01|Überuns scinexx.de-DasWissensmagazin scinexx®-sprich['saineks],eineKombinationaus“science”und“next generation”-bietetalsOnlinemagazinseit1998einenumfassenden Einblick in die Welt des Wissens und der Wissenschaft. Mit einem breiten Mix aus News, Trends, Ergebnissen und Entwicklungen präsentiert scinexx.de anschaulich Informationen aus Forschung undWissenschaft. DieSchwerpunktthemenliegenindenBereichenGeowissenschaften, Biologie und Biotechnologie, Medizin, Astronomie, Physik, Technik sowie Energie- und Umweltforschung. Das Internetmagazin spricht allewissbegierigenUseran-obinBeruf,StudiumoderFreizeit. scinexx wurde 1998 als Gemeinschaftsprojekt der MMCD NEW MEDIA GmbH in Düsseldorf und des Heidelberger Springer Verlags gegründet und ist heute Teil der Konradin Mediengruppe mit dem bekannten Magazin Bild der Wissenschaft sowie den Wissensangeboten:wissen.de,wissenschaft.de,scienceblogs.de, natur.deunddamals.de. 02|Inhalt 01 02 ÜBERUNS INHALT 03 SYMBIOSEN EineHandwäschtdieandere 04 IMPRESSUM 03|Symbiosen EineHandwäschtdie andere VONKERSTINSCHMIDT-DENTER WusstenSie,dasskeinPflanzenfresserohneSymbioseinderLage wäre,seineNahrungzuverwerten?OderdassjedeeinzelneZelle unseresKörpersdasProdukteinerSymbioseist?Nein?Dannlohnt essich,einenBlickaufdiesePartnerschaftenzuwerfen. MITEINANDER-GEGENEINANDER I aktionenverschiedenerArtenDasLebenaufderErdeistdurch eine Vielzahl komplexer Lebensgemeinschaften verschiedener Arten gekennzeichnet. Organismen werden nicht nur durch die Bedingungen der unbelebten Umwelt beeinflusst (z. B. Temperatur, Bodenbeschaffenheit, Niederschlag), sondern auch durch Interaktionen zu anderen Organismen, die den selben Lebensraum bewohnen. Bei den Interaktionen von Lebensgemeinschaften können unterschiedliche Arten der Beziehungen gegeneinander abgegrenzt werden. Bei einer reinen Konkurrenz-Beziehung beanspruchen verschiedene Arten innerhalb des selben Lebensraumes die gleichen Ressourcen, etwa zwei Räuber,diediegleicheBeutejagen.DieseBeziehungistdemnachfür alleBeteiligtenvonNachteil. Oft findet man daher Spezialisierungen unter den Arten, um dieser direkten Konkurrenz entgegenzuwirken. So können Singvogelarten, die beide von Insekten in der Baumkrone leben, koexistieren, indem beide Arten in verschiedenen Bereichen der Baumkrone ihre Beute suchen. Eine weitere denkbare Möglichkeit wäre eine Spezialisierung auf eine bestimmte Tageszeit. Häufiger sind Wechselbeziehungen, die für Räuber-Beute-Beziehung:LöweundZebra eine Art von Vorteil, für die ©Dr.LloydGlennIngles andere von Nachteil sind. Ein gutes Beispiel sind die klassischen Räuber-Beute-Beziehungen. Bei der Beziehung Löwe-Zebra etwa zieht der Löwe aus der Interaktion einen Vorteil, das Zebra könnte jedoch vermutlich ohne diese Beziehung ein angenehmeres Leben führen. Ähnlich verhält es sich bei der Herbivorie. Ein blattfressendes Insekt wird zwar kaum den ganzen Baum töten, beeinträchtigt aber dennoch seine Fitness. Die InteraktionwirktsichfürdenBaumnegativaus.AuchParasitentöten ihrenWirtnurindenwenigstenFällen.SchließlichwürdedessenTod auch das Ende des Parasiten bedeuten. Dennoch beeinflusst das EinwirkendesParasitendiePopulationdesWirtesnegativ. Die Karpose beschreibt eine Beziehung, die für den einen Partner einen positiven Effekt hat, dem anderen Partner jedoch nicht schadet. Ein Beispiel wären Seepocken die sich an Wale heften, um so transportiert zu werden. Auch Epiphyten - Pflanzen, die auf anderen Pflanzen leben - schädigen diese in der Regel nicht, profitieren selber aber von verbesserten Lichtbedingungen. Eine weitere Karpose findet man zwischen dem Kuhreiher und großen Säugetieren, etwa Rindern oder Büffeln. Der Vogel profitiert von Insekten, die von den grasenden Tieren aufgescheucht werden, wodurchihmdieJagderleichtertwird.DasRinddagegenwirdweder gestört, noch zieht es einen Vorteil aus diesem Zusammenleben. Es gibt aber auch Fälle, bei denen die Vögel die grasenden Säuger vor sich nähernder Gefahr warnen. Diese Interaktion ist für beide Parteien von Vorteil, es liegt eine Symbiose vor. Bei einer solchen Symbiose (im englischen Sprachgebrauch: Mutualismus) profitieren beide Partner aus einer Beziehung. Neben fakultativen Symbiosen, bei denen beide Partner auch alleine überleben können, gibt es auch obligate Symbiosen, bei der beide Arten getrennt voneinander zugrunde gehen. Das Beispiel der Kuhreiher zeigt, wieengverzahnteinigezwischenartliche Beziehungen sein können. Eine Karpose kann schnell zu einer Symbiose werden, oder aber den einen Partner so sehr beeinträchtigen, dass eine Art Parasitismusvorliegt.Einpaaraufseiner Seepocken©GeraldundBuff Haut sitzende Seepocken Corsi beeinträchtigen den Wal nicht. Wie aber sieht es mit einigen Tausend Seepocken aus? Wissenschaftler nehmenan,dassaucheinigeSymbiosensichausparasitischenoder Räuber-Beute-Beziehungen entwickelt haben. Am Anfang der symbiotischen Beziehung von bestäubenden Insekten und BlütenpflanzenstandeinefürdiePflanzenungünstigeBeziehung,bei der herbivore Insekten Pollen oder Samen fraßen. Auch der Beginn vieler Endosymbiosen, bei der eine Art in den Zellen einer anderen Art lebt, ist möglicherweise auf einen umgewandelten Parasitismus zurückzuführen. WICHTIGERALSMANDENKT S otische Beziehungen sind mehr als Lehrbuchbeispiele Symbiosen – wer kennt nicht die Paradebeispiele aus dem Schulunterricht. Etwa die blinde Garnele und die Grundel. Während die Garnele an einer Wohnhöhle baut, hält sie über ihre Antennen Kontakt zu dem wachsamenFisch,derrechtzeitigvorGefahrwarnt.Eineinteressante Geschichte, sicherlich, aber gäbe es diese Symbiose nicht, würde es auch niemanden stören. Außer die Garnele und die Grundel vielleicht. Was über diesen faszinierenden, teilweise kuriosen Beispielen des Zusammenlebens zweier Arten oft vergessen wird, sinddieSymbiosen,dieunauffälligaberzahlreichundvielseitigganze Ökosysteme, Lebensräume, ja sogar das gesamte Leben auf diesem Planetenbeeinflussen. Betrachtet man beispielsweise einen Baum, so sieht man eigentlich nicht nur den Organismus Baum, sondern vielmehr einen Partner einer Symbiose. Der andere Partner befindet sich - den Augen des Betrachters entzogen-unterderErde.Es handelt sich um einen Pilz (Mykorrhiza), der mit seinem Mycel die absorptionsfähige OberflächederWurzelnstark vergößert. Die Pflanze wiederum führt dem Pilz Eiche-nureinBaumoder Nährstoffe zu. Diese Symbiosepartner?