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01|Überuns
scinexx.de-DasWissensmagazin
scinexx®-sprich['saineks],eineKombinationaus“science”und“next
generation”-bietetalsOnlinemagazinseit1998einenumfassenden
Einblick in die Welt des Wissens und der Wissenschaft. Mit einem
breiten Mix aus News, Trends, Ergebnissen und Entwicklungen
präsentiert scinexx.de anschaulich Informationen aus Forschung
undWissenschaft.
DieSchwerpunktthemenliegenindenBereichenGeowissenschaften,
Biologie und Biotechnologie, Medizin, Astronomie, Physik, Technik
sowie Energie- und Umweltforschung. Das Internetmagazin spricht
allewissbegierigenUseran-obinBeruf,StudiumoderFreizeit.
scinexx wurde 1998 als Gemeinschaftsprojekt der MMCD NEW
MEDIA GmbH in Düsseldorf und des Heidelberger Springer Verlags
gegründet und ist heute Teil der Konradin Mediengruppe mit dem
bekannten Magazin Bild der Wissenschaft sowie den
Wissensangeboten:wissen.de,wissenschaft.de,scienceblogs.de,
natur.deunddamals.de.
02|Inhalt
01
02
ÜBERUNS
INHALT
03
SYMBIOSEN
EineHandwäschtdieandere
04
IMPRESSUM
03|Symbiosen
EineHandwäschtdie
andere
VONKERSTINSCHMIDT-DENTER
WusstenSie,dasskeinPflanzenfresserohneSymbioseinderLage
wäre,seineNahrungzuverwerten?OderdassjedeeinzelneZelle
unseresKörpersdasProdukteinerSymbioseist?Nein?Dannlohnt
essich,einenBlickaufdiesePartnerschaftenzuwerfen.
MITEINANDER-GEGENEINANDER
I
aktionenverschiedenerArtenDasLebenaufderErdeistdurch
eine Vielzahl komplexer Lebensgemeinschaften verschiedener
Arten gekennzeichnet. Organismen werden nicht nur durch die
Bedingungen der unbelebten Umwelt beeinflusst (z. B.
Temperatur, Bodenbeschaffenheit, Niederschlag), sondern auch
durch Interaktionen zu anderen Organismen, die den selben
Lebensraum
bewohnen.
Bei
den
Interaktionen
von
Lebensgemeinschaften können unterschiedliche Arten der
Beziehungen gegeneinander abgegrenzt werden. Bei einer reinen
Konkurrenz-Beziehung beanspruchen verschiedene Arten innerhalb
des selben Lebensraumes die gleichen Ressourcen, etwa zwei
Räuber,diediegleicheBeutejagen.DieseBeziehungistdemnachfür
alleBeteiligtenvonNachteil.
Oft findet man daher Spezialisierungen unter den Arten, um dieser
direkten Konkurrenz entgegenzuwirken. So können Singvogelarten,
die beide von Insekten in der
Baumkrone
leben,
koexistieren, indem beide
Arten
in
verschiedenen
Bereichen der Baumkrone
ihre Beute suchen. Eine
weitere denkbare Möglichkeit
wäre eine Spezialisierung auf
eine bestimmte Tageszeit.
Häufiger
sind
Wechselbeziehungen, die für
Räuber-Beute-Beziehung:LöweundZebra
eine Art von Vorteil, für die
©Dr.LloydGlennIngles
andere von Nachteil sind. Ein
gutes Beispiel sind die klassischen Räuber-Beute-Beziehungen. Bei
der Beziehung Löwe-Zebra etwa zieht der Löwe aus der Interaktion
einen Vorteil, das Zebra könnte jedoch vermutlich ohne diese
Beziehung ein angenehmeres Leben führen. Ähnlich verhält es sich
bei der Herbivorie. Ein blattfressendes Insekt wird zwar kaum den
ganzen Baum töten, beeinträchtigt aber dennoch seine Fitness. Die
InteraktionwirktsichfürdenBaumnegativaus.AuchParasitentöten
ihrenWirtnurindenwenigstenFällen.SchließlichwürdedessenTod
auch das Ende des Parasiten bedeuten. Dennoch beeinflusst das
EinwirkendesParasitendiePopulationdesWirtesnegativ.
Die Karpose beschreibt eine Beziehung, die für den einen Partner
einen positiven Effekt hat, dem anderen Partner jedoch nicht
schadet. Ein Beispiel wären Seepocken die sich an Wale heften, um
so transportiert zu werden. Auch Epiphyten - Pflanzen, die auf
anderen Pflanzen leben - schädigen diese in der Regel nicht,
profitieren selber aber von verbesserten Lichtbedingungen. Eine
weitere Karpose findet man zwischen dem Kuhreiher und großen
Säugetieren, etwa Rindern oder Büffeln. Der Vogel profitiert von
Insekten, die von den grasenden Tieren aufgescheucht werden,
wodurchihmdieJagderleichtertwird.DasRinddagegenwirdweder
gestört, noch zieht es einen Vorteil aus diesem Zusammenleben. Es
gibt aber auch Fälle, bei denen die Vögel die grasenden Säuger vor
sich nähernder Gefahr warnen. Diese Interaktion ist für beide
Parteien von Vorteil, es liegt eine Symbiose vor. Bei einer solchen
Symbiose
(im
englischen
Sprachgebrauch:
Mutualismus)
profitieren beide Partner aus einer
Beziehung.
Neben
fakultativen
Symbiosen, bei denen beide Partner
auch alleine überleben können, gibt es
auch obligate Symbiosen, bei der beide
Arten getrennt voneinander zugrunde
gehen. Das Beispiel der Kuhreiher zeigt,
wieengverzahnteinigezwischenartliche
Beziehungen sein können. Eine Karpose
kann schnell zu einer Symbiose werden,
oder aber den einen Partner so sehr
beeinträchtigen,
dass
eine
Art
Parasitismusvorliegt.Einpaaraufseiner
Seepocken©GeraldundBuff
Haut
sitzende
Seepocken
Corsi
beeinträchtigen den Wal nicht. Wie aber
sieht es mit einigen Tausend Seepocken aus? Wissenschaftler
nehmenan,dassaucheinigeSymbiosensichausparasitischenoder
Räuber-Beute-Beziehungen entwickelt haben. Am Anfang der
symbiotischen Beziehung von bestäubenden Insekten und
BlütenpflanzenstandeinefürdiePflanzenungünstigeBeziehung,bei
der herbivore Insekten Pollen oder Samen fraßen. Auch der Beginn
vieler Endosymbiosen, bei der eine Art in den Zellen einer anderen
Art lebt, ist möglicherweise auf einen umgewandelten Parasitismus
zurückzuführen.
WICHTIGERALSMANDENKT
S
otische
Beziehungen
sind
mehr
als
Lehrbuchbeispiele Symbiosen – wer kennt nicht die
Paradebeispiele aus dem Schulunterricht. Etwa die blinde
Garnele und die Grundel. Während die Garnele an einer
Wohnhöhle baut, hält sie über ihre Antennen Kontakt zu dem
wachsamenFisch,derrechtzeitigvorGefahrwarnt.Eineinteressante
Geschichte, sicherlich, aber gäbe es diese Symbiose nicht, würde es
auch niemanden stören. Außer die Garnele und die Grundel
vielleicht. Was über diesen faszinierenden, teilweise kuriosen
Beispielen des Zusammenlebens zweier Arten oft vergessen wird,
sinddieSymbiosen,dieunauffälligaberzahlreichundvielseitigganze
Ökosysteme, Lebensräume, ja sogar das gesamte Leben auf diesem
Planetenbeeinflussen.
Betrachtet man beispielsweise einen Baum, so sieht man eigentlich
nicht nur den Organismus Baum, sondern vielmehr einen Partner
einer Symbiose. Der andere
Partner befindet sich - den
Augen
des
Betrachters
entzogen-unterderErde.Es
handelt sich um einen Pilz
(Mykorrhiza), der mit seinem
Mycel die absorptionsfähige
OberflächederWurzelnstark
vergößert.
Die
Pflanze
wiederum führt dem Pilz
Eiche-nureinBaumoder
Nährstoffe
zu.
