Heft 98 THEORETISCHE UND ETHISCHE PROBLEME DER PSYCHIATRISCHEN DIAGNOSE Gabriele Stotz März 1995 1 Dr. med. Dr. phil. Gabriele Stotz studierte in Bochum und München Medizin und Philosophie. Sie ist Ärztin an der Schweizerischen Epelepsieklinik in Zürich. Herausgeber: Prof. Dr. phil. Hans-Martin Sass Prof. Dr. med. Herbert Viefhues Prof. Dr. med. Michael Zenz Zentrum für Medizinische Ethik Bochum Ruhr-Universität Gebäude GA 3/54 44780 Bochum TEL (0234) 32-22750/49 FAX +49 234 3214-598 Email: [email protected] Internet: http://www.ruhr-uni-bochum.de/zme/ Der Inhalt der veröffentlichten Beiträge deckt sich nicht immer mit der Auffassung des ZENTRUMS FÜR MEDIZINISCHE ETHIK BOCHUM. Er wird allein von den Autoren verantwortet. Schutzgebühr: Bankverbindung: DM 10,Sparkasse Bochum Kto.Nr. 133.189.035 BLZ: 430 500 01 ISBN 3-927855-76-6 2 THEORETISCHE UND ETHISCHE PROBLEME DER PSYCHIATRISCHEN DIAGNOSE Gabriele Stotz "Vor die Therapie haben die Götter den Schweiß der Diagnose gesetzt" - lautet ein vielzitierter Satz.1 Die psychiatrische Diagnose, die sich auf den ganzen Menschen in seiner Personalität und in seiner lebensweltlichen Situation bezieht und erhebliche Konsequenzen (Stigmatisierung, Entmündigung, langdauernde Hospitalisation, Zwangsbehandlung) nach sich ziehen kann, muß mit großer individualethischer und sozialethischer Verantwortung gestellt werden. In die Psychiatrie gehen wie kaum in ein anderes Fach der Medizin zeitgeschichtliche, kulturspezifische und gesellschaftspolitische Vorstellungen ein - was zu besonderer Sorgfalt und Reflexion anhalten sollte. Zwischen dem Ich des psychiatrisch Kranken und seiner Erkrankung besteht kein Abstand, was ihn wehrloser macht als einen somatisch Kranken und großes Feingefühl beim Arzt erfordert. "Studium des Wahnsinns heißt Studium des Menschen auch im nicht-kranken Zustand" (Ideler, 1847). 2 Psychiatrie ist ein Teil der Anthropologie, dem man sich nicht nur theoretisch annähern kann. Von den Aspekten des Leidens, des Versagens in den gesellschaftlichen Verhältnissen und der Absonderung ("Alienierung") wegen des Andersseins, wird man sich - wie schon Esquirol, Heinroth und später Eugen und Manfred Bleuler meinten3 - vielleicht nur einen adäquaten Begriff machen können, wenn man mit den Kranken zusammenlebt, wie zum Beispiel Eugen Bleuler im Burghölzli/Zürich. I. DAS KONZEPT DER PSYCHIATRISCHEN DIAGNOSE I.1. Das Problem der Relativität der psychiatrischen Diagnose Das Wort "Diagnose" kommt vom Griechischen "Erkennen", "Entscheiden", "Unterscheiden". Dem als typisch erkannten "Muster" einer klinisch beobachtbaren Symptomenkonstellation wird eine Krankheitsbezeichnung zugeordnet. Die Diagnose ist zwar Einzelfall-bezogene Singularaussage, impliziert jedoch das Konzept einer abstrakten, 1 zit. bei Anschütz, F.(1987), S. 117 nach Volhard, F. und bei Wieland, W. (1975), S. 42 nach Naegeli 2 Ideler (1847), zit. bei Scharfetter, C. (1987), S. 5 3 zit. bei Scharfetter, C. (1990), S. 23 3 allgemeinen "Krankheit", die an den Symptomen der Einzelpersönlichkeit wiedererkannt wird. Dies Krankheitskonzept ist abhängig von der Kultur, der Zeit, einer Lehrtradition oder sogar der persönlichen Präferenz beziehungsweise des Menschenbildes des Untersuchers. Wegen der Relativität der Diagnoseerhebung und der Diagnose als Resultat des diagnostischen Prozesses suchte man in den letzten Jahren nach Möglichkeiten der Standardisierung und internationalen Vereinheitlichung der Befunderhebung. Validität (Was wird überhaupt untersucht?) und Reliabilität (wie genau und intersubjektiv übereinstimmend wird untersucht?) wurden wissenschaftstheoretisch immer kritischer hinterfragt. Die IPSS (= International Pilot Study of Schizophrenia, 1960-1970) und die US/UKStudie (1969-1970) zeigten die Uneinheitlichkeit der Diagnose bei vergleichbarer Symptomatik. Abbildung 1 stellt die ungleiche Verteilung der Diagnosen Schizophrenie und Affektpsychose in je 9 Kliniken in New York und im Vereinigten Königreich gegenüber.4 Mit einem standardisierten Interview zur Erfassung und Klassifikation psychiatrischer Symptome (in diesem Beispiel die PSE = present-state-examination-Scales von Wing (1982) 5 wurden "Projektdiagnosen" gewonnen, an denen keine Häufigkeitsunterschiede mehr ersichtlich waren. New York England Hospital- Projekt- Hospital- Projekt- diagnose diagnose diagnose diagnose Schizophrenie 77 39 35 37 Affektpsychose 8 44 41 46 Abbildung 1 Differenzen in Hospitaldiagnosen von je 200 Patienten in amerikanischen und englischen Kliniken (zit. in Scharfetter, 1971)4 Der Weg hin zur Entwicklung international gültiger Klassifikationssysteme und Ratingskalen soll im Folgenden kurz und schlaglichtartig illustriert werden. I.2. Geschichtlicher Überblick zur Entwicklung psychiatrischer Klassifikationssysteme In der Antike wurden psychiatrische Krankheiten als Folgen physischer Funktionsstörungen gesehen (Melancholie als Überwiegen der schwarzen Galle, Hysterie bei Dislokation des Uterus etc.), wobei die Schule von Kos mit Hippokrates (460-375 v.Chr.) sich eher dem einzelnen "Kranken" in seiner Umwelt zuwandte, während die Schule von Knidos mehr 4 vgl. Scharfetter (1971), 421 4 an "Krankheiten" und Klassifikationsproblemen interessiert war. Im Mittelalter herrschten magisch-metaphysische Modelle psychischer Krankheiten als Folge von Sünde, Verhexung oder Dämonenbesessenheit vor, daneben bestanden aber z.B. bei Paracelsus (1493-1541) physikochemische Erklärungsversuche, die später auch Descartes (15961650) unternahm, indem er psychische Krankheiten als abhängig von kinetischen Zustand der "spiritus animales" ansah. Sydenham (1624-1689) wird oft im Zusammenhang mit der Begründung der modernen Nosologie genannt, weil er Krankheiten naturalistisch beschrieb und als reale ontologische Wesenheiten, "Spezies" klassifizierte (wie später Carl v. Linné (17071778) Pflanzen und Tiere: "Nature, in the production of diseases, is uniform and consistent; so much so, That for the same disease in different persons the symptoms are for the most part the same; and the self-same phenomena that you could observe in the sickness of a Socrates you would observe in the sickness of a simpleton. Just so the universal characters of a plant are extending to every individual of the species; and whoever (I speak in the way of illustration) should accurately describe the colour, the taste, the smell, the figure, etc. of the single violet would find that his description held good, there or thereabout, for all the violets of that particular species upon the face of the earth." 