EUR 7,– I S S N 19 97-79 6 4 Jahrgang 6 | 2012 Medizinisches Fachjournal Infektiologie P.b.b. Verlagspostamt 1150 Wien GZ 09Z038186 M ICAAC Was gibt es Neues im Bereich der antiretroviralen Therapie? Seite 6 Wundmanagement Lokaltherapie von Wundinfektionen © iStockphoto.com Seite 30 Österreichische Gesellschaft für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin ID 3761; 10/2012 Fachkurzinformation sowie weitere Informationen siehe Seite 15 + 34 2012/4 jatros ZINFORO reicht weiter ID 3736; 10 / 2012 Fachinformation siehe Seite 34 ™ 2 Effektive Monotherapie zum empirischen Einsatz bei komplizierten Haut- und Weichgewebeinfektionen • Bakterizid wirksam gegen gram und gram Erreger1 • Effektiv gegen MRSA*,1 • Schnelle Verbesserung der klinischen Symptomatik2 • Bewährte Verträglichkeit eines Cephalosporins1 Innovatives Cephalosporin zur Monotherapie von ambulant erworbener Pneumonie • Wirksam gegen gram Erreger inkl. Streptococcus pneumoniae sowie gram Erreger1 Zugelassen für komplizierte Haut- und Weichgewebeinfektion und ambulant erworbene Pneumonie * Methicillin Resistenter Staphylococcus Aureus 1 Fachinformation Zinforo™ 2 Friedland H. et al. CANVAS 1 and 2, Antimicrob. Agents Chemother. 2012, 56(5): 2231 infektiologie Editorial Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt wieder ein neues Antibiotikum, und als Humanist weiß man, dass die Ausnahme die Regel bestätigt: Ceftarolin, der erste Vertreter der Cephalosporine der fünften Generation ist das erste Betalaktamantibiotikum, das auch gegen Methicillin-resistente Staphylokokken wirkt. Als Zinforo ® im Handel, ist es für die Therapie der Pneumokokkenpneumonie sowie schwerer Haut- und Weichteilinfektionen, inklusive MRSA-Infektionen, zugelassen. Detailliertere Informationen sind dem Artikel in diesem Heft zu entnehmen. Da Ceftarolin ein Betalaktamantibiotikum ist, sollte es in Analogie zu anderen Betalaktamen im Wesentlichen – auch in höherer Dosierung – gut verträglich sein. Die „richtige“ Dosierung ist derzeit auch der am meisten diskutierte Punkt, da dem Patienten gemäß Fachinformation zweimal täglich 600mg Zinforo® verabreicht werden sollen. Bei allen anderen Cephalosporinen bewegt sich die Einzeldosis im Grammbereich. und österreichweit die Kompetenz in diesem Forschungsbereich neben der stark vertretenen klinischen Infektiologie auch in der translationalen Forschung gestärkt. Am 18. 11. 2012 fand der obligate Europäische Antibiotikatag statt. Zu diesem Anlass gab es im BM für Gesundheit eine Veranstaltung, die sich dem Thema der „Antibiotic Stewardship“ widmete. Außerdem wurde der neue österreichische Resistenzbericht „AURES 2011“ präsentiert, der sowohl auf der Homepage des BMG als auch auf jener des nationalen Referenzzentrums (www.referenzzentrum.at) zum Download bereitstehen wird. Wir bringen in diesem Heft aktuelle Highlights des neuen AURES-Berichts. Interessante Entwicklungen gibt es auch auf dem Sektor des modernen Wundmanagements, weshalb als Auftakt einer losen Berichterstattung zu diesem Themenkreis die Zusammenfassung einer entsprechenden Fortbildung im Rahmen des Giftigen Dienstags dienen soll. Bemerkungen zur aktuellen Diskussion über den sinnhaften oder nicht gerechtfertigten Einsatz von Neuraminidasehemmern bei Influenza sind einem weiteren Artikel in diesem Heft zu entnehmen. Oseltamivir im Nachtkasterl ist zweifelsohne abzulehnen, und das enge therapeutische Fenster ist zu berücksichtigen. Mit der Berufung von Univ.-Prof. Dr. Silvia Knapp auf den Lehrstuhl für Infektionsbiologie an der Medizinischen Universität Wien wurde der zunehmenden Bedeutung der Infektiologie in der Medizin Rechnung getragen 4/12 Ausgabe Bei der Jahrestagung der Paul-Ehrlich-Gesellschaft in Dresden gab es heuer auch zwei österreichische Preisträger: Dr. Heimo Lagler und Dr. Matthias Vossen. Univ.Prof. Dr. Günter Weiss wurde als Vertreter Österreichs im Beirat der PEG wiederbestätigt, ich wurde zum Stellvertreter der Sektion Antimikrobielle Chemotherapie sowie zum Leiter der AG Endokarditis gewählt. Prof. Weiss ist seit Kurzem auch Section Editor der Zeitschrift „Infection“ und freut sich naturgemäß über zahlreiche Manuskripte, die zur Publikation eingereicht werden. „Infection“ hat zurzeit einen Impact Factor von 2.659. Ich hoffe, dass die letzte Ausgabe von JATROS Infektiologie in diesem Jahr Ihr Interesse weckt und das eine oder andere Neue für Sie bereithält. Ich freue mich darauf, Sie bei einer unserer zahlreichen Aktivitäten im Namen der ÖGIT begrüßen zu dürfen, und verbleibe mit kollegialen Grüßen Ihr Univ.-Prof. Dr. Florian Thalhammer Vizepräsident der ÖGIT Seite 3 I jatros Cover-Story Seite 30 I. Holub, Wien HIV/Aids ICAAC 2012 Was gibt es Neues im Bereich der antiretroviralen Therapie? Hygiene-Monitor Meningitis-Prophylaxe18 6 Bereichskleidung20 Virushepatitis Österreich belegt Rang 15 auf internationalem Hepatitis-Index Österreichische Gesellschaft für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin 10 Impfmedizin: Impfnebenwirkungen: tatsächliche und geglaubte 22 I. Mutz, St. Marein i. M. Gastrointestinale Infektionen Clostridium difficile: Neues Antibiotikum zeigt positive Effekte auf Rezidiv- und Heilungsrate Viruserkrankungen: Influenza und grippaler Infekt Österreichischer Resistenzbericht: AURES 2011: die neuesten Trends C. Wenisch, Wien ÖGIM 2012 Virale Gastroenteritiden: Norovirusinfektion 13 Urologie: Konsensus „Akuter Harnwegsinfekt“ 28 Wundmanagement: Lokaltherapie von Wundinfektionen 30 14 Nebenwirkungen von Antiinfektiva: Dermatologische Toxizität: Definitionen & Diagnosen 32 F. Thalhammer, Wien ÖGIM 2012: Infektiöse Blutsauger 27 P. Apfalter, Linz Ambulante Infektionen ÖGIM 2012: Intravenöse Antibiotikatherapie nicht nur im Krankenhaus 24 12 21 S. Wöhrl, Wien © iStockphoto.com R. Krause, Graz Impressum Wissenschaftliche Beiräte Herausgeber: Universimed Cross Media Content GmbH, Markgraf-Rüdiger-Straße 8, 1150 Wien. Geschäftsführung: Dr. Bartosz Chłap MBA. Tel.: 01/876 79 56. Fax: DW 20. Chef­redaktion: Mag. Thomas Schindl. E-Mail: thomas.schindl@ universimed.com. Externer Redakteur: Dr. Norbert Hasenöhrl. Projektleitung: René Milich. Grafik: Daniel Dobernig. Lektorat: Mag. Andrea Crevato, DI Gerlinde Hinterhölzl, Mag. Sabine Wawerda. Druck: AV + Astoria Druckzentrum GmbH, 1032 Wien. Gerichtsstand: Wien. Univ.-Doz. Dr. P. Apfalter, Linz; Prim. Dr. C. Aspöck, St. Pölten; Univ.-Prof. Dr. H. Burgmann, Wien; Univ.-Prof. DDr. A. Georgo­poulos, Wien; Univ.-Prof. DDr. W. Graninger, Wien; OA Dr. O. Janata, Wien; Univ.-Prof. Dr. C. Lass-Flörl, Innsbruck; OA Dr. A. Lechner, Salzburg; Univ.-Prof. Dr. A. Lischka, Wien; Ao. Univ.-Prof. DDr. E. Marth, Graz; Univ.-Prof. Dr. I. Mutz, St. Marein i. M.; Univ.-Prof. Dr. M. Peck-Radosavljevic, Wien; Univ.-Prof. Dr. E. Presterl, Wien; Ass.-Prof. Dr. A. Rieger, Wien; Univ.-Prof. Dr. T. Staudinger, Wien; Ao. Univ.-Prof. Dr. F. Thalhammer, Wien; Prim. Dr. N. Vetter, Wien; Ao. Univ.-Prof. Dr. G. Weiss, Innsbruck; Prim. Univ.-Doz. Dr. C. Wenisch, Wien; Univ.-Prof. Dr. W. H. Wernsdorfer, Wien; Univ.-Prof. Dr. B. Willinger, Wien. Bezugsbedingungen Abonnement: Bestellung bei Universimed oder unter www.universimed.com. Jahresabo (4 Ausgaben): EUR 22,–; Einzelpreis 7,– EUR inkl. Versand innerhalb von Österreich; im Ausland zzgl. Versandspesen. ISSN 1561-5243. Das Medium JATROS Infektiologie ist für den persönlichen Nutzen des Lesers konzipiert und beinhaltet Informationen aus den Bereichen Expertenmeinung, wissenschaftliche Studien und Kongresse sowie News. Namentlich gekennzeichnete Artikel und sonstige Beiträge sind die persönliche und/oder wissenschaftliche Meinung des Verfassers und müssen daher nicht mit der Meinung der Redaktion und des Herausgebers übereinstimmen. Diese Beiträge fallen somit in den persönlichen Verantwortungsbereich des Verfassers. Mit der Übergabe von Manuskripten und Bildern gehen sämtliche Nutzungsrechte in Print und Internet an Universimed über. Für unverlangt eingereichte Manuskripte und Bilder übernimmt Universimed keine Haftung. Hinweise: Für die Preisangaben sowie An­gaben zu Diagnose und Therapie, ins­be­sondere Dosierungsanweisungen und Ap­plika­tionsformen, kann seitens der Redak­tion keine Garantie/Haftung übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen (z.B. Austria-Codex) auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Geschützte Warenzeichen werden nicht in jedem Fall kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann nicht geschlossen werden, dass es sich um ein nicht ge­schütztes Produkt handelt. Mit der Einsendung eines Manuskriptes erklärt sich der Urheber/Einsender damit einverstanden, dass der entsprechende Bei­trag ganz oder teilweise in allen Publikationsorganen von Univer­simed publiziert werden kann. Copyright: Alle Rechte liegen bei Universimed. Nachdruck oder Verviel­fältigung – auch auszugsweise – nur mit schriftlicher Ge­nehmigung. Die wiedergegebene Meinung deckt sich nicht in jedem Fall mit der Meinung des Herausgebers, sondern dient der Infor­ma­tion des Lesers. 4/12 Ausgabe Seite 5 I jatros infektiologie kongress ICAAC Was gibt es Neues im Bereich der antiretroviralen Therapie? Aktuelle Leitlinien für die HIV-Therapie empfehlen Behandlungsregime auf Basis von nicht nukleosidischen Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NNRTI), Proteaseinhibitoren (PI) mit Booster oder Integrase-Strangtransfer-Inhibitoren (INSTI).* Joel E. Gallant, MD, MPH, von der Johns Hopkins University School of Medicine in Baltimore, USA, stellte neuere Daten aus klinischen Vergleichsstudien zu initialen antiretroviralen Behandlungsregimen vor und diskutierte Faktoren, die zu Beginn einer antiretroviralen Therapie (ART) zu berücksichtigen sind. Die Studien ECHO und THRIVE waren ähnlich aufgebaut und verglichen bei nicht antiretroviral vorbehandelten HIV-1-infizierten Erwachsenen die NNRTI Rilpivirin (RPV) und Efavirenz (EFV). In einer gepoolten Analyse der Daten dieser Studien war die Virussuppression unter RPV (25mg einmal täglich [QD]) und EFV (600mg QD) in Woche 96 vergleichbar (in beiden Behandlungsarmen 78%). Unter RPV kam es häufiger zu virologischem Versagen, aber seltener zu Behandlungsabbrüchen aufgrund von unerwünschten Ereignissen als unter EFV (Cohen CJ et al, IAS 2011, Poster TULBPE032). Der INSTI Raltegravir (RAL) wurde bei nicht vorbehandelten Patienten mit EFV verglichen. Die 5-jährige Phase3-Studie STARTMRK zeigte die Nichtunterlegenheit von RAL in Woche 48 und 96. Darüber hinaus wurde über einen Beobachtungszeitraum von vier und fünf Jahren Überlegenheit gegenüber EFV nachgewiesen (71,0% vs. 61,3% in Woche 240 bei Patienten mit einer Viruslast <50 Kopien/ml; Differenz: 9,7; 95% CI: 1,7–17,3; p<0,001), die im Wesentlichen auf einer höheren Rate von Behandlungsabbrüchen aufgrund von Nebenwirkungen im EFVArm beruhte (Rockstroh J et al, IAC 2012, Abstract LBPE19). RAL erzielt jatros I Seite 6 eine schnellere Virussuppression, wobei die klinische Relevanz dieser Beobachtung unklar ist. Wie auch bei den NNRTI sind Resistenzen nach einem Therapieversagen von RAL wahrscheinlicher als nach PI-basierten Behandlungsregimen mit Ritonavir als Booster (PI/r). Unter der Bezeichnung Quad wurde eine Koformulierung des INSTI Elvitegravir (EVG) mit dem Arzneimittelverstärker Cobicistat (COBI), Emtricitabin (FTC) und Tenofovir DF (TDF) in einer einzelnen, einmal täglich einzunehmenden Tablette entwickelt. In einer gepoolten Analyse von zwei Phase-3- und einer Phase-2-Studie (alles randomisierte, kontrollierte Studien) erzielte Quad im Vergleich zu EFV/ FTC/TDF und Atazanavir/Ritonavir (ATV/r) plus FTC/TDF hohe Raten an Virussuppression und zeigte ein etwas besseres Profil an unerwünschten Ereignissen. Da COBI die Kreatinin-Sekretion in den Nierentubuli hemmt, wurde unter Therapie mit Quad früh ein geringfügiger Anstieg der Kreatinin-Konzentrationen beobachtet, der sich jedoch bis Woche 48 stabilisierte (Ward D et al, ICAAC 2012, Abstract H-555). Im Hinblick auf Resistenzen kann ein Therapieversagen von Quad Integrase-Mutationen nach sich ziehen, während ein Therapieversagen von EFV/FTC/TDF NNRTI-Mutationen zur Folge haben kann (Sax P et al, Lancet 2012); nach einem Therapieversagen von ATV/r plus FTC/TDF wurden keine Mutationen beobachtet (DeJesus E et al, Lancet 2012). Zu den PI merkte Dr. Gallant an, dass die 800mg-Tablette von Darunavir bald auf den Markt kommen werde, ebenso wie die Koformulierungen DRV/COBI und ATV/COBI. Darüber hinaus wird für die Zukunft eine PIFormulierung (DRV/COBI/GS7340/ COBI) in Form einer einzelnen Tablette erwartet. Bei den nukleosidischen Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NRTI) gab es einige Änderungen in Bezug auf die Empfehlungen zu Abacavir (ABC). Die Kombination aus ABC und Lamivudin (3TC) wird jetzt in den IAS-USA-Leitlinien als NRTI-Backbone für HLA-B*5701-negativ getestete Patienten mit einer Ausgangs-Viruslast <100.000 Kopien/ml empfohlen. In den Leitlinien des United States Department of Health and Human Services wird diese Kombination weiterhin als alternatives Backbone genannt. Die Studie A5202 der AIDS Clinical Trials Group (ACTG) ergab bei ABC/3TC eine ausgeprägtere Wirksamkeitsdifferenz auf Grundlage der CD4-Zellzahl und Vi4/12 Ausgabe infektiologie kongress Regime ruslast vor Behandlungsbeginn als bei FTC/TDF (Grant P et al, CROI 2011, Abstract 535). Zusätzlich zu diesen Bedenken gab es widersprüchliche Berichte bezüglich des Myokardrisikos unter ABC. Dr. Gallant merkte an, dass TDF nicht ohne Risiken sei, wobei insbesondere Nierenerkrankungen (Scherzer R et al, AIDS 2012) und eine stärkere Verringerung der Knochendichte als unter anderen Substanzen zu erwähnen sind, was möglicherweise mit einem erhöhten Frakturrisiko verbunden sein könnte (Bedimo R et al, AIDS 2012). Er schloss seinen Vortrag mit einer Übersicht über Einzeltablettenregime (Tab. 1). Obwohl mehr als 