©BrotherAlfred Brousseau Symbiose zwischen Pilz und Pflanze ist kein Einzelfall. Vielmehr stehen 95% aller Gefäßpflanzen auf diese Weise in symbiotischer Beziehung zu den MykorrhizaPilzen. Symbiosen sind keine skurrilen Einzelfälle, sondern sehr wichtigfürbeinahejedesLebewesen.DiefolgendenBeispielezeigen weitere Symbiosen, ohne die die Erde, so wie wir sie heute kennen, nichtexistierenwürde. RAUSAUSDERURSUPPE E ymbiose stand am Anfang höheren Lebens Symbiosen ohne sie würden Sie diesen Artikel nicht lesen können, er hätte niemals geschrieben werden können. Denn es gäbe weder Menschen, noch Pflanzen, Tiere, Pilze oder Protozoen. Alle diese Organismen - jedes Lebewesen außer den Bakterien-bestehenauseukaryotischenZellen.UnddieEntstehung diesesZelltypswäreohneeineSymbiosenichtmöglichgewesen.Die EntstehungeukaryotischerZellenwirdinderWissenschaftdurchdie sogenannte Endosymbionten-Theorie erklärt. Laut dieser Theorie entstanden komplex aufgebaute Zellen mit einem vom Plasma abgegrenzten Zellkern und Zellorganellen aus einer Symbiose von einfacher strukturierten Prokaryonten. Erst durch Bakterien, die als EndosymbionteninnerhalbeinergrößerenZellelebten,bildetensich die Organellen heutiger eukaryotischer Zellen. Die Entstehung der Mitochondrien-dersogenanntenKraftwerkeeukaryotischerZellen- verliefvermutlichfolgendermaßen: Drehen wir die Zeit etwa 1,5 Milliarden Jahre zurück. Im Ozean leben photosyntheseaktive Cyanobakterien. Neben der Entstehung von freiem Sauerstoff, der die Atmosphäre langsam aerob macht, bilden sich durch abgestorbene Organismen größere Mengen von kohlenstoffhaltigen Verbindungen. Diese Akkumulation Bakterien©CDC organischer Substanz stellt eine willkommeneNahrungsquellefürheterotropheZellendar.DieZellen gewinnenanGrößeundentwickelnnebenderFähigkeit,organisches Material durch Phagocytose aufzunehmen, und können neben organischem Material auch kleinere Zellen durch Phagocytose aufnehmen.InderRegelendendieseZellenalsNahrung,siewerden verdaut. Vereinzelt kommt es aber vor, dass die aufgenommenen Bakterien im Inneren der größeren Zelle überleben und mit ihrem Wirt interagieren. Es entwickelt sich eine Symbiose, bei der die Wirtszelle das Nahrungsangebot mithilfe der Enzyme aus der Atmungskette der aerob lebenden Bakterien effektiver nutzen kann. Der Endosymbiont dagegen ist im Inneren der größeren Zelle vor veränderten Umwelteinflüssen gesicherter. Ein weiterer möglicher Ursprung der Mitochondrien wäre ein Eindringen bakterieller Parasiten in eine Wirtszelle und eine sich daraus entwickelnde Symbiose.AufeineähnlicheWeiseentwickeltensichvermutlichauch die heutigen Chloroplasten pflanzlicher Zellen. Einige der Zellen, die bereits heterotrophe Bakterien aufgenommen hatten, gingen zu einem späteren Zeitpunkt eine weitere Symbiose mit photosynthesetreibendenBakterien(wahrscheinlichCyanobakterien) ein.DadieChloroplastenvonRotalgen,Braunalgenunddergrüner PflanzenunterschiedlichePigmentmusteraufweisen,nimmtmanan, dass dieser Prozess mehrmals parallel abgelaufen sein muss. Das Pflanzenreich ist daher nicht auf eine einzige Ur-Eukaryontenzelle zurückzuführen. Ob Eukaryonten tatsächlich auf diese Weise entstandensind,weißmanzwarnichtmitabsoluterSicherheit,aber es gibt zahlreiche Fakten, welche die Endosymbionten-Theorie unterstützen:SosindZellorganellenwieMitochondrienundPlastiden vonzweiMembranenumschlossen.DieäußereMembranentstammt dabeivermutlichderPlasmamembranderWirtszelle,diesichbeider Phagocytose um das eindringende Bakterium schloss. Die innere Membran, die aus der Bakterienmembran entstanden sein könnte, enthält bestimmte Lipide, Enzyme und Transportsysteme, die auch heute noch in rezenten Plasmamembranen von Prokaryonten zu finden sind. Die DNA der Organellen ist - wie bei Bakterien ringförmig.AußerdemkönnenOrganellennichtausdergenetischen Information des Zellkerns gebildet werden, sondern vermehren sich durchZweiteilungauseinander.DerTeilungsprozesserinnertanden der Bakterien. Auch die Ribosomen der Zellorganellen ähneln in ihrem Aufbau eher bakteriellen als eukaryotischen Ribosomen. Es gibt allerdings auch Zellorganellen, die mehr als zwei Hüllmembranen besitzen. Solche Plastiden, die unter anderem bei BraunalgenoderKieselalgen(Diatomeen)zufindensind,passenauf den ersten Blick nicht in dieses Denkmodell. Inzwischen vermutet man aber, dass neben der “primären” noch eine “sekundäre” Endosymbiose stattgefunden hat. Hierbei nimmt eine eukaryotische Zelle eine andere eukaryotische Zelle mitsamt ihrer Organellen auf. Der ursprüngliche Endosymbiont ist dann von der Bakterienmembran,derMembrandererstenundderMembrander zweiten Wirtszelle umschlossen. Endosymbiosen treten auch heute nochauf.SokönneneinigemarineKieselalgenfakultativmitfädigen Cyanobakterien in Symbiose leben. Auch hier wird der Symbiont ins PlasmaderWirtszelleintegriert.Sowiederholtsichauchheutenoch dieseArtderSymbiosealseinProzess,deramAnfangallenhöheren Lebensstand. BIENEMA JAUNDCO. A bei der Bestäubung profitieren beide Partner Es begann zu Anfang der Kreidezeit und eigentlich war ein Raubzug der Auslöser: Einige Käfer kamen auf die Idee, die nahrhaftenPollenvonBlütenzufressen.Wennsiedanach zurnächstenBlüteflogen,umdortweiterzufressen,transportierten siemitunterzufälligeinigederPollenkörnermit.DieswarderBeginn einerSymbiosezwischenBlütenpflanzenundTieren,diedasGesicht derWeltbisheutenachhaltigveränderthat.WährendzuBeginnder Beziehung der Vorteil noch klar auf der Seite der räuberischen Insekten zu liegen schien, entwickelten die Pflanzen ihrerseits Mechanismen, um die Insekten für ihre Zwecke zu gebrauchen. Sie boten ihnen “billigen” Nektar statt des kostbaren Pollens und profitierten von der schnellen und effektiven Übertragung des Pollens auf andere Blüten. Die bestäubenden Insekten erhielten im GegenzugNahrung. Diese symbiotische Beziehungwarsoerfolgreich, dass die insektenbestäubten Angiospermen (Bedecktsamer) sich während der Kreidezeit gegen die bis dahin vorherrschenden Koniferen durchsetzten. Ende der Kreidezeit kam es zu einem großen Artensterben, viele Gattungen der dominanten Koniferen verschwanden. Zusammen mit den Dinosauriern mussten sie ihre BestäubungeinerBlüte©Dr.AntonioJ. Vormachtstellung aufgeben, Ferreira an ihre Stelle traten SäugetiereunddieBedecktsamer.Manvermutet,dassvorallemdie beschleunigte Evolution der Bedecktsamer, die eine schnellere AnpassunganveränderteLebensbedingungenermöglicht,zudiesem Erfolg beigetragen hat. Durch den Einsatz von Insekten als Pollenüberträger können Angiospermen es sich leisten, viel kleinere Populationen zu bilden, in denen Evolution schneller stattfinden kann. Gymnospermen (Nacktsamer) dagegen sind auf große Populationen angewiesen, damit die durch den Wind verteilten Pollen mit größerer Wahrscheinlichkeit auf eine passende Blüte treffen. Als