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31. August 2016
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Aktuelle Stunde:
GRECO: Transparenz
der Parteienfinanzierung
AKTUELLE STUNDE: GRECO: TRANSPARENZ DER PARTEIENFINANZIERUNG
Landtagspräsident Albert Frick
Wir kommen zu Traktandum 4: Aktuelle Stunde.
Ich bitte die Einrichtung vorzunehmen. Das ist soeben geschehen. Für die heutige Ausgabe hat die
Fraktion der Freien Liste das folgende Thema benannt: GRECO: Transparenz der Parteienfinanzierung.
Ich bitte um das Einführungsreferat.
Abg. Helen Konzett Bargetze
Besten Dank für das Wort. Geschätzte Mitglieder der Regierung, geschätzte Abgeordnete. Heute wollen
wir das Thema «GRECO: Transparenz in der Parteienfinanzierung» diskutieren. Das Thema ist aktuell
und von landesweiter Bedeutung.
Die dem Europarat zugeordnete Organisation GRECO, die Staatengruppe gegen Korruption, weilte im
September 2015 mit einem Expertenteam in Liechtenstein. Die Korruptionsexperten untersuchten im
Rahmen der dritten Evaluationsrunde Liechtenstein im Hinblick auf die Transparenz der Parteienfinanzierung und suchten zu diesem Zweck das Gespräch mit Vertretern aller Parteien, der Regierung und der
Verwaltung. Am 18. März 2016 wurde auf der Homepage von GRECO das Dokument «Evaluationsbericht
über Liechtenstein: Transparenz der Parteienfinanzierung» veröffentlicht. Weiter hat der Bericht in den
Medien Liechtensteins kaum Beachtung gefunden. Bis im September nächsten Jahres muss die Regierung
einen Umsetzungsbericht an die Staatengruppe gegen Korruption einreichen.
Die GRECO-Experten kamen im Evaluationsbericht zum Schluss, dass Liechtenstein zu den wenigen
GRECO-Mitgliedern gehört, «die über kein System zur Gewährleistung von Transparenz in der Parteienfinanzierung verfügen, was die Diskussion hochaktuell macht». Und später im Bericht: «Seit einer Gesetzesänderung im Jahr 1995 sieht das Gesetz die regelmässige Veröffentlichung dieser Jahresrechnungen
in geeigneter Form vor. Dies geschieht in der Praxis jedoch nicht. Nur eine einzige politische Partei
veröffentlicht finanzielle Informationen auf ihrer Internetseite.»
Obwohl im Gesetz niedergeschrieben ist, dass eine Veröffentlichung der Finanzflüsse der politischen
Parteien zu erfolgen hat, hat GRECO Informationen der Parteien über ihre Finanzen bei allen Parteien
ausser einer nur unter der Bedingung der Vertraulichkeit erhalten. Aus ihren Beobachtungen und der
nicht eingehaltenen Gesetze heraus hat GRECO für Liechtenstein unter anderem folgende Punkte angeregt:
Transparenz bezüglich Beiträgen durch Dritte zur Parteien- und Wahlkampffinanzierung (Offenlegung
von Spenden), regelmässige und fristgerechte Veröffentlichung angemessener Jahresrechnungen durch
politische Parteien und gegebenenfalls anderer Wahlkampfteilnehmer, Mechanismen zur unabhängigen
Aufsicht der Parteien- und Wahlkampffinanzierung, eine Berichterstattung über die regelkonforme Verwendung von Geldern durch die Parteien und zu guter Letzt Sanktionen bei Verstössen. Zusammengefasst
gesagt, fehlt also vor allem die Transparenz in der Verwendung der Gelder. Es liegt in der Verantwortung
der politischen Parteien, für diese Transparenz zu sorgen. Es ist im Interesse von uns allen, diese Transparenz herzustellen.
Der GRECO-Bericht und die daraus aus Sicht der Landtagsabgeordneten und der Regierung resultierenden
angezeigten Massnahmen bilden den Diskussionsgegenstand dieser Aktuellen Stunde. Wir sind gespannt
auf Ihre Beiträge, und vielleicht kommt es auch zu konkreten Vorschlägen, welche in einem überpartei-
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GRECO: Transparenz
der Parteienfinanzierung
lichen Konsens umgesetzt werden können. Schlussendlich ist eine Stärkung des öffentlichen Vertrauens
in die Politik im Sinne von uns allen, da bin ich sicher.
Im Besonderen können heute in der Aktuellen Stunde folgende Fragen diskutiert werden:
- Braucht es mehr Transparenz in der direkten Parteienförderung sowie in der Medienförderung - wie
ist die Haltung der Abgeordneten und der Regierung zu den Schlussfolgerungen des GRECO-Evaluationsberichts und zur Tatsache, dass das Gesetz nicht eingehalten wird?
- Welche vertrauensfördernden und korruptionsvorbeugenden Massnahmen im Bereich der Finanzen
der politischen Parteien sind grundsätzlich in unserem Kleinstaat, in dem jeder jeden kennt, unabdingbar und verhältnismässig, um die Glaubwürdigkeit der politischen Parteien zu sichern?
- Und zu guter Letzt: Sind Massnahmen angezeigt und, wenn ja, welche sind zielführend und wie
beziehungsweise mit welcher Form der Mitwirkung soll die Umsetzung erfolgen?
Nun freue ich mich auf eine fruchtbare Diskussion der GRECO-Thematik zur Parteienfinanzierung,
besten Dank.
Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.
Abg. Christine Wohlwend
Vielen Dank, Herr Präsident, für das Wort. Werte Abgeordnete, guten Morgen wünsche ich. Wir haben
nun die Gelegenheit, uns eine Stunde - hoffentlich weniger - mit uns selbst zu beschäftigen, wieder einmal.
Dank der wiederholten Thematisierung der Parteienfinanzierung. Ich möchte gleich Ihre Frage vorwegnehmen. Nein, ich glaube, es braucht nicht mehr Transparenz. Ich möchte auf zwei, drei Punkte eingehen
und vielleicht eine etwas ungewöhnliche Brücke schlagen gleich zu Beginn: zur Vorratsdatenspeicherung.
Man proklamiert, wenn man nichts zu verstecken hat, dann müsste man auch keine Angst vor Transparenz
haben. Nur, es gibt vielleicht Leute, die wollen einfach nicht, dass man weiss, was sie tun, auch wenn
sie nichts zu verstecken haben.
Ich persönlich spende jährlich an einzelne Organisationen und ich möchte nicht öffentlich genannt werden.