25 antiretrovirale Wirkstoffe zur Verfügung stehen, ist die Anzahl der empfohlenen Wirkstoffkombinationen bei der antiretroviralen First-Line-Therapie und bei der Umstellung auf eine Erhaltungstherapie weiterhin begrenzt. Wie Prof. Patrick G. Yeni, MD, von der medizinischen Fakultät am Hôpital Bichat in Paris sagte, werden weitere Arzneimittel und Strategien benötigt, um auf die sehr unterschiedlichen Beschränkungen in individuellen Situationen reagieren zu können. Er wünscht sich eine Alternative zur herkömmlichen Dreierkombination, die das 2-NRTI-Backbone ersetzt, insbesondere bei Patienten mit einem PI-basierten Behandlungsregime mit Booster. Beispiele für mögliche NRTI-sparende PI/r-haltige Behandlungsregime sind PI/r plus NNRTI, PI/r plus CCR5-Inhibitor, PI/r plus INSTI oder eine PI/r-Monotherapie (oder duale Therapie). Die Ergebnisse einer vor Kurzem abgeschlossenen Metaanalyse weisen darauf hin, dass der Wechsel von einer kombinierten ART auf eine PI/r-Monotherapie bei HIV-infizierten 4/12 Ausgabe Vorteile Nachteile TDF/FTC/EFV (Atripla®) • PK verzeiht ausgelassene Dosen • Langzeitwirksamkeit für alle Strata der Viruslast und CD4Zellzahlen gut nachgewiesen • ZNS-Nebenwirkungen • Teratogenität • Resistenzrisiko bei Therapieversagen • Hautausschlag • Einfluss auf Lipide • (kurz- und langfristig) TDF/FTC/RPV (Complera/ Eplivera®) • Nicht unterlegen gegenüber TDF/FTC/EFV • Besser verträglich als TDF/FTC/EFV •W eniger wirksam als EFV bei hohen Viruslasten •V erzeiht Non-Adhärenz weniger gut •M ehr Resistenzen bei Therapieversagen, einschließlich ETR-Kreuzresistenz • Muss zu Mahlzeit eingenommen werden • Keine PPI, Vorsicht bei H2Antagonisten TDF/FTC/EVG/COBI (Stribild®) •N icht unterlegen gegenüber TDF/ FTC/EFV •B esser verträglich als TDF/FTC/ EFV • Arzneimittelwechselwirkungen von COBI • Einfluss von COBI auf eGFR • Muss zu Mahlzeit eingenommen werden ABC/3TC/DTG (wird in Kürze eingeführt) • Einziges Einzeltablettenregime ohne TDF • Überlegen gegenüber TDF/FTC/ EFV wegen besserer Verträglichkeit • Möglicher Zusammenhang zwischen ABC und MI-Risiko • Vorheriges Screening auf HLA B*5701 notwendig 3TC = Lamivudin; ABC = Abacavir; COBI = Cobicistat; DTG = Dolutegravir; EFV = Efavirenz; eGFR = geschätzte glomeruläre Filtrationsrate; ETR = Etravirin; EVG = Elvitegravir; FTC = Emtricitabin; PK = Pharmakokinetik; PPI = Protonenpumpenhemmer; RPV = Rilpivirin; TDF = Tenofovir; ZNS = Zentralnervensystem Tab. 1: Einzeltablettenregime Klasse Wirkstoff Phase NRTI • BMS-986001 (Festinavir) • CMX-157 (Prodrug von TFV) • GS-7340 (Prodrug von TFV) • Phase 2 • Phase 1 • Phase 2 NNRTI • Lersivirin (UK-453061) • MK-1439 • Phase 2 • Phase 2 PI • CTP-518 (Deuterium-modifiziertes ATV) • TMC-310911 • Phase 1 • Phase 2 INSTI • GSK-1265744 • Phase 1 CCR5-Inhibitor • Cenicriviroc (TBR-652)* • Phase 2 Entry-Inhibitoren • BMS-663068 (Prodrug eines Attachment-Inhibitors) • Ibalizumab (monoklonaler CD4-Antikörper) • Phase 2 • Phase 2 * Hemmt auch CCR2; CCR = humaner Chemokin-Rezeptor; INSTI = Integrase-Inhibitor; NNRTI = nicht nukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren; NRTI = nukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren; PI = Proteaseinhibitoren Tab. 2: Ausgewählte antiretrovirale Wirkstoffe, die sich derzeit in Phase 1 oder 2 der Entwicklung befinden Patienten mit guter Virussuppression mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit für den Erhalt der Virussuppression verbunden ist (Mathis S et al, PLoS One 2011). Allerdings sind die Konsequenzen eines Therapieversagens in dieser Situation möglicherweise nicht so gravierend, da Daten vorliegen, die darauf hinweisen, dass das Virus in diesem Fall voll empfindlich für PI bleibt und dass die Viruslast nach Hinzufügen der zu Beginn verabreichten, ursprünglichen NRTI wieder unter die Nachweisgrenze abfällt. Seite 7 I jatros infektiologie Prof. Yeni sprach über drei antiretrovirale Arzneimittel, die sich derzeit in Phase 3 der klinischen Entwicklung befinden: EVG, Dolutegravir (DTG) und COBI. In einer Studie waren die Wirksamkeit und Sicherheit von EVG und RAL bei Patienten mit Versagen einer vorherigen antiretroviralen Therapie vergleichbar. Die Autoren kamen zu dem Schluss, dass sich durch EVG möglicherweise eine bessere Adhärenz erzielen lässt, da es einmal täglich verabreicht werden kann, nicht zweimal täglich wie RAL (Molina JM et al, Lancet Infect Dis 2012). Die SPRING-2-Studie (NCT01227824), eine randomisierte Nichtunterlegenheitsstudie der Phase 3 bei nicht vorbehandelten Patienten, wies die Nichtunterlegenheit von einmal täglich DTG gegenüber zweimal täglich RAL bei kombinierter Verabreichung mit zwei NRTI über 48 Wochen nach. Die Sicherheitsprofile der beiden Regime waren vergleichbar. Die adjustierte Differenz für DTG (88%) versus RAL kongress (85%) betrug 2,5% (95% CI: -2,2– 7,1). Im DTG-Arm wurden zum Zeitpunkt des virologischen Versagens keine Integrase- oder NRTI-Mutationen nachgewiesen (Raffi F et al, IAC 2012, Abstract THLBB04). In der Phase-3-Studie SINGLE (NCT01263015) war die Kombination aus DTG und ABC/3TC der Fixdosiskombination TDF/FTC/EFV nach 48 Wochen überlegen und im DTG-Arm waren weniger Behandlungsabbrüche zu verzeichnen (Walmsley S et al, ICAAC 2012, Abstract H-556b). COBI hat keine antiretrovirale Aktivität, ist jedoch in vitro ein starker und spezifischer CYP3A-Inhibitor und Hemmer des tubulären KreatininTransporters MATE1. Eine 48-wöchige, randomisierte Phase-3-Studie zeigte die Nichtunterlegenheit von FTC/TDF plus ATV/COBI gegenüber FTC/TDF plus ATV/r bei nicht mit einer ART vorbehandelten Patienten (Gallant JE et al, IAC 2012, Abstract TUAB0103). Im COBI-Arm wurden mehr Fälle mit Hyperbilirubinämie vom Grad 3–4 (65% vs. 57%; p=0,023) und eine stärkere Abnahme der geschätzten glomerulären Filtrationsrate beobachtet (-13 vs. -9 ml/min; p=0,001) als im ATV/r-Arm, allerdings gab es im COBI-Behandlungsarm nach 48 Wochen keine PI-Resistenzen. Prof. Yeni schloss seinen Vortrag mit der Anmerkung, dass sich derzeit mehrere ART in der Phase 1 oder 2 befinden (Tab. 2) und dass „sich die Situation bei der Übertragung der individualisierten antiretroviralen Therapie auf die Klinik zwar bereits bessert, aber dennoch weiter neue Arzneimittel und Strategien untersucht werden müssen“. n * http://aidsinfo.nih.gov/Guidelines/HTML/1/adult-andadolescent-treatment-guidelines/0; Thompson MA et al, JAMA 2012 Autor: Phil Vinall Quelle: 52nd ICAAC, 9.-12. September 2012, San Francisco Neu aufgelegt: „Der schlanke Thalhammer“ Das schlanke Büchlein mit dem gewichtigen Inhalt ist in seiner sechsten, aktualisierten Auflage am 4. Dezember 2012 erschienen und kann über den Buchhandel bezogen werden. Florian Thalhammer: Antibiotika & Antiinfektiva Rasch nachschlagen – Richtig therapieren 6., überarbeitete Auflage Styria 2012 88 Seiten EUR 19,90 ISBN-13: 978-3-9502982-7-7 jatros I Seite 8 4/12 Ausgabe 1. Panel on Antiretroviral Guidelines for Adults and Adolescents. Guidelines for the use of antiretroviral agents in HIV-1-infected adults and adolescents. Department of Health and Human Services. 1–239. Available at http://www.aidsinfo.nih.gov/ContentFiles/AdultandAdolescentGL.pdf. Section accessed [31.08.12] [p103] HIV/AT/12-11/MI/1873 Datum der Erstellung: September 2012 infektiologie news Österreich belegt Rang 15 auf internationalem Hepatitis-Index Bei einem Vergleich der Maßnahmen zur Früherkennung, Prävention und Behandlung von Hepatitis liegt Österreich unter 27 EU-Mitgliedstaaten sowie der Schweiz, Norwegen und Kroatien lediglich im Mittelfeld. Der „Euro Hepatitis Care Index“, vorgestellt am 6. November in Brüssel, zeigt vor allem mangelnde Routineuntersuchungen in der Bevölkerung und in Risikogruppen auf. Eine große Zahl von Infektionen wird erst spät erkannt, Folgeschäden und eine unbewusste Weitergabe des Virus werden nur unzureichend verhindert. D em „Euro Hepatitis Care Index“ zufolge gibt es in Österreich vor allem Defizite in den Bereichen Bewusstseinsbildung, Prävention, Früherkennung und Behandlung von Hepatitis im Frühstadium. Den ersten Rang belegt Frankreich, gefolgt von Slowenien und Deutschland. „Diesen Spitzenrang verdankt Frankreich zum Teil seiner strategischen nationalen Koordinierung bei der Hepatitisabwehr“, so Angelika Widhalm, Vorsitzende der Patientenorganisation Hepatitis Hilfe Österreich (HHÖ), durch deren Dachverband – die European Liver Patients Association (ELPA) – der „Euro Hepatitis Care Index“ in Auftrag gegeben und finanziert worden ist. „Frankreich hat als einziges Land in Europa einen nationalen Hepatitis-Plan, der alle Aspekte der Vorsorge, Behandlung und Kontrolle umfasst“, fährt Widhalm fort. „Die zentrale Koordination hilft dabei, das volle Potenzial von andernfalls isolierten Maßnahmen durch Ärzte, Patientenorganisationen und andere Beteiligte in Frankreich auszuschöpfen.“Mit Blick auf Österreich gibt sich Widhalm realistisch, aber auch unnachgiebig: „Der 15. Platz auf dem ‚Euro Hepatitis Care Index‘ für Österreich zeigt, dass die Grundlagen für die Hepatitis-Vorsorge vorhanden sind, aber noch viel Arbeit nötig ist“, kommentiert Widhalm die Situation. „Was wir neben einer strategischen Koordinierung brauchen, ist vor allem mehr politische Unterstützung. Wir haben eine gute Versorgung, was die Hepatitisambulanzen angeht. Wer diagnostiziert wird, bekommt eine Behandlung, wenn er sie will – der Arzt schlägt den richtigen Zeitpunkt der Behandlung vor. Aber die meisten Hepatitispatienten kommen dort erst viel zu spät hin, weil es keine effektive Früherkennung gibt. Zudem wird Diskriminierungen, die in der Arbeitswelt und der Gesellschaft auftreten –Kündigungen, Ausgrenzungen u.v.m. –, nicht ausreichend entgegengewirkt.“ jatros I Seite 10 Bestehende Maßnahmen in Österreich Kinder werden routinemäßig gegen Hepatitis B geimpft, dennoch bleibt die Impfquote in dieser Gruppe unter 90% und nur ein geringer Teil der bekannten Risikogruppen, wie Gesundheitspersonal, Drogenkonsumenten und Menschen, die mit Hepatitispatienten zusammenleben, werden ebenfalls routinemäßig geimpft. Impfstoffe werden bis zum 15. Lebensjahr kostenfrei, später nicht mehr kostenfrei angeboten (außer für Personen, mit Hepatitis-B-Patienten die im selben Haushalt leben). Für jedes Neugeborene wird eine Hepatitis-B-Impfung kostenlos empfohlen, sie ist Bestandteil des österreichischen Impfplans. Gegen die Hepatitis C gibt es bislang allerdings keine Impfung. Die Kosten für die Therapie von Hepatitis B und C werden vom österreichischen Gesundheitssystem getragen. Die Wartezeit für einen Termin bei einem Facharzt beträgt im Schnitt nicht länger als vier Wochen. Bei der Früherkennung schneidet Österreich trotz öffentlicher Finanzierung schwach ab: Anonyme Tests und Beratung sind nicht ohne Weiteres verfügbar und es gibt kaum systematische routinemäßige Screeningprogramme, auch nicht für Angehörige von Risikogruppen. „Da die Hepatitisdiagnostik in Österreich kein Bestandteil der Routinediagnostik bzw. der Gesundenuntersuchung ist, haben wir das Problem einer geringen Detektionsrate. Zu häufig werden erhöhte Leberwerte auf Alkohol oder Überernährung zurückgeführt und es wird keine weitere Diagnostik vorgenommen“, kommentiert Univ.-Prof. Dr. Petra Munda von der Wiener Univ.-Klinik für Innere Medizin III den Bericht. „Nur eine Minderheit der mit einem Hepatitisvirus infizierten Patienten weiß daher von ihrer Infektion und kann Beratung und Behandlung suchen. Unerkannt kann Hepatitis B und C zu schweren Schäden an der Leber bis hin zu Leberzirrhose und Krebs führen und an Mitmenschen weitergegeben werden. Das macht Hepatitis bei einem Teil der Patienten zu einer potenziell lebensgefährlichen Krankheit. Wir müssen die öffentliche Aufmerksamkeit für Hepatitis erhöhen und den Zugang zu Tests und Behandlung verbessern, vor allem für die Risikogruppen. Es gilt aber auch die Allgemeinbevölkerung zu erreichen. Bessere Statistiken helfen dabei, Risikogruppen besser einzuschätzen und gezielt Screeningstrategien einzusetzen“, so Munda. Forderungen der HHÖ Zudem sieht die Patientenorganisation die Politik gefordert, Maßnahmen gegen Diskriminierungen von Erkrankten umzusetzen. Die Angst vor der Diagnose müsse durch funktionierende Aufklärungsarbeit auf breiter Basis reduziert werden, um zu verhindern, dass aufgrund von Unwissenheit und Mythen Unwahrheiten und Halbwahrheiten entstehen. Grundvoraussetzung dafür seien gesellschaftspolitische, gesundheitspolitische, sozialrechtliche und arbeitsrechtliche Maßnahmen zur Absicherung von Betroffenen und Risikogruppen. „Jede und jeder sollte sich testen lassen – denn jeder und jede kann von Hepatitis betroffen sein. Rechtzeitige Behandlung verlängert Leben!“, so der abschließende Appell von Widhalm. n Kontakt für Patienten: Hepatitis Hilfe Österreich – Plattform Gesunde Leber (HHÖ) Vertretung der European Liver Patients Association (ELPA) in Österreich Vorsitzende: Angelika Widhalm und Silvia Wogowitsch Postanschrift: Anton-Burg-Gasse 1/44, 1040 Wien Beratungszentrum/Büro: 1040 Wien, Klagbaumgasse 3/G1, Tel.: 01/581 03 28 oder 0676/520 41 24, E-Mail: [email protected], Website: www.gesundeleber.at 4/12 Ausgabe infektiologie news Pharma News „Kleiner Nobelpreis der Pharmazie“ Prix Galien USA 2012 für Boceprevir (VICTRELIS®) VICTRELIS®-(Boceprevir)-200mg-Kapseln, ein orales Therapeutikum zur Behandlung einer chronischen Hepatitis-C-Infektion vom Genotyp 1, wurde vor Kurzem mit dem renommierten Prix Galien USA für das beste Arzneimittel ausgezeichnet. Weltweit wurde der Prix Galien seit seinem Bestehen bereits mehr als 30-mal an Merck & Co (in Österreich Merck Sharp & Dohme, MSD) verliehen, was den Konzern zu einem der meistausgezeichneten Forschungsunternehmen macht. VICTRELIS® 1 Mit dem Prix Galien USA werden technische, wissenschaftliche und klinische Forschungserfolge und Errungenschaften prämiert, die für die Entwicklung innovativer Arzneimittel und Medizinprodukte benötigt werden. „Hinter Merck & Co stehen eineinhalb Jahrhunderte Innovation und Einsatz für Fortschritte, die das Leben von Millionen von Menschen verändert haben. Nun ist wieder eines unserer innovativen Produkte Gewinner des Prix Galien USA, wir sind stolz und freuen uns sehr“, erklärte Mag. Gabriele Grom, Geschäftsführerin MSD Österreich. „Dieser Preis ist eine Anerkennung der wertvollen Leistungen aller VICTRELIS® (Boceprevir) – Ihr Partner bei der Bekämpfung von chronischer Hepatitis C (HCV) vom Genotyp 1 (G1) ANWENDUNGSGEBIETE VICTRELIS® (Boceprevir, MSD) ist indiziert zur Behandlung der chronischen Hepatitis C (CHC)-Infektion vom Genotyp 1 in Kombination mit Peginterferon alfa und Ribavirin bei erwachsenen Patienten mit kompensierter Lebererkrankung, die nicht vorbehandelt sind oder die nicht auf eine vorangegangene Therapie angesprochen bzw. einen Rückfall erlitten haben. 