Pollenüberträger werden bei den Bedecktsamern aber nicht nur Insekten eingesetzt. Auch Vögel und Säugetiere, zum Beispiel Fledermäuse, stehen in symbiotischen Beziehungen zu Blütenpflanzen.DabeisinddieBlütenundihrejeweiligenBestäuber oftmalsaneinanderangepasst. LandebahnenfürInsekten Bienenbestäubte Blüten haben häufig besondere Markierungen, sogenannteSaftmale,dieesdenTierenerleichtern,denNektar-und natürlichauchdieBestäubungsorgane-zufinden.Nichtimmersind diese Signale auch für uns Menschen sichtbar, da wir im Gegensatz zu Bienen nicht im UV-Bereich sehen können. Fledermausbestäubte Blüten dagegen haben oft blasse Farben, denn die nachtaktiven Fledermäuse wissen farbige Muster nicht zu schätzen, und verströmen einen starken Geruch. Unter Bananenblüten befindet sich ein starkes Tragblatt, so dass die im Fluge ungeschickten Fledermäuse leicht darauf landen können. Rote Blüten, die keinen Duft ausströmen, werden oft durch Vögel bestäubt, da Bienen kein Rot sehen können. Nach verfaulendem Fleisch stinkende Blüten locken Aasfliegen an. Teilweise entwickelt sich zwischen Blüte und Bestäuber durch Koevolution eine solche Abhängigkeit, dass eine Tierart nur noch eine ganz bestimmte Pflanzenart aufsucht. Der Vorteilliegtdarin,dassdiePollenderPflanzemitSicherheitaufeine “passende” Blüte der gleichen Art gelangt und nicht etwa an einer völlig anderen Blüte haften bleibt und somit verloren geht. Der Bestäuber hat dafür ein Monopol auf die Futterquelle. Eine solche Koevolution findet man etwa bei einigen Kolibri-Arten, deren Schnabel exakt die Form der zur Symbiose gehörenden Blüte hat. Vögel mit anders geformten Schnäbeln können den Nektar am Blütengrund nicht erreichen. Ein Nachteil dieser extremen Anpassung liegt darin, dass das Verschwinden des einen Partners das Aussterben des anderen zur Folge hätte. In der Beziehung Blütenpflanze-Bestäuber steht jedoch keineswegs eine “Freundschaft” im Vordergrund. Vielmehr herrscht ein stetiges Konkurrenzverhältnis,beidemjederPartnerversucht,möglichstviel für sich rauszuschlagen. Ein Beispiel sind Blüten mit gelben Flecken auf den Kronblättern, die überdimensionale Pollenweiden vortäuschen, dann aber nur wenig oder keinen Nektar anbieten. Auch in der Natur ist eben jeder nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht. HÖHERALSDASEMPIRESTATEBUILDING R achstum mithilfe von Symbionten Korallenriffe sind die größtenvonLebewesengeschaffenenBauwerke.Keinvon Menschen errichtetes Gebäude kann es mit diesen über insgesamt 190 km² ausgebreiteten Kalkgebilden aufnehmen. Zudem gehören sie zu den artenreichsten und produktivsten Lebensräumen der Erde. Die Produktionsleistung eines Korallenriffs übertrifft das Potential des umgebenden KlarwassersumfastzweiZehnerpotenzen.SeineArtenvielfaltistnur mit der des tropischen Regenwaldes zu vergleichen. Wissenschaftler schätzen die Anzahl der Arten auf etwa 400.000, von denen bisher erst 60.000 bekannt sind. Der Entstehung der riesigen Korallenriffe wäre ohne eine Symbiose nicht möglich gewesen. Die meisten riffbildenden Korallen gehören zu der Ordnung der Steinkorallen. Einzellige Algen, sogenannte Zooxanthellen, leben dabei als intrazelluläre Endosymbionten in den Zellen der Koralle, des Wirtes. Sowohl die Algen als auch die Korallen profitieren von dieser Beziehung: Die Zooxanthellen genießen einen erhöhten Schutz, da sie sich permanent innerhalb der Zelle des Wirtes aufhalten und somit eine Gefährdung durch Fraßfeinde wegfällt. Zusätzlich stehen den Algen vermehrt anorganische Substanzen wie Phosphat, Stickstoff und Kohlendioxid, dessen Partialdruck innerhalb der Wirtszelle erheblich größer ist als im umgebenden Wasser, für die PhotosynthesezurVerfügung. Die von den Zooxanthellen durch Photosynthese erzeugten Stoffe werden teilweise ausgeschleust und gelangen somit in das Cytoplasma des Wirtes. Durch diese an den Wirt abgeführten Stoffe kann ein erheblicher Anteil, bei günstigen Bedingungen sogar der gesamte Stoffwechselbedarf der Koralle, durch die Symbionten gedeckt werden. Sandkoralle©Teresa Zuberbühler Die Algen ihrerseits können sich diese “Miete” an die Koralle leisten, da der eigene Energieverbrauch im Vergleich zu freilebenden Formen, die mehr in Wachstum und Fortpflanzung investieren müssen, gering ist. Zusätzlich wird durch dieseSymbiosedasRiffwachstumgefördert.ZurKalkbildungmüssen Calcium-Ionen und Kohlendioxid zu Calciumcarbonat zusammentreten.DieAlgenbeschleunigendiesenProzess,indemsie durch Photosysnthese Kohlendioxid verbrauchen und dieses dem Reaktionsgleichgewicht entziehen. Die Korallen können mithilfe der Symbiose leichter Kalk bilden, das Riff wächst schneller. Doch die riesigen Korallenriffe sind heute in Gefahr. Durch die zunehmende Emission von Treibhausgasen hat sich die Wassertemperatur der Weltmeere in den letzten 100 Jahren um ein Prozent erhöht. Diese Erwärmung führt bei den temperaturempfindlichen Korallen zu einem Ausstoßen der Symbionten. Das durchscheinende Kalkskelett lässt die Korallen ohne Algen weiß erscheinen. Daher wird das Phänomen auch Korallenbleiche oder “coral bleaching” genannt. Ohne die Symbionten ist der Stoffwechsel des Wirtes stark geschwächt und oft sterben die Tiere ab, bevor sie erneut von Zooxanthellen besiedelt werden können. Durch diese Trennung der SymbiosepartnersterbenganzeRiffsystemeab. Koralle©IMSIMasterclips EVOLUTION K Fortschritt ohne Symbiose Die erste Auflage von Darwins Buch “On the Origin of Species by Means of Natural Selection”warbereitsamErscheinungstagausverkauft,die zweite schon nach zehn Wochen. Auch heute noch wird dieses Werk hochgeschätzt, gilt es doch als Grundstein der Evolutionstheorie. Als Ursachen für Evolution werden allgemein Mutation, Rekombination und Selektion angesehen. Die Selektion als eine Art Auswahl der am besten Angepassten kommt vor allem dann als Evolutionsfaktor zum Tragen, wenn sich etwa die Umweltbedingungen verändern. Der Genpool einer Population wird sichzumBeispielbeieinerDürreperiodedahingehendändern,dass die Organismen, die am besten mit dieser Situation fertig werden, bevorzugt werden. Aber eine Änderung der abiotischen Umwelt ist nichtdereinzigeAuslöserfüreineSelektionbestimmterOrganismen. Auch Interaktion mit anderen Organismen führt zu Evolution. Eine Bedrohung durch Fraßfeinde kann beispielsweise dazu führen, dass die schnellsten Tiere die besten Überlebenschancen haben und somit den größten Anteil der Gene an die nachfolgende Generation weitergeben können. Neben einer Räuber-Beute-Beziehung gibt es noch zahlreiche weitere denkbare Interaktionen zwischen Organismen. Etwa die Symbiosen. Die