Diese
Symbiosepartner?©BrotherAlfred
Brousseau
Symbiose zwischen Pilz und
Pflanze ist kein Einzelfall. Vielmehr stehen 95% aller Gefäßpflanzen
auf diese Weise in symbiotischer Beziehung zu den MykorrhizaPilzen. Symbiosen sind keine skurrilen Einzelfälle, sondern sehr
wichtigfürbeinahejedesLebewesen.DiefolgendenBeispielezeigen
weitere Symbiosen, ohne die die Erde, so wie wir sie heute kennen,
nichtexistierenwürde.
RAUSAUSDERURSUPPE
E
ymbiose stand am Anfang höheren Lebens Symbiosen ohne sie würden Sie diesen Artikel nicht lesen können, er
hätte niemals geschrieben werden können. Denn es gäbe
weder Menschen, noch Pflanzen, Tiere, Pilze oder
Protozoen. Alle diese Organismen - jedes Lebewesen außer den
Bakterien-bestehenauseukaryotischenZellen.UnddieEntstehung
diesesZelltypswäreohneeineSymbiosenichtmöglichgewesen.Die
EntstehungeukaryotischerZellenwirdinderWissenschaftdurchdie
sogenannte Endosymbionten-Theorie erklärt. Laut dieser Theorie
entstanden komplex aufgebaute Zellen mit einem vom Plasma
abgegrenzten Zellkern und Zellorganellen aus einer Symbiose von
einfacher strukturierten Prokaryonten. Erst durch Bakterien, die als
EndosymbionteninnerhalbeinergrößerenZellelebten,bildetensich
die Organellen heutiger eukaryotischer Zellen. Die Entstehung der
Mitochondrien-dersogenanntenKraftwerkeeukaryotischerZellen-
verliefvermutlichfolgendermaßen:
Drehen wir die Zeit etwa 1,5 Milliarden
Jahre zurück. Im Ozean leben
photosyntheseaktive
Cyanobakterien.
Neben der Entstehung von freiem
Sauerstoff, der die Atmosphäre langsam
aerob macht, bilden sich durch
abgestorbene Organismen größere
Mengen
von
kohlenstoffhaltigen
Verbindungen. Diese Akkumulation
Bakterien©CDC
organischer Substanz stellt eine
willkommeneNahrungsquellefürheterotropheZellendar.DieZellen
gewinnenanGrößeundentwickelnnebenderFähigkeit,organisches
Material durch Phagocytose aufzunehmen, und können neben
organischem Material auch kleinere Zellen durch Phagocytose
aufnehmen.InderRegelendendieseZellenalsNahrung,siewerden
verdaut. Vereinzelt kommt es aber vor, dass die aufgenommenen
Bakterien im Inneren der größeren Zelle überleben und mit ihrem
Wirt interagieren. Es entwickelt sich eine Symbiose, bei der die
Wirtszelle das Nahrungsangebot mithilfe der Enzyme aus der
Atmungskette der aerob lebenden Bakterien effektiver nutzen kann.
Der Endosymbiont dagegen ist im Inneren der größeren Zelle vor
veränderten Umwelteinflüssen gesicherter. Ein weiterer möglicher
Ursprung der Mitochondrien wäre ein Eindringen bakterieller
Parasiten in eine Wirtszelle und eine sich daraus entwickelnde
Symbiose.AufeineähnlicheWeiseentwickeltensichvermutlichauch
die heutigen Chloroplasten pflanzlicher Zellen. Einige der Zellen, die
bereits heterotrophe Bakterien aufgenommen hatten, gingen zu
einem späteren Zeitpunkt eine weitere Symbiose mit
photosynthesetreibendenBakterien(wahrscheinlichCyanobakterien)
ein.DadieChloroplastenvonRotalgen,Braunalgenunddergrüner
PflanzenunterschiedlichePigmentmusteraufweisen,nimmtmanan,
dass dieser Prozess mehrmals parallel abgelaufen sein muss. Das
Pflanzenreich ist daher nicht auf eine einzige Ur-Eukaryontenzelle
zurückzuführen. Ob Eukaryonten tatsächlich auf diese Weise
entstandensind,weißmanzwarnichtmitabsoluterSicherheit,aber
es gibt zahlreiche Fakten, welche die Endosymbionten-Theorie
unterstützen:SosindZellorganellenwieMitochondrienundPlastiden
vonzweiMembranenumschlossen.DieäußereMembranentstammt
dabeivermutlichderPlasmamembranderWirtszelle,diesichbeider
Phagocytose um das eindringende Bakterium schloss. Die innere
Membran, die aus der Bakterienmembran entstanden sein könnte,
enthält bestimmte Lipide, Enzyme und Transportsysteme, die auch
heute noch in rezenten Plasmamembranen von Prokaryonten zu
finden sind. Die DNA der Organellen ist - wie bei Bakterien ringförmig.AußerdemkönnenOrganellennichtausdergenetischen
Information des Zellkerns gebildet werden, sondern vermehren sich
durchZweiteilungauseinander.DerTeilungsprozesserinnertanden
der Bakterien. Auch die Ribosomen der Zellorganellen ähneln in
ihrem Aufbau eher bakteriellen als eukaryotischen Ribosomen. Es
gibt allerdings auch Zellorganellen, die mehr als zwei
Hüllmembranen besitzen. Solche Plastiden, die unter anderem bei
BraunalgenoderKieselalgen(Diatomeen)zufindensind,passenauf
den ersten Blick nicht in dieses Denkmodell. Inzwischen vermutet
man aber, dass neben der “primären” noch eine “sekundäre”
Endosymbiose stattgefunden hat. Hierbei nimmt eine eukaryotische
Zelle eine andere eukaryotische Zelle mitsamt ihrer Organellen auf.
Der ursprüngliche Endosymbiont ist dann von der
Bakterienmembran,derMembrandererstenundderMembrander
zweiten Wirtszelle umschlossen. Endosymbiosen treten auch heute
nochauf.SokönneneinigemarineKieselalgenfakultativmitfädigen
Cyanobakterien in Symbiose leben. Auch hier wird der Symbiont ins
PlasmaderWirtszelleintegriert.Sowiederholtsichauchheutenoch
dieseArtderSymbiosealseinProzess,deramAnfangallenhöheren
Lebensstand.
BIENEMA JAUNDCO.
A
bei der Bestäubung profitieren beide Partner Es begann
zu Anfang der Kreidezeit und eigentlich war ein Raubzug
der Auslöser: Einige Käfer kamen auf die Idee, die
nahrhaftenPollenvonBlütenzufressen.Wennsiedanach
zurnächstenBlüteflogen,umdortweiterzufressen,transportierten
siemitunterzufälligeinigederPollenkörnermit.DieswarderBeginn
einerSymbiosezwischenBlütenpflanzenundTieren,diedasGesicht
derWeltbisheutenachhaltigveränderthat.WährendzuBeginnder
Beziehung der Vorteil noch klar auf der Seite der räuberischen
Insekten zu liegen schien, entwickelten die Pflanzen ihrerseits
Mechanismen, um die Insekten für ihre Zwecke zu gebrauchen. Sie
boten ihnen “billigen” Nektar statt des kostbaren Pollens und
profitierten von der schnellen und effektiven Übertragung des
Pollens auf andere Blüten. Die bestäubenden Insekten erhielten im
GegenzugNahrung.
Diese
symbiotische
Beziehungwarsoerfolgreich,
dass die insektenbestäubten
Angiospermen
(Bedecktsamer) sich während
der Kreidezeit gegen die bis
dahin
vorherrschenden
Koniferen durchsetzten. Ende
der Kreidezeit kam es zu
einem großen Artensterben,
viele
Gattungen
der
dominanten
Koniferen
verschwanden. Zusammen
mit
den
Dinosauriern
mussten
sie
ihre
BestäubungeinerBlüte©Dr.AntonioJ.
