1 22. März 2011 Trägerübergreifende Behandlung und Rehabilitation von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit psychischen Beeinträchtigungen Positionspapier zur Konvergenz des SGB VIII und SGB IX erarbeitet durch den DVfR-Ausschuss Psychische Behinderungen. Vorgelegt werden eine Kurzfassung, eine Langfassung und ein Anhang. Mitglieder des Ausschusses: Dr. Matthias Albers, Gesundheitsamt Kreis Mettmann PD Dr. Robert Bering, Vorsitzender des Arbeitsausschusses, Alexianer Krefeld GmbH Jürgen Bernhardt, Berufsbildungswerk Neumünster Ursula Clahsen, Deutsche Rentenversicherung Rheinland, Düsseldorf Univ.-Prof. Dr. Gerd Lehmkuhl, Universität zu Köln Matthias Gasche, AHG Gesundheitszentrum, Düsseldorf Dr. Harry Fuchs, Düsseldorf Dr. Matthias Hammer, Bundesverband RPK, Stuttgart Gudrun Hofmann-Artus, Berufsförderungswerk, Köln Klaus Jansen, Kölner Verein für Rehabilitation, Köln Dagmar Lorré-Krupp, Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Düsseldorf Dr. Hermann Mayer, Klinik Hochried, Murnau PD Dr. Michael Kölch, Universität Ulm Georg Krug, Landschaftsverband Rheinland Heinz Dieter Schilson, Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion NRW, Düsseldorf Friederike Steier-Mecklenburg, berufliches Trainingszentrum Köln Ulrich Theißen, Deutsche Rentenversicherung Rheinland, Düsseldorf Dr. Bernhard van Treeck, Medizinischer Dienst der Krankenversicherung Nordrhein, Köln Siegfried Wurm, AOK Rheinland/Hamburg, Düsseldorf 2 Wegweiser An der Behandlung und Rehabilitation von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen (KJjE) sind unterschiedliche Leistungsträger und Leistungserbringer beteiligt. Die vorgelegte Stellungnahme macht Vorschläge, wie die trägerübergreifende Behandlung und Rehabilitation von KJjE mit psychischen Beeinträchtigungen verbessert werden können. Diese Vorlage besteht aus einer Kurzfassung (A), einer Langfassung (B) und einem Anhang (C). In der Langfassung wird die Ausgangslage beschrieben (B.1). Epidemiologische Aspekte psychischer Störungen bei KJjE werden zusammengefasst und der Sachstand aus Sicht der Leistungsträger rekapituliert. Im Abschnitt Brückenschlag (B.2) wird erläutert, wie sich unterschiedliche Altersstufen und die Besonderheiten der Jugendhilfe nach § 35a SGB VIII auf die Problemstellung teilhabezentrierter Rehabilitation auswirken. Zur trägerübergreifenden Leistungsoptimierung (B.3) wird die Notwendigkeit beschrieben, Konvergenzen aus dem SGB IX und aus dem SGB VIII umzusetzen; diskutiert werden dann repräsentative Fallbeispiele. Im Anhang (C) sind Teilhabepläne vorgelegt, wie sie für die Umsetzung der trägerübergreifenden Leistungsoptimierung erforderlich sind. Die Stellungnahme hat somit folgendes Inhaltsverzeichnis: TRÄGERÜBERGREIFENDE BEHANDLUNG UND REHABILITATION VON KINDERN, JUGENDLICHEN UND JUNGEN ERWACHSENEN MIT PSYCHISCHEN BEEINTRÄCHTIGUNGEN 1 A. KURZFASSUNG ................................................................................................................................ 3 B. LANGFASSUNG ................................................................................................................................ 8 B.1 AUSGANGSLAGE.............................................................................................................................. 8 B.1.1 Ausgangslage aus epidemiologischer und klinischer Sicht .............................................. 8 B.1.1.1 Epidemiologie psychischer Störungsbilder bei KJjE................................................... 8 B.1.1.2 Funktionsniveau, Kontextfaktoren und Störungsbilder .............................................. 9 B 1.1.3 Bedarfe / Behindertenorientierung ................................................................................. 11 B.1.1.4 Behandlung / Rehabilitation in psychiatrischen Kliniken für KJjE ........................ 13 B.1.2 Ausgangslage aus Sicht der Leistungsträger ................................................................. 16 B.1.2.1 Jugendhilfeträger ................................................................................................................. 16 B.1.2.2 Gesetzliche Krankenversicherung .................................................................................. 18 B.1.2.3 Rentenversicherung ............................................................................................................ 20 B.1.2.4 Bundesagentur für Arbeit .................................................................................................. 21 B.1.3 Rechtliche Grundlagen aus Sicht des SGB IX ................................................................ 23 B.1.3.1 Übergreifendes Recht des SGB IX ................................................................................ 23 B.1.3.2 Auswirkungen der UN-Behindertenrechtskonvention .............................................. 27 B.1.3.3 Auswirkungen auf die Versorgung ................................................................................. 29 B.2 BRÜCKENSCHLAG .......................................................................................................................... 29 B.2.1 Brückenschlag über verschiedene Altersstufen .............................................................. 29 B.2.2 Wege im Versorgungssystem an Fallbeispielen ............................................................. 33 B.3 TRÄGERÜBERGREIFENDE LEISTUNGSOPTIMIERUNG ......................................................................... 35 B.3.1 Leistungsoptimierung aus Sicht des SGB IX .................................................................. 35 B.3.2 Entscheidungsprozesse im Antragsverfahren nach § 35a SGB VIII .............................. 39 B.3.3 Abgrenzung SGB XII / SGB VIII ...................................................................................... 41 B.4 LITERATURVERZEICHNIS UND ABKÜRZUNGEN .................................................................................. 43 ABKÜRZUNGEN .................................................................................................................................. 46 C. ANLAGEN ........................................................................................................................................ 47 3 A. Kurzfassung Ausgangslage Etwa 6 % aller Kinder unter 18 Jahren weisen eine behandlungsbedürftige psychische Störung auf. 1 Im Folgenden sind aus klinischer Sicht die wichtigsten der verschiedenen Störungsbilder auch mit ihren Kennziffern aus dem internationalen Diagnoseschlüssel ICD10 bezeichnet, weil dieser in der deutschen Praxis noch immer den Ausgangspunkt aller medizinischen Intervention bildet. 2 Unabhängig davon ist jedoch die Behandlung und Rehabilitation von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen bis zum 27. Lebensjahr (KJjE) immer auch darauf ausgerichtet, ein verbessertes psychosoziales Funktionsniveau mit dem Ziel einer Förderung der Selbstbestimmung und gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft aufzubauen. Dies verlangt den Behandlern eine breitere Perspektive ab, für welche die Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) der WHO zur Verfügung steht. Bei Patienten in diesen Altersgruppen dominieren hyperkinetische Störungen (ICD-10Kategorie F9), Essstörungen (F5.*), neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen (F4), Persönlichkeitsstörungen (F6.*) bzw. die im Vorfeld bei KJjE häufig diagnostizierten Erkrankungen aus den Kapiteln der Entwicklungsstörungen (F8) und der Verhaltens- und emotionalen Störungen (F9), aber auch schizophrene und schizotype Störungen (F2.*) sowie Abhängigkeitserkrankungen (F1.*) kommen vor. Darüber hinaus sind komorbide psychische Störungen bei einfachen wie auch bei komplexen Behinderungen (z. B. Hörstörungen) besonders zu beachten. Für die Zukunft ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber in § 10 SGB IX vorschreibt, Leistungen zur Teilhabe und Rehabilitation und Leistungen der Krankenbehandlung (vgl. § 27 SGB IX) am individuellen Leistungsbedarf orientiert „funktionsbezogen“, d. h. anhand des bio-psychosozialen Modells der ICF festzustellen. Seit 2007 ist die adaptierte englische Version der ICF für Kinder und Jugendliche (ICF-CY) veröffentlicht. Derzeit werden KJjE mit psychischen Störungen in mehr als 700 Praxen für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie ambulant behandelt. Gleichzeitig ist festzustellen, dass in den vergangenen Jahren die Krankenhausbehandlungsdauer bei stationär behandelten Patienten im Durchschnitt von ca. 150 Tagen auf jetzt ca. 40 Tage reduziert worden ist. Einrichtungen und Dienste zur Rehabilitation von KJjE sind nicht flächendeckend und bedarfsgerecht vorhanden. An der Versorgung sind als Leistungsträger insbesondere die Jugendhilfeträger, die gesetzliche Krankenversicherung, die gesetzliche Rentenversicherung und die Bundesagentur für Arbeit beteiligt. Mit Bezug auf die AWMF-Leitlinien zur stationären Rehabilitation in der Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter ist die wichtige Unterscheidung zwischen Krankenhausbehandlung und medizinischer Rehabilitation in dieser Altersgruppe besonders deutlich zu machen. Die Sozialgesetzgebung sieht u. a. folgende Zuständigkeiten vor: Gemäß § 35a SGB VIII haben KJjE, die von einer seelischen Behinderung bedroht sind, einen Anspruch auf 1 Die Angabe kann wohl auch für den Personenkreis der jungen Erwachsenen übernommen werden. 2 In der ICD-10 werden vielfach mehrere Unterarten einer Störung codiert – siehe die Ordnungszahl(en) hinter dem Punkt nach der Kapitelziffer. Gilt eine hier gemachte Aussage für alle diese Störungsvarianten zugleich, wird im Folgenden nur die Kapitelziffer angeführt. Gelten die Aussagen zumindest für mehrere – aber nicht für alle – Unterarten einer Störung, so hat es sich hierfür eingebürgert, nach dem Punkt die Kennzeichnung mit einem Stern anzufügen. 4 Eingliederungshilfe zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Diese Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB VIII werden abgegrenzt von den Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII für diejenigen KJjE, bei denen z. B. zur psychischen Störung eine geistige und/oder eine körperliche Behinderung hinzutritt. Seit dem Inkrafttreten des SGB IX am 1.7.2001 umfassen die Leistungen der Eingliederungshilfe sowohl im Rahmen der Sozialhilfe wie auch der Jugendhilfe nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zum einen Leistungen nach den §§ 26, 33, 41 und 55 SGB IX und zum anderen für KJjE insbesondere die in § 54 Abs. 1 Nrn. 1–5 SGB XII genannten Leistungen. Nach § 53 Abs. 4 SGB XII gelten für die im Rahmen der Eingliederungshilfe zu erbringenden Leistungen zur Teilhabe gemäß den §§ 26, 33, 41 und 55 SGB IX die Vorschriften des Neunten Sozialgesetzbuchs. Insbesondere sind dabei die Teilhabeziele (§§ 1, 4 SGB IX) entscheidend zur Feststellung des individuellen funktionsbezogenen Leistungsbedarfs (§ 10 SGB IX). Es gelten die Regelungen zur Zuständigkeitsklärung zwischen den beteiligten Leistungsträgern (§ 14 SGB IX), aber auch Teile des Leistungserbringungsrechts aus dem SGB IX müssen – soweit nämlich in den Sozialgesetzbüchern VIII und XII keine abweichenden Regelungen enthalten sind – angewandt werden (insbesondere §§ 17, 19 SGB IX). Jungen Volljährigen sind über die Eingliederungshilfe des SGB XII hinaus Hilfen für die Persönlichkeitsentwicklung nach dem Jugendhilferecht, hier: § 41 SGB VIII, zu gewähren. Ziel und Aufgabe aller Leistungen zur Rehabilitation ist vor allem die positive Einwirkung auf die als Folge der Krankheit eingetretenen oder drohenden Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (vgl. §§ 1ff. SGB IX). Das am 24.2.2009 in Deutschland durch einfaches Gesetz in Kraft getretene „Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen“ (UN-BRK) verpflichtet dazu, die volle Verwirklichung aller Menschenrechte und Grundfreiheiten für alle Menschen mit Behinderungen, ohne jede Diskriminierung auf Grund der Behinderung, zu gewährleisten und zu fördern. Die Umsetzung der UN-BRK setzt für die Früherkennung von Teilhabestörungen von KJjE, die durch psychische Störungen begründet sind, neue Maßstäbe. Brückenschlag Die trägerübergreifende Behandlung und Rehabilitation von KJjE wird in diesem Positionspapier aus der Sicht des bio-psycho-sozialen Modells der ICF betrachtet. Hierbei wird auf Unterschiede zwischen Erwachsenen und KJjE geachtet. Der zentrale Unterschied zwischen diesen beiden Gruppen besteht zum einen darin, dass bei Umsetzung der trägerübergreifenden Behandlung und Rehabilitation von KJjE die Zeitachse zu berücksichtigen ist. Es handelt sich hierbei um (1) den Übergang von der Jugendhilfe zum Hilfesystem bei Erwachsenen, (2) die Störungsspezifität bei psychischen Beeinträchtigungen im Kindes- und Jugendalter, (3) die speziellen Kontextfaktoren Schule, Familie und Peer Groups sowie (4) die verschiedenen Einrichtungen, die an der Behandlung und Rehabilitation von KJjE beteiligt sind. Zum anderen ergeben sich nicht unerhebliche Schnittstellenprobleme daraus, dass die Beteiligten in verschiedenen „Rechtskreisen“ handeln, d. h. aus der Umsetzung des Rechts auf Förderung der Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit (§ 1 SGB VIII) und der des Rechts auf Förderung von Selbstbestimmung und auf gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft sowie auf Vermeidung von Benachteiligungen (§ 1 SGB IX). Da die Abgrenzung der Leistungen einzelner Versorgungssysteme selbst für 5 Fachkräfte kaum zu überschauen ist, führt diese Situation in der Praxis dazu, dass die Leistungen häufig nicht eingefordert werden oder ggf. zwar eingefordert, mangels Koordination, Kooperation der Träger bzw. wegen fehlender Konvergenz der Leistungen jedoch nicht realisiert werden, obwohl Leistungsbedarf besteht. Leistungsoptimierung durch Konvergenz zwischen SGB VIII und SGB IX Um Übersichtlichkeit herzustellen, ist es zielführend, sich insbesondere mit zwei Fallkonstellationen auseinander zu setzen: In der ersten Gruppe ist eine Diagnose ärztlich oder vom approbierten Psychotherapeuten gestellt worden. In der zweiten Fallkonstellation sind Auffälligkeiten bisher ausschließlich im Bereich der Schule oder der Jugendhilfe aufgetreten, d. h., Maßnahmen sind getroffen worden, ohne dass eine medizinische Diagnose (ICD-10) gestellt worden ist. Für beide Fallgruppen gibt dieses Positionspapier Instrumente an die Hand, welche die trägerübergreifende Koordination von Teilhabeleistungen verbessern können. Dies ist hilfreich, da es zwischen den einzelnen Rehabilitationsträgern oft zu Abgrenzungsschwierigkeiten kommt (vor allem zwischen den Leistungsträgern Jugendhilfe, Sozialhilfe und gesetzliche Krankenversicherung). Dieses gilt insbesondere dann, wenn Teilhabeleistungen in mehreren Behandlungs-/Entwicklungsphasen notwendig sind und diese Leistungen aufeinander abgestimmt werden müssen. Fallkonstellation 1 Begründet die psychische Störung des KJjE bereits Leistungen nach dem SGB V, ist in der Regel der behandelnde Vertragsarzt/Krankenhausarzt derjenige, der den gesamten Lebenshintergrund (somit die Kontextfaktoren) seines Patienten erfasst und den Anstoß für eine rehabilitationsträgerübergreifende Teilhabebedarfsplanung geben kann. Er soll den Betroffenen und ggf. seine Eltern über geeignete Leistungen zur Teilhabe beraten, im Fall des Verdachts auf einen Bedarf an Leistungen zur Teilhabe bei der Antragstellung Unterstützung geben oder Beratung durch eine gemeinsame Servicestelle oder eine sonstige Beratungsstelle für Rehabilitation veranlassen (vgl. § 61 Abs. 1 SGB IX, § 4 Abs. 3 der Gemeinsamen Empfehlung „Frühzeitige Bedarfserkennung“ vom 16. Dezember 2004). Außerdem kann der Arzt den Teilhabebedarf der GKV oder jedem anderen Rehabilitationsträger mit Einwilligung des Betroffenen bzw. der Erziehungsberechtigten melden (vgl. § 3 der Gemeinsamen Empfehlung zur Verbesserung der gegenseitigen Information und Kooperation aller beteiligten Akteure nach § 13 Abs. 2 Nr. 8 und 9 SGB IX vom 22. März 2004). Ergänzend hierzu ist anzumerken, dass der Arzt aus datenschutzrechtlichen Gründen (vgl. § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB I) z. B. das Jugendamt nur einschalten darf, wenn der betroffene Jugendliche (ab 15 Jahre im Rahmen des § 36 SGB I) bzw. der gesetzliche Vertreter des Kindes/Jugendlichen dem ausdrücklich zustimmt. Eine Ausnahme gilt allerdings bei Kindeswohlgefährdung (vgl. § 8a SGB VIII). Unabhängig davon können sich auch bei der gesetzlichen Krankenversicherung Anhaltspunkte für einen möglichen Teilhabebedarf des Kindes/Jugendlichen ergeben (z. B. durch Zwischenberichte bei Anträgen auf Verlängerung der Krankenhausbehandlung, Entlassungs- oder sonstigen Arztberichten). In diesen Fällen prüft die gesetzliche Krankenversicherung den Rehabilitations- und Teilhabebedarf (vgl. § 8 Abs. 1 SGB IX). Hierzu bedient sie sich u. a. des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung. Ist daraufhin ein Teilhabebedarf anzunehmen, so erfolgt in Abstimmung mit dem betroffenen 6 Menschen und unter Beteiligung des behandelnden/verordnenden Arztes (ggf. auch der Beratungsstelle) die Abklärung des Teilhabebedarfs (vgl. auch § 4 Abs. 1 der Gemeinsamen Empfehlung zur Verbesserung der gegenseitigen Information und Kooperation aller beteiligten Akteure nach § 13 Abs. 2 Nr. 8 und 9 SGB IX vom 22. März 2004). Wird bei der Prüfung ein trägerübergreifender Teilhabebedarf festgestellt, so informiert der verantwortliche Rehabilitationsträger (in der Regel die gesetzliche Krankenversicherung) gemäß der unter Federführung der BAR erarbeiteten Gemeinsamen Empfehlung „Teilhabeplan“ die anderen voraussichtlich zu beteiligenden Träger über die Absicht, einen Teilhabeplan zu erstellen oder einen vorhandenen Teilhabeplan fortzuschreiben bzw. anzupassen. Im Rahmen dieser Abstimmung informiert er die mitbeteiligten Rehabilitationsträger über seine Vorstellungen zu geplanten Teilhabe- und Rehabilitationsleistungen, macht also die für deren Mitwirkung notwendigen Angaben. Die beteiligten Rehabilitationsträger i. S. des § 6 SGB IX (z. B. auch das Jugendamt) teilen ihrerseits die eigenen Vorstellungen über die durchzuführenden Leistungen zur Teilhabe unverzüglich dem verantwortlichen Rehabilitationsträger mit (vgl. §§ 3 und 6 der Gemeinsamen Empfehlung „Teilhabeplan“). Dadurch können die Leistungen aufeinander abgestimmt werden. (Für den Bereich der psychisch kranken Kinder/Jugendlichen wurde ein zielgerichteter Teilhabeplan-Vordruck als Muster entworfen. Er und ein Erläuterungsblatt sind im Anhang der Langfassung als Anlagen