Ich möchte nicht auf einer Internetseite stehen. Ich möchte nicht öffentlich bedankt werden und ich
möchte auch nicht namentlich in einer Jahresrechnung auftauchen. Wenn das passieren würde, würde
ich nicht mehr spenden - ganz einfach. Ich kann in diesem Fall nur für mich sprechen. Fakt ist aber, dass
ich nicht glaube, dass eine Veröffentlichung der Namen der Spender einer Partei korruptionsvorbeugend
wirkt, zumal das immer noch bedingt, dass eine Handlung des Landtags mit dieser Spende verlinkt werden
müsste. Ansonsten gäbe es auch keine Korruption. Und hier vielleicht nur eine kleine Anmerkung, wie
das bei uns FBP-intern gelöst wird: Da wir eine grosse Volkspartei sind, können wir es uns erlauben, die
Funktionen zu trennen. Insofern sind bei uns die Geschäftsführung und die Landtagsfraktion nicht in
Personalunion und insofern wissen wir schlicht und einfach auch nicht, wer spendet. Wir haben das bei
uns tatsächlich getrennt - genau aus diesem Grund. Wir möchten nicht beeinflusst werden können. Ich
kann Ihnen keine Namen und keine Beträge nennen und ich bin auch froh darum, denn dann komme ich
nicht einmal in Versuchung, darüber nachzudenken, in einzelnen Fällen so oder so zu reagieren. Ich
glaube, die GRECO ist sicherlich berechtigt, und ich glaube, die GRECO sollte auch weiterhin hier die
Überprüfungen vornehmen. Jedoch glaube ich, dass auch die GRECO mit einer Diskussion angefreundet
werden könnte, ihre Messlatten von Deutschland und Frankreich auf Liechtenstein etwas anzupassen.
Vielen Dank.
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GRECO: Transparenz
der Parteienfinanzierung
Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.
Landtagsvizepräsidentin Violanda Lanter-Koller
Danke, Herr Präsident. Die Freie Liste bringt den Evaluationsbericht der Staatengruppe des Europarates
gegen Korruption, kurz GRECO, zum Thema Transparenz in der Parteienfinanzierung zur Diskussion.
Dieser Bericht wurde im März auf der Homepage von GRECO veröffentlicht. Die Empfehlungen sind
am Schluss des Berichts zusammengefasst aufgeführt. Die Regierung ist gefordert, bis in einem Jahr
einen Umsetzungsbericht zuhanden der Staatengruppe abzuliefern. Es macht deshalb Sinn, wenn der
Landtag seine Haltung äussert und der Regierung im Hinblick auf diesen zu verfassenden Umsetzungsbericht seine Meinung bekannt gibt. Eine zeitliche Dringlichkeit hinsichtlich allfälliger Umsetzungsmassnahmen sehe ich allerdings überhaupt nicht. Liechtenstein ist zwar Mitglied des Europarats und auch der
Staatengruppe gegen Korruption, trotzdem handelt es sich bei den Empfehlungen nur um Empfehlungen,
die unter dem Motto «comply or explain» auch ausgeschlagen werden können.
Grundsätzlich halte ich die Gefahr der politischen Korruption, die ja Hintergrund für die verstärkt geforderte Transparenz in der Parteienfinanzierung ist, in Liechtenstein für nicht sehr gross. Wie die Korruptionsexperten selber schreiben, sind wir ein Kleinstaat, in welchem den Parteien eine traditionell weniger
bedeutende Rolle zukommt als in anderen parlamentarischen Demokratien. Alle Empfehlungen von
GRECO umzusetzen, erachte ich deshalb als völlig unverhältnismässig.
Vielmehr sollten die geltenden gesetzlichen Grundlagen der Parteienfinanzierung umgesetzt werden,
bevor mit Kanonen auf Spatzen geschossen wird. Konkret bedeutet dies, dass die Regierung und die
Stabsstelle Finanzen sicherstellen, dass die Voraussetzungen für die Ausrichtung der staatlichen Beiträge
eingehalten sind. Die Organisationsform der politischen Partei als Verein sowie die Vollständigkeit der
eingereichten Unterlagen müssen überprüft werden. Gemäss geltendem Gesetz über die Ausrichtung von
Beiträgen an die politischen Parteien kann die Regierung die Ausrichtung von Beiträgen von der Vorlage
genehmigter Statuten, Jahresrechnungen sowie Unterlagen über die Zielsetzungen und Tätigkeit der politischen Parteien abhängig machen. Die politischen Parteien ihrerseits haben über die Verwendungen
der Beiträge genaue Aufzeichnungen zu führen und die dazugehörigen Unterlagen aufzubewahren. Die
Jahresrechnungen sind jeweils in geeigneter Form zu veröffentlichen. Die Regierung kann sogar ein unabhängiges Revisionsunternehmen mit der Prüfung beauftragen. Was die öffentlichen Gelder anbelangt,
so hat die Regierung also Handhabe genug, um ihre zweckmässige Verwendung zu kontrollieren, und
ich erwarte, dass sie das Gesetz auch anwendet. Die Parteien ihrerseits sind aufgefordert, diesen Vorschriften hinsichtlich Transparenz nachzukommen, sofern es hier noch Nachholbedarf gibt. So steht meines
Erachtens der Veröffentlichung einer revidierten Jahresrechnung nichts entgegen. Ein weiterer Ausbau
der Aufsicht, über die bestehenden Kompetenzen der Regierung hinaus, drängt sich hingegen nicht auf.
Dies würde eine unverhältnismässige Bürokratisierung bedeuten, die der Kleinheit und Überschaubarkeit
unseres Landes nicht gerecht würde.
Was die privaten Finanzierungsquellen anbelangt, so besteht aus nachvollziehbaren Gründen wenig
Transparenz. Ich halte unser System der Parteienfinanzierung für nicht korruptionsanfällig. Wirtschaftsunternehmen müssen ihre Beiträge an Parteien in Büchern verzeichnen, wenn auch nicht individualisiert.
Um ihre Anliegen vorzubringen, suchen sie, organisiert in Wirtschaftsverbänden, offen das direkte Gespräch mit den Parteien und den Politikern. Die Wege sind kurz und die Entscheidungsträger bekannt.
Natürliche Personen, die etwas zur Parteienfinanzierung beitragen, machen dies gezielt und sind wohl
meistens selber aktive Parteimitglieder. Gerade weil jeder jeden kennt, besteht das Bedürfnis nach Privatsphäre, ansonsten sich diese Spender wohl zurückziehen würden.
