Porphyrkuppenlandschaft bei Landsberg

Werbung
Porphyrkuppenlandschaft bei Landsberg
Landkreis:
Verordnung:
Größe:
Codierung:
Saalekreis (SK)
VO Saalkreis v. 13.10.1999 (Saalkreis Kurier. - 7(1999)11 v. 28.10.1999,
S. 4)
276 ha
LSG0069SK_
Im LSG liegt das Gebiet:
Code
EU-Nr.
Name
FFH0181
DE 4438 301
Porphyrkuppen westlich Landsberg
Anteil (%)
99,77
Blick von Südosten auf den Spitzberg (Juni 2002)
Foto: S. Ellermann
Gebietsbeschreibung
Das LSG erfasst in Ergänzung des LSG „Petersberg“ einen Ausschnitt des östlichen Teils der
Porphyrkuppenlandschaft im nördlichen Saalkreis. Zwischen den Städten Hohenturm und Landsberg
südlich der B 100 gelegen, schließt das Landschaftsschutzgebiet drei Porphyrkuppen mit
angrenzenden Teilen der Agrarlandschaft ein.
Das Schutzgebiet liegt in der Landschaftseinheit Hallesches Ackerland.
Die Porphykuppenlandschaft des LSG umfasst einen Ausschnitt der flachwelligen Agrarlandschaft,
aus der sich die Porphyrkuppen Gützer Berg, Pfarr- und Spitzberg bis zu 30 m weithin sichtbar
herausheben. Mit 136,3 m ü. NN gehört der Spitzberg als höchste der drei Kuppen zu den kleineren
Porphyrkuppen des Halleschen Vulkanitgebietes, welches mit 250,4 m ü. NN am Petersberg den
höchsten Punkt erreicht.
Der größte Teil des LSG wird ackerbaulich genutzt, weswegen weitreichende Sichtbeziehungen
bestehen. Die steilen Hänge der Porphyrkuppen und die größeren Gehölze bilden markante und
Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt
weithin sichtbare Orientierungs- und Identifikationspunkte in der freien, unbebauten Feldflur. Durch
ihren Strukturreichtum und die attraktiven jahreszeitlichen Aspekte der Gehölze und Magerrasen sind
die Porphyrdurchragungen prägende Bestandteile einer erlebnisreichen Landschaft.
Auch die nahen Städte Hohenturm und Landsberg liegen auf bzw. um Porphyrkuppen. Der
Kapellenberg von Landsberg überragt mit einer Höhe von 148 m ü. NN die Porphyrkuppen der
Umgebung und wird durch die weithin sichtbare Doppelkapelle gekrönt.
Das Landschaftsschutzgebiet wird von der Eisenbahnstrecke Halle-Berlin durchzogen; diese hat eine
trennende Wirkung, kann aber nördlich des Pfarrberges gequert werden.
Landschafts- und Nutzungsgeschichte
Der älteste Fund aus dem Gebiet des LSG stammt aus der Kiesgrube südwestlich des Pfarrberges.
Es handelt sich hierbei um einen Mammutstoßzahn, der aus dem Beginn der letzten (Weichsel-)
Eiszeit stammen dürfte und in ca. 8 m Tiefe vom Bagger erfasst wurde.
Die aus der Lössebene emporragenden und über weite Strecken sichtbaren Porphyrkuppen des LSG
wurden seit der mittleren Jungsteinzeit als Landmarken genutzt und für die Errichtung von Grabhügeln
auserkoren. Die Grabhügel wurden damit durch den Unterbau zu riesigen Mausoleen für die Toten.
Ein Grabhügel gab dabei dem Spitzberg seinen Namen. Seine markante Erscheinung gab schon früh
Anlass zur Schatzsuche. Der Grabhügel wurde von der Baalberger Kultur errichtet. Spätere Kultu -ren
suchten den Hügel wiederholt als Bestattungsplatz auf, so die nachfolgende Salzmünder Kultur. In der
späten Jungsteinzeit wurde der Hügel von der Schnurkeramikkultur weiter aufgehöht. Die jüngsten
Gräber stammen aus der späten Bronzezeit. Auf dem Gützer Berg (früher Reinsdorfer Berg) wurden
gleich mehrere Grabhügel errichtet, die bereits in den 1830er Jahren durchwühlt wurden. Die ältesten
datieren wieder aus der Jungsteinzeit. Auch die seichte Erhebung zwischen dem Gützer und
Spitzberg wurde als Bestattungsplatz genutzt, diesmal von der Schnurkeramikkultur.
