Hinweis Bei dieser Datei handelt es sich um ein Protokoll, das einen Vortrag im Rahmen des Chemielehramtsstudiums an der Uni Marburg referiert. Zur besseren Durchsuchbarkeit wurde zudem eine Texterkennung durchgeführt und hinter das eingescannte Bild gelegt, so dass Copy & Paste möglich ist – aber Vorsicht, die Texterkennung wurde nicht korrigiert und ist gerade bei schlecht leserlichen Dateien mit Fehlern behaftet. Alle mehr als 700 Protokolle (Anfang 2007) können auf der Seite http://www.chids.de/veranstaltungen/uebungen_experimentalvortrag.html eingesehen und heruntergeladen werden. Zudem stehen auf der Seite www.chids.de weitere Versuche, Lernzirkel und Staatsexamensarbeiten bereit. Dr. Ph. Reiß, im Juli 2007 Experimentalvortrag über Kohlenhydrate gehalten von Karsten Gäbel am 27. April 1994 Inhalt: 1. Einleitung Seite 1 Versuch 1: Nachweis von Kohlenstoff und Wasser 2. Definit ion und Einteilung Seite 1 3. Seite 3 Monosaccharide - Glucose Versuch 2: Glucose als Reduktionsmittel Versuch 3: Seliwanoff-Test auf Ketosen Versuch 4: Quantitative Bestimmung der OH-Gruppen in Glucose Versuch 5: Mutarotation der Glucose Versuch 6: Osazonbildung 4. Disaccharide Seite 8 Versuch 7: Reduzierende I nicht reduzierende Disaccharide 5. Polysaccharide Seite 9 Versuch 8: lod-Stärke-Reaktion Versuch 9: Schießbaumwolle 6. Literaturverzeichnis 7. Liste der Chemikal ien und Geräte Chemie in der Schule: www.chids.de Seite 12 Seite 13 1. Einleitung Man kennt mittlerweile weit über sechs Millionen verschiedene organische Verbindungen. Dennoch findet sich über die Hälfte des gesamten organischen Kohlenstoffs in den beiden Verbindungen Cellulose und Stärke. Diese spielen im Leben der Menschen eine wichtige Rolle: Wir essen stärkehaltiges Getreide oder verfüttern es an Tiere, die uns dann wieder mit Fleisch versorgen. Wir kleiden uns mit Cellulose in Form von Baumwolle oder Leinen, wir bauen Häuser aus Cellulose in Form von Holz. Auch Papier besteht aus Cellulose. So versorgen uns Cellulose und Stärke buchstäblich mit dem, was wir zum Leben brauchen, mit Nahrung, Bekleidung und Obdach. Cellulose und Stärke sind Polymere einer einzigen Verbindung: Glucose. Man kann also sagen, daß Glucose das "erfolgreichste" Molekül der Erde ist. Glucose und somit auch Cellulose und Stärke gehören zur Stoffgruppe der Kohlenhydrate. Diese Benennung ist historisch bedingt und rührt daher, daß man zunächst annahm, daß diese Verbindungen "Hydrate des Kohlenstoffs" wären - man wußte nämlich aus der Elementaranalyse, daß die allgemeine Formel dieser Verbindungen Cx(H20)y war. Im ersten Versuch wird gezeigt, daß man in Kohlenhydraten tatsächlich Kohlenstoff und Wasser nachweisen kann. Dazu werden 3 g Glucose in einem Reagenzglas mit dem Bunsenbrenner erhitzt. Während unten im Reagenzglas Kohlenstoff als schwarze Masse zurückbleibt, scheidet sich im oberen Drittel Wasser ab, das mit wasserfreiem Kupfersulfat nachgewiesen wird: C6H1206 --4 6 C + 6 H20 CuS04· H20 + 4 H2 0 ~ [Cu(H20)4]S04·H20 hellgrün blau 2. Definition und Einteilung Kohlenhydrate sind Polyhydroxyalkanale