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GRECO: Transparenz
der Parteienfinanzierung
Eine weitere Form der Unterstützung der politischen Parteien kann darin gesehen werden, dass Unternehmen ihre Mitarbeiter für die Wahrnehmung eines politischen Mandats freistellen. Die Parteienunterstützung
in Liechtenstein ist mitnichten so intransparent, wie es GRECO darstellt. Dennoch würde ich es im Sinne
der Vollständigkeit und Prävention begrüssen, wenn die politischen Parteien ein Spendenreglement erlassen. Darin können die ethisch-moralischen Grundsätze zur Entgegennahme von Spendengeldern sowie
deren Transparenz abgehandelt werden. Eine solche Selbstregulierung schafft Vertrauen sowohl bei den
Vereinsmitgliedern als auch gegenüber den Behörden und der Öffentlichkeit. Zusammenfassend befürworte ich also die Umsetzung bestehender gesetzlicher Regelungen als auch eine erhöhte Sensibilität der
politischen Parteien hinsichtlich der Finanzierung durch private Sponsorengelder. Einen Ausbau der
Bürokratie durch eine verstärkte Aufsichtstätigkeit und Sanktionsmechanismen halte ich jedoch für unverhältnismässig. Danke.
Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.
Abg. Harry Quaderer
Danke, Herr Landtagspräsident. Ja, zuerst fragte ich mich wirklich, wo ist denn die Aktualität dieses
Themas. Ich erkenne es überhaupt nicht. Es ist ganz einfach ein weiterer Versuch der Freien Liste,
Liechtenstein oder, besser gesagt, die politischen Akteure oder Parteien Liechtensteins im Ausland anzuschwärzen. Einen anderen Grund erkenne ich da überhaupt nicht. Die Freie Liste ist mit einem Postulat
im Jahr 2013 mit dem reisserischen Titel «Transparente Parteienfinanzierung zur Stärkung des Vertrauens
in die Parteien» sang- und klanglos untergegangen. Mit dem heutigen Thema versucht die Freie Liste,
der verlängerte Arm der GRECO, einer Staatengruppe, welche gegen Korruption kämpft, zu sein. Dass
Länder wie Russland, Aserbaidschan, die Ukraine oder die Türkei Mitglieder dieses Vereins sind und
sich von den USA beobachten lassen, spricht Bände. Da kann man nur sagen: Humor ist, wenn man
trotzdem lacht. Fast so lustig, wie wenn man liest: Italien setzt Liechtenstein auf eine weisse Liste. Das
ist Ironie oder auch Sarkasmus pur.
Nun, ich durfte mit den Vertretern der GRECO selber sprechen. Zum Glück aber war es nur eine halbe
Stunde. Der Grund dafür war, weil die Korruptionsexperten der Freien Liste ihre Redezeit massiv überzogen hatten. Aber dafür kann ich Ihnen ja im Nachhinein nur danken. Und ja, Sie sehen Probleme in
unserem Land, wo ich sie nicht sehe. Gerne hätte ich der Freien Liste die heutige Redezeit auch noch
geschenkt. Aber das ist ja leider nicht möglich. Nun, wenn man den 27-seitigen Bericht dieser GRECOKorruptionsexperten liest, könnte man wirklich glauben, dass in Liechtenstein fast alles, was mit Politik
zu tun hat, mit einem Grauschleier umgeben ist. Die Freie Liste pflichtet dem natürlich bei, wenn man
diese These der Freien Liste liest. Sie stellt die Frage: «Welche vertrauensfördernden und korruptionsvorbeugenden Massnahmen im Bereich der Finanzen der politischen Parteien sind grundsätzlich in unserem
Kleinstaat, in dem jeder jeden kennt, unabdingbar und verhältnismässig, um die Glaubwürdigkeit der
politischen Parteien zu sichern?» Das muss man sich schon auf der Zunge vergehen lassen. Aber eigentlich
musste ich lachen, dass die Freie Liste noch jeder und jeden in unserem Land kennt. Für mich ist eine
solche Formulierung eigentlich eine gigantische Frechheit, aber sie zeigt, mit welch billigem Linkspopulismus die Freie Liste agiert. Der Regierung kann ich eigentlich nur empfehlen, die Empfehlungen, welche
die Schweiz beantwortet hat, eins zu eins zu übernehmen und zu sagen, dass sie keine Probleme mit unseren politischen Parteien im Lande Liechtenstein sieht.
Zur Transparenz kann ich Ihnen sagen, dass «du - die Unabhängigen» als grössten Spender den HiltiFamilientrust hat, welcher unsere Partei mit CHF 32'000 fördert. Aber es gilt zu sagen, dass der HiltiFamilientrust die politischen Parteien mit CHF 200'000 im Jahr fördert - CHF 8'000 pro Abgeordneten.
Und Sie haben das klar, öffentlich und transparent gemacht. Und da ist der grösste Spender, den ich sehe
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und keinen anderen. Und ich sehe überhaupt kein Problem mit Parteienspenden. Ich sehe überhaupt kein
Problem mit Transparenz. Dass die Parteien überhaupt zum Genuss der Parteienförderung kommen,
müssen sie eine revidierte Bilanz und einen Revisionsbericht bei der Stabsstelle Finanzen einreichen. Ich
denke mir, das sollte genügen.
Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.
Stv. Abg. Patrick Risch
Besten Dank für das Wort. Nur als kurze Replik: Es ist keine These: Transparenz. Es ist keine These der
Freien Liste wegen der Transparenz, sondern es ist nun mal der dritte Evaluationsbericht der GRECO,
welcher sich mit der Transparenz befasst hat und welcher von der Parteienfinanzierung in Liechtenstein
handelt. Oder nach dem Studium kann man fast sagen, dass dieser von der fehlenden Transparenz handelt.
Liechtenstein ist nun einmal Mitglied der GRECO, der Staatengemeinschaft gegen Korruption. Und
Liechtenstein ist eines der vier Länder, welches die Criminal Law Convention noch nicht ratifiziert hat.
Wie die GRECO schreibt, sind auch noch einige Gesetzesänderungen notwendig, damit wir die Konvention ratifizieren könnten. Und der GRECO-Bericht lässt keinen Zweifel aufkommen, das derzeitige
System in Liechtenstein begünstigt nun einmal die Korruption. Ob sie vorherrscht oder nicht, das kann
ich nicht beurteilen, aber es ist einfach intransparent. Man weiss nicht, wo es langgeht. Die GRECO
schlägt deshalb Liechtenstein einige Massnahmen vor, und wie schon Frau Landtagsvizepräsidentin
Lanter-Koller ausgeführt hat, hätten wir schon ein Gesetz. Das müsste man einfach nur leben,
dann könnte eine der Massnahmen schon als erledigt betrachtet werden, wenn das Parteienfinanzierungsgesetz korrekt und konsequent umgesetzt werden würde. Dazu gehört auch die Veröffentlichung der
Jahresrechnung, wie es in Art. 6 des Parteienfinanzierungsgesetzes gefordert wird. Mit der Veröffentlichung
der Jahresrechnung inklusive aller markanten Finanzströme, wie zum Beispiel Parteispenden in einer
gewissen Höhe, sagen wir von über CHF 5'000, wird die Transparenz erhöht und dem Gesetz würde
Genüge getan.