Vormachtstellung aufgeben,
Ferreira
an
ihre
Stelle
traten
SäugetiereunddieBedecktsamer.Manvermutet,dassvorallemdie
beschleunigte Evolution der Bedecktsamer, die eine schnellere
AnpassunganveränderteLebensbedingungenermöglicht,zudiesem
Erfolg beigetragen hat. Durch den Einsatz von Insekten als
Pollenüberträger können Angiospermen es sich leisten, viel kleinere
Populationen zu bilden, in denen Evolution schneller stattfinden
kann. Gymnospermen (Nacktsamer) dagegen sind auf große
Populationen angewiesen, damit die durch den Wind verteilten
Pollen mit größerer Wahrscheinlichkeit auf eine passende Blüte
treffen. Als Pollenüberträger werden bei den Bedecktsamern aber
nicht nur Insekten eingesetzt. Auch Vögel und Säugetiere, zum
Beispiel Fledermäuse, stehen in symbiotischen Beziehungen zu
Blütenpflanzen.DabeisinddieBlütenundihrejeweiligenBestäuber
oftmalsaneinanderangepasst.
LandebahnenfürInsekten
Bienenbestäubte Blüten haben häufig besondere Markierungen,
sogenannteSaftmale,dieesdenTierenerleichtern,denNektar-und
natürlichauchdieBestäubungsorgane-zufinden.Nichtimmersind
diese Signale auch für uns Menschen sichtbar, da wir im Gegensatz
zu Bienen nicht im UV-Bereich sehen können. Fledermausbestäubte
Blüten dagegen haben oft blasse Farben, denn die nachtaktiven
Fledermäuse wissen farbige Muster nicht zu schätzen, und
verströmen einen starken Geruch. Unter Bananenblüten befindet
sich ein starkes Tragblatt, so dass die im Fluge ungeschickten
Fledermäuse leicht darauf landen können. Rote Blüten, die keinen
Duft ausströmen, werden oft durch Vögel bestäubt, da Bienen kein
Rot sehen können. Nach verfaulendem Fleisch stinkende Blüten
locken Aasfliegen an. Teilweise entwickelt sich zwischen Blüte und
Bestäuber durch Koevolution eine solche Abhängigkeit, dass eine
Tierart nur noch eine ganz bestimmte Pflanzenart aufsucht. Der
Vorteilliegtdarin,dassdiePollenderPflanzemitSicherheitaufeine
“passende” Blüte der gleichen Art gelangt und nicht etwa an einer
völlig anderen Blüte haften bleibt und somit verloren geht. Der
Bestäuber hat dafür ein Monopol auf die Futterquelle. Eine solche
Koevolution findet man etwa bei einigen Kolibri-Arten, deren
Schnabel exakt die Form der zur Symbiose gehörenden Blüte hat.
Vögel mit anders geformten Schnäbeln können den Nektar am
Blütengrund nicht erreichen. Ein Nachteil dieser extremen
Anpassung liegt darin, dass das Verschwinden des einen Partners
das Aussterben des anderen zur Folge hätte. In der Beziehung
Blütenpflanze-Bestäuber
steht
jedoch
keineswegs
eine
“Freundschaft” im Vordergrund. Vielmehr herrscht ein stetiges
Konkurrenzverhältnis,beidemjederPartnerversucht,möglichstviel
für sich rauszuschlagen. Ein Beispiel sind Blüten mit gelben Flecken
auf den Kronblättern, die überdimensionale Pollenweiden
vortäuschen, dann aber nur wenig oder keinen Nektar anbieten.
Auch in der Natur ist eben jeder nur auf seinen eigenen Vorteil
bedacht.
HÖHERALSDASEMPIRESTATEBUILDING
R
achstum mithilfe von Symbionten Korallenriffe sind die
größtenvonLebewesengeschaffenenBauwerke.Keinvon
Menschen errichtetes Gebäude kann es mit diesen über
insgesamt 190 km² ausgebreiteten Kalkgebilden
aufnehmen. Zudem gehören sie zu den artenreichsten und
produktivsten Lebensräumen der Erde. Die Produktionsleistung
eines Korallenriffs übertrifft das Potential des umgebenden
KlarwassersumfastzweiZehnerpotenzen.SeineArtenvielfaltistnur
mit der des tropischen Regenwaldes zu vergleichen. Wissenschaftler
schätzen die Anzahl der Arten auf etwa 400.000, von denen bisher
erst 60.000 bekannt sind. Der Entstehung der riesigen Korallenriffe
wäre ohne eine Symbiose nicht möglich gewesen. Die meisten
riffbildenden Korallen gehören zu der Ordnung der Steinkorallen.
Einzellige Algen, sogenannte Zooxanthellen, leben dabei als
intrazelluläre Endosymbionten in den Zellen der Koralle, des Wirtes.
Sowohl die Algen als auch die Korallen profitieren von dieser
Beziehung: Die Zooxanthellen genießen einen erhöhten Schutz, da
sie sich permanent innerhalb der Zelle des Wirtes aufhalten und
somit eine Gefährdung durch Fraßfeinde wegfällt. Zusätzlich stehen
den Algen vermehrt anorganische Substanzen wie Phosphat,
Stickstoff und Kohlendioxid, dessen Partialdruck innerhalb der
Wirtszelle erheblich größer ist als im umgebenden Wasser, für die
PhotosynthesezurVerfügung.
Die von den Zooxanthellen durch
Photosynthese erzeugten Stoffe werden
teilweise ausgeschleust und gelangen
somit in das Cytoplasma des Wirtes.
Durch diese an den Wirt abgeführten
Stoffe kann ein erheblicher Anteil, bei
günstigen Bedingungen sogar der
gesamte Stoffwechselbedarf der Koralle,
durch die Symbionten gedeckt werden.
Sandkoralle©Teresa
Zuberbühler
Die Algen ihrerseits können sich diese
“Miete” an die Koralle leisten, da der eigene Energieverbrauch im
Vergleich zu freilebenden Formen, die mehr in Wachstum und
Fortpflanzung investieren müssen, gering ist. Zusätzlich wird durch
dieseSymbiosedasRiffwachstumgefördert.ZurKalkbildungmüssen
Calcium-Ionen
und
Kohlendioxid
zu
Calciumcarbonat
zusammentreten.DieAlgenbeschleunigendiesenProzess,indemsie
durch Photosysnthese Kohlendioxid verbrauchen und dieses dem
Reaktionsgleichgewicht entziehen. Die Korallen können mithilfe der
Symbiose leichter Kalk bilden, das Riff wächst schneller. Doch die
riesigen Korallenriffe sind heute in Gefahr. Durch die zunehmende
Emission von Treibhausgasen hat sich die Wassertemperatur der
Weltmeere in den letzten 100 Jahren um ein Prozent erhöht. Diese
Erwärmung führt bei den temperaturempfindlichen Korallen zu
einem Ausstoßen der Symbionten. Das durchscheinende Kalkskelett
lässt die Korallen ohne Algen weiß erscheinen. Daher wird das
Phänomen auch Korallenbleiche oder “coral bleaching” genannt.
Ohne die Symbionten ist der Stoffwechsel des Wirtes stark
geschwächt und oft sterben die Tiere ab, bevor sie erneut von
Zooxanthellen besiedelt werden können. Durch diese Trennung der
SymbiosepartnersterbenganzeRiffsystemeab.
Koralle©IMSIMasterclips
EVOLUTION
K
Fortschritt ohne Symbiose Die erste Auflage von Darwins
Buch “On the Origin of Species by Means of Natural
Selection”warbereitsamErscheinungstagausverkauft,die
zweite schon nach zehn Wochen. Auch heute noch wird
dieses Werk hochgeschätzt, gilt es doch als Grundstein der
Evolutionstheorie.
Als Ursachen für Evolution werden allgemein Mutation,
Rekombination und Selektion angesehen. Die Selektion als eine Art
Auswahl der am besten Angepassten kommt vor allem dann als
Evolutionsfaktor
zum
Tragen,
wenn
sich
etwa
die
Umweltbedingungen verändern. Der Genpool einer Population wird
sichzumBeispielbeieinerDürreperiodedahingehendändern,dass
die Organismen, die am besten mit dieser Situation fertig werden,
bevorzugt werden. Aber eine Änderung der abiotischen Umwelt ist
nichtdereinzigeAuslöserfüreineSelektionbestimmterOrganismen.
Auch Interaktion mit anderen Organismen führt zu Evolution. Eine
Bedrohung durch Fraßfeinde kann beispielsweise dazu führen, dass
die schnellsten Tiere die besten Überlebenschancen haben und
somit den größten Anteil der Gene an die nachfolgende Generation
weitergeben können. Neben einer Räuber-Beute-Beziehung gibt es
noch zahlreiche weitere denkbare Interaktionen zwischen
Organismen.
