2 sin γ2 cos β2 sin α2 sin β2 . cos γ2 Beweis. Aus der Skizze folgt: ρ ρ α = =⇒ c1 = 2 c1 tan α2 β ρ ρ tan = =⇒ c2 = 2 c2 tan β2 tan Wegen c = c1 + c2 folgt: ρ ρ α + tan 2 tan β2 β α β α ⇐⇒ c · tan · tan = ρ · tan + tan 2 2 2 2 c= ⇐⇒ ρ = c · Es gilt tan x = sin x cos x tan α2 · tan β2 tan α2 + tan β2 und deshalb: ⇐⇒ ρ = c · ⇐⇒ ρ = c · β α 2 sin 2 β α cos 2 2 β β α 2 cos 2 +sin 2 β cos α cos 2 2 sin cos sin cos α 2 sin α2 sin β2 sin α2 cos β2 + sin β2 cos α2 Nach den Summensätzen gilt der Zusammenhang sin x cos x + sin y cos x = sin (x + y) Deshalb gilt: sin α β + 2 2 π γ = sin − 2 2 γ = cos 2 α β β α cos + sin cos = sin 2 2 2 2 39 KAPITEL 8. WICHTIGE FORMELN UND AUSDRÜCKE =⇒ ρ = c · sin α2 sin β2 cos γ2 analog folgt: ρ=a· ρ=b· sin β2 sin γ2 cos α2 sin α2 sin γ2 cos β2 40 Kapitel 9 Winkelfunktionsabschätzungen Satz. Seien α, β, γ die Winkel eines Dreiecks, so gelten folgende Beziehungen: α β γ · sin · sin 2 2 2 β γ α 1 < sin + sin + sin 2 2 2 3 α β γ ≤ sin2 + sin2 + sin2 4 2 2 2 α β γ 0 < cos · cos · cos 2 2 2 α β γ 2 < cos + cos + cos 2 2 2 2 α 2 β 2 γ 0 ≤ cos + cos + cos 2 2 2 0 ≤ sin 1 8 3 ≤ 2 ≤ <1 ≤ ≤ ≤ 0 < sin α · sin β · sin γ ≤ 0 < sin α + sin β + sin γ ≤ 0 < sin2 α + sin2 β + sin2 γ ≤ −1 < cos α · cos β · cos γ ≤ 1 < cos α + cos β + cos γ ≤ √ 3 3 8 √ 3 3 2 1 4√ 3 3 8 √ 3 3 2 9 4 1 8 3 2 3 ≤ cos2 α + cos2 β + cos2 γ < 3 4 √ α β γ tan + tan + tan ≥ 3 2 2 2 (9.1) (9.2) (9.3) (9.4) (9.5) (9.6) (9.7) (9.8) (9.9) (9.10) (9.11) (9.12) (9.13) Beweis. Zum Beweisen der Ungleichungen kann meist Jensen (vgl. 6.1.) verwendet werden (sin x ist konkav auf [0, π], cos x ist konkav auf 0, π2 und tan x ist konvex auf 0, π2 [ usw.). Alle Beweise funktionieren relativ ähnlich, deshalb sei hier nur einer gezeigt: Satz 9.1. 41 KAPITEL 9. WINKELFUNKTIONSABSCHÄTZUNGEN Es gilt nach GM ≤ AM (vgl. Satz 2.1.): r sin α2 + sin β2 + sin γ2 α β γ 3 sin sin sin ≤ 2 2 2 3 sin α2 + sin β2 + sin γ2 3 α β γ ⇐⇒ sin sin sin ≤ 2 2 2 Da sin x im Intervall [0, π] konkav ist und da !3 α β γ 2, 2, 2 sin α2 + sin β2 + sin γ2 3 α β γ sin sin 2 2 2 α β γ sin sin sin 2 2 2 =⇒ sin ∈ [0, π] gilt nach Jensen: ! β γ α + + 2 2 ≤ sin 2 3 π 1 = sin = 6 2 3 1 ≤ 2 1 ≤ 8 Gleichheit gilt bei der Mittelungleichung nur bei α = β = γ und tatsächlich gilt genau im Gleichseitigen Dreieck Gleichheit. Beispiel 9.1.1. Beweis der Eulerschen Ungleichung (vgl. Satz 11.1.). Es sei ρ bzw. R der Inkreis bzw. Umkreisradius eines Allgemeinen Dreiecks, man zeige, dass dann 2ρ ≤ R gilt. Wann gilt Gleichheit? Lösung. Es gilt nach Satz 8.13. und Satz 8.15.: R = c 2 sin γ und ρ = c · sin α 2 sin cos γ2 β 2 . Somit ergibt sich: sin α2 sin β2 ! c ≤ γ cos 2 2 sin γ ! α β γ 4 sin sin sin γ ≤ cos 2 2 2 2c Es gilt nach den Summensätzen (vgl. Satz 8.4.): sin 2x = 2 sin x cos x Und deshalb gilt auch: sin γ = 2 sin γ γ cos 2 2 Damit ergibt sich: 8 sin α β γ γ ! γ sin sin cos ≤ cos 2 2 2 2 2 α β γ 1 sin sin sin ≤ 2 2 2 8 Und dies entspricht Satz 9.1. Gleichheit gilt also genau im gleichseitigen Dreieck. 