amerikanische EvolutionsforscherinLynnMargulissagte dazu: Symbiose hat den Kurs der Evolution ähnlich stark beeinflusst, wie die sexuelle Fortpflanzung. Beide haben die Bildung neuer Individuen zur Folge, welche die Gene von mehr als beiden Elternteilen tragen. Die Gene symbiotischer Partner befinden sich in großer Nähe, so dass die natürliche Selektion sie wie eine Einheit behandelt. Der Einfluss der Symbiose auf die Evolution wird insbesondere bei der Koevolution deutlich. So haben sich zwischen Blüten und Bestäuber in CharlesDarwin©IMSI Masterclips zahlreiche Anpassungen entwickelt. Entstehen zum Beispiel Blüten mit tieferen Kelchen, so gelangen Schmetterlinge mit langen Rüsseln besser an den Nektar und werden daher von der Selektion gegenüber Artgenossen mit kürzeren Rüsseln bevorzugt. Auch die Endosymbiose war ein starker Motor der Evolution, bedeutete sie docherstdieMöglichkeitzurBildungkomplexererZellen,ausdenen sich im Laufe der Evolution sämtliche höhere Lebewesen entwickelten. Ein weiteres Beispiel für die Symbiose als Evolutionsbeschleuniger findet man bei Flechten. Wissenschaftler haben entdeckt, dass Pilze, die im symbiotischen Verband mit Grünalgen leben, eine sehr viel schnellere Evolution aufweisen, als verwandte Formen, die ohne Symbiosepartner leben. Die DNA der Flechtenpilze verändert sich schneller. Der Grund dafür liegt vermutlich in der durch die Symbiose veränderten Lebensweise. WährendsolitärlebendePilzemeistimBodenleben,habensichden Pilzen in Symbiose mit Algen neue - oberirdische - Lebensräume erschlossen.InihnenistdasPilzmycelderFlechteninvielstärkerem AusmaßderUV-Strahlungausgesetzt,diezuMutationeninderDNA führenkönnen.ZusätzlicherhöhenfreieRadikaledieMutationsrate. Sie entstehen durch den von den Algen gebildeten Sauerstoff. Die Bedeutung von Symbiosen im Zusammenhang mit der Geschwindigkeit der Evolution demonstriert abermals, dass unsere WeltohnedieExistenzvonSymbiosenwohleineganzanderewäre… AMEISENALSGÄRTNER P ulturen unter der Erde Schwer trägt die Blattschneiderameise an dem Stück Blatt, das sie eben mithilfe ihrer scharfen Mundwerkzeuge von einem fast einen Kilometer entfernten Baum geschnitten hat. Über einenderEingängedessichübermehrals100Metererstreckenden Nestes transportiert sie es in eine der zahlreichen Kammern. Aber wozu? Blattschneiderameisen kultivieren Pilze. Die gesammelten Blätter werden von den Arbeiterinnen zerkaut, der dabei entstehendeBreiwirdinspeziellenPilzkammernausgelegt. Darauf wachsen dann die Pilzfäden, die unserem Brotschimmel ähneln. Nach einiger Zeit bilden sich nährstoffreiche Verdickungen (Ambrosia-Körperchen),diesogenannten“Kohlrabiköpfchen”,dievon den Ameisen abgeerntet werden. Mit der Pflege der Kulturen verbringendieArbeiterinnenvielZeit:DiePilzhyphenwerdenständig mit den Mundwerkzeugen bearbeitet - diese “Beschneidung” der ErnteführtzueinerErtragssteigerung.DieAmeisenverhindernauch ein Ausbreiten fremder Pilze, deren Sporen unweigerlich mit den abgeschnittenen Blattstücken in das Nest eingetragen werden. Zu diesem Zweck sind die Tiere noch eine weitere Symbiose zu Bakterien eingegangen, die ein Antibiotikum produzieren. Dieses Antibiotikum schützt nun den anderen Symbiosepartner, den kultivierten Pilz, vor der Ausbreitung seiner Konkurrenten. Diese Methode der Kultivierung scheint den Blattschneiderameisen große Erfolge zu bescheren. Immerhin erreichen ihre Kolonien eine gewaltige Größe von mehreren Millionen Arbeiterinnen. Der angebautePilzistdabeivöllig domestiziert. Ohne die Symbiose zu den Ameisen ist Blattschneiderameisen©Dr.RainerWirth er nicht in der Lage, sich selbstständig über Sporenbildung zu vermehren. Wird eine neue Kolonie gegründet, so nimmt die Königin vor ihrem Hochzeitsflug einige der Pilzfäden in ihrer Mundtasche auf. Nach der Begattung bilden diese Fäden dann den Grundstock für eine neue Zucht. Die Königin bringt beträchtliche Opfer auf, um dem Pilz zu raschem Wachstum zu verhelfen. Bis die ersten Arbeiterinnen schlüpfen, düngtdieKönigindenPilzmitihremKot.Sieselberernährtsichvon ihren eigenen Eiern, auch die Larven werden mit Eiern gefüttert. Dabei verliert sie ständig an Gewicht. Sie steht sozusagen in einem Wettlauf zwischen dem Verhungern und der Aufzucht einer genügend großen Gruppe von Arbeiterinnen, die ihr Überleben sichert. ALGENALSSKLAVENVONPILZEN? F ten - immer als erste da Als der erste Quastenflosser sich mühsameinStückausdemWasserschleppte,wardasLand schonnichtmehrunbesiedelt.DieFlechtenwarenschonda. Auch heute noch sind Flechten immer die ersten, wenn es darum geht, neu entstandene Lebensräume zu erschließen. Nach einer Überflutung, einem Vulkanausbruch oder dem Zurückweichen eines Gletschers sind Flechten oft die einzigen vielzelligen Lebewesen, die in der Lage sind, unter extremen Bedingungen auf kahlenFelsenzuüberleben. Diese Pionierleistungen könnten Flechten nicht erbringen, wenn es sichnichtumeineSymbiosehandelte-eineSymbioseausPilzenund Algen. Dabei besitzen Flechten Fähigkeiten, welche nur die Gemeinschaft besitzt, nicht aber die Alge oder der Pilz allein. Auf felsigem Untergrund etwa fehlt das organische Substrat für Pilzwachstum,fürAlgenwäredieGefahrderAustrocknungzuhoch. Flechten dagegen besiedeln selbst diese unwirtlichen, konkurrenzarmen Lebensräume, wo sie von nichts anderem als der Luft zu leben scheinen. Für diese Beziehung mag demnach der klassischeSatzausderSystemtheoriegelten:EinSystemistmehrals die Summe ihrer Teile. Flechten sind nicht nur entscheidend bei der Primärbesiedelung von Standorten, sie spielen auch eine wichtige Rolle bei der Verwitterung der Gesteine. Von Flechten produzierte Säuren greifen den Untergrund an, Pilzhyphen dringen in feinste Risse, der Fels erodiert langsam. Placopsisgelida-eineFlechte Mit der Zeit sammelt sich organisches ©BéatriceSenn-Irlet Material an, Erde und abgestorbene Flechten. Auf diesem humusreichen Substrat können dann höhere Pflanzenansiedeln. Superorganismus WieaberschaffenFlechtenalldas?WieentstehtausPilzenundAlgen ein solcher “Superorganismus”? Vielleicht liegt die Besonderheit dieserBeziehungdarin,dasssichzweisehrunterschiedlichePartner zusammengetan haben. Die Alge (Grünalge oder Cyanobakterium) übernimmt dabei die Versorgung mit organischen Verbindungen durch Photosynthese. Die gebildeten Kohlenhydrate werden zu einem großen Teil an den Pilz abgegeben. Handelt es sich bei den Symbionten um Cyanobakterien, so fixieren diese zusätzlich noch StickstoffausderLuft.ImGegenzugschütztderPilzdieAlgenvorzu hoher UV-Strahlung, bildet giftige Verbindungen als Fraßschutz, absorbiert Mineralstoffe und