2 Vor Verschreibung beachten Sie bitte die vollständige Fachinformation. Merck Sharp & Dohme Ges.m.b.H., EURO PLAZA Gebäude G, 5. Stock, Am Euro Platz 2, A-1120 Wien ® Registered Trademark © Copyright 2010 Merck Sharp & Dohme Corp., a subsidiary of Merck & Co., Inc., Whitehouse Station, NJ, USA. All rights reserved. 1 2 Ein Gewinner in der Sparte „best pharmaceutical agent“. http://www.prix-galien-usa.com Fachinformation VICTRELIS®, Stand: Juli 2012 Erstellt: November 2012, 11-13-INFC-1063404-0000 Fachkurzinformation siehe Seite Mitarbeiter von Merck, die dazu beigetragen haben, VICTRELIS® auf den Markt zu bringen.“ Der Prix Galien ist ein international anerkannter Ehrenpreis, welcher 1969 in Frankreich durch den französischen Pharmazeuten Roland Mehl in die Welt gerufen wurde, und gilt heute als die höchste Auszeichnung für pharmazeutische Forschung und Entwicklung. n Für weitere Informationen: Merck Sharp & Dohme, MSD Euro Plaza, Gebäude G, 5. Stock Am Europlatz 2, 1120 Wien Tel.: +43/(0)1/26044-0 www.msd.at Promotion GEWINNER PRIX GALIEN 2012 infektiologie interview Interview Clostridium-difficile-Infektion (CDI) Neues Antibiotikum zeigt positive Effekte auf Rezidiv- & Heilungsrate Welche PatientenpopulatioDie CDI ist eine mit Schmerzen nen sind besonders gefährund Durchfall einhergehende Andet, eine CDI zu entwickeln? tibiotika-assoziierte Erkrankung, die durch ein hohes Rezidivrisiko C. Wenisch: Die Erkrankung tritt gekennzeichnet ist. Zu den Risiinfolge einer Immunschwäche kofaktoren für das Auftreten einer auf. Demnach sind immunsupCDI zählen einerseits der Einsatz primierte Personen besonders von Breitbandantibiotika und/oder gefährdet. Weitere Risikofaktoren eine Langzeittherapie mit AntibioC. Wenisch, Wien stellen höheres Alter und lang tika, andererseits fortgeschrittenes Alter (≥65 Jahre), Immunschwäche, Nierenfunk- dauernde Antibiotikatherapien dar, wobei ertionsstörungen, schwerwiegende Grunderkran- wähnt werden muss, dass jede Antibiotikatherakungen und längere Krankenhausaufenthalte. pie das Risiko für eine CDI-Infektion in sich birgt. Ein neues Therapeutikum zeigt großen Erfolg im Hinblick auf Heilungsraten und Rezidivfreiheit. Existieren prophylaktische Maßnahmen, Wir sprachen mit Prim. Univ.-Doz. Dr. Christoph mit denen einer CDI entgegengewirkt Wenisch, Wien, über Risikofaktoren und Thera- werden kann? pie einer CDI. C. Wenisch: Leider gibt es keine Möglichkeit, eine CDI-Infektion im Vorfeld zu verhindern. In Herr Dozent Wenisch, wie beurteilen Einzelfällen kann eine primärprophylaktische Sie die Epidemiologie der ClostridiumTherapie mit Probiotika in Erwägung gezogen difficile-Infektionen – insbesondere im werden, jedoch kann diese aufgrund des VorlieHinblick auf das Rezidivrisiko und die gens von Komorbiditäten meist nicht zur Anwendamit verbundene Hospitalisierungsdung kommen. rate? C. Wenisch: Die Inzidenz an CDI-Infektionen hat zugenommen, bewegt sich aber nun auf einem stabilen Niveau. Die Rehospitalisierungsrate hängt von der Rezidivrate ab, die bei dieser Erkrankung mit 15–25% als hoch einzustufen ist. Dabei muss eine erneute exogene Infektion von einer endogenen Reaktivierung unterschieden werden, wobei Letztere bei diesem multimorbiden Patientenkollektiv zu einem Gutteil der Hospitalisierungen beiträgt. Was bedeutet das Auftreten einer rezidivierenden CDI konkret für den betroffenen Patienten? C. Wenisch: Für den Patienten stellt das Auftreten einer CDI ein schwerwiegendes Problem dar, umso mehr, wenn die Diagnose zum zweiten Mal gestellt wird. Der Patient wird spätestens bei der Entlassung über die Möglichkeit einer Neuerkrankung aufgeklärt. KeyPoints • Aufklärung des Patienten über das Rezidivrisiko ist wesentlich. • Fidaxomicin führt zur Erhöhung von Heilungsrate und Rezidivfreiheit. • Das neue Antibiotikum ist auch bei alten Patienten (>75 Jahre) hoch effektiv. jatros I Seite 12 Welche Behandlungsoptionen bei rezidivierenden CDI gab es bislang? C. Wenisch: Bisher wurden in der Therapie einer CDI die klassischen Präparate wie Vancomycin, Teicoplanin und Metronidazol angewendet, zu denen jahrzehntelange Erfahrungen vorliegen. Welche Vorteile bietet die Verfügbarkeit des neuen Präparats Fidaxomicin gegenüber den bisher bei einer CDI angewendeten Substanzen? C. Wenisch: Gegenüber den bislang etablierten Substanzen bietet Fidaxomicin drei wesentliche Vorteile: Erstens kann das Rezidivrisiko im Vergleich zu den bisher bei CDI verabreichten Antibiotika signifikant um ca. 50% gesenkt werden, was als genialer Effekt zu bezeichnen ist. Zweitens hat sich Fidaxomicin in Situationen, in denen gleichzeitig mit der Behandlung der Diarrhö eine zweite Infektion, wie z.B. eine Pneumonie, therapiert werden muss, als wirksamer hinsichtlich der Heilungs- und der Rezidivfreiheit erwiesen. Auch bei Chemotherapiepatienten wird unter dem neuen Antibiotikum eine höhere Heilungs- und eine niedrigere Rezidivrate verzeichnet. Diese Aussagen gelten auch für sehr alte Patienten (über 75 Jahre). Vielen Dank für das Gespräch! Unser Interviewpartner: Prim. Univ.-Doz. Dr. Christoph Wenisch Medizinische Abteilung mit Infektions- und Tropenmedizin Kaiser-Franz-Josef-Spital, Wien Das Interview führte Mag. Dr. Anita Schreiberhuber 4/12 Ausgabe infektiologie kongress Virale Gastroenteritiden: Norovirusinfektion Norovirusinfektionen sind für über 90% aller viralen Gastroenteritiden verantwortlich. Handelt es sich allerdings bei der Inzidenz der viralen Gastroenteritis generell um ein wachsendes Problem? Wie die Autoren einer rezenten Vergleichsstudie zeigen konnten, ist innerhalb der letzten 20 Jahre eine Zunahme von viralen gegenüber bakteriellen Erregern als Ursache für das Auftreten einer Gastroenteritis zu verzeichnen.1 „Dies dürfte neben verbesserten diagnostischen Maßnahmen zur Abklärung auf eine deutlich erhöhte Zahl an viralen Erregern insgesamt zurückzuführen sein“, führte Dr. Thomas Valentin, Klinische Abteilung für Lungenkrankheiten und Infektiologie an der Universitätsklinik für Innere Medizin, MU Graz, in seinem Vortrag beim Jahreskongress der Österreichischen Gesellschaft für Innere Medizin (ÖGIM) aus. Von praktischer Relevanz für die Klinik ist es vor allem, zwischen einer viralen, einer bakteriellen oder einer anders verursachten Gastroenteritis unterscheiden zu können: „Eine virale Gastroenteritis beginnt oft plötzlich und bei den meisten der betroffenen Patienten (>95%) zeigt sich kein Blut im Stuhl – lediglich bei Kindern ist das oft anders“, so Valentin. „Die Konsistenz des Durch- falls ist zumeist wässrig und nicht schleimig, zudem finden sich keine Leukozyten im Stuhl. Häufig assoziiert ist die virale Gastroenteritis hingegen mit dem Auftreten von Allgemeinsymptomen und – insbesondere bei jungen Patienten – mit einem hohen Leidensdruck.“ Eine weitere wichtige Frage für die Praxis besteht darin, wann die weitere Abklärung einer Durchfallerkrankung angezeigt ist. Zu berücksichtigen sind hier vor allem Patienten mit profusen wässrigen Stühlen mit Hypovolämie sowie Patienten mit zahlreichen wenig voluminösen Stühlen, durchsetzt mit Schleim oder Blut (Ausschluss einer Shigellen-Infektion) und generell mit blutigen Durchfällen. Weiters sollten Patienten mit erhöhter Temperatur (>38,5°C) untersucht werden, vor allem wenn sie mehr als sechs ungeformte Stühle innerhalb von 24 Stunden haben, wenn sich die Durchfallerkrankung über einen Zeitraum von mehr als 48 Stunden erstreckt und die Patienten über starke Bauchschmerzen klagen. Noroviren sind im Erwachsenenalter mit Abstand die bedeutendsten Erreger einer viralen Gastroenteritis. In Entwicklungsländern werden bis zu 200.000 Todesfälle jährlich auf Norovirusinfektionen zurückgeführt. Speziell zwischen Dezember und April treten sie gehäuft auf. Hilfreich ist hier eine neue Leitlinie über das Vorgehen bei Gastroenteritisausbrüchen durch Noroviren, die gemeinsam vom Bundesministerium für Gesundheit und von der AGES herausgegeben wurde.* n * www.ages.at/uploads/media/AGES_Norovirenbroschu_ere_ Web.Pdf_1.7.pdf Literatur: 1 Tam CC et al: Clin Infect Dis 2012; 54(9): 1275-8 Bericht: Red. Quelle: „Virale Gastroenteritis – ein zunehmendes Problem“, Plenarsitzung der Österreichischen Gesellschaft für Gastroenterologie und Hepatologie (ÖGGH), 21. September 2012, im Rahmen des Kongresses der Österreichischen Gesellschaft für Innere Medizin (ÖGIM), Graz Norovirus-Antigen Schnelle, einfache Detektion in Fäzes mit Noroscreen™ Detektion & Differenzierung von Norovirus Genogruppe 1 und Genogruppe 2 Zur schnellen Diagnose und Isolierung von Patienten und Vorbeugung der Infektionsausbreitung Schnelles Lateral-Flow-Immunoassay Lagerung bei Raumtemperatur One-step assay (keine zusätzlichen Konjugate/Substrate notwendig) Auch für Einzelanalysen im Akutfall – ohne spezielles Gerät Einfaches Handling Leichtes Ablesen Hohe Sensitivität: 95,65% Hohe Spezifität: 91,67% Ergebnisse in 15 Minuten Inkludierte Kontrollen 4/12 Ausgabe Kontaktieren Sie uns für einen Test in Ihrem Haus wir freuen uns, Sie zu beraten! Seite 13 I jatros infektiologie kongress Intravenöse Antibiotikatherapie nicht nur im Krankenhaus Parenterale Antibiotikatherapie macht nicht zwingend eine stationäre Aufnahme erforderlich. Vielmehr kann eine intravenöse oder intramuskuläre Therapie mit Antiinfektiva ambulant, ohne hospitalen Schlafplatz, durchgeführt werden. Die ambulante parenterale Therapie kann in der Krankenhausambulanz, der Notfallaufnahme, der Ordination, im Altersheim, daheim beim Patienten oder sogar am Arbeitsplatz durch den Betriebsarzt durchgeführt werden. Eine parenterale Antibiotikatherapie kann aus unterschiedlichen Gründen erforderlich werden. Univ.-Prof. Dr. Florian Thalhammer von der Klinischen Abteilung für Infektionen und Tropenmedizin an der Medizinischen Universitätsklinik I, AKH Wien, nennt medikamenten-, patienten- und infektionsbezogene Faktoren. So kann beispielsweise ein Medikament überhaupt nicht zur oralen Einnahme verfügbar sein, es kann bei oraler Einnahme eine schlechte Wirksamkeit aufweisen, es können seitens des Patienten Complianceprobleme auftreten oder es können die Art und/oder Schwere der Infektion die parenterale Applikation erforderlich machen. Kann die parenterale Therapie ambulant durchgeführt werden, so ergibt sich daraus eine ganze Reihe von Vorteilen. Zum einen ist eine ambulante Behandlung grundsätzlich billiger als eine stationäre. Zum anderen ist sie für die Patienten in der Regel angenehmer. Spezifische Risiken des Umfeldes „Krankenhaus“, wie zum Beispiel nosokomiale Infektionen, fallen weg. Zudem werden auch die Krankenhäuser durch vermehrte ambulante Behandlungen entlastet. Prof. Thalhammer verweist auf Studiendaten zum Vergleich ambulanter und stationärer Therapie der Zellulitis bei älteren Patienten, die im Krankenjatros I Seite 14 haus ein vermehrtes Auftreten von Komplikationen wie Verwirrtheit, Verstopfung oder Harnproblemen zeigen. Ambulante Antibiotikatherapie bietet sich bei einer Vielzahl von Erkrankungen an. Ambulante Pneumonien, Haut- und Weichteilinfektionen, Protheseninfektionen oder Wundinfektionen können in vielen Fällen durchaus ambulant behandelt werden. Voraussetzung ist selbstverständlich immer, dass der Zustand des Patienten keine Versorgung im Krankenhaus erforderlich macht. Weiters müssen zur Durchführung einer APAT eine gesicherte Diagnose, keine lebensbedrohliche Infektion, ein stabiler und mental geeigneter Patient und ein stabiles soziales Umfeld, in dem die regelmäßige Kontrolle funktioniert, gewährleistet sein, so Thalhammer. Und nicht zuletzt muss natürlich auch der Patient einverstanden sein. Zudem muss für die ambulante Therapie auch das richtige Antibiotikum gewählt werden. „Gefordert werden große therapeutische Breite, einfache Handhabung, lange Halbwertszeit und gute Gewebepenetration“, so Thalhammer. Die lange Halbwertszeit ist vor allem dort von Bedeutung, wo die Infusion des Antibiotikums beispielsweise in Form eines ärztlichen Hausbesuchs durchgeführt wird oder der Patient regelmäßig die Ambulanz aufsuchen muss. Geeignet sind also Antibiotika, die man einmal täglich oder auch seltener verabreicht. Prof. Thalhammer: „Der Spitzenreiter in der ambulanten parenteralen Therapie ist Teicoplanin, das aufgrund seiner sehr langen Halbwertszeit nur dreimal pro Woche verabreicht werden muss.