42 Kapitel 10 Dreiecksungleichung Satz 10.1. Seien a, b, c die Seiten eines Dreiecks (in beliebiger Auswahl), so gilt: c≤a+b Für Vektoren ~a, ~b gilt also: ~a + ~b ≤ |~a| + ~b . Bemerkung. Die Dreiecksungleichung ist äquivalent zur Cauchy-Schwarz´schen Ungleichung (vgl. Satz 3.1.), denn es gilt nach der Dreiecksungleichung: ~a + ~b ≤ |~a| + ~b . Dies ist für Vektoren ~a = a1 a2 .. . ~ ,b = an b1 b2 .. . äquivalent zu: bn v v v u n u n u n uX uX uX 2 2 t t (ai + bi ) ≤ ai + t b2i ⇐⇒ i=1 ⇐⇒ n X i=1 (ai + bi )2 i i=1 | i=1 v u n n n n X X uX X 2 ≤ a + 2t a2 b2 + b2 i i=1 {z i=1 i i i=1 i=1 } P Pn Pn 2 2 = n i=1 ai +2 i=1 ai bi + i=1 bi ⇐⇒ 2 n X v u n n uX X 2 t ai b2i ai bi ≤ 2 i=1 ⇐⇒ n X i=1 !2 ai bi ≤ i=1 n X i=1 i=1 ! a2i n X ! b2i i=1 Und dies entspricht genau der Cauchy-Schwarz´schen Ungleichung, also sind die beiden Ungleichungen äquivalent (und somit ist die Dreiecksungleichung auch bewiesen). 43 KAPITEL 10. DREIECKSUNGLEICHUNG Beispiel 10.1.1. (ÖMO GWB 2002 (in leicht abgewandter Form)) Im konvexen (alle Innenwinkel kleiner als 180◦ ) Sechseck ABCDEF mit dem Umfang s haben die Diagonaldreiecke ACE bzw. BDF die Umfänge u bzw. v. Man zeige die Ungleichung 1 (1) s (2) < < 1. 2 u+v Lösung. (1): Wir betrachten zunächst die Dreiecke ABC, BCD, CDE, DEF, EF A, F AB, nach der Dreiecksungleichung in diesen Dreiecken: AC < AB + BC BD < BC + CD .. . F B < F A + AB Und durch Summation erhält man: AC + BD + · · · + F B < 2 · AB + 2 · BC + · · · + 2 · AB u+v <2·s s 1 < 2 u+v (2): Wir betrachten dafür die Dreiecke AGB, BHC, CID, DJE, EKF, F LA, wieder gilt nach der Dreiecksungleichung: AB < AG + GB BC < BH + HC .. . F A < F L + LA Und durch Summation erhält man erneut: AB + BC + · · · + F A < AG + GB + BH + HC + · · · + F L + LA | {z } | {z } s <AC+BD+···+F B=u+v s<u+v s < 1. u+v 44 Kapitel 11 Eulersche Ungleichung Satz 11.1. Seien ρ bzw. R der In- bzw. Umkreisradius eines beliebigen Dreiecks, so gilt immer: 2ρ ≤ R (Mit Gleichheit im gleichseitigen Dreieck) Beweis. Die Eulersche Ungleichung lässt sich besonders vielfältig zeigen. 4 Möglichkeiten sind hier kurz beschrieben, da sie sehr nützliche Ansätze zum Beweisen von geometrischen Ungleichungen enthalten: • Wie schon im Kapitel 7 erwähnt lässt sich diese geometrische Ungleichung auf eine algebraische Ungleichung zurückführen, nämlich auf die Ungleichung von Schur (vgl. Satz 7.4.). Dazu beschreibt man beide Längen mit den bekannten Formeln (vgl. Satz 8.12. und 8.14.) abc 4F F ρ= s R= und erhält genau: (a + b − c)(a − b + c)(−a + b + c) ≤ abc was genau der Ungleichung von Schur entspricht. • Man kann auch mithilfe von Winkelfunktionen die beiden Radien ausdrücken, und die entstehende Ungleichung dann mithilfe der Ungleichung von Jensen beweisen (vgl. Beispiel 9.1.1.) • Bereits Leonhard Euler selbst gelang es, die Entfernung von In- und Umkreismittelpunkt zu berechnen: p IU = R(R − 2ρ) Da IU ∈ R≥0 sein muss, lässt sich die Eulersche Ungleichung unmittelbar aus dieser geometrischen Identität folgern. • Die Eulersche Ungleichung lässt sich auch durch geometrische Überlegungen beweisen: Es ist bekannt, dass es in jedem Dreieck einen Kreis gibt, der durch die Mittelpunkte der Seiten, die Fußpunkte der Höhen und die Mittelpunkte der oberen Höhenabschnitte verläuft - den Feuerbachkreis. Dieser hat zusätzlich die Eigenschaften, den Inkreis einschließlich (von außen) zu berühren und einen Radius von exakt der Hälfte des Umkreisradius zu besitzen. Damit ergibt sich sofort die Eulersche Ungleichung. 45 KAPITEL 11. EULERSCHE UNGLEICHUNG Beispiel 11.1.1. Seien a, b, c die Seiten eines Dreiecks, man zeige: (s − a)(s − b)(s − c) ≤ abc . 