I bis III beigefügt.) In der Praxis wirkt sich das Verfahren am Beispiel der gesetzlichen Krankenversicherung und des Jugendamts wie folgt aus: Die gesetzliche Krankenversicherung (als aktuell leistungserbringender Rehabilitationsträger) zeigt dem Jugendamt den Teilhabebedarf an. Das Jugendamt prüft sein Leistungsspektrum und veranlasst entsprechende Maßnahmen (z. B. Unterbringung in einem Jugenddorf). Der behandelnde Arzt bzw. die behandelnde Einrichtung, die Krankenkasse und das Jugendamt stimmen sich nun wegen eines nahtlosen Übergangs der Leistungen und wegen des Trägerwechsels zügig ab. Sind gleichzeitig auch z. B. Leistungen der Bundesagentur für Arbeit notwendig, wird dieser Leistungsträger ebenfalls in den Teilhabeplan eingebunden. Die Abstimmung erfolgt dann zwischen drei Rehabilitationsträgern. Mit diesem Procedere ist die Schnittstelle zwischen gesetzlicher Krankenversicherung, Jugendhilfe und ggf. Bundesagentur für Arbeit überwunden. Aus datenschutzrechtlichen Gründen (§ 35 SGB I) haben die Rehabilitationsträger dabei besondere Vorschriften zu berücksichtigen. Dieses gilt insbesondere für die Anzeige des Teilhabebedarfs beim anderen Rehabilitationsträger. In der Regel muss hier die Einverständniserklärung eines Erziehungsberechtigten vorliegen. Fallkonstellation 2 Treten bei einem Kind/Jugendlichen Auffälligkeiten auf, die (noch) nicht durch eine medizinische Diagnose bestätigt sind, können nach § 3 der Gemeinsamen Empfehlung zur Verbesserung der gegenseitigen Information und Kooperation aller beteiligten Akteure nach § 13 Abs. 2 Nr. 8 und 9 SGB IX Teilhabeleistungen durch unterschiedliche Beteiligte unter Berücksichtigung des informationellen Selbstbestimmungsrechts und der datenschutzrechtlichen Bestimmungen angeregt werden. Zu diesen Personengruppen gehören Ärzte und Angehörige von anderen Gesundheitsberufen, Beratungsstellen oder sonstige Institutionen. Wenn diese eine (drohende) Behinderung wahrnehmen, sind nichtärztliche Angehörige von Gesundheitsberufen zudem nach § 61 Abs. 2 SGB IX verpflichtet, die Personensorgeberechtigten auf die Behinderung und auf die Beratungsangebote durch Ärzte und Beratungsstellen für Rehabilitation hinzuweisen. Wird 7 die Auffälligkeit von einem anderen als dem Arzt festgestellt, soll dieser gemäß § 3 der Gemeinsamen Empfehlung den behandelnden Arzt informieren. Dieser prüft den Teilhabebedarf und informiert über den sog. „Muster-Vordruck 60“ die Krankenkasse (vgl. § 6 Rehabilitations-Richtlinie). Hinsichtlich des weiteren Vorgehens im Detail zwischen den Rehabilitationsträgern wird auf die Langfassung verwiesen. Wie kommt es nun im Antragsverfahren nach § 35a SGB VIII zu einer Entscheidung? Die Kontaktaufnahme mit der Jugendhilfe und Antragstellung erfolgt, wenn der beeinträchtigte Jugendliche noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat und psychische Störungen vorliegen. Neben der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft kann die Jugendhilfe auch • • • für die medizinische Rehabilitation, für heilpädagogische Leistungen etc. und für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (z. B. Einstieg in das Berufsleben) zuständig sein. Wenn ein Antrag vorliegt, erfolgt das Prüfverfahren in Verbindung mit § 14 SGB IX: Ist die Zuständigkeit gegeben, beginnt die Sachverhaltsaufklärung ggf. unter Einbeziehung eines Gutachtens. Erst wenn der Behandlungs- und Teilhabebedarf festgestellt worden ist, können die Entscheidungsprozesse beim Jugendhilfeträger auf den Weg gebracht werden. Nach einer Zwischenauswertung erfolgt entweder der Bewilligungsbescheid oder die Ablehnung. Zeichnet sich eine Bewilligung ab, ist eine fachliche Stellungnahme einzuholen. Der Bewilligung folgt die Erstellung eines Hilfeplanes. Wird zusätzlich eine geistige und/oder körperliche Beeinträchtigung mit akutem Hilfebedarf diagnostiziert, so ist eine Prüfung der vorrangigen Zuständigkeit des örtlichen/überörtlichen Sozialhilfeträgers gem. § 10 SGB VIII notwendig. Für eine genauere Beschreibung der Abläufe wird auf die Langfassung und auf deren Anhang verwiesen. Schlussfolgerung Die Schlussfolgerung ist, dass Betroffene und ihre Angehörigen die beklagten Probleme der Versorgung von KJjE (nur) bei konsequenter Anwendung des geltenden Rehabilitations- und Teilhaberechts eindämmen können. Da der Gesetzgeber den Rehabilitationsträgern mit dem Leistungserbringungsrecht des SGB IX die gemeinsame Verantwortung sowohl für die Gestaltung der Versorgungsinhalte, für die Gewährleistung bedarfsgerechter Versorgungsstrukturen als auch für die Steuerung des Rehabilitationsverfahrens zugeordnet hat, sind insbesondere sie aufgerufen, ihren Pflichten zur Koordination und Kooperation, aber auch zur Herstellung der Konvergenz der Leistungen nachzukommen. Diese Pflichten werden insbesondere durch die von der Bundesrepublik Deutschland mit der Ratifikation der UN-BRK eingegangenen Verpflichtungen gerade gegenüber psychisch kranken und geistig behinderten Menschen (siehe insbesondere Art. 19 und 26 UN-BRK) ausdrücklich unterstrichen. 8 B. Langfassung B.1 Ausgangslage Im Folgenden wird die Ausgangslage aus epidemiologischer und klinischer Sicht sowie aus Sicht der Leistungsträger beschrieben. Das Anforderungsprofil der Trägerübergreifenden Behandlung und Rehabilitation von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen (KJjE) mit psychischen Beeinträchtigungen wird vor dem Hintergrund folgender These dargestellt: Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit psychischen Störungen benötigen Versorgungsstrukturen, die über Leistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung hinausgehen und die Teilhabeleistungen der Jugendhilfe und anderer Rehabilitationsträger einbeziehen. B.1.1 Ausgangslage aus epidemiologischer und klinischer Sicht M. Kölch, G. Lehmkuhl, H. Mayer und B. van Treeck B.1.1.1 Epidemiologie psychischer Störungsbilder bei KJjE Die steigenden Zahlen von Kindern, die von psychischen Störungen betroffen sind, stellen neue Herausforderungen an Prävention, Behandlung und Rehabilitation in der kinder- und jugendpsychiatrischen, psychotherapeutischen und psychosomatischen Versorgung. Nach den neuesten repräsentativen epidemiologischen Erhebungen in Deutschland durch das Robert-Koch-Institut (KIGGS-Survey; www.kiggs.de) leiden ca. 6 % aller Kinder unter 18 Jahren unter einer behandlungsbedürftigen psychischen Störung; weitere 22 % leiden unter psychischen Auffälligkeiten (Ihle et al., 2002, 2004; Holling et al., 2007). Die epidemiologischen Studien zeigen zudem einen Anstieg der kinderpsychiatrischen Morbidität. Kinder- und jugendpsychiatrische Störungen gehen auf eine multifaktorielle Ätiologie zurück. So spielen eine gestörte Homöostase zwischen Resilienz- und Belastungsfaktoren, genetische Faktoren, Bindungsstile sowie Sozialisationserfahrungen eine wichtige Rolle (Kölch et al., 2008; Rutter et al., 2007; Schmidt et al., 2007, 2008; Wüthrich et al., 1997). Zu den sozialen Risikofaktoren zur Entwicklung einer psychischen Störung gehören z.B. psychische Störungen der Eltern, aktualisierte Familienkonflikte, niedriger sozioökonomischer Status sowie dysfunktionale Abweichungen von der sog. Standardfamilie. Bei Vorliegen von drei der aufgezählten Risikofaktoren zeigen 30,7% und bei vier Risikofaktoren sogar 47,7% aller betroffener Kinder eine psychische Störung (Meltzer et al., 2000, 2003). Kinder- und jugendpsychiatrische Störungen erschweren, verzögern oder verhindern physiologische Entwicklungsschritte und können damit Funktionseinschränkungen über die gesamte Lebensspanne hinweg zur Folge haben. Die volkswirtschaftliche Last psychischer Gesundheitsprobleme und der Nutzen einer adäquaten Behandlung, um die Folgekosten einzudämmen, sind gut belegt (Scott et al., 2001). Das Grünbuch zur psychischen Gesundheit der Europäischen Kommission (2005) macht deutlich, dass selbst eine überschaubare Anzahl von Kindern und Jugendlichen mit behandlungsbedürftigen psychischen Störungen exponentiell steigende Ausgaben verursacht. Auch in der Bundesrepublik entstehen Folgekosten im Bildungssystem, in der Arbeitswelt, im Bereich der Justiz und vor allem an der Schnittstelle zur Jugendhilfe. 9 B.1.1.2 Funktionsniveau, Kontextfaktoren und Störungsbilder Die Behandlung und Rehabilitation von KJjE ist darauf ausgerichtet, ein verbessertes psychosoziales Funktionsniveau aufzubauen (Kölch et al., 2007, 2008). Die International Classification of Functioning, Disability and Health, ICF (2005) verwendet hierfür den Aktivitäts- und Teilhabebegriff, dem es jedoch an Operationalisierung und Standardisierungen für psychisch kranke Minderjährige fehlt. Die Auswirkungen psychischer Störungen bei KJjE wirken sich insbesondere in den Bereichen der Familie, der Betreuungsund Ausbildungsstätten sowie im sozialen Umfeld (z.B. Peer Group) aus (vgl. Kölch 2007). Um diesen Lebensraum zu beschreiben, hat die ICF den Begriff der Kontextfaktoren eingeführt. Kontextfaktoren können sich bei der Bewältigung von psychischen Beeinträchtigungen als Förderfaktoren oder als Barrieren auswirken. Aus diesem Grunde kommt der Verfügbarkeit von Leistungen vor Ort bei KJjE eine besondere Rolle zu. Für KJjE bedeutet Behinderung aufgrund einer psychischen Störung, dass sie am Absolvieren altersgemäßer Entwicklungsschritte oder -aufgaben gehindert werden. Solche Entwicklungsaufgaben können der Schulbesuch, die Integration in ein soziales Netz, aber auch der Berufseinstieg mit dementsprechender Ausbildung sein. Für die Behandlung und Rehabilitation haben somit die Schulen und die Übergänge von Schule zum Beruf eine besondere Bedeutung. Bei einer Vielzahl von Störungen bei KJjE besteht die Gefahr einer Chronifizierung. Das gilt insbesondere für psychisch kranke junge Erwachsene ohne Schulabschluss, die einen besonderen Rehabilitations-/ Teilhabebedarf aufweisen. Wir sehen, dass die Einschränkungen von Aktivität und Teilhabe bei KJjE durch psychische Störungen insbesondere aus dem Blickwinkel der Kontextfaktoren Familie, Schule, Ausbildungsstätte und den Peer Groups zu sehen ist. Während die ICF die bio-psycho-sozialen Zusammenhänge aus dem Blickwinkel funktionaler Einschränkungen klassifiziert, stellt die International Classification of Diseases der Weltgesundheitsorganisation (ICD-10) Symptome psychischer Störungen in den Mittelpunkt. Seit ihrer Einführung 2005 stellt die ICF ein umfassendes Denkmodell dar, wie alle wichtigen Faktoren, die erkrankte und behinderte KJjE betreffen, umfassend dargestellt werden können. Die ICF und die ICD stehen komplementär zueinander, wobei Überlappungen gegeben sind. So erfasst die ICD-10 innerhalb der multiaxialen Diagnostik (in Achse 6) in der globalen Beurteilung des psychosozialen Funktionsniveaus die wichtigen Beeinträchtigungen. Sie ist weniger differenziert als die ICF, hat aber den Vorteil, dass es ICD-10-bezogen Publikationen zu den Funktionsniveaus gibt. Die ICF erfasst so genannte mentale Funktionsschädigungen; die Items weisen durchaus Parallelen zur Symptomebene der ICD auf. In der Übergangsphase, in der es für die ICF keine validen Studien gibt, die die Teilhabestörungen bei KJjE innerhalb der Kinder- und Jugendpsychiatrie beschreiben, macht es Sinn, die Achse 6 der ICD-10 zu verwenden. Für die Zukunft ist allerdings das gültige Recht zu berücksichtigen: Der Gesetzgeber schreibt in § 10 SGB IX für die Leistungen zur Teilhabe und Rehabilitation vor, dass der individuelle Leistungsbedarf „funktionsbezogen“, d. h., orientiert an der ICF festzustellen ist. Dies gilt nach § 27 SGB IX nicht nur für Leistungen zur Rehabilitation der Krankenversicherung, sondern ausdrücklich auch bei Leistungen der Krankenbehandlung. Danach ist zumindest innerhalb der Rehabilitation die Vorgabe klar, dass die Teilhabestörung im Vordergrund steht. Um die Anwendung der ICF möglich zu machen, sind verschiedene Institutionen tätig, so genannte ICF Core Sets zu entwickeln und in Studien zu validieren. 10 Die WHO hat eine ICF-Checkliste herausgegeben (www.dimdi.de), deren Teile 2 und 3 im Rahmen der Feststellung des individuellen Bedarfs an Rehabilitations- und Teilhabeleistungen als Mindestanforderungen im Sinne eines Assessments zur Identifizierung von Beeinträchtigungen der Aktivitäten und Leistungen bzw. beeinflussender Umweltfaktoren gelten können. Bisher besteht die Schwierigkeit, dass Validierungsstudien zur Anwendung der ICF bei psychischen Störungen in keiner hinreichenden Form vorliegen. Eine Adaption der ICF für Kinder und Jugendliche liegt erst seit 2007 in englischer Sprache vor. Änderungen wurden insbesondere in Bezug auf die Spezifizierung einiger Items vorgenommen (vgl. Kelley & Bering, 2011). Hierbei musste insbesondere die Frage der adäquaten Entwicklung von KJjE berücksichtigt werden, so dass bis zum aktuellen Zeitpunkt nur vereinzelte Arbeiten zur Validierung vorliegen. Im Folgenden werden daher einige psychische Störungen nach ICD-10 aufgeführt, die nach den Leitlinien zur Diagnostik und Therapie psychischer Störungen im Säuglings-, Kindesund Jugendalter (2007) eine besondere klinische und epidemiologische Relevanz haben und Teilhabestörungen begründen: Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen (F1) Hierbei handelt es sich um eine Gruppe verschiedener Störungen, deren Schweregrad von einer akuten Komplikation und schädlichem Gebrauch von Substanzen bis hin zu psychotischen Störungen oder schweren Abhängigkeitssyndromen reicht. Die aufgrund der Teilhabestörungen meist notwendige Rehabilitationsbehandlung soll sich möglichst eng an die vorausgegangenen Entzugsbehandlungen anschließen. Wichtige therapeutische Ziele sind die Erarbeitung von Strategien zur Erreichung der Abstinenz, die schulische bzw. berufliche Teilhabe und die soziale (Re)-Integration. Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen (F2) Bei der Early-Onset-Schizophrenia liegt der Beginn der Erkrankung vor dem 18. Lebensjahr, bei der Very-Early-Onset-Schizophrenia sogar vor dem 13. Lebensjahr. Prognostisch ungünstig ist ein früher Krankheitsbeginn mit Chronifizierungstendenz, wobei wegen des komplizierten und häufig chronisch werdenden Verlaufs integrative Behandlungsprogramme immer erforderlich sind. Viele Patienten sind nach Abschluss der stationären Akutbehandlung sowie der anschließenden teilstationären oder rehabilitativen Versorgung weiterhin von psychischer Behinderung bedroht. In der Regel ist dann eine Wiedereingliederungshilfe nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) erforderlich, die auch über das 18. Lebensjahr hinaus reicht. Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen (F4) Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen beruhen in der Regel auf Konflikten, reaktiven Belastungsmomenten oder speziellen Varianten individueller Abwehrmechanismen. Zu dieser Gruppe gehören phobische Störungen (F40), Angst- (F41), Zwangs- (F42), Belastungs- und Anpassungsstörungen (F43), sowie dissoziative (F44) und somatoforme Störungen (F45). Für KJjE haben diese Störungen insbesondere eine große Bedeutung in der ambulanten Versorgung. Essstörungen (F 50.0) Ein hoher Anteil der im Jugendalter beginnenden Essstörungen chronifiziert. Aus diesen Gründen sind Rehabilitations- bzw. Teilhabeleistungen in jenen Fällen erforderlich, in denen ambulante oder stationäre Krankenbehandlung nicht zu einer ausreichenden Stabilisierung 11 der Symptomatik und der Lebenssituation führt und keine Reintegration in das Lebensumfeld ermöglicht, welches vor Beginn der Erkrankung bestand. Persönlichkeitsstörungen (F60, F61) Auch wenn die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung in der Adoleszenz aufgrund der noch vorhandenen Entwicklungspotentiale zurückhaltend gestellt werden sollte, liegt doch ein deutliches Kontinuum zwischen dem Verhaltensmuster in Kindheit und Jugend und dem des Erwachsenenalters vor, so dass aus klinisch-praktischen Erwägungen die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung in der späten Adoleszenz durchaus sinnvoll ist. Insbesondere bei chronifizierten, die Entwicklung massiv beeinträchtigenden Verläufen sind Jugendhilfe- und Rehabilitations-/Teilhabemaßnahmen stets indiziert. Hyperkinetische Störung (F90.0) In Abhängigkeit von Schweregrad und Verlauf sind bei ausgeprägten Hyperkinetischen Störungen neben Krankenbehandlung auch langfristige Hilfen notwendig, die eine Kooperation mit der Jugendhilfe nötig machen und die Hilfe zur Erziehung bzw. Eingliederungshilfe entsprechend § 27 bzw. § 35a nach SGB VIII erfordern. Liegen darüber hinaus noch weitere komorbide Störungen vor, z. B. im Sinne von affektiven oder Persönlichkeitsstörungen, so sind spezifische Rehabilitations-/Teilhabeleistungen indiziert, um Belastungs- und Berufsfähigkeit zu gewährleisten. Darüber hinaus sind komorbide psychische Störungen bei einfachen und komplexen Behinderungen zu berücksichtigen. Exemplarisch sei hier auf schwere Hörschädigungen eingegangen, die eine Hochrisikogruppe für psychische Störungen darstellt. Prävalenzraten psychiatrischer Störungen schwanken von 15 - 54 % und sollen 33 - 42,2 % unter Schülern in Hörgeschädigtenschulen betragen (Übersicht bei Jahn und Schepker, 2002). Hintermair (2005) kommt in einer Studie mit Müttern (N=213) und Vätern (N=213) von Kindern in deutschen Hörgeschädigtenschulen zu einer 2.5fach erhöhten Prävalenzrate psychischer Störungen. Im Bereich der emotionalen Probleme zeigt sich sogar eine 4.3fache Erhöhung der Prävalenz. Ein weiterer relevanter Bereich ist der sexuelle Missbrauch von hörgeschädigten Kindern und Jugendlichen. Nach internationalen Studien liegt die Schätzung zum Ausmaß sexueller Gewalt an gehörlosen Mädchen und Jungen bei ca. 50% bzw. ca. 40 % (s. Dietzel, 2004). Hinweis: In den Leitlinien zur Diagnostik und Therapie von psychischen Störungen im Säuglings-, Kindes- und Jugendalter (DGKJP, 2007) findet sich ein eigenes Kapitel zur Rehabilitation. Neben einer Definition psychosozialer Rehabilitation im Kindesalter werden die entsprechenden diagnostischen Maßnahmen nach der ICF dargestellt. Darüber hinaus wird in der Leitlinie eine multiaxiale Bewertung vorgenommen, sowie alterspezifische Hinweise für Leistungen zur Teilhabe im Vorschulalter, Schulalter und nach abgeschlossener Schulzeit und Berufsschulpflicht. Darüber hinaus finden sich Hinweise auf Einrichtungen, Kostenträger und Antragstellung, speziell für das Kindes- und Jugendalter, sowie Besonderheiten bei der ambulanten schulischen sowie stationären medizinischen Rehabilitation. B 1.1.3 Bedarfe / Behindertenorientierung Ein wesentliches Merkmal einer demokratischen, solidarischen und freiheitlichen Gesellschaftsordnung ist die