“ Auch Daptomycin eignet sich für die APAT, muss jedoch täglich verabreicht werden. In bestimmten Fällen ist eine Applikation des Antibiotikums auch durch nicht medizinisch ausgebildete Angehörige möglich, wenn ein permanenter venöser Zugang vorhanden ist. In solchen Fällen stellt sich dann auch die Frage nach der Zubereitung der Infusion bzw. deren Haltbarkeit. In der aktuellen österreichischen Situation ist die Verabreichung durch nicht entsprechend ausgebildetes Personal allerdings sehr selten, obwohl Thalhammer hier von guten Erfahrungen berichtet. Problematisch kann hingegen die Kostenerstattung sein. „Die Organisation der Therapie im intra- und extramuralen Bereich bereitet keine besonderen Schwierigkeiten. Bei der Kostenübernahme durch die Krankenkassen kann es hingegen Probleme geben“, betont Thalhammer: Bezeichnenderweise sind hier erhebliche regionale Unterschiede zu beobachten, wobei die Wiener Gebietskrankenkassa der ambulanten parenteralen Antibiotikatherapie in der Regel positiv gegenübersteht. n Quelle: Praxis-Tutorial „Ambulante intravenöse Antibiotikatherapie“, Plenarsitzung der Österreichischen Gesellschaft für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin (ÖGIT), 22. September 2012, im Rahmen des Kongresses der Österreichischen Gesellschaft für Innere Medizin (ÖGIM), Graz 4/12 Ausgabe ZINFORO reicht weiter infektiologie pharma-news Pharma News Ceftarolinfosamil (Zinforo™) Die Europäische Kommission hat am 28. August 2012 die Zulassung für das parenterale Antibiotikum Ceftarolinfosamil (Zinforo™) von AstraZeneca erteilt. Zinforo™ ist nun in Österreich und den 27 Mitgliedsstaaten der EU für die Behandlung von erwachsenen Patienten mit komplizierten Haut- und Weichgewebeinfektionen (cSSTI) oder ambulant erworbener Pneumonie (CAP) zugelassen. Ceftarolinfosamil ist europaweit das einzige für die empirische Therapie zugelassene Cephalosporin, das bei cSSTI eine nachgewiesene klinische Wirksamkeit gegen den Problemerreger MRSA (Methicillinresistenter Staphylococcus aureus) aufweist.1 • Schnelle Verbesserung der klinischen Symptomatik4 Klinische Wirksamkeit konnte auch gegen den bei ambulant erworbenen Pneumonien vorkommenden Problemerreger Streptococcus pneumoniae nachgewiesen werden.2 Literatur: • Bewährte Verträglichkeit eines Cephalosporins3 Effektive Monotherapie zum em komplizierten Haut- und Weich Fachinformation siehe Seite Ceftarolinfosamil ist ein innovatives Cephalosporin zur Monotherapie von ambulant erworbener Pneumonie mit Wirksamkeit gegen grampositive Erreger inkl. Streptococcus pneumoniae sowie gramnegative Erreger.3 n • Bakterizid wirksam gegen gram und gram • Effektiv gegen MRSA*,1 Effektive Monotherapie zum empirischen Einsatz bei Verbesserung der klinischen Sympto • Schnelle File TM et al, Clinical Infectious Diseases 2010; 51(12): 1395-1405 • Bewährte Verträglichkeit eines Cephalosporins komplizierten Haut- und Weichgewebeinfektionen Fachinformation Zinforo™ 1 Corey G et al, Clinical Infectious Diseases 2010; 51(6): 641-650 2 3 ID 3736; 10 / 2012 ID 3736; 10 / 2012 Fachinformation siehe Seite Das Antibiotikum vereint dabei die bekannte gute Verträglichkeit der Klas- 4 Friedland H1et al, Agents Chemother 2012; 56(5): 2231 • Bakterizid wirksam gegen gram und gram Erreger se der Cephalosporine mit einer schnellen sowohl ,mikrobiologischen als • Effektiv gegen MRSA* 1 auch klinischen Wirkung. Zusätzlich zu der Wirkung gegen Problemerreger • Schnelle Verbesserung Symptomatik2 wird durch Ceftarolinfosamil eine Vielzahl grampositiverder undklinischen gramnegativer Weiterführende medizinische Informationen: 1 • esBewährte eines Cephalosporins Erreger abgetötet, sodass als erstesVerträglichkeit Cephalosporin mit Wirkung gegen • Wirksam gegen gram AstraZeneca Erreger inkl. Streptoco MRSA als Monotherapie einsetzbar ist. Dr. Christian Werzer Innovatives Cephalosporin zur von ambulant erworbener Pneu Innovatives Cephalosporin zur Monotherapie von ambulant erworbener Pneumonie Tel.: 0676/681 60 52 E-Mail: [email protected] Die empfohlene Dosierung beträgt 600mg, angewendet alle 12 Stunden durch intravenöse Infusion über 60 Minuten. Die empfohlene Behandlungs3 dauer beträgt 5–14 Tage•beiWirksam cSSTI undgegen 5–7 Tage bei CAP. gram Erreger inkl. Streptococcus pneumoniae sowie gram Erreger1 Ceftarolinfosamil ermöglicht eine effektive Monotherapie zum empirischen Einsatz bei komplizierten Haut- und Weichgewebeinfektionen: • Bakterizid wirksam gegen grampositive und gramnegative Erreger3 Zugelassen für komplizierte Haut- und Weichgewebeinfektion und ambulant erworben 1 Fachinformation Zinforo™ Fachkurzinformation zu Inserat siehe Seite 34 * Methicillin Resistenter Staphylococcus Aureus • Effektiv gegen MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) Zinforo_AZ_210x297+3_RZ1.indd 1 Zugelassen für komplizierte Haut- und Weichgewebeinfektion und ambulant erworbene Pneumonie * Methicillin Resistenter Staphylococcus Aureus 2 Friedland H. et al. CANVAS 1 and 2, Antimicrob. Agents Chemother. 2012, 56(5): 2231 17.10.12 13:36 Promotion ID 3723 Zinforo_AZ_210x297+3_RZ1.indd 1 1 Fachinformation Zinforo™ 4/12 Ausgabe Seite 15 I jatros 2 infektiologie kongress Infektiöse Blutsauger Zecken genießen als Überträger der FSME einen üblen Ruf. Gerne wird dabei übersehen, dass die blutsaugenden Spinnentiere noch eine Fülle anderer Erkrankungen übertragen können, von denen die Borreliose nur die bekannteste, keineswegs jedoch die einzige ist. „Wenn es um Zecken als Krankheitsüberträger geht, muss man zunächst einmal zwischen Schild- und Lederzecken unterscheiden, die beide humanmedizinische Bedeutung haben“, sagt Univ.Prof. Dr. Robert Krause von der Grazer Universitätsklinik für Innere Medizin. Zecken können virale und bakterielle Erreger sowie Parasiten übertragen. Dazu kommt noch die Zeckenparalyse als nicht infektiöse Komplikation eines Zeckenbisses. Die Zeckenparalyse wird durch ein von den Zecken produziertes Neurotoxin – allerdings erst nach fünfbis siebentägigem Saugen – verursacht. Weltweit können rund 40 Arten für dieses Krankheitsbild verantwortlich gemacht werden. In Europa kann der Gemeine Holzbock (Ixodes ricinus), die bekannteste Art der Schildzecken, die Zeckenparalyse verursachen. Allerdings wurden in Europa nur vereinzelte Fälle berichtet. In Nordamerika und Australien ist die Erkrankung häufiger. Die Lähmungserscheinungen können bis zur Atemlähmung gehen und sind daher lebensbedrohlich. Nach Entfernen der Zecke vergeht die Symptomatik, wobei zu beachten ist, dass das Abklingen der Symptome je nach Region und Zeckenart unterschiedlich lange dauern kann. Daher besteht durchaus die Möglichkeit, dass ein Patient nach dem Entfernen der Zecke noch beatmungspflichtig wird. Unter den von Zecken übertragenen Bakterien sind die verschiedenen Borrelien-Arten am häufigsten. Die klassische Borreliose wird von B. burgdorferi, afzelii oder garinii verursacht. Seltener ist die Übertragung von Rickettsien durch Zecken. Sie führen zu den sogenannten „Spotted fever“-Krankheiten oder zu 4/12 Ausgabe einem TIBOLA (tick-borne lymphadenopathy) genannten Syndrom. In seltenen Fällen ist auch eine Übertragung von Coxiella burnetti durch Zecken möglich. Ob Bartonellen durch Zecken übertragen werden, ist hingegen strittig. Sicher durch Zecken übertragen werden kann jedoch Francisella tularensis, der Erreger der Hasenpest. „Nicht vergessen werden darf, dass bei Zeckenbissen auch Superinfektionen mit Staphylococcus aureus oder Streptokokken möglich sind“, so Krause. Zecken sind auch potenzielle Überträger einer Vielzahl von Viren. Die einzige in unseren Breiten bedeutsame Virenerkrankung im Zusammenhang mit Zeckenbissen ist die FSME. Krause weist jedoch darauf hin, dass sich in den letzten Jahren auch das hämorrhagische Krim-Kongo-Fieber ausbreitet. Infektionen wurden aus den Urlaubsregionen der Türkei oder aus den Ländern des ehemaligen Jugoslawien berichtet. Die Krankheit, die auch von Mensch zu Mensch übertragen werden kann, weist abhängig vom Virusstamm eine stark schwankende, jedoch erhebliche Mortalität auf. Die in Zecken häufigsten Erreger sind Borrelien mit einer Durchseuchungsrate von bis zu 40%. Nach dem Biss einer infizierten Zecke kommt es allerdings nur in 3% zu einer Infektion. Im Gegensatz dazu findet sich FSME nur in maximal 5% der Zecken, die Infektionsrate liegt jedoch bei 50%. Die Diagnose durch Zecken übertragenen Krankheiten wird dadurch erschwert, dass der Zeckenbiss dem Patienten oft nicht mehr erinnerlich ist. In solchen Fällen kann die Diagnose bei unklarer Symptomatik sehr schwierig sein. Erinnert sich der Patient an einen Zeckenbiss, sollte man nach dem Aussehen der Zecken fragen. „Lederzecken übertragen, ebenso wie die Larven von Schildzecken, keine Borrelien. Wenn die Zecke nicht mit Blut vollgesogen war, ist das Risiko einer Übertragung von Borrelien geringer, weil die Zeit dafür vermutlich nicht ausgereicht hat“, erklärt Krause. Gerade bei der Borreliose kann eine Blickdiagnose beim Auftreten eines typischen Erythema migrans einfach sein – auch wenn kein Zeckenbiss in der Anamnese angegeben wird. Andererseits kann der Fall auch unglaublich komplex sein. Borrelien können Peri- und Myokardien verursachen, es wurden aber auch Borrelien-assoziierte Hepatitiden beschrieben. Bei Reiserückkehrern mit Anzeichen eines hämorrhagischen Fiebers ist an das Krim-KongoFieber zu denken. Die definitive Diagnose wird in der Regel durch Antikörpertests oder gelegentlich durch Erregernachweis mittels PCR gestellt. Therapeutikum der Wahl ist bei von Zecken übertragenen Bakterien Doxycyclin. Bei bakteriellen Superinfektionen können Floxapen, Cephalosporine oder Amoxicilin/Clavulansäure indiziert sein. Babesien, die vor allem immunsupprimierte Personen befallen können, werden mit Atovaquon plus Azithromycin oder Chinin und Clindamycin behandelt. Bei viralen Infektionen gibt es keine spezifische Therapie, jedoch die bewährte Impfung gegen FSME. n Bericht: Reno Barth Quelle: „Bedeutende ambulant erworbene Infektionen“, Plenarsitzung der Österreichischen Gesellschaft für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin (ÖGIT), 22. September 2012, im Rahmen des Kongresses der Österreichischen Gesellschaft für Innere Medizin (ÖGIM), Graz Seite 21 I jatros infektiologie veranstaltung Impfmedizin Impfnebenwirkungen: tatsächliche und geglaubte Der bekannte österreichische Kinderarzt und Impfspezialist Univ.-Prof. Dr. Ingomar Mutz befasste sich im Rahmen eines „Giftigen Dienstags“ mit einem heiklen Thema: Impfnebenwirkungen. Besonders wichtig auf diesem Gebiet ist die Differenzierung von tatsächlichen Impfnebenwirkungen, die es zweifellos gibt, und manchen anderen Phänomenen, die von einer teils stark emotionalisierten Öffentlichkeit fälschlicherweise für „Impfschäden“ gehalten werden. „Weil die meisten Impfstoffe durch Injektion mit einer Nadel einer bisher gesunden Person verabreicht werden und sogar vorübergehend Krankheitssymptome verursachen können, besteht häufig bei Impfkandidaten, aber auch Ärzten eine primär abweisende Haltung Impfungen gegenüber“, begann Univ.-Prof. Dr. Ingomar Mutz, Kinderarzt und Impfexperte, seinen Vortrag. „Impfungen richten sich ja gegen unbekannte, zukünftige und lediglich mögliche Krankheiten und verursachen unmittelbar kein Wohlbefinden und keine Besserung des Gesundheitszustands“, fuhr Mutz fort. Normale Impfreaktion und Impfschaden Noch dazu bewirken Impfungen als Zeichen der erwünschten Immunreaktion des Organismus eine Impfreaktion. Als lokale Impfreaktion werden Rötung, Schwellung und Schmerzhaftigkeit an der Einstichstelle bezeichnet. Eine Allgemeinreaktion mit Fieber, Krankheitsgefühl, Kopf-, Glieder- und Gelenkschmerzen erfolgt üblicherweise bei Totimpfstoffen innerhalb von 48 Stunden, bei Lebendimpfstoffen nach zirka fünf bis sieben Tagen. Im Gegensatz dazu wird als Impfschaden laut Definition des Paul-EhrlichInstituts „eine gesundheitliche und jatros I Seite 22 wirtschaftliche Folge einer über das übliche Maß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch eine Schutzimpfung“ bezeichnet. „Dazu ist zunächst zu bemerken, dass ein Medikament ohne Nebenwirkungen wahrscheinlich auch keine Hauptwirkung hat“, kommentierte Mutz. „Hinsichtlich der Quantifizierung unerwünschter Arzneimittelwirkungen muss man sich bewusst sein, dass zwischen der auf EU-Ebene gültigen Interpretation der Häufigkeit von Nebenwirkungen und dem Laienverständnis davon eine riesige Lücke klafft“, fuhr der Impfexperte fort. Während z.B. laut EU-Definition „häufig“ so viel wie „mehr als 10%“ bedeutet, versteht der Laie darunter 65% (Tab. 1).1 Eine „sehr seltene“ Nebenwirkung betrifft nach EU-Verständnis nicht einmal eine unter 10.000 Personen, während sie nach Laienverständnis eine von 25 Personen betrifft, ein Unterschied von mehr als dem Faktor 400! Kausalität und Zufall Das nächste Problem in der Laienwahrnehmung sogenannter Impfschäden ist die Zuschreibung von Kausalität, wo es sie tatsächlich nicht gibt. „So wurden z.B. laut Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft bei 4,8% aller Patienten nach der FSME-Impfung Kopfschmerzen festgestellt“, referierte Mutz, „aber laut österreichischen Zah- KeyPoints • Impfreaktionen: normale lokale oder systemische Reaktionen des Organismus auf eine Impfung • Impfschäden: über das normale Maß hinausgehende Schädigungen des Organismus infolge einer Schutzimpfung • Impfunfälle: Nebenwirkungen infolge von Produktionsfehlern bei der Herstellung von Impfungen •V iele vermeintliche Impfschäden sind de facto zufällig nach einer Impfung auftretende Erkrankungen, die auch ohne Impfung aufgetreten wären • Post-Marketing-Surveillance auch für Impfstoffe unerlässlich 4/12 Ausgabe Österreichische Gesellschaft für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin len beträgt die Hintergrundmorbidität – also die Rate jener Personen, die an einem beliebigen Tag Kopfschmerzen haben – bereits 5,7%!“ Bei Massenimpfungen ist davon auszugehen, dass im geimpften Kollektiv im Zeitraum nach der Impfung Krankheiten auftreten, die auch ohne Impfung aufgetreten wären, jedoch nach der Impfung zumindest von Laien, aber auch von manchen Ärzten in einen kausalen Zusammenhang mit der Impfung gebracht werden. Eine Berechnung der Häufigkeit einiger Ereignisse, die oft als Impfschaden qualifiziert werden, ist aufgrund der Hintergrundmorbidität leicht möglich (Tab. 2). Tatsächliche Impfschäden „Kein vernünftiger Mensch wird bestreiten, dass es auch reale Impfnebenwirkungen und -schäden gibt“, betonte Mutz, „aber es gibt dennoch kaum eine medizinische Maßnahme mit einer so klaren Nutzen-Risiko-Relation wie Impfungen.