8 Wann gilt Gleichheit? Lösung. ! ⇐⇒ 8s(s − a)(s − b)(s − c) ≤ sabc Nach der Heronschen Flächenformel (vgl. Satz 8.1.) gilt F = p s(s − a)(s − b)(s − c) und somit: ! ⇐⇒ 8F 2 ≤ sabc ⇐⇒ 2 Es ist bekannt, dass R = abc 4F und ρ = F s F ! abc ≤ s 4F (vgl. Satz 8.12. und Satz 8.14.) und damit ergibt sich: ⇐⇒ 2ρ ≤ R Dies entspricht der Eulerschen Ungleichung und ist somit bewiesen. 46 Kapitel 12 Ungleichung von Leibniz Satz 12.1. Seien a, b, c die Seiten und R der Umkreisradius eines beliebigen Dreiecks, so gilt: a2 + b2 + c2 ≤ 9R2 (Gleichheit gilt im gleichseitigen Dreieck.) Beweis. Es gilt nach dem Sinus-Satz: a b c = = sin α sin β sin γ c sin α =⇒ a = sin γ c sin β b= sin γ Und damit ergibt sich: c Außerdem gilt R = c 2 sin γ 2 sin2 α + sin2 β +1 sin2 γ ! ≤ 9R2 (vgl. Satz 8.12.) und somit: ! c2 c2 2 2 2 2 (sin α + sin β + sin γ) ≤ 9 · sin γ 4 sin2 γ 9 ⇐⇒ sin2 α + sin2 β + sin2 γ ≤ 4 Dies entspricht genau Satz 9.9. und ist somit bewiesen. Beispiel 12.1.1. Seien α, β, γ die Winkel eines Dreiecks, man zeige: 0 < sin α + sin β + sin γ ≤ 3√ 3 2 Wann gilt Gleichheit? Lösung. Nach der Ordnungsungleichung (vgl. Satz 4.1.): (sin α + sin β + sin γ)2 ≤ 3(sin2 α + sin2 β + sin2 γ) 47 KAPITEL 12. UNGLEICHUNG VON LEIBNIZ Die Ungleichung von Leibniz besagt: a2 + b2 + c2 ≤ 9R2 und da a = 2R sin α, b = 2R sin β, c = 2R sin γ gilt (vgl. Satz 8.13.), gilt also auch: sin2 α + sin2 β + sin2 γ ≤ 9 4 Damit ergibt sich aber: (sin α + sin β + sin γ)2 ≤ 3(sin2 α + sin2 β + sin2 γ) ≤ sin α + sin β + sin γ ≤ 3√ 3 2 3·9 4 Gleichheit kann nur gelten, wenn bei der Ungleichung von Leibniz Gleichheit gilt. Dies gilt nur im gleichseitigen Dreieck und tatsächlich gilt genau für α = β = γ der Gleichheitsfall. 48 Kapitel 13 Ungleichung von Erdös-Mordell Satz 13.1. Es sei ABC ein allgemeines Dreieck. Wählt man einen beliebigen Punkt P im Inneren von ABC und bezeichnet mit D, E, F die Normalprojektion von P auf BC, CA, AB, so gilt: 2(P D + P E + P F ) ≤ P A + P B + P C Beweis. Es seien AP = R1 , BP = R2 , CP = R3 , DP = r1 , EP = r2 , F P = r3 , ∠BAC = α, ∠CBA = β, ∠ACB = γ. Wir betrachten zunächst das Viereck AF P E: Da die Winkel ∠AF P und ∠AEP sublementär sind (sich auf 180◦ ergänzen) ist dies ein Sehnenviereck und damit ist: ∠F P E = 180◦ − α. Analog sind auch F BDP und DCEP Sehnenvierecke und damit gilt auch: ∠F P D = 180◦ − β ∠DP E = 180◦ − γ Da ∠AEP = 90◦ hat der Umkreis von AF P E den Radius R21 . Darum hat auch der Umkreis des Dreiecks AF E den Radius R21 . In einem Dreieck gilt aber, für a, b, c dessen Seiten und R dessen Umkreisradius (vgl. Satz 8.13.): R= 2b 2c 2a = = sin α sin β sin γ Darum gilt (in Betrachtung des Dreiecks AF E): R1 = EF sin α 49 KAPITEL 13. UNGLEICHUNG VON ERDÖS-MORDELL Und analog folgt in den Dreiecken F BD und DCE: FD sin β DE R3 = sin γ R2 = Nun betrachten wir das Dreieck F P E: nach dem Cosinus-Satz gilt: 2 2 2 EF = P F + P E − 2P F P E cos(180◦ − α). Wobei cos(180◦ −α) = cos(β+γ) = cos β cos γ−sin β sin γ (letzteres gilt aufgrund der Summensätze vgl. Satz 8.3.) gilt. Setzt man dies ein, so erhält man: 2 EF = r32 + r22 + 2r2 r3 sin β sin γ − 2r2 r3 cos β cos γ = r32 (sin2 β + cos2 β) + r22 (sin2 γ + cos2 γ) + 2r2 r3 sin β sin γ − 2r2 r3 cos β cos γ = (r3 sin β + r2 sin γ)2 + (r3 cos β − r2 cos γ)2 ≥ (r3 sin β + r2 sin γ)2 Also: EF ≥ r3 sin β + r2 sin γ Und analog folgt: DF ≥ r3 sin α + r1 sin γ DE ≥ r1 sin β + r2 sin α Durch obiges erhält man