Testbericht (WasserSport 2012)

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An Bord
INTERCrui
„Es muss nicht immer Stahl und Eisen sein“
Wie sagte doch einst der große deutsche Dichter Heinrich Heine: „Denk‘ ich an Deutschland in der Nacht
. . .“. Umgekehrt könnte es heißen: „Denk‘ ich an Holland und den Bootsbau . . . dann denk‘ ich an Stahl
und Eisen“. Doch das muss nicht immer so sein. „INTERBOAT“, eigentlich „GfK-Sloepen-Spezialist“ der
Edelklasse, ansässig in Loosdrecht, Provinz Nord-Holland, hat den Kajütkreuzer „InterCruiser 35“ auf Kiel
gelegt – und das mit beachtlichem Erfolg. Claus D. Breitenfeld unternahm einen ersten Probeschlag.
W
er nicht so genau hinschaut, dennoch auf holländischen Bootsbau fixiert ist, dem könnte man
diesen Kajütkreuzer sicherlich auch als
Stahlschiff „verkaufen“. Doch dagegen
würde sich die Werft mit Vehemenz sträuben, schließlich ist man in Loosdrecht stolz
darauf, seit fast zwei Jahrzehnten ausschließlich GfK-Boote zu bauen und davor
als Importeur recht erfolgreich gewesen zu
sein. Basis sind eigentl ich exklusive Sloepen
gehobenen Niveaus, aber bereits das Modell „InterCruiser 34“, ein Retro-Look-Kabinenboot, ließ darauf schließen, dass in absehbarer Zeit noch einer draufgesetzt wird,
was nun mit dem „InterCruiser 35“ zur vorzeigbaren Realität wurde.
Etwa 180 bis 200 Schiffe, gesplittet in
rund 20 Modelle, angefangen bei einer
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Länge von 6,80 m bis zum hier vorgestellten
Flaggschiff mit 10,75 m Länge ü. A., verlassen Jahr für Jahr die Werfthallen in Loosdrecht, gefertigt von ca. 55 Mitarbeitern. Und
besonders stolz ist das Unternehmen darauf, dass alles von A bis Z in Eigenregie gefertigt wird. Begonnen bei der Konstruktion
bis hin zur Verarbeitung der letzten Schraube, des Holzausbaues, des GfK-Finish,
sämtlicher Installationen in Technik, Elektronik und Mechanik.
Fahreigenschaften
W
irft man einen Blick auf die technischen Daten, in Sonderheit die Motorisierungs-Varianten, dann wird jedem Insider schnell klar, was die Werft mit diesem
Schiff erreichen möchte. Nämlich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Die Band-
breite von 50 bis 272 kW (68 – 370 PS),
macht verständlicher Weise nur Sinn, wenn
die maximale Power auch genutzt werden
kann. Voraussetzung dafür ist wiederum,
dass der Rumpf für die unterschiedlichsten
Fahrstile konzipiert wurde. Im Klartext: Die
Einsatzmöglichkeit als Verdränger und Gleiter muss gegeben. Schließlich ist kaum anzunehmen, dass daran gedacht wurde mit
diesem Schiff gegen reißende Stromschnellen anzukämpfen, im Eisbrecher-Einsatz zu
arbeiten oder es eventuell als Hochseeschlepper zu missbrauchen. Die „mögliche“
Kraft kann daher nur einem Zweck dienen,
nämlich dem des Gleitens ohne Wenn und
Aber. Und dass das dies nicht fernab jeglicher Realität liegt, haben Rechenstudien der
Werft bewiesen, die diesem InterCruiser
eine maximale Geschwindigkeit von 33
km/h (knapp 18 kn) bescheinigen.
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B
An
ord
uiser 35
Macht in jeder Fahrstufe
eine gute Figur, der
Interboat-Cruiser – das
„Polyester-Stahlschiff“.
Fotos: Breitenfeld/Werft
Das geräumige
Backsdeck.
Salonimpressionen. Gelungene Kombination von Walnuss- und Eschenholz. Sauberste Verarbeitung, wohin man auch blickt.