6 Im 18. Jahrhundert, dem Zeitalter des Empirismus, wurde das Augenmerk (z.B. durch Mesmer (1734-1815) mit seiner Magnetismustheorie oder Gall (1758-1828) mit seinem pathologischanatomischen Lokalismus) auf somatisch-organische Grundlagen psychischer Krankheiten gerichtet, während im 19. Jahrhundert, in der Romantik (z.B. Schelling 1775-1854) dem Psychischen mit philosophisch-spekulativen, z.T. verklärenden Modellen begegnet wurde. Ganz "antiromantisch" brachte Wilhelm Griesinger (1817-1869) 1843 die - psychophysisch, nicht materialistisch zu verstehende - These von den psychiatrischen Erkrankungen als Gehirnkrankheiten auf. In seinem organisch-medizinischen Modell, das sich schon über die französische Schule (Pinel, 1745-1826 und Esquirol, 1772-1840) verbreitet hatte, ging Griesinger nicht von definierten, voneinander abgrenzbaren Krankheitskategorien aus, sondern von einer "Einheitspsychose", in der verschiedene Formen des Irreseins fließend ineinander übergingen. Ihm gegenüber postulierte Emil Kraepelin (1856-1926) 1887 natürliche Krankheitseinheiten, denen Symptomatologie, Verlauf, Ursache, Ausgang und Hirnbefund gemeinsam sei. Der kategoriale Ansatz in der Psychiatrie geht auf Kraepelin zurück. Er 5 vgl. Wing (1982) 5 gruppierte die psychischen Krankheiten in Organische Psychosen und zwei große endogene Formenkreise, die "Dementia praecox" (als Prozeß mit als unheilbar angenommenem Ausgang) und die Affektpsychosen ("degeneratives Irresein" als eine Entwicklung mit Ausheilungsmöglichkeit), was eine geniale Vereinfachung bedeutete. Eugen Bleuler (1857-1939) nannte Kraepelins "Krankheitseinheit" "Dementia praecox" "Gruppe der Schizophrenien", innerhalb derer natürliche Grenzen nicht eindeutig zu ziehen wären. Er vermied den Begriff "Krankheit" und betonte die besonderen Lebenswege der Kranken. In seinen Begriff "Schizo-phrenie" ging vor allem die bei den Kranken beobachtete "Spaltung" der psychischen Funktionen ein, die anhand von entscheidenden Grundsymptomen (Störung der Assoziation, der Affekte und Autismus) diagnostiziert wurde. Bleuler unterschied körperlich und psychisch bedingte Störungen, die sich wiederum in endogene und reaktive aufteilen ließen sowie angeborene Persönlichkeitsvarianten (Persönlichkeitsstörung, Schwachsinn). Den kategorial-klassifikatorischen Ansätzen wurden immer wieder kritisch nichtkategoriale, dimensionale Modelle, die die verschiedenen Dimensionen psychischen Krankseins berücksichtigen, gegenübergestellt. Krankheiten könnten nicht wie im Periodensystem der Elemente geordnet werden, das "Morbuskonzept" könne allenfalls Orientierungspunkt und Idee im Sinne Kants sein. Der Psychose als "Kunstwerk der Verzweiflung" (Klaesi), als "Weise des Menschseins" (Gebsattel, 1953) und Sehnsuchtswelt, die im Widerspruch zur Außenwelt entworfen wurde (Ideler, Heinroth), werde man durch Kassifikationssysteme nicht gerecht. Don Quichotte und Ophelia könnten nicht einfach als "schizophren", Hamlet als depressiv oder Caesar als enechetischer Epileptiker betrachtet werden. Die Antipsychiatrie (Szasz, Cooper, Foudrain) forderte die Abschaffung jedweder psychiatrischen Diagnose, die nur zu Diskriminierung und Etikettierung sozial anders Denkender führe und von Psychiatern als Handlangern der Gesellschaft mißbraucht würde zum Ausstoßen unliebsamer Mitglieder. Selbstverständlich müssen bei allen psychischen Störungen mehrdimensional hereditäre, somatische und psychogene Faktoren sowie die präpsychotische Persönlichkeit, die soziale Umwelt und die gesunden Anteile (Ressourcen) des Patienten berücksichtigt werden (siehe z.B. Scharfetters mehrdimensionales Modell der Schizophrenieentstehung, -entwicklung und verlauf),7 Klassifikation ist jedoch Teil des menschlichen Denkens, sie abzulehnen würde 6 7 Sydenham (1682), zit. in Pichot (1994), S. 232 siehe Scharfetter (1990), S. 194 6 bedeuten, ein ordnendes Prinzip