Etwa
die
Symbiosen.
Die
amerikanische
EvolutionsforscherinLynnMargulissagte
dazu: Symbiose hat den Kurs der
Evolution ähnlich stark beeinflusst, wie
die sexuelle Fortpflanzung. Beide haben
die Bildung neuer Individuen zur Folge,
welche die Gene von mehr als beiden
Elternteilen
tragen.
Die
Gene
symbiotischer Partner befinden sich in
großer Nähe, so dass die natürliche
Selektion sie wie eine Einheit behandelt.
Der Einfluss der Symbiose auf die
Evolution wird insbesondere bei der
Koevolution deutlich. So haben sich
zwischen Blüten und Bestäuber in
CharlesDarwin©IMSI
Masterclips
zahlreiche Anpassungen entwickelt.
Entstehen zum Beispiel Blüten mit
tieferen Kelchen, so gelangen Schmetterlinge mit langen Rüsseln
besser an den Nektar und werden daher von der Selektion
gegenüber Artgenossen mit kürzeren Rüsseln bevorzugt. Auch die
Endosymbiose war ein starker Motor der Evolution, bedeutete sie
docherstdieMöglichkeitzurBildungkomplexererZellen,ausdenen
sich im Laufe der Evolution sämtliche höhere Lebewesen
entwickelten. Ein weiteres Beispiel für die Symbiose als
Evolutionsbeschleuniger findet man bei Flechten. Wissenschaftler
haben entdeckt, dass Pilze, die im symbiotischen Verband mit
Grünalgen leben, eine sehr viel schnellere Evolution aufweisen, als
verwandte Formen, die ohne Symbiosepartner leben. Die DNA der
Flechtenpilze verändert sich schneller. Der Grund dafür liegt
vermutlich in der durch die Symbiose veränderten Lebensweise.
WährendsolitärlebendePilzemeistimBodenleben,habensichden
Pilzen in Symbiose mit Algen neue - oberirdische - Lebensräume
erschlossen.InihnenistdasPilzmycelderFlechteninvielstärkerem
AusmaßderUV-Strahlungausgesetzt,diezuMutationeninderDNA
führenkönnen.ZusätzlicherhöhenfreieRadikaledieMutationsrate.
Sie entstehen durch den von den Algen gebildeten Sauerstoff. Die
Bedeutung von Symbiosen im Zusammenhang mit der
Geschwindigkeit der Evolution demonstriert abermals, dass unsere
WeltohnedieExistenzvonSymbiosenwohleineganzanderewäre…
AMEISENALSGÄRTNER
P
ulturen unter der Erde Schwer trägt die
Blattschneiderameise an dem Stück Blatt, das sie eben
mithilfe ihrer scharfen Mundwerkzeuge von einem fast
einen Kilometer entfernten Baum geschnitten hat. Über
einenderEingängedessichübermehrals100Metererstreckenden
Nestes transportiert sie es in eine der zahlreichen Kammern. Aber
wozu? Blattschneiderameisen kultivieren Pilze. Die gesammelten
Blätter werden von den Arbeiterinnen zerkaut, der dabei
entstehendeBreiwirdinspeziellenPilzkammernausgelegt.
Darauf wachsen dann die Pilzfäden, die unserem Brotschimmel
ähneln. Nach einiger Zeit bilden sich nährstoffreiche Verdickungen
(Ambrosia-Körperchen),diesogenannten“Kohlrabiköpfchen”,dievon
den Ameisen abgeerntet werden. Mit der Pflege der Kulturen
verbringendieArbeiterinnenvielZeit:DiePilzhyphenwerdenständig
mit den Mundwerkzeugen bearbeitet - diese “Beschneidung” der
ErnteführtzueinerErtragssteigerung.DieAmeisenverhindernauch
ein Ausbreiten fremder Pilze, deren Sporen unweigerlich mit den
abgeschnittenen Blattstücken in das Nest eingetragen werden. Zu
diesem Zweck sind die Tiere noch eine weitere Symbiose zu
Bakterien eingegangen, die
ein Antibiotikum produzieren.
Dieses Antibiotikum schützt
nun
den
anderen
Symbiosepartner,
den
kultivierten Pilz, vor der
Ausbreitung
seiner
Konkurrenten.
Diese
Methode der Kultivierung
scheint
den
Blattschneiderameisen große
Erfolge
zu
bescheren.
Immerhin erreichen ihre
Kolonien eine gewaltige
Größe
von
mehreren
Millionen Arbeiterinnen. Der
angebautePilzistdabeivöllig
domestiziert.
Ohne
die
Symbiose zu den Ameisen ist
Blattschneiderameisen©Dr.RainerWirth
er nicht in der Lage, sich
selbstständig über Sporenbildung zu vermehren. Wird eine neue
Kolonie gegründet, so nimmt die Königin vor ihrem Hochzeitsflug
einige der Pilzfäden in ihrer Mundtasche auf. Nach der Begattung
bilden diese Fäden dann den Grundstock für eine neue Zucht. Die
Königin bringt beträchtliche Opfer auf, um dem Pilz zu raschem
Wachstum zu verhelfen. Bis die ersten Arbeiterinnen schlüpfen,
düngtdieKönigindenPilzmitihremKot.Sieselberernährtsichvon
ihren eigenen Eiern, auch die Larven werden mit Eiern gefüttert.
Dabei verliert sie ständig an Gewicht. Sie steht sozusagen in einem
Wettlauf zwischen dem Verhungern und der Aufzucht einer
genügend großen Gruppe von Arbeiterinnen, die ihr Überleben
sichert.
ALGENALSSKLAVENVONPILZEN?
F
ten - immer als erste da Als der erste Quastenflosser sich
mühsameinStückausdemWasserschleppte,wardasLand
schonnichtmehrunbesiedelt.DieFlechtenwarenschonda.
Auch heute noch sind Flechten immer die ersten, wenn es
darum geht, neu entstandene Lebensräume zu erschließen. Nach
einer Überflutung, einem Vulkanausbruch oder dem Zurückweichen
eines Gletschers sind Flechten oft die einzigen vielzelligen
Lebewesen, die in der Lage sind, unter extremen Bedingungen auf
kahlenFelsenzuüberleben.
Diese Pionierleistungen könnten Flechten nicht erbringen, wenn es
sichnichtumeineSymbiosehandelte-eineSymbioseausPilzenund
Algen. Dabei besitzen Flechten Fähigkeiten, welche nur die
Gemeinschaft besitzt, nicht aber die Alge oder der Pilz allein. Auf
felsigem Untergrund etwa fehlt das organische Substrat für
Pilzwachstum,fürAlgenwäredieGefahrderAustrocknungzuhoch.
Flechten dagegen besiedeln selbst diese unwirtlichen,
konkurrenzarmen Lebensräume, wo sie von nichts anderem als der
Luft zu leben scheinen. Für diese Beziehung mag demnach der
klassischeSatzausderSystemtheoriegelten:EinSystemistmehrals
die Summe ihrer Teile. Flechten sind
nicht nur entscheidend bei der
Primärbesiedelung von Standorten, sie
spielen auch eine wichtige Rolle bei der
Verwitterung der Gesteine. Von Flechten
produzierte Säuren greifen den
Untergrund an, Pilzhyphen dringen in
feinste Risse, der Fels erodiert langsam.
Placopsisgelida-eineFlechte
Mit der Zeit sammelt sich organisches
©BéatriceSenn-Irlet
Material an, Erde und abgestorbene
Flechten. Auf diesem humusreichen Substrat können dann höhere
Pflanzenansiedeln.