“ So ist z.B. die Häufigkeit von Fieberkrämpfen und hypotonen Episoden nach Einführung der azellulären Pertussisimpfung um 87% bzw. 75% gesunken. Nach Masernimpfung wurde eine Fieberkrampfrate von 2,2 pro 10.000 geimpften Kindern gefunden.2 Dies liegt aber im Bereich der Hintergrundmorbidität (1,73–2,31/10.000). Eine Thrombozytopenie kommt nach Rötelnimpfung mit einer Häufigkeit von 1:3.000 vor, nach MMR-Impfung nur mit einer Häufigkeit von 1:30.000.3 Beachtung Anstieg der bei Kindern dern, die in verdient der plötzliche Narkolepsieerkrankungen in Finnland. Von 67 Kinder Saison 2009/2010 an infektiologie Narkolepsie erkrankten, waren 46 zuvor mit dem H1/N1-Impfstoff Pandemrix® geimpft worden. Es wurde ein Inzidenzanstieg um den Faktor 12,7 gegenüber nicht geimpften Kindern errechnet. Zahlen aus Frankreich zeigten nach Pandemrix® bei Kindern und Jugendlichen ein fünffach erhöhtes, bei Erwachsenen ein 3,5-fach erhöhtes Narkolepsierisiko. „Seltsam ist, dass die Erkrankung mit einer Latenzzeit von bis zu acht Monaten nach der Impfung auftrat“, sagte Mutz. „Es könnte sich hier um die Aktivierung einer Autoimmunerkrankung mit erblicher Komponente handeln, da zwischen 88 und 98% der Erkrankten ein bestimmtes HLA-Allel trugen, das in der Durchschnittsbevölkerung nur bei 25% zu finden ist.“ Das Anaphylaxierisiko nach Impfungen scheint nicht besonders hoch zu sein. Die Anaphylaxierate liegt bei ca. 1,5 pro Million Impfungen, Todesfälle wurden kaum jemals beschrieben.4 Dennoch muss natürlich überall dort, wo Impfungen verabreicht werden, auch für anaphylaktische Notfälle vorgesorgt werden. Ein anderes Beispiel ist der Zoster-Lebendimpfstoff Zostavax®, für den zwar im Vergleich zu Placebo eine erhöhte Rate an Lokalreaktionen wie Rötung, Schmerzen und Schwellung (48% vs. 17%) beschrieben wurde, jedoch keine signifikant erhöhte Rate an systemischen Reaktionen (25% vs. 24%), dafür allerdings eine signifikante Reduktion der Zostermorbidität und der postherpetischen Neuralgien.5 Schwerwiegende Ereignisse traten – bei jeweils fast 20.000 Patienten pro Studienarm – bei zwei Patienten in der Zostavax®-Gruppe und bei drei Patienten unter Placebo auf. Impfunfälle „Impfunfälle sind definiert als Nebenwirkungen durch Produktionsfehler bei Impfstoffen und verursachen verständlicherweise einen gewissen Vertrauensverlust in der Bevölkerung“, räumte Mutz ein. So kam es z.B. im Jahr 2000 in der Schweiz durch einen intranasalen Influenzaimpfstoff zu einer erhöhten Inzidenz von passageren Fazialisparesen und im selben Jahr durch einen FSME-Impfstoff in Österreich nach Weglassen des stabilisierenden Humanalbumins zu einer Häufung von Fieberkrämpfen bei Kindern. „Post-Marketing-Surveillance ist natürlich auch für alle Impfstoffe unerlässlich“, betonte der Impfexperte. „Zum Schluss kann ich nur betonen, dass wir in Österreich, in Zusammenarbeit mit den entsprechenden EU-Gremien, die Impfsicherheit sehr ernst nehmen“, so Mutz abschließend. n Literatur: 1 Berry DC et al: Provision of information about drug side-effects to patients. Lancet 2002; 359(9309): 853854 2 Klein NP et al: Measles-containing vaccines and febrile seizures in children age 4 to 6 years. Pediatrics 2012; 129(5): 809-814 3 Sauve LJ et al: Postvaccination thrombocytopenia in Canada. Pediatr Infect Dis J 2010; 29(6): 559-561 4 Bohlke K et al: Risk of anaphylaxis after vaccination of children and adolescents. Pediatrics 2003; 112(4): 815-820 5 Oxman MN et al: A vaccine to prevent herpes zoster and postherpetic neuralgia in older adults. N Engl J Med 2005; 352(22): 2271-2284 6 Black S et al: Importance of background rates of disease in assessment of vaccine safety during mass immunisation with pandemic H1N1 influenza vaccines. Lancet 2009; 374(9707): 2115-2122 Bericht: Dr. Norbert Hasenöhrl Quelle: Giftiger Dienstag: „Impfnebenwirkungen – echte und geglaubte“, 13. November 2012, Wien EU-Interpretation Laienverständnis Sehr häufig >10% 65% Guillain-Barré-Syndrom pro 10 Mio. 0,51 3,58 21,50 Häufig 1–10% 45% Optikus-Neuritis pro 10 Mio. 2,05 14,40 86,30 Gelegentlich 0,1–1% 18% 0,01–0,1% 8% Spontanabort pro Million Schwangerer 397 2.780 16.684 <0,01% 4% Plötzlicher Tod pro 10 Mio. 0,14 0,98 5,75 Selten Sehr selten Tab. 1: Häufigkeit von Nebenwirkungen im Fach- und Laienverständnis. Tab. 4/12 Ausgabe nach1 Nach 1 Tag Nach 7 Tagen Nach 6 Wochen Tab. 2: Zahl zufälliger Ereignisse nach hypothetischer Impfung. Tab. nach6 Seite 23 I jatros infektiologie Forschung Viruserkrankungen Influenza und grippaler Infekt Die wesentlichen Unterschiede zwischen Influenza und grippalen Infekten geben unter Laien immer noch Anlass zur Verwirrung. Differenzialdiagnose und Risikodifferenzierung zwischen diesen beiden doch sehr unterschiedlichen Erkrankungen sind aber sehr wichtig, besonders in Influenza-Risikogruppen. Dazu zählen z.B. auch Kleinkinder. Infektionen des oberen Respirationstrakts („Upper Respiratory Tract Infections“ – URTI) sind die häufigsten Erkrankungen des Menschen überhaupt – Erwachsene haben pro Jahr im Durchschnitt zwei bis fünf URTI-Episoden, Schulkinder sogar sieben bis zehn.1 URTI fallen sehr häufig in die Kategorie des sogenannten grippalen Infekts, der von mehr als 200 serologisch unterschiedlichen Virusarten hervorgerufen werden kann, wovon Rhinoviren die größte Gruppe darstellen (30–50%), gefolgt von Coronaviren (10–15%).1, 2 Während über die Molekularbiologie der meisten dieser Viren umfangreiche wissenschaftliche Daten zur Verfügung stehen, gibt es bis heute erstaunlich wenig Information über den pathophysiologischen Ursprung der typischen Symptome einer URTI. Da jedoch die Diagnose eines grippalen Infekts – und wichtiger noch: die Differenzialdiagnose zur erheblich gefährlicheren In- fluenza – weitgehend auf der klinischen Symptomatik basiert, ist deren Verständnis doch von großer Bedeutung. Dies nicht zuletzt deshalb, weil der Beginn einer antiviralen Therapie mit einem Neuraminidasehemmer bei Influenza ein zeitkritischer Vorgang ist – der größte Nutzen ist bei Beginn innerhalb von 12 bis 24 Stunden nach Auftreten der ersten Symptome gegeben; der maximale Zeitraum für den Therapiebeginn sind 48 Stunden.3 Klinische Differenzialdiagnose Es gibt mehrere Möglichkeiten, klinisch einen grippalen Infekt von einer Influenza zu unterscheiden. Zunächst ist der zeitliche Verlauf unterschiedlich (Tab. 1). Während für einen grippalen Infekt ein langsamer Beginn mit allmählicher Steigerung der Symptomatik über einige Tage typisch ist, beginnt die Influenza plötzlich und mit sehr intensiver Symptomatik meist am Tag nach der Infektion und erreicht am Tag KeyPoints • Diagnose von Influenza und grippalem Infekt meist klinisch, daher wird auch Differenzialdiagnose meist klinisch erfolgen müssen • Differenzialdiagnose besonders wichtig bei Gruppen mit Risiko für Influenzaassoziierte Komplikationen, z.B. bei Säuglingen und Kleinkindern, älteren Menschen, immunsupprimierten Patienten • Grippeimpfung nach wie vor wichtigste Vorsorgemaßnahme gegen Influenza • Neuraminidasehemmer (innert 12–24h, spätestens innert 48h verabreicht) verkürzen Krankheitsdauer und reduzieren Komplikationsrisiko der Influenza jatros I Seite 24 3 und 4 (ab Infektion gerechnet) ihren Höhepunkt.3 Zweitens ist – mit Ausnahme der Rhinitis – der Schweregrad der Influenzasymptome generell höher als beim grippalen Infekt (Tab. 2).3 Ein guter Prädiktor für Influenza ist das Vorliegen von Husten und Fieber: Diese Symptomkombination erreicht immerhin einen positiven Vorhersagewert von 80%.4 Die Symptomatik von URTI wird übrigens weniger von einer Schädigung der Schleimhaut des Respirationstrakts verursacht, sondern weitaus mehr von der Immunantwort auf den Erreger, die mit einer massiven Ausschüttung einer Reihe von proinflammatorischen Zytokinen einhergeht.1 Influenza: Risikogruppen Zu den Risikogruppen für schwerwiegende Influenza-assoziierte Komplikationen gehören über 50-jährige Personen, chronisch Kranke (KHK, Herzinsuffizienz, Asthma, COPD, Diabetes, zerebrovaskuläre und onkologische Erkrankungen), Patienten unter Immunsuppression und Bewohner von Altenheimen. Aber auch Kinder unter zwei Jahren und ganz besonders Säuglinge (0–6 Monate) tragen ein hohes Komplikationsrisiko. Gleichzeitig ist bei Kindern und Jugendlichen nicht selten eine vom klinischen Bild bei Erwachsenen abweichende Symptomatik zu beobachten. Zwar tritt meist ein abrupter, massiver 4/12 Ausgabe Österreichische Gesellschaft für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin infektiologie Symptome grippaler Infekt* Infektion mit Erkältungsviren langsamer Beginn und Steigerung der Symptomatik Tag 1 Tag 2 Infektion mit InfluenzaVirus plötzlicher Beginn einer intensiven Symptomatik Tag 3 verdicktes Nasensekret; gelblich bis grün Tag 4 Höhepunkt der Symptomatik, hohes Fieber Tag 5 Tag 6 Abklingen der meisten Symptome Tag 7 Tag 8 Fieber sinkt, Abklingen der meisten Symptome. Bei schwerem Verlauf verstärkte Atemwegs-Symptomatik mit Beginn von Komplikationen oder bakteriellen Superinfektionen möglich Tag 9 Husten kann weiter bestehen Tag 10 Tag 11 Tag 12 Tag13 Tag 14 → Husten und Abgeschlagenheit halten an Symptome Influenza* * Ausprägung und Dauer der Symptome können variieren; typische Symptome siehe Tab. 2 Tab. 1: Zeitlicher Verlauf ohne antivirale Therapie; Quelle: Thalhammer F et al3 Fieberanstieg auf, der nicht selten mit Fieberkrämpfen einhergeht. Darüber hinaus kommt es bei Kindern – vor allem Kleinkindern – oft zu Symptomen wie Appetitlosigkeit, Apathie, Atemproblemen durch nasale Obstruktion. Aber auch gastrointestinale Symptome können dominieren.3 dergelassenen Arzt einsetzbar wären. Innerhalb einer Grippewelle ist jedoch die klinische Diagnostik meist ohnehin zuverlässig genug, und umgekehrt schließt ein negativer Schnelltest bei klinischem Verdacht innerhalb einer Grippewelle die Erkrankung nicht aus.3 Bei immunsupprimierten Patienten – aber auch bei über 65-jährigen Personen – hingegen kann Fieber als diagnostisches Kriterium gelegentlich in den Hintergrund treten. Therapie des grippalen Infekts und der Influenza Zur Diagnostik ist zu sagen, dass bisher keine ausreichend sensitiven und spezifischen Influenza-Schnelltests existieren, die in der Praxis für den Nie- Während sich die medikamentöse Therapie des grippalen Infekts auf symptomatische Maßnahmen (Schmerzstillung, Fiebersenkung, Entzündungshemmung) beschränkt, stehen bei Influenza spezifische Therapeutika – die Neuraminidasehemmer – zur Verfügung. Grippaler Infekt (z.B. Rhinoviren) Wichtige Symptome Zunächst ist aber zu erwähnen, dass diese keinesfalls einen Ersatz für die jährliche Grippeimpfung darstellen. Diese Impfung ist sinnvoll und im österreichischen Impfplan empfohlen, stößt jedoch leider aus verschiedenen Gründen in der Bevölkerung und sogar bei Mitarbeitern des Gesundheitswesens auf keine sehr positive Resonanz. Wie erwähnt, sollte bei entsprechender Indikation ein Neuraminidasehemmer so schnell wie möglich, jedenfalls aber innerhalb von 48 Stunden nach Symptombeginn verabreicht werden.3 Derzeit sind in Österreich zwei Neuraminidasehemmer erhältlich. Oseltamivir ist zur Therapie und Postexpositionsprophylaxe der Influenza bei Er- Grippe (Influenza-Virus) Anteil der Patienten Schweregrad Anteil der Patienten Schweregrad 80–100% XXX 20–30% X Kopfschmerzen 25% X 85% XXX Halsschmerzen 50% XX 50–60% XXX 20–25% XX 80% XXX Husten 40% XX 90% XXX Frösteln 10% X 90% XXX Fieber >37,5°C 0–1% / 95% / Muskelschmerzen 10% X 60–75% XXX Rhinitis Abgeschlagenheit, Unwohlsein XXX = schwer, XX = mäßig, X = leicht Tab. 2: Typische Symptome von grippalem Infekt und Influenza. Quelle: Thalhammer F et al3 4/12 Ausgabe Seite 25 I jatros infektiologie wachsenen und Kindern ab einem Jahr zugelassen, in einer Pandemie auch bei Kindern unter einem Jahr. Zanamivir ist für Therapie und Postexpositionsprophylaxe bei Erwachsenen und Kindern ab fünf Jahren zugelassen. Bei zeitgerechtem Therapiebeginn können Neuraminidasehemmer, laut den vorliegenden Daten, die Krankheitsdauer im Schnitt um ca. 0,8 bis 1,5 Tage verkürzen, die Intensität und die Dauer der Symptome um 40% reduzieren und die Rate an Sekundärkomplikationen um bis zu 50% (Zanamivir) bzw. bis zu 70% (Oseltamivir) senken.5 Zur derzeit von mancher Seite geübten Kritik an der Verwendung von Neuraminidasehemmern sei hier nur bemerkt, dass eine Metaanalyse von elf randomisierten, kontrollierten Studien mit Oseltamivir eine Reduktion des Risikos für untere Atemwegsinfektionen durch den Neuraminidasehemmer TAM-INS_210x148_TAM 06.12.12 09:42 Seite 1 Forschung zeigte, bei Patienten mit bestätigter Influenza sogar um 37%.6 Auch das CDC in den USA bekräftigte – trotz eines inkonklusiven CochraneReviews – im Februar 2012 seine Empfehlung für Neuraminidasehemmer als wichtige Zusatzoption für die Prävention und Therapie der Influenza.7 n 7 enters for Disease Control and Prevention (CDC): C 2012. CDC Recommendations for Influenza Antiviral Medications Remain Unchanged. http://www.cdc.gov/ media/haveyouheard/stories/Influenza_antiviral.html. Letzter Zugriff: 2012/11/27 Literatur: 1 E ccles R: Understanding the symptoms of the common cold and influenza. Lancet Infect Dis 2005; 5(11): 718-725 2 eikkinen T et al: The common cold. Lancet 2003; H 361(9351): 51-59 3 T halhammer F et al: Konsensusstatement: Therapie der Grippe. Medical Dialogue/ÖÄZ, November 2010 4 onto AS et al: Clinical signs and symptoms predicM ting influenza infection. Arch Intern Med 2000; 160(21): 3243-3247 5 oscona A: Neuraminidase inhibitors for influenza. M N Engl J Med 2005; 353(13): 1363-1373 6 Hernan MA et al: Oseltamivir and risk of lower respiratory tract complications in patients with flu symptoms: a meta-analysis of eleven randomized clinical trials. Clin Infect Dis 2011; 53(3): 277-279 Die Grippe • ist keine banale Erkältung • kann zu schweren Komplikationen führen • kann kausal behandelt werden Bericht: Dr. Norbert Hasenöhrl Eine Patientenbroschüre „Grippe – Vorbeugung & Behandlung“ ist als pdf-Datei auf der Website der ÖGIT (www.oegit.eu → Publikationen/2012) erhältlich. Das Konsensusstatement der ÖGIT „Therapie der Grippe“3 ist als pdf-Datei auf der Website der ÖGIT (www.oegit.eu → Publikationen/2010) erhältlich. Die Influenza ist eine potenziell folgenschwere Infektionserkrankung, deren Verlauf sich nicht vorhersagen lässt. Tamiflu ® verhindert die Vermehrung und Ausbreitung von Influenzaviren einfach und effizient durch orale Einnahme. Die Viruslast wird stark reduziert, und weniger Epithelzellen im Respirationstrakt irreversibel geschädigt. 