Wenn man nichts zu verheimlichen hat, muss man vor Transparenz auch keine Angst haben. Transparenz
ist keine Modeströmung. Transparenz fördert das Vertrauen in ein System, in diesem Fall in das politische
System Liechtenstein. Und wie der Abg. Harry Quaderer auch ausgeführt hat, es ist auch kein Problem,
zu sagen, wer die Parteien mit Geld bedacht. Aber man weiss es nicht. Jetzt wissen wir es von der DU,
dass der Hilti-Trust Geld spendet, aber davor wussten wir das nicht. Also wir wussten es von der Freien
Liste, dass wir erhalten. Aber wir wussten nicht, ob die anderen das erhalten. Und die Politik geniesst
leider nun einmal keinen guten Ruf in der Bevölkerung. Die meisten sagen einem die schlimmsten
Worte, wenn man sagt: Ich bin in der Politik. Und heute ist die Politik mit Vorwürfen der Vetternwirtschaft,
der Parteinahme, sich beeinflussen zu lassen, konfrontiert. Die Offenlegung von Parteispenden hat noch
keiner Partei geschadet. Im Gegenteil, Unternehmen und Geldgeber können sich klar hinter eine Partei
stellen und sich zu deren politischen Zielen bekennen.
Das Parteifinanzierungsgesetz ist sicher verbesserungswürdig. Aber die ganzen Verbesserungen nützen
nichts, wenn das Gesetz nicht gelebt wird. Vielleicht müsste dem Gesetz einfach ein Art. 7 hinzugefügt
werden, der sagt: Der Landtag erstellt verbindliche Richtlinien für die Erstellung der Jahresrechnung und
Offenlegung von Parteispenden und Geschenken. Und ein neuer Absatz in Art. 2: Der Anspruch auf die
Ausrichtung von Beiträgen erlischt, wenn die Jahresrechnungen nach Art. 6 nicht fristgerecht veröffentlicht
werden oder die Richtlinien nach Art. 7 nicht eingehalten werden. Danke.
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Aktuelle Stunde:
GRECO: Transparenz
der Parteienfinanzierung
Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.
Abg. Eugen Nägele
Herr Präsident, danke für das Wort. Guten Morgen, geschätzte Frauen und Herren Abgeordnete. Die
Tatsache, dass der Landtag sich heute mit der Frage der Transparenz in der Parteienfinanzierung beschäftigt, wird die Korruptionsexperten der GRECO mehr interessieren als die hiesige Bevölkerung. Die Freie
Liste dient mit dieser Aktuellen Stunde vor allem der GRECO. Der Bericht der GRECO und auch das
Thema Parteienfinanzierung sind nicht aktuell. Ich wurde in den letzten Monaten, Wochen und Tagen
nicht einmal auf dieses Thema angesprochen.
Beim Studium der Webseite von GRECO ist mir aufgefallen, dass sich dieses Gremium in den bisherigen
Evaluationsrunden mit einer Vielzahl von Themen befasst und eine stattliche Anzahl von Berichten verabschiedet hat. Was ich leider nicht finden konnte, war eine Evaluation der Wirksamkeit der GRECOEmpfehlungen. Es gibt keine Informationen darüber, ob die Korruption in den Mitgliedstaaten seit Bestehen der GRECO abgenommen hat beziehungsweise ob eine allfällige Reduktion der Korruption dank
der Massnahmen, die wegen GRECO ergriffen worden sind, erfolgt ist. Das scheint mir ein grosses
Manko in der Arbeit von GRECO.
Ich kann ja verstehen, dass die Korruptionsexperten der GRECO bei ihrem Besuch in Liechtenstein nicht
die Antworten erhalten haben, die sie vielleicht gerne gehört hätten. Und wenn die GRECO aus ihrem
Besuch Schlüsse zieht, die nach Lesart der GRECO Liechtenstein in ein verdächtiges Licht rücken, kann
ich das auch nachvollziehen. Denn diese Experten kennen das Wesen eines Kleinstaates nicht und ich
gehe davon aus, dass sie auch keine Zeit hatten, sich damit vertieft auseinanderzusetzen.
Persönlich bin ich überzeugt, dass sich hinter unserem System der Parteienförderung nichts Unrechtes
verbirgt. Mir persönlich ist es tatsächlich nicht wichtig zu wissen, wer die Spender und Gönner unserer
vier Parteien sind. Ganz im Gegenteil: Dieses Nichtwissen stärkt mich in meiner eigenständigen Entscheidungsfindung.
Zudem sollten wir auch nicht vor jeder ausländischen Einflussnahme einknicken. Ohne die Arbeit der
GRECO in irgendeiner Weise schmälern oder in ihrer Bedeutung herunterspielen zu wollen, können wir
doch sagen, dass sie sich über unser Land keine Gedanken machen müssen. Aus meiner persönlichen
Erfahrung in den letzten Jahren kann ich sagen, dass hinter unserem System der Parteienfinanzierung
weder Korruption noch Missbrauch oder Bestechung stecken. Was die konkreten Fragen der Freien Liste
betrifft, kann ich diese alle mit Nein beantworten. Braucht es mehr Transparenz in der direkten Parteienförderung? Nein. Brauchen wir vertrauensfördernde und korruptionsvorbeugende Massnahmen? Nein.
Sind Massnahmen angezeigt? Auch hier denke ich: Nein.
Ich empfehle der Regierung, diesem Thema keine grosse Bedeutung zu geben. Verhalten Sie sich ähnlich
wie der Bundesrat in der Schweiz und beschäftigen Sie sich mit Themen, die für die Bevölkerung und
die Weiterentwicklung des Landes wichtig sind. Und um der Kritik gleich vorzubeugen: Ich habe nicht
übersehen, dass die Freie Liste erneut versucht, auch die Medienförderung mit diesem Thema zu verbinden.
Ich bin nicht darauf eingegangen, weil dieses Thema an dieser Stelle keinen Platz hat. Die Medienförderung
ist transparent und die Zahlen liegen auf dem Tisch, wenn man sie sehen will. Vielen Dank.
Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.
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Aktuelle Stunde:
GRECO: Transparenz
der Parteienfinanzierung
Abg. Thomas Vogt
Danke, Herr Präsident. Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete, guten Morgen. Die Parteien in
Liechtenstein wie auch in anderen Ländern sind ein sehr wichtiges Element der Demokratie. Die Parteien
tragen einen wesentlichen Teil zur Meinungsbildung über verschiedene Themen bei. Aufgrund der immer
komplexer werdenden Themengebiete wird diese Arbeit aber auch immer anspruchsvoller. Viele Personen
in den Parteien arbeiten unentgeltlich, jedoch Bedarf es doch gewisser finanzieller Mittel, um Arbeiten
einer Partei - beispielsweise Führen eines Sekretariats, Bestreitung eines Wahlkampfes, Durchführen
von Veranstaltungen etc. - finanzieren zu können. Finanziert werden die Parteien im Wesentlichen durch
Grundpauschalen, zusätzliche Beiträge, basierend auf der Anzahl Mandatare, und private Zuwendungen.