Superorganismus
WieaberschaffenFlechtenalldas?WieentstehtausPilzenundAlgen
ein solcher “Superorganismus”? Vielleicht liegt die Besonderheit
dieserBeziehungdarin,dasssichzweisehrunterschiedlichePartner
zusammengetan haben. Die Alge (Grünalge oder Cyanobakterium)
übernimmt dabei die Versorgung mit organischen Verbindungen
durch Photosynthese. Die gebildeten Kohlenhydrate werden zu
einem großen Teil an den Pilz abgegeben. Handelt es sich bei den
Symbionten um Cyanobakterien, so fixieren diese zusätzlich noch
StickstoffausderLuft.ImGegenzugschütztderPilzdieAlgenvorzu
hoher UV-Strahlung, bildet giftige Verbindungen als Fraßschutz,
absorbiert Mineralstoffe und sorgt für die Aufnahme und
SpeicherungvonWasser.SoharmonischdasZusammenlebenbeider
Partner auch scheinen mag, einige Wissenschaftler sind der
Auffassung, dass es sich bei der Beziehung eher um eine Art
Versklavung als um ein friedliches Miteinander handelt. Für diesen
“kontrollierten Parasitismus”, die Ausbeutung der Algenzellen durch
dasPilzmycel,sprecheneinigeHinweise.SoistetwanurderPilzzur
sexuellen Reproduktion befähigt. Die Algen, die eher die Rolle von
Nutzpflanzenzuspielenscheinen,vermehrensichreinvegetativ.Ein
weiterer Hinweis ist die Abgabe von Kohlenhydraten an die
umgebenden Pilzzellen. Die Zellen der Alge Trebouxia sezernieren
zwarauchinfreilebenderFormKohlenhydrate,jedochmachtdieser
Anteil nur etwa acht Prozent der Photosyntheseprodukte aus. In
Symbiose mit dem Pilz dagegen werden 40 prozent nach außen
abgeführt. Fest steht auch, dass der Algenpartner zwar durchweg
auch ohne den Symbionten überleben kann, das Pilzmycel dagegen
ist ohne Symbiose zur Alge in der Regel nicht lebensfähig. Vielleicht
hat das Ergreifen der Alge durch die auskeimende Pilzspore daher
tatsächlichdenCharaktereiner“gewaltsamenAneignung”.
FREISPRUCHFÜRDIETERMITEN
E
Symbiose mit drei Partnern Termiten - wer denkt da nicht
zuerst an durchlöcherte Möbel, zerfressene Böden und
ausgehöhlte Balken. Schon seit der Antike haben die
holzfressenden Termiten den Menschen zu schaffen
gemacht. So sagt man ihnen nach, fast das gesamte kulturelle Erbe
Ägyptens,dasaufPapyrusfestgehaltenwar,vernichtetzuhaben.Im
19. Jahrhundert sollen sie die Artillerielafetten in den Depots der
FranzosenaufdenAntillenausgehöhlthaben.DieEngländerwerden
es ihnen bei ihrem Angriff auf die Franzosen gedankt haben. Aber
auch heute noch sorgen Termiten für Ärger. Da sie sich auf der
Suche nach Futter auch durch die Gummi-Isolierung elektrischer
Kabel fressen, legten Termiten bereits die Steuerung der Schleusen
desPanamakanalslahm.UndnichteinmalvordemVatikanmachen
die Tiere halt: Seit einigen Jahren vergreifen sie sich dort an den
Büchern der Bibliothek. Doch die Termiten müssen - zumindest
teilweise - von diesen “Sünden” freigesprochen werden. Denn nicht
siealleinesinddieÜbeltäter.
Ohne eine Symbiose wären
auchdieTermitennichtinder
Lage, Holz zu fressen.
Termiten selber besitzen
keineVerdauungsenzyme,die
die Cellulose des Holzes
spalten können. In den
Blindsäcken
ihres
Hinterdarmes leben aber
symbiotische
Protozoen
(Einzeller),
wie
der
Zooflagellat Trichonympha.
Die Flagellaten nehmen die
von
den
Termiten
Termiten©H.VannoyDavis
zerkleinertenHolzpartikelauf.
Für die eigentliche Cellulosespaltung sind jedoch primär Bakterien
verantwortlich, die wiederum als Symbionten im Zellplasma der
Flagellaten leben. Die von ihnen bei der Cellulosespaltung
freigesetzten Nährstoffe kommen dann den Termiten zugute. Diese
faszinierende
Symbiose
besteht
also
zwischen
drei
Organismengruppen. Die symbiotischen Mikroorganismen werden
unter den Termiten über den Austausch von Flüssigkeiten zwischen
After- und Mundöffnung, die sogenannte anale Trophalaxis, an die
anderen Nestbewohner weitergegeben. Nach der Häutung, bei der
auch die Innenwände des Enddarms erneuert werden, müssen die
Termiten ihre Symbionten durch Kotfressen jedesmal wieder neu
aufnehmen.Unddasallesnur,umunsdasHolzwegzufressen?Nein,
natürlich nicht. Termiten sind äußerst nützliche Komponenten ihres
natürlichen Lebensraumes. Nicht umsonst nennt man sie die
Regenwürmer der Tropen. Durch ihre Grabarbeit lockern sie den
Boden auf, verwerten abgestorbenes Pflanzenmaterial und düngen
mit ihrem Kot den Boden. Die Nährstoffe von Holz- und
Pflanzenteilen können durch Termiten sehr viel schneller wieder in
den Nährstoffkreislauf gelangen als allein durch Verrottung. Die
BedeutungderTermitenerkanntenschondietraditionellenKulturen
derTropen,indenenTermitenhügelvonMenschensorgsamgehütet
undaufdenSohnweitervererbtwurden.
EINUNGLEICHESPAAR
D
rundel als Alarmanlage Wer kennt sie nicht aus Jaques
Costeau-Reportagen,dieamfrühenNachmittaginden
dritten Programmen im Fernsehen wiederholt werden:
Den Krebs und die Grundel, eines der wohl
bekanntesten Symbiosepärchen. Auf den ersten Blick scheint die
Beziehung der beiden nicht sehr gerecht zu sein. Der Krebs der
Gattung Alpheus gräbt fleißig den ganzen Tag an einer Wohnröhre.
SandundSteinchenwerdenmitdenScherenumgeschichtetundvor
dem Eingang der Höhle aufgeschüttet. Der Fisch (Gattung:
Cryptocentrus)dagegenscheintnichtszutun,außerdieWohnröhre
des Krebses bei Bedarf mitzubenutzen. Dieser Eindruck täuscht
natürlich.Auchhierprofitieren,wiebeijederechtenSymbiose,beide
PartnervonderBeziehung.DerVorteilderGrundelistoffensichtlich.
Bei drohender Gefahr kann sie sich in der vom Krebs gebauten
Höhle in Sicherheit bringen. Zudem benutzt der Fisch oft den vom
Krebs aufgeschütteten “Aussichtshügel” vor dem Eingang der
BehausungalsBeobachtungsstandpunkt.
Aber auch der altruistisch anmutende
Krebs geht nicht leer aus. Im Gegensatz
zu anderen Krebsen befinden sich die
Augen der Alpheidae nicht auf
beweglichen Stielen, so dass die
Sehfähigkeit
der
Tiere
stark
eingeschränktist.Daherhältdernahezu
blinde Krebs mit den Antennen ständig
Kontakt zum Symbiosepartner. Er
Knallkrebs©Dr.med.Rüdiger
Verhasselt
verlässt
die
Wohnhöhle
mit
vorgestreckten Antennen. Sobald diese die Schwanzflosse der vor
der Höhle postierten Grundel berühren, antwortet der Fisch mit
rhythmischen Schwanzschlägen. Keine Gefahr im Verzug. Der Krebs
kann die Wohnröhre getrost verlassen, hält aber außerhalb der
Höhle stets mit einer der langen Antennen Kontakt zu dem
wachendenFisch.DieGrundelwirdbeinahenderGefahrnervösund
zuckt mit After- und Rückenflossen. Diese Signale oder aber einen
Abbruch der Kommunikation zum Fisch veranlassen den Krebs zum
sofortigen Rückzug in die schützende Höhle. Ist die Gefahr akut,
flüchtet auch der Fisch mit in die vom Krebs angelegte Wohnröhre.
Nach Abklingen der Gefahr verlässt zuerst die Grundel die Höhle
wieder,umdasTerrainerneutabzusichern.
MITFAHRGELEGENHEITGEGENSCHUTZ
E
Abmachung
zwischen
Einsiedlerkrebsen
und
Anemonen Eine weitere klassische Symbiose findet sich
beim Zusammenleben von Einsiedlerkrebsen und
Anemonen. Einsiedlerkrebse sind dafür bekannt, dass sie
ihrenweichenHinterleibinleerenSchneckenhäusernverstecken.Auf
dieseWeiseistdasnichtvoneinemstarkenChitinpanzerumgebene
Abdomen vor Fraßfeinden geschützt. Dieses “Schneckenhaus” trägt
der Krebs ständig mit sich. Bei drohender Gefahr kann er sich ganz
in die Schale zurückziehen und den Eingang mit den Spitzen seiner
Scheren verschließen. Der Einsiedlerkrebs verlässt seine Behausung
erstdann,wennerdazugezwungenwird.