2 Da Influenzaviren sich in den ersten Stunden der Erkrankung besonders stark vermehren, muss Tamiflu® so schnell wie möglich eingesetzt werden, um optimal zu wirken. Je früher Tamiflu® eingenommen wird, desto rascher erholt sich der Patient. 1 Tamiflu® ist der einzige orale Neuraminidasehemmer zur Therapie und Prophylaxe der Influenza bei Erwachsenen und Kindern ab 1 Jahr. 1 Aoki et al., JAC (2003) 51, 123–1292 2 Matrosovich et al., J. of Virology, 2004, p12665–12667 www.roche.at Strike fast TAM-05/12.12 Schnelle antivirale Therapie mit Tamiflu® – rasche Genesung1 Verordnung in der Grippewelle: Tamiflu® 75 mg Kapseln und neu: Tamiflu® 6 mg /ml Pulver zur Herstellung I Seite 26 einer Suspension: kassenfrei hellgelbe Box, RE2, OP2! Für Kinder jatros > 15 kg – 40 kg sind 2 Packungen notwendig! Dosierung in ml angeben! Außerhalb der von den Krankenkassen verlautbarten Grippewelle ist eine Chefarztgenehmigung erforderlich! ® oseltamivir 4/12 Ausgabe Therapie & Prophylaxe Treat. Prevent. Protect. Österreichische Gesellschaft für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin Referat resistenzen infektiologie Österreichischer Resistenzbericht AURES 2011: die neuesten Trends Jedes Jahr im Spätherbst werden die AURES-Daten für das Vorjahr präsentiert. Dieser österreichische Resistenzbericht gibt ein umfassendes Bild der mikrobiellen Resistenzsituation im Krankenhaus, aber auch im niedergelassenen Bereich und erlaubt es, gefährliche Trends im Vergleich zu den Vorjahren zu erkennen. Anlässlich des 5. Europäischen Antibiotikatages in Wien stellte die Leiterin des Instituts für Hygiene, Mikrobiologie und Tropenmedizin im KH der Elisabethinen Linz und des Nationalen Referenzzentrums für nosokomiale Infektionen und Antibiotikaresistenz, Prim. Univ.-Doz. Dr. Petra Apfalter, aktuelle Trends aus dem AURES-Bericht 2011* vor, der die aktuellsten verfügbaren Daten zur mikrobiellen Resistenzsituation in Österreich enthält. Pneumokokken Bei invasiven Pneumokokkenisolaten zeigt sich eine stabile Rate der Penicillinresistenz von unter 2%, während die Makrolidresistenzrate mit 11% ei- KeyPoints Fachkurzinformation zu Inserat siehe Seite 34 • MRSA: Rate sinkend, derzeit um die 7%; PCR als Bestätigungstest fraglich; empfohlen wird ein konventionelles Antibiogramm mit Messung der Hemmhöfe • ESBL: Raten sehr unterschiedlich; europäischer Durchschnitt (EARSNet): bis zu 13%, Tendenz steigend • Problemfeld: Carbapenemase-produzierende Entero-bakterien • Allgemein: Antibiogramme machen, Empirie wird immer schwieriger; Antimicrobial Stewardship für das eigene Krankenhaus 4/12 Ausgabe nen sinkenden Trend zeigt. Die Makrolidresistenz bei nicht invasiven Pneumokokkenisolaten liegt hingegen bei 15 bis 20%. sind für S. aureus und E. faecalis gleich, jedoch steigend für E. faecium, der sich damit am ehesten als grampositiver Problemkeim darstellt. MRSA … gramnegative Erreger Die Häufigkeit des Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) unter den invasiven Isolaten liegt bei 7,2% mit sinkender Tendenz. Eine herabgesetzte Empfindlichkeit bzw. Resistenz gegenüber Vancomycin wurde im Jahr 2011 bei keinem invasiven S.-aureus-Isolat detektiert. Bei nicht invasiven S.-aureus-Isolaten zeigte sich eine rückläufige Tendenz im Spitalsbereich (5,8% vs. 9,8% im Jahr 2010), jedoch – auf niedrigem Niveau – ein Anstieg im niedergelassenen Bereich (3,7% vs. 2,7% 2010). Bisher gibt es keinen Hinweis auf eine Resistenzentwicklung gegen Linezolid und auch Vancomycin ist weiterhin als empfindlich einzustufen. Weiterhin problematisch sind häufige gramnegative Erreger. Während E. coli keine steigenden (und gegen Fluorchinolone sogar leicht sinkende) Resistenzraten aufweist, sieht es bei Klebsiella pneumoniae und Pseudomonas ganz anders aus. Die Rate der Resistenz von K. pneumoniae gegen Cephalosporine 3 und gegen Fluorchinolone ist gegenüber dem Vorjahr und auch im 5-JahresTrend weiter angestiegen, nur jene gegen Aminoglykoside ist im 5-JahresTrend stabil. Bei P. aeruginosa zeigt sich ein Aufwärtstrend sowohl bei Cephalosporinen 3 als auch Chinolonen und Aminoglykosiden. „Wir haben also einen Anstieg der ESBL-Bildner, wobei auch Carbapenemresistenzen ein Problemfeld darstellen“, kommentierte Apfalter. n Grampositive und … Insgesamt findet sich im 5-JahresTrend für gram-positive Keime folgendes Bild: Die Raten der Resistenz gegen Betalaktame sind für Pneumokokken unverändert, für S. aureus und Enterococcus faecalis sinkend, für E. faecium jedoch ansteigend. Gegen Makrolide zeigen Pneumokokken eine sinkende Resistenzrate. Hingegen steigen die Resistenzen von E. faecium und E. faecalis gegen Aminoglykoside an. Die Resistenzen gegen Vancomycin *D er AURES-Bericht 2011 ist u.a. auf der Website des Nationalen Referenzzentrums unter www.referenzzentrum.at (→ AURES) verfügbar. Bericht: Dr. Norbert Hasenöhrl Quelle: „Aktuelle Themen aus AURES 2011“ und „AURES – aktuelle Trends“, Vorträge von Prim. Univ.-Doz. Dr. Petra Apfalter im Rahmen der Symposien des Bundesministeriums für Gesundheit und der AGES zum 5. Europäischen Antibiotikatag 15. und 16. 11. 2012, Wien Seite 27 I jatros infektiologie konsensus Urologie Konsensus „Akuter Harnwegsinfekt“ Das Spektrum der bei akutem Harnwegsinfekt zu verwendenden Antibiotika ist kleiner und die Therapie komplizierter geworden. Die Auswahl des Antibiotikums muss nicht nur die (wahrscheinliche) Empfindlichkeit des Erregers berücksichtigen, sondern auch allgemeine Überlegungen im Sinne von Antibiotic Stewardship einbeziehen. „Einst war die akute Zystitis eine unkomplizierte, leicht zu behandelnde Infektion – primär dank der Einführung der Chinolone. Inzwischen ist die Behandlung recht komplex geworden“, schrieb Univ.-Prof. Dr. Florian Thalhammer, Klinische Abteilung für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin, MUW, im Editorial zum Konsensusdokument „Akuter Harnwegsinfekt“, das von der ÖGIT gemeinsam mit der Österreichischen Gesellschaft für Urologie und Andrologie (ÖGU) und dem Berufsverband der Österreichischen Urologen (bvU) erstellt und von „Medical Dialogue“ realisiert wurde. Es KeyPoints • Therapie akuter HWI ist heute relativ komplex geworden • Unkomplizierte HWI bei Frauen viel häufiger als bei Männern • Verzicht auf Harndiagnostik bei akuten unkomplizierten HWI möglich; andernfalls ist eine Harnkultur (keine Eintauchmedien!) der diagnostische Goldstandard • Resistenzen gramnegativer Erreger gegen Chinolone und Ceph 3 in den letzten Jahren gestiegen – Einsatz dieser Substanzen beim HWI vermeiden! • Empirische Auswahl des Antibiotikums u.a. nach oraler Bioverfügbarkeit und lokaler Resistenzsituation jatros I Seite 28 handelt sich hier um das erste österreichische Konsensusstatement zu diesem Thema. Männern überhaupt gibt, wird wissenschaftlich kontrovers diskutiert. Mikrobiologische Diagnostik Der Grund für diese Entwicklung ist der massive Einsatz einerseits von Chinolonen, andererseits von Cephalosporinen der dritten Generation, wodurch sich die Resistenzsituation der Haupterreger akuter Harnwegsinfekte dramatisch verändert hat. Mehr als 75% aller unkomplizierten Zystitiden bei Frauen werden durch E. coli verursacht, alle anderen Erreger wie Proteus mirabilis, Klebsiella pneumoniae, Enterokokken oder Staphylococcus saprophyticus liegen in der Häufigkeit jeweils unter 5%. Definitionen und Epidemiologie Ein Harnwegsinfekt (HWI) ist per definitionem symptomatisch – davon zu unterscheiden ist die asymptomatische Bakteriurie. Eine weitere Unterscheidung ist jene zwischen unkompliziertem und kompliziertem HWI. Als unkompliziert wird ein HWI dann eingestuft, wenn keine relevanten funktionellen oder anatomischen Anomalien im Harntrakt, keine relevanten Nierenfunktionsstörungen und keine relevanten Begleiterkrankungen vorliegen, die einen HWI bzw. Komplikationen begünstigen. Komplizierende Faktoren können angeborene oder erworbene, anatomische oder funktionelle Veränderungen sein. Ein unkomplizierter HWI tritt bei prämenopausalen nicht schwangeren Frauen mit einer Inzidenz von bis zu 0,7 pro Patientin und Jahr auf, während bei Männern unter 50 Jahren lediglich eine Inzidenz von 60/100.000/ Jahr zu verzeichnen ist. Die Frage, ob es einen unkomplizierten HWI bei In der Praxis kann beim akuten unkomplizierten HWI auf eine Harndiagnostik verzichtet werden. In allen anderen Szenarien (Versagen der Ersttherapie, komplizierter HWI) sollte eine weiterführende Diagnostik erfolgen. Der Goldstandard dafür ist die Harnkultur aus Nativharn (bei Verdacht auf Pyelonephritis zusätzlich Blutkulturen). Wichtig ist es, dem mikrobiologischen Labor die Art der Harngewinnung mitzuteilen (Mittelstrahlharn/Katheterharn). Zu bevorzugen ist Morgenharn (≥4h nach letzter Miktion) vor Beginn der antibiotischen Therapie. Eintauchnährböden sind nur dann zu verwenden, wenn es zu Verzögerungen beim Transport oder bei der Bearbeitung im Labor kommt. Eintauchnährmedien lassen das Wachstum seltener Erreger oder die Durchführung von Hemmstofftests nicht zu und erschweren – vor allem bei unsachgemäßer Beimpfung – die Keimzahlbestimmung und das Erkennen von Mischkulturen. 4/12 Ausgabe Österreichische Gesellschaft für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin Österreichische Resistenzdaten Im AURES-Bericht erfasste österreichische Resistenzdaten zeigen für E. coli eine Resistenzrate von 44% gegen Ampicillin/Amoxicillin (Tendenz über drei Jahre jedoch sinkend) und von 26% gegenüber Trimethoprim/Sulfamethoxazol und von 18% gegenüber Chinolonen (ebenfalls mit jeweils sinkender Tendenz). Im Ansteigen ist die Resistenz gegen Cephalosporine der ersten (10,5%), zweiten (8%) und dritten Generation (6,7%). Die Resistenzraten gegen Nitrofurantoin (2,1%), Fosfomycin (2,5%) und Aminoglykoside (5,2%) sind weiterhin niedrig und zeigen zudem ebenfalls eine sinkende Tendenz. Zu diesen Daten ist aber kritisch anzumerken, dass sie den unkomplizierten HWI nur bedingt abbilden, da anzunehmen ist, dass der größere Teil der Isolate von komplizierten oder rezidivierenden Infektionen stammt. infektiologie Die Auswahl von Antibiotika als Mittel der Wahl bei akutem, unkompliziertem HWI kann nicht allein aufgrund der aktuellen Resistenzsituation erfolgen, sondern muss die Trends der gesamten Resistenzentwicklung im Sinne von Antibiotic-Stewardship-Bemühungen in Betracht ziehen. So zeigten zwar die Resistenzraten von E. coli sowohl gegenüber Chinolonen als auch gegenüber Cephalosporinen der dritten Generation (Ceph 3) in den letzten Jahren keine großen Veränderungen. Anders verhält sich dies jedoch bei Klebsiella pneumoniae, einem ebenfalls wichtigen HWI-Erreger. Die Rate der Resistenz von K. pneumoniae gegenüber Chinolonen stieg zwischen 2009 und 2010 von 8,8 auf 18,4% und jene gegen Ceph 3 von 7,7 auf 12,5% an. Im AURES-Bericht 2011 (der erst nach Drucklegung des gegenständlichen Konsensus publiziert wurde) liegt die Rate der Resistenz von K. pneumoniae gegen Ceph 3 bei 13,1%, gegen Chinolone bei 16,1%. Die lokalen Resistenzraten müssen bei der Auswahl des Antibiotikums in jedem Fall beachtet werden. Therapie Zur Auswahl des Antibiotikums ist zu sagen, dass es sich um eine orale (Ausnahme: Pyelonephritis, bei der anfangs oft i.v. behandelt wird), im Harn ausreichend bioverfügbare Substanz handeln sollte. Tabelle 1 zeigt die Empfehlungen für die ambulante Therapie der akuten Zystitis. Weitere ausführliche Therapieempfehlungen sind im Konsensusdokument nachzulesen. n Bericht: Dr. Norbert Hasenöhrl Quelle: Konsensusstatement „Akuter Harnwegsinfekt“, Medical Dialogue, Juni 2012 Herunterzuladen als pdf-Datei unter: www.oegit.eu, Menüpunkt „Publikationen“ Aktivität gegen (basierend auf AURES 2010) Wirkstoff Tagesdosis Therapiedauer (d) S. EnteroE. coli saprophykokken ticus ESBL FDA Heilungs- KollateralSchwangerrate schaden schaft 70–85% Amoxicillin 2–3x 1.000mg 5 nein ja ja nein Amoxicillin/ Clavulansäure 2x 1.000mg 5 ja ja ja ja, wenn ausgetestet Ampicillin/Sulbactam 2x 375– 750mg 5 ja ja ja ja, wenn ausgetestet Cefalexin 2–3x 1.000mg 5 ja ja nein nein Ciprofloxacin 1x 500mg 2x 250mg 3 ja ja nein nein Fosfomycin-Trometamol 1x 3.000mg 1 ja nein nein Levofloxacin 1x 500mg 3 ja ja Nitrofurantoin ret. 2x 100mg 5 ja 2–3x 400mg 3 Prulifloxacin 1x 600mg Trimethoprim 1x 400mg Pivmecillinam Therapiekosten AVP pro Pkg./ Therapiezyklus gering B € 13,35/ 14,30 gering B € 15,60/ 11,14 gering B € 24,40/ 40,67 ja NZ € 18,80/ 23,50 85–98% ja C € 13,75/ 8,25 ja, wenn ausgetestet 70–75% gering B € 9,15/ 9,15 nein nein 85-98% ja C € 27,90/ 23,65 nein E. faecalis ja 84–95% gering B € 8,20/ 8,20 ja nein nein ja, wenn ausgetestet 55–82% gering NZ € 12,20/ 24,40 1 ja ja nein nein ja C € 35,70/ 3,57 5 ja nein nein nein gering C € 4,65/ 4,65 79–98% 90– 100% Bedeutung der FDA-Kategorien: B = keine Teratogenität in Tierversuchen, keine guten, kontrollierten Studien bei schwangeren Frauen; C = Teratogenität in Tierversuchen, keine guten, kontrollierten Studien bei schwangeren Frauen, Anwendung mit Nutzen-Risiko-Abwägung; NZ = in den USA nicht zugelassen, daher keine