N
ur zu gern möchte man sich die Mimik
des parallel fahrenden Skippers vorstellen, der mit seinem reinrassigen Stahlverdränger ähnlichen Erscheinungsbildes,
bis auf die letzte Rille ausgereizt, gerade `mal
an der 16 km/h (8,6 kn)-Schallmauer kratzt,
legt schließlich der InterCruiser-Rudergänger den Hebel auf den Tisch und das Schiff
steigt aus dem Wasser, geht ins Gleiten
über. Keine Frage, der Tag wäre gelaufen.
Nachvollziehbar ist dieses Gefühl
durchaus, allein das Erleben blieb der Testcrew versagt, hatte sich der Chronist doch
mit der kleinsten, angebotenen Motorisierung zu begnügen, 50 kW (68 PS). Dennoch, auch damit mutieren künftige Eigner
nicht zum Loser, schließlich entsprechen
14,2 km/h (7,7 kn) unter Volllast bei dieser
Motorenkonfiguration und einem Testgewicht von mehr als ac ht Tonnen durchaus
der Normalität. Dies spielt sich ab im Volllast-Drehzahlbereich von 2.900 U/min des
Vetus-Deutz DT 4.70-Diesel. Geräuschentwicklung am Steuerstand unter Deck dabei
lediglich wohltuende 71 dB(A), die Stimmband schonende Konversation zulässt.
aum anzunehmen, dass Wasserwanderer permanent mit der maximalen
Drehzahl unterwegs sein werden, gehen wir
runter auf Kanalgeschwindigkeit von etwa
12 km/h (6,5 kn) und reduzieren die Drehzahl um ca. 750 U/min auf etwa 2.150. Das
Phonmeter pendelt sich bei 66 dB(A) ein,
am Ufer kommt davon wohl so gut wie gar
nichts mehr an. Sauber und ohne nennenswerte Ruderkorrekturen verfolgt der InterCruiser den ihm vorgegebenen Kurs, Dank
des lang durchgezogenen Kiels. Gut geschützt der rechtsdrehende Vierblatt-Bronze-Propeller von einer so genannten Hacke.
K
S
chnelle Richtungsänderungen unter
diesen Vorzeichen stellen weder Rumpf
noch Rudergänger vor irgendwelche Probleme, ebenso souverän das Krängungsverhalten, das kaum der Rede wert ist. Sauber
und plan auch die Drehkreise unter niedrigster Drehzahl von 900 U/min, die sich
voraus und nach achtern, über Bb. und Stb.
im Bereich von einer bis eineinhalb Bootslängen bewegen. Erstaunlich zudem, d ass
hart gefahrene Kurven unter Volllast voraus
auch nur unwesentlich mehr Platz einfordern. Mit zwei Bootslängen ist das Schiff
einmal rum. Alles bestens.
쏅 Ausstattung
& Verarbeitung
L
ässt der Betrachter Assoziationen hinsichtlich der bekannten Sloepen zu,
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Die Pantry geschickt ins Layout
integriert, mit allen Drum und Dran,
was sich der Smutje wünscht.
dann wird er mit Überraschungen beim InterCruiser 35 kaum konfrontiert werden,
schließlich ist er dann perfektes Design, Finish in jeglicher Hinsicht und grundsolide
Handarbeit gewohnt. Und auf nichts anderes brauchen sich künftige Eigner hier einzustellen. Topp-Verarbeitung, Liebe zu Detail, Technik vom Feinsten. Perfektes Tischlereikönnen spiegelt sich auch in der Verarbeitung der sämtliche r Lukenkanten und
Holzleisten wider, so dass keine hässlichen
Fronten zu sehen sind. Daher können wir
uns in diesem Kapitel auf das Große und
Ganze konzentrieren, ohne uns in Kleinigkeiten verzetteln zu müssen.
m es noch einmal hervorzuheben, viel
Wärme und Behaglichkeit vermittelt
der saubere Holzinnenausbau des Testprobanden, eine kontrastreiche und dennoch
harmonische Symbiose aus Walnuss- und
Eschedekor, edel bis in die kleinste Phase.