ZumBeispielweilerzugroßgewordenist.DadieZeitdesUmzuges
voneinemSchneckenhausindasnächsteihneinemRisikoaussetztschließlich ist der Hinterleib in dieser Zeit ungeschützt - geht der
Wechsel so schnell wie möglich vonstatten. Erst nachdem der Krebs
eine neue passende Schale gefunden hat, verlässt er die alte und
kann so innerhalb weniger Sekunden in einem neuen
Schneckenhaus
verschwunden sein. Doch
einige der Vertreter der
Einsiedlerkrebse, besonders
in den Tropen beheimatete
Formen, haben zusätzlich
einen
weiteren
Schutzmechanismus
entwickelt.
Sie
tragen
Anemonen
auf
den
Schneckenhäusern, die mit
ihren giftigen Nesselzellen
der Feindabwehr dienen. Die
Anemone profitiert ebenfalls
von dieser Partnerschaft, da
EinsiedlerkrebsimSchneckenhaus©IMSI
siesichdieMobilitätundden
Masterclips
Beuteerwerb des Krebses,
von dem immer einige Nahrungspartikel übrig bleiben, zunutze
macht. Dabei lassen sich manche Anemonen selbstständig auf den
Gehäusen der Krebse nieder, andere werden vom Krebs auf die
Schale gesetzt. In den meisten Fällen handelt es sich hier um eine
fakultative Symbiose, die beiden Partner können also auch getrennt
überleben.BeieinigenArtenaberistdiePartnerschaftobligatorisch,
dieadultenTieretretengarnichtmehrisoliertauf.
WIEEINEFESTUNGVERTEIDIGT
V
meisendieaufAkazienlebenWennmanesdaraufanlegt,
sich eine ganze Ameisenkolonie zum Feind zu machen,
sollte man versuchen, einer Akazie Schaden zuzufügen.
Das klappt bestimmt, wenn es sich um eine der
Akazienarten handelt, die in Zentral- und Südamerika eine
faszinierende Symbiose mit Ameisen der Gattung Pseudomyrmex
eingegangensind.
Die Ameisen leben auf den Akazien, die ihnen Kost und Logis
gewähren. Die Dornen der Bäume, die innen hohl sind, bieten den
AmeisenidealenSchutz.AusNektarienanderBlattbasissondertdie
Akazie einen zuckerhaltigen Nektar ab, von dem sich die Ameisen
ernähren. Zusätzlich wachsen aus den Blattspitzen die sogenannten
Beltschen Körperchen, protein- und vitaminreiche Anschwellungen,
die von den Ameisen leicht abgeerntet werden können. Dieser
abwechslungsreiche Speiseplan gewährleistet, dass die Tiere sich
nichtandenBlütenvergreifen.WasaberbietetdasAmeisenvolkals
Gegenleistung? Akazien sind zwar durch die großen Dornen bis zu
einem gewissen Grad vor großen Pflanzenfressern geschützt, nicht
aber vor blattfressenden Insekten. Diesen Schutz gewährleisten die
Ameisen, die sämtliche Eindringlinge vertreiben. Mit ihrem giftigen
Sekret bekämpfen sie eindringende Insekten. Zusätzlich beseitigen
die Ameisen Spinnweben, Staub und
Pilzsporen, die dem Baum schaden
könnten. Aber nicht nur das: Es wurde
beobachtet, dass im Umkreis von 40
Zentimetern um die Akazie sämtliche
dort wachsende Pflanzen so lange
attackiert wurden, bis sie starben.
Teilweise werden sogar angrenzende
Bäume völlig entlaubt. Somit kommen
Akazie©CameronMoller
alleNährstoffedesumgebendenBodens
alleinderAkaziezu.TriebevonbenachbartenBäumen,diezufälligin
die Akazienkrone hineinwachsen, werden von den Ameisen
abgeschnitten.DieTierescheinenvornichtshaltzumachen,wennes
um die Verteidigung “ihrer” Akazie geht. Selbst Säugetiere, die sich
demBaumnähern,werdenangegriffenundgebissen.IndieWunde
wird Ameisensäure gespritzt, was beim Angreifer zu schmerzhaften
Stichenführt.AuchMenschen,dieAkazienameisenzunahekommen,
werdendieSticheinArmenundHändenzuspürenbekommen.
BAKTERIENÜBERALL
O
BakteriengehtesnichtHättediegesamteErdgeschichte
aneinemeinzigenTagmit24Stundenstattgefunden,so
wären die ersten Bakterien bereits um 4:00 Uhr
morgensentstanden.GerademalvierStundennachder
Entstehung unseres Planeten. Die ersten Eukaryonten, aus denen
später einmal alle vielzelligen Lebewesen entstehen sollten, tauchen
dagegen erst am späten Nachmittag so gegen 16:00 Uhr auf. Den
Menschen gibt es noch nicht einmal seit zwei Sekunden, aber die
Bakterien herrschten ganze zwölf Stunden lang völlig alleine auf
diesemPlaneten.
Bakterien-dieheimlichenHerrscher
Und im Grunde beherrschen sie ihn auch heute noch. Allein in
unserem Mund oder in einer Handvoll Erde gibt es mehr Bakterien,
als jemals Menschen gelebt haben. Bakterien sind sehr
widerstandsfähig.AlsSporenkönnensiemehrstündigesKochenoder
Tiefkühlung ohne Schaden überstehen oder lange Zeiträume
problemlos überdauern. So wurden nahe der sibirischen Stadt
Irkutsk lebende Bakterien gefunden, deren Alter durch radioaktive
Messungenauf500MillionenJahredatiertwurde.ObAntarktisoder
Tiefsee, es gibt keinen belebten Raum, an dem es nicht auch
Bakterien gibt. Bakterien vermehren sich extrem schnell, bei
günstigen Bedingungen teilen sie sich alle 20 - 30 Minuten. Bei
ungehemmtemWachstumkönntendemnachinnerhalbvonwenigen
TagensovieleBakterienentstehen,dassdieganzeErdevoneiner30
Zentimeter hohen Schicht bedeckt wäre. Unter natürlichen
Bedingungen aber wird diesem exponentiellen Wachstum durch
Platz- oder Nährstoffmangel und durch Anreicherung toxischer
StoffwechselproduktevorzeitigeinEndegesetzt.Wenwundertesda
noch, dass auch in einem Großteil aller symbiotischen Beziehungen
BakterienalsSymbiosepartnerfungieren.EinLebeninderForm,wie
es heute auf der Erde existiert, wäre ohne Symbiosen zu Bakterien
kaum denkbar. Nicht nur, dass sie bestimmten Pflanzen zu einer
gesteigerten Stickstoff-Aufnahme verhelfen oder im Darm eines
jeden Tieres wichtige Aufgaben bei der Verdauung leisten - ohne
Bakterien als Endosymbionten in jeder einzelnen Zelle unseres
Körpers, in jeder einzelnen Zelle jedes Lebewesens, das kein
Bakteriumist,gäbeesunsnochnichteinmal.
PFLANZENFRESSENWILLGELERNTSEIN
W
ühe und Koalas gemeinsam haben Ein leichter Wind
bewegt die Grashalme auf der Wiese. Plötzlich lassen
schwereSchrittedenBodenerschüttern,einSchatten
verdunkeltdieMorgensonne.MiteinemRuckwirdein
Büschel Gras von Schneidezähnen und Kauplatte ausgerissen und
verschwindetimMauleinerKuh.DortwirddasGrasbüschel-nurein
kleinerTeilder70Kilogramm,diedasRindimLaufedesTagesnoch
fressen wird - mit viel Speichel vermengt und geschluckt, nahezu
unzerkaut.