oder -ketone oder solche Verbindungen, die dazu hydrolysiert werden können. Kohlenhydrate, die nicht mehr zu einfacheren Verbindungen hydrolysiert werden können, nennt man Monosaccharide (gr. Ta crUKXUpOV : Zucker), solche, die zu zwei bis zehn Monosaccharidmolekülen hydrolysiert werden können, heißen Oligosaccharide, und solche, die man zu vielen Monosaccharidmolekülen hydrolysieren kann, werden Polysaccharide genannt. Die Monosaccharide werden weiter unterteilt: Monosaccharide mit einer 1 Chemie in der Schule: www.chids.de Aldehydgruppe heißen Aldosen, solche mit einer Ketogruppe Ketosen. Je nach Anzahl der Kohlenstoffatome eines Monosaccharids nennt man es Triose, Tetrose, Pentose, Hexose usw.. Eine Aldohexose ist z. B. ein Monosaccharid mit sechs Kohlenstoffatomen und einer Aldehydgruppe, eine Ketopentose ein Monosaccharid mit fünf Kohlenstoffatomen und einer Ketogruppe. In der folgenden Übersicht soll diese Einteilung noch einmal verdeutlicht werden: Kohlenhydrate Cx(H20)y Monosaccharide CnH2nOn, n=3-6 Grundbausteine aller anderen Zucker Aldosen z. B. Glucose: H.. .. . . C", ",0 I H-C-OH I HO-C-H I H-C-OH I H-C-OH I CH20H Oligosaccharide Di-, Tri-, ...-saccharide, 2-10 Monosaccharideinheiten, z. B. Disaccharide: Lactose, Saccharose, Maltose, Ketosen z. B. Fructose: CH20H I c=o I HO-C-H I H-C-OH I H-C-OH I CH20H 2 Chemie in der Schule: www.chids.de Polysaccharide mehr als 10 Monosaccharideinheiten z. B. Cellulose, Stärke 3. Monosaccharide - Glucose Monosaccharide haben die allgemeine Formel CnH2nOn. Wie oben beschrieben, ist Glucose das am weitesten verbreitete Monosaccharid. Deshalb wollen wir uns etwas eingehender mit ihr befassen. Man kann z. B. mit der Methode der Gefrierpunkterniedrigung zeigen, daß Glucose eine Molmasse von 180,15 g/mol besitzt. Das heißt also, daß sie die Summenformel C6H1206 haben muß. Im zweiten Versuch wird gezeigt, daß Glucose als Reduktionsmittel wirkt: In einem 250-mL-Rundkolben werden 20 g Glucose in 100 mL Wasser gelöst, dazu wird soviel Methylenblau gegeben, daß die Lösung kräftig blau gefärbt ist. Schließlich fügt man noch 15 mL Natronlauge, c(NaOH) = 3 mol/L hinzu und erwärmt auf dem Wasserbad. Nach kurzer Zeit verschwindet die blaue Farbe. Die Glucose hat das Methylenblau zum Leukomethylenblau reduziert, dabei wird sie selbst zur Gluconsäure oxidiert. Die blaue Farbe kehrt beim Schütteln der Lösung zurück, das Leukomethylenblau wird durch Luftsauerstoff wieder zu Methylenblau oxidiert. Diese Reaktion ist mehrfach wiederholbar, sie bricht erst ab, wenn keine Glucose mehr vorhanden ist. H, ,., 0 'C ,., COOH I I H-C-OH H-C-OH I I Methylenblau HO-C-H I H-C-OH HO-C-H ------.... I H-C-OH I I H-C-OH H-C-OH I I CH20H CH20H Gluconsäure Glucose (H3C)2 ß ~ - I N~ Glucose +~ N(CH h S • 3 CI- Leukomethylenblau Methylenblau Somit ist also das Vorhandensein einer reduzierenden Gruppe bewiesen. Daß es sich bei dieser um eine Aldehydgruppe handelt, wird im dritten Versuch gezeigt. Dazu wird eine Spatelspitze Glucose im Reagenzglas mit 3 mL Salzsäure, w(HCI) = 0,1 und einer Spatelspitze