Vorab ist nun einmal festzuhalten, dass Liechtenstein aufgrund seines hohen Wohlstandes nicht zu den
Ländern zählt, die korruptionsanfällig sind. So wird auch im Bericht ausgeführt, dass es in Liechtenstein
noch keinen Fall der Korruption im Sinne des Strafgesetzbuches gegeben hat. Im Kampf gegen die
Korruption in der Politik ist die Finanzierung der Parteien wohl auch nicht das grosse Problem, solange
Parteien ihren mit Entscheidungsgewalten für Staat und Gemeinde versehenen Vertretern keinerlei Vorteile zukommen lassen und keine Gelder an diese fliessen. Somit ist festzuhalten, dass unabhängig davon,
dass keine Korruptionsfälle bekannt sind, Präventivmassnahmen getroffen werden sollen, die vor allem
die Transparenz der Parteienfinanzierung erhöhen sollen. Die GRECO schlägt Liechtenstein in ihrem
Bericht einige Massnahmen vor.
Die Freie Liste stellt nunmehr mehrere Fragen in den Raum, insbesondere ob es mehr Transparenz in
der direkten Parteiförderung braucht, welche korruptionsvorbeugenden Massnahmen als verhältnismässig
angesehen werden und welche Massnahmen angezeigt sind. Bezüglich der Transparenz schlägt die
GRECO vor, die Beiträge durch Dritte offenzulegen. Die Beiträge durch Dritte erfolgen oft durch Personen
beziehungsweise deren Gesellschaften, welche sich entweder aus historischen oder ideellen Gründen einer
Partei näher zugehörig fühlen als der anderen. Würden diese Beiträge dieser Personen veröffentlicht,
würde diesen Personen wohl in der öffentlichen Wahrnehmung quasi ein Parteistempel aufgedrückt
werden. In der Öffentlichkeit würde sodann diskutiert werden, Herr XY ist ein «Weisser», «Schwarzer»,
«Roter» oder ein DUler. Gehen wir also einmal davon aus, dass Herr XY ein in Liechtenstein lokal tätiger
Unternehmer ist und beispielsweise der Freien Liste einen Beitrag spendet, da er sich in Umweltthemen
von der Freien Liste gut vertreten fühlt und dieses Engagement unterstützen möchte. Würde dieser Herr
XY oder sein Unternehmen veröffentlicht, so würde dieser Herr XY öffentlich als Freie-Liste-Sympathisant
wahrgenommen werden, was dieser Herr XY als lokaler Unternehmer möglicherweise aber gerade nicht
will, weshalb er zukünftig möglicherweise von einer Unterstützung absehen würde, um nicht veröffentlicht
zu werden.
Zusammengefasst gehe ich somit davon aus, dass eine Veröffentlichung aufgrund der Kleinheit des
Landes zu einer Reduktion der Beiträge von Dritten an die Parteien führen würde, welche wohl, will man
die Einschränkung der wertvollen Arbeit der Parteien nicht in Kauf nehmen, durch höhere staatliche
Beiträge ausgeglichen werden müsste. Aufgrund der mit der Veröffentlichung der Dritten wohl einhergehenden Reduktion der Beiträge von Dritten scheint mir eine Veröffentlichung der Beiträge durch Dritte
als nicht verhältnismässig. In Bezug auf die geforderten abschreckenden Sanktionen ist darauf hinzuweisen,
dass die Sanktionen im Bereich des Korruptionsstrafrechts in diesem Jahr wesentlich verschärft wurden,
indem der Anwendungsbereich erweitert wurde und die Strafen empfindlich erhöht wurden. Auch die
bevorstehende Umsetzung der vierten EU-Geldwäschereirichtlinie wird für eine Verschärfung sorgen,
insbesondere durch die Einführung des PEP-Status für Politiker im Inland. Zusammengefasst sehe ich
bei den Bestimmungen betreffend die Parteifinanzierung aufgrund der bis anhin nie vorgekommenen
Missbrauchsfälle keinen Handlungsbedarf. Besten Dank.
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Aktuelle Stunde:
GRECO: Transparenz
der Parteienfinanzierung
Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.
Abg. Thomas Lageder
Herr Präsident, besten Dank für das Wort. Besten Dank meinem Vorredner, dass er sich des Themas angenommen hat und diskutiert und versucht, zu argumentieren. Ich teile Ihre Meinung nicht, aber ich lasse
sie gerne so stehen.
Zum Thema Medienförderung, das der Abg. Eugen Nägele kurz angeschnitten hat: Das sind nicht wir,
die Freie Liste, die dieses Thema in den Raum geworfen haben, sondern wenn Sie den GRECO-Bericht
lesen, dann ist das ganz klar angesprochen im GRECO-Bericht, dass Medienförderung in diesem Falle
relevant ist. Also das ist nicht von unserer Seite so einfach hineingeschmuggelt worden - ganz im Gegenteil.
Dann möchte ich kurz zu meinem Votum kommen. In Art. 6 des Gesetzes über die Ausrichtung von
Beiträgen an die politischen Parteien ist ausgeführt: «Die Jahresrechnungen sind jeweils in geeigneter
Form zu veröffentlichen.» Fakt ist, dass das so, mit einer Ausnahme auf freiwilliger Basis, nicht passiert.
Was denkt sich da eine Liechtensteinerin oder ein Liechtensteiner, wenn sie oder er von diesem Faktum
wissen. Man stellt sich zuerst sicherlich die Frage: Wie ist es möglich, dass ein geltendes Gesetz gerade
von den politischen Parteien nicht befolgt wird? Es erweckt auch den Eindruck, dass hier etwas nicht mit
rechten Dingen zu und her geht, denn warum sollte es sonst ein Problem darstellen, die Einnahmen und
Ausgaben transparent und übersichtlich darzustellen. Denn der Landtag verlangt von jedem öffentlichen
Unternehmen, von jeder staatlichen Stelle, dass peinlich genau Buch geführt wird und aufgezeigt wird,
wie jeder Franken verwendet wird. Was die Akteure der politischen Parteien von staatsnahen Unternehmen
- wie zum Beispiel der Post, den LKW, der LGV, dem Landesmuseum oder der Kulturstiftung - verlangen,
gilt also für ihre politische Organisation nicht. Das, obwohl die Finanzierung im Wesentlichen genau die
gleiche ist: Die politischen Parteien erhalten einen Staatsbeitrag und - so vermute ich -, wie die Kulturstiftung zum Beispiel, Spenden.
