Physik des Hören

Werbung
Biophysik der Sinnesorgane:
das Gehör.
Medizinische Physik und Statistik I
1. Semester 2016
Tamás Marek
12. Oktober 2016
Gliederung
• Einleitung
• Reiz, Empfindung, Sinneswahrnehmung
• Der Schall
• Das Gehör
• Diskussion
Der Reiz
Ein Reiz oder Stimulus ist eine physikalische oder
chemische Größe der äußeren Umwelt, die durch Änderung
ihrer Beträge auf die lebenden Systeme einwirkt.
Im Sinne der Neurobiologie ist
das demnach eine Einwirkung
auf eine Sinneszelle, die eine
überschwellige
Veränderung
des Membranpotentials bewirkt
und so ein Aktionspotential
auslöst.
unterschwellig
überschwellig
© Damjanovich – Fidy- Szöllősi
Die Empfindung
Die Empfindung ist ein - bei der Einwirkung eines Reizes
auf ein Sinnesorgan - elementares Wahrnehmungserlebnis.
Physikalische oder chemische Reize treffen auf die
Sinnesrezeptorzellen des Sinnesorgans, werden von hier
als Erregungen an den Großhirnrinde geleitet und bilden
dort die entsprechenden Empfindungen:
z.B. Mann nimmt einen Ton wahr.
Die Sinneswahrnehmung
Wahrnehmung bezeichnet allgemein den Vorgang der
Empfindung einer subjektiven Gesamtheit von
Sinneseindrücken aus Reizen (Stimuli).
Wahrnehmung ist also das unbewusste und/oder
bewusste Filtrieren und Zusammenführen von TeilInformationen
zu
subjektiv
sinnvollen
Gesamteindrücken.
z.B. Die einzelnen Töne nimmt man als Musik wahr.
Die Sinneswahrnehmung
© Damjanovich – Fidy- Szöllősi
Schmerzschwelle
Modalitäten
Hören
Reizschwelle
Sehen
Riechen
Schmecken
Fühlen
Schmerz
Untere
Wahrnemungsgrenze
Objektive, subjektive Messungen
objektiv
Objektive Messungen
Messungen, die bei wiederholter
Messung unter gleichen Anfangsbedingungen das gleiche (innerhalb der
Fehlergrenzen) Ergebnis liefern.
subjektiv
PET
Aufnahme
© Damjanovich – Fidy- Szöllősi
Subjektive Messungen
Messungen, die nicht unabhängig von
mentalen und anderen subjektiven
Umständen der untersuchten Person
durchgeführt werden können.
Absolute und relative Reizschwelle
Absolute Reizschwelle Ф0 bezieht sich auf idealisierte Bedingung
der Wahrnehmung.
Sei Ф die Basis- oder Untergrund-intensität und Фr die gerade noch
zu unterscheidbare höhere Intensität. Dann ist die relative
Reizschwelle oder Differenzempfindlichkeit:
∆Ф = Фr - Ф
Das Weber Gesetz
Die relative Reizschwelle ∆Ф ist proportional zur Basisintensität:
∆Ф = k Ф
k = (Фr – Ф) / Ф
Objektive Reiz Ф und
subjektive Empfindung Ψ
Das Stevens Gesetz