des menschlichen Geistes zu bekämpfen (Angst, 1993).8 "There is no culture that does not logically classify" (Lévy-Strauss, 1973).9 Auch die Antipsychiatrie klassifiziert - nur eben aufgrund anderer als der auf Kraepelin und Bleuler zurückgehenden Konzepte. Mit den Systemen der ICD (international classification of diseases) der WHO und der DSM III-R (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) der APA (American Psychiatric Association) wurde versucht, eine praktische Hilfe zur internationalen Verständigung im klinischen und im Forschungsbereich mit hoher Reliabilität zu bieten (wenngleich die Validität beider Systeme philosophisch-weltanschaulich offen bleibt). Die ICD, die seit den 90'er Jahren in der 10. Fassung vorliegt (seit dem ersten Entwurf 1948 unter dem Einfluß der UN), kam zustande durch langjährige internationale Gemeinschaftsarbeit und Auswertung empirischer Fallstudien vieler Sprachräume unter Einbeziehung aller großen Traditionen. Die Diagnostik erfolgt kategorial, Untergruppen werden mit bis zu 4 Zahlen verschlüsselt (z.B. F32.11 "mittelgradige depressive Episode mit somatischen Symptomen"). Abbildung 2 zeigt eine Übersicht über die Hauptgruppen der mit Buchstaben F bezeichneten psychischen Störungen.10 8 Angst (1993), S. 164 zit. bei Angst (1993), S. 164 10 ICD 10 (WHO, 1993, 2. Aufl.), S. 5 9 7 F0 Organische, einschließlich symptomatischer psychischer Störungen................................................ F1 Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen............................................... F2 Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen........ F3 Affektive Störungen...................................... F4 Neurotische-, Belastungs- und somatoforme Störungen...... F5 Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen oder Faktoren................................................. F6 Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen................. F7 Intelligenzminderung..................................... F8 Entwicklungsstörungen.................................... F9 Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend...................................... F99 Nicht näher bezeichnete psychische Störungen............. Abbildung 2 Inhaltsverzeichnis ICD 10 (1993) 10 1974 begann die APA an ihrem eigenen Diagnosesystem DSM zu arbeiten, das 1980 veröffentlicht und 1987 zum DSM III-R revidiert wurde, das noch stärker theoriefrei angelegt ist (schulabhängige Begriffe wie z.B. "Endogenität" oder "Neurose" wurden eliminiert), präzise Einund Ausschlußkriterien für die Zuordnung der Symptome eines Patienten zu einer bestimmten Diagnose beinhaltet und multiaxiale Diagnosen vorsieht (Abbildung 3).11 Achse I Klinische Syndrome, Störungen und V-Kodierungen Achse II Entwicklungs- und Persönlichkeitsstörungen Achse III Körperliche Störungen und Zustände Achse IV Schweregrad psychosozialer Belastungsfaktoren Achse V Globale Beurteilung des psychosozialen Funktionsniveaus Abbildung 3 Achsen für die multiaxiale Beurteilung nach DSM-III-R (1987) Zu 11 erwähnen ist die gebotene Vorsicht APA (1987) DSM-III-R, S. 46 8 der Anwendung der standardisierten Klassifikationssysteme ICD 10 und DSM III-R im transkulturellen psychiatrischen Bereich. Die Akzeptanz klassifikatorischer Ansätze schließt eine menschlich verständnisvolle Interaktion mit dem Patienten nicht aus: "Die kategoriale Psychopathologie - für die Forschung und wissenschaftliche Verständigung nötig - bedarf der Ergänzung durch eine verstehende Begegnungspsychopathologie als Grundlage der Therapie" (Scharfetter, 1990). 