L-förmig angelegt, die Pantry an Bb. vor der
geräumigen Eignerkabine mit freistehendem, französischen Bett, viel Stauraum in
Schränken und Sideboards. Dreiflammiger
Gaskocher, Mikrowelle, Rundspüle, Kühlschrank und ausreichend Arbeitsfläche stehen dem Smutje zur Verfügung. Gegen-
U
Zuverlässige Vetus-DeutzDiesel DT 4.70.
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Dinette- und Salonbereich an Steuerbord.
Die geräumige Eignerkabine im Vorschiff.
über an Stb. nochmals jede Menge Stauraum.
bsenkbar der Dinette-Tisch an Stb im
höher liegenden Salon, der in dieser
Kombination mit den gegeneinander stehenden Bänken zur Schlafstatt „+2“ wird.
An Bb. das sich über die komplette Salonlänge erstreckende Sideboard, gefolgt vom
Niedergang aufs Achterdeck. Gegen neugierige Blicke von außen schützen ringsherum Jalousien vor den seitlichen Schiebefenstern. Unter dem Salonboden leicht zugänglich der aufgeräumte Motorraum.
Zwei Stuf en führen in den achterlichen
Bereich. Dusche und Toilette teilen sich in
separate Räume an Stb. und Bb. vor der kleinen Achterkabine, die auf den ersten Blick
enger wirkt, als sie sich letztendlich präsentiert, da das geschickte Raumkonzept von
versetzten Etagenbetten optimal den Platz
zu nutzen weiß. Somit bleibt noch reichlich
für Platz für Stauschränke und ein auf die
Badeplattform führendes Flucht luk, das viel
Licht in den Raum fallen lässt.
roßzügig das Design auf dem Achterdeck mit dem zentralen, bestens bestücken, ergonomischen Erfordernissen angepassten Steuerstand im Carbonlook und
G
allen erforderlichen Kontroll-Instrumenten, hinter dem fünfteiligen Windschild,
bestückt mit Parallel-Scheibenwischern
und straff sitzender Persenning. Beste
Rundumsicht ist von hier aus garantiert, optisch und fußfreundlich die Flexiteak-Aus-
Bestens abzulesende Instrumente
in Carbonlook-Umrandung.
Geräumige Backskisten
mit Innenleben.
A
Klar gegliederter Steuerstand, nach
ergonomischen Vorgaben konzipiert.
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B
An
legeware, die sich auch auf der achterlichen
Badeplattform wiederfindet, deren mittiger
Zugang von geräumigen, gepolsterten
Backskisten flankiert ist.
reite Gangbords in Richtung Vorschiff,
solide
Festmacherbeschläge
mit
Springklampen, geräumiger, doppelter Ankerkasten mit elektrischer Winsch samt integrierter Gasflasche, Landanschluss, doppelreihige, stabile VA-Rehling und das op-
B
tisch perfekt zum Schiff passende, dicke
Strukturtau als Scheuerleiste (bitte nicht zu
wörtlich nehmen und immer gut abfendern), runden das elegante Erscheinungsbild dieses Schiffes wohltuen ab.
쏅 Zusammenfassung
W
er holländisches Flair sucht, sich
aber nicht so recht mit Stahl ausein-
ord
andersetzen kann oder will, wer darüber
hinaus – immer unter dem Aspekt der entsprechender Motorisierung – auch auf relative Schnelligkeit großen Wert legt, der
kommt am „InterCruiser 35“ kaum vorbei.
Ein durch und durch perfekt gestyltes Schiff
in höchster Verarbeitungsqualität, solider
GfK-Schiffsbaukunst und besten Fahreigenschaften.
Claus D. Breitenfeld
Breite Gangbords mit hoher Reling.