also: r3 sin β + r2 sin γ ≤ R1 sin α r3 sin α + r1 sin γ ≤ R2 sin β r1 sin β + r2 sin α ≤ R3 sin γ Durch Summation erhält man: sin γ sin β sin γ sin α sin β sin α r1 + + r2 + + r3 + ≤ R1 + R2 + R3 sin β sin γ sin α sin γ sin α sin β Lemma 13.1.1. Es seien a, b positive reelle Zahlen, so gilt: 2≤ a b + . b a Demnach gilt: 2(r1 + r2 + r3 ) ≤ r1 sin γ sin β + sin β sin γ + r2 sin γ sin α + sin α sin γ Und somit: 2(r1 + r2 + r3 ) ≤ R1 + R2 + R3 50 + r3 sin β sin α + sin α sin β Kapitel 14 Ungleichung von Weitzenböck Satz 14.1. Im allgemeinen Dreieck mit Seitenlängen a, b, c und Flächeninhalt F gilt: √ 4F 3 ≤ a2 + b2 + c2 (Gleichheit gilt im gleichseitigen Dreieck) Beweis. Es ist c2 = a2 + b2 − 2ab cos γ und F = 21 ab sin γ, also gilt: √ √ a2 + b2 + c2 − 4F 3 = 2(a2 + b2 ) − 2ab cos γ − 2 3ab sin γ = √ 1 3 sin γ) = = 2(a2 + b2 ) − 4ab( cos γ + 2 2 π π = 2(a2 + b2 ) − 4ab(cos cos γ + sin sin γ) 3 3 Nach den Summensätzen (vgl. Satz 8.3.) ist: cos π π π cos γ + sin sin γ = cos( − γ) 3 3 3 Und damit: √ π a2 + b2 + c2 − 4F 3 = 2(a2 + b2 ) − 4ab cos( − γ) | 3{z } 2 2 2 √ ≤1 2 2 =⇒ a + b + c − 4F 3 ≥ 2(a − 2ab + b ) = 2(a − b)2 ≥ 0 √ a2 + b2 + c2 − 4F 3 ≥ 0 √ a2 + b2 + c2 ≥ 4F 3 Wobei Gleichheit für a = b und cos( π3 − γ) = 1, also nur im gleichseitigen Dreieck gilt. 51 Teil III Beispiele 52 Kapitel 15 Angaben 1. Gesucht seien alle n ∈ N≥3 , für die gilt: (n + 1)n < nn+1 2. Man zeige für alle a, b ∈ R2 : (a + b)4 ≤ 8(a4 + b4 ) 3. (Verallgemeinerung von 2.) Man zeige für alle a, b ∈ R+ und n ∈ N: (a + b)n ≤ 2n−1 · (an + bn ) 4. Man zeige für alle a, b, c ∈ R+ : (−a + b + c)(a − b + c)(a + b − c) ≤ abc 5. Man zeige für alle n ∈ N>1 : n! < n+1 2 n 6. Man zeige für alle a1 , a2 , . . . , an ∈ R+ und alle n ∈ N: r a21 + a22 + · · · + a2n a1 + a2 + · · · + an ≥ n n 7. Seien a, b, c die Seiten eines Dreiecks. Man zeige: 3(a + b)(b + c)(c + a) ≤ 8(a3 + b3 + c3 ) 8. Seien a, b, c die Seiten eines Dreiecks. Man zeige: 8abc ≤ (a + b)(b + c)(c + a) 9. Seien α, β, γ die Winkel eines Dreiecks. Man zeige: sin α β γ 1 · sin · sin ≤ 2 2 2 8 10. Seien α, β, γ die Winkel eines Dreiecks. Man zeige: 1 < cos α + cos β + cos γ ≤ 53 3 2 KAPITEL 15. ANGABEN 11. Man zeige für alle u, v, w ∈ R+ : vw wu uv + + ≥u+v+w u v w 12. Man zeige für alle a ∈ R≥1 : √ √ 1 √ <2 a− a−1 a 13. Man zeige für alle a, b ∈ R+ : p √ √ a+b− 2− 2 ab ≤ a2 + b2 54 Kapitel 16 Lösungen Beispiel 1. Gesucht seien alle n ∈ N≥3 , für die gilt: (n + 1)n < nn+1 Lösung. Durch Probieren erhalten wir: • n = 0: 1<0 • n = 1: 2<1 • n = 2: 9<8 • n = 3: 64 < 81 X Wir vermuten, dass der Term auf der rechten Seite schneller wächst, als der auf der linken und behaupten somit, dass die Aussage für alle n ≥ 3 gilt. Wir beweisen die Behauptung mittels vollständiger Induktion: Induktionsbasis: n = 3. Induktionsannahme: (n + 1)n < nn+1 Induktionsschritt: ! (n + 2)n+1 < (n + 1)n+2 Es gilt: (n + 2)n+1 = (n + 2)n+1 · (n + 1)n (n + 1)n Laut Induktionsannahme gilt: (n + 2)n+1 (n + 2)n+1 n+1 n · (n + 1) < ·n (n + 1)n (n + 1)n 55 KAPITEL 16. LÖSUNGEN Es bleibt also zu zeigen: (n + 2)n+1 n+1 ! ·n < (n + 1)n+2 (n + 1)n · (n + 1)n ! ⇐⇒ (n + 2)n+1 · nn+1 < (n + 1)n+2 · (n + 1)n 1 n+1 ! ⇐⇒ (n · (n + 2))n+1 < (n + 1)2n+2 ! ⇐⇒ n · (n + 2) < (n + 1)2 ! ⇐⇒ n2 + 2n < n2 + 2n + 1 − (n2 + 2n) ⇐⇒ 0 < 1 w.A. Beispiel 2. Man zeige für alle a, b ∈ R2 : (a + b)4 ≤ 8(a4 + b4 ) Lösung 1. Wir betrachten zuerst eine etwas einfachere Abwandlung“ der Aufgabe: ” 4 ←→ 2: ! (a + b)2 ≤ 2(a2 + b2 ) (1) ! ⇐⇒ a2 + 2ab + b2 ≤ 2(a2 + b2 ) − (a2 + 2ab + b2 ) ! ⇐⇒ 0 ≤ a2 − 2ab + b2 ⇐⇒ 0 ≤ (a − b)2 w.A. mit Gleichheit bei a = b Es gilt: (a + b)4 = (a + b)2 2 (1) ≤ 2 a 2 + b2 (1) 2 ≤ 4 2 a4 + b 4 = 4 a2 + b2 = 8 a4 + b 2 (1) ≤ 4 Somit gilt die Aussage, mit Gleichheit bei a = b. Lösung 2. Wir reduzieren die Behauptung auf a, b ≥ 0: Es gilt nämlich: 4 (a + b)4 = |a + b| Laut ∆−U ngl. ≤ ! 