sorgt für die Aufnahme und SpeicherungvonWasser.SoharmonischdasZusammenlebenbeider Partner auch scheinen mag, einige Wissenschaftler sind der Auffassung, dass es sich bei der Beziehung eher um eine Art Versklavung als um ein friedliches Miteinander handelt. Für diesen “kontrollierten Parasitismus”, die Ausbeutung der Algenzellen durch dasPilzmycel,sprecheneinigeHinweise.SoistetwanurderPilzzur sexuellen Reproduktion befähigt. Die Algen, die eher die Rolle von Nutzpflanzenzuspielenscheinen,vermehrensichreinvegetativ.Ein weiterer Hinweis ist die Abgabe von Kohlenhydraten an die umgebenden Pilzzellen. Die Zellen der Alge Trebouxia sezernieren zwarauchinfreilebenderFormKohlenhydrate,jedochmachtdieser Anteil nur etwa acht Prozent der Photosyntheseprodukte aus. In Symbiose mit dem Pilz dagegen werden 40 prozent nach außen abgeführt. Fest steht auch, dass der Algenpartner zwar durchweg auch ohne den Symbionten überleben kann, das Pilzmycel dagegen ist ohne Symbiose zur Alge in der Regel nicht lebensfähig. Vielleicht hat das Ergreifen der Alge durch die auskeimende Pilzspore daher tatsächlichdenCharaktereiner“gewaltsamenAneignung”. FREISPRUCHFÜRDIETERMITEN E Symbiose mit drei Partnern Termiten - wer denkt da nicht zuerst an durchlöcherte Möbel, zerfressene Böden und ausgehöhlte Balken. Schon seit der Antike haben die holzfressenden Termiten den Menschen zu schaffen gemacht. So sagt man ihnen nach, fast das gesamte kulturelle Erbe Ägyptens,dasaufPapyrusfestgehaltenwar,vernichtetzuhaben.Im 19. Jahrhundert sollen sie die Artillerielafetten in den Depots der FranzosenaufdenAntillenausgehöhlthaben.DieEngländerwerden es ihnen bei ihrem Angriff auf die Franzosen gedankt haben. Aber auch heute noch sorgen Termiten für Ärger. Da sie sich auf der Suche nach Futter auch durch die Gummi-Isolierung elektrischer Kabel fressen, legten Termiten bereits die Steuerung der Schleusen desPanamakanalslahm.UndnichteinmalvordemVatikanmachen die Tiere halt: Seit einigen Jahren vergreifen sie sich dort an den Büchern der Bibliothek. Doch die Termiten müssen - zumindest teilweise - von diesen “Sünden” freigesprochen werden. Denn nicht siealleinesinddieÜbeltäter. Ohne eine Symbiose wären auchdieTermitennichtinder Lage, Holz zu fressen. Termiten selber besitzen keineVerdauungsenzyme,die die Cellulose des Holzes spalten können. In den Blindsäcken ihres Hinterdarmes leben aber symbiotische Protozoen (Einzeller), wie der Zooflagellat Trichonympha. Die Flagellaten nehmen die von den Termiten Termiten©H.VannoyDavis zerkleinertenHolzpartikelauf. Für die eigentliche Cellulosespaltung sind jedoch primär Bakterien verantwortlich, die wiederum als Symbionten im Zellplasma der Flagellaten leben. Die von ihnen bei der Cellulosespaltung freigesetzten Nährstoffe kommen dann den Termiten zugute. Diese faszinierende Symbiose besteht also zwischen drei Organismengruppen. Die symbiotischen Mikroorganismen werden unter den Termiten über den Austausch von Flüssigkeiten zwischen After- und Mundöffnung, die sogenannte anale Trophalaxis, an die anderen Nestbewohner weitergegeben. Nach der Häutung, bei der auch die Innenwände des Enddarms erneuert werden, müssen die Termiten ihre Symbionten durch Kotfressen jedesmal wieder neu aufnehmen.Unddasallesnur,umunsdasHolzwegzufressen?Nein, natürlich nicht. Termiten sind äußerst nützliche Komponenten ihres natürlichen Lebensraumes. Nicht umsonst nennt man sie die Regenwürmer der Tropen. Durch ihre Grabarbeit lockern sie den Boden auf, verwerten abgestorbenes Pflanzenmaterial und düngen mit ihrem Kot den Boden. Die Nährstoffe von Holz- und Pflanzenteilen können durch Termiten sehr viel schneller wieder in den Nährstoffkreislauf gelangen als allein durch Verrottung. Die BedeutungderTermitenerkanntenschondietraditionellenKulturen derTropen,indenenTermitenhügelvonMenschensorgsamgehütet undaufdenSohnweitervererbtwurden. EINUNGLEICHESPAAR D rundel als Alarmanlage Wer kennt sie nicht aus Jaques Costeau-Reportagen,dieamfrühenNachmittaginden dritten Programmen im Fernsehen wiederholt werden: Den Krebs und die Grundel, eines der wohl bekanntesten Symbiosepärchen. Auf den ersten Blick scheint die Beziehung der beiden nicht sehr gerecht zu sein. Der Krebs der Gattung Alpheus gräbt fleißig den ganzen Tag an einer Wohnröhre. SandundSteinchenwerdenmitdenScherenumgeschichtetundvor dem Eingang der Höhle aufgeschüttet. Der Fisch (Gattung: Cryptocentrus)dagegenscheintnichtszutun,außerdieWohnröhre des Krebses bei Bedarf mitzubenutzen. Dieser Eindruck täuscht natürlich.Auchhierprofitieren,wiebeijederechtenSymbiose,beide PartnervonderBeziehung.DerVorteilderGrundelistoffensichtlich. Bei drohender Gefahr kann sie sich in der vom Krebs gebauten Höhle in Sicherheit bringen. Zudem benutzt der Fisch oft den vom Krebs aufgeschütteten “Aussichtshügel” vor dem Eingang der BehausungalsBeobachtungsstandpunkt. Aber auch der altruistisch anmutende Krebs geht nicht leer aus. Im Gegensatz zu anderen Krebsen befinden sich die Augen der Alpheidae nicht auf beweglichen Stielen, so dass die Sehfähigkeit der Tiere stark eingeschränktist.Daherhältdernahezu blinde Krebs mit den Antennen ständig Kontakt zum Symbiosepartner. Er Knallkrebs©Dr.med.Rüdiger Verhasselt verlässt die Wohnhöhle mit vorgestreckten Antennen. Sobald diese die Schwanzflosse der vor der Höhle postierten Grundel berühren, antwortet der Fisch mit rhythmischen Schwanzschlägen. Keine Gefahr im Verzug. Der Krebs kann die Wohnröhre getrost verlassen, hält aber außerhalb der Höhle stets mit einer der langen Antennen Kontakt zu dem wachendenFisch.DieGrundelwirdbeinahenderGefahrnervösund zuckt mit After- und Rückenflossen. Diese Signale oder aber einen Abbruch der Kommunikation zum Fisch veranlassen den Krebs zum sofortigen Rückzug in die schützende Höhle. Ist die Gefahr akut, flüchtet auch der Fisch mit in die vom Krebs angelegte Wohnröhre. Nach Abklingen der Gefahr verlässt zuerst die Grundel die Höhle wieder,umdasTerrainerneutabzusichern. MITFAHRGELEGENHEITGEGENSCHUTZ E Abmachung zwischen Einsiedlerkrebsen und Anemonen Eine weitere klassische Symbiose findet sich beim Zusammenleben von Einsiedlerkrebsen und Anemonen. Einsiedlerkrebse sind dafür bekannt, dass sie ihrenweichenHinterleibinleerenSchneckenhäusernverstecken.Auf dieseWeiseistdasnichtvoneinemstarkenChitinpanzerumgebene Abdomen vor Fraßfeinden geschützt. Dieses “Schneckenhaus” trägt der Krebs ständig mit sich. Bei drohender Gefahr kann er sich ganz in die Schale zurückziehen und den Eingang mit den Spitzen seiner Scheren verschließen. Der Einsiedlerkrebs verlässt seine Behausung