Inklusion ihrer Bürger. Zur Behindertenorientierung wird im 13. Kinder- und Jugendbericht (BMFSFJ, 2009) aus Sicht der Bundesregierung explizit Stellung 12 genommen. Das inklusive Aufwachsen in der Gemeinde (Community Care) und eine individuell benötigte Unterstützung (Supported Living) sind Herausforderungen, welche die Verpflichtung und Aufgabe einer sozialen Gemeinschaft, alle Menschen in vergleichbarer Weise von Geburt an bis ins Alter am Leben in allen gesellschaftlichen Bereichen aktiv zu beteiligen, begründet. Zahlreiche empirische Befunde (Gularnik, 2001; Sarimski, 2008) zur Entwicklung von Kindern mit Behinderungen zeigen, dass diese in inklusiven Settings Stärken im Bereich der Kompetenzentwicklung aufbauen, die sich in vielen Bereichen (unter anderem sprachlich, kognitiv, soziale Kontakte betreffend etc.) feststellen lassen. Dies gilt auch unabhängig vom Schweregrad der Behinderung. Inklusion bedeutet also Bereicherung und Beanspruchung für beide Seiten, ebenso wie Teilhabe allen Abhängigkeitsstrukturen und der Isolation widerspricht. Es sind die besonderen Bedarfe zur Behandlung von psychischen Störungen bei komplexen Behinderungen zu berücksichtigen. Derzeit gibt es z. B. nur sehr wenige ambulant psychotherapeutisch Tätige mit Gebärdensprachkompetenz, deren Kapazitäten jedoch bereits ausgelastet sind. In der Behandlung von gemischt hörend-gehörlosen Systemen ist zudem der Einsatz von Gebärdensprachdolmetschern erforderlich, deren Kosten aufgrund des SGB IX von den gesetzlichen Krankenversicherungen übernommen werden müssen. Durch den Einsatz von Dolmetschern wird die problematische Doppelrolle des Behandelnden als Therapeut und Dolmetscher verhindert. Die Prozesse eines Supported Living von Menschen mit Behinderung in Familie, Schule, am Arbeitsplatz und in der Freizeit stehen demnach solange kritisch auf dem Prüfstand, solange nicht gesichert ist, dass die spezifische Bedürfnis- und Fähigkeitsstruktur jedes einzelnen Menschen mit Behinderung darin Berücksichtigung findet und die Betroffenen dies in einem fortlaufenden Dialog thematisieren, der für sie relevant ist. An diesen Vorgaben zur Behindertenorientierung muss sich der Ist-Zustand unseres Systems von Rehabilitation und Leistungen zur Teilhabe von KJjE messen lassen. Studien zur Bestandsaufnahme der psychischen Gesundheit in Europa belegen, dass europaweit jährlich 31,1 % der Bevölkerung an psychischen Störungen leiden (Berger et al., 2005). Die Mehrheit der psychischen Störungen hat ihren Beginn in der Kindheit oder im Jugendalter. Nur eine Minderheit der psychisch kranken Menschen erhält eine adäquate leitliniengerechte Behandlung. Defizite bestehen kurativ vor allem im Bereich der ambulanten fachärztlichen Versorgung. Bei vielen Patienten mit unbehandelten psychischen Störungen chronifizieren diese und entwickeln sich Beeinträchtigungen der Teilhabe und ihrer Aktivitäten. Bei der Mehrzahl psychisch kranker Menschen ist zumindest temporär vom Vorliegen einer seelischen Behinderung und einem Bedarf an Rehabilitationsleistungen auszugehen. In der Folge kommt es bei psychischen Beeinträchtigungen bei KJjE zu gestörter Lernfähigkeit, unzureichender sozialer Entwicklung und zu einer negativ beeinflussten schulischen Entwicklung sowie zu Beeinträchtigungen der Teilhabe am Arbeitsleben. Fehlende frühzeitige Hilfen in funktionierenden und vernetzten Hilfesystemen behindern die Entwicklung in Richtung eines selbstbestimmten Lebens mit Teilhabe an allen für KJjE wichtigen Lebensbereichen. Der Hilfebedarf kann sich dabei z. B. in der Familie, in der Peer Group und/oder in der Schule bzw. im Lehrbetrieb manifestieren. Aufgrund des sektorisierten Versorgungssystems gibt es vielfältige Überschneidungen in den Tätigkeitsbereichen der verschiedenen Fachdisziplinen, Leistungsangebote und Leistungsträger und damit verbunden Abgrenzungsprobleme. Störungen in der 13 Kommunikation und nicht ausreichende Kooperation zwischen Institutionen, aber auch konkurrierende Einrichtungs- bzw. Trägerinteressen erschweren eine bedarfsgerechte Erbringung von Leistungen zur Teilhabe bzw. die kurative Behandlung. Aufgrund der Komplexität von psychischer Störungen bei KJjE ist es notwendig, die Akteure in Pädiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie -psychotherapie, Erwachsenenpsychiatrie und -psychotherapie, Jugendhilfe, Schule und Familie sowie medizinischer, beruflicher und sozialer Rehabilitation bedarfsgerecht in einer effektiven Versorgungsplanung so zusammenzuführen, dass KJjE nicht zwischen den beteiligten Institutionen hin und her gereicht werden oder Behandlungen bzw. Teilhabeleistungen gar ganz unterbleiben. Es besteht Handlungsbedarf in Bezug auf eine verbesserte regionale Zusammenarbeit in Netzwerken, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen mit komplexen Störungen in akuten Krisen und Notsituationen. Damit das funktionieren kann, bedarf es der Entwicklung von kriteriengeleiteten, trennscharfen Definitionen der einzelnen Leistungen. Derzeit gibt es viele Unschärfen und Überschneidungen, die eine Vernetzung der Behandlungsmodule erschweren und die im Einzelfall sogar verhindern, dass ein zuständiger Leistungsträger gefunden werden kann. B.1.1.4 Behandlung / Rehabilitation in psychiatrischen Kliniken für KJjE Aktuell wird die kinder- und jugendpsychiatrische Behandlung der skizzierten Störungsbilder in Deutschland nach dem Postulat „ambulant vor stationär“ mit mehr als 700 Praxen für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie geleistet. Durch das Modell der sozialpsychiatrischen Praxen auf der Basis der so genannten Sozialpsychiatrie-Vereinbarung kann ein Arzt mit qualifizierten Mitarbeitern sein Versorgungspotential mindestens verdreifachen. Trotzdem ist die ambulante Versorgung der psychisch kranken KJjE noch längst nicht ausreichend, bzw. regional sehr unterschiedlich entwickelt. Auch die Anzahl der Plätze im stationären Bereich ist äußerst inhomogen verteilt. Zudem bestehen regional bedingte Versorgungslücken für besondere Patientengruppen (z. B. Abhängigkeitserkrankungen, forensische zu behandelnde Patienten, chronisch schwer psychiatrisch Erkrankte z. B. mit Psychosen aus dem schizophrenen Formenkreis etc.). Wohnortnahe medizinische Rehabilitationseinrichtungen für psychisch kranke KJjE gibt es kaum. Gleichzeitig ist festzustellen, dass in den vergangenen Jahren die Krankenhausbehandlungsdauer bei stationären Patienten dramatisch sinkt, von früher ca. 150 Tagen auf jetzt ca. 40 Tage. Bei einigen Störungen lässt sich durch verbesserte ambulante Maßnahmen zwar eine stationäre Behandlung ohne Nachteile für Patienten verkürzen. Bei einem kleineren Teil ist aber dieser Abfall der Behandlungsdauer mit einem „Drehtüreffekt“ verbunden, also vermehrten Phasen der Rehospitalisierung. Die Indikation für kinder- und jugendpsychiatrische Behandlung erfordert in den meisten Fällen eine Planungsvoraussicht, die weit über den stationären Aufenthalt hinaus geht, aber auch im Bereich der ambulanten Behandlung eine Vernetzung mit anderen Hilfestrukturen erforderlich macht. Es werden bei vielen Patienten langfristige Planungen nötig, die auch den rehabilitativen Bereich einschließen. Es besteht ein großer Bedarf an rehabilitativen Jugendhilfeleistungen – zwischen 11 und 25% der stationär kinder- und jugendpsychiatrisch behandelten Patienten brauchen im Anschluss an ihren Aufenthalt in der kinder- und Jugendpsychiatrie eine stationäre Jugendhilfemaßnahme (Presting et al., 1998). 14 Die Informationen zur Beschreibung des Aufgabenbereiches und des Stellenwerts der stationären Rehabilitation sind in Textauszügen aus den Leitlinien pädiatrische Rehabilitation entnommen (vgl. Stationäre Rehabilitation in der Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter, im Folgenden AWMF, 2010). Es erscheint eine Gegenüberstellung der Krankenhausbehandlung mit der Rehabilitation sinnvoll, weil zunehmend KJjE in Rehabilitationskliniken aufgenommen werden, die einen akutmedizinischen Behandlungsbedarf aufweisen. Krankenhausbehandlung Krankenhausbehandlung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und Psychosomatik umfasst auf der Grundlage einer umfassenden multiaxialen Diagnostik einen ärztlich geleiteten Gesamtbehandlungsplan, der individuell auf den Patienten und seine Störung abgestimmt ist und im Behandlungsprozess regelmäßig überprüft und modifiziert wird. Darin werden sowohl ärztlich-psychotherapeutische als auch die Maßnahmen des multiprofessionellen Teams geplant, inklusive der Beiträge des kinder- und jugendpsychiatrisch geschulten pädagogisch-pflegerischen Personals. Leistungsträger von Krankenhausbehandlung sind nach § 39 SGB V die Krankenkassen oder bei nicht Versicherten die örtliche Sozialhilfe. Der Anspruch auf Leistungen begründet sich durch Einweisung eines niedergelassenen Arztes oder notfallmäßige Aufnahme und Diagnose des aufnehmenden Arztes sowie Aufnahmemitteilung des Krankenhauses. Rehabilitation Es gibt bei KJjE eine gleichrangige Zuständigkeit der GKV und der Rentenversicherung als Träger von Rehabilitationsleistungen. Die Leistungszuständigkeit der Rentenversicherung für Kinder von rentenversicherten Eltern nach § 31 Abs. 1 Ziffer 4 SGB VI setzt voraus, dass durch die Heilbehandlung voraussichtlich eine erhebliche Gefährdung der Gesundheit beseitigt oder eine beeinträchtigte Gesundheit wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden kann (medizinische Voraussetzungen). Nach § 40 Abs. 2 SGB V werden stationäre Rehabilitationsbehandlungen für Kinder in der gesetzlichen Krankenversicherung bewilligt, wenn eine ambulante Krankenbehandlung nicht ausreicht und eine ambulante Rehabilitationsbehandlung nicht möglich oder hinreichend zielführend ist. Die stationäre Rehabilitationsbehandlung verfolgt das Ziel, einer drohenden Behinderung vorzubeugen, sie nach Eintritt zu beseitigen, zu bessern oder eine Verschlimmerung zu verhüten. Sie schließt auch Behandlungsmaßnahmen ein, eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Bei den Leistungen zur medizinischen Rehabilitation handelt es sich immer um Formen rehabilitativer Behandlung mit umschriebener Behandlungsdauer, die sich im Wesentlichen nur in der Frage des Leistungsträgers unterscheiden. Sie können somit gleichermaßen in gemeinsamen Gruppen- und Behandlungsstrukturen in den Rehabilitationskliniken durchgeführt werden. Nachbetreuung in einem regionalen Netzwerk Kliniken, speziell Kinderkliniken, egal ob pädiatrische, kinder- und jugendpsychiatrische oder sozial- pädiatrische Einrichtungen, sind in einem ständigen Entwicklungsprozess begriffen, der sich an den Bedürfnislagen der aufgenommenen Patienten, an regionalen Besonderheiten in der Versorgung und den Möglichkeiten des Gesundheitsmarktes orientiert. Das können Akutkliniken sein, ebenso Rehabilitationskliniken, Sozialpädiatrische 15 Zentren oder auch Zusammenschlüsse von niedergelassenen Ärzten mit Institutionen des Gesundheitswesens. Idealerweise arbeiten Akutpsychiatrie und psychiatrische Rehabilitation mit Tagesklinik und Ambulanz in einem Zentrum zusammen. Wenn dies ein regionales Zentrum ist, sollte der Einzugsbereich mindestens 30 km erfassen. Völlig anders sind die Voraussetzungen in Ballungsräumen, wo Wettbewerb und in der Regel ausreichende alternative Möglichkeiten den Markt bestimmen. Das Konzept, das einem Zentrum für Kinder, Jugendliche und Familien zu Grunde liegen kann, hat zwei Schwerpunkte: Die Versorgung von KJjE in interdisziplinären Kooperationen an einem Zentrum, das wiederum mit anderen, für die Versorgung wesentlichen Fachdiensten regional und überregional zusammenarbeitet. Der Aufbau von Versorgungsformen in einer Region (nicht in Ballungsräumen) in Prävention, Kuration, Rehabilitation über Sektorengrenzen hinaus. Im Mittelpunkt der Versorgung stehen drei Bereiche: Prävention, Kuration und Rehabilitation. Alle Bereiche sind einem öffentlichen Markt überlassen, der dazu führt – wie es bereits im 13. Kinder und Jugendbericht (2009) veröffentlicht wurde – dass es eine Menge an Angeboten bundesweit gibt, diese häufig aber nicht vernetzt, oft nicht langfristig finanziert und nur selten im Outcome wissenschaftlich evaluiert sind. Trotzdem sollte es in einer Region möglich sein, die wichtigsten Versorgungsaufgaben aufzulisten, mit den Anbietern in Kontakt zu treten, um zu versuchen, Angebot und Abläufe zu strukturieren. Im Vordergrund sollten dabei – wie bei allen institutionellen Hilfsangeboten für Kinder und Jugendliche – die Erkenntnisse aus dem Gesundheits-Survey (KIGGS-Survey; www.kiggs.de) stehen. Dies betrifft neben der Zunahme eher somatisch-chronischer Erkrankungen (zum Beispiel Adipositas, Asthma bronchiale, Neurodermitis) vor allem die Zunahme psychischer und psychosomatischer Krankheitsbilder. Der Aufbau eines integrativen Konzeptes für die Versorgung einer Region bedeutet, dass es in einer Einrichtung Übergänge zwischen den einzelnen Bereichen gibt. In der Regel ist bei Aufnahme des Patienten in die Fachklinik klar, welcher Station er zugeordnet wird, dennoch sind bei individuellem Bedarf klare Übergänge möglich. Ein Patient kann von der Tagesklinik (Kinder- und Jugendpsychiatrie) in die Reha-Klinik wechseln, ein Patient kann aus der RehaKlinik in die Ambulanz (Kinder- und Jugendpsychiatrie) wechseln. Bei Notwendigkeit können Übergänge auch zwischen Heimatschule und Krankenhausschule stattfinden. Ebenso kann der Patient außerhalb des Zentrums in kooperierenden Institutionen weiter betreut werden. Kooperationen bestehen dabei mit Schulen, mit der Jugendhilfe, mit Beratungsstellen und mit Fachtherapeuten, die sich regelmäßig in Fort- und Weiterbildungen passend zum Konzept beraten und schulen. Für Jugendliche und junge Erwachsene kommen hierfür auch die Berufsförderungswerke und die Berufsbildungswerke in Frage. Insgesamt ist ein sehr umfangreicher Informationsaustausch notwendig, der sinnvolle Abläufe sicherstellt. Berücksichtigt wird in diesem Zusammenhang auch ein effektiver Personaleinsatz: Personelle Ressourcen werden integrativ geplant und deren Einsatz, auch aus wirtschaftlichen Gründen, kontrolliert. Gemeinsamer Austausch von Information sowie gemeinsame Fort- und Weiterbildungen der Kooperationspartner können den Einstieg bilden und die Strukturen eines hoch leistungsfähigen Netzwerks fördern. 16 B.1.2 Ausgangslage aus Sicht der Leistungsträger G. Krug, H. D. Schilson, U. Theißen, B. van Treeck und S. Wurm An der Behandlung und Rehabilitation von KJjE sind in unserem gegliederten System unterschiedliche Leistungsträger beteiligt. Im Verhältnis zur Behandlung Erwachsener gibt es Parallelen aber auch grundsätzliche Unterschiede hinsichtlich der Zuständigkeit von Rehabilitationsträgern. Analog zur Hilfe für Erwachsene ist – bei Teilhabebedarf immer in Verbindung mit dem SGB IX – bei KJjE die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) für Leistungen nach dem SGB V und die Gesetzliche Unfallversicherung für das umfassende Leistungsspektrum bei Arbeits- und Wegeunfällen nach dem SGB VII zuständig. Die Rentenversicherungsträger sind für KJjE im Rahmen der Kinderheilbehandlung nach § 31 Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI zuständig, wenn diese Leistungen über rentenversicherte Eltern beantragt werden. Abweichungen von der Leistungsträgerschaft bei Erwachsenen leiten sich für KJjE mit psychischen Störungen aufgrund von rechtlichen Besonderheiten aus dem SGB VIII ab: Gemäß § 35a SGB VIII haben seelisch behinderte KJjE und solche, die von einer seelischen Behinderung bedroht sind, einen Anspruch auf Eingliederungshilfe zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. In den Fällen, in denen zur psychischen Störung eine geistige und/oder eine körperliche Behinderung hinzu treten, sind die Zuständigkeiten unterschiedlicher Rehabilitationsträger abzugrenzen. Im Folgenden werden die Leistungen der Jugendhilfe am Beispiel der Versorgungsstrukturen in NRW beleuchtet und es wird das Bild der Ausgangslage aus Sicht der Kranken- und Rentenversicherung sowie der Bundesagentur für Arbeit (BA) dargestellt. B.1.2.1 Jugendhilfeträger Die öffentliche Jugendhilfe als Rehabilitationsträger leistet für KJjE Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII, wenn eine seelische Behinderung droht oder besteht, die eine Abweichung vom lebensalterstypischen Zustand von mehr als 6 Monaten bedeutet und die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft beeinträchtigt ist. Für junge Volljährige ist die Hilfe in Verbindung mit dem § 41 SGB VIII (Hilfe für junge Volljährige) zu gewähren. Darüber hinaus wird seit Einführung des SGB IX am 01.07.2001 die Hilfe in Verbindung mit dem § 14 SGB IX erbracht. Die Jugendhilfe bietet Hilfen im ambulanten sowie im teil- und vollstationären Rahmen für u. a. psychisch beeinträchtigte Kinder, Jugendliche und junge Volljährige an. Diese dürfen jedoch bei der Erstantragstellung das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Im Folgenden ist dazu Tabelle 1 zusammengestellt, die ambulante, teil- und vollstationäre Hilfen aufführt. 