Als Liechtensteiner muss ich vermuten, dass bei den Parteien gemauschelt wird, dass es nicht mit rechten
Dingen zu und her geht. Ein Land wie Liechtenstein, das sich gerade in den letzten Jahren Transparenz
und Kooperation in Finanzangelegenheiten auf die Fahne geschrieben hat, lässt zumindest Zweifel an
seiner Glaubwürdigkeit aufkommen, wenn die Parteien als fundamentale Institutionen der Demokratie
keine öffentliche Transparenz in ihre Finanzflüsse bringen. Wie kann zum Beispiel einem Vorwurf entgegen getreten werden, dass Anspruchsgruppen sich mittels hoher Spenden versuchen einen unlauteren
Vorteil im Gesetzgebungsverfahren zu erwirken, wenn die Öffentlichkeit nicht über hohe Spenden und
deren Verwendung informiert werden muss? Es ist nicht möglich. Dass dabei ein von indirekter Parteienfinanzierung subventioniertes Medium versucht, sich hinter der Schweiz zu verstecken, die sich fast
wie kein anderes Land durch Einflussnahme von Lobbyisten und Intransparenz auszeichnet, mutet als
befremdend und ferngesteuert an. Schade ist dabei, dass gerade diese Medien, deren Auftrag es eigentlich
als vierter Pfeiler der Demokratie wäre, kaum über das sehr schlechte Abschneiden Liechtensteins bei
GRECO berichtet haben. Es scheint, dass auch hier finanzielle Verstrickungen und Netzwerke bestehen.
Liechtenstein würde es sehr gut anstehen, wenn zum einen geltendes Gesetz eingehalten würde und zum
anderen unter Mitarbeit der politischen Parteien selbst verpflichtende Transparenzrichtlinien erarbeitet
würden. Dies, um das Vertrauen in die Parteien zu stärken und über die Verwendung von Geldern dem
Volk Rechenschaft abzulegen. In allen Bereichen fordert der Landtag Transparenz ein. Das ist richtig
so. Bei der Parteienfinanzierung sollten wir es auch tun. Und ich bin nicht der Meinung, dass dieses
Thema das Volk nicht interessiert. Ganz im Gegenteil, ich denke, dass das Volk ganz aufmerksam zuhört.
Besten Dank.
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GRECO: Transparenz
der Parteienfinanzierung
Landtagspräsident Albert Frick
Besten Dank. Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Somit sind wir am Ende von Traktandum 4, der
Aktuellen Stunde, angelangt. Der Landtag hat beschlossen, Traktandum 5 von der Traktandenliste abzusetzen. Die Regierung hat sich bis anhin nicht gemeldet. Sie tut dies nachträglich. Wir bleiben also noch
bei Traktandum 4.
Regierungsrätin Aurelia Frick
Ich wollte warten, bis die Diskussion zu Ende ist, um die ganze Diskussion ein bisschen abzurunden. Die
Freie Liste hat in ihrer Begründung für den Themenvorschlag zu dieser Aktuellen Stunde auf die Empfehlungen von GRECO zur Parteifinanzierung Bezug genommen. Um unsere Diskussion in den richtigen
Bezugsrahmen zu stellen, werde ich daher ein paar Ausführungen zu GRECO und deren Aktivitäten im
Allgemeinen machen.
Das Kürzel GRECO steht für «Groupe d'Etats contre la Corruption». Es handelt sich dabei um eine
Gruppe von 49 Staaten, darunter alle 47 Mitgliedstaaten des Europarats sowie die USA und Weissrussland.
Liechtenstein ist dieser Staatengruppe 2010 beigetreten, nachdem es kurz davor das UNO-Übereinkommen
gegen Korruption ratifiziert hatte. Gegründet wurde GRECO im Jahr 1999 mit der Verabschiedung eines
erweiterten Teilabkommens des Europarats. Die Aktivitäten von GRECO bestehen hauptsächlich aus
einer gegenseitigen Überprüfung von Massnahmen zur Korruptionsprävention. Diese Überprüfung findet
im Rahmen von sogenannten Evaluationsrunden statt, die sich jeweils auf bestimmte Themen konzentrieren. Derzeit bereitet GRECO die Lancierung der fünften Evaluationsrunde vor. Diese soll im Januar 2017
beginnen und ist auch auf etwa fünf Jahre angelegt.
Die Grundlagen für die Evaluationsrunden bilden diverse Texte zum Thema Korruptionsprävention, die
der Europarat verabschiedet hat. Grösstenteils handelt es sich dabei um Empfehlungen des Ministerkomitees, das heisst um Texte, die in erster Linie einen politischen Charakter haben und völkerrechtlich
nicht verbindlich sind. Eine Ausnahme stellt das Strafrechtsübereinkommen des Europarats über Korruption dar. Die Übereinstimmung der nationalen Gesetze mit den Anforderungen dieser Konvention war
denn auch das eine Thema, dem sich die GRECO-Experten bei ihrem Besuch in Liechtenstein vom
September letzten Jahres gewidmet haben.
Das zweite Thema des Evaluationsbesuchs war die Transparenz bei der Finanzierung von politischen
Parteien und von Wahlkampagnen. Als Referenz für dieses zweite Thema diente eine Empfehlung des
Ministerkomitees aus dem Jahr 2003 «über gemeinsame Regelungen zur Bekämpfung der Korruption
bei der Finanzierung von politischen Parteien und von Wahlkampagnen». Das Strafrechtsübereinkommen
des Europarats, zu dem die Regierung dem Landtag noch in dieser Legislaturperiode einen Bericht und
Antrag zu unterbreiten gedenkt, enthält keine Bestimmung zur Parteifinanzierung. Eine solche gibt es
im Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption. Diese Bestimmung ist jedoch sehr offen
formuliert und lautet wie folgt: «Jeder Vertragsstaat zieht ferner in Erwägung, im Einklang mit den Zielen
dieses Übereinkommens und in Übereinstimmung mit den wesentlichen Grundsätzen seines innerstaatlichen
Rechts geeignete gesetzgeberische und verwaltungsrechtliche Massnahmen zu treffen, um die Finanzierung
von Kandidaturen für ein öffentliches Wahlamt und gegebenenfalls die Finanzierung politischer Parteien
transparenter zu machen.»
Daraus folgt, dass Liechtenstein keine völkerrechtliche Verpflichtung eingegangen ist, die Finanzierung
von politischen Parteien auf eine neue rechtliche Basis zu stellen. Dennoch haben Empfehlungen von
GRECO natürlich ein politisches Gewicht, da sich Liechtenstein wegen der Bedeutung, die es den internationalen Bemühungen zur Korruptionsbekämpfung beimisst, freiwillig an den Evaluationen beteiligt.