erstdann,wennerdazugezwungenwird. ZumBeispielweilerzugroßgewordenist.DadieZeitdesUmzuges voneinemSchneckenhausindasnächsteihneinemRisikoaussetztschließlich ist der Hinterleib in dieser Zeit ungeschützt - geht der Wechsel so schnell wie möglich vonstatten. Erst nachdem der Krebs eine neue passende Schale gefunden hat, verlässt er die alte und kann so innerhalb weniger Sekunden in einem neuen Schneckenhaus verschwunden sein. Doch einige der Vertreter der Einsiedlerkrebse, besonders in den Tropen beheimatete Formen, haben zusätzlich einen weiteren Schutzmechanismus entwickelt. Sie tragen Anemonen auf den Schneckenhäusern, die mit ihren giftigen Nesselzellen der Feindabwehr dienen. Die Anemone profitiert ebenfalls von dieser Partnerschaft, da EinsiedlerkrebsimSchneckenhaus©IMSI siesichdieMobilitätundden Masterclips Beuteerwerb des Krebses, von dem immer einige Nahrungspartikel übrig bleiben, zunutze macht. Dabei lassen sich manche Anemonen selbstständig auf den Gehäusen der Krebse nieder, andere werden vom Krebs auf die Schale gesetzt. In den meisten Fällen handelt es sich hier um eine fakultative Symbiose, die beiden Partner können also auch getrennt überleben.BeieinigenArtenaberistdiePartnerschaftobligatorisch, dieadultenTieretretengarnichtmehrisoliertauf. WIEEINEFESTUNGVERTEIDIGT V meisendieaufAkazienlebenWennmanesdaraufanlegt, sich eine ganze Ameisenkolonie zum Feind zu machen, sollte man versuchen, einer Akazie Schaden zuzufügen. Das klappt bestimmt, wenn es sich um eine der Akazienarten handelt, die in Zentral- und Südamerika eine faszinierende Symbiose mit Ameisen der Gattung Pseudomyrmex eingegangensind. Die Ameisen leben auf den Akazien, die ihnen Kost und Logis gewähren. Die Dornen der Bäume, die innen hohl sind, bieten den AmeisenidealenSchutz.AusNektarienanderBlattbasissondertdie Akazie einen zuckerhaltigen Nektar ab, von dem sich die Ameisen ernähren. Zusätzlich wachsen aus den Blattspitzen die sogenannten Beltschen Körperchen, protein- und vitaminreiche Anschwellungen, die von den Ameisen leicht abgeerntet werden können. Dieser abwechslungsreiche Speiseplan gewährleistet, dass die Tiere sich nichtandenBlütenvergreifen.WasaberbietetdasAmeisenvolkals Gegenleistung? Akazien sind zwar durch die großen Dornen bis zu einem gewissen Grad vor großen Pflanzenfressern geschützt, nicht aber vor blattfressenden Insekten. Diesen Schutz gewährleisten die Ameisen, die sämtliche Eindringlinge vertreiben. Mit ihrem giftigen Sekret bekämpfen sie eindringende Insekten. Zusätzlich beseitigen die Ameisen Spinnweben, Staub und Pilzsporen, die dem Baum schaden könnten. Aber nicht nur das: Es wurde beobachtet, dass im Umkreis von 40 Zentimetern um die Akazie sämtliche dort wachsende Pflanzen so lange attackiert wurden, bis sie starben. Teilweise werden sogar angrenzende Bäume völlig entlaubt. Somit kommen Akazie©CameronMoller alleNährstoffedesumgebendenBodens alleinderAkaziezu.TriebevonbenachbartenBäumen,diezufälligin die Akazienkrone hineinwachsen, werden von den Ameisen abgeschnitten.DieTierescheinenvornichtshaltzumachen,wennes um die Verteidigung “ihrer” Akazie geht. Selbst Säugetiere, die sich demBaumnähern,werdenangegriffenundgebissen.IndieWunde wird Ameisensäure gespritzt, was beim Angreifer zu schmerzhaften Stichenführt.AuchMenschen,dieAkazienameisenzunahekommen, werdendieSticheinArmenundHändenzuspürenbekommen. BAKTERIENÜBERALL O BakteriengehtesnichtHättediegesamteErdgeschichte aneinemeinzigenTagmit24Stundenstattgefunden,so wären die ersten Bakterien bereits um 4:00 Uhr morgensentstanden.GerademalvierStundennachder Entstehung unseres Planeten. Die ersten Eukaryonten, aus denen später einmal alle vielzelligen Lebewesen entstehen sollten, tauchen dagegen erst am späten Nachmittag so gegen 16:00 Uhr auf. Den Menschen gibt es noch nicht einmal seit zwei Sekunden, aber die Bakterien herrschten ganze zwölf Stunden lang völlig alleine auf diesemPlaneten. Bakterien-dieheimlichenHerrscher Und im Grunde beherrschen sie ihn auch heute noch. Allein in unserem Mund oder in einer Handvoll Erde gibt es mehr Bakterien, als jemals Menschen gelebt haben. Bakterien sind sehr widerstandsfähig.AlsSporenkönnensiemehrstündigesKochenoder Tiefkühlung ohne Schaden überstehen oder lange Zeiträume problemlos überdauern. So wurden nahe der sibirischen Stadt Irkutsk lebende Bakterien gefunden, deren Alter durch radioaktive Messungenauf500MillionenJahredatiertwurde.ObAntarktisoder Tiefsee, es gibt keinen belebten Raum, an dem es nicht auch Bakterien gibt. Bakterien vermehren sich extrem schnell, bei günstigen Bedingungen teilen sie sich alle 20 - 30 Minuten. Bei ungehemmtemWachstumkönntendemnachinnerhalbvonwenigen TagensovieleBakterienentstehen,dassdieganzeErdevoneiner30 Zentimeter hohen Schicht bedeckt wäre. Unter natürlichen Bedingungen aber wird diesem exponentiellen Wachstum durch Platz- oder Nährstoffmangel und durch Anreicherung toxischer StoffwechselproduktevorzeitigeinEndegesetzt.Wenwundertesda noch, dass auch in einem Großteil aller symbiotischen Beziehungen BakterienalsSymbiosepartnerfungieren.EinLebeninderForm,wie es heute auf der Erde existiert, wäre ohne Symbiosen zu Bakterien kaum denkbar. Nicht nur, dass sie bestimmten Pflanzen zu einer gesteigerten Stickstoff-Aufnahme verhelfen oder im Darm eines jeden Tieres wichtige Aufgaben bei der Verdauung leisten - ohne Bakterien als Endosymbionten in jeder einzelnen Zelle unseres Körpers, in jeder einzelnen Zelle jedes Lebewesens, das kein Bakteriumist,gäbeesunsnochnichteinmal. PFLANZENFRESSENWILLGELERNTSEIN W ühe und Koalas gemeinsam haben Ein leichter Wind bewegt die Grashalme auf der Wiese. Plötzlich lassen schwereSchrittedenBodenerschüttern,einSchatten verdunkeltdieMorgensonne.MiteinemRuckwirdein Büschel Gras von Schneidezähnen und Kauplatte ausgerissen und verschwindetimMauleinerKuh.DortwirddasGrasbüschel-nurein kleinerTeilder70Kilogramm,diedasRindimLaufedesTagesnoch fressen wird - mit viel Speichel vermengt und geschluckt, nahezu unzerkaut. Für die Kuh hat diese Art der schnellen Nahrungsaufnahme den Vorteil, dass sie sich nicht unnötig lange beim Fressen Feinden aussetzt, sondern später in sicherer Umgebung die Nahrung wiederkäut. Doch zurück zum Gras. Inzwischen ist es bereits durch die Speisekammer in den Pansen gelangt. In dieser großen Magenkammer, die bis zu 200 Liter fassen kann, leben einige Milliarden Bakterien und Ciliaten. Diese symbiotischen Mikroorganismen spalten mit Cellulasen die sonst für die Kuh unverdaulichen Cellulosebestandteile des Grases. Als Nebenprodukt sonderndieBakteriendabeiFettsäurenab.OhnedieseHilfekönnte das Rind die pflanzliche