17 Tabelle 1: Ambulante und Teil-/ Vollstationäre Hilfen nach § 35a SGB VIII. A. Ambulante Hilfen Hilfe: Personenkreis Ergänzende Erläuterungen Erziehungsbeistandschaft Kinder und Jugendliche Hilfe für Eltern/leichtes Störungsbild Soziale Gruppenarbeit Kinder und Jugendliche/ junge Hilfe für das Kind, Volljährige in seltenen Fällen Jgdl./vorrangiger Altersbereich bis 13 Jahre/leichtes Störungsbild Tagesgruppen Kinder und Jugendliche vorrangiger Altersbereich bis 13 Jahre/leichtes bis mittleres Störungsbild Integrative Kindertageseinrichtungen Kinder im Kindergartenalter alle Störungsbilder Betreutes Wohnen in einer eigenen Wohnung über flexible Stundenangebote Jugendliche und junge Volljährige keine oder nur minimale medizinische Behandlungsbedürftigkeit, hoher Grad an Selbständigkeit ist Voraussetzung Heilpädagogische Angebote Kinder/Jugendliche/junge Volljährige Der Personenkreis lebt entweder im Elternhaus bzw. in Einrichtungen, die kein eigenes heilpädagogisches Angebot haben Hilfe: Personenkreis Ergänzende Erläuterungen Betreutes Wohnen ältere Wohnraum ist i.d.R Eigentum der Einrichtung/ ggf. eigene Wohnung B. Teil- und vollstationäre Hilfen Jugendliche/Volljährige Fünf-Tagesgruppe Angebot meist nur für jüngere Kinder Leichtes bis mittleres Störungsbild Sozialpädagogische Lebensgemeinschaften Pflegefamilien/Kinder und Jugendliche Leichtes bis mittleres Störungsbild, Gruppenkontext kontraindiziert Unterbringung in Einrichtung der Jugendhilfe mit spezifischem Angebot für seelisch Beeinträchtigte Kinder/Jugendliche und junge Volljährige alle Grade an Störungsbildern; ggf. auch sehr hoher Betreuungsbedarf Der Antrag auf Hilfe gemäß § 35a SGB VIII kann mündlich oder schriftlich gestellt werden. Derzeit erhalten z. B. in NRW ca. 6.800 Kinder, Jugendliche und junge Volljährige Eingliederungshilfe durch die Jugendhilfe aufgrund einer zumindest drohenden seelischen Behinderung. In den letzten 5 Jahren sind die Fallzahlen pro Jahr kontinuierlich um ca. 10% angestiegen. In ca. 75% der Fälle werden ambulante Hilfen gewährleistet. Bei den betroffenen Kindern, Jugendlichen und jungen Volljährigen wurden vorrangig folgende Störungsbilder diagnostiziert: ADS, ADHS, Autismus, Psychosen, Persönlichkeitsstörungen, Phobien, Essstörungen und Suchterkrankungen. Parallel zum Anstieg der kinder- und jugendpsychiatrischen Morbidität zeigt sich, dass die Dauer der Maßnahmen auch im Bereich der Jugendhilfe sinkt. Die Diskussionen um den § 35a, die „Kostenexplosion“ und 18 Fragen der Standardisierung der Einschätzung von Teilhabebeeinträchtigungen haben deutlich gemacht, dass auch im Bereich der Jugendhilfe Allokationsfragen wichtiger werden (Fegert et al., 2007). Die Umsetzung der Jugendhilfe unterliegt allerdings lokalen Besonderheiten, so dass von sehr unterschiedlichen Gegebenheiten im Bundesgebiet auszugehen ist. Die Dunkelziffer der Fälle, die Leistungen erhalten, wie auch derer, die Leistungen beantragen könnten, ist schwer einzuschätzen. B.1.2.2 Gesetzliche Krankenversicherung Im Leistungsrecht der Gesetzlichen Krankenversicherung finden sich die Grundsätze des Vorrangs von ambulanter vor stationärer Hilfe, von Rehabilitation vor Pflege sowie das Prinzip „vorbeugen vor heilen“. Im Einzelnen kennt das SGB V folgende Leistungen: • • Ambulante kurative ärztliche Behandlung, auch vertragsärztliche Behandlung genannt (einschließlich Maßnahmen der psychosomatischen Grundversorgung und Arzneimitteltherapie, z.B. mit Psychopharmaka), Ambulante Richtlinien-Psychotherapie Psychotherapeutische Maßnahmen können zu Lasten der Krankenversicherung im Grundsatz nur durch approbierte Ärzte und Psychologen mit einer psychotherapeutischen Zusatzausbildung in einem anerkannten Psychotherapieverfahren durchgeführt werden. Die Gegebenheiten zur Indikation und Durchführung von Psychotherapie sind in der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Durchführung der Psychotherapie (Psychotherapie-Richtlinie), in Kraft getreten am 10.12.2009, geregelt. • Heilmittel – Ergotherapie – Physiotherapie Zu den Heilmitteln gehören die so genannten therapeutischen Dienstleistungen. Von besonderer Bedeutung für psychisch Kranke ist hierbei die Beschäftigungs- und die Arbeitstherapie (Ergotherapie). Daneben gibt es die psychisch-funktionelle Behandlung durch Ergotherapeuten. Sie dient der gezielten Therapie krankheitswertiger Störungen der psychosozialen und sozioemotionalen Funktionen und den daraus resultierenden Fähigkeitsstörungen. Sie umfasst insbesondere Maßnahmen zur Verbesserung und Stabilisierung der psychischen Grundleistungsfunktionen wie Antrieb, Motivation, Belastbarkeit, Ausdauer, Flexibilität und Selbstständigkeit in der Tagesstrukturierung, aber auch die Förderung von sozialen Kompetenzen sowie die Verbesserung von Selbst- und Fremdwahrnehmung. Die Verordnung von Ergotherapie kann bei der Erstverordnung und zwei Folgeverordnungen jeweils maximal zehn Einheiten umfassen. Darüber hinaus ist bei psychischen Störungen auch eine Langfrist-Verordnung möglich, die aber eine weiterführende psychiatrische Diagnostik voraussetzt. • Häusliche Krankenpflege (einschließlich der häuslichen Krankenpflege psychisch Kranker) und Ambulante Soziotherapie Soziotherapie erhalten gemäß § 37a SGB V Versicherte, die wegen schwerer psychischer Erkrankung nicht in der Lage sind, ärztliche oder ärztlich verordnete Leistungen selbstständig in Anspruch zu nehmen. Ein Anspruch auf Soziotherapie besteht, wenn dadurch Krankenhausbehandlung vermieden bzw. verkürzt wird oder wenn die gebotene Krankenhausbehandlung nicht ausführbar ist. Die Soziotherapie umfasst die im Einzelfall 19 erforderliche Koordinierung der verordneten Leistungen sowie Anleitung und Motivation zu deren Inanspruchnahme. Der Anspruch besteht für höchstens 120 Stunden innerhalb von drei Jahren je Krankheitsfall. • • • • Haushaltshilfe, Teilstationäre und stationäre Krankenhausbehandlung (sofern ambulante Behandlung nicht ausreicht und nicht Teilhabeziele im Vordergrund stehen), Behandlung in Psychiatrischen Institutsambulanzen, Behandlung gemäß den Sozialpsychiatrievereinbarungen in Kinderund Jugendpsychiatrischen Praxen Die psychiatrischen Institutsambulanzen, geregelt in § 118 SGB V, sind Ambulanzen psychiatrisch-psychotherapeutischer Krankenhäuser bzw. der Abteilungen zur Sicherstellung einer ambulanten Versorgung für schwer psychisch kranke Menschen, bei denen einerseits in der Regel langfristige, kontinuierliche Behandlung medizinisch notwendig ist und andererseits mangelndes Krankheitsgefühl, mangelnde Krankheitseinsicht und/oder mangelnde Impulskontrolle der Wahrnehmung dieser kontinuierlichen Behandlung entgegenstehen. Das Leistungsangebot der Institutsambulanz ist eine multiprofessionelle Komplexleistung und umfasst das gesamte Spektrum psychiatrisch-psychotherapeutischer Diagnostik und Therapie. • • • Ambulante oder stationäre medizinische Rehabilitation in Einrichtungen, mit denen ein Versorgungsvertrag mit der GKV besteht, Prävention und Patientenschulungen und Interdisziplinäre Früherkennung und -förderung Bei der stationärer Rehabilitation für KJjE ist zu berücksichtigen, dass eine gleichrangige Zuständigkeit von GKV und RV besteht. Gemeinsame Ausführungen u. a. auch Definitionen zur Rehabedürftigkeit, -fähigkeit und -prognose können z. B. dem Gemeinsamen Rahmenkonzept der GKV und gesetzlichen Rentenversicherung für die Durchführung stationärer medizinischer Leistungen der Vorsorge und Rehabilitation für Kinder und Jugendliche der BAR (2008) entnommen werden. Durch die Früherkennung und Frühförderung bei Kindern (§ 43a SGB V i.V.m. § 30 SGB IX) können viele Folgeschäden vermieden und Störungen, die die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft negativ beeinflussen, kompensiert werden. Ziel der Frühförderung ist das Erreichen der Schulfähigkeit. Deshalb ist diese Leistung auch bis zum erstmaligen Schuleintritt begrenzt. Die Versorgung im Rahmen der Frühförderung erfolgt durch Komplexleistungen. Komplexleistungen sind Leistungen verschiedener Sozialleistungsträger, die zur Deckung eines individuellen Therapiebedarfs gebündelt und durch ein multiprofessionelles Team (Arzt, Psychologe, Heilpädagoge, Physiotherapeut und Logopäde) erbracht werden. Bei der Frühförderung wird dieser Therapiebedarf durch medizinische/medizinisch-therapeutische Leistungen als auch durch heilpädagogische Leistungen gedeckt. Kostenträger sind dann meist die Krankenkassen und die Sozialhilfeträger; diese teilen sich die Kosten anteilig. Die Komplexleistung wird durch den (in der Regel) behandelnden Kinderarzt angeregt. Die Diagnostik und die auf einen Behandlungsplan aufbauende Therapie erfolgt dann in der Frühfördereinrichtung. 20 B.1.2.3 Rentenversicherung Psychosomatische und psychomotorische Störungen sowie Verhaltensstörungen können eine Indikation für eine stationäre Kinderheilbehandlung der Rentenversicherung darstellen. Bei KJjE verfolgt die Rentenversicherung mit der Leistungsbewilligung das Ziel, durch Wiederherstellung der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit eine erfolgreiche (Re-) Integration in Schule und Alltag zu erreichen. Damit soll der Eintritt in das Erwerbsleben überhaupt ermöglicht werden. Die gesetzliche Grundlage hierfür ist § 31 Abs.1 Nr.4 SGB VI. In den Richtlinien für Kinderheilbehandlungen (KiHB-Richtlinien) werden Voraussetzungen und Leistungsumfang konkretisiert. Zuständigkeiten und Voraussetzungen Es gibt bei KJjE eine gleichrangige Zuständigkeit der GKV und der Rentenversicherungsträger als Träger von Rehabilitationsleistungen. In jedem Fall müssen Rehabilitationsbedürftigkeit, Rehabilitationsfähigkeit und eine positive Rehabilitationsprognose vorliegen. Rehabilitationsbedürftigkeit Ihre Beurteilung erfolgt aus der zusammenfassenden Bewertung aller sozial-medizinisch relevanten Kriterien. Rehabilitationsbedürftigkeit kann angenommen werden, wenn Folgeschäden einer Erkrankung drohen bzw. bereits eingetreten sind, die ambulante ärztliche Krankenbehandlung nicht ausreicht, um Schädigungen mit daraus resultierenden Beeinträchtigungen der Aktivitäten und Teilhabe zu beseitigen oder zu vermindern, Leistungen zur Krankheitsbewältigung und zur Unterstützung des Krankheitsmanagements erforderlich sind. Rehabilitationsfähigkeit • • • • Es müssen allgemeine Kriterien erfüllt sein, z. B. ausreichende körperliche und psychosoziale Belastbarkeit, Voraussetzungen für aktive, entwicklungsgemäße Mitarbeit, soziale Integrationsfähigkeit. Rehabilitationsprognose Schwere, Dauer, Verlaufsform und Risikofaktoren müssen berücksichtigt werden. Die Komplexität aller körperlichen, psychischen und sozialen Faktoren und deren wechselseitige Rückwirkung sind entscheidend für die Prognose. Neben den medizinischen Voraussetzungen wird geprüft, ob zumindest ein Elternteil die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Leistung des Rentensicherungsträgers erfüllt, d. h. ob ausreichende Beitragsleitungen zur Rentenversicherung vorliegen. Bewilligungsverfahren Voraussetzung für die Bewilligung einer Rehabilitationsleistung ist immer eine Antragstellung durch einen versicherten Elternteil. Die Anregung zur Antragstellung erfolgt i.d.R. durch den betreuenden Kinder- oder Hausarzt. Wird der Antrag bei einem Rentenversicherungsträger gestellt, entscheidet dieser über die medizinischen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen. Ist das Ergebnis positiv, werden die Eltern hierüber und über die ausgewählte Rehabilitationseinrichtung informiert. 21 Die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation von KJjE durch die Rentenversicherungsträger können nur stationär erbracht werden. Die Kosten für eine Begleitperson können übernommen werden, wenn das Lebensalter des Kindes (Vorschulalter) oder die besondere Art der Erkrankung eine Begleitung durch einen Elternteil erforderlich macht. Umfang und wesentliche Inhalte Zum Leistungsumfang gehören ärztliche und nicht ärztliche Therapie, Pflege und Versorgung mit Medikamenten, Gesundheitsförderung, Unterkunft und Verpflegung in geeigneten Rehabilitationseinrichtungen sowie Reisekosten und sonstige notwendige Nebenkosten (§ 5 Abs. 1 KiHB-Richtlinien). Der Umfang der zu erbringenden Leistungen orientiert sich an den störungsbedingten Beeinträchtigungen und am individuellen Leistungsvermögen des Kindes/Jugendlichen. Dies bezieht sich sowohl auf die Anzahl der Rehabilitationstage (4-6 Wochen) als auch auf Art und Umfang der zu erbringenden therapeutischen Leistungen. Kinder und Jugendliche benötigen eine Adaptationsphase nach dem Wechsel aus dem häuslichen Milieu in eine Rehabilitationseinrichtung. Die Therapiedichte kann nicht so hoch wie bei Erwachsenen sein, Freiräume sind zu gewährleisten. Sowohl die Untersuchungen als auch die Therapien sind in der Regel zeitaufwändiger als bei Erwachsenen. Schulische Betreuung wird in Form eines sog. Überbrückungsunterrichts gewährleistet. Dieser umfasst insgesamt mindestens 10 Wochenstunden in den Fächern Deutsch und Mathematik und einem dritten Fach. Der Unterricht soll in das interdisziplinäre Gesamtkonzept eingebunden sein. Das pädagogische Personal arbeitet hinsichtlich Verhaltensbeobachtungen, Aufdeckung von Schulleistungsstörungen etc. eng mit dem Rehabilitationsteam zusammen. Richtungsweisend für die in der Rehabilitation tätigen Sozialmediziner/innen und das Rehabilitationsteam sind das Ausmaß der gesundheitlichen, sozialen und schulischen Beeinträchtigung sowie die daraus mittel- oder langfristig resultierende Gefährdung der Erwerbsfähigkeit. Die Ärzte und das übrige Rehabilitationsteam müssen neben der zur Rehabilitation führenden Erkrankung alle körperlichen und psychischen Einschränkungen bzw. Fähigkeitsstörungen berücksichtigen und die Änderung eines gesundheitsgefährdenden Lebensstils sowie die Krankheitsbewältigung unterstützen. Die Einbeziehung des sozialen und schulischen Umfeldes ist bei der Therapieplanung erforderlich. B.1.2.4 Bundesagentur für Arbeit Berufswegeplanung und Berufsorientierung Die Bundesagentur für Arbeit (BA) begleitet und unterstützt den Übergang Jugendlicher von der Schule auf den Arbeitsmarkt sehr nachhaltig. Die Aktivitäten beginnen schon in der Schule, spätestens zwei Jahre vor Ende der Schulzeit; sie enden erst mit der tatsächlichen Integration in Arbeit. Die Begleitung des Übergangsprozesses beginnt zunächst mit der Information der Jugendlichen und – vor allem auch – der Eltern. Es sind viele allgemeine Informationen über den Arbeitsmarkt, über Branchen, über die Ausbildungssituation sowie über Berufe, berufliche Anforderungen und auch über das Arbeitsleben, etwas treffender ausgedrückt: über die Welt der Arbeit. Konkret werden hierzu insbesondere 22 Elternveranstaltungen, Informationsabende sowie Unterrichtung der Schüler in den Klassen wie auch Einzelgespräche angeboten. In einem weiteren Schritt werden in Kooperation mit der Schule Projekte unternommen, um Berufe und Arbeitswelt erlebbar zu machen. Dies ist das wichtige Feld der Berufsorientierung. Hier werden den Jugendlichen die Berufe in pädagogisch aufbereiteter Form näher gebracht, vielfach auch ergänzt mit Besichtigung realer Betriebe und auch mit Betriebspraktika. Die Berufsorientierung ist die wesentliche Voraussetzung für eine fundierte und tragfähige Berufswegeplanung. Früher wurde die Berufswahl als die erste große „Lebensentscheidung“ bezeichnet. Trotz vieler Veränderungen und Neujustierungen in unserer Gesellschaft ist es jedoch dabei geblieben, dass die Berufswahl immer noch eine schwierige und weit reichende Entscheidung ist. Unter bestimmten Aspekten ist sie noch schwieriger geworden. Deshalb müssen die jungen Menschen Vor- und Nachteile abwägen können, um sich für oder gegen einen Beruf entscheiden zu können: Berufstätigkeiten, Verdienstmöglichkeiten, Arbeitszeiten, physische und psychische Anforderungen, unterschiedliche Wettbewerbssituationen und vieles mehr sind dabei wesentlich. Die Berufswelt ist in den letzten Jahren zunehmend abstrakter und anonymer geworden; Berufsbezeichnungen verraten immer weniger von den hauptsächlichen Tätigkeiten und den Aufgaben, von körperlichen Anstrengungen und seelischen Belastungen. Ein Großteil der Veränderungen bei den Berufen geht auch auf das Konto der Globalisierung; dieser Prozess ist noch nicht zu Ende. Deshalb wurden zusammen mit den Schulen und freien Bildungsträgern zahlreiche zusätzliche Berufsorientierungsmöglichkeiten kreiert und werden angeboten. Als Beispiele seien erwähnt die Module von „Zukunft fördern“ oder auch das Organisieren von „Schülerfirmen“, in denen trotz Simulation Arbeitswelt authentisch erlebt werden kann. Parallel zu allen Aktionen der Berufsorientierung werden den Jugendlichen auch diagnostische Angebote gemacht, um Leistungsstärken, Fähigkeiten und auch Neigungen ausmachen zu können. Insbesondere ist hier die psychologische Eignungsuntersuchung zu nennen. Aber auch praktische Erprobungen in verschiedenen Berufen oder Berufsfeldern spielen eine zunehmend größere Rolle. Wichtig ist es jedoch, dass die Jugendlichen nicht nur Testergebnisse zur Kenntnis nehmen, sondern dass sie sich ihrer Fähigkeiten bewusst werden. Es geht also um den eigenständigen Übersetzungsprozess von Fähigkeiten auf Berufsanforderungen. Dieser Prozess wird mit individuellen Beratungsgesprächen unterstützt und gesteuert. Selbstlern-Arbeitsmaterialien begleiten zusätzlich den Berufsfindungsprozess. Frühzeitiges Erkennen psychischer Probleme In dem zuvor dargestellten Regelwerk der Berufswegeplanung und Berufsorientierung befinden sich auch psychisch behinderte Jugendliche, die jedoch als solche überwiegend nicht oder erst sehr spät erkannt werden. In aller Regel wird die Berufswahl ohne Berücksichtigung der vorliegenden psychischen Probleme getroffen. Die Gründe hierfür dürften vielfältig sein; die nötige Sensibilität zum Erkennen derartiger Erkrankungen oder Behinderungen müsste jedoch im vorberuflichen Bereich verankert sein. Psychische Behinderungen werden dann auffällig, wenn es um die Umsetzung der Berufswahlentscheidung geht. Dies kann bei Aufnahme einer Ausbildung sein, stellt sich häufig aber auch als eine noch nicht ganz stabile „Berufsreife“ dar und erfordert dann eine spezifische Vorgehensweise im Rahmen der Berufsvorbereitung. In beiden Fällen stellt sich 23 dann das große Problem, dass die Berufswahlentscheidung, wenn sie einmal getroffen wurde, zumindest kurzfristig einer Revision nicht zugänglich ist. Berufswahlentscheidungen sind auch vom Zeitgeist getragen und mehr oder weniger zwangsläufig karrierebetont. Dabei ist es unerheblich, ob es an der eigenen Einsichtsfähigkeit fehlt oder an der des „mitberatenden Umfeldes“ in Form von Freunden, Angehörigen etc. Es ist deshalb eminent wichtig, dass schon im Vorfeld der Berufswahl Erkenntnisse zusammengetragen werden, die Signale geben in Richtung des Vorliegens psychischer Probleme. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben Wenn es Hinweise auf das mögliche Vorliegen einer psychischen Behinderung gibt, dann kann die BA als beruflicher Rehabilitationsträger agieren. Ansprüche auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben stehen auch den Menschen zu, denen eine Behinderung droht. Im Rahmen der beruflichen Rehabilitation gibt es dann vielfältige Hilfsangebote, mit denen die Arbeitsmarktfähigkeit behinderter Menschen hergestellt und gesichert werden kann. Es gibt Einrichtungen und Dienste für Teilhabeleistungen und viele wohnortnahe behinderungsspezifische Hilfepakete gerade auch für psychisch behinderte junge Menschen. Wie oben schon ausgeführt, ist der Prozess der Berufswahl ein außerordentlich wichtiges Stück Lebensplanung, die nicht nur eine richtige, sondern auch eine behinderungsgerechte Weichenstellung erfordert. Die „Justierung für die Zukunft“ darf kein Zufallsprodukt von Wunschträumen und Realitäten werden; sie muss auch aus gesellschaftlicher Sicht in voller Verantwortung für den behinderten Menschen getroffen werden. Deshalb ist es wichtig, so früh wie möglich den Weg für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu erkennen. Für junge erwachsene Patienten kann der Berufseinstieg eine Hürde darstellen. Das SGB III stellt die gesetzliche Grundlage für Maßnahmen zum Berufseinstieg auch psychisch kranker Jugendlicher und junger Erwachsener dar. B.1.3 Rechtliche Grundlagen aus Sicht des SGB IX H. Fuchs B.1.3.1 Übergreifendes Recht des SGB IX Zur Realisierung des Rechts auf Teilhabe besteht im deutschen Sozialrecht mit dem SGB IX für das gegliederte Sozialleistungssystem ein für alle Rehabilitationsträger einheitlicher und gemeinsamer Rahmen, der sich hinsichtlich der Definition des Teilhabebegriffs an der ICF der WHO orientiert. Dort wird Teilhabe als Einbezogensein in eine Lebenssituation definiert. Für die verspätete Einleitung von Rehabilitationsmaßnahmen, die mangelnde Durchgängigkeit und Homogenität zwischen ambulanter und stationärer Akutversorgung einerseits und ambulanter und stationärer Rehabilitation andererseits, aber auch für die Schnittstellenprobleme zwischen medizinischer, beruflicher und sozialer Rehabilitation wurde zu allen Zeiten das rechtlich und administrativ gegliederte Sozialleistungsträgersystem verantwortlich gemacht. Zur Beseitigung dieser Probleme entwickelt der Gesetzgeber mit dem SGB IX das Recht der Rehabilitation und Teilhabe behinderter und chronisch kranker Menschen unter Beibehaltung des gegliederten Systems weiter und fasst es in einem übergreifenden Buch des Sozialgesetzbuchs zusammen (vgl. BT-Drucks. 