Evaluierung der Anfälligkeit von Wintergersten gegenüber Flugbrand (Ustilago nuda) als Kriterium für die Sortenwahl bei ökologischem Anbau Stefan Klause, Hartmut Spieß Problemstellung/Ziele: Ab 2004 muss nach EU-Vereinbarung Saatgut für den Ökologischen Landbau aus ökologischer Vermehrung stammen. Da beim ökologischen Anbau von Wintergersten keine chemisch-synthetischen Beizmittel zur Vorbeuge des Auftretens saatgutübertragbarer Krankheiten eingesetzt werden dürfen, tritt in der Regel sehr schnell eine Infektion der Ähre mit Flugbrand (Ustilago nuda) auf. In der Saatgutproduktion führt dies bei Vorhandensein von mehr als 3 erkrankten Ähren beim Basissaatgut bzw. 5 bei zertifiziertem Saatgut pro 150 m² nach dem SORTENUND SAATGUT-RECHT (RUTZ, 1998) zur Aberkennung der Vermehrung. Damit wird die Frage der Verfügbarkeit von Saatgut, welches weitgehendst frei von saatgutübertragbaren Krankheiten ist, künftig noch dringlicher. Außer physikalischen Verfahren der Saatgutbehandlung wie die Warm- und Heißwasserbeize, die sehr aufwändig sind, stehen keine wirksamen richtlinienkonformen Beizmittel für den Ökologischen Landbau zur Verfügung. Eine Alternative besteht im Anbau von Sorten, die flugbrandresistent sind. Jedoch ist in Deutschland die Flugbrandanfälligkeit kein Kriterium für die Zulassung einer Sorte. Aktuelle Erhebungen darüber liegen, außer in Österreich, nicht vor. Ziel der vorliegenden Untersuchungen war daher, die derzeit zugelassenen Wintergersten auf Ustilago nuda-Resistenz zu evaluieren, um Empfehlungen für den ökologischen Anbau geben zu können. Hypothesen: Aus Untersuchungen von NOVER et al. (1976) geht hervor, dass in der Gerstenzüchtung resistente Sorten wie EMIR Verwendung gefunden haben. Obwohl eine gezielte Resistenzzüchtung derzeit nicht stattfindet, kann davon ausgegangen werden, dass sich widerstandsfähige Sorten im derzeitigen Sortiment finden lassen. Methoden: Auf dem Standort Dottenfelderhof/Bad Vilbel wurden 1999 62 Wintergersten aus der „Beschreibenden Sortenliste“ im Infektionsversuch angebaut. In der Vegetation 2000/01 kamen 34 neue Sorten, auch aus Österreich sowie Genbankmaterial hinzu. Der Anbau erfolgte in Kleinparzellen von 1 m². Jeweils eine Reihe der Parzelle wurde mit der infizierten Sorte IGRI (Herkunft BBA Kleinmachnow) ausgesät. Diese diente zur Gewinnung von Sporen für eine künstliche Infektion und - über Sporenflug zur natürlichen Infektion der Ähren. Zum Zeitpunkt des Blühbeginnes wurde mit der verbesserten Methode nach POEHLMAN (1945) mittels Einwegspritze mit der Kanüle je ein Tropfen einer Sporensuspension (1 befallene Ähre/100ml Wasser) in jedes Blütchen abgelegt. Pro Sorte wurden zwei bis drei Ähren inokuliert. Um die natürliche Infektion zu unterstützen, wurde während der Blüte dreimal eine Sporensuspension der Herkunft CORONA, Dottenfelderhof mit der Rückenspritze ausgebracht. Ergebnisse/Diskussion: Die Abbildungen 1 und 2 zeigen den Befall der mehrzeiligen (MZG) und zweizeiligen (ZZG) Gersten bei natürlicher und künstlicher Infektion. Der Befall erreichte bei ersterer maximal 39 % und stieg erwartungsgemäß bei letzterer bis auf 84 % an. Drei Sorten erkrankten nicht, die sich somit bezüglich der Flugbrandstämme Dottenfelderhof und Kleinmachnow resistent zeigten. Dabei handelt es sich um die ZZG ASTRID sowie die MZG YUKA und KRIMHILD. Bezüglich der physiologi1 Stefan Klause, Hartmut Spieß schen Resistenz ist interessant, dass sich nach den vorliegenden Ergebnissen die ZZG anfälliger als die MZG erwiesen. Darüber hinaus zeigte sich morphologisch resistent (Blüte bei geschlossenem Ährchen) die ZZG INTRO. Mit einer sehr niedrigen natürlichen Infektionshöhe (<1 %) sind CABRIO und DUET hervorzuheben. Bei den MZG blieben bei natürlicher Infektion ARKONA und MAMMUT befallsfrei. In der Befallsgruppe < 1 % fand sich USCHI. Carola Theresa Tapir Mamm ut Lorena Candesse Sympax Inga Elfe Blanca Arkona Camilla Rocca Georgia Ludmilla Plus Angela Catania Allegra Geo Borwina Cornelia Breisgauer Theda Quantis Tilia Julia Nelly Engelens II Sigra Cita Alissa Selecta 6zlg Jana Anoa Masto Aviron H-HOR 2280 Altschlage Landi Nikel Sarah Uschi Alpaca Yuka Krimhild Befall % bei künstl. Infektion