12 Systematik und individuelle Zuwendung, nomothetisches "Erklären" und idiographisches "Verstehen" gehören gerade in der Psychiatrie als gleichberechtigte Methoden zusammen, wie schon Karl Jaspers (1883-1969) 1913 in seiner "Allgemeinen Psychopathologie" postulierte. Das systematische Erklären, das die Effizienz ärztlichen Handelns fördert, erfolgt letztlich mit dem Ziel des Verstehens. Das Erklären gehört zur logischen, das Verstehen zur psychologischen Ebene (vgl. Möller, 1976).13 II. DER PROZESS DER PSYCHIATRISCHEN DIAGNOSEFINDUNG II.1. Komponenten des diagnostischen Prozesses Die Diagnosestellung ist nichts Starres, sondern ein fließender Erkenntnisprozeß der sich im Interaktionsfeld zwischen Arzt und Patient abspielt und bei dem es nicht nur um die Zuordnung beobachtbarer Symptome zu einem nosologischen System, sondern auch um die Konstituierung einer empathischen Arzt-Patient-Beziehung in der Begegnung geht, was bereits therapeutischen Effekt hat. Das Krankheitskonzept des Arztes geht in den Diagnoseprozeß ein. Er wird finden, was er "mit Scheinwerfern" sucht. "Clinical observations are interpretations in the light of theories" (Karl Popper, 1963, zit. bei Scharfetter, 1990).14 Die Erwartungshaltung (Rosenthal-Effekt), die Tendenz zur Über- oder Unterbewertung von Symptomen und die Kenntnis anderer Eigenschaften des Patienten (Halo-Effekt) wird die Diagnose ebenfalls beeinflussen. Neben diesen Vor-Urteilen liegen auch in der Arzt-Patient-Begegnung selbst Gefahren, derer sich der Arzt in selbstkritischer Vorsicht bewußt sein sollte. Affektive Befangenheit macht Supervision nötig, die eventuell suggestive Art des Fragens und die Gesprächsatmosphäre, in der Vertrauen aufgebaut werden soll, beeinflussen die Diagnose-stellung, z.B. kann durch eine spezielle Befragung eine Diagnose sogar induziert werden. Oft ist die Arbeitsbelastung des Psychiaters für 12 Scharfetter (1990), S. IX (Vorwort zur ersten Auflage) Möller (1976), S. 62 14 aus: Popper, Karl Conjectures and refutations, New York 1963, zit. in Scharfetter (1990), S. 17 9 13 eine detailliertere Diagnosedifferenzierung zu groß, zusätzliche Symptome werden nicht mehr exploriert, die Diagnose im Krankheitsverlauf nicht mehr modifiziert. Die beobachtete Symptomatik ist interaktions- und situationsabhängig. Die Einstellung des Kranken zum Arzt und zu seiner Krankheit ist ein entscheidender Faktor: Er kann simulieren oder dissimulieren, freiwillig kommen oder auf Druck der Angehörigen oder von Fürsorgeinstanzen und der erzwungenen psychiatrischen Untersuchung Widerstände entgegensetzen, die die Diagnosestellung erschweren. Durch Kooperationsverweigerung und sein Veto kann er weitere Untersuchungsschritte verhindern, z.B. einen diagnostisch aufschlußreichen HIV-Test bei unklarem psychotischen Zustandsbild. Auch in der Diagnosefindung besteht eine beträchtliche Abhängigkeit von verschiedenen Faktoren. So sehr eine sorgfältige Verlaufsbeobachtung und zeitliche Protrahierung bei der Diagnosefestlegung ratsam ist: das "Praecox-Gefühl" bei der Begegnung mit chronisch schizophrenen Patienten bzw. Die Diagnosestellung nach dem "Eindruck der ersten drei Minuten" bestehen. Sandifer (1970)15 fand, daß die Hälfte der am Patienten beschriebenen Symptome von einer Testgruppe erfahrener Psychiater in den ersten drei Minuten des Gesprächs diagnostiziert wurden und