Resorcin versetzt und anschließend unter Schütteln über dem Bunsenbrenner erhitzt. In einem zweiten Reagenzglas wird eine Spatelspitze Fructose, die eine Ketohexose ist, auf die selbe Weise behandelt. Nur bei der Chemie in der Schule: www.chids.de 3 Fructose tritt eine tief rote Färbung auf, die Glucoselösung zeigt lediglich eine Orangefärbung, die bei weiterem Erhitzen dunkler wird. Im ersten Schritt setzt sich Fructose im salzsauren Milieu zu 5-Hydroxymethylfurfural um: CH20H I c=o n I HO-C-H HOH2C--z.O/--CHO I H-C-OH I -3~O H-C-OH I CH20H Das im weiteren Verlauf mit einem Resorcinmolekül entstehende Carbinol wird zum Carbeniumion und reagiert anschließend mit einem zweiten Resorcinmolekül zu einem Furfuryldiphenylmethanderivat, das durch Oxidation in einen tief roten Furfuryldiphenylmethanfarbstoff übergeht: -OH" OH - - - - - - - . . HOH2 C - f ) - b I . . -: - H+ HO "OH OH Oxidation _ _ _ _ _--.. HOH2c-f)-c~OH " 0 OH 4 Chemie in der Schule: www.chids.de (Hier ist nur eine mesomere Grenzstruktur wiedergegeben.) Da im Sauren die KetoEnol-Tautomerie zwischen Glucose und Fructose gehemmt ist, tritt bei Glucose erst nach längerem Erhitzen eine tief rote Färbung auf. Dieser Test auf Ketosen geht auf Seliwanoff zurück. Im vierten Versuch wird nun die Anzahl der Hydroxylgruppen im Glucosemolekül bestimmt. Dazu versetzt man in einem 250-mL-Rundkolben 180 mg (1 mmol) wasserfreie Glucose mit 1 mL Essigsäureanhydrid und 5 mL Pyridin und kocht anschließend 2 min. unter Rückfluß. Ein zweiter Ansatz ohne Glucose wird ebenso behandelt. Beide Lösungen werden mit je 100 mL Wasser versetzt und gegen Natronlauge, c(NaOH) = 1 mol/L, mit Phenolphthalein als Indikator zurücktitriert. Aus der Differenz an Laugenverbrauch läßt sich die Anzahl der Hydroxylgruppen berechnen. Glucose reagiert mit Essigsäureanhydrid zu Pentaacetylglucose (fünffache Veresterung): CH20Ac CH20H 0 0 H " H C-CH3 1 H OH + 5 /0 '\ , 1 H " OH H Pyridin H OAc ~ C-CH HO 0 H 3 H AcO 0 OH H OAc H OAc Beim Verdünnen mit Wasser reagiert das nicht umgesetzte Essigsäureanhydrid gemäß Ac-O-Ac + H20 ~ 2 HOAc zu Essigsäure, die Titration verläuft gemäß HOAc + NaOH ~ NaOAc + H20 und wird bei der ersten bleibenden Violettfärbung des Indikators abgebrochen. Auswertung: 1 mL Essigsäureanhydrid entspricht 10,65 mmol , diese setzen sich mit Wasser zu 21,3 mmol Essigsäure um. Beim Rücktitrieren der reinen Essigsäureanhydrid-Probe wurden 21,4 mL NaOH-Lösung, c=1 mol/L, t=0,995 verbraucht. Die Probe mit Glucose verbrauchte 16,5 mL der NaOH-Lösung, das entspricht 16,42 mmol NaOH. 1 mmol Glucose setzt sich also mit 4,98 mmol 5 Chemie in der Schule: www.chids.de ~ 5 mmol NaOH um. Da jedes mmol Hydroxylgruppe mit einem mmol NaOH reagiert, muß Glucose also fünf Hydroxylgruppen enthalten. Wir wissen jetzt also, daß Glucose ein Pentahydroxyhexanal ist. Diese Moleküle haben vier asymmetrische Kohlenstoffatome, und somit sind 24=16 verschiedene isomere Strukturen möglich. Emil Fischer hat gegen Ende des letzten Jahrhunderts in einer meisterhaften Arbeit die relative Konfiguration der