Durch die sakrale Nutzung der Berge als Bestattungsplätze und Orte der Verehrung und Begegnung
mit den Ahnen dürfte das Areal innerhalb des LSG als Tabuzone gegolten haben. So lagen die
zeitgleichen Siedlungen der auf den Porphyrkuppen bestattenden Kulturen beidseits des
Strengbaches im Bereich der heutigen Ortschaften Piltitz, Gütz, Roitzschgen, Landsberg, Schwätz,
Reinsdorf und Gollma, wo sich beispielsweise eine über 10 ha große, mit einem Doppelgraben
befestigte, Siedlung der Salzmünder Kultur befand. In diesem Gebiet finden sich auch die Siedlungen
und Gräberfelder der nicht auf den Porphyrkuppen bestattenden Kulturen: Aunjetitzer Kultur und
Früheisenzeit. Nur eine, zudem mit einem Graben befestigte Anlage, befand sich unmittelbar am
Nordrand des LSG, allerdings ist deren Datierung unbekannt.
In diesem Zusammenhang sei der Kapellenberg von Landsberg genannt. Er wurde von den Slawen
mit einem Wall und streckenweise wohl auch mit einem Graben umschlossen, wobei der Wall im
Norden (hier doppelt), Osten und Süden, wo er schon 1821 abgetragen wurde, gesichert ist, während
er im Westen von der mittelalterlichen Stadt überprägt ist, dort aber vermutlich dem Strengbach folgte.
Ein den Felsen eng einschließender Wall mit Blendmauer und vorgesetztem Grabenwird mit einem
sorbischen Herrensitz in Verbindung gebracht, wobei die Benennung der Flur zwischen den Wällen im
Nordosten als Kroitzschgraben auf (grod = Burg) verweist. Die befestigte Siedlung erscheint 961 in
den Urkunden unter der Bezeichnung civitas (Holm = Berg). Sie bildete den Hauptort des SiusiliGaues. Im 12. Jh. wurde von den Wettinern auf dem Felsen eine Burg erbaut. Zwischen Strengbach
und Burg entstand die deutsche Stadt Landsberg, während offenbar der Name Holm auf das
benachbarte Gollma überging. Unmittelbar südlich Landsberg befand sich auf dem Weg nach Gollma
am Strengbach eine befestigte Siedlung der Slawen.
Das Labyrinth (Troja-Burg) auf dem Gützer Berg wurde erst 1939 von den Schülern der Volksschule
Gütz unter der Anleitung des Lehrers Brühl angelegt. Vorbild war der Schwedenring von Steigra bei
Merseburg. Dafür wurden konzentrische, an den Enden in wechselnder Folge miteinander
verbundene Halbkreise derart mit dem Grabscheit aus dem Rasen ausgestochen, dass der
verbleibende, von den Gräben konturierte Rasensteg als schlangenförmiger Pfad durch das Labyrinth
führt. Dieser Pfad beginnt in der Mitte der Basis und endet im Mittelpunkt der Halbkreise, wo eine
kleine Säule stand, auf der die Himmelsrichtungen markiert waren. An der Seite war die Länge des
Pfades mit 400 m eingetragen. Das Labyrinth wurde um 1980 durch Soldaten der Roten Armee
zerstört und nach 1990 von ABM-Kräften wiederhergestellt.
Das heutige Erscheinungsbild der Landschaft wird durch Jahrhunderte lange Nutzung bestimmt. Die
Kuppen und Hänge wurden ehemals durch Schafhutung als Offenlandstandorte entwickelt. Die dort
vorhandenen Halbtrockenrasen und Heiden sind Resultat dieser Nutzung. Gehölze wuchsen erst
später. Die Aufforstung mit Nadelholz ist jüngeren Datums.
Die Gewinnung von Porphyr in kleinen Steinbrüchen trug zu einer Belebung des Landschaftsbildes
und zur Entstehung von Kleingewässern in der sonst gewässerarmen Landschaft bei.
Geologie, Boden, Hydrologie, Klima
Im Oberkarbon bis ins Rotliegende herrschteeine rege vulkanische Aktivität im Norden der heutigen
Stadt Halle und des Saalkreises. Der Vulkanismus wurde begleitet vom Aufdringen von bis zu
Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt
mehreren Kubikkilometer großen magmatischen Körpern in eine der damaligen Erdoberfläche nahen
Position. Einer dieser Intrusivkörper bildet den so genannten Landsberger Porphyr, ein
grobporphyrischer Rhyolith mit einer überwiegend mikrogranitischen Grundmasse und
charakteristischen, etwa 1 cm großen Feldspat-Großkristallen. Dieses, der Verwitterung gegenüber
widerstandsfähige, magmatische Gestein kam im Verlaufe der Erdgeschichte bedingt durch
Hebungsbewegungen der Erdkruste bis an die heutige Oberfläche und bildet markante
Geländeerhebungen westlich von Landsberg - den Spitzberg, den Pfarrberg und den Gützer Berg.