14/5074, S. 92). Dazu werden die verschiedenen Rehabilitationsträger auf der Grundlage harmonisierter Rechtsvorschriften verpflichtet, zielgerichtet zusammenzuarbeiten. Das SGB IX soll ebenso bereichsübergreifend wirksam werden wie die Regelungen des Ersten, des Vierten und des 24 Zehnten Sozialgesetzbuches (vgl. BT-Drucks. 15/4575, S. 21; BT-Drucks. 14/5074, S. 94). Leistungen und Verfahren der medizinischen Rehabilitation können damit bei allen Rehabilitationsträgern nur im Kontext des SGB IX gestaltet werden. Selbst wenn das für einen Rehabilitationsträger geltende spezifische Recht vom SGB IX abweichende Bestimmungen enthält (siehe § 7 Satz 2 SGB IX), sind diese im Lichte des SGB IX auszulegen. Das SGB IX bildet einen gemeinsamen Rahmen für das gesamte Recht der Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe. Der Gesetzgeber erwartet, dass die Rehabilitationsträger auf der Basis dieses gemeinsamen Rechtsrahmens durch Koordination, Kooperation und Konvergenz eine einheitliche Praxis der Rehabilitation und Behindertenpolitik gewährleisten. Er geht dabei von einer weitgehenden Einheitlichkeit des Leistungsrechts aus (s. dazu BTDrucks. 14/5074, S. 100). Der behinderte, pflegebedürftige oder chronisch kranke Mensch soll – völlig losgelöst von der Zuständigkeit eines Rehabilitationsträgers und unabhängig von der Ursache für den individuellen Rehabilitationsbedarf – aus gegebenem Anlass von jedem zuständigen Rehabilitationsträger die nach Art, Umfang sowie Struktur- und Prozessqualität gleich wirksame und bedarfsgerechte Rehabilitationsleistung erhalten. Zielorientierung der Rehabilitation Als die für alle Rehabilitationsträger einheitliche Leistungsvoraussetzung gestattet § 4 Abs. 2 Satz 1 SGB IX die Erbringung von Leistungen zur Teilhabe – einschl. der medizinischen Rehabilitation – ausschließlich zur Erreichung der in § 4 Abs. 1 SGB IX genannten Ziele, die für die medizinische Rehabilitation durch § 26 Abs. 1 SGB IX weiter konkretisiert werden. § 26 Abs. 1 SGB IX übernimmt die Zieldefinitionen des § 4 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB IX und stellt mit der Aufnahme der Definition aus dem Präventionsbereich des § 3 – „Behinderungen einschl. chronischer Krankheiten“ – klar, dass die auf Selbstbestimmung und Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ausgerichtete, übergeordnete Zielsetzung des § 1 SGB IX für alle Teilhabeleistungen (§§ 4, 5 SGB IX) und damit selbstverständlich auch für die medizinische Rehabilitation von Menschen mit chronischen Krankheiten gilt, bei denen eine Teilhabebeeinträchtigung bereits eingetreten ist oder droht. Ein mit dem SGB IX eng verbundener Paradigmenwechsel besteht darin, dass danach nicht mehr Art und Schwere einer Erkrankung, sondern Art und Ausprägung der durch die Krankheit verursachten Beeinträchtigung von Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, d. h., die Krankheitsfolgen, die Indikation für den Anspruch auf Rehabilitationsleistungen bilden. Ziel der Rehabilitation von KJjE ist demnach einerseits die Einwirkung auf die eingetretene oder drohende Beeinträchtigung der Teilhabe, andererseits aber auch die Vermeidung von Sozialleistungen (vgl. unter B.1.1.5 – Rehabilitationsbehandlung). Spezifisches Ziel für KJjE ist nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX die ganzheitliche Förderung der persönlichen Entwicklung und der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft sowie die Chance der Verwirklichung oder Erleichterung einer möglichst selbständigen und selbstbestimmten Lebensführung. Bedarfsorientierung der Rehabilitation Alle Rehabilitationsträger haben nach § 10 SGB IX die individuell erforderlichen Leistungen funktionsbezogen zu erfassen und schriftlich so zusammenzustellen, dass sie nahtlos ineinander greifen. Nach § 27 SGB IX gilt diese Regelung ausdrücklich auch bei Leistungen der Krankenbehandlung, d. h., nicht nur bei den Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, sondern bei allen Leistungen der Krankenkassen nach dem SGB V. 25 Mit der Verpflichtung, den individuellen Leistungsbedarf „funktionsbezogen“ festzustellen, orientiert der Gesetzgeber das Feststellungsverfahren (Begutachtung durch Sachverständige, § 14 Abs. 5 SGB IX) ausdrücklich an der Philosophie der ICF der WHO und an der darin enthaltenen Kategorisierung der Teilhabebeeinträchtigungen. Diese Verpflichtung beinhaltet, alle Teilhabebeeinträchtigungen in allen Lebensbereichen (insbes. auch Familie, Schule) unabhängig von der Zuständigkeit und der Leistungsverpflichtung des aktuell tätigen Rehabilitationsträgers sozialrechtsübergreifend und vollständig zu erheben. Somit ist schon beim erstmaligen Tätigwerden eines Rehabilitationsträgers nicht nur der gesamte Leistungsbedarf aller Rehabilitationsträger zu erfassen, sondern es muss auch geklärt werden, welche Teilhabebeeinträchtigungen in Bereichen bestehen, in denen keine Zuständigkeit eines Rehabilitationsträgers besteht (z. B. Schule). Artikel 26 Abs. 1 Buchst. a der UN-BRK unterstreicht somit die Vorgaben des § 10 SGB IX mit der Verpflichtung, die Leistungen auf eine „multidisziplinäre Bewertung der individuellen Bedürfnisse und Stärken“ zu basieren. Diese umfassende Feststellung ist Grundvoraussetzung für die Koordination und Kooperation aller Akteure (sogenanntes Teilhabemanagement), insbesondere auch mit Bezug zum Schulbereich. Im Übrigen sind alle Rehabilitationsträger nach § 8 SGB IX verpflichtet, bei jeder Gewährung von Leistungen wegen einer Behinderung auch zu prüfen, ob diese Leistungen zur Teilhabe voraussichtlich erfolgreich sind. Dies wirkt sich insbesondere auf die Leistungsgewährung nach dem SGB V aus, weil alle diese Leistungen bei chronisch kranken Menschen durchweg „unter Berücksichtigung einer Behinderung oder einer drohenden Behinderung beantragt oder erbracht werden“ und zwar unabhängig von der Entscheidung über diese Leistungen selbst (vgl. auch § 2a SGB V). Verfahren insbesondere die Krankenkassen nach diesen Vorschriften, dann ist gewährleistet, dass (nicht nur bei chronisch kranken Menschen, sondern generell) die durch Krankheit verursachten Teilhabebeeinträchtigungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt wahrgenommen werden, die erforderlichen Präventions-/Rehabilitationsleistungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt bereitgestellt und ausgeführt werden sowie die teilhabeorientierten Rehabilitationsziele nach §§ 1, 4 Abs. 1, 26 Abs. 1 SGB IX erreicht werden. Teilhabemanagement Die §§ 8, 10, 11, 14 und 22 SGB IX enthalten ein umfassendes Teilhabemanagement, das die frühzeitige Feststellung einer drohenden oder eingetretenen Behinderung, eine trägerübergreifende, teilhabeorientierte Feststellung des Leistungsbedarfs, zügige Verwaltungsverfahren, zeitnahe Entscheidungen sowie die nahtlose Leistungsausführung gewährleisten soll. Zudem: Das zum Persönlichen Budget nach § 17 SGB IX in den §§ 3 und 4 BugetV geregelte Budgetverfahren folgt den Vorschriften zum Teilhabemanagement exemplarisch und kann als deren Konkretisierung für die Praxis – auch außerhalb des Budgetverfahrens – verstanden werden. Kern des Teilhabemanagements ist die Feststellung des individuellen funktionsbezogenen Leistungsbedarfs (nicht der „Leistungen“; denn die Leistungsentscheidung ist unverändert hoheitliche Aufgabe jedes einzelnen Trägers) unabhängig von Zuständigkeit und Leistungsverpflichtung des aktuell tätigen Trägers. Bei einigen Trägern wird erkennbar noch immer nicht hinreichend zwischen der vom Gesetzgeber gewollten, übergreifenden Bedarfsfeststellung und der individuellen Entscheidungsverantwortung des zuständigen 26 Trägers i.S.d. SGB X differenziert; das führt weiterhin zu Doppel- oder Parallelbegutachtungen mit z. T. unterschiedlichen Ergebnissen, die gerade durch das SGB IX beseitigt werden sollten. Dies ist eine der Ursachen für die im Sinne Leistungsberechtigter noch immer zu beklagenden Schnittstellenprobleme des gegliederten Systems. Zügige und nahtlose Leistungserbringung Die Rehabilitationsträger sind nach § 10 Abs. 1 SGB IX zur zügigen Leistungserbringung verpflichtet und haben das Verfahren entsprechend dem jeweiligen Bedarf durchgehend zu sichern. Dazu hat der Rehabilitationsträger nach Antragseingang die Zuständigkeit innerhalb von zwei Wochen zu klären und innerhalb von drei Wochen (bei Einholung eines Gutachtens innerhalb von zwei Wochen nach Gutachteneingang) über die beantragte Leistung zu entscheiden. Die Fristen beginnen unabhängig von der Vollständigkeit des Antrages. Die entscheidungsreife Vervollständigung des Antrages ist nach §§ 10, 22 SGB IX Aufgabe der Träger selbst. Persönliches Budget Der Berechtigte hat nach § 17 SGB IX das Recht, seine budgetfähigen Leistungen (d. s., neben den Leistungen zur Teilhabe und Rehabilitation aller Rehabilitationsträger, z. B auch die gesundheitlichen Leistungen nach dem SGB V) – zu unterscheiden von den sonstigen Vorschriften über die Leistungsausführung und abweichend von der üblichen Praxis der Träger – in einem Persönlichen Budget zusammenzufassen, die Leistungen als Geldleistungen aus einer Hand, d. h., von einem Träger, zu beziehen und die Ausführung der Leistungen in eigener Verantwortung zu organisieren (vgl. van Treeck et al., 2009). Dieses Instrument zur Förderung der Selbstbestimmung – im Bedarfsfall mit Assistenz – könnte auch bei KJjE zur Problemlösung in der Versorgung beitragen. Geeignete Rehabilitationseinrichtungen Die Rehabilitationsträger dürfen zur Ausführung der Leistungen nur Rehabilitationseinrichtungen und -dienste heranziehen, die „geeignet“, nach § 19 Abs. 4 Satz 1 SGB IX sogar „am besten geeignet“, sind (vgl. § 17 Abs.1 SGB IX). Zur Ausführung von Rehabilitationsleistungen geeignet sind dabei solche Einrichtungen und Dienste, die nach ihrer Struktur- und Prozessqualität die Gewähr dafür bieten, dass die auf Selbstbestimmung und Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ausgerichteten, individuellen Rehabilitationsziele von chronisch kranken Menschen in dieser Einrichtung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erreicht werden können. Danach besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Teilhabebeeinträchtigung, Rehabilitationszielen (Reha/Teilhabeprognose) sowie Eignung der Rehabilitationseinrichtung und deren Qualität. Organisation der Versorgung Die Rehabilitationsträger haben nach § 19 Abs. 1 SGB IX gemeinsam darauf hinzuwirken, dass die fachlich und regional erforderlichen Rehabilitationsdienste und -einrichtungen in ausreichender Zahl und Qualität zur Verfügung stehen. Und nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX haben die Rehabilitationsträger in gemeinsamen Empfehlungen zu regeln, in welchen Fällen (Zielgruppen) und in welcher Weise (Konzepte/Leitlinien) notwendige Leistungen zur Teilhabe angeboten werden. Danach ist es gemeinsame Aufgabe der Rehabilitationsträger, einerseits Gegenstand, Umfang und Ausführung der erforderlichen Leistungen zur Teilhabe (§ 12 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX) zu definieren und andererseits die zu deren Ausführung erforderlichen Versorgungsstrukturen sicherzustellen (§ 19 SGB IX). 27 Da in keinem der für die Rehabilitationsträger geltenden spezifischen Gesetze dazu abweichende Regelungen enthalten sind, handelt es sich um für alle Träger geltendes einheitliches Leistungserbringungsrecht. Mit Blick darauf, dass bisher weder zwischen den Trägern gemeinsam abgestimmte Definitionen zu Gegenstand, Umfang und Ausführung von Rehabilitationsleistungen für KJjE mit psychischen Beeinträchtigungen existieren, noch, dass regional die fachlich erforderlichen Rehabilitationsdienste und -einrichtungen in ausreichender Zahl und Qualität vorhanden sind, besteht insoweit erheblicher Handlungsbedarf bei allen an der Versorgungsstrukturentwicklung beteiligten Akteuren zur Beseitigung dieser Defizite. B.1.3.2 Auswirkungen der UN-Behindertenrechtskonvention Das am 24.3.2009 in Deutschland durch einfaches Gesetz in Kraft getretene „Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen“ (im Folgenden UN-BRK) verpflichtet dazu, die volle Verwirklichung aller Menschenrechte und Grundfreiheiten für alle Menschen mit Behinderungen ohne jede Diskriminierung auf Grund von Behinderung zu gewährleisten und zu fördern. Dazu sind alle mit der UN-BRK unvereinbaren Handlungen und Praktiken zu unterlassen. Es ist dafür zu sorgen, dass staatliche Behörden und öffentliche Einrichtungen im Einklang mit diesem Übereinkommen handeln. Zudem sind alle geeigneten Maßnahmen zur Beseitigung der Diskriminierung aufgrund von Behinderungen durch Personen, Organisationen oder private Unternehmen zu ergreifen. Danach sind nicht nur die Rehabilitationsträger, sondern auch alle Rehabilitationsdienste und -einrichtungen verpflichtet, ihr Handeln in Übereinstimmung mit den Bestimmungen der UN-BRK zu gestalten und Diskriminierungen behinderter Menschen zu unterlassen. Ziel der UN-BRK ist die „vollständige und wirksame Partizipation und Inklusion in der Gesellschaft“. In über 40 Artikeln beschreibt die BRK dazu jeweils eine Zielbestimmung zu jedem wichtigen Lebensbezug behinderter Menschen. Ist diese Zielbestimmung im Alltagsleben nicht verwirklicht, könnte dies eine Diskriminierung bedeuten, die der Betroffene nicht hinnehmen muss. Er kann die Diskriminierung auf dem Rechtsweg feststellen lassen und ihre Beseitigung einfordern. Die in Artikel 3 des Übereinkommens enthaltenen Grundsätze • • • • • • • • • Achtung der dem Menschen innewohnenden Würde, seiner individuellen Autonomie, einschließlich der Freiheit, eigene Entscheidungen zu treffen, sowie seiner Unabhängigkeit Nichtdiskriminierung volle und wirksame Teilhabe an der Gesellschaft und Einbeziehung in die Gesellschaft Achtung der Unterschiedlichkeit von Menschen mit Behinderungen und Akzeptanz dieser Menschen als Teil der menschlichen Vielfalt und der Menschheit Chancengleichheit Zugänglichkeit Gleichberechtigung von Mann und Frau Achtung vor den sich entwickelnden Fähigkeiten von Kindern mit Behinderungen und die Achtung des Rechts auf Wahrung der Identität sind zugleich zielführende Grundsätze für das Recht und die Praxis der deutschen Rehabilitation. Sie unterstreichen die auf Förderung der Selbstbestimmung, Teilhabe am 28 Leben in der Gesellschaft und Vermeidung von Benachteiligungen ausgerichteten Bestimmungen des SGB IX, das von einigen Rechtsanwendern bis heute eher partiell, von anderen fast gar nicht umgesetzt wird. Die UN-BRK wird zu einer Überprüfung und Angleichung der Sozialgesetzbücher und letztlich zu einer konsequenten Anwendung des Teilhaberechts führen. Artikel 19 UN-BRK: Unabhängige Lebensführung und Einbeziehung in die Gemeinschaft Hiernach ist das Recht aller behinderten Menschen sicher zu stellen, mit gleichen Wahlmöglichkeiten wie andere Menschen in der Gemeinschaft zu leben. Dafür ist u. a. zu gewährleisten, dass • Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt die Möglichkeit haben, ihren Aufenthaltsort zu wählen und zu entscheiden, wo und mit wem sie leben – und nicht verpflichtet sind, besondere Wohnformen zu nutzen. Demnach verstößt die an § 13 Abs. 1 Satz 4 SGB XII anknüpfende gegenteilige Praxis im Bereich der Sozialhilfeträger gegen die Menschenwürde und kann unter Bezugnahme auf die UN-BRK jederzeit auf dem Rechtsweg angegriffen werden. • Menschen mit Behinderungen Zugang zu einer Reihe von gemeindenahen Unterstützungsdiensten zu Hause und in Einrichtungen, einschl. der persönlichen Assistenz, haben – auch in ländlichen Gebieten. Das bedeutet, dass die heutigen Beratungs- und (Unterstützung-)/Versorgungsstrukturen im kommunalen Sozialraum zu einem Netzwerk von familiären, nachbarschaftlichen, ehrenamtlichen und professionellen Hilfen weiterzuentwickeln sind, welches behinderten Menschen den Raum zu eigenverantwortlicher Gestaltung ihrer Lebensumstände lässt und ihre Selbstbestimmung fördert. Soweit professionelle Hilfen notwendig sind, müssen sich diese ohne Brüche in dieses Netzwerk einfügen. Der Vorrang ambulanter vor stationären Leistungen ist selbstverständlich und eine Folge von Normalität, Inklusion und Subsidiarität. Gemeindenahe Dienstleistungen und Einrichtungen für die Allgemeinheit müssen auf der Grundlage der Gleichberechtigung auch Menschen mit Behinderung zur Verfügung stehen und ihren Bedürfgesellschaftspolitischen und strukturellen Rahmenbedingungen für die Zugänglichkeit aller z. B. kultureller, sportlicher oder sonstiger gesellschaftlichen Angebote für behinderte Menschen sowie die Sicherstellung der realen Teilhabemöglichkeit z. B. durch entsprechende Leistungen (beispielsweise nach §§ 55 ff SGB IX). Artikel 26: Habilitation und Rehabilitation Hiernach sind u.a. wirksame und geeignete Maßnahmen zu treffen, um Menschen mit Behinderungen in die Lage zu versetzen, ein Höchstmaß an Unabhängigkeit, umfassend ihre körperlichen, geistigen, sozialen und beruflichen Fähigkeiten zu entwickeln sowie die volle Einbeziehung in die Teilhabe am Leben in die Gesellschaft zu erlangen. Zu diesem Zweck sind umfassende Habilitations- und Rehabilitationsdienste und -programme, insbesondere auf dem Gebiet der Gesundheit, der Beschäftigung, der Bildung und allgemeiner Sozialdienste zu organisieren, zu stärken und zu erweitern. Diese müssen so gemeindenah wie möglich, auch in ländlichen Gebieten, zur