Für die Kuh hat diese Art der schnellen Nahrungsaufnahme den
Vorteil, dass sie sich nicht unnötig lange beim Fressen Feinden
aussetzt, sondern später in sicherer Umgebung die Nahrung
wiederkäut. Doch zurück zum Gras. Inzwischen ist es bereits durch
die Speisekammer in den Pansen gelangt. In dieser großen
Magenkammer, die bis zu 200 Liter fassen kann, leben einige
Milliarden Bakterien und Ciliaten. Diese symbiotischen
Mikroorganismen spalten mit Cellulasen die sonst für die Kuh
unverdaulichen Cellulosebestandteile des Grases. Als Nebenprodukt
sonderndieBakteriendabeiFettsäurenab.OhnedieseHilfekönnte
das Rind die pflanzliche
Nahrung überhaupt nicht
verwerten. Weitere Bakterien
verwerten Harnstoff, der aus
der Blutbahn in den Pansen
eintritt, zur Proteinsynthese.
Für diese Mithilfe an der
VerdauungbietetdieKuhden
Mikroorganismen
ideale
Bedingungen zum Leben: Im
Pansen und Netzmagen, die
als Gärkammer fungieren,
liegt die Temperatur bei 3739°C,esherrschenanaerobe
BedingungenundNahrungin
Form von Pflanzenmaterial
wird ständig nachgeliefert.
Dazu
neutralisiert
der
Speichel
der
Rinder
anorganischeSäuren,dieden
Bakterien schaden könnten,
Koala©IMSIMasterclips
der pH-Wert liegt konstant bei 6,5. Diese guten Bedingungen
erlauben ein exponentielles Wachstum der Bakterien. Pro Milliliter
finden sich daher bis zu 10 000 000 000 Mikroorganismen im
Magensekret. Nachdem unser Grasbüschel von den Cellulasen
zahlreicher Bakterien attackiert wurde, wird es erneut hochgewürgt
und nochmals im Mund zerkaut. Durch diese mechanische
Zerkleinerung bietet sich den abbauenden Enzymen eine größere
Angriffsfläche. Der Grasbrei wird erneut geschluckt und gelangt
diesmalindenBlättermagen,woihmWasserentzogenwird.Danach
gehtesindenletztenMagen,denLabmagen,wodieKuhdendurch
Cellulasen vorverdauten Speisebrei mit ihren eigenen Enzymen
weiter verdauen kann. Dabei gelangen mit dem Grasballen auch
unzähligeBakterienindenLabmagen,dieebenfallsverdautwerden
und eine wichtige Proteinquelle für die Kuh bilden. Diesen Verlust
kann die Bakteriengemeinschaft leicht verkraften, sorgt doch das
exponentielleWachstumfüreinestabilePopulation.Wasaberhaben
KoalabärenmitderganzenSachezutun?AuchderKoalanimmtden
ganzen Tag ausschließlich pflanzliche Nahrung auf. In den
Eukalyptusblättern befindet sich ebenfalls Cellulose, die nicht ohne
symbiotischeBakterienverdautwerdenkann.BeimKoalabärendient
der extrem lange Dünndarm als Gärkammer. Cellulasebildende
Bakterien sind also nicht nur Symbionten von Kühen, sondern sind
essentiellfürjedenPflanzenfresseraufderErde.
WIEIMPARADIES
B
rien als Symbionten des Menschen Bakterien sind nicht
nur Auslöser von Krankheiten oder Bestandteile von
probiotischenJoghurts-siesindauchunsereSymbionten.
Der menschliche Darm beherbergt etwa zehn bis 100
MilliardenBakterien.UnddabeibestehtunserKörper“nur”auseiner
Milliarde Zellen - rein zahlenmäßig sind wir also den Bakterien
unseresDarmsunterlegen.WasfürAdamundEvadasParadieswar,
ist wohl für die etwa 400 Bakterienarten, die in uns siedeln, unser
Darm. Dort finden sie ideale Bedingungen vor. Ein nahezu
unerschöpflicher Reichtum an Nahrung und ein sauerstofffreies
Milieu, wie sie es für ihren anaeroben Stoffwechsel benötigen. Den
Bakteriengehtesalsogut,aberwasistmituns?
Auch der Mensch profitiert von dieser Symbiose. Einige
Stoffwechselprodukte
und
Verdauungsmechanismen
der
Mikroorganismen sind dem Menschen von Nutzen. So geschieht
unsere Versorgung mit Vitamin K mit Hilfe der Darmbakterien.
Zusätzlich werden organische Säuren
und Bacteriocine produziert, die
keimtötend oder wachstumshemmend
wirken. Dadurch wird es für neu
eingeschleppte Bakterien, die eventuell
Krankheitserreger
sein
könnten,
schwieriger,imDarmzuüberleben.Eine
wichtige Funktion ist in diesem
Zusammenhang auch die sogenannte
Barrierefunktion. Die vorhandenen,
unschädlichen Bakterien fungieren als
“Platzhalter”, und lassen anderen,
E.coliimDarm©Dr.Brett
Finlay
potentiell schädlichen Mikroorganismen,
keinen
Raum
sich
anzusiedeln.
Ungeborene Kinder haben noch einen völlig sterilen Darm. Die
Besiedelung mit Bakterien beginnt in den ersten Stunden nach der
Geburt. In Kontakt mit der Umwelt und vor allem über die
Muttermilch nimmt das Neugeborene die Mikroorganismen auf.
ProblematischfürdenMenschenwirdes,wenndieSymbiosegestört
wird. Die Verabreichung von Antibiotika führt auch zu einem
Absterben der Bakterien des Darmes, wodurch sich pathogene
Bakterien leichter ausbreiten können. Seit etwa 1982 macht eine
infektiöseVariantedesansonstenharmlosenEscherichiacoli(E.coli)
Bakteriums von sich reden. Diese enterohämorrhagische E. coli
(EHEC) produziert toxische Substanzen, wodurch es zu
NierenversagenundHarnvergiftungführenkann.IndenUSAbekam
die Seuche den bezeichnenden Namen “Big-Mac-Attack”, da die
Bakterien unter anderem durch den Verzehr von zu kurz gegartem
Fleischübertragenwerden.
LICHTAN
L
tkraft dank Bakterien Geduldig wartet der Anglerfisch auf
dem Grunde des Meeres. In diese Tiefe dringt kein
Sonnenlicht hinab - es ist dunkel. Dunkel bis auf die
leuchtende Kugel, die sich vor dem Maul des Fisches leicht
in der Strömung bewegt. Das Leuchten dieser Kugel, die sich auf
einem Körperanhang des Anglerfisches befindet, dient dem Räuber
als Köder. Sobald ein neugieriger Fisch den Fehler macht, dem
leuchtenden Gebilde zu nahe zu kommen, schnappt das Maul des
Anglerfischesblitzschnellzu.
Diese kräftesparende Jagd verdankt das Tier einem in der Tiefsee
weit verbreiteten Phänomen: der Biolumineszenz. Die Lumineszenz
wird vielseitig eingesetzt, nicht nur zum Beutefang. Bei einigen
QuallendienenschillerndeStreifenalsSignalfürdiePaarungoderdurchplötzlichesAufblinken-alsSchutzvorRäubern.Laternenfische
nutzen das Lumineszenz-Licht als eine Art Taschenlampe,
möglicherweise zur Nahrungssuche. Andere Tiere, deren
Biolumineszenz-Organe an der Unterseite liegen, schützen sich auf
dieseWeisevorRäubern,dasiesovonuntennichtgegendashellere
Oberlicht als dunkler Schatten erkannt werden können. Aber
Lumineszenzfindetmannicht
nur in der Tiefsee, sondern
auch an Land. Auch Pilze
können
leuchten,
um
Insekten zur Verbreitung
ihrer Sporen anzulocken und
Leuchtkäfer (Glühwürmchen)
nutzen das Leuchten zur
Partnersuche.
Der
Mechanismus
der
Lichterzeugung ist bei allen
Tieren gleich. Chemische
Energie wird mit hoher
Bioluminiszenz©NOAA
Quantenausbeute
in
Lichtenergie verwandelt. In der Regel oxidiert das Enzym Luciferase
dabei eine Substanz (Luciferin). Bei dieser Reaktion werden
Lichtquanten unter Verbrauch von ATP freigesetzt. Unter den
Tiefseebewohnern nutzen über zwei Drittel die Lumineszenz. Einige
besitzen körpereigene photogene Zellen. Diese Art der
Lichterzeugung wird primäres Leuchten genannt. Die meisten von
ihnen nutzen jedoch das sekundäre Leuchten. Die körpereigenen
Zellen sind nicht zur Lichterzeugung befähigt, diese Aufgabe
übernehmen
symbiotische
Bakterien.