Hydroxylgruppen zueinander bestimmt. Bei der Einteilung optisch aktiver Substanzen in die 0- bzw. L-Reihe orientierte man sich an Glycerinaldehyd, dessen rechtsdrehende Form man willkürlich in die D-Reihe eingeordnet hatte. So fand Fischer in seiner dreijährigen Arbeit heraus, daß die in der Natur vorkommende Glucose, die die Ebene des polarisierten Lichtes nach rechts dreht, in die D-Reihe gehört. Die relative Konfiguration der Hydroxylgruppen zueinander ermittelte er durch Kettenverlängerungsreaktionen (ausgehend von D(+)-Glycerinaldehyd), einigen Reaktionen zur Identifizierung der dabei entstehenden Produkte sowie logischer Schlüsse bezüglich der Struktur. Darauf soll hier aber nicht näher eingegangen werden, da dies so komplex ist, daß es einen Vortrag für sich ergäbe. Fischer fand dabei die Struktur, die hier zum Beispiel beim zweiten Versuch angegeben wurde. Wie oben bereits erwähnt, ist D(+)-Glucose optisch aktiv. Löst man D(+)-Glucose, die aus Wasser kristallisiert wurde, in Wasser und mißt den Drehwinkel, so stellt man fest, daß der Wert von anfänglich +112,2° auf +52,7° abnimmt. Löst man dagegen D(+)-Glucose, die aus heißem Pyridin oder Eisessig kristallisiert wurde, in Wasser und mißt den Drehwinkel, so nimmt der Wert von anfänglich +18,2° allmählich auf +52,7° zu. Im fünften Versuch wird dies demonstriert. Dazu werden 20 g a-D-Glucose in 100 mL Wasser gelöst, mit etwas Natronlauge verdünnt und der Drehwinkel mit Hilfe eines Demonstrationspolarimeters bestimmt. Man erkennt einen langsamen Anstieg. Diese Beobachtung ist mit der oben angegebenen Kettenstruktur der D(+)-Glucose nicht vereinbar. Tatsächlich existiert D(+)-Glucose in einer Ringstruktur, die durch intramolekulare Halbacetalbildung der Carbonylgruppe am C1 mit der Hydroxylgruppe am C5 zustande kommt. Dabei entsteht am C1 ein weiteres Chiralitätszentrum, und je nach Stellung der gebildeten Hydroxylgruppe können zwei verschiedene Formen entstehen: 6 Chemie in der Schule: www.chids.de CH20H H, C I ~O H H-- C-O' I H-C-OH H" / I HO-C-H ~ /C I HO \?H H-C-OH I ~/ C=O C--C H-C-OH I I I CH20H H OH orr CH20H CH20H 0 H H OH 0 H H H OH H HO H OH H H HO OH OH OH H Die, bei der die Hydroxylgruppe am C1 zur CH20H-Gruppe in trans-Stellung ist, nennt man a-D-Glucose, ihr spezifischer Drehwinkwl beträgt +112,2°, die andere heißt ß-D-Glucose, ihr spezifischer Drehwinkel beträgt +18,2° .. Zwischen beiden Formen besteht in wäßriger Lösung ein Gleichgewicht, in dem die a-D-Glucose zu ca. 36 % und die ß-D-Glucose zu ca. 64 % vorliegt, der Drehwinkel beträgt dann +52,7°. Reaktion zur Identifizierung von Kohlenhydraten Der sechste Versuch zeigt eine Möglichkeit, Kohlenhydrate zu identifizieren. In einem Reagenzglas wird 1 g Glucose mit 2 mL Phenylhydrazin, 4 mL Eisessig und 14 mL Wasser versetzt und anschließend auf dem Wasserbad erhitzt. Aus der zunächst klaren, orangefarbigen Lösung fällt nach einigen Minuten ein kräftig gelber Niederschlag aus: Das Osazon der Glucose. Dabei finden folgende Reaktionen statt: H H, C \ ~o I H-C-OH I R H I IN-NI + H <) HOAc, L\ • 'c/ - I H-C-OH I R 7 Chemie in der Schule: www.chids.de /N-NH-Ph H H I H _ H H N-NH-Ph I 'C/- I 11 C .... 