FDA-Kategorisierung, dürfte als Betalaktam jedoch in die Kategorie B fallen. Quelle: Konsensusstatement „Akuter Harnwegsinfekt“ Tab. 1: Empfehlungen für die ambulante Therapie der akuten Zystitis 4/12 Ausgabe Seite 29 I jatros infektiologie cover-story Wundmanagement Lokaltherapie von Wundinfektionen Das Wundmanagement und die lokale Therapie von Wundinfektionen sind Gebiete, für die es wenige zuverlässige Daten gibt. Gleichzeitig wird eine Fülle von Antiseptika und Verbandsmaterialien angeboten. Im Rahmen eines „Giftigen Dienstags“ gab die Leiterin des Wundmanagements im KH Göttlicher Heiland, Dr. Isabella Holub, einen Überblick über die Prinzipien richtigen Wundmanagements. „Es gibt bis heute zum Thema Wundtherapie bzw. Wundmanagement keine allgemeingültigen Leitlinien und auch nur wenige gute klinische Studien“, sagte Dr. Isabella Holub, Wien. „Was es gibt, sind Konsensus- und Expertenempfehlungen, Anwendungsbeobachtungen, Fallstudien und natürlich klinische Erfahrung“, fuhr Holub fort. genden Schichten, die von einer Fülle verschiedener Grundkrankheiten ausgelöst werden können. Dazu gehören z.B. das Ulcus cruris venosum, arteriosum oder mixtum, das diabetische Fußsyndrom, die periphere arterielle Verschlusskrankheit, der Dekubitus, die posttraumatische oder postoperative Wundinfektion. Aber auch im Zuerst die Diagnose Auch für das Wundmanagement ist es zunächst notwendig, eine Diagnose zu stellen. „Wenn wir von Wunden sprechen, so meinen wir ja nicht oder jedenfalls nicht in erster Linie die Folge von Verletzungen, sondern wir sprechen von einem Spektrum von Läsionen der Haut und der darunter lie- Definition Bestandsdauer Akute Wunde ≤3 Wochen Komplizierte Wunde >3 Wochen, <3 Monate Chronische Wunde ≥3 Monate Tab. 1: Wundeinteilung nach Dauer des Bestehens. Quelle2 KeyPoints • Entstehen einer Wundinfektion abhängig von der Pathogenität/Virulenz des Mikroorganismus und der Immunkompetenz des Wirts • Mikrobielle Beurteilung allein ist keine zuverlässige Methode zur Diagnose einer Wundinfektion • Evidenzbasierte Hinweise zur klinischen Wirksamkeit topischer antimikrobieller Substanzen nur beschränkt aussagekräftig aufgrund großer Bandbreite von Wundtypen, verfügbarer Produkte, Kosten klinischer Studien • Gut gewählte lokale Therapie unterstützt die Wundheilung • Einsatz moderner Wundmaterialien wünschenswert • Dauerhafte Therapie muss immer kausal ansetzen jatros I Seite 30 I. Holub, Wien Rahmen von Lymphödemen, Neoplasien, wie z.B. Plattenepithelkarzinomen, Basaliomen oder Hautmetastasen, primären Dermatosen, z.B. Pyoderma gangraenosum, Vaskulitiden, metabolischen sowie hämatologischen Erkrankungen können Wunden auftreten“, erläuterte Holub. Dementsprechend gibt es auch verschiedene Möglichkeiten, Wunden einzuteilen. Neben der Grundkrankheit ist die Dauer des Bestehens der Wunde ein Kriterium von gewisser praktischer Bedeutung (Tab. 1). Auch das Erkennen von Wundinfektionen bzw. deren Abgrenzung zu anderen, klinisch sehr ähnlich aussehenden Zustandsbildern ist keineswegs einfach. Die Europäische Organisation für Wundmanagement (EWMA; www. ewma.org) hat in einem Positionsdokument klinische Stadien zur Ermittlung einer therapeutischen Strategie definiert.1 Sie sind in Tabelle 2 dargestellt. „Eine wichtige Botschaft ist sicher, dass die Diagnose einer Wundinfektion primär klinisch zu stellen ist“, betonte Holub. Da nahezu jede chronische Wunde mikrobiell besiedelt, d.h. kolonisiert, jedoch keineswegs jede Wunde auch infiziert ist, kommt dem Wundabstrich keine entscheidende Rolle in der Diagnostik der Wundinfektion zu. Er dient vielmehr der Absicherung der Diagnose.1 4/12 Ausgabe Österreichische Gesellschaft für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin „Häufigste Erreger sich ausbreitender, echter Wundinfektionen sind Staphylokokken, Streptokokken und Enterokokken“, berichtete Holub. Wundabstriche sollten nach der Methode des „Essener Kreisels“ vorgenommen werden, d.h. Abstrichentnahme (nach Reinigung mit NaCl) unter leichtem Druck kreisend von außen nach innen über die gesamte Wundfläche (Abb.). infektiologie Antiseptika und Verbandsmaterialien Anforderungen an ein optimales Desinfektionsmittel sind möglichst geringe toxische Effekte auf das Gewebe, ein breites Wirkspektrum, eine geringe Inaktivierung durch Blut und Eiweiß, eine gute Verträglichkeit, ein geringes Risiko für allergische Reaktionen, Schmerzfreiheit (möglichst kein Brennen), keine Hemmung (evtl. sogar Förderung) der Wundheilung und nach Möglichkeit Farblosigkeit. „Empfohlen werden heute Polihexanid, Octenidin, PVP-Jod, silberhaltige Wundauflagen und – mit gewissen Einschränkungen – medizinischer Honig“, erklärte Holub. Nicht mehr zu empfehlen sind Chlorhexidin, Silbersulfadiazin, Ethanol (70%/10%), Farbstoffe wie Lugol etc. sowie Wasserstoffperoxid. Polihexanid zeigt Remanenz, fehlende Resorption sowie eine gewisse Förderung der Wundheilung; ein Nachteil ist der langsame Wirkungseintritt (5–20 min). Abb.: Wundabstrich – der Essener Kreisel. Abbildung nach2 Stadium 1 Octenidin zeichnet sich u.a. durch Remanenz, fehlende Resorption und raschen Wirkungseintritt (30 sec) aus, ein Nachteil ist die Knorpeltoxizität. Beschreibung Kommentar Wenige, subtile Zeichen einer Infektion (Geruchsbildung, Schmerzen oder Exsudatbildung in leichter Ausprägung) Der Heilungsprozess verläuft normal. 2 Zunehmende Zeichen einer Infektion (Geruch, Schmerzen oder Exsudatbildung nehmen zu) Der Heilungsprozess verläuft nicht mehr normal. 3 Offensichtliche Zeichen einer lokalen Infektion (Absonderung von Eiter mit Schwellung, Schmerzen, Erythembildung und lokaler Erwärmung) Hinweise auf eine Beteiligung des umgebenden Gewebes; das Wundbild erscheint abnorm bzw. verschlechtert sich (Cellulitis, Lymphangitis oder Gangrän). 4 Offensichtliche Zeichen einer lokalen bzw. Zeichen einer systemischen Infektion (Pyrexie und erhöhte Leukozytenzahlen) Mögliche Hinweise auf eine Beteiligung des umgebenden Gewebes, was zu einer Sepsis und Organversagen führen und lebensbedrohlich werden kann. Tab. 2: Klinische Stadien der Wundinfektion. Quelle: adaptiert nach2 4/12 Ausgabe Die Substanz darf nicht unter Druck ins Gewebe eingebracht werden, der Abfluss muss gewährleistet sein. PVP-Jod hat ein breites Wirkspektrum, wirkt bei längerer Einwirkzeit auch sporozid und ist billig. Nachteile sind die Resorption (KI: Hyperthyreose), die fehlende Remanenz, das allergische Potenzial und der Eiweiß- und Blutfehler (Inaktivierung durch Blut, Eiter und Wundexsudat, also gerade dort, wo die Wirkung nötig wäre). Silber (Ag) zeigt eine breite antimikrobielle Wirkung und kann auf verschiedene Trägermaterialien aufgebracht werden. Zu unterscheiden sind Trägermaterialien, die Ag abgeben, und solche, die es in fester Bindung enthalten. Nachteile von Ag sind mögliche Resorption, Zytotoxizität und Hemmung der Wundheilung. Zudem gibt es zwischen verschiedenen Ag-haltigen Verbandsmaterialien große Unterschiede im Silbergehalt. Auch Resistenzbildungen werden diskutiert. Medizinischer Honig weist eine breite antimikrobielle Wirkung auf, zeigt osmotisches Potenzial, fördert die Exsudatbildung und bewirkt keine Resistenzen. Als Naturprodukt ist allerdings die genaue Zusammensetzung variabel und es besteht grundsätzlich ein allergisches Potenzial. n Literatur: 1 European Wound Management Association (EWMA), London: MEP Ltd. 2006 Position Document: Management of wound infection. http://www.wundplattform. com/images/EWMA/management von wundinfektionen.pdf. Stand 2012/11/14 2 issemond J: When is a wound chronic? Hautarzt D 2006; 57(1): 55 Bericht: Dr. Norbert Hasenöhrl Quelle: Giftiger Dienstag, „Modernes Wundmanagement – ein Überblick“ 30. Oktober 2012, Wien Seite 31 I jatros infektiologie serie Nebenwirkungen von Antiinfektiva Teil 5/1: Dermatologische Toxizität – Definitionen & Differenzialdiagnosen Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) können viele Organe betreffen, die Haut ist aber Zielorgan Nummer eins, gefolgt von Leber, Lunge, Kreislauf, blutbildendem System und ZNS. Der Dermatologe Univ.-Doz. Dr. Stefan Wöhrl stellt hier Definitionen und Differenzialdiagnosen von durch Antiinfektiva verursachten dermatologischen Störungen dar. Die Therapie wird im nächsten Heft ausgeführt. Generell sind UAW ein häufiges medizinisches Problem. In einer portugiesischen Studie gaben 7,8% einer Zufallsstichprobe an, ein Medikament „nicht vertragen“ zu haben.1 Penicilline und Betalaktam-Antibiotika allgemein führten mit 4,5% vor nichtsteroidalen Antirheumatika mit 1,9%. Alle übrigen Medikamentenklassen kamen lediglich auf 1,5%. Ungefähr 65% der weltweit verkauften Antibiotika stammen aus der Gruppe der Betalaktame.2 Das klinische Spektrum reicht von milden Exanthemen (lichenoides Arzneimittelexanthem, Abb. 1) bis zur lebensbedrohenden toxischen epidermalen Nekrolyse (Abb. 2). Im klinischen Alltag kommt es häufig zum Problem, dass bei einem Patienten eine UAW auf ein Antibiotikum anamnestisch bekannt ist, er aber dennoch mit einem Antibiotikum behandelt werden muss. Trotz der Häufigkeit von UAW sind Todesfälle glücklicherweise selten und rangieren zwischen 0,15% und 0,32% aller Todesfälle in Krankenhäusern.3 2. Inaktivierung eines Medikaments: z.B. durch Biotransformation, etwa hepatische Glukuronidierung 3. Immunantwort: z.B. der individuelle MHC-Lokus, auf dem Antigene wie Arzneimittel den T-Zellen präsentiert werden 4. Gewebeschaden und -reparatur: z.B. Zytokine Pathophysiologie UAW sind komplexe Vorgänge, die von vielgestaltigen Wechselwirkungen zwischen Genen und ihrer Umwelt abhängen. Vier verschiedene Abläufe beeinflussen die Biologie einer UAW: 1. Bioaktivierung eines Arzneimittels: z.B. durch „First-Pass-Mechanismus“ in der Leber KeyPoints • Haut ist Zielorgan Nr. 1 für UAW, wobei Antibiotika (v.a. Betalaktame) zu den häufigsten Verursachern zählen • Spektrum der möglichen dermatologischen UAW reicht vom leichten Arzneimittelexanthem bis zur lebensbedrohlichen toxischen epidermalen Nekrolyse • Zwei Typen von UAW – A und B – unterscheiden sich durch Häufigkeit, Vorhersehbarkeit und pharmakologische Erklärbarkeit • Häufigste Allergieformen im Rahmen von dermatologischen UAW sind die Typ-1und die Typ-4-Reaktion jatros I Seite 32 S. Wöhrl, Wien Wichtige Kofaktoren sind Entzündungen, die unspezifische Gefahrensignale freisetzen. Bekannte Risikofaktoren für das Auftreten einer UAW sind chronische Infektionen mit HIund Herpes-Viren (vor allem EBV und CMV). Auch häufige Arzneimittelexposition ist ein wichtiger Umweltfaktor, wie z.B. die häufige Anwendung von Antibiotika bei Patienten mit zystischer Fibrose. Typen der UAW In dieser Übersichtsarbeit wird vor allem auf UAW der Typen A und B als Reaktion auf Betalaktame eingegangen. Zunächst sollen die verschiedenen Typen der UAW definiert werden. Typ-A-Reaktionen („augmented reaction“ = übertrieben starke Reaktion) können pharmakologisch erklärt werden, sind häufig, vorhersehbar und können bei jedem Patienten vorkom4/12 Ausgabe Österreichische Gesellschaft für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin Abb. 1: Lichenoides Arzneimittelexanthem men. Sie machen ca. 90% aller UAW aus und sind zumeist in der Fachinformation des jeweiligen Medikaments angegeben. Solche UAW sind üblicherweise schon vor der Registrierung eines Arzneimittels aus den Zulassungsstudien bekannt: z.B. Diarrhö oder vaginale Pilzinfektion nach Antibiotikatherapie; „Red Man“-Syndrome nach zu schneller i.v. Verabreichung von Vancomycin. Typ-B-Reaktionen („bizarr“) sind selten, nicht vorhersehbar, pharmakologisch nicht erklärbar und bleiben auf dafür empfängliche Patienten beschränkt. Typ-B-Reaktionen machen ca. 10% aller UAW aus. Beispiele dafür sind das klassische Arzneimittelexanthem (Abb. 1), die allergische Urtikaria/das allergische Angioödem und die „Drug-induced Liver Injury“ (DILI) auf Aminopenicilline. Typen der Allergie Gemäß der neuen Terminologie der „World Allergy Organization“ (WAO) sollte der Begriff „Arzneimittelallergie“ auf Patienten mit einem nachgewiesenen immunologischen Pathomechanismus beschränkt werden. Die Zusätze „sofort“ („immediate“ = Typ I = IgE-vermittelt) und „verzögert“ („delayed“ = Typ IV = T-Zell-vermittelt) sollen die zeitliche Dynamik und den wahrscheinlichen immunologischen Hintergrund beschreiben. Soforttypallergien (= Typ-I-Reaktionen) sind IgE-vermittelt. Hier ist the4/12 Ausgabe Quelle und Copyright: S. Wöhrl Quelle und Copyright: S. Wöhrl infektiologie Abb. 2: Toxische epidermale Nekrolyse oretisch das gesamte Spektrum, beginnend mit der milden Hautreaktion (lokale Schwellung, Urtikaria, Grad I) bis hin zur Anaphylaxie (allergischer Schock, Grad IV), möglich. Die Mehrzahl der Reaktionen beschränkt sich allerdings auf die milden Grad-I-Reaktionen der Haut wie Flush, Pruritus und Urtikaria. Sie können bei bereits zuvor immunologisch sensibilisierten Patienten innerhalb weniger Minuten nach der Erstverabreichung auftreten. Die zweite häufige Form ist die Spättypallergie (Typ-IV-Reaktion). Sie tritt bei Neusensibilisierung üblicherweise am neunten Tag der Antibiotikagabe auf, bei bereits sensibilisierten Patienten jedoch früher, zumeist bereits nach zwei bis fünf Tagen. Das klinische Reaktionsmuster beschränkt sich auf Hauterscheinungen, im klassischen Fall auf das makulopapulöse Exanthem. Dieses ist meist unkompliziert und selbstlimitiert und heilt ohne spezifische Behandlung nach Absetzen des Auslösers ab. Selten sind fixe Arzneimittelexantheme und die generalisierte exanthematische Pustulose (AGEP). Noch seltener sind die schweren kutanen Arzneimittelreaktionen: Erythema multiforme (EEM – <10% der Körperoberfläche [KOF] betroffen), Stevens-Johnson-Syndrom (SJS – 10–30% KOF betroffen) und toxische epidermale Nekrolyse (TEN – >30% der KOF betroffen; Abb. 2). Die Mortalität hängt vom Ausmaß der betroffenen KOF ab und wird für die TEN mit ungefähr 50% angegeben. Differenzialdiagnosen Nicht jede Reaktion nach Anwendung von Arzneimitteln ist auf das Medikament zurückzuführen. Die häufigste Differenzialdiagnose einer Typ-1-Reaktion bei gleichzeitiger Antibiotikagabe ist die infektassoziierte Urtikaria/ Angioödem mit einer Lebenszeitprävalenz von ca. 20%.4 Bei Kindern und älteren Menschen mit reduzierter Leber- oder Nierenfunktion kann schon eine normale Standarddosierung eines Medikaments zur Intoxikation führen. Virale Exantheme sind klinisch kaum von Typ-4-Arzneimittelexanthemen zu unterscheiden. Das auslösende Virus ist in der Praxis fast nie nachweisbar. Gleichzeitig sind chronische Virusinfektionen mit HIV, EBV und CMV die wichtigsten Kofaktoren für die Entwicklung einer echten Typ-4-Arzneimittelallergie (siehe Einleitung). n Literatur: 1 Gomes E et al, Clin Exp Allergy 2004; 34(10): 15971601 2 Elander RP, Appl Microbiol Biotechnol 2003; 61(5-6): 385-392 3 Budnitz DS et al, JAMA 2006; 296(15): 1858-1866 4 Nettis E et al, Br J Dermatol 2003;148(3): 501-506 Autor: Priv.