Kendell (1973) 16 konnte zeigen, daß die Diagnose in 48-50% der Fälle nach den ersten zwei und in 60-64% nach den ersten fünf Minuten der Enddiagnose entsprach (bei einer Interrater-Reliabilität von 75%). Den intuitiven und subjektiven Elementen bei der Diagnosestellung versuchte man rationale, objektive Kriterien zur Seite zu stellen. Das AMDP-System (Arbeitsgemeinschaft für Methodik und Dokumentation in der Psychiatrie, Scharfetter 1971)17 ist ein Beispiel für eine Rating-Skala, die eine umfassende Liste von Items und operationalisierten Begriffen enthält, die alle kurz definiert sind und zu deren Erlernung Übungskurse angeboten werden. Ihre Anwendung ermöglicht eine standardisierte Befunderhebung und Dokumentation via Computer und Statistik, ist aber nur als Ergänzung zum Untersuchungsgespräch gedacht. II.2. Diagnostisches Vorgehen Methodische Vielfalt gehört wesentlich zur Psychiatrie. Die verschiedenen Facetten des Psychischen werden nur durch verschiedene Methoden zugänglich: Somatische, psychologische, biographische und soziologische sowie Verlaufs-Betrachtung müssen sich ergänzen. Die 15 16 17 Sandifer (1970) Kendell (1973) Das AMDP-System (1981) und Scharfetter (1971) 10 Berücksichtigung des kulturellen Hintergrundes und lokalen Glaubens ist ebenfalls sehr wichtig und im günstigsten Fall von einem zum selben Kulturkreis gehörigen Psychiater zu erbringen. Der persönliche Kontakt, der einen Gesamteindruck vom Patienten vermittelt, ist nicht durch Sichtung der Aktenlage ersetzbar (Abbildung 4).18 0 Abbildung 4 Der diagnostische Erkenntnisprozess nach Scharfetter (1985) Zur klinischen Beurteilung gehört ein ausgiebiger Somatostatus (eine körperlich/organisch begründbare Psychose würde alle weiteren psychopathologischen Befunde relativieren), ein detaillierter Psychostatus, für den man sich zu einem einheitlichen Vorgehen mit Verwendung internationaler Termini entschließen sollte, die genau definiert sind (z.B. AMDP), eine fundierte Anamneseerhebung, die die Biographie, auslösende Faktoren, den Verlauf, die Frage nach der Heredität und fremdanamnestische Informationen miteinbezieht (Abbildung 5). a) Allgemeine Anamnese Biographische, soziale, medizinische Daten b) Spezielle Krankheitsanamnese Entwicklung des jetzigen Krankheitsbildes. Verlauf c) Familienanamnese Soziale und medizinische Daten. Heredität d) Eigenanamnese 18 vgl. Scharfetter (1985), S. 26 11 Vom Patienten selbst erhobene Angaben zu a) bis c). e) Fremdanamnese Von Auskunfspersonen (meist Angehörigen, Bekannten, Kollegen, Vormündern, Fürsorgern usw.) erhobene Angaben zu a)-c). Abbildung 5 Bestandteile der Anamnese nach Scharfetter (1985) Alle Daten werden gesammelt, geordnet und gewichtet und differentialdiagnostisch erwogen bevor die Zuordnung des Befundes zu einem Diagnosebegriff in einem nosologischen System (ICD 10 oder DSM III-R) erfolgt.19 Vorschnelle "Einwortdiagnosen" sollten allerdings vermieden werden. Was nicht in einem diagnostischen Begriff aufgeht, soll unettikiert stehenbleiben und einfach beschrieben werden. "Die wunderbare Fähigkeit des menschlichen Geistes zur Bildung von Sammelbegriffen ist die Wurzel fast aller seiner Irrtümer gewesen" (Rivarol, 1753-1801).20 Diagnose nach dem Klassifikationssystem und Individualdiagnose aufgrund der individuellen Situation des Kranken gehören zusammen. III. UMGANG MIT DER PSYCHIATRISCHEN DIAGNOSE III.1. Diagnosemitteilung Auch in der Psychiatrie müssen dem Patienten seine Symptome seinem Verständnis