Der von der Freien Liste zitierte Bericht ist Teil der dritten Evaluationsrunde, welche neben der Transparenz der Parteienfinanzierung wie erwähnt auch die Kompatibilität des liechtensteinischen Strafrechts
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Aktuelle Stunde:
GRECO: Transparenz
der Parteienfinanzierung
mit der Strafrechtskonvention des Europarats über Korruption zum Thema hat. Der Evaluationsbericht
über Liechtenstein zu den beiden Themen wurde vom GRECO-Plenum am 18. März 2016 verabschiedet.
Veröffentlicht wurde der Bericht nach der Kenntnisnahme durch die Regierung und der Übersetzung ins
Deutsche am 2. Juni 2016. Im Bericht, der sowohl auf der GRECO-Webseite als auch auf der Homepage
des Amtes für Auswärtige Angelegenheiten verfügbar ist, werden insgesamt 20 Empfehlungen an die
liechtensteinischen Behörden gerichtet: zwölf zur Frage der Kompatibilität des Strafrechts mit der Europarechtskonvention und acht zum Thema der Parteienfinanzierung. Ein Vergleich mit unseren Nachbarstaaten bietet sich an: Bei der Evaluation Österreichs wurden elf Empfehlungen zum Thema Parteifinanzierung ausgesprochen, im Falle der Schweiz waren es sechs und bei Deutschland zehn.
Der Schweizer Bundesrat hat 2012 entschieden, die GRECO-Empfehlungen über die Parteifinanzierung
nicht umzusetzen. Zur Begründung führte er unter anderem an, dass die direkte Demokratie es schwierig
machen würde, nur die Wahlen und nicht die Abstimmungen solchen Transparenzregelungen zu unterstellen. Aufgrund der häufigen Abstimmungen seien auf der politischen Bühne nicht nur Parteien, sondern
zahlreiche andere Akteure tätig. Anwendbare Transparenzregelungen für alle diese verschiedenen Akteure
würden einen grossen und kostenintensiven Aufwand verursachen. GRECO hat sich im jüngsten Zwischenbericht, der sich mit der Umsetzung der Empfehlungen aus der dritten Evaluationsrunde durch die
Schweiz befasst, am vergangenen Donnerstag erneut enttäuscht über diese Haltung gezeigt und die Erwartung zum Ausdruck gebracht, dass sich die Lage in der Schweiz doch noch ändern würde. Anlass zu
dieser Erwartung bietet die Tatsache, dass Anfang 2016 in der Schweiz ein Bündnis mit dem Namen
«Für mehr Transparenz in der Politikfinanzierung» die Unterschriftensammlung für eine Volksinitiative
lanciert hat, welche die Publikation der Parteirechnungen, ein Verbot anonymer Spenden und eine Offenlegung aller Spenden von über CHF 10'000 pro Person und Jahr an Parteien und Komitees verlangt. Die
Unterschriftensammlung ist jetzt noch im Gang.
Im Landtag stand die Transparenz in der Parteifinanzierung zuletzt bei der Behandlung eines entsprechenden Postulats der Freien Liste vor drei Jahren zur Diskussion. Das Postulat fand keine Mehrheit. In der
Begründung zum Postulat hat die Freie Liste damals bereits auf die anstehende GRECO-Evaluation
hingewiesen. Das Ergebnis der Evaluation, das nun vorliegt, kommt nicht überraschend, weil GRECO
bei allen Ländern dieselben Standards anwendet. Länderspezifische Besonderheiten, wie die Grösse von
Parteien oder deren Rolle im landestypischen politischen Gefüge, werden zwar im Bericht erwähnt, haben
aber keine Anpassung der Standards zur Folge. Es muss an dieser Stelle gleichzeitig festgehalten werden,
dass die GRECO-Empfehlungen kein abschliessendes Urteil darstellen. Vielmehr sind sie eine Bestandesaufnahme mit Hinweisen auf jene Bereiche, in denen Anpassungen vorgenommen werden könnten,
um die Situation in Liechtenstein in Einklang mit der erwähnten Empfehlung des Ministerkomitees aus
dem Jahr 2003 zu bringen.
In diesem Sinne hat die Regierung den Evaluationsbericht zur Kenntnis genommen und die Arbeitsgruppe
Korruptionsprävention mit der Erarbeitung von Vorschlägen zur Umsetzung der GRECO-Empfehlungen
beauftragt. Die Arbeitsgruppe Korruptionsprävention wurde auch ermächtigt, zur Erarbeitung der Vorschläge Sachverständige aus weiteren Bereichen, insbesondere der Finanzkontrolle, des Handelsregisters
und der Stabsstelle Finanzen beizuziehen. Eine erste Sitzung verwaltungsinterner Sachverständiger hat
am 4. Juli dieses Jahres stattgefunden. Vertreten waren das Amt für Auswärtige Angelegenheiten, das
Amt für Justiz, das Ministerium für Präsidiales und Finanzen, die Stabsstelle Finanzen und auch die Finanzkontrolle. Es fand ein Austausch über mögliche Ansätze zur Umsetzung einzelner Punkte aus den
GRECO-Empfehlungen statt.
Liechtenstein hat bis Ende September 2017 Zeit, einen ersten Bericht über die getroffenen und geplanten
Massnahmen zur Umsetzung von Empfehlungen zu den beiden Themen der dritten Evaluationsrunde zu
unterbreiten. Die Regierung wird zu gegebener Zeit die Vorschläge der Arbeitsgruppe beurteilen und
über die weiteren Schritte Beschluss fassen.
31. August 2016
1605
Aktuelle Stunde:
GRECO: Transparenz
der Parteienfinanzierung
Erlauben Sie mir jetzt noch eine abschliessende Bemerkung zur Kritik der Freien Liste betreffend eine
angebliche Missachtung der geltenden Gesetzesbestimmungen. In Bezug auf die Veröffentlichungen der
Jahresrechnungen der politischen Parteien enthält das erwähnte Gesetz keine Einzelheiten darüber, welche
Form der Veröffentlichung als «geeignet» erachtet werden kann. Weder der Bericht und Antrag vom
Jahr 1994 noch die damalige Landtagsdebatte geben Aufschluss darüber. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass zu jener Zeit eine Online-Veröffentlichung im Internet nicht gängige Praxis war.
Zur Praxis gehörte wohl eher eine Veröffentlichung im Rahmen von Parteiversammlungen. Insofern ist
auch der Vorwurf der Freien Liste, dass das Gesetz in diesem Punkt nicht eingehalten werde, nicht
statthaft.
Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank, Frau Regierungsrätin.