Verfügung stehen. Die Bundesrepublik ist hier eine unmittelbare Organisationsverpflichtung eingegangen, die allerdings durch § 19 SGB IX auf die Rehabilitationsträger delegiert ist, die diesen Organisationsauftrag im Benehmen mit Land und/oder Bund auszuführen haben. Nach § 12 29 Abs. 2 SGB IX sollen die Träger dazu eine regionale Arbeitsgemeinschaft bilden, die nach § 88 Abs. 1 SGB X haushaltsfähig ist. Diese seit neun Jahren bestehende gesetzliche Verpflichtung ist bisher nicht umgesetzt worden. Der Organisationsauftrag umfasst im Lichte der UN-BRK nicht mehr nur – wie es manche Rehabilitationsträger sehen – den Sicherstellungsauftrag der rehabilitativen Versorgung im engeren leistungsrechtlichen Sinne, sondern alle notwendigen Habilitations- und Rehabilitationsdienste und -programme i.S.d. Artikels 25, wozu u. a. auch die schon zu Artikel 19 erwähnten, umfassenden Netzwerke im kommunalen Sozialraum gehören. B.1.3.3 Auswirkungen auf die Versorgung Die noch immer von den Betroffenen und ihren Angehörigen beklagten und in der Beschreibung der Ausgangssituation reflektierten Probleme der Versorgung von KJjE können bei konsequenter Anwendung des geltenden Rehabilitations- und Teilhaberechts weitgehend ausgeräumt werden (vgl. Fuchs, 2008). Da der Gesetzgeber den Rehabilitationsträgern mit dem Leistungserbringungsrecht des SGB IX die gemeinsame Verantwortung sowohl für die Gestaltung der Versorgungsinhalte, der Gewährleistung der bedarfsgerechten Versorgungsstrukturen als auch das Rehabilitationsverfahren zugeordnet hat, sind insbesondere sie berufen, ihren Pflichten zur Koordination und Kooperation, aber auch zur Herstellung der Konvergenz der Leistungen nachzukommen. Diese Verantwortung wird insbesondere durch die von der Bundesrepublik Deutschland mit den Artikeln 19 und 26 der UN-BRK eingegangenen Pflichten gerade für psychisch kranke und geistig behinderte Menschen hier ausdrücklich unterstrichen. B.2 Brückenschlag M. Albers und R. Bering B.2.1 Brückenschlag über verschiedene Altersstufen Die DVfR hat – unter Mitwirkung vieler Autoren der vorgelegten Stellungnahme – 2009 ein Modell der trägerübergreifenden Versorgung vorgelegt, das Funktionen darstellt, die für die Behandlung und Rehabilitation von psychischen Störungen erforderlich sind (siehe http://www.dvfr.de/nc/stellungnahmen; Bering, 2010). Um eine Kompatibilität mit dem biopsycho-sozialen Modell der ICF herzustellen, wurden die erforderlichen Behandlungs- und Teilhabeleistungen für Erwachsene mit psychischen Störungen aus der Sicht eines personenzentrierten und trägerübergreifenden Ansatzes beschrieben. Bei der speziellen Beschreibung der trägerübergreifenden Behandlung und Rehabilitation von KJjE müssen jedoch Besonderheiten einkalkuliert werden. Die Besonderheiten resultieren aus der Berücksichtigung unterschiedlicher Altersgruppen. Dieses ist aus drei Gründen relevant: Es treten – entsprechend des Status‘ der psychologischen Entwicklung – bestimmte Störungen altersspezifisch auf bzw. können ineinander übergehen. Mit zunehmendem Alter nimmt auch die aktive Rolle des Rehabilitanden/ Patienten zu: während bei Vorschul- und Grundschulkindern ein Zugang zu medizinischen und anderen Hilfen in der Regel über die Erziehungsberechtigten erfolgt, können Jugendliche auch aktiv derartigen Hilfen aufsuchen. Im Verlauf der Entwicklung variieren die zu berücksichtigenden Kontextfaktoren wie Familie, Kindergarten, Schule/ Ausbildungsstätte sowie die Peer Groups. 30 Die Leistungserbringer für die Behandlung und Rehabilitation von KJjE sind auf die lebensaltersspezifischen Aspekte der Entwicklung bzw. Entwicklungsverzögerung (im Falle der Störung) ausgerichtet; im Gegensatz hierzu orientiert sich die Hilfe für Erwachsene an wesentlich statischeren Modellen. Mit anderen Worten: Behandlung und Rehabilitation eines 7-jährigen Autisten unterliegen anderen Erfordernissen und Rahmenbedingungen als die Behandlung und Rehabilitation eines Jugendlichen mit einer Persönlichkeitsstörung, der sich beruflich orientieren muss. Somit spielen die Altersstufen eine besondere Rolle. Für die weiteren Ausführungen ist die Schlussfolgerung daraus zu ziehen, dass bei der Behandlung und Rehabilitation von KJjE die Zeitachse von verschiedenen Altersstufen wesentlich zu berücksichtigen ist. Aus diesem Grunde zeigt Abbildung 1 vier unterschiedliche Ebenen – auf die verschiedenen Altersstufen abgestimmt. Alter Einrichtung Kontextfaktor Störungsbild Hilfe Schnittstellen bei der Behandlung und Rehabilitation von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen Jugendhilfe Hilfe im Erwachsenenalter Hyperkinetische Störungen (F9) Schizophrene Störungen (F2.*) Essstörungen (F5.*) Autismus Abhängigkeitserkrankungen (F1.*) Affektiven Störungen (F3.*) Kindergarten Schule Persönlichkeitsstörungen (F6.*) Ausbildung Peer Group Familie Klinik für KJP Rehabilitationskliniken Praxen für KJP Pädiater Schulförderung 4 Lbsj. Jugenddorf Arbeitsagenturen Berufsförderungswerke Berufsbildungswerke Psychiatrie 18. Lbsj. 21. Lbsj. 27. Lbsj. Abbildung 1: Behandlung und Rehabilitation von KJjE Zur Darstellung kommen also vier Ebenen: Hierbei handelt es sich um (a) die (Jugend-)Hilfe, um (b) das Störungsbild und (c) um die Kontextfaktoren sowie (d) um die Einrichtungen. Beim Schnittstellenmanagement des Leistungsträgers, Leistungserbringers gemäß individuellem Behandlungs- und Teilhabebedarf sind insbesondere die Altersstufen maßgebend: Der Behandlungs- Teilhabebedarf variiert in Abhängigkeit von der Altersstufe. Es handelt sich hierbei um (1) den Übergang von Jugendhilfe zum Hilfesystem bei Erwachsenen, (2) um die Störungsspezifität bei psychischen Beeinträchtigungen im Kindesund Jugendalter, (3) um die speziellen Kontextfaktoren Schule, Familie und Peer Groups sowie (4) um die verschiedenen Einrichtungen, die an der Behandlung und Rehabilitation von KJjE beteiligt sind. Da KJjE mit psychischen Störungen Versorgungsstrukturen benötigen, Teilhabeleistungen aller Rehabilitationsträger einbeziehen, kommt es darauf an, wie • • • • die Krankenbehandlung – SGB V Medizinische Rehabilitation – SGB VI, SGB V Teilhabe am Arbeitsleben (oder Ausbildung) – SGB II, SGB III, und Teilhabe am Leben in der Gesellschaft – SGB VIII/ SGB XII auf den unterschiedlichen Ebenen koordiniert werden. Hierbei ist zu bedenken, dass die Hilfen zur Eingliederung nach § 35a SGB VIII gegenüber der Eingliederungshilfe gemäß § 53 SGB XII zusätzlich zum rehabilitativen Ansatz noch normative Ziele der Förderung der Persönlichkeitsentwicklung verfolgen. In der Regel sind an jeder Schnittstelle Übergänge vom System eines in den des anderen Leistungsträgers zu berücksichtigen. Das Folgende spezifiziert die Relevanz der unterschiedlichen Ebenen: 31 Ebene 1: Die Jugendhilfe ist altersbegrenzt Wir haben zu berücksichtigen, dass die Jugendhilfe endlich ist. Hier gilt im Regelfall das 18. Lebensjahr (Lj.), für Erstanträge auf Hilfe zur Erziehung/in begründeten Einzelfällen das vollendete 21. Lj., für seelisch Behinderte oder davon Bedrohte das 21. Lj. für Erstanträge auf ambulante/ teil- und vollstationäre Eingliederungshilfe sowie das 27. Lj. als maximales Enddatum für diesen Personenkreis im Rahmen der Jugendhilfe. Bei einem weiterhin bestehenden Hilfebedarf greift die Sozialhilfe. D. h. mit spätestens der Vollendung des 27. Lj. ist die Schnittstelle zum Versorgungssystem der Erwachsenen zu berücksichtigen. Die stationären Leistungen der Kinder- und Jugendpsychiatrie enden bereits mit dem 18. Lj., die ambulanten mit dem 21. Lj. Ebene 2: Störungen sind altersabhängig Für das Zusammenspiel von Leistungsträgern und Leitungserbringern ist zu berücksichtigen, dass die Eignung einer Maßnahme entscheidend vom psychischen Störungsbild abhängig ist. Fachleute sehen bei der Vielzahl von psychischen Störungsbildern insbesondere spezielle Erfordernisse im Schnittstellenmanagement von • • • • • Hyperkinetischen Störungen (F9), Essstörungen (F5.*), Persönlichkeitsstörungen (F6.*) bzw. ihrer Vorläufer aus den Kapiteln F8 und F9, Schizophrenen u. schizotypen Störungen (F2.*) und Abhängigkeitserkrankungen (F1.*). Die Leistungsträger müssen sich nicht nur auf unterschiedliche störungsspezifische Behandlungs- und Rehabilitationsziele einstellen; sie müssen auch unterschiedliche Altersstufen berücksichtigen, wenn Krankenbehandlung und Teilhabeleistungen sinnvoll koordiniert sein sollen. Ebene 3: Kontextfaktoren sind altersabhängig Bei der trägerübergreifenden Leistungsoptimierung ist zu berücksichtigen, dass Teilhabeleistungen auf die speziellen Kontextfaktoren bei Kindern und Jugendlichen abgestimmt sein müssen. Teilhabeleistungen können in der Familie, in der Schule oder in Verbindung mit Peer Groups sinnvoll eingesetzt sein – oder nicht. Familiäre Verhältnisse können stark variieren. Die Erziehungsberechtigten verfügen über die Erziehungsvollmacht, solange keine akute Gefährdung für Kinder und Jugendliche das Eingreifen des Jugendamtes erfordert. Die Schule besitzt eine Sonderposition, da Schulen mit dem Bildungsmonopol ausgestattet sind. Somit sind sowohl die Erziehungsberechtigten als auch die Schule mit besonderen Rechten ausgestattet, die bei der Behandlung und Rehabilitation von Minderjährigen stets zu berücksichtigen sind. Unter Peer Groups verstehen wir die Faktoren, die über Freundeskreise, Vereine, Internet usw. auf Heranwachsende einwirken. Es handelt sich um ein offenes System, das gegebenenfalls schwer beeinflussbar ist. Diese Kontextfaktoren beeinflussen altersabhängig jedoch die individuelle Entwicklung nicht unwesentlich. Während in jungen Jahren die Einflusssphäre der eigenen Familie überwiegt, spielen bei jungen Erwachsenen die Peer Groups eine besondere Rolle. Das gilt 32 insbesondere für solche KJjE, die in so genannten sozialen Brennpunkten aufwachsen und keine ausreichende Unterstützung im Elternhaus erfahren. Ebene 4: Institutionen sind auf unterschiedliche Altersgruppen eingerichtet Auf der Seite der Leistungserbringer sind unterschiedliche Institutionen mit unterschiedlichen personellen und strukturellen Voraussetzungen erforderlich. Hierzu gehören • • • • • Kliniken für Psychiatrie und Psychotherapie des Kinder- und Jugendalters, Praxen für Psychiatrie und Psychotherapie des Kinder- und Jugendalters, Berufsbildungswerke andere Einrichtungen der Rehabilitation von Kindern und Jugendlichen und im Übergang zur Hilfe für Erwachsene die Berufsförderungswerke, die sich in Aufgabengebieten, personellen und strukturellen Merkmalen oft stark unterscheiden. Zugleich sind ebenso (störungsbezogen) abgestimmte Maßnahmen • • • der Schule (z.B. als sonderpädagogische Förderung in der Regelschule), der Erziehungshilfe (z.B. Förderung der Erziehungskompetenz der Eltern durch die so genannte sozialpädagogische Familienhilfe) oder der speziellen pädagogischen Hilfeleistung zu berücksichtigen (z.B. flexible Erziehungshilfe oder Erziehungsbeistandschaft, die als Leistungen der Jugendhilfe auch ohne die Feststellung einer Behinderung erbracht werden können). Bei Kindern, die schon im Vorschul- oder Schulalter eine Tendenz zu Behinderungsrisiken aufweisen, die sich im schulischen Rahmen äußert, kann das Förderschulverfahren eingeleitet werden. Die Zuordnung zu einer Förderschule für soziale und emotionale Entwicklungsoder für Lernförderung beruht auf der Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs durch die Schulaufsicht. Ein Verfahrensbestandteil ist dabei auch die schulärztliche Untersuchung. Die Feststellung des Förderbedarfs setzt jedoch nicht zwingend die Diagnose einer medizinischen Störung voraus. An den Besuch der Förderschule kann sich noch ein Berufsorientierungsjahr bzw. Berufsgrundschuljahr anschließen, bevor ein Leistungsträger der Rehabilitation wie die Agentur für Arbeit erstmals angegangen werden müsste. Besonderes Augenmerk liegt im Anschluss an die Beschulung auf den Leistungen zur Teilhabe an Bildung und Arbeitsleben, mit dem Ziel einer möglichst nahtlosen, erfolgreichen beruflichen und sozialen Integration in die Gesellschaft. Die Durchführung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für (psychisch) behinderte Menschen ist vom Gesetzgeber in §§ 33 ff, SGB IX geregelt. Diese „Leistungen werden durch Berufsbildungswerke, Berufsförderungswerke und vergleichbare Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation ausgeführt“ (§ 35 (1), SGB IX). Für die hier i. d. R. erforderliche Erstausbildung existiert ein bundesweites Netz von etwa 50 Berufsbildungswerken (BBW) mit „rund 13000 Ausbildungsplätzen und einer Vielzahl von weiteren Plätzen in vorbereitenden Maßnahmen“ (Bundesministerium für Arbeit und Soziales, „Berufsbildungswerke“). In BBW können psychisch behinderte und von Behinderung bedrohte junge Menschen eine Abklärung von Eignung und Neigung, Berufsvorbereitung und Berufsausbildung erfahren. In einem ganzheitlichen Ansatz sind diese beruflichen Förderangebote verknüpft mit begleitenden psychologischen und pädagogischen Bemühungen, insbesondere zur Stabilisierung und zur intensiven Förderung der psychosozialen Kompetenzen (Bernhardt, 2003). 33 Werden Leistungen von der Jugendhilfe erbracht, ist neben den Erziehungsberechtigten auch die fallführende Person nach dem SGB VIII zu berücksichtigen; und im sonderschulpädagogischen Bereich handelt es sich z. B. oft um die zuständige Lehrkraft. B.2.2 Wege im Versorgungssystem an Fallbeispielen In der Berücksichtigung des „Schnittstellenmodells“ für KJjE gibt es die Erfahrung, dass die Schulzeit im Regelfall weitgehend ohne Kontakte zum medizinischen Versorgungssystem durchlaufen wird. Wenn nicht schon bei den Vorsorgeuntersuchungen im Vorschulalter (Pädiater) oder anlässlich der Einschulungsuntersuchung entsprechende Feststellungen getroffen wurden, kommt es außer bei der sog. „J 1“ im 12.-14. Lebensjahr, die von weniger als 30% der Jugendlichen in Anspruch genommen wird, oft bis weit nach Erreichen der Volljährigkeit nicht mehr zu einem Arztkontakt mit Möglichkeiten einer systematischen Erfassung des Gesundheitszustandes. Oft werden psychische Störungen nicht als solche benannt, sondern werden vom Erziehungs- und Lehrpersonal in Kindergärten und Schulen als Erziehungs- und Lernschwierigkeit bezeichnet, auf die die Verantwortlichen mit pädagogischen Interventionen reagieren. Somit muss – im Unterschied zur Versorgung von Erwachsenen – bei psychischen Beeinträchtigungen von KJjE grundsätzlich zwischen zwei Fallkonstellationen unterschieden werden: Es ist eine Diagnose gestellt worden und seitens der Krankenkasse werden geeignete Maßnahmen zur Erfassung eines Rehabilitations-/Teilhabebedarfes angestoßen (siehe Fallbeispiel 1). Hilfebedarfe sind bisher ausschließlich im Bereich Schule, Ausbildung oder Freizeitbereich aufgetreten, ohne dass schon das Vorliegen einer psychischen Störung erwogen oder das Vorliegen einer (drohenden) seelischen Behinderung festgestellt wurde (siehe Fallbeispiel 2). Zwei Fallbeispiele sollen diese beiden „Versorgungswege“ verdeutlichen: Fallbeispiel 1 (kein Systemwechsel erforderlich) Einige Monate nach dem Wechsel auf die weiterführende Schule zieht sich ein 11-jähriges Mädchen zunehmend zurück und vernachlässigt ihre bisherigen sozialen Kontakte, die schulischen Leistungen lassen deutlich nach. Sie entwickelt einen ausgeprägten Waschzwang, den sie aber nur im Verborgenen ausübt. Nachdem sich auch nach einer längeren Eingewöhnungsphase und mehreren Gesprächen der Eltern mit der Klassenlehrerin nichts ändert, wird eine Vorstellung beim Schulpsychologischen Dienst veranlasst. Hier fallen sofort die durch das ständige Waschen stark geröteten Hände auf, und das Mädchen berichtet darauf angesprochen zögernd von seinen Verschmutzungsängsten. Den Eltern wird geraten, sie bei einem Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie vorzustellen; es wird eine Verhaltenstherapie eingeleitet und relativ bald kommt es zu einem Rückgang der Zwangshandlungen und geringerem Vermeidungsverhalten gegenüber den Mitschülern. Wegen anhaltender Zwangsgedanken bleibt allerdings die Besserung der schulischen Leistungen begrenzt, so dass eine tagesklinische Behandlung eingeleitet wird. Ein Teilhabebedarf wird dort festgestellt und dem Jugendhilfeträger angezeigt. Zu sehen ist an diesem Fallbeispiel, dass die Einbindung medizinischer Leistungen durchaus maßgeblich für das Fallmanagement ist. 34 Fallbeispiel 2 (Systemwechsel erforderlich) Bereits in der Kindertagesstätte fällt ein 4-jähriger Junge durch aggressives Verhalten gegenüber anderen Kindern und Missachtung der von den Erzieherinnen gesetzten Grenzen auf. Der Mutter wird geraten, sich an die Erziehungsberatungsstelle zu wenden. Darauf meldet diese ihr Kind bei einer anderen Einrichtung an. Hier zeigt sich das gleiche Problem. Bei der Schuleingangsuntersuchung wird eine Zurückstellung erwogen. In der Grundschule kommt es zu erheblichen Problemen, in der dritten Klasse wird er beim Schulpsychologischen Dienst vorgestellt und das Verfahren zur Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs eingeleitet. Die Empfehlung lautet integra-tive Beschulung auf der Hauptschule; er erhält Förderunterricht und eine Freizeitbegleitung durchs Jugendamt. Bald entwickelt sich schulvermeidendes Verhalten, auch der Kontakt zum Freizeitbegleiter bleibt sporadisch. Die Maßnahme wird vom Jugendamt wegen mangelnder Mitwirkung eingestellt. In der 7. Klasse wird wegen anhaltenden Fehlens eine Vorführung durch das Ordnungsamt veranlasst, aber ohne nachhaltige Wirkung. Er wird einer Förderschule für emotionale Entwicklung zugewiesen. Nur für kurze ist der Schulbesuch regelmäßiger. Das Abgangszeugnis 9. Klasse holt er nicht ab. Nach einem heftigen Streit zieht er bei seiner Mutter aus und wohnt für einige Jahre bei Freunden und Bekannten, bis er dort nicht mehr beherbergt wird. Mit Hilfe der Wohnungslosenhilfe stellt er schließlich einen Antrag auf SGB II Leistungen und wird im Alter von 21 Jahren auf Erwerbsfähigkeit untersucht. Hier wird erstmals eine Persönlichkeitsstörung diagnostiziert, rückblickend wird eine Aufmerksamkeitsdefizitstörung verbunden mit einer Störung des Sozialverhaltens angenommen. Das Vorliegen einer wesentlichen Behinderung nach SGB XII wird festgestellt. Es wird angestrebt, Teilhabeleistungen anzustoßen, um die Integration in Arbeit, Beruf und Gesellschaft auf Dauer zu sichern. Die Sozialarbeiterin hat ihm geraten, einen Antrag auf Teilhabebedarf zu stellen. Das zweite Fallbeispiel macht deutlich, dass eine verspätete Einbindung von Teilhabeleistungen im Sinne des SGB IX dazu führen kann, dass die Beteiligung der Jugendhilfe nicht mehr greift. Zu erwähnen ist, dass es sich