4-- R/ 'OH + Ph-NH-N~ • /C~ R H I 1_- C==N-NH-Ph I -HN~ _ - 0 _ H-C-NH-NH-Ph - - -------.. - Ph-NH2 HC=NH I _ C=N-NH-Ph I - R R Ph-NH-N~ I H-C-N-NH-Ph HC=N-NH-Ph • I - C==N-NH-Ph I - R Die Osazone der verschiedenen Kohlenhydrate bilden charakteristische gelbe bis orangefarbige Kristalle, diese haben jeweils einen scharfen Schmelzpunkt, anhand dessen man das Kohlenhydrat bestimmen kann. Bei Monosacchariden, die sich nur in der Konfiguration am C2 unterscheiden (sog. Epimere, z. B. Glucose und Fructose), bilden sich die selben Osazone. 4. Disaccharide Die zweite große Gruppe von Kohlenhydraten, die im Alltag eine Rolle spielen, sind die Disaccharide. Zu ihr gehören zum Beispiel Saccharose (gewöhnlicher Haushaltszucker; das C1 eines a-D-Glucosemoleküls ist mit dem C2 eines ß-DFructosemoleküls über eine Sauerstoffbrücke verbunden. Bindungen dieses Typs bezeichnet man bei Kohlenhydraten als glykosidische Bindungen, hier also eine 1,2glykosidische Bindung.), Lactose (Milchzucker; ß-D-Galactose und D-Glucose, 1,4glykosidisch verknüpft) oder Maltose (Malzzucker, ein a-D-Glucosemolekül ist 1,4glykosidisch mit einem weiteren D-Glucosemolekül verbunden). Während die Monosaccharide alle reduzierende Eigenschaften zeigen, hängt dies bei den Disacchariden von der Art der glykosidischen Bindung ab. Im siebten Versuch soll das demonstriert werden: Im Reagenzglas werden zu 2 g Saccharose, die in 2-3 mL Wasser gelöst sind, 15 mL Fehling I und ebensoviel Fehling II gegeben, das Reagenzglas wird im heißen Wasserbad erhitzt. Mit 2 g Maltose wird analog verfahren. Während man nach einiger Zeit im Reagenzglas mit der Maltose einen roten Niederschlag von Kupfer(I)-oxid beobachtet, bleibt die tiefblaue Lösung mit der Saccharose unverändert, das heißt, Saccharose wirkt im Gegensatz zu Maltose nicht reduzierend. Verantwortlich dafür ist die Art der Bindung zwischen den beiden Monosaccharideinheiten. Bei der a-D-Glucose stammt die OH-Gruppe am C1 aus der Aldehydgruppe, bei der ß-D-Fructose stammt die OH-Gruppe am C2 aus der 8 Chemie in der Schule: www.chids.de Ketogruppe (der jeweiligen Kettenform). Durch die 1,2-glykosidische Bindung schützen sich diese beiden Gruppen gegenseitig: Der Ring der Glucose kann sich nicht in die Kettenform zurückbilden, in der die Carbonylgruppe reduzierend wirkt, weil das C1 durch den Fructoserest blockiert ist. Mit der Fructoseeinheit verhält es sich analog. Daher wirkt Saccharose nicht reduzierend: OH HO OH o a-D-Glucose ß-D-Fructose 1,2-glycosidische Bindung Bei der Maltose ist das anders: Hier ist nur die Carbonylgruppe der einen Glucoseeinheit blockiert, die der anderen ist frei und kann als Reduktionsmittel wirken: HO OH o OH OH a-D-Glucose a-D-Glucose 1,4-glycosidische Bindung Bei der Fehling-Reaktion wird nun der rechte Glucosering gespalten, es entsteht ein Triosereduktonat, das dann das Cu 2+ zu cu! reduziert. 