4 (|a| + |b|) ≤ |{z} 4 4 8 |a| + |b| = 8 a4 + b4 U ngl. reduziert auf a,b≥0 Die Ungleichung gilt also falls sie für a, b ≥ 0 gilt auch für negative. Sei also o.B.d.A.: a, b ≥ 0: Der Fall a = 0 oder b = 0 ist trivial, deshalb sei ab nun a, b > 0: 4 (a + b)4 ≤ 8 a4 + b4 :b a 4 a 4 ⇐⇒ +1 ≤8 +1 b b 56 KAPITEL 16. LÖSUNGEN Sei c = ab : Aufgrund der Symmetrie in a und b sei o.B.d.A. a ≥ b =⇒ c ≥ 1: ⇐⇒ (c + 1)4 ≤ 8 c4 + 1 c4 + 4c3 + 6c2 + 4c + 1 ≤ 8c4 + 8 ⇐⇒ 0 ≤ 7c4 − 4c3 − 6c2 − 4c + 7 Sei c = d + 1 mit d ≥ 0: ⇐⇒ 0 ≤ 7 d4 + 4d3 + 6d2 + 4d + 1 − 4 d3 + 3d2 + 3d + 1 − 6 d2 + 2d + 1 − 4(d + 1) + 7 ⇐⇒ 0 ≤ 7d4 + 24d3 + 24d2 {z } | w.A. da d≥0 Beispiel 3. Man zeige für alle a, b ∈ R+ und n ∈ N: (a + b)n ≤ 2n−1 · (an + bn ) Lösung. Wir beweisen die Behauptung mithilfe vollständiger Induktion. Induktionsbasis: n = 1, da (a + b)1 ≤ 20 · (a1 + b1 ) gilt. Induktionsannahme: (a + b)n ≤ 2n−1 · (an + bn ) Induktionsschritt: ! (a + b)n+1 ≤ 2n · (an+1 + bn+1 ) Reduktion auf eine Variable: ! (a + b)n+1 ≤ 2n · (an+1 + bn+1 ) : bn+1 n+1 n+1 ! a a n +1 ≤2 · +1 ⇐⇒ b bn+1 Sei c = ab : Aufgrund der Symmetrie in a und b sei o.B.d.A. a ≥ b =⇒ c ≥ 1: ! ⇐⇒ (c + 1)n+1 ≤ 2n · (cn+1 + 1) Nach der Substitution in der Induktionsannahme gilt: (c + 1)n ≤ 2n−1 · (cn + 1) =⇒ (c + 1)n+1 ≤ 2n−1 · (cn + 1) · (c + 1) Es bleibt also zu zeigen: !n 2n−1 · (cn + 1) · (c + 1) ≤ ·(cn+1 + 1) : 2n−1 ! ⇐⇒ cn+1 + cn + c + 1 ≤ 2cn+1 + 2 − (cn+1 + cn + c + 1) ! ⇐⇒ 0 ≤ cn+1 − cn − c + 1 ⇐⇒ 0 ≤ (cn − 1) · (c − 1) {z } | ≥0 da c≥1 57 KAPITEL 16. LÖSUNGEN Beispiel 4. Man zeige für alle a, b, c ∈ R+ : (−a + b + c)(a − b + c)(a + b − c) ≤ abc Lösung. Die Ungleichung ist symmetrisch in a, b, c, deshalb können wir o.B.d.A. annehmen a ≤ b ≤ c. Sei also: b=a+h ∧ c=a+k mit k ≥ h ≥ 0. Es ergibt sich damit: ! (a + h + k) · (a − h + k) · (a + h − k) ≤ a · (a + h) · (a + k) ! ⇔ (a + h + k) · (a − (h − k)) · (a + (h − k)) ≤ a · (a2 + ha + ka + hk) ! ⇔ (a2 − (h − k)2 ) · (a + h + k) ≤ a3 + ha2 + ka2 + ahk ! ⇔ −(h − k)2 · (a + h + k) ≤ ahk − (a3 + ha2 + ha2 ) | + (h − k)2 · (a + h + k) ⇔ 0 ≤ |{z} ahk + (h − k)2 · (a + h + k) w.A. {z } | {z } | ≥0 ≥0 ≥0 Es tritt genau dann Gleichheit ein, wenn alle Glieder rechts = 0 sind: ⇒ ahk = 0 (1) ∧ (h − k) (a + h + k) = 0 (2) 2 Da a > 0 gilt, weil a die Seite eines Dreiecks ist, folgt aus (1) h = 0 ∨ k = 0 • 1. Fall: h = 0: ⇒ 0 = k 2 · (a + k) ⇒ k=0 ⇒ a=b=c • 2. Fall: k = 0: Da k ≥ h ≥ 0 Vorraussetzung war folgt sofort: k=h=0 ⇒ a=b=c Es gilt also genau dann Gleichheit, wenn a = b = c gilt. Beispiel 5. Man zeige für alle n ∈ N>1 : n! < n+1 2 n Lösung 1. Wir nehmen an, dass die rechte Seite der Ungleichung schneller wächst, als die linke und versuchen die Ungleichung somit mithilfe vollständiger Induktion zu beweisen: Induktionsbasis: n = 2, da: 2< 2 3 = 2, 25 2 58 KAPITEL 16. LÖSUNGEN Induktionsannahme: n! < Induktionsschritt: n+1 