 konst



  konst 
 0 
n
© Damjanovich – Fidy- Szöllősi
Ф0 = absolute Schwellenreiz
Ф = Basis- oder Untergrundintensität
n = Charakteristische Konstante der Wahrnehmung
Der Schall
Der Schall
Physikalisch gesehen wird Schall als eine mechanische Welle in einem
Medium angesehen. Schall breitet sich mit einer für das jeweilige
Medium, seine Temperatur und den herrschenden Druck
charakteristischer Geschwindigkeit, der Schallgeschwindigkeit aus.
Dabei wird Schallenergie transportiert. In ruhenden Gasen und
Flüssigkeiten wird Schall immer mit einer Longitudinalwelle
beschrieben.
λ = c / f
c = Schallgeschwindigkeit
f = Frequenz
Gasdynamik -> Akustik
Die Akustik ist die Lehre vom Schall und seiner
Ausbreitung. Als Wissenschaftsgebiet umfasst sie
sämtliche damit zusammenhängenden Gesichtspunkte, so
die Entstehung und Erzeugung, die Ausbreitung, die
Beeinflussung und die Analyse von Schall. Weiterhin
sind auch die Wechselwirkung von Schall mit Materialien
sowie die Wahrnehmung von Schall durch das Gehör und
seine Wirkung auf Menschen und Tiere Gegenstand der
Akustik. Die Akustik ist ein interdisziplinäres
Fachgebiet, das auf Erkenntnissen aus zahlreichen
anderen Fachgebieten aufbaut, unter anderem der
Physik, der Psychologie, der Nachrichtentechnik und
der Materialwissenschaft.
Das akustisches Spektrum
© Damjanovich – Fidy- Szöllősi
Die Schallintensität
Wenn wir davon ausgehen,
dass wir Menschen keine
Sensoren für die Detektierung von Schall hätten …
Die Rayleigh-Scheibe
Intensität in W/m2
Der Intensitätspegel in Dezibel als
Maß des akustischen Reizes
Es handelt sich dabei
allgemein
um
den
dekadischen
Logarithmus
des Verhältnisses zweier
gleichartiger physikalischer
Größen.
In der Praxis ist die
Verwendung des zehnten
Teils eines Bels – des
Dezibel (dB) – üblich.
© Damjanovich – Fidy- Szöllősi
 J1 
n  10  log  
 J2
Bezogen auf die Hörschwelle:
J2 = J 0
J0 = 10-12 W/m2
Die subjektive empfundene ‚Lautstärke‘
Es ist deutlich zu unterscheiden zwischen der objektiven, physikalischen
Intensität und der subjektiv empfundenen Lautstärke. Erstere charakterisiert die Stärke des Reizes, letztere die Stärke der Empfindung!
Die Phon-Skala
Der Wert in Phon gibt
an, welchen Schalldruckpegel (in dB) ein
Sinuston mit einer
Frequenz von 1000 Hz
besitzt, der gleich
laut wie das Schallereignis, das eine
andere Frequenz
besitzt, empfunden
wird.
Schalldruckpegelangabe unabhängig
vom Spektrum des
Signals.
© Damjanovich – Fidy- Szöllősi
Die Frequenz und die Tonhöhe
Die Tonhöhe hängt von der Frequenz der Schwingungen ab.
Reiz
Empfindung