Nahrung überhaupt nicht verwerten. Weitere Bakterien verwerten Harnstoff, der aus der Blutbahn in den Pansen eintritt, zur Proteinsynthese. Für diese Mithilfe an der VerdauungbietetdieKuhden Mikroorganismen ideale Bedingungen zum Leben: Im Pansen und Netzmagen, die als Gärkammer fungieren, liegt die Temperatur bei 3739°C,esherrschenanaerobe BedingungenundNahrungin Form von Pflanzenmaterial wird ständig nachgeliefert. Dazu neutralisiert der Speichel der Rinder anorganischeSäuren,dieden Bakterien schaden könnten, Koala©IMSIMasterclips der pH-Wert liegt konstant bei 6,5. Diese guten Bedingungen erlauben ein exponentielles Wachstum der Bakterien. Pro Milliliter finden sich daher bis zu 10 000 000 000 Mikroorganismen im Magensekret. Nachdem unser Grasbüschel von den Cellulasen zahlreicher Bakterien attackiert wurde, wird es erneut hochgewürgt und nochmals im Mund zerkaut. Durch diese mechanische Zerkleinerung bietet sich den abbauenden Enzymen eine größere Angriffsfläche. Der Grasbrei wird erneut geschluckt und gelangt diesmalindenBlättermagen,woihmWasserentzogenwird.Danach gehtesindenletztenMagen,denLabmagen,wodieKuhdendurch Cellulasen vorverdauten Speisebrei mit ihren eigenen Enzymen weiter verdauen kann. Dabei gelangen mit dem Grasballen auch unzähligeBakterienindenLabmagen,dieebenfallsverdautwerden und eine wichtige Proteinquelle für die Kuh bilden. Diesen Verlust kann die Bakteriengemeinschaft leicht verkraften, sorgt doch das exponentielleWachstumfüreinestabilePopulation.Wasaberhaben KoalabärenmitderganzenSachezutun?AuchderKoalanimmtden ganzen Tag ausschließlich pflanzliche Nahrung auf. In den Eukalyptusblättern befindet sich ebenfalls Cellulose, die nicht ohne symbiotischeBakterienverdautwerdenkann.BeimKoalabärendient der extrem lange Dünndarm als Gärkammer. Cellulasebildende Bakterien sind also nicht nur Symbionten von Kühen, sondern sind essentiellfürjedenPflanzenfresseraufderErde. WIEIMPARADIES B rien als Symbionten des Menschen Bakterien sind nicht nur Auslöser von Krankheiten oder Bestandteile von probiotischenJoghurts-siesindauchunsereSymbionten. Der menschliche Darm beherbergt etwa zehn bis 100 MilliardenBakterien.UnddabeibestehtunserKörper“nur”auseiner Milliarde Zellen - rein zahlenmäßig sind wir also den Bakterien unseresDarmsunterlegen.WasfürAdamundEvadasParadieswar, ist wohl für die etwa 400 Bakterienarten, die in uns siedeln, unser Darm. Dort finden sie ideale Bedingungen vor. Ein nahezu unerschöpflicher Reichtum an Nahrung und ein sauerstofffreies Milieu, wie sie es für ihren anaeroben Stoffwechsel benötigen. Den Bakteriengehtesalsogut,aberwasistmituns? Auch der Mensch profitiert von dieser Symbiose. Einige Stoffwechselprodukte und Verdauungsmechanismen der Mikroorganismen sind dem Menschen von Nutzen. So geschieht unsere Versorgung mit Vitamin K mit Hilfe der Darmbakterien. Zusätzlich werden organische Säuren und Bacteriocine produziert, die keimtötend oder wachstumshemmend wirken. Dadurch wird es für neu eingeschleppte Bakterien, die eventuell Krankheitserreger sein könnten, schwieriger,imDarmzuüberleben.Eine wichtige Funktion ist in diesem Zusammenhang auch die sogenannte Barrierefunktion. Die vorhandenen, unschädlichen Bakterien fungieren als “Platzhalter”, und lassen anderen, E.coliimDarm©Dr.Brett Finlay potentiell schädlichen Mikroorganismen, keinen Raum sich anzusiedeln. Ungeborene Kinder haben noch einen völlig sterilen Darm. Die Besiedelung mit Bakterien beginnt in den ersten Stunden nach der Geburt. In Kontakt mit der Umwelt und vor allem über die Muttermilch nimmt das Neugeborene die Mikroorganismen auf. ProblematischfürdenMenschenwirdes,wenndieSymbiosegestört wird. Die Verabreichung von Antibiotika führt auch zu einem Absterben der Bakterien des Darmes, wodurch sich pathogene Bakterien leichter ausbreiten können. Seit etwa 1982 macht eine infektiöseVariantedesansonstenharmlosenEscherichiacoli(E.coli) Bakteriums von sich reden. Diese enterohämorrhagische E. coli (EHEC) produziert toxische Substanzen, wodurch es zu NierenversagenundHarnvergiftungführenkann.IndenUSAbekam die Seuche den bezeichnenden Namen “Big-Mac-Attack”, da die Bakterien unter anderem durch den Verzehr von zu kurz gegartem Fleischübertragenwerden. LICHTAN L tkraft dank Bakterien Geduldig wartet der Anglerfisch auf dem Grunde des Meeres. In diese Tiefe dringt kein Sonnenlicht hinab - es ist dunkel. Dunkel bis auf die leuchtende Kugel, die sich vor dem Maul des Fisches leicht in der Strömung bewegt. Das Leuchten dieser Kugel, die sich auf einem Körperanhang des Anglerfisches befindet, dient dem Räuber als Köder. Sobald ein neugieriger Fisch den Fehler macht, dem leuchtenden Gebilde zu nahe zu kommen, schnappt das Maul des Anglerfischesblitzschnellzu. Diese kräftesparende Jagd verdankt das Tier einem in der Tiefsee weit verbreiteten Phänomen: der Biolumineszenz. Die Lumineszenz wird vielseitig eingesetzt, nicht nur zum Beutefang. Bei einigen QuallendienenschillerndeStreifenalsSignalfürdiePaarungoderdurchplötzlichesAufblinken-alsSchutzvorRäubern.Laternenfische nutzen das Lumineszenz-Licht als eine Art Taschenlampe, möglicherweise zur Nahrungssuche. Andere Tiere, deren Biolumineszenz-Organe an der Unterseite liegen, schützen sich auf dieseWeisevorRäubern,dasiesovonuntennichtgegendashellere Oberlicht als dunkler Schatten erkannt werden können. Aber Lumineszenzfindetmannicht nur in der Tiefsee, sondern auch an Land. Auch Pilze können leuchten, um Insekten zur Verbreitung ihrer Sporen anzulocken und Leuchtkäfer (Glühwürmchen) nutzen das Leuchten zur Partnersuche. Der Mechanismus der Lichterzeugung ist bei allen Tieren gleich. Chemische Energie wird mit hoher Bioluminiszenz©NOAA Quantenausbeute in Lichtenergie verwandelt. In der Regel oxidiert das Enzym Luciferase dabei eine Substanz (Luciferin). Bei dieser Reaktion werden Lichtquanten unter Verbrauch von ATP freigesetzt. Unter den Tiefseebewohnern nutzen über zwei Drittel die Lumineszenz. Einige besitzen körpereigene photogene Zellen. Diese Art der Lichterzeugung wird primäres Leuchten genannt. Die meisten von ihnen nutzen jedoch das sekundäre Leuchten. Die körpereigenen Zellen sind nicht zur Lichterzeugung befähigt, diese Aufgabe übernehmen symbiotische Bakterien. Der Korallenfisch PhotoblepharonzumBeispielbeherbergtinseinenunterdenAugen gelegenen Leuchtorganen Bakterien, die außerhalb des Organes nicht überleben könnten. Als Gegenleistung für das erzeugte Licht werden sie mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Anders als bei primärem Leuchten, wo die Leuchtaktivität ein- und ausgestellt werden kann, kann