Technische Daten
Herstellerland: Holland
Werft: Interboat Sloepen & Cruisers, Oud
Loosdrechtsedijk 181, NL-231 LV Loosdrecht, Tel.: 0031-(0)-35-582 74 25,
www.intercruiser.nl
Boot: CE-Zertifizierungs-Kategorie „C“ ()
Länge ü. A. (m): 10,75
Rumpflänge (m): 10,25
Länge WL ca. (m): 9,75
Breite ü. A. (m): 3,65
Tiefgang ca. (m): 1,05
Freibord ca. (m): 1,10
Höhe ü. WL ca. (m): 2,49
Kabinenhöhe (m): Salon 2,05; Vorschiff
2,00; Nasszellen 2,15; achtern 1,72;
Gewicht leer ca. (kg): 7.300
Testgewicht ca. (kg): 8.100
Baumaterial: GfK
Rumpfform/Aufkimmung: GfK-„Knickspant
Motorisierung Test kW (PS): 50 (68)
Motorisierung von – bis kW (PS): 50 – 272
(68 – 370)
Motorenart: Diesel-Innenborder
Antriebsart: Welle Ø 30 mm
Kraftstofftank (l): 400 - 600
Frischwassertank (l): 260
Fäkalientank (l): 60
Zuladung/Nutzlast (kg):
Personen, zul. max.: 10
Schlafplätze: 4 + 2
Kabinen: 2 + Salon
Preis ab €: 239.000,Testmotorisierung:
Hersteller/Modell/Motorenart: Vetus-Deutz
DT 4.70
Bauart/Zylinder: Reihen-4-Zylinder
Leistung Kurbelwelle kW (PS): 50 (68)
Leistung Propeller kW (PS): 49 (67)
Drehmoment (Nm): 179
Hubraum (cm3): 2.290
Bohrung/Hub (mm): 90 x 90
Arbeitsweise: 4-Takt, Saugmotor
Drehzahl, max. (U/min): 2.800
Kraftstoffart: Diesel
Kraftstoffsystem: Direkteinspritzung
Kühlkreise: 2
Generator (A): 90
Elektrik (V): 12
Gewicht (kg): 292 inkl. Getriebe
Wellen-Ø (mm): 30
Propellergröße: 20 x 16“, Bronze, 4-Blatt,
rechtsdrehend
Motorendetails: Zulässige Krängung dauerhaft 25°, max. 5 Min. 30°; akustische Warnung für Öldruck und Motorüberhitzung;
wasserdichtes Instrumentenpaneel mit 6
Signallampen; Drehzahlmesser, Betriebsstundenzähler, Voltmeter, flexible Motorstützen.
Messwerte:
Geschwindigkeit / Lautstärke
U/min km/h
(kn) dB(A)(4
(1
900
4,1
(2,2)
54
1.200
6,6
(3,6)
57
1.400
7,7
(4,2)
60
1.600
8,5
(4,6)
62
1.800
9,8
(5,3)
64
2.000
10,9
(5,9)
66
(6,6)
67
2.200(2 12,3
2.400
12,9
(7,0)
68
2.600
13,3
(7,2)
69
2.800
13,9
(7,5)
70
(7,7)
71
2.900(3 14,2
Testparameter: (1 = niedrigste Drehzahl;
(2 = ökonomische Marschfahrt; (3 = Volllast;
(4 = gemessen am Steuerstand inkl. Windund Wassergeräusche; nach ca. 15 – 20 sec.
aus ruhender Position Volllast; Wind- und
Wasser: 2 – 3; Drehkreise in Bootslängen
über Stb. und Bb., voraus und nach achtern
zwischen 1 und 1½ Bootslängen; schnelle
Richtungs-Reaktion beim Umsteuern von
Stb. nach Bb. und umgekehrt; Geschwindigkeitsmessung bei Wassertiefe von 1 – 3 m
unter dem Kiel.
Standardausstattung: Auszug aus Liste –
Bordlader mit Umformer 2.000 W, Bugschraube 75 kgf, Ebersbächer-Warmluftheizung, Landanschluss, Cabrio-Persenning, 3 Scheibenwischer, Handankerwinde
mit VA-Anker, Antifouling, 60l-Warmwasserboiler, Holzausbau nach Wahl, Freistehendes Bett im Vorschiff (2,00 x 1,50 m),
230-V-Steckdosen, elektrische Toilette.
Mögliche Extras: Unter anderem Warm/
kalt-Außendusche,
Sonderrumpffarbe,
Heckquerstrahlruder, Kartenplotter, Raymarine Bidata, Radio-CD-TV, UKW-Funk, elektrische Ankerwinde, Massiv- oder FlexiTeak-Auslegung an Deck und Badeplattform, Verlängerung des Cabrioverdeck nach
achtern übers Cockpit.
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