1. Sehr tiefer Ton
2. Tiefer Ton
3. Hoher Ton
4. Sehr hoher Ton
1. Tiefer, leiser Ton
2. Tiefer, lauter Ton
3. Hoher, leiser Ton
4. Hoher, lauter Ton
Die Obertöne und die Klangfarbe
Die Klangfarbe wird
von der Frequenz und
relativen Stärke der
sog. Obertöne, die
sich zu dem Grundton
gesellen, d.h. vom
Schwingunkspektrum
des Tones bestimmt.
(Helmholtz 1873)
© Damjanovich – Fidy- Szöllősi
Das Richtungshören
Schall braucht eine gewisse Zeit, um sich auszubreiten.
In Luft bspw. legt der Schall ca.340 Meter in der Sekunde
zurück.
Befinden wir uns schräg zu
einem
Schallereignis,
sind
unsere beiden Ohren unterschiedlichweit
von
diesem
Schallerreger entfernt. Der
Schall trifft also nicht gleichzeitig, sondern etwas zeitverzögert in unserem Ohr ein.
Diesen kleinen Zeitunterschied wertet das Gehirn aus und
kann daraufhin den Ort des Schallereignisses bestimmen.
Akustische Reize und Empfindungen
Objektive Reize
Subjektive Empfindungen
Intensitätspegel
Lautstärke
Frequenz der Schwingung
Tonhöhe
Frequenz u. relative
Stärken der Obertöne
Klangfarbe
Hörschwelle:
Schmerzschwelle:
J0 = 10-12 W/m2
Jmax= 10 W/m2
Das Hören
Der Aufbau des menschlichen Ohrs
© Damjanovich – Fidy- Szöllősi
Das äußere Ohr
Erste Resonanz:
λ/4 = 0,025 m
→ λ = 0,10 m
→ f = c / λ
→ f = 343 / 0,10
→ f = 3430 Hz
Der äußere Gehörgang wirkt wie ein
λ/4-Resonator, da er mit dem
Trommelfell
abschließt.
Die
Resonanzen liegen – wie bei einer
gedachten Orgelpfeife – bei λ/4, 3
λ/4, 5 λ/4 usw.
Der Aufbau des menschlichen Ohrs
Das äußere Ohr
Druckverteilung in einem Rohr mit quasi
geschlossenes Ende und beweglicher Kolben
als Druckerreger.
Stehende
Wellen in einem
Rohr, das ein
offenes und ein
geschlossenes
Ende hat
Die Ruhehörschwelle und die
Resonanz im äußeren Gehörgang
Die Schwingungsamplitude am
Trommelfell entsprechen nur
ca.
1/10
des
H-Atom
Durchmessers, -> ca. 10-11m.
© Damjanovich – Fidy- Szöllősi
Das Mittelohr
Das Mittelohr ist mit Luft und
Trommelfell
das Innenohr mit Flüssigkeit
gefüllt. Dieser Übergang wirkt hinten
wie eine schallharte Wand
Ovales
Fenster
vorne
Das Mittelohr
Das Mittelohr ist mit Luft und das Innenohr mit Flüssigkeit gefüllt.
Dieser Übergang wirkt wie eine schallharte Wand
Schallimpedanz in der Luft und in
einer Flüssigkeit
Schallkennimpedanz
in der Luft
ZL= 414 kg/(m²s)
Ii
Ir
R = Ir / Ii
ZL << ZF
Schallkennimpedanz
in einer Flüssigkeit
ZF=1,5 106 kg/(m²s)
It = Ii - Ir
Das Schallübergang Luft/Wasser
Das Mittelohr ist mit Luft und das Innenohr mit Flüssigkeit gefüllt.
Dieser Übergang wirkt wie eine schallharte Wand.
 ZW asser  Z Luft 