5. Polysaccharide Polysaccharide sind wohl die wichtigsten Kohlenhydrate, da sie - wie oben erwähnt das Grundgerüst allen Lebens bilden. Sie sollen hier anhand zweier Beispiele behandelt werden, beides Polymere der Glucose. In unserer Ernährung spielt Stärke eine wesentliche Rolle. Sie ist aus a-D-Glucose aufgebaut und besteht aus zwei unterschiedlichen Bestandteilen. 9 Chemie in der Schule: www.chids.de In der Amylose (etwa 20 % der Stärke) sind die Glucosemoleküle 1,4-glykosidisch verknüpft: Sie bildet eine u-Helix. Ihre Molmasse beträgt M ~ 150.000 - 600.000 g/mol. Im Amylopektin (etwa 80 % der Stärke) sind zusätzlich 1,6-glykosidische Bindungen vorhanden: C~OH """O~ HO OH 0 / CH:2 CH20H O O~O\ HO~O~ HO OH CH20H O~ HO CH:10H OHO~/ HO OH 0 Die Verzweigungen treten etwa alle 20 - 25 Glucoseeinheiten auf. Ihre Molmasse beträgt M ~ 200.000 - >1.000.000 g/mol. Im Gegensatz zu Amylose, die in heißem Wasser löslich ist, ist Amylopektin in Wasser fast unlöslich, ein Umstand, den man sich zur Trennung der beiden zunutze machen kann. Ein weiterer Unterschied besteht in der Reaktion mit Lugol'scher Lösung (einer Lösung von Iod in Kaliumiodid): Bei Amylose tritt eine tief blaue Färbung auf, es bildet sich eine Einschlußverbindung, die Farbe kommt aufgrund von Charge-Transfer-Komplexen zustande. Da Amylopektin keine a-Helix bildet, ist hier die Farbe nicht so intensiv, man beobachtet eine violette Färbung. Dies wird im achten Versuch gezeigt: Zu einer Lösung von Amylose und einer Suspension von Amylopektin werden je 15 Tropfen Lugol'scher Lösung gegeben, es treten die beschriebenen Färbungen auf. Ein weiteres wichtiges Polysaccharid ist Cellulose. Sie besteht aus polymerisierten D-Glucoseeinheiten und bildet das Gerüst aller Zellen eines lebenden Organismus: 10 Chemie in der Schule: www.chids.de ß- C~OH ,,~\· ...........O C~OH O~()~O HO C~OH H~OH ~\L.~O 0 OH H~OH ~\L.~O O~()~O HO O~()~O 0 OH C~OH HO OH" C~OH Im Gegensatz zu Amylose bildet Cellulose Stränge, die sich parallel zueinander ausrichten und durch Wasserstoffbrücken zusammengehalten werden: CH 20H CH 20H OH o· ---- -HO o 0- - - - - HO o OH- -_ " , - - - - - eH 2O~\ , '" O~- ", , ,,_-----CH2GH OH"0 \ - __ '., , ----e~20H ,, \ \ \ , 'OH o HO Cellulose war der Grundstoff für den ersten Kunststoff: Nitrocellulose oder auch Schießbaumwolle. Er fand zum Beispiel Verwendung in der Filmindustrie (CelluloidFilme). Im neunten Versuch soll die Gefährlichkeit dieses Stoffes gezeigt werden. Dazu wurde ein Wattebausch mit Nitriersäure (einem Gemisch aus konzentrierter Schwefelsäure und konzentrierter Salpetersäure im Verhältnis 4:5 (vIv)) umgesetzt, mit Wasser gewaschen und getrocknet. Bringt man ein wenig dieser Schießbaumwolle mit einem heißen Gegenstand in Berührung, so verpufft sie explosionsartig. Die Bildung von Schießbaumwolle erfolgt gemäß OH n Bei der Verpuffung entstehen C02, H20 und andere stickstoffhaltige Verpuffungsprodukte. 