bei Teilhabeleistungen nicht immer um medizinische Rehabilitationsleistungen handeln muss, sondern auch um Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und/oder um Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft handeln kann. Hierzu wäre es erforderlich, dass z. B. die Lehrer oder der schulpsychologische Dienst effektiv darüber in Kenntnis gesetzt werden und so einen Antrag auf Teilhabeleistungen veranlassen bzw. auf den Weg bringen können. Bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen (KJjE) muss das DVfR-Modell der trägerübergreifenden Versorgung von 2009 (http://www.dvfr.de/nc/stellungnahmen/) um bestimmte Segmente erweitert werden, da altersgruppenspezifisch differenzierte psychische Störungen und unterschiedliche Versorgungsstrukturen auf Seite der Leistungsträger und Leistungserbringer zu beachten sind. Die trägerübergreifende Behandlung und Rehabilitation von KJjE ist aus Sicht des bio-psycho-sozialen Modells der ICF zu bertrachten. Hierzu gehören insbesondere die Einbindung der Jugendhilfe, der Bildungssysteme (Schule/Ausbildung), der Familie und von Peer Groups in die Behandlungs- und Rehabilitationskonzepte einer trägerübergreifenden Versorgung. Grundsätzlich zu unterscheiden sind zwei Fallkonstellationen: In der ersten Gruppe ist eine Diagnose ärztlich oder vom approbierten Psychotherapeuten gestellt worden; die Krankenversicherung leitet geeignete Maßnahmen zur Erfassung eines Rehabilitations-/Teilhabebedarfes ein. In der zweiten Fallkonstellation sind Auffälligkeiten bisher ausschließlich im Bereich der Schule 35 oder der Jugendhilfe aufgetreten. Maßnahmen sind getroffen worden, ohne dass eine medizinische Diagnose gestellt worden ist. Für beide Fallgruppen werden Instrumente angeboten, die die trägerübergreifende Koordination von Teilhabeleistungen verbessert. B.3 Trägerübergreifende Leistungsoptimierung H. Fuchs, G. Krug und S. Wurm B.3.1 Leistungsoptimierung aus Sicht des SGB IX An der Behandlung und Rehabilitation von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen (KJjE) sind unterschiedliche Leistungsträger und Leistungserbringer beteiligt, die in unterschiedlichen Büchern (SGB V, VI, VIII, IX, XII und III) unserer sozialen Gesetzgebung geregelt sind. In der Folge kommt es oft zu Abgrenzungsschwierigkeiten, vor allem zwischen den Leistungsträgern Jugendhilfe, Sozialhilfe und gesetzliche Krankenversicherung (GKV). Dieses gilt insbesondere dann, wenn Teilhabeleistungen in mehreren Phasen notwendig sind und diese Leistungen aufeinander abgestimmt werden müssen. In der Regel besteht dann ein Teilhabebedarf (§ 4 SGB IX), der speziell zugeschnittene, rehabilitationsträgerübergreifende Teilhabeleistungen erfordert. Da schon die Abgrenzung der Leistungen einzelner Versorgungssysteme für Fachkräfte kaum zu überschauen ist, führt diese Situation in der Praxis dazu, dass die Leistungen häufig nicht eingefordert werden. Hier besteht ein dringender Aufklärungsbedarf. Um für die Leistungsoptimierung die Übersicht zu bewahren, orientieren sich die Verfasser an den beiden Fallbeispielen (s.o.). Für beide Fallbeispiele gilt, dass eine Schädigung psychischer Funktionen (Fallbeispiel: 1 Waschzwang; Fallbeispiel 2: Impulsstörung) zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Aktivität und Teilhabe im familiären, schulischen und sozialen Umfeld geführt hat. Während sich im ersten Fallbeispiel der Kontextfaktor Schule günstig ausgewirkt hat, um die psychische Störung mindestens zu erkennen, kollidiert im zweiten Fallbeispiel das Anforderungsprofil „Schule“ mit der psychischen Grundstörung. Wie sähe das Fallmanagement im Optimalfall aus? Dies wird zunächst in Anwendung auf das erste Fallbeispiel untersucht: Behandlungs- und Teilhabebedarf wurde ärztlich festgestellt (Fallbeispiel 1) In diesem Fall hat ein Kinder- und Jugendpsychiater, ein approbierter Kinder- und Jugendpsychotherapeut oder ein auf dem Gebiet von Kindern und Jugendlichen geschulter Arzt eine psychische Störung und einen Teilhabebedarf festgestellt. Die GKV wird unterrichtet und kann nach folgendem Modus reagieren: Begründet die psychische Störung des KJjE bereits Leistungen nach dem SGB V, ist in der Regel der behandelnde Vertragsarzt/Krankenhausarzt derjenige, der den gesamten Lebenshintergrund (Kontextfaktoren) seines Patienten erfasst und den Anstoß für einen rehabilitationsträgerübergreifenden Teilhabebedarf geben kann. Er soll den Betroffenen und ggf. seine Eltern über geeignete Leistungen zur Teilhabe beraten, bei Verdacht auf einen Bedarf an Leistungen zur Teilhabe bei der Antragstellung unterstützen oder eine Beratung veranlassen (vgl. § 4 Abs. 3 der Gemeinsamen Empfehlung „Frühzeitige Bedarfserkennung“; http://www.bar-frankfurt.de/Gemeinsame_Empfehlungen.bar vom 16.12.2004). Außerdem kann der Arzt den Teilhabebedarf der GKV oder jedem anderen Rehabilitationsträger mit Einwilligung des Betroffenen bzw. der Erziehungsberechtigten melden (vgl. § 3 der Gemeinsame Empfehlung zur Verbesserung der gegenseitigen Information und Kooperation 36 aller im Einzelnen beteiligten Akteure nach § 13 Abs. 2 Nrn. 8 und 9 SGB IX vom 22. März 2004; http://www.bar-frankfurt.de/Gemeinsame _Empfehlungen.bar). Ergänzend hierzu ist anzumerken, dass aus datenschutzrechtlichen Gründen (vgl. § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB I) der Arzt z. B. das Jugendamt nur einschalten darf, wenn der betroffenen Jugendliche – ab 15 Jahre im Rahmen des § 36 SGB I – bzw. der gesetzliche Vertreter des Kindes/Jugendlichen dem ausdrücklich zustimmt. Eine Ausnahme gilt allerdings bei Kindeswohlgefährdung (vgl. § 8a SGB VIII). Unabhängig davon können sich auch bei der GKV Anhaltspunkte für einen möglichen Teilhabebedarf des Kindes/Jugendlichen ergeben (z.B. Zwischenberichte bei Anträgen auf Verlängerung der Krankenhausbehandlung, Entlassungs- oder sonstige Arztberichte). In diesen Fällen prüft die GKV den Rehabilitations- und Teilhabebedarf (vgl. § 8 Abs. 1 SGB IX). Hierzu bedient sie sich u.a. des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK). Ist daraufhin ein Teilhabebedarf anzunehmen, erfolgt in Abstimmung mit dem betroffenen Menschen und unter Beteiligung des behandelnden/verordnenden Arztes (ggf. auch der Beratungsstelle) die Abklärung des Teilhabebedarfs (vgl. auch § 4 Abs. 1 der Gemeinsamen Empfehlung zur Verbesserung der gegenseitigen Information und Kooperation aller beteiligten Akteure nach § 13 Abs. 2 Nr. 8 und 9 SGB IX vom 22. März 2004, http://www.bar-frankfurt.de/Gemeinsame_Empfehlungen.bar). Wird bei der Prüfung ein Teilhabebedarf festgestellt, für den Teilhabeleistungen eines anderen Rehabilitationsträgers (z. B. des Jugendamtes) in Betracht kommen, so informiert die Krankenkasse (oder der Rehabilitationsträger, der den Teilhabebedarf festgestellt hat) unverzüglich alle für die Deckung des Teilhabebedarfs in Betracht kommenden Rehabilitationsträger. Auf der Grundlage des vom aktuell federführenden Rehabilitationsträger festgestellten individuellen Leistungsbedarfs (§ 10 SGB IX, vergl. B.1.3.1 - Bedarfsorientierung) haben alle Rehabilitationsträger die nach dem für sie geltenden Recht erforderlichen Leistungen funktionsbezogen zu erfassen und schriftlich so zusammenzustellen, dass sie nahtlos ineinander greifen. Die Leistungen werden entsprechend dem Verlauf der Rehabilitation angepasst. Sie sollen dem Leistungsberechtigten auf Dauer die individuelle, umfassende Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ermöglichen – und zwar zügig, wirksam und auf wirtschaftliche Weise (§ 10 Abs. 1 SGB IX). Der jeweils zuständige Leistungserbringer hat die Leistungen so umfassend, vollständig und in gleicher Qualität zu erbringen, dass gleichzeitige Leistungen eines anderen Rehabilitationsträgers nicht erforderlich werden (§ 4 Abs. 2 SGB IX). In der „Gemeinsamen Empfehlung Teilhabeplan“ der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (http://www.bar-frankfurt.de/Gemeinsame_Empfehlungen.bar) ist vorgegeben, in welchen Fällen und in welcher Weise die Klärung der im Einzelfall anzustrebenden Ziele und Leistungsbedarfe schriftlich festzuhalten ist. Hierzu bedient man sich eines individuellen Teilhabeplans. Er dient insbesondere dem Ziel einer besseren Leistungsverzahnung zwischen den Rehabilitationsträgern. Da die Feststellungen an Entwicklungen anzupassen sind, ist ggf. auch der Teilhabeplan fortzuschreiben. Der individuell zu erstellende Teilhabeplan, der sich an der ICF orientiert, enthält Angaben vor allem zu • • • den Schädigungen, den Beeinträchtigungen der Aktivitäten und/oder Teilhabe, den vorhandenen Ressourcen, 37 • • • • • • • • den person- und umweltbezogenen Kontextfaktoren, den zu berücksichtigenden besonderen Bedürfnissen behinderter und von Behinderung bedrohter Frauen und Kinder, den leistungsbezogenen Zielen und Wünschen des betroffenen Menschen, den Gründen für die Erforderlichkeit der Leistungen, Zielen, Art, Umfang und inhaltlicher Ausgestaltung der vorgesehenen Leistungen, voraussichtlichem Beginn, Dauer der vorgesehenen Leistungen und Ort ihrer Durchführung, der Sicherstellung von organisatorischen und zeitlichen Abläufen (insbesondere bei verzahnten und sich überschneidenden Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe) sowie den beteiligten Rehabilitationsträgern und sonst noch zu beteiligenden Dritten. Der verantwortliche Rehabilitationsträger (in der Regel die GKV) unterrichtet die anderen voraussichtlich beteiligten Träger über die Absicht, einen Teilhabeplan zu erstellen oder einen vorhandenen Teilhabeplan fortzuschreiben bzw. anzupassen. Im Rahmen der Abstimmung gibt er den mitbeteiligten Rehabilitationsträgern seine Vorstellungen über die geplanten Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe bekannt und macht die für deren Mitwirkung notwendigen Angaben. Die mitbeteiligten Rehabilitationsträger (z. B. auch das Jugendamt) teilen ihrerseits eigene Vorstellungen über die durchzuführenden Leistungen zur Teilhabe unverzüglich dem verantwortlichen Rehabilitationsträger mit (vgl. §§ 3 und 6 der Gemeinsamen Empfehlung). Dadurch können die Leistungen aufeinander abgestimmt werden. Vordruckmuster dieses Teilhabeplanes sind auf der BAR-Homepage unter dem Link http://www.bar-frankfurt.de/upload/Vordruckmuster_Teilhabeplan_84.pdf zu finden. Speziell für den Bereich der psychisch kranken Kinder/Jugendlichen wurde von der Arbeitsgruppe ein zielgerichteter Teilhabeplan-Vordruck entworfen. Er ist als Anlage I bis III einschließlich des Erläuterungsblattes hier beigefügt. In der Praxis wirkt sich das Verfahren am Beispiel der GKV und Jugendamt wie folgt aus: Die GKV (als aktuell leistungserbringender Rehabilitationsträger) zeigt dem Jugendamt auf der Grundlage seiner Bedarfsfeststellung nach § 10 SGB IX den Teilhabebedarf an. Das Jugendamt prüft sein Leistungsspektrum und veranlasst entsprechende Maßnahmen (z. B. Unterbringung in ein Jugenddorf). Der behandelnde Arzt bzw. die behandelnde Einrichtung, die Krankenkasse und das Jugendamt stimmen sich wegen eines nahtlosen Überganges der Leistungen und wegen des Trägerwechsels zügig untereinander ab. Sind gleichzeitig auch z. B. Leistungen der Bundesagentur für Arbeit (BA) notwendig, so wird diese ebenfalls in den Teilhabeplan eingebunden. Die Abstimmung erfolgt dann zusammen mit der GKV und dem Jugendamt. Mit diesem Procedere wird die Schnittstelle zwischen GKV, BA und Jugendhilfe überwunden. Für eine Anzeige von Teilhabebedarf sind datenschutzrechtliche Gründe zu beachten (§ 35 SGB I). Dieses gilt insbesondere für die Anzeige des Teilhabebedarfs beim anderen Rehabilitationsträger (Anlage I). Bei Punkt 5 des Teilhabeplans I dürfen nur Daten in Bezug auf Krankheit/Behinderung an den Jugendhilfeträger bzw. sonstigen Rehabilitationsträger übermittelt werden, die der Sachaufklärung dienen. Dabei sollten die Informationen (Fakten) auf das unbedingt Notwendige reduziert werden (z. B.: „Seit ... in stationärer Behandlung in der ...-Einrichtung; Adresse mit dortigem Ansprechpartner“). Nicht übermittelt werden dürfen 38 dagegen Daten, die anamnestische Inhalte z. B in Bezug auf die Personensorgeberechtigten haben. Arztberichte etc. dürfen bei der Anzeige des Teilhabebedarfs gegenüber dem anderen Rehabilitationsträger nicht beigefügt werden. Unter Punkt 7 sollte aufgeführt sein, dass ein trägerübergreifender Teilhabebedarf in Bezug auf die Kontextfaktoren gesehen wird. Auf Einzelheiten darf wegen des Datenschutzes hier auch nicht eingegangen werden. Ausnahmen zu den datenschutzrechtlichen Regelungen kommen lediglich zum Tragen, wenn prognostisch eine Kindeswohlgefährdung besteht. Diese muss jedoch in der Anzeige des Teilhabebedarfs (Anlage I) beschrieben werden (z.B. „Kindeswohlgefährdung kann aufgrund der vorliegenden Informationen nicht ausgeschlossen werden“). Behandlungs- und Teilhabebedarf wurde nicht medizinisch festgestellt (Fallbeispiel 2) Es stellt sich jetzt die Frage, wie die zügige Gestaltung eines Teilhabeplanes zu regeln ist, wenn Auffälligkeiten aufgetreten sind und eine medizinische Diagnose zunächst nicht gegeben ist. In diesem Fall ist zu berücksichtigen, dass für die Erkennung des Behandlungsund Teilhabebedarfes den Funktionsträgern der Schule, der Beratungsstellen usw. eine besondere Bedeutung zukommt, um die Erkennung zu ermöglichen. Erst wenn ein Antrag nach §§ 35a SGB VIII gestellt wurde, ist der Weg zur Erstellung eines Teilhabeplanes offen. Nach § 3 der Gemeinsamen Empfehlung zur Verbesserung der gegenseitigen Information und Kooperation aller beteiligten Akteure nach § 13 Abs. 2 Nr. 8 und http://www.bar9 SGB IX vom 22. März 2004, nachzulesen unter frankfurt.de/upload/Gemeinsame_Empfehlung_Information_Kooperation_81.pdf, können Leistungen zur Teilhabe (hier: medizinische Rehabilitationsleistungen und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben) durch unterschiedliche Personengruppen unter Berücksichtigung des informationellen Selbstbestimmungsrechts und der datenschutzrechtlichen Bestimmungen angeregt werden. Zu diesen Personengruppen zählen neben den behandelnden Ärzten auch z.B. Werks- bzw. Betriebsärzte, Psychotherapeuten und Psychologen. Angehörige anderer Gesundheitsberufe (z.B. Sozialarbeiter) informieren gemäß § 3 der Gemeinsamen Empfehlung den behandelnden Arzt, der wiederum bei Verdacht auf den Teilhabebedarf über Muster-Vordruck 60 der Krankenkasse den Bedarf anzeigt oder bei der vermeintlichen Zuständigkeit von anderen Rehabilitationsträgern bei diesen die Teilhabeleistungen beantragt. Beratungsdienste/-stellen von Einrichtungen, Behindertenverbänden etc. informieren den nach ihrer Meinung zuständigen Rehabilitationsträger oder die gemeinsame Servicestelle der Rehabilitationsträger in ihrer Region. Ergeben sich bei einem Rehabilitationsträger Anhaltspunkte für einen möglichen Teilhabebedarf, führt dieser umgehend eine entsprechende Prüfung im konkreten Fall durch. Ist daraufhin Teilhabebedarf anzunehmen, erfolgt in Abstimmung mit dem betroffenen Menschen und unter Beteiligung des behandelnden/verordnenden Arztes und/oder des Betriebs-/Werksarztes, ggf. auch der Suchtberatungsstelle, die Abklärung des Teilhabebedarfs auch mit Berücksichtigung des arbeits- und berufsbezogenen Umfelds. In diesen Fällen wird das Verfahren durch einen Antrag des Versicherten und einen durch den Betriebs-/Werksarzt bzw. behandelnden/verordnenden Arzt erstellten Befundbericht, ggf. mit Sozialbericht, eingeleitet (§ 4 der Gemeinsamen Empfehlung). Hinsichtlich des weiteren Vorgehens wird auf die Ausführungen zum Fallbeispiel 1 verwiesen. 39 B.3.2 Entscheidungsprozesse im Antragsverfahren nach § 35a SGB VIII Erst wenn der Behandlungsbedarf festgestellt worden ist, können die Entscheidungsprozesse beim Jugendhilfeträger auf den Weg gebracht werden; hier ist ausschließlich das zuständige Jugendamt befugt, den Teilhabebedarf zu klären. Dies veranschaulicht Abbildung 2. Die Kontaktaufnahme mit der Jugendhilfe und eine Antragstellung erfolgt, wenn der beeinträchtigte Jugendliche noch nicht das 21. Lj. vollendet hat und psychische Störungen der Art vorliegen, wie sie zum Teil (s.o.) hier beschreiben sind. Neben der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft kann die Jugendhilfe auch für die medizinische Rehabilitation, so z. B. für heilpädagogische Anwendungen etc., zuständig sein. Ebenfalls kann es in Einzelfällen auch eine Zuständigkeit zur Teilhabe am Arbeitsleben geben. Daraus folgt, dass die Jugendhilfe auch hier Maßnahmen-Kostenträger sein kann für Angebote, die einen Einstieg in das Berufsleben ermöglichen sollen. Im Folgenden werden die Abläufe verkürzt unter Berücksichtigung der Abbildung 2 dargestellt. Wenn ein vollständiger Antrag vorliegt, erfolgt das Prüfverfahren in Verbindung mit § 14 SGB IX. Ist die Zuständigkeit gegeben, beginnt die auf die Eingliederungshilfe bezogene Sachverhaltsaufklärung ggf. unter Einbeziehung eines Gutachtens. Nach einer Zwischenauswertung erfolgt entweder der Bewilligungsbescheid oder die Ablehnung. Zeichnet sich eine Bewilligung ab, so ist eine fachliche Stellungnahme einzuholen. Der Bewilligung folgt die Erstellung eines Hilfeplanes. Wird zusätzlich eine geistige und oder körperliche Beeinträchtigung mit akutem Hilfebedarf diagnostiziert, wird eine Prüfung der Vorrangigkeit des örtlichen/überörtlichen Sozialhilfeträgers gem. § 10 SGB VIII notwendig. 