2 Falls (n + 1)! < n! n n+2 n+1 2 n+1 n 2 gilt, gilt auch n+1 n+2 (n + 1)! < 2 n+1 (n + 1)! ! n+2 2 n =⇒ z.z. : < n+1 n! 2 (n + 2)n+1 2(n + 1)n ! (n + 2)n+1 ⇐⇒ 1 < 2(n + 1)n+1 n+1 ! n+2 ⇐⇒ 2 < n+1 ! ⇐⇒ (n + 1) < : (n + 1) ·2 = 1 1+ n+1 n+1 Wir verwenden die Bernoulli Ungleichung als Lemma: Sei x ∈ R>−1 mit x 6= 0 und n ∈ N>1 so gilt: 1 + (n + 1) · x < (1 + x)n+1 Setzt man x = 1 n+1 , so erhält man: 1+ 1 n+1 n+1 > 1 + (n + 1) · 1 =2 n+1 Lösung 2. Wir beweisen die Behauptung mithilfe der Geometrisch - Arithmetischen Mittelungleichung: Demnach gilt: Seien a1 , a2 , . . . , an ∈ R+ und n ∈ N so gilt: √ n a1 a2 · · · an ≤ a1 + a2 + · · · + an n Mit Gleichheit bei a1 = a2 = · · · = an . Setzt man nun a1 = 1, a2 = 2, . . . , an = n, so erhält man, da a1 6= a2 6= · · · 6= an : √ n 1 + 2 + ··· + n n n(n+1) n √ n 2 ⇐⇒ n! < n n n+1 ⇐⇒ n! < 2 1 · 2···n < Und dies ist genau die zu beweisende Aussage. Beispiel 6. Man zeige für alle a1 , a2 , . . . , an ∈ R+ und alle n ∈ N: r a21 + a22 + · · · + a2n a1 + a2 + · · · + an ≥ n n Lösung. Wir beweisen die Behauptung mithilfe Vorwärts - Rückwärts Induktion: 59 KAPITEL 16. LÖSUNGEN Vorwärtsschritt: Zunächst wollen wir die Aussage für alle 2er - Potenzen zeigen. Induktionsbasis: Für n = 1 ist die Aussage trivial, für n = 2 gilt: r a21 + a22 ! a1 + a2 2 ≥ 2 2 a2 + a22 ! a21 + 2a1 a2 + a22 ≥ ⇐⇒ 1 ·4 2 4 ! ⇐⇒ 2a21 + 2a22 ≥ a21 + 2a1 a2 + a22 − (a21 + 2a1 a2 + a22 ) ⇐⇒ (a1 − a2 )2 ≥ 0 Induktionsannahme: Induktionsschritt: Es gilt: w.A. Diese lautet hier also: r a21 + a22 + · · · + a2n a1 + a2 + · · · + an ≥ n n Wir versuchen nun die Aussage für 2n zu beweisen: a1 +a2 +···+an n a1 + a2 + · · · + a2n = 2n Laut Induktionsannahme für 2 gilt: a1 +a2 +···+an n + an+1 +an+2 +···+a2n n 2 + an+1 +an+2 +···+a2n n 2 ≤ v u u t Laut Induktionsannahme für n gilt: v 2 u u a1 +a2 +···+an 2 +···+a2n + an+1 +an+2 t n n 2 a1 +a2 +···+an 2 n + an+1 +an+2 +···+a2n n 2 2 ≤ v q 2 uq 2 u a21 +a22 +···+a2n 2 an+1 +a2n+2 +···+a22n t + n n 2 r a21 + a22 + · · · + a22n 2n r 2 2 a1 + a2 + · · · + a22n ≤ 2n = =⇒ a1 + a2 + · · · + a2n 2n Somit haben wir die Aussage für alle 2er - Potenzen bewiesen. Rückwärtsschritt: Nun zeigen, wir die Aussage für n − 1 mithilfe der Aussage für n: Induktionsannahme: Induktionsschritt: Es gilt: r a21 + a22 + · · · + a2n a1 + a2 + · · · + an ≥ n n Nach der Induktionsannahme gilt: r a21 + a22 + · · · + a2n a1 + a2 + · · · + an ≥ n n sei s an = a21 + a22 · · · + a2n−1 n−1 60 = KAPITEL 16. LÖSUNGEN Es gilt praktischerweise: v u q 2 2 2 2 u 2 n−1 t a1 + a22 · · · + a2n−1 + a1 +a2 ···+a 2 n =⇒ a1 + a2 + · · · + an−1 + n s ⇐⇒ a1 + a2 + · · · + an−1 + q a21 +a22 ···+a2n−1 n−1 a21 + a22 · · · + a2n−1 n−1 ⇐⇒ a1 + a2 + · · · + an−1 ⇐⇒ a1 + a2 + · · · + an−1 n−1 s = a21 + a22 · · · + a2n−1 n−1 s a21 + a22 · · · + a2n−1 |·n n−1 s s a21 + a22 · · · + a2n−1 a21 + a22 · · · + a2n−1 ≤n· − n−1 n−1 s a21 + a22 · · · + a2n−1 ≤ (n − 1) · : (n − 1) n−1 s a21 + a22 · · · + a2n−1 ≤ n−1 ≤ Damit haben wir auch gezeigt, dass aus der Gültigkeit der Aussage für n die Gültikeit der Aussage für n − 1 folgt und somit haben wir die Aussage für alle natürlichen Zahlen n bewiesen. Beispiel 7. Seien a, b, c die Seiten eines Dreiecks. Man zeige: 3(a + b)(b + c)(c + a) ≤ 8(a3 + b3 + c3 ) Lösung. ! 