Abg. Helen Konzett Bargetze
Besten Dank. Da es keine weiteren Wortmeldungen gibt, möchte ich es nicht unterlassen, noch ein ganz
kleines Schlusswort zu machen. Wir haben verschiedene Voten gehört. Ich möchte mich vor allem für
die sachlichen Voten bei Ihnen bedanken. Darunter waren Violanda Lanter-Koller, Thomas Vogt und
auch die Frau Aussenministerin. Ich denke, die Aufgabe des Aussenministeriums, den Bericht zu verfassen,
der im nächsten September dann vorliegen soll, ist auch keine einfache. Ich möchte nur noch eine kleine
Replik geben zu dem, was Sie ganz am Schluss gesagt haben. Ich denke die Kritik kam von der GRECO
und nicht von uns, dass eben das Gesetz einzuhalten wäre und es eben nicht eingehalten worden ist. Vor
allem eben auch deshalb, weil die GRECO - denke ich - beobachtet hat, dass die Treffen und die Auskünfte mit den politischen Parteien, die im Februar - glaube ich - erfolgt sind, eben auch unter der Bedingung stattgefunden haben, dass sie vertraulich sind. Es hat die GRECO wahrscheinlich auch teilweise
überrascht, dass gerade in Sachen Spenden dieses Siegel der Vertraulichkeit eingefordert wurde. Deshalb
möchte ich noch einmal sagen, dass diese Kritik nicht von uns kam, sondern von der GRECO.
Ich habe mich sehr gewundert, dass die Partei, die bei den letzten Wahlen stimmenstärkste Partei in
Liechtenstein geworden ist, sich nicht explizit wünscht, dass das Gesetz umgesetzt wird, so wie es von
GRECO gefordert wird, sondern dass Sie sich auf eine Haltung zurückziehen, die sagt, es ist alles okay,
wir müssen nichts ändern.
Dann waren die Voten, die von dieser Seite vor allem gekommen sind und auch von den DU: Das hat
mich sehr überrascht, dass Sie zum Teil den Europarat desavouiert haben, dass Sie die GRECO desavouiert
haben und dass Sie auch die Freie Liste desavouiert haben.
Ich denke, ich versuche, das Positive herauszustreichen. Ganz zum Schluss: Prävention scheint doch
angezeigt zu sein. Es wurde mehrfach gesagt, bestehende Gesetze sollen umgesetzt werden und es wurde
auch ein Erlass von Spendenreglementen angeregt und es wurde auch angeregt, Sanktionierungsmöglichkeiten bei Nichteinhaltung dieser Gesetze anzustreben oder vielleicht ins Gesetz einzufügen. Das gemäss
meinen Notizen die positiven Rückmeldungen. Deshalb erachte ich - ganz am Schluss - die Aktuelle
Stunde als fruchtbar. Wir mussten viel Kritik einstecken. Es hat geschmerzt und es war an der Grenze
des Erträglichen, vor allem was die DU beigetragen hat, aber ich versuche am Schluss, das positiv zu
sehen, und ich bin sehr gespannt auf die Verfassung dieses Berichts an die GRECO im nächsten Jahr.
Besten Dank.
Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.
31. August 2016
1606
Aktuelle Stunde:
GRECO: Transparenz
der Parteienfinanzierung
Abg. Pio Schurti
Danke, Herr Präsident. Ich war jetzt im Moment verunsichert, ob ich hier im richtigen Film bin. Ich kam
mir vor wie an einer GRECO-Veranstaltung. Da wurden im letzten Votum die Empfehlungen von
GRECO wiederholt und es wurden noch Noten verteilt für die verschiedenen Voten. Dies ist mir aufgefallen. Danke.
Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.
Abg. Wendelin Lampert
Besten Dank, Herr Präsident, für das Wort. Ich wollte eigentlich nichts sagen. Aber nachdem die Abg.
Helen Konzett Bargetze sagt, dass die aktuelle Mehrheitspartei bestehende Gesetze nicht umsetzen
möchte, kann ich nur festhalten: Ich bin natürlich für die Umsetzung bestehender Gesetze. Ich bin auch
für zusätzliche Transparenz, habe damit keine Mühe. Schauen Sie sich nur an, was im Gesundheitswesen
passiert ist, seit zum Beispiel im Öffentlichkeitsregister gewisse Bilanzen und Erfolgsrechnungen einsehbar
sind, welche «kolossalen» Wandlungen und Einsichten diverse Politiker gewonnen haben, darüber kann
ich nur staunen. Aber es ist natürlich bedenklich, dass es solche Fakten braucht. Aber die hat es da gebraucht. Deshalb: Ich kann ja nicht im Gesundheitswesen die ganze Zeit mehr Transparenz fordern und
bei mir persönlich dann sagen, nein, ich bin gegen Transparenz. Ich habe keine Mühe mit Transparenz,
und die Geschichte zeigt diese Transparenz schadet nicht.
Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.
Abg. Elfried Hasler
Danke für das Wort. Ich möchte nur noch kurz auf diesen Aspekt zu sprechen kommen, dass hier der
Vorwurf erhoben wurde, dass eben bestehende Gesetze nicht eingehalten würden. Die Frau Aussenministerin hat auch erwähnt, dass im bestehenden Gesetz nicht genau geregelt ist, in welcher Form diese Veröffentlichung stattzufinden hat, dass das nicht zwingend auf einem Internet sein muss oder was auch
immer, dass es eben auch bei Parteiveranstaltungen sein kann. Und das ist auch der Fall bei der FBP die Rechnung wird jährlich an einer Parteiveranstaltung präsentiert. Also ich will hier einfach nicht stehen
lassen, dass das bei der Mehrheitspartei nicht so wäre oder dass man hier bestehende Gesetze nicht umsetze. Danke.
Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Ich frage noch einmal in die Runde. Doch, es gibt eine weitere Wortmeldung.
Stv. Abg. Patrick Risch
Nur eine kurze Frage zum Wort «in geeigneter Form zu veröffentlichen». Das impliziert, also bedeutet
für mich: Veröffentlichung heisst, dass die Öffentlichkeit diese Jahresrechnung abrufen kann. Dürfte ich
bei der Parteizentrale der FBP anrufen und sagen, ich hätte gerne die Jahresrechnung von 2015? Oder
ist das nicht so öffentlich, dass es in dem Masse öffentlich ist?
31. August 2016
1607
Aktuelle Stunde:
GRECO: Transparenz
der Parteienfinanzierung
Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Bevor ich die Aktuelle Stunde zum Abschluss bringe, frage ich noch einmal in die Runde:,
Gibt es weitere Wortmeldung? Das scheint nun definitiv nicht der Fall zu sein, somit sind wir am Ende
von Traktandum 4 angelangt.
-ooOoo-
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