Zwischen diesen Porphyraufragungen liegen geringmächtige Sedimente des Quartärs und Tertiärs auf
den magmatischen Gesteinen. Es handelt sich hierum glimmerführende Sande und Schluffe des
Oberoligozäns (Tertiär) und um eiszeitliche Kiese, Sande, Geschiebemergel und -lehme, die teilweise
von Löss überlagert werden. Zeugen der Landschaftsgenese während des Pleistozäns sind
Gletscherschliffe und Gletscherschrammen auf dem anstehenden Unteren Halleschen Porphyr am
Pfarrberg, welche als FND geschützt sind sowie ein Findling, das Naturdenkmal „Teufelsstein“ im
Ortsteil Gütz.
Die Porphyrkuppenlandschaft östlich von Halle gehört bodengeographisch zur Zörbig-Landsberger
Löss-Ebene. Gützer, Spitz- und Pfarrberg sind Porphyrkuppen, die jüngere Ablagerungen durchragen.
Damit verbinden sich nicht nur ein Wechsel der anstehenden Locker- und Festgesteine, sondern auch
relativ kleinräumige Änderungen der Zusammensetzung der bodenkundlich wichtigen periglaziären
Deckschichten. Die idealisierte Abfolge dieser Deckschichten besteht von der Ebene bis in die
Kuppenlage aus Löss - Sandlöss - Lösssand bis Flugsand - skeletthaltigem Sandlöss. Mit dieser
Abfolge ist eine Verringerung der Mächtigkeit der periglaziären Deckschichten verbunden. Deshalb ist
die Anordnung der hier vorkommenden Bodenformen auf allen drei Porphyrkuppen ähnlich. Auf den
Porphyrkuppen kommen geringmächtige, karbonatfreie, flach porphyrunterlagerte, skeletthaltige
Ranker bis Syroseme vor. Die Restlöcher und Halden der Steinbrüche bilden eine eigene
Bodengruppe, die Gleye, Regosole und Syroseme (Rohböden) umfasst.
Weiterhin treten Kolluvialböden und grauschwarze, tondurchschlämmte, flach sand- bzw.
lehmunterlagerte Parabraunerde-Tschernoseme aus Sandlöss über Schmelzwassersand bzw.
Geschiebelehm sowie Braunerde-Tschernoseme und Tschernoseme aus Sandlöss oder Löss auf. Die
Abfolge Ranker - Kolluvialboden und die Bodenentwicklungsfolge fossile Fahlerde - Tschernosem
(Parabraunerde-Tschernosem) weisen eher auf einen freien Hügel hin. Dieses Landschaftsbild
entspricht den Steppenbedingungen, unter denen sich die Tschernoseme gebildet haben. Seit der
Jungsteinzeit werden die Böden der umliegenden Ebenen durch den Menschen (Bandkeramiker) als
Ackerland genutzt. Das belegen die teils großflächigen Kolluvialböden des Landschaftsraumes.
Dennoch sind die Porphyraufragungen nach den vorhandenen Böden geeignete Waldstandorte, die
das Landschaftsbild der Löss-Ebene bereichern.
Das Gebiet weist keine natürlichen Oberflächengewässer auf. Künstliche Kleingewässer sind
innerhalb historischer Steinbrüche anzutreffen. Das LSG liegt im östlichen Randbereich des
mitteldeutschen Trockengebietes. Sein Klima zeichnet sich durch eine relativ hohe
Jahresmitteltemperatur (ca. 8,5 °C) und eine hohe Temperaturdifferenz zwischen Januar und Juli(17,5
°C) aus. Deutlich wird der kontinentale Klimacharakter auch durch die geringen Niederschläge von ca.
500 mm/Jahr, die vorwiegend im Sommerhalbjahr fallen.
Pflanzen- und Tierwelt
Das Gebiet würde großflächig von Labkraut-Traubeneichen-Hainbuchenwad der ebenen
Lössstandorte als Potentiell Natürliche Vegetation gekennzeichnet. An den Hangfüßen gingen diese
Wälder in Knäulgras-Linden-Hainbuchenwald über, der auf den flachgründigen Kuppen von einem
Berghaarstrang-Eichentrockenwald abgelöst würde.
Die Gehölze, die insbesondere Ende der 1940er Jahre aufgeforstet wurden, setzen sich aus Kiefern,
Robinien, Eschen, Eichen und Ahorn zusammen und weisen z. T. eine gut ausgebildete
Strauchschicht auf. Die Vegetation der Offenstandorte wird durch Felsfluren, Trocken- und
Halbtrockenrasen sowie Gebüsche trockenwarmer Standorte bestimmt. Diese sind jedoch durch
fehlende Schafhutung, Vermüllung, Tritt und Befahren mit Motorrädern gefährdet; Ruderalisierungen
setzen ein.