3(a + b)(b + c)(c + a) ≤ 8(a3 + b3 + c3 ) Die Ungleichung ist symmetrisch in a, b, c, deshalb sei o.B.d.A.: a ≤ b ≤ c. Die Ungleichung ist außerdem homogen, deshalb sei o.B.d.A.: a = 1. Sei also: b=1+h ∧ c=1+k ! ⇐⇒ 3(2 + h)(2 + h + k)(2 + k) ≤ 8 1 + (1 + h)3 + (1 + k)3 ! ⇐⇒ 3 8 + 2h2 + 8h + h2 k + 6hk + hk 2 + 8k + 2k 2 ≤ 8 3 + h3 + 3h2 + 3h + k 3 + 3k 2 + 3k ! ⇐⇒ 0 ≤ 8 3 + h3 + 3h2 + 3h + k 3 + 3k 2 + 3k − 3 8 + 2h2 + 8h + h2 k + 6hk + hk 2 + 8k + 2k 2 ! ⇐⇒ 0 ≤ 8h3 + 18h2 + 8k 3 + 18k 2 − 3h2 k − 3hk 2 − 18hk 2 ⇐⇒ 0 ≤ |{z} 8h3 + |18h 2k 3 + 18k(k − h) + 3k 2 (k − h) + 3k(k 2 − h2 ) {z } + |{z} | {z } | {z } | {z } ≥0 ≥0 ≥0 ≥0 ≥0 ≥0 Beispiel 8. Seien a, b, c die Seiten eines Dreiecks. Man zeige: 8abc ≤ (a + b)(b + c)(c + a) Lösung. ! 8abc ≤ (a + b)(b + c)(c + a) 61 w. A. KAPITEL 16. LÖSUNGEN Die Ungleichung ist symmetrisch in a, b, c, deshalb sei o.B.d.A.: a ≤ b ≤ c. Die Ungleichung ist außerdem homogen, deshalb sei o.B.d.A.: a = 1. Sei also: b=1+h ∧ c=1+k ! ⇐⇒ 8 · 1 · (1 + h)(1 + k) ≤ (2 + h)(2 + h + k)(2 + k) ! ⇐⇒ 8 + 8h + 8k + 8hk ≤ 8 + 2h2 + 8h + h2 k + 6hk + hk 2 + 8k + 2k 2 ! ⇐⇒ 0 ≤ h2 + h2 k + hk 2 + k 2 + h2 − 2hk + k 2 ⇐⇒ 0 ≤ h2 + h2 k + hk 2 + k 2 + (h − k)2 − (8 + 8h + 8k + 8hk) w. A. Beispiel 9. Seien α, β, γ die Winkel eines Dreiecks. Man zeige: sin α β γ 1 · sin · sin ≤ 2 2 2 8 Lösung 1. β γ ! 1 α · sin · sin ≤ 2 2 2 8 Laut Summensätzen gilt für beliebige Winkel σ, ψ: sin cos(σ + ψ) = cos σ cos ψ − sin σ sin ψ (1) cos(σ − ψ) = cos σ cos ψ + sin σ sin ψ (2) cos(σ − ψ) − cos(σ + ψ) = 2 sin σ sin ψ (3) (2)−(1): Ersetzt man nun σ = α 2 und ψ = cos β 2, so erhält man: α−β α+β α β − cos = 2 sin sin 2 2 2 2 (3) α+β γ γ = cos 90◦ − = sin 2 2 2 (4) Außerdem gilt: cos Es gilt also: γ α+β = sin 2 2 α−β ∧ cos ≤1 2 (4) cos (5) Aus (3), (4) und (5) folgt: α β γ sin ≤ 1 − sin 2 2 2 1 − sin γ2 + sin γ2 γ γ 1 − sin sin ≤ 2 2 2 | {z } 2 sin =⇒ 2 sin α β γ sin sin ≤ 2 2 2 Gilt nach der geometrisch−arithmetischen M ittelungleichung =⇒ sin α β γ 1 sin sin ≤ 2 2 2 8 Damit ist die Aussage bewiesen. 62 = 1 4 KAPITEL 16. LÖSUNGEN Lösung 2. sin α β γ ! 1 · sin · sin ≤ 2 2 2 8 Wir ersetzen sin α2 , sin β2 , sin γ2 durch die uns bekannte Sinus - Formel (siehe Kapitel 5.3) und erhalten somit: r r r (s − b)(s − c) (s − a)(s − c) (s − a)(s − b) ! 1 ≤ bc ac ab 8 r 2 2 2 ! (s − a) (s − b) (s − c) 1 ≤ ⇐⇒ a2 b2 c2 8 (s − a)(s − b)(s − c) ! 1 ≤ ⇐⇒ abc 8 s(s − a)(s − b)(s − c) ! 1 ⇐⇒ ≤ · 2abc sabc 8 s(s − a)(s − b)(s − c) ! abc ⇐⇒ 2 ≤ s 4 p Nach der Heronschen Flächenformel gilt A = s(s − a)(s − b)(s − c) =⇒ 2 A2 ! abc ≤ s 4 ⇐⇒ 2 :A A ! abc ≤ s 4A A s Setzen wir die uns bekannten Formeln für den Inkreisradius ρ = ein, so erhalten wir: 2ρ ≤ R und den Umkreisradius R = abc 4A Und dies entspricht der Eulerschen Ungleichung, ist somit also bewiesen. Beispiel 10. Seien α, β, γ die Winkel eines Dreiecks. Man zeige: I II 3 2 ! ! 3 2 1 < cos α + cos β + cos γ ≤ Lösung. 1 < cos α + cos β + cos γ ≤ Wir ersetzen cos α + cos β + cos γ wiefolgt: Es gilt: γ = 180◦ − (α + β) =⇒ cos γ = − cos(α + β) =⇒ cos α + cos β + cos γ − 1 = cos α + cos β − (1 + cos(α + β)) | {z } =2 cos2 α+β 2 = laut Summensatz 2 α+β = cos α + cos β − 2 cos 2 Laut Summensätzen gilt für beliebige Winkel σ, ψ: cos(σ + ψ) = cos σ cos ψ − sin σ sin ψ (1) cos(σ − ψ) = cos σ cos ψ + sin σ sin ψ (2) 63 KAPITEL 16. LÖSUNGEN (1)+(2): cos(σ + ψ) + cos(σ − ψ) = 2 cos σ cos ψ (3) cos(σ − ψ) − cos(σ + ψ) = 2 sin σ sin ψ (4) (2)−(1): Ersetzt