R
Z


Z
t
W
asser
Luf


2
2
 1,5 106  414 
  0,9989
R  
6
 1,5 10  414 
IW asser
 1  R  0,0011
I Luft
Nur ein Tausendstel der
Schallintensität wird in
das Wasser eingekoppelt.
Das Mittelohr als Impedanzwandler
Am Übergang Mittelohr/Innenohr
kommt es zu einer Erhöhung der
akustischen Impedanz. Um diesem
Anstieg entgegenzuwirken gibt es im
Mittelohr zwei Mechanismen: die
Hebelwirkung
der
Gehörknöchelchen und die Druckverstärkung, die durch den Flächenunterschied zwischen ovalem Fenster
und dem Trommelfell entsteht.
Ohne diese Mechanismen
läge eine Dämpfung von ca.
Τ = 10-3 -> -30 dB
vor.
© Damjanovich – Fidy- Szöllősi
Die Verstärkung im Mittelohr
1,3 x
Fo va l  FTro m
 1,3  pLu ft  ATo rm
x
Fo va l 1,3  plu ft  ATro m
pWa sser 

Ao va l
Ao va l
55
pWa sser  1,3  pLu ft 
3,2
pWa sser
 22,3
pLu ft
2
JWasser  pWasser  ZLuft
414

 
 22,32
JLuft  pLuft  ZWasser
1,5 106
JWasser
 0,137  1
JLuft
0,137 0,0011 125  fach
© Damjanovich – Fidy- Szöllősi
Überlastschutz des Mittelohrs
Bei Schädigung der Mikromechanik im Mittelohr wird
z.B. an der Technischen
Universität
Ilmenau
an
entsprechenden
Implantaten gearbeitet.
© Damjanovich – Fidy- Szöllősi
Die Schwingungsfähigkeit der
Gehörknöchelchenkette
wird
durch 3 kleine Muskeln reguliert.
Diese Muskeln sind wichtig um
laute und kurze Schallereignisse
zu dämpfen.
Das Innenohr
Zum Innenohr gehören die drei Bogengänge
des
Gleichgewichtsorgans
und
die
Schnecke (Cochlea), die das Cortische
Organ, die schallempfindliche Struktur des
Innenohrs enthält.
Die Bogengänge registrieren
Drehbeschleunigung - v.a.
die Drehung des Kopfes.
Dabei ist jeder Gang für
jeweils eine Raumachse
zuständig.
Der Aufbau der Schnecke
Reissner
Membran
Vom ovalen Fenster
Zum runden Fenster
Das Corti Organ
Anatomie des Corti-Organs
© Damjanovich – Fidy- Szöllősi
a und c Schemazeichnungen,
b und d Rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen
Intensitätsverstärkung im Innenohr
© Damjanovich – Fidy- Szöllősi
Die äußeren Haarzellen reagieren
bereits
auf
eine
geringe
Auslenkung ihrer Haarbündel mit
einer
aktiven
Längenänderung
ihres gesamten Zellkörpers. Dazu
sind die äußeren Haarzellen durch
ein besonderes Membranprotein,
das Prestin, befähigt.
Das ist ein kontraktiles Protein in der Plasmamembran,
das sich potentialabhängig verkürzt oder verlängert.
Diese Prestin-Motoren in der Zellmembran der äußeren
Haarzellen ermöglichen eine Verstärkung des Schalls und
eine Erhöhung der Frequenzselektivität.
Die Wanderwelle
Békésy, Georg
Békésy entdeckte, dass die sich in der
Lymphflüssigkeit der Cochlea fortbewegenden
Schallwellen
entlang
der
Basilarmembran
frequenzspezifische stehende Wellen erzeugen
(prägte den Begriff der "Wanderwelle") und stellte
aufgrund
dieser
Erkenntnisse
eine
Alternativtheorie
zur
Helmholtzschen
Resonanztheorie des Hörens auf; prägte im Bereich
der Hörakustik die Bezeichnung "Verzerrung";
erhielt 1961 den Nobelpreis für Physiologie in der
Medizin.
Tonhöhenkodierung
Die einzelnen Frequenzen eines auf
diese Weise zerlegten Klangs reizen
die auf die jeweiligen Frequenzen
spezialisierten inneren Haarzellen.
Der Reiz löst ein elektrisches Signal
in den Haarzellen aus. Diese geben
ein chemisches Signal an eine
Hörnervenfaser, wobei jede
Hörnervenfaser wieder für eine
einzelne Frequenz zuständig ist. Die
Hörnervenfasern reagieren
elektrisch (Aktionspotential) und
reichen bis zum Stammhirn. Auf
diese Weise werden die
Tonfrequenzen getrennt und
elektrisch zum Gehirn gesendet.
© Damjanovich – Fidy- Szöllősi
© Damjanovich – Fidy- Szöllősi
Tonhöhenkodierung
© Damjanovich – Fidy- Szöllősi
Die Lokalisation des Maximums entlang des Basilarmembrans
hängt von der Frequenz des Schallreizes, die Höhe von
seiner Stärke ab.
Zusammenfassung
© Damjanovich – Fidy- Szöllősi
Literatur
• Vorlesungsskript (http://www3.szote.u-szeged.hu/dmi/ger/)
• Biophysik für Mediziner, Damjanovich – Fidy – Szöllősi
(2. Auflage)
– Abschnitt IV, Die Biologie der Sinnesorgane
• Lehrbücher über Transportvorgänge
• Internet…
Diskussion
Herunterladen