11 Chemie in der Schule: www.chids.de 6. Literaturverzeichnis J. Butenuth: Scriptum zum organisch-chemischen Praktikum - Lehramt -, Marburg 1992 Teil 1: S. 100 f. Teil 2: S. 246 ff. K. Peter C. Vollhardt: Organische Chemie Verlag Chemie, Weinheim 1. korr. Nachdruck der 1. Auflage 1990, S. 1065 ff. R. Dickerson / I. Geis: Chemie - eine lebendige und anschauliche Einführung Verlag Chemie, Wein heim 2. korr. Nachdruck der 1. Auflage 1986, S. 509 ff. J. McMurry: Organic Chemistry Brooks / Cole Publishing Company, Pacific Grove, CA 3rd Edition 1992, S. 916 ff. Morrison / Boyd: Lehrbuch der Organischen Chemie Verlag Chemie, Weinheim 3. Auflage 1986, S. 1183 ff. Beyer / Walter Lehrbuch der Organischen Chemie S. Hirzel Verlag Stuttgart 22. Auflage1991, S. 426 ff. J. Butenuth / E. Gerstner: Die Fehlingsche Probe: Kein allgemeiner Test zum Nachweis von Aldehyden Praxis der Naturwissenschaften Chemie, 27. Jahrgang 1978, S. 106 f. 12 Chemie in der Schule: www.chids.de 7. Liste der Chemikalien und Geräte V Artikel 1 Nachweis von Kohlenstoff und Wasser Anz. Chemikalie Menge Plattenstativ Doppelmuffe Stativklemme, klein Brenner Spatel RG-Stopfen, klein RG, klein 2 Glucose als Reduktionsmittel Korkring f. 250-mL-Rundkolben Rundkolben, 250 mL, NS 29 Glasstopfen, NS 29 1 1 1 Saccharose Kupfersulfat, wasserfrei 3g 1 1 1 Glucose Wasser Natronlauge, w=0,11 Methylenblau 20 9 100 mL 15 mL 3 Seliwanoff-Test auf Ketosen Spatel RG-Halter, groß RG-Ständer,groß Brenner RG, groß 3 1 1 1 2 Glucose Fructose Resorcin Salzsäure, w=0,1 2 3 3 1 1 1 1 1 3 1 1 2 2 1 1 Glucose Essigsäureanhydrid Pyridin Wasser Natronlauge, c=1 mol/L Phenolphthalein 180 mg 1 mL 5 mL 100 mL 25 mL Glucose Wasser Natronlauge 25 9 100 mL 1 1 1 1 4 Quantitative OH-Gruppen-Bestimmung Plattenstativ Doppelmuffe Stativklemme, groß Bürettenklemme Hebebühne Ölbad Magnetrührer, beheizbar Magnetrührer Rührfisch Kontaktthermometer Spatel Wasserschlauch Schlauchadapter Peleusball Korkring f. 250-mL-Rundkolben Rundkolben, 250 mL, NS 29 Übersetzungsstück NS 29 > NS 14,5 Rückflußkühler Bürette, 25 mL Meßpipette, 10 mL Meßpipette, 1 mL Erlenmeyerkolben, 500 mL, Weithals Uhrglas, d=3 cm 5 Mutarotation der Glucose Overhead-Projektor Demo-Polarimeter Becherglas, 250 mL, hohe Form Uhrglas, d=5 cm 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 13 Chemie in der Schule: www.chids.de 6 mL V Artikel 6 Osazonbildung Plattenstativ Doppelmuffe Stativklemme, groß Magnetrührer, beheizbar Rührfisch Rührerbse Spatel RG-Stopfen, groß RG-Ständer, groß Meßpipette, 10 mL Becherglas, 400 mL RG, groß Uhrglas, d=3 cm 7 Reduzierende Wirkung von Disacchariden RG-Ständer, groß RG-Halter, groß Spatel Brenner RG, klein RG, groß 8 lod-Stärke-Reaktion Plattenstativ Doppelmuffe Kaufmannklemme Magnetrührer, beheizbar RG-Ständer, groß Spatel Pasteur-Pipette Becherglas, 400 mL, breite Form RG, groß 9 Schießbaumwolle Pinzette Brenner Dreifuß Drahtnetz Becherglas, 400 mL, breite Form Kristallisierschale, d=19 cm Menge 1 Glucose Phenylhydrazin Eisessig Wasser 1g 2 mL 4 mL 14 mL Saccharose Maltose Fehling I Fehling 11 2g 2g 30 mL 30 mL Amylose Amylopektin Lugol'sche Lösung 2g 2g 1 1 1 1 1 1 1 1 3 1 1 1 1 1 2 1 4 2 1 1 1 1 1 2 1 1 2 1 1 1 1 1 1 14 Chemie in der Schule: www.chids.de Anz. Chemikalie Watte Salpetersäure, konz Schwefelsäure, konz 100 mL 125 mL