Der
Korallenfisch
PhotoblepharonzumBeispielbeherbergtinseinenunterdenAugen
gelegenen Leuchtorganen Bakterien, die außerhalb des Organes
nicht überleben könnten. Als Gegenleistung für das erzeugte Licht
werden sie mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Anders als bei
primärem Leuchten, wo die Leuchtaktivität ein- und ausgestellt
werden kann, kann der Korallenfisch den Bakterien nicht befehlen,
das Licht bei drohender Gefahr zu löschen. Er kann es aber
verdecken,indemereineHautfalteüberdasleuchtendeOrganzieht.
Auch in der Forschung hat man die vielseitige Nutzbarkeit der
Lumineszenz bereits entdeckt. Eine neue Technik, in der das
Phänomen der Lumineszenz genutzt wird, soll den Tuberkulose-Test
revolutionieren.BisherdauerteesdreiMonate,bisdieKulturenvon
tuberkulose-auslösenden Bakterien so weit gewachsen waren, dass
ein Antibiotikum gefunden werden konnte, gegen das der Stamm
nicht resistent ist. Wird aber ein Gen in die DNA der entnommenen
Bakterien insertiert, welches die Information für die Bildung des
Enzyms Luziferase codiert, so eröffnen sich neue Möglichkeiten.
Schon eine zwei Tage gewachsene Kultur enthält genug Zellen, um
mit empfindlichen Luminometern Lichtbildung festzustellen, sobald
Luciferin als Substrat der Kultur zugegeben wird. Nun können
verschiedeneAntibiotikagetestetwerden.StopptdieLichterzeugung,
so war der Stamm nicht resistent. Eines Tages werden auf diese
WeisevielleichtdiedreiMillionenMenschengerettetwerdenkönnen,
die heute noch jährlich an Tuberkulose sterben. Eine weitere
Anwendungsmöglichkeit der Biolumineszenz liegt im Bereich der
Umweltanalytik. So kann etwa die Wassergüte mithilfe leuchtender
Symbiosebakterien ermittelt werden. Bei großen Schadstoffmengen
wird weniger Licht produziert. Noch sind die Möglichkeiten, uns die
Fähigkeiten der Tiefseebewohner und ihrer Symbionten zunutze zu
machen,beiweitemnichtausgeschöpft…
NAHRUNGSERGÄNZUNGBEILEGUMINOSEN
S
stoff-FixierungindenWurzelknöllchenAlleLebewesensind
aus Proteinen aufgebaut. Proteine setzen sich aus
Aminosäuren zusammen. Jede Aminosäure enthält
Stickstoff. Stickstoff ist zwar in der Atmosphäre reichlich
vorhanden (fast zu 80 Prozent), zur Aminosäuren-Synthese kann
allerdingsnurfixierterStickstoffinFormvonAmmoniumoderNitrat
verwendet werden. Die einzigen Lebewesen, die in der Lage sind,
Luftstickstoff zu binden, sind Bakterien. Das Problem bei der
Fixierung von atmosphärischem Stickstoff ist die Lösung der
Dreifachbindung zwischen den beiden Stickstoff-Molekülen, die zu
den stärksten kovalenten Bindungen biologisch bedeutsamer
Moleküle zählt. Die Nitrogenase, die die Reduktion zu Nitrat
katalysiert, benötigt umgerechnet zehn Gramm Glucose für jedes
Gramm fixiertem Stickstoff. Dennoch ist die Leistung dieses
Enzymkomplexes bewundernswert, verglichen mit der industriellen
Synthese von Nitrat. Bei diesem sogenannten Haber Bosch
VerfahrenwerdenTemperaturenvon400-600°Cbenötigt,derDruck
beträgt200atm.TrotzdemliegtdieAusbeutemitnur12Prozentweit
unterdem,wasdieNitrogenasebeieinerTemperaturvon20°Cund
unter Normaldruck schafft. In der Regel gewinnen Pflanzen den
benötigten Stickstoff in Form von Nitrat, das von Bodenbakterien
gebildetwurde,ausderErde.DieseBeziehunghatsichbeiPflanzen
der Familie der Schmetterlingsblütengewächse (Fabaceae) vertieft.
Hier leben stickstoff-fixierende Bakterien der Gattung Rhizobium
direkt in bestimmten Bereichen der Wurzel, den Wurzelknöllchen.
Die Beziehung ist wirtsspezifisch, jede Pflanze ist also mit einer
eigenen Spezies der Bakterien vergesellschaftet. Wieder profitieren
beide Partner an der Symbiose. Der pflanzliche Wirt wird mit
fixiertem Stickstoff versorgt. Die Bakterien erhalten dafür
Kohlenhydrate und andere organische Verbindungen von den
Pflanzenzellen.
KoordinierteAktivitäten
Interessant bei dieser Symbiose sind die
koordinierten Aktivitäten der beiden
Partner. Das zeigt sich bereits bei der
Infektion der Wurzel durch die
Bakterien.
Durch
chemische
Verbindungen, die die Wurzelzellen
absondern, werden die beweglichen
Rhizobium-Bakterien angelockt. Durch
dieses Signal wird im Bakterium ein
Leguminose©BrotherAlfred
bestimmtes Gen aktiviert (das NodD
Brousseau
Gen), welches weitere beteiligte Gene
reguliert. Dadurch werden auch von den Bakterien chemische
Signaleausgesendet,dienunbeiderPflanzedazuführen,dasssich
die Wurzelhaare um die Bakterienpopulation krümmen. Die
Bakterien verdauen die Zellwand des Wurzelhaares und dringen in
einem Infektionsschlauch in die Zelle ein. Innerhalb des
Infektionsschlauches wandern sie bis in die Wurzelrinde. Diese
Infektion induziert in der Pflanze Zellteilungen und die Bildung von
Schwellungen, den sogenannten Wurzelknöllchen. Innerhalb dieser
Wurzelknöllchen liegen die Bakterien als Bakteroide ohne äußere
Zellwand vor. Von den Knöllchen aus führt Leitgewebe in den
Zentralzylinder der Wurzel, in dem die gebildeten Aminosäuren
abtransportiertwerden.DieengeBindungderBeziehungwirdauch
in der Synthese des Moleküls Leghämoglobin deutlich. Dabei stellen
Pflanze und Bakterien jeweils einen Teil des Enzyms her. Die
Proteinkomponente ist im pflanzlichen Genom codiert, die des
dazugehörendenPorphyrinringesdagegenimGenomderBakterien.
Leghämoglobin liefert einerseits Sauerstoff für die Zellatmung, bei
der ATP entsteht, das zur Stickstoff-Fixierung benötigt wird.
Andererseits lagert es sich um die Bakteroide und fängt Sauerstoff
ab.DadurchwirddieKonzentrationanfreiemSauerstoffimBereich
der Bakteroide deutlich reduziert, was der Aktivität der Nitrogenase
zugute kommt, denn dieses Enzym ist sehr sauerstoffempfindlich.
Von wirtschaftlicher Bedeutung ist diese Symbiose im
Zusammenhang mit der Gründüngung. Da überschüssiges
Ammonium wieder ausgeschieden wird, nimmt der Stickstoffgehalt
des Bodens zu. Beim Fruchtwechsel werden jährlich abwechselnd
Nicht-Leguminosen und Leguminosen angebaut, wobei die
Leguminosenwiederuntergepflügtwerden,umdieStickstoff-Zufuhr
in den Boden noch zusätzlich zu verstärken. In vielen asiatischen
Ländern wird beim Reisanbau die symbiotische Stickstoff-Fixierung
indirekt eingesetzt. In den Reisfeldern werden Wasserfarne der
Gattung Azolla kultiviert. Dieser Farn steht nicht in Symbiose mit
Rhizobium, sondern mit stickstoff-fixierenden Cyanobakterien.
DadurchwirdderGehaltanfixiertemStickstoffimReisfelderhöht,es
kommtzueinerErtragssteigerung.Auchhieristeswiedereinmaldie
Symbiose, die eine ertragreiche Landwirtschaft überhaupt erst
ermöglicht.
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