-Doz. Mag. rer. nat. Dr. med. Stefan Wöhrl Floridsdorfer Allergiezentrum Franz-Jonas-Platz 8/6, 1210 Wien E-Mail: [email protected] Web: http://www.faz.at Redaktion: Dr. Norbert Hasenöhrl Seite 33 I jatros infektiologie fachkurzinformationen Fachkurzinformation zu Inserat auf dem Cover und Seite 2 sowie dem Bericht auf Seite 15 Zinforo 600 mg Pulver zur Herstellung eines Konzentrats für eine Infusionslösung. Pharmakotherapeutische Gruppe: Antibiotika zur systemischen Anwendung, andere Cephalosporine, ATC-Code: J01DI02. QUALITATIVE UND QUANTITATIVE ZUSAMMENSETZUNG. Jede Durchstechflasche enthält Ceftarolinfosamilacetat (1:1) 1 H2O, entsprechend 600 mg Ceftarolinfosamil. Nach Rekonstitution enthält 1 ml Lösung 30 mg Ceftarolinfosamil. Sonstige Bestandteile. Arginin. ANWENDUNGSGEBIETE. Zinforo wird angewendet bei Erwachsenen zur Behandlung der folgenden Infektionen (siehe Abschnitte 4.4 und 5.1): • Komplizierte Haut- und Weichgewebeinfektionen • Ambulant erworbene Pneumonie. Die offiziellen Richtlinien für den angemessenen Gebrauch von antibakteriellen Wirkstoffen sind zu berücksichtigen. GEGENANZEIGEN. Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der in Abschnitt 6.1 genannten sonstigen Bestandteile.Überempfindlichkeit gegen Cephalosporin-Antibiotika. Plötzlich einsetzende und schwere Überempfindlichkeitsreaktionen (z. B. anaphylaktische Reaktion) gegen jegliche andere Art von Betalactam-Antibiotika (z. B. Penicilline oder Carbapeneme). 7. INHABER DER ZULASSUNG. AstraZeneca AB. S-151 85 Södertälje. Schweden. VERSCHREIBUNGSPFLICHT/APOTHEKENPFLICHT. Rezept- und apothekenpflichtig. Stand: 23August 2012. Informationen zu den Abschnitten „Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen, Schwangerschaft und Stillzeit, Nebenwirkungen sowie den Gewöhnungseffekten sind der veröffentlichten Fachinformation (z.B. Austria Codex) zu entnehmen. Fachkurzinformation zu Inserat auf Seite 26 Tamiflu® 30 / 45 / 75 mg Hartkapseln. Qualitative und quantitative Zusammensetzung: Jede Hartkapsel enthält Oseltamivir-phosphat, entsprechend 30 / 45 / 75 mg Oseltamivir. Tamiflu® 6 mg/ml Pulver zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen. Qualitative und quantitative Zusammensetzung: Jeder ml der rekonstituierten Suspension enthält 6 mg Oseltamivir. Eine Flasche der zubereiteten Suspension (65 ml) enthält 390 mg Oseltamivir. Sonstige Bestandteile mit bekannter Wirkung: 5 ml Oseltamivir Suspension liefert 0,9 g Sorbitol. 7,5 ml Oseltamivir Suspension liefert 1,3 g Sorbitol. 10 ml Oseltamivir Suspension liefert 1,7 g Sorbitol. 12,5 ml Oseltamivir Suspension liefert 2,1 g Sorbitol. Anwendungsgebiete: Therapie der Influenza. Bei Patienten ab einem Jahr mit influenzatypischen Symptomen, wenn das Influenzavirus in der Bevölkerung auftritt. Die Wirksamkeit konnte nachgewiesen werden, wenn die Behandlung innerhalb von zwei Tagen nach erstmaligem Auftreten der Symptome begonnen wurde. Diese Indikation basiert auf klinischen Studien an natürlich vorkommender Influenza, bei welcher die vorherrschende Infektion Influenza A war (siehe veröffentlichte Fachinformation Abschnitt 5.1 „Pharmakodynamische Eigenschaften“). Tamiflu ist während eines pandemischen Influenzaausbruchs für die Behandlung von Säuglingen unter 1 Jahr indiziert (siehe veröffentlichte Fachinformation Abschnitt 5.2 „Pharmakokinetische Eigenschaften“). Der behandelnde Arzt sollte die Pathogenität des zirkulierenden Stammes und den zugrunde liegenden Gesundheitszustand des Patienten berücksichtigen, um sicherzustellen, dass es einen potenziellen Nutzen für das Kind gibt. Prophylaxe der Influenza. - Postexpositions-Prophylaxe bei Personen im Alter von 1 Jahr oder älter nach Kontakt mit einem klinisch diagnostizierten Influenzafall, wenn das Influenzavirus in der Bevölkerung zirkuliert. - Die angemessene Anwendung von Tamiflu zur Prophylaxe einer Influenza sollte von Fall zu Fall auf Basis der Umstände und der Populationen, welche einen Schutz benötigen, beurteilt werden. In Ausnahmesituationen (z.B. in Fällen einer Diskrepanz zwischen den zirkulierenden und den im Impfstoff enthaltenen Virusstämmen, und einer pandemischen Situation) kann eine saisonale Prophylaxe bei Personen im Alter von einem Jahr oder älter erwogen werden. - Tamiflu ist während eines pandemischen Influenzaausbruchs bei Säuglingen unter 1 Jahr zur Postexpositions-Prophylaxe indiziert (siehe veröffentlichte Fachinformation Abschnitt 5.2 „Pharmakokinetische Eigenschaften“). Tamiflu ist kein Ersatz für eine Grippeschutzimpfung. Über die Anwendung von antiviralen Arzneimitteln für die Behandlung und Prophylaxe von Influenza sollte auf der Basis offizieller Empfehlungen entschieden werden. Die Entscheidung hinsichtlich des Einsatzes von Oseltamivir zur Behandlung und Prophylaxe sollte die Erkenntnisse über die Eigenschaften der zirkulierenden Influenzaviren, die in der jeweiligen Saison verfügbaren Informationen über die Empfindlichkeit gegenüber Arzneimitteln gegen Influenza und das Ausmaß der Krankheit in verschiedenen geografischen Gebieten und Patientengruppen berücksichtigen (siehe veröffentlichte Fachinformation Abschnitt 5.1 „Pharmakodynamische Eigenschaften“). Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile. Liste der sonstigen Bestandteile: Tamiflu 30 / 45 / 75 mg Hartkapseln: Kapselinhalt: Vorverkleisterte Stärke (Mais), Talkum, Povidon, Croscarmellose-Natrium, Natriumstearylfumarat. Tamiflu 30 mg Hartkapseln: Kapselhülle: Gelatine, Eisen(III)-hydroxid-oxid x H2O, Eisen(III)-oxid (E172), Titandioxid (E 171). Tamiflu 45 mg Hartkapseln: Kapselhülle: Gelatine, Eisen(II,III)-oxid (E 172), Titandioxid (E 171). Tamiflu 75 mg Hartkapseln: Kapselhülle: Gelatine, Eisen(III)-hydroxid-oxid x H2O, Eisen(III)-oxid (E 172), Eisen(II,III)-oxid (E 172), Titandioxid (E 171). Tamiflu 30 / 45 / 75 mg Hartkapseln: Drucktinte: Schellack, Titandioxid (E 171), Indigocarmin (E 132). Tamiflu 6 mg/ml: Sorbitol (E 420), Natriumdihydrogencitrat (E 331[a]), Xanthangummi (E 415), Natriumbenzoat (E 211), Saccharin-Natrium (E 954), Titandioxid (E 171), Tutti-Frutti-Aroma (enthält Maltodextrine [Mais], Propylenglycol, Arabisches Gummi [E 414] und naturidentische Aromastoffe [hauptsächlich bestehend aus Bananen-, Ananas- und Pfirsich-Aroma]). Inhaber der Zulassung: Roche Registration Limited, 6 Falcon Way, Shire Park, Welwyn Garden City, AL7 1TW, Vereinigtes Königreich Verschreibungspflicht/Apothekenpflicht: rezept- und apothekenpflichtig, wiederholte Abgabe verboten. Pharmakotherapeutische Gruppe: Antivirale Mittel zur systemischen Anwendung, Neuraminidase-Hemmer, ATC-Code: J05AH02. Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen sowie Informationen zu Schwangerschaft und Stillzeit und zu Nebenwirkungen sind der veröffentlichten Fachinformation zu entnehmen.September 2012 Fachkurzinformation zu Inserat auf Seite 36 Victrelis 200 mg Hartkapseln. Qualitative und quantitative Zusammensetzung. Jede Harkapsel enthält 200 mg Boceprevir. Sonstiger Bestandteil mit bekannter Wirkung: Jede Kapsel enthält 56 mg LactoseMonohydrat. Liste der sonstigen Bestandteile: Kapselinhalt: Natriumlaurylsulfat, mikrokristalline Zellulose, Lactose-Monohydrat, Croscarmellose-Natrium, vorverkleisterte Stärke, Magnesiumstearat. Kapselhülle: Gelatine, Titandioxid (E 171), Eisen(III)-hydroxid-oxid (E 172), Eisen(III)-oxid (E172). Rote Aufdruckfarbe: Schellack, Eisen(III)-oxid (E172). Anwendungsgebiete. Victrelis ist indiziert zur Behandlung der chronischen Hepatitis C (CHC)-Infektion vom Genotyp 1 in Kombination mit Peginterferon alfa und Ribavirin bei erwachsenen Patienten mit kompensierter Lebererkrankung, die nicht vorbehandelt sind oder die nicht auf eine vorangegangene Therapie angesprochen bzw. einen Rückfall erlitten haben. Gegenanzeigen. Victrelis in Kombination mit Peginterferon alfa und Ribavirin ist kontraindiziert bei: • Patienten mit einer Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der in Abschnitt 6.1 genannten sonstigen Bestandteile. • Patienten mit Autoimmunhepatitis. • gleichzeitiger Anwendung von Arzneimitteln, deren Clearance in hohem Maße von CYP3A4/5 abhängt und bei denen erhöhte Plasmakonzentrationen mit schwerwiegenden und/oder lebensbedrohlichen Ereignissen assoziiert sind, beispielsweise bei oraler Anwendung von Midazolam und Triazolam, Bepridil, Pimozid, Lumefantrin, Halofantrin, Tyrosin-Kinase-Inhibitoren, Simvastatin, Lovastatin und Ergotderivaten (Dihydroergotamin, Ergonovin, Ergotamin, Methylergonovin). • Schwangerschaft. Weiterführende Informationen siehe „Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels“ “(Fachinformation) von Ribavirin bzw. Peginterferon alfa. Fertilität, Schwangerschaft und Stillzeit. Schwangerschaft. Victrelis in Kombination mit Ribavirin und Peginterferon alfa ist bei schwangeren Frauen kontraindiziert. Es wurden keine Auswirkungen auf die fetale Entwicklung bei Ratten und Kaninchen beobachtet. Es liegen keine Daten zur Anwendung von Victrelis bei schwangeren Frauen vor. Mit besonderer Sorgfalt ist aufgrund der kombinierten Anwendung mit Peginterferon alfa und Ribavirin darauf zu achten, dass eine Schwangerschaft bei weiblichen Patienten oder Frauen von männlichen Patienten vermieden wird. Daher müssen Frauen im gebärfähigen Alter wirksame Methoden zur Empfängnisverhütung während der Behandlung sowie bis zu 4 Monate nach Beendigung der Therapie anwenden. Männliche Patienten oder deren Partnerinnen müssen eine wirksame Empfängnisverhütung während der Behandlung sowie bis zu 7 Monate nach Beendigung der Therapie anwenden. Weiterführende Informationen siehe „Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels“ (Fachinformation) von Ribavirin bzw. Peginterferon alfa. Stillzeit. Boceprevir/Metaboliten gehen bei der Ratte in die Milch über. Es ist nicht bekannt, ob Boceprevir in die menschliche Muttermilch übergeht. Ein Risiko für das Neugeborene/den Säugling kann nicht ausgeschlossen werden. Es muss die Entscheidung getroffen werden, das Stillen zu unterbrechen oder die Behandlung mit Victrelis zu unterbrechen oder auf sie zu verzichten. Dabei sind sowohl der Nutzen des Stillens für das Kind als auch der Nutzen der Therapie für die Frau zu berücksichtigen. Fertilität. Es sind keine Daten zu den Auswirkungen von Victrelis auf die Fertilität beim Menschen verfügbar. Auswirkungen auf Fertilität und Sertoli-Zellen wurden bei Ratten, nicht jedoch bei Mäusen und Affen beobachtet. Klinische Daten (Samenanalysen und Inhibin B-Spiegel -[ein Glykoprotein, das durch Sertoli-Zellen produziert und als Surrogat-Marker für die Hodenfunktion verwendet wird]) ergaben keinen Hinweis auf eine veränderte Hodenfunktion. Die vorliegenden pharmakodynamischen/toxikologischen Daten an Ratten zeigten, dass Boceprevir/Metaboliten Auswirkungen auf die Fertilität zeigten, die jedoch bei Weibchen reversibel waren. Inhaber der Zulassung. Merck Sharp & Dohme Ltd. Hertford Road, Hoddesdon. Hertfordshire EN11 9BU. Vereinigtes Königreich. Stand der Information Juli 2012. Rezeptpflicht/Apothekenpflicht. Rezept- und apothekenpflichtig. Pharmakotherapeutische Gruppe: Antivirale Mittel zur systemischen Anwendung, Proteasehemmer, ATC-Code: J05AE12. Weitere Angaben zu Dosierung, Art und Dauer der Anwendung, Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen mit anderen Mitteln, Auswirkung auf die Verkehrstüchtigkeit und das Bedienen von Maschinen, Nebenwirkungen, Überdosierung, pharmakologische Eigenschaften und pharmazeutische Angaben sind der veröffentlichten Fachinformation zu entnehmen. jatros I Seite 34 4/12 Ausgabe BLUTSPENDEN Bei Geburten kommt es immer wieder zu Komplikationen. Wussten Sie, dass Mütter und ihre Neugeborenen bis zu 20.000 Blutkonserven brauchen? Jedes Jahr. Mit Ihrer Blutspende schenken Sie Leben. www.blut.at VICTRELIS ® GEWINNER PRIX GALIEN 2012 1 VICTRELIS® (Boceprevir) – Ihr Partner bei der Bekämpfung von chronischer Hepatitis C (HCV) vom Genotyp 1 (G1) ANWENDUNGSGEBIETE VICTRELIS® (Boceprevir, MSD) ist indiziert zur Behandlung der chronischen Hepatitis C (CHC)-Infektion vom Genotyp 1 in Kombination mit Peginterferon alfa und Ribavirin bei erwachsenen Patienten mit kompensierter Lebererkrankung, die nicht vorbehandelt sind oder die nicht auf eine vorangegangene Therapie angesprochen bzw. einen Rückfall erlitten haben. 2 Vor Verschreibung beachten Sie bitte die vollständige Fachinformation. Merck Sharp & Dohme Ges.m.b.H., EURO PLAZA Gebäude G, 5. Stock, Am Euro Platz 2, A-1120 Wien ® Registered Trademark © Copyright 2010 Merck Sharp & Dohme Corp., a subsidiary of Merck & Co., Inc., Whitehouse Station, NJ, USA. All rights reserved. 1 2 Ein Gewinner in der Sparte „best pharmaceutical agent“. http://www.prix-galien-usa.com Fachinformation VICTRELIS®, Stand: Juli 2012 Erstellt: November 2012, 11-13-INFC-1063404-0000 Fachkurzinformation siehe Seite 34