man in (3) σ + ψ = α und σ − ψ = β so erhält man: cos α + cos β = 2 cos Ersetzt man in (4) σ = α 2 und ψ = cos β 2 α+β α−β cos 2 2 (3) so erhält man: α−β α+β α β − cos = 2 sin sin 2 2 2 2 Somit ergibt sich: (3) 2 α+β = cos α + cos β + cos γ − 1 = cos α + cos β − 2 cos 2 α+β α−β (3) 2 α+β = 2 cos cos − cos = 2 2 2 α−β α + β (4) α+β cos − cos = = 2 cos 2 2 2 α+β α β (4) = 4 cos sin sin 2 2 2 Es gilt: α+β γ γ = cos 90◦ − = sin 2 2 2 α β α+β sin sin = =⇒ cos α + cos β + cos γ − 1 = 4 cos 2 2 2 γ β α = 4 sin sin sin 2 2 2 cos I: ! 1 < cos α + cos β + cos γ Nach der obigen Rechnung gilt: γ β α sin sin + 1 2 2 2 γ β α ⇐⇒ 0 < 4 sin sin sin 2 2 2 Und dies gilt da für alle Winkel ϕ ∈]0, 180[ gilt sin ϕ > 0. ! ⇐⇒ 1 < 4 sin II: cos α + cos β + cos γ ≤ ! 3 2 ! γ β α sin sin + 1 ≤ 2 2 2 γ β α ! ⇐⇒ 4 sin sin sin ≤ 2 2 2 γ β α ! ⇐⇒ sin sin sin ≤ 2 2 2 3 2 1 2 1 8 −1 Nach der obigen Rechnung gilt: ⇐⇒ 4 sin −1 :4 Damit ist die Ungleichung äquivalent zum Beispiel 9., das wir schon bewiesen haben. 64 (4) KAPITEL 16. LÖSUNGEN Beispiel 11. Man zeige für alle u, v, w ∈ R+ : vw wu uv + + ≥u+v+w u v w Lösung. Die Ungleichung ist symmetrisch, deshalb sei o.B.d.A.: u≤v≤w :u v w ⇐⇒ 1 ≤ ≤ u u Wir dividieren die zu zeigende Ungleichung ebenfalls durch u und es bleibt somit zu zeigen: v vw w v ! w + + ≥1+ + u2 v w u u Sei x = v u und y = w u: ⇐⇒ xy + y x ! + ≥1+x+y x y Nebenrechnung: x y ! + ≥2 y x ! · xy ⇐⇒ x2 + y 2 ≥ 2xy − 2xy ! ⇐⇒ x2 − 2xy + y 2 ≥ 0 ⇐⇒ (x − y)2 ≥ 0 =⇒ xy + w.A. ! y x + ≥ xy + 2 ≥ 1 + x + y x y − (1 + x + y) ! ⇐⇒ xy − x − y + 1 ≥ 0 ⇐⇒ (x − 1)(y − 1) ≥ 0 w.A. Und dies gilt da 1 ≤ x ≤ y gilt. Gleichheit gilt in der Nebenrechnung bei x = y und bei (1) bei x = 1 ∨ y = 1, es gilt somit Gleichheit bei x = y = 1. Beispiel 12. Man zeige für alle a ∈ R≥1 : √ √ 1 √ <2 a− a−1 a Lösung. √ √ 1 ! √ <2 a− a−1 a √ √ 1 ! ⇐⇒ √ < 2 a − a − 1 · a 1 ! a − (a − 1) √ ⇐⇒ √ < 2 · √ a a+ a−1 √ √ √ ⇐⇒ a + a − 1 < 2 · a w.A. 65 √ √ a+ a−1 √ √ a+ a−1 √ √ √ a+ a−1 · a· KAPITEL 16. LÖSUNGEN Beispiel 13. Man zeige für alle a, b ∈ R+ : p √ √ a+b− 2− 2 ab ≤ a2 + b2 Lösung. √ √ √ √ ! p a+b− 2− 2 ab ≤ a2 + b2 + 2 − 2 ab 2 √ √ ! p ab ⇐⇒ a + b ≤ a2 + b2 + 2 − 2 √ √ √ p √ ! ab a2 + b2 + 6 − 4 2 ab − a2 + b2 − 6 − 4 2 ab ⇐⇒ a2 + 2ab + b2 ≤ a2 + b2 + 2 2 − 2 √ √ √ √ p ! ⇐⇒ 4 2 − 4 ab ≤ 2 2 − 2 ab a2 + b2 : ab : 2 √ √ √ p ! ab ≤ 2 − 2 a2 + b2 ⇐⇒ 2 2 − 2 √ √ √ √ p ! ⇐⇒ 2 2 − 2 ab ≤ 2 − 2 a2 + b2 √ √ √ ! p ⇐⇒ 2 ab ≤ a2 + b2 : 2 r √ a2 + b2 w.A. ⇐⇒ ab ≤ 2 √ : 2− 2 Und dies entspricht der Geometrisch - Quadratischen Mittelungleichung, ist somit also bewiesen. 66 Literaturverzeichnis [1] Godfrey Hardy FRS; John Littlewood FRS; George Pólya. Inequalities. 1952. Second Edition. [2] http://www.mathe-online.at/mathint/vect2/i.html. [3] Univ.Prof. i.R. Dr. Gerd Baron; Birgit Vera Schmidt. Österreichische Mathematik-Olympiaden 2000-2008. Aufgaben und Lösungen. 2009. [4] Prof. Mag. Karl Czakler. Ungleichungen. Skriptum für den ÖMO-Vorbereitungskurs in Raach am Hochgebirge. [5] Felix Dräxler. Die Ungleichung von Jensen - und ausgewählte Erweiterung zum Lösen von Ungleichungen, 2010. Fachbereichsarbeit. [6] Prof. Mag. Dr. Robert Geretschläger. Ungleichungstheorie. Vorbereitungskurs in Raach am Hochgebirge. Skriptum für den ÖMO- [7] O.Univ.-Prof. Dr.phil. Robert Tichy. Vorlesung: Mathematik-Olympiade zum Thema Ungleichungen, 2009 - 2011. 67