40 Entscheidungsprozess und Hilfeplanung §§ 35a und 36 SGB VIII Antrag Personensorgeberechtigter oder Hinweis Dritter Geht an den zuständigen Regionalbezirk und dortige Fallvorstellung Bei Vorliegen eines vollständigen Antrages Prüfverfahren gem. § 14 SGB Abs.1 SGB IX* : Einschätzung, Sichtung vorh. Unterlagen Informationsbereiche abklären, Kollegiale Beratung Einladung zum Erstgespräch mit dem Ziel offene Fragestellungen zu klären, notwendige Unterlagen und ggf. Stellung eines Antrages Nicht zuständig: Weiterleitung des Antrages an den zuständigen Rehabilitationsträger gem. §14 Abs.2 SGB IX Sachverhaltsklärung: Problemanalyse Kontext Entwicklungsbefund seel. od. drohende seel. Behinderung? Je nach Einzelfall: Herstellung von Kontakten - Schulbericht - Fachärzte - Kinder- u. Jugendpsychiatrie (insbes. bei stationären Maßnahmen) Beauftragung des Wahlgutachters Zwischenauswertung/ Vorstellung im Team und Beratung: HPG Beschluss: Bewilligung Ablehnung Bewilligung Ablehnung MaßnahmenPlanung andere erzieherische Hilfe indiziert Leistunganbieter - Fachliche Stellungnahme und Vorschlag - Betroffenenbeteiligung: Ist der Prozess verstanden? Sind die Interessen deutlich? Eltern/Kinder Ablehnungsbescheid Hilfeplan Behandlungsplan Fortschreibung * Aus Sicht des LJA Rhld. liegt dann ein vollständiger Antrag vor, wenn alle Daten zum Personenstand und vorliegende Unterlagen (Vorberichte, Ablehnungsbescheide, Gutachten etc.) eine Prüfung i. Sinne des § 14 SGB Abs.1 SGB IX ermöglichen. Abbildung 2: Entscheidung und Hilfeplanung gemäß §§ 35a und 36 SGB VIII 41 B.3.3 Abgrenzung SGB XII / SGB VIII Mit Einfügung des § 35a in das SGB VIII haben die Träger der Jugendhilfe neben den Hilfen zur Erziehung für seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Kinder und Jugendliche nun auch alle Leistungen der Eingliederungshilfe nach §§ 54, 56, 57 SGB VIII für sie zu erbringen. Seitdem beklagen die Betroffenen erhebliche Abgrenzungs- und Schnittstellenprobleme, insbesondere zwischen den Trägern der Kinder- und Jugendhilfe, aber auch den Trägern der Krankenversicherung. Als Ursache dafür wird von verschiedenen Akteuren die nicht präzise Eingrenzung des § 35a SGB VIII auf die seelische Gesundheit gesehen. Zudem sei bezüglich des Bedarfs eine Unterscheidung der Erziehungshilfen von Eingliederungshilfeleistungen (Hilfe bei Behinderung) kaum möglich. Mit Blick auf die UNBRK sei ohnehin eine inklusive Lösung notwendig. Wissenschaftliche Untersuchungen, aber auch das BMFSFJ konstatieren auf diesem Hintergrund „kostenstrategische Verhaltensweisen“ der Jugendhilfeträger dahingehend, „zeit- und kostenintensive Prüfungen der Unzuständigkeit“ mit der Folge von „Zuständigkeitsstreitigkeiten und Leistungsverzögerungen zu Lasten der Leistungsberechtigten“ in den Vordergrund zu stellen. Aus dem Bereich der Kommunalen Spitzenverbände wird zudem die Tendenz beobachtet, dass sich die Träger der Jugendhilfe (unverändert) nicht als Rehabilitationsträger verstehen. Das werfe auch im Einzelfall die Frage auf, ob seelisch behinderte Kinder in gleicher Weise bedarfsgerecht i.S.d. SGB IX versorgt werden, wie dies mit der bei den Trägern der Sozialhilfe in diesem Bereich vorhandenen der Fall ist. Der Deutsche Bundestag hat auf diesem Hintergrund schon im Gesetzgebungsverfahren zum SGB IX im Jahr 2000 und seitdem erneut verschiedentlich nach Lösungen für diese Problematik gesucht. Aktuell schlägt die Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen“ zur „Inklusion von jungen Menschen mit Behinderungen“ vor dem Hintergrund der BRK vor, die so genannte „Große Lösung“ umzusetzen und die Gewährung von Eingliederungshilfeleistungen für KJjE im SGB VIII zusammenzuführen. Das BMFSFJ stellt auf diesem Hintergrund drei Optionen zur Neuordnung der Zuständigkeiten vor: Alleinzuständigkeit der Sozialhilfe; Alleinzuständigkeit der Jugendhilfe; Punktuelle Bereinigung einzelner Schnittstellen. Es spricht einiges dafür, dass die „Große Lösung“ ein geeigneter rechtlicher Rahmen für eine Lösung im Sinne des Inklusionsansatzes der UN-BRK sein kann. Ungeklärt bliebe jedoch weiterhin die Unterscheidung zwischen erzieherischem und behinderungsbedingtem Bedarf, dessen Klärung mit Blick darauf, dass nur ein Teil der KJjE beide Leistungsbedarfe aufweist, weiterhin notwendig bleibt. Im Übrigen bestehen entgegen der Auffassung der Arbeitsgruppe der Arbeitsuns Sozialministerkonferenz der Länder auch erhebliche Kostenprobleme, zumal mit Blick darauf, dass sich durch die Zuständigkeitsverlagerung in einigen Ländern für die Kommunen neue Aufgaben ergeben können, die nach dem Konnexitätsprinzip von den Ländern auszugleichen wären. Aus diesen und anderen Gründen stehen jedenfalls derzeit die Lösungsvorschläge mit allem Für und Wider nebeneinander. Geht man von den Hauptkritikpunkten der Betroffenen und ihren Angehörigen aus – die von der zuvor referierten Fachdiskussion im Kern geteilt werden –, liegen die Ursachen für die vorhandenen Probleme im wesentlichen bei der streitigen Zuständigkeit und der unterschiedlichen Praxis der Beurteilung des Bedarfs an Hilfen bei Behinderung und bei der daran anknüpfenden Leistungspraxis. 42 Eine Lösung – die nicht nur als Bereinigung einzelner Schnittstellen verstanden werden kann – könnte auch verfahrensrechtlicher Art sein: • • • • alleinige leistungsrechtliche Zuständigkeit der Jugendhilfe bis zum Eintritt in das Berufsleben vom Eintritt in das Berufsleben an alleinige leistungsrechtliche Zuständigkeit der Träger der Sozialhilfe in allen Fällen Feststellung des Bedarfs durch den zuständigen Träger in allen Fällen gemeinsames Bedarfsfeststellungsverfahren und Abschluss einer für alle Beteiligten verbindlichen Zielvereinbarung i.S.v. §§ 3, 4 BudgetV zu den benötigten und zu bewilligenden Leistungen Kostenregelung pro rata temporis nach dem Verhältnis der tatsächlich erbrachten Leistungen An der Behandlung und Rehabilitation von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen (KJjE) sind unterschiedliche Leistungsträger und Leistungserbringer beteiligt, die in unterschiedlichen Büchern (SGB V, SGB VI, SGB VIII, SGB IX/XII und SGB III) unserer Sozialgesetzgebung geregelt sind. Nach § 3 der Gemeinsamen Empfehlung zur Verbesserung der gegenseitigen Information und Kooperation aller beteiligten Akteure nach § 13 Abs. 2 Nr. 8 und 9 SGB IX können Leistungen zur Teilhabe durch unterschiedliche Personengruppen unter Berücksichtigung des informationellen Selbstbestimmungsrechts und der datenschutzrechtlichen Bestimmungen angeregt werden. Zu diesen Personengruppen zählen neben den behandelnden Ärzten auch z.B. Werks- bzw. Betriebsärzte, Psychotherapeuten und Psychologen. In unserer Stellungnahme haben wir unterschiedliche Wege skizziert, wie auf der Grundlage der datenschutzrechtlichen Bestimmungen und auf der Grundlage des SGB IX der Teilhabebedarf bei KJjE angezeigt werden kann. Erst wenn der Behandlungs- bedarf festgestellt worden ist, können die Entscheidungsprozesse beim Jugendhilfeträger auf den Weg gebracht werden. Den Teilhabebedarf klärt das zuständige Jugendamt. Wenn ein vollständiger Antrag vorliegt, erfolgt das Prüfverfahren in Verbindung mit § 14 SGB IX. Der Bewilligung folgt die Erstellung eines Hilfeplanes. Wird zusätzlich eine geistige und oder körperliche Beeinträchtigung mit akutem Hilfebedarf diagnostiziert, ist eine Prüfung der Vorrangigkeit des örtlichen/überörtlichen Sozialhilfeträgers gem. § 10 SGB VIII notwendig. 43 B.4 Literaturverzeichnis und Abkürzungen Albers M, Bering R, Bredenbeck C, Chrusz D, Fasshauer K, Gasche M, Gerke U, von Lutzau HR, Schartmann D, Schmidt-Rüther I, Schilson D, Steier-Mecklenburg F, Striening F, van Treeck B, Wurm S (2008). Ergänzung der Integrierten Versorgung um trägerübergreifende Teilhabeleistungen für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen. Von der Deutschen Vereinigung für Rehabilitation e. V. als Empfehlung vorgelegt, erarbeitet durch den DVfR-Ausschuss „Psychische Behinderungen“, http://www.dvfr.de/nc/stellungnahmen. 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Nervenheilkunde - Themenheft: Kinder psychisch kranker Eltern 27,527-532. Kölch M, Wolff M, Fegert J (2007) Teilhabebeeinträchtigung- Möglichkeiten der Standardisierung im Verfahren nach § 35a SGB VIII. Das Jugendamt 1:1-8 Meltzer H, Gatward R, Goodman R, Ford T (2000). The Mental Health of Children and Adolescents in Great Britain. The stationery office: London. Meltzer H, Gatward R, Goodman R, Ford T (2003). Mental health of children and adolescents in Great Britain. Int Rev Psychiatry 15,185-187. Presting G, Hoger C, Witte-Lakemann G, Specht F, Rothenberger A (1998). [Variability of inpatient child and adolescent psychiatry - results of a multicenter documentation]. Z Kinder Jugendpsychiatr Psychother 26, 97-112. Rutter M (2007). Resilience, competence, and coping. Child Abuse Negl, 31, 205-209. 45 Sarimski K (2008): Kooperation mit Kindertageseinrichtungenmit Frühförderstellen bei der Unterstützung von Kindern mit besonderen Bedürfnissen. 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Kindheit und Entwicklung. 6,141-146. 46 Abkürzungen BA Bundesagentur für Arbeit BudgV Budgetverordnung zu § 17 SGB IX BMFSFJ Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend DGPPN Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde DVfR Deutsche Vereinigung für Rehabilitation e. V. GKV Gesetzliche Krankenversicherung GRV Gesetzliche Rentenversicherung ICD-10 International Classification of Diseases der Weltgesundheitsorganisation ICF International Classification of Functioning, Disability and Health ICF-CY Youth International Classification of Functioning, Disability and Health - Children and KiHB Kinderheilbehandlung KJjE Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene MDK Medizinischer Dienst der Krankenversicherung SGB Sozialgesetzbuch UN-BRK Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen WHO Weltgesundheitsorganisation 47 C. Anlagen C.1 Erläuterungen zur Handhabung des dreiteiligen Vordruckes zum Teilhabeplan Gemäß der „Gemeinsamen Empfehlung Teilhabeplan“ (zu § 13 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX) sind die Rehabilitationsträger dafür verantwortlich, dass die im Einzelfall erforderlichen rehabilitationsträgerübergreifenden Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe für behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen nahtlos, zügig und „wie aus einer Hand“ erbracht werden. Zur Erreichung dieses Ziels wurde der dreiteilige Vordruck zur Umsetzung des Teilhabebedarfs entworfen. Der Vordruck Teil I ist von dem Rehabilitationsträger auszufüllen, der bei dem Betroffenen aufgrund von Mitteilungen der behandelnden Ärzte oder aufgrund von Entlassungsberichten etc. einen rehabilitationsträgerübergreifenden Teilhabebedarf feststellt. Die Notwendigkeit des Gebrauchs dieses Vordrucks kann z. B. dann gegeben sein, wenn zur Deckung des Teilhabebedarfs mehrere Rehabilitationsträger zu beteiligen sind bzw. wenn neben medizinischen Rehabilitationsleistungen auch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 33 SGB IX) oder zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (§ 55 ff. SGB IX) notwendig werden. Bei dem Vordruck Teil I handelt es sich um eine „Bestandsaufnahme“, die der verantwortliche Träger – ggf. zusammen mit dem Betroffenen – durchführt. Unter Berücksichtigung der datenschutzrechtlichen Vorschriften des SGB werden hier u. a. aktuell bereits bewilligte, laufende oder abgeschlossene Leistungen, die mit dem noch bestehenden Teilhabebedarf in Verbindung stehen könnten, vermerkt, unter Abschnitt 7 der vom leistenden Rehabilitationsträger festgestellte Teilhabebedarf aufgeführt und ggf. bestehende Bedürfnisse und Wünsche des Betroffenen festgehalten. Der Vordruck Teil II wird den beteiligten Rehabilitationsträgern vom verantwortlichen RehaTräger zusammen mit dem Vordruck Teil I zugeleitet. Aufgrund des Vordruckes Teil II hat der angeschriebene Rehabilitationsträger den Teilhabebedarf im Rahmen seines Leistungsspektrums zu prüfen und die Ergebnisse seiner Leistungsprüfung auf dem Vordruck Teil II zu vermerken bzw. zu erläutern. Anschließend ist der Vordruck Teil II an den ersten Rehabilitationsträger zurückzusenden. Auf dem Vordruck Teil III fasst der verantwortliche (= erste) Rehabilitationsträger die eigenen und die aufgrund der Rückmeldungen gewonnenen Informationen zusammen und koordiniert die erforderlichen Leistungen trägerübergreifend. Anschließend stellt er über Vordruck Teil III dem Betroffenen und den am Rehabilitationsprozess Beteiligten diese Informationen zur Verfügung. Die Zusendung der Vordrucke erfolgt schriftlich über die Post bzw. per Fax. Eine Kopie des ausgefüllten Vordrucks verbleibt jeweils in den Leistungsakten. 48 C.2 Vordrucke Teilhabeplan I, Teilhabeplan II und Teilhabeplan III Teilhabeplan - Teil I Teilhabeplan für Name, Vorname Datum der Erstellung Versichertennummer 1 Angaben zur Person Name, Vorname Geburtsdatum Geburtsname Telefon (Vorwahl/Ruf-Nr.) Straße, Hausnummer Fax Postleitzahl, Ort E-Mail Staatsangehörigkeit Geschlecht männlich ggf. Aufenthaltsgenehmigung bis weiblich ggf. Aufenthaltsort Familienstand (falls kein Kind/Jugendlicher) ledig verheiratet geschieden verwitwet eingetragene Lebenspartnerschaft 49 erlernter Beruf zuletzt ausgeübte Tätigkeit 2 arbeitslos seit Erziehungsberechtigter/Betreuer/Bevollmächtigter Name, Vorname Telefon Nr.) Straße, Hausnummer Telefax Postleitzahl, Wohnort E-Mail Betreuungsverhältnis Eingeleitet am Betreuungsverhältnis eingeleitet durch Aktenzeichen 3 (Vorwahl/Ruf- Behandelnde Ärzte Name Telefon Nr.) (Vorwahl/Ruf- Telefon Nr.) (Vorwahl/Ruf- Straße, Hausnummer, Postleitzahl, Ort Name Straße, Hausnummer, Postleitzahl, Ort 4 Aktuelle Leistungen, die mit dem bestehenden Teilhabebedarf in Verbindung gebracht werden können (bewilligt, laufend, abgeschlossen) Art der Leistung Zeitraum Ort 50 Einrichtung Reha-Träger 5 Art der Krankheit/Behinderung und Angaben zur Notwendigkeit von Teilhabeleistungen unter Berücksichtigung der schulischen/beruflichen/privaten Situation 6 Bedürfnisse und Wünsche der Betroffenen/des Betroffenen in Bezug auf die Leistungen zur Teilhabe 7 Nicht nur vorübergehende alltagsrelevante Beeinträchtigungen der Aktivitäten und/oder Teilhabe A - D A = keine Beeinträchtigungen, B = Schwierigkeiten (verlangsamt, mit Hilfsmitteln), C = personelle Hilfe nötig, D = nicht durchführbar Lernen und Wissensanwendung (z. B. Zuschauen, Zuhören, elementares Lernen, Wissensanwendung) Allgemeine Aufgaben und Anforderungen (z. B. Einzel-/Mehrfachaufgaben übernehmen, tägliche Routine durchführen, mit Stress/psychischen Anforderungen umgehen) Kommunikation (z. B. Unterhaltungen führen, Mitteilungen schreiben, Kommunikationsgeräte benutzen können) Selbstversorgung (z. B. Wechsel der Körperhaltung, und Tragen, Handgebrauch Armgebrauch, Gehen, Treppensteigen Sitzen, Bücken, Stehen) Häusliches Leben (z. (z. B. Kontakte aufnehmen, Beziehungen aufbauen/aufrecht erhalten) Bedeutende Mobilität Interpersonelle 8 Aktivität (z. B. Ankleiden/Auskleiden, Nahrungsaufnahme) Hygiene, B. Haushaltsführung) (z. B. Schulbildung, Ausbildung, Arbeit und Beschäftigung) Lebensbereiche Art der beantragten/vorgesehenen Leistungen und zuständiger Reha-Träger Art der Leistung Anschrift des Reha-Trägers Reha-Träger Aktenzeichen 51 Art der Leistung Reha-Träger Anschrift des Reha-Trägers 9 Sonstiges (z. B. weiterer Verfahrensgang) 10 Teilhabeplan wurde erstellt von Aktenzeichen Name Telefon Anschrift/Institution Fax/E-Mail 11 Erklärung der Betroffenen/des Betroffenen Änderungen gegenüber den gemachten Angaben werde ich unverzüglich mitteilen. Ich nehme zur Kenntnis, dass die personenbezogenen Daten unter Berücksichtigung des § 35 SGB I und den Vorschriften der geltenden Datenschutzgesetze erhoben werden. Ich stimme der Datenweitergabe - auch im Falle der Anpassung und Fortschreibung des Teilhabeplanes - an die Beteiligten zu. Unterschrift Betroffenen der Betroffenen/des Anlagen 52 Teilhabeplan II Datum 12.10.2011 Teilhabeplan - Teil II - für Versichertennummer: Sehr geehrte Damen und Herren, für Herrn ist ein Teilhabeplan zu erstellen. Weitere von hier für erforderlich gehaltene Leistungen zur Teilhabe bitten wir zu prüfen (siehe auch Teil I Ziffer 8 des beigefügten Teilhabeplans). Wir bitten zunächst um unverzügliche Mitteilung Ihrer Vorstellungen zu den vorgesehenen Leistungen zur Teilhabe gemäß § 6 Abs. 2 der Gemeinsamen Empfehlung „Teilhabeplan“ auf dem beigefügten Vordruck (Teil II). Sofern im weiteren Verfahren von Ihnen Leistungen zur Teilhabe bewilligt oder abgelehnt werden, bitten wir um Übersendung der Bescheide. Vielen Dank. Mit freundlichen Grüßen Teilhabeplan (Teil I) Vordruck (Teil II) Anlage 53 Absender: Teilhabeplan - Teil II AOK Rheinland/Hamburg Die Gesundheitskasse Teilhabeplan für Name der Betroffenen/des Betroffenen Versichertennummer Angaben des beteiligten Reha-Trägers zu vorgesehenen Leistungen zur Teilhabe 1 Art, Umfang und Ziel der Leistungen: 2 Voraussichtlicher Beginn, Dauer und Ort der Leistung: 3 Sonstige Hinweise: 54 4 Leistungen zur Teilhabe kommen zur Zeit nicht in Betracht, weil: 5 Ansprechpartner Name Telefon Anschrift Fax, E-Mail Anlagen Unterschrift Teilhabeplan II Teilhabeplan III 55 Datum 12.10.2011 Teilhabeplan - Teil III - für Versichertennummer: Sehr geehrte Damen und Herren, hiermit übersenden wir Ihnen den Teilhabeplan für Herrn weiteren Veranlassung. Mit freundlichen Grüßen Teilhabeplan Anlage zur Kenntnis und ggf. 56 Teilhabeplan - Teil III Teilhabeplan für Name der Betroffenen/des Betroffenen Versichertennummer Teilhabeplan Zeitraum Leistungen (einschließlich Art, Umfang, Form, Dauer und Ort) Reha-Träger Leistungen vorgesehen Zeitraum Aktenzeichen Leistungen bewilligt Leistungen (einschließlich Art, Umfang, Form, Dauer und Ort) Reha-Träger Leistungen vorgesehen Zeitraum Reha-Träger Aktenzeichen Leistungen bewilligt Leistungen (einschließlich Art, Umfang, Form, Dauer und Ort) Aktenzeichen 57 Leistungen vorgesehen Zeitraum Leistungen bewilligt Leistungen (einschließlich Art, Umfang, Form, Dauer und Ort) Reha-Träger Leistungen vorgesehen Aktenzeichen Leistungen bewilligt Ansprechpartner des koordinierenden Reha-Trägers Name Telefon Straße und Hausnummer Fax Postleitzahl Ort E-Mail Mit freundlichen Grüßen Unterschrift Teilhabeplan III 0221-8096318 Krug 0211-82250 Wurm 58 C.2 Medizinische Rehabilitation und Krankenhausbehandlung Tabelle: Stationäre Rehabilitationsbehandlung versus akut stationäre Krankenhausbehandlung Krankenhausbehandlung Stationäre RehabilitationsBehandlung (a und b) Im Vorfeld festgelegtes Behandlungsziel Vorgegebener Zeitrahmen, vor Aufnahme konzeptionell festgelegt Medizinische Diagnostik Festgelegtes Behandlungsprogramm vorwiegend im Gruppensetting Nein Ja Nein Ja Nicht begrenzt, ggf. in Kooperation mit anderen Leistungsanbietern, auch für somatische Begleiterkrankungen Sollte vor Beginn abgeschlossen sein, lediglich Rehabilitationsspezifische Ergänzungen Nein Ja Exakt auf die Einzelperson zugeschnittenes Behandlungssetting mit sehr Ja individualisierten Zielen und Maßnahmen der Behandlung Nein Möglichkeit der Arbeit mit geschlossenen Gruppen (zeitgleiche Aufnahme und Entlassung) Nein Ja Durchgängige, pflegerische/pädagogisch Einzelbetreuung möglich Ja Nein Ja Nein Akutaufnahme im Notfall möglich Ja Nein Entscheidung über stationäre Aufnahme und Auswahl der Klinik Patient und Eltern Einweisender Arzt/Facharzt für KJPP in der aufnehmenden Klinik, bei Notfällen Wohnort (Pflichtversorgungsgebiet) Entlassbericht mit sozialmedizinischer Beurteilung regelhaft an Leistungsträger Nein Gesetzlich festgelegte Zielparameter Förderung des Funktionsniveaus Förderung der Gesundheit und der (späteren) Schul- und Erwerbsfähigkeit Besondere Sicherheitsvorkehrungen möglich (Eigen- und Fremdgefährdung) Leistungsträger, Wunsch- und Wahlrecht im Gesetz festgelegt, abschließende Prüfung durch den aufnehmenden Arzt Ja