Innerhalb der intensiv genutzten Agrarlandschaft stellen die Porphyrkuppen wichtige Lebensräume
dar, die durch einen besonderen Artenreichtum gekennzeichnet sind. Die Biotopausstattung spiegelt
die spezifischen Standortverhältnisse wider.
Die flachgründigen Porphyrbereiche sind Standorte von Edel-Schafgarbe und Feinblättriger
Schafgarbe, Echter Nelken-Haferschmiele, Felsen-Goldstern, Kochs Milchstern, Bauernsenf,
Frühlings-Ehrenpreis, Buntem Vergissmeinnicht und Kleinem Knabenkraut.
Auch die Pflanzenwelt der Steinbruchgewässer mit Röhrichten und initialer Schwimmblattvegetation
ist aufgrund der Nährstoffarmut bemerkenswert.
In den Steinbruchgewässern wurden nebender Krebsschere (hier autochthon?) auch QuirlTausendblatt und Schild-Wasserhahnenfuß gefunden; auf feuchten Flächen kommt das Große
Flohkraut vor.
So bildet das Gebiet ein Refugium für gefährdete und vom Aussterben bedrohte Pflanzen- und
Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt
Tierarten.
Biotopkomplexe sind Lebensraum oder Teillebensraum besonders geschützter oder gefährdeter
Vogelarten, u. a. von Neuntöter, Pirol, Baumpieper und Gelbspötter sowie seltener von
Sperbergrasmücke und Weidenmeise. Verschiedene gefährdete oder geschützte Heuschrecken- ,
Groß- und Sandlaufkäferarten sowie Schmetterlinge und Libellen besitzen hier ihr Habitat. Die
Steinbruchgewässer am Gützer Berg sind Fortpflanzungsgewässer von Erd- und Wechselkröte sowie
Teichfrosch.
Entwicklungsziele
Besondere Bedeutung wird den naturschutzfachlich wertvollen Biotopen und Biotopkomplexen
innerhalb des LSG beigemessen, hierzu zählen die Aufforstungen aus einheimischen Laubbaumarten
mit einem gewissen Totholzanteil auf den drei Porphyrkuppen, die Hecken, Gebüsche, Trocken- und
Halbtrockenrasen, Wiesen und besonders das kleinflächige Mosaik der Zwergstrauchheiden,
Magerrasen und Felsheiden auf den Porphyrfelsen und innerhalb der Steinbrüche. Die
Biotopkomplexe bilden die Voraussetzung für die Erhaltung der Vorkommen stark gefährdeter bzw.
vom Aussterben bedrohter Pflanzen- und Tierarten. Die Porphyrkuppenlandschaft soll als ökologisch
wertvoller, gut strukturierter und durch historische Nutzungsformen geprägter Naturraum erhalten und
entwickelt werden. DieWald- und Gehölzränder sind zu bewahren und von Bebauung freizuhalten, da
durch sie ein abgestufter Übergang zur offenen Feldflur mit vielfältigen Lebensraumstrukturen gebildet
wird.
Randflächen des LSG sind im derzeitigen Zustand als Pufferzonen zu wertvollen Biotopen und
Flächennaturdenkmalen zu sichern.
Der Schutz der markanten, landschaftsbildprägenden Strukturen, die Freihaltung des Gebiets von
Bebauung und der Erhalt der Sichtbeziehungen auf die Landsberger Porphyrkuppe dienen, ebenso
wie die landschaftliche Einbindung bestehender baulicher Anlagen, dem Erhalt des Landschaftsbildes.
Eine sanfte touristische Erschließung einzelner Abschnitte des LSG für eine naturverträgliche
Erholung soll die Belange von Natur und Landschaft berücksichtigen und wahren.
Exkursionsvorschläge
Die Porphyrhügellandschaft mit ihren inselhaft innerhalb der Ackerfluren liegenden Kuppen ist über
Fahr- und Feldwege erschlossen. Auch ein lokaler Radweg ist vorhanden.
Die nahe Stadt Landsberg ist eine wichtige Station auf der Straße der Romanik.
Doppelkapelle St. Crucis Landsberg
Um 1170 errichtet, wurde die Kapelle in die Anlage einer zwischen 1156 und etwa 1175 erbauten,
aber heute nicht mehr vorhandenen Burg integriert und später umgebaut. Sie gilt als frühestes
Zeugnis der Verwendung von Backstein als Baumaterial in der Region. Die Kapelle bietet sich heute
als zweigeschossiger, dreischiffiger spätromanischer Bau mit Kreuzgratgewölben und Stützenwechsel
und sehenswerter Innenausstattung dar.
Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt
Herunterladen