der Korallenfisch den Bakterien nicht befehlen, das Licht bei drohender Gefahr zu löschen. Er kann es aber verdecken,indemereineHautfalteüberdasleuchtendeOrganzieht. Auch in der Forschung hat man die vielseitige Nutzbarkeit der Lumineszenz bereits entdeckt. Eine neue Technik, in der das Phänomen der Lumineszenz genutzt wird, soll den Tuberkulose-Test revolutionieren.BisherdauerteesdreiMonate,bisdieKulturenvon tuberkulose-auslösenden Bakterien so weit gewachsen waren, dass ein Antibiotikum gefunden werden konnte, gegen das der Stamm nicht resistent ist. Wird aber ein Gen in die DNA der entnommenen Bakterien insertiert, welches die Information für die Bildung des Enzyms Luziferase codiert, so eröffnen sich neue Möglichkeiten. Schon eine zwei Tage gewachsene Kultur enthält genug Zellen, um mit empfindlichen Luminometern Lichtbildung festzustellen, sobald Luciferin als Substrat der Kultur zugegeben wird. Nun können verschiedeneAntibiotikagetestetwerden.StopptdieLichterzeugung, so war der Stamm nicht resistent. Eines Tages werden auf diese WeisevielleichtdiedreiMillionenMenschengerettetwerdenkönnen, die heute noch jährlich an Tuberkulose sterben. Eine weitere Anwendungsmöglichkeit der Biolumineszenz liegt im Bereich der Umweltanalytik. So kann etwa die Wassergüte mithilfe leuchtender Symbiosebakterien ermittelt werden. Bei großen Schadstoffmengen wird weniger Licht produziert. Noch sind die Möglichkeiten, uns die Fähigkeiten der Tiefseebewohner und ihrer Symbionten zunutze zu machen,beiweitemnichtausgeschöpft… NAHRUNGSERGÄNZUNGBEILEGUMINOSEN S stoff-FixierungindenWurzelknöllchenAlleLebewesensind aus Proteinen aufgebaut. Proteine setzen sich aus Aminosäuren zusammen. Jede Aminosäure enthält Stickstoff. Stickstoff ist zwar in der Atmosphäre reichlich vorhanden (fast zu 80 Prozent), zur Aminosäuren-Synthese kann allerdingsnurfixierterStickstoffinFormvonAmmoniumoderNitrat verwendet werden. Die einzigen Lebewesen, die in der Lage sind, Luftstickstoff zu binden, sind Bakterien. Das Problem bei der Fixierung von atmosphärischem Stickstoff ist die Lösung der Dreifachbindung zwischen den beiden Stickstoff-Molekülen, die zu den stärksten kovalenten Bindungen biologisch bedeutsamer Moleküle zählt. Die Nitrogenase, die die Reduktion zu Nitrat katalysiert, benötigt umgerechnet zehn Gramm Glucose für jedes Gramm fixiertem Stickstoff. Dennoch ist die Leistung dieses Enzymkomplexes bewundernswert, verglichen mit der industriellen Synthese von Nitrat. Bei diesem sogenannten Haber Bosch VerfahrenwerdenTemperaturenvon400-600°Cbenötigt,derDruck beträgt200atm.TrotzdemliegtdieAusbeutemitnur12Prozentweit unterdem,wasdieNitrogenasebeieinerTemperaturvon20°Cund unter Normaldruck schafft. In der Regel gewinnen Pflanzen den benötigten Stickstoff in Form von Nitrat, das von Bodenbakterien gebildetwurde,ausderErde.DieseBeziehunghatsichbeiPflanzen der Familie der Schmetterlingsblütengewächse (Fabaceae) vertieft. Hier leben stickstoff-fixierende Bakterien der Gattung Rhizobium direkt in bestimmten Bereichen der Wurzel, den Wurzelknöllchen. Die Beziehung ist wirtsspezifisch, jede Pflanze ist also mit einer eigenen Spezies der Bakterien vergesellschaftet. Wieder profitieren beide Partner an der Symbiose. Der pflanzliche Wirt wird mit fixiertem Stickstoff versorgt. Die Bakterien erhalten dafür Kohlenhydrate und andere organische Verbindungen von den Pflanzenzellen. KoordinierteAktivitäten Interessant bei dieser Symbiose sind die koordinierten Aktivitäten der beiden Partner. Das zeigt sich bereits bei der Infektion der Wurzel durch die Bakterien. Durch chemische Verbindungen, die die Wurzelzellen absondern, werden die beweglichen Rhizobium-Bakterien angelockt. Durch dieses Signal wird im Bakterium ein Leguminose©BrotherAlfred bestimmtes Gen aktiviert (das NodD Brousseau Gen), welches weitere beteiligte Gene reguliert. Dadurch werden auch von den Bakterien chemische Signaleausgesendet,dienunbeiderPflanzedazuführen,dasssich die Wurzelhaare um die Bakterienpopulation krümmen. Die Bakterien verdauen die Zellwand des Wurzelhaares und dringen in einem Infektionsschlauch in die Zelle ein. Innerhalb des Infektionsschlauches wandern sie bis in die Wurzelrinde. Diese Infektion induziert in der Pflanze Zellteilungen und die Bildung von Schwellungen, den sogenannten Wurzelknöllchen. Innerhalb dieser Wurzelknöllchen liegen die Bakterien als Bakteroide ohne äußere Zellwand vor. Von den Knöllchen aus führt Leitgewebe in den Zentralzylinder der Wurzel, in dem die gebildeten Aminosäuren abtransportiertwerden.DieengeBindungderBeziehungwirdauch in der Synthese des Moleküls Leghämoglobin deutlich. Dabei stellen Pflanze und Bakterien jeweils einen Teil des Enzyms her. Die Proteinkomponente ist im pflanzlichen Genom codiert, die des dazugehörendenPorphyrinringesdagegenimGenomderBakterien. Leghämoglobin liefert einerseits Sauerstoff für die Zellatmung, bei der ATP entsteht, das zur Stickstoff-Fixierung benötigt wird. Andererseits lagert es sich um die Bakteroide und fängt Sauerstoff ab.DadurchwirddieKonzentrationanfreiemSauerstoffimBereich der Bakteroide deutlich reduziert, was der Aktivität der Nitrogenase zugute kommt, denn dieses Enzym ist sehr sauerstoffempfindlich. Von wirtschaftlicher Bedeutung ist diese Symbiose im Zusammenhang mit der Gründüngung. Da überschüssiges Ammonium wieder ausgeschieden wird, nimmt der Stickstoffgehalt des Bodens zu. Beim Fruchtwechsel werden jährlich abwechselnd Nicht-Leguminosen und Leguminosen angebaut, wobei die Leguminosenwiederuntergepflügtwerden,umdieStickstoff-Zufuhr in den Boden noch zusätzlich zu verstärken. In vielen asiatischen Ländern wird beim Reisanbau die symbiotische Stickstoff-Fixierung indirekt eingesetzt. In den Reisfeldern werden Wasserfarne der Gattung Azolla kultiviert. Dieser Farn steht nicht in Symbiose mit Rhizobium, sondern mit stickstoff-fixierenden Cyanobakterien. DadurchwirdderGehaltanfixiertemStickstoffimReisfelderhöht,es kommtzueinerErtragssteigerung.Auchhieristeswiedereinmaldie Symbiose, die eine ertragreiche Landwirtschaft überhaupt erst ermöglicht. 04|Impressum scinexx.de-DasWissensmagazin MMCDNEWMEDIAGmbH Elisabethstraße42 40217Düsseldorf Tel.0211-94217222 Fax03212-1262505 www.mmcd.de [email protected] Geschäftsführer:HaraldFrater,[email protected] Chefredakteurin:NadjaPodbregar,[email protected] Handelsregister: Düsseldorf,HRB56568;USt.-ID.:DE254927844; FinanzamtDüsseldorf-Mitte Konzeption/Programmierung YOUPUBLISHGmbH Werastrasse84 70190Stuttgart M:info(at)you-publish.com Geschäftsführer:AndreasDollmayer ©2016byKonradinMedienGmbH,Leinfelden-Echterdingen