entsprechend "unaufgefordert und mit gebotener Schonung" erläutert werden, jede Therapieplanung bedarf prinzipiell der Aufklärung und Einwilligung des Patienten. Ein "informed consent" ist jedoch oft nicht möglich, da eine Einsicht in die Diagnose nicht vorausgesetzt werden kann. Ein Schizophrener, der fest von seinem Wahn überzeugt ist, wird schwerlich verstehen, warum er für krank erklärt wird. Die schwierige Koordination zwischen (mangelndem) Krankheitsgefühl und Anerkennung der Diagnose kann nur in ausführlichen, auf die individuelle Situation des Patienten eingehenden Gesprächen erarbeitet werden, wobei die Kommunikation über die Diagnose mehr ist als ihre bloße Mitteilung. Die Aufklärung hat prozeßhaften Charakter und kann selbst bereits Teil des therapeutischen Prozesses sein, wenn z.B. einem Depressiven nach und nach klar (gemacht) wird, daß seine Schuldgefühle depressionsbedingt sind und nicht einer real begangenen Schuld entsprechen. Zeitpunkt und 19 vgl. Scharfetter (1985), S. 27 12 Ausführlichkeit der Aufklärung sollte der Aufnahme- und Belastungsfähigkeit des Patienten angepaßt werden. Man muß auch in der Psychiatrie von einem "Vorwissen" des Patienten über seine Diagnose ausgehen. Zöllner und Döpp (1979)21 befragten 127 stationäre Patienten des Burghölzli (93 Schizophrene und 34 Depressive) über ihre Einstellung zur Diagnose und fanden, daß 75% der Patienten ihre Diagnose kannten und akzeptierten, 40% die Kenntnis der Diagnose als hilfreich und erleichternd empfanden und über 60% der Patienten, die ihre Diagnose nicht kannten, sie erfahren wollten. III.2. Bedeutung und Konsequenzen der psychiatrischen Diagnose Die Diagnose ist Grundlage ärztlichen Handelns und wie der Krankheitsbegriff ein "deontologischer Begriff" (Gross, 1985). 22 Die Diagnose ist auch mehr als nur das Feststellen eines Befundes; sie ist ein über den Kranken entscheidendes Urteil, in dem alle Untersuchungsergebnisse zu einem biopsychosozialen Gesamtbild zusammengefügt werden. Die Forderung nach größtmöglicher Sicherheit der Diagnose ist gerade in der Psychiatrie besonders verständlich: einerseits sollte lieber einmal zu viel "unklare Psychose" als einmal zu viel "Schizophrenie" angenommen werden; einmal als "psychisch krank" "etikettiert" und abgestempelt kann ein Patient oft sagen was er will: es wird aus dem Blickwinkel der Diagnose gedeutet. Andererseits kann eine Fehl- bzw. eine nicht gestellte Diagnose ebenfalls fatale Folgen haben, wenn die notwendige Behandlung z.B. eines Hirntumors oder einer Lues unterbleibt oder eine Schizophrenie als Neurose verkannt und orthodox psychoanalytisch zu behandeln versucht wird. Die psychiatrische Diagnose, v.a. mit der Konsequenz der psychiatrischen Hospitalisierung, bedeutet einen beträchtlichen Einschnitt in die Lebensgeschichte des Patienten. Eine Patientenkarriere kann programmiert werden. Die Diagnosestellung kann den Patienten aber auch entlasten durch die Berechtigung zur Einnahme der Krankenrolle, in der sich z.B. ein Alkoholiker als krank und nicht mehr als schuldig fühlen kann. Eine - gerade auch standardisierte - Diagnosestellung wird vom Patienten im Hinblick auf Prognose und Therapie vom Arzt geradezu erwartet. Durch die Diagnose werden - im Zeitalter der "verwalteten Krankheit" - soziale Erleichterungen erst in die Wege geleitet. Manchmal muß eine Diagnose bei beeinträchtigter Urteilskraft des Patienten gestellt werden ohne daß er damit einverstanden ist. Es ist jedoch weniger "unmenschlich", einen psychotischen Patienten für 20 21 22 zit. in Matthes, A., Schneble, H. (1993), S. 9 Zöllner, Döpp (1979) Gross (1985), S. 2033 13 unzurechnungsfähig zu erklären als ihn für krankheitsbedingte Straftaten voll verantwortlich zu machen. Ziel der psychiatrischen Diagnose sollte eine Behandlung des Patienten sein, die ihm die maximale Entfaltung seines Potentials und seiner Ressourcen ermöglicht, ihm hilft, seine Behinderung anzunehmen und unter neuer Sinnfindung mit ihr zu leben. Zu erwähnen ist, daß eine Behandlung gegen den Willen des Patienten nach heutiger Rechtsprechung nicht mehr durch die Diagnose oder den Leidensdruck legitimiert wird, sondern nur durch die Symptome der Selbst- und/oder Fremdgefährdung sowie schwerster Verwahrlosung (die allerdings schwer quantifizierbar ist). Die Geschichte der Psychiatrie, die sich in der Geschichte der psychiatrischen Diagnose widerspiegelt, ist leider auch eine Geschichte ihres Mißbrauchs - zur Unterdrückung, Absonderung und sogar Massenexstinktion von kranken Menschen wie im Deutschland der Nazizeit. Die Macht, über die Zurechnungsfähigkeit der Patienten zu bestimmen, wurde durch den politischen Zeitgeist vielerorts mißbraucht: Diagnosen wurden auf politisch Andersdenkende ausgeweitet (Archipel Gulag), oft wurden Menschenwürde und individuelle Freiheit mißachtet und aberkannt durch die Transformation sozialer Andersartigkeit in psychiatrisch klassifizierbare Krankheiten. Der traurigen Geschichte und der Möglichkeit des Machtmißbrauchs kann nur eine ärztliche Gesinnung, die dem hippokratischen Eid verpflichtet ist, entgegengesetzt werden. Gerade in der Psychiatrie kommt es auf ein "hilfreiches Verstehen" 23 und einen wahren "Eros therapeutikos" im Umgang mit den Kranken essentiell an. Anhand des herausgegriffenen Problemkreises der psychiatrischen Diagnose zeigte sich vielleicht ein wenig von challenge und message der Sicht der psychiatrischen Diagnose (und der Psychiatrie selbst) als "more an art than a science".24 23 24 Scharfetter Mdl. Mittlg. Gauron, Dickinson (1966), S. 225 14 LITERATUR ACKERKNECHT, E.H. (1967) Kurze Geschichte der Psychiatrie, Stuttgart AMERICAN PSYCHIATRIC ASSOCIATION (Hrsg.) (1987) Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, Washington D.C. ANGST, J. (1993) Today's perspective on Kraepelin's nosology of endogenous psychoses, Archives for Psychiatry and Clinical Neurosis 243, 164-170 ANSCHÜTZ, F. (1987) Ärztliches Handeln, Darmstadt ARBEITSGEMEINSCHAFT FÜR METHODIK UND DOKUMENTATION IN DER PSYCHIATRIE (Hrsg.), (1981) Das AMDP-System. Manual zur Dokumentation psychiatrischer Befunde, Berlin AVENARIUS, R. (1979) Emil Kraepelin, seine Persönlichkeit und seine Konzeption, in: Janzarik, W. BATTEGAY, R., GLATZEL, J. et al. 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Zusammenfassung: Begriffe von Gesundheit und Krankheit sind nicht frei von modischen und kulturellen Einflüssen und Vorurteilen; das gilt in besonderem Maße für die Diagnosestellung bei psychischen Erkrankungen. Die Autorin diskutiert unterschiedliche klinische Ansätze und versteht die Diagnosestellung als einen Prozeß, situativ abhängig von der Interaktion zwischen Arzt und Patient. Einerseits kennen politische und medizinische Geschichte viele Beispiele des Mißbrauchs psychiatrischer Diagnostik, andererseits gibt es ‘harte Fälle’, in denen eine Diagnosestellung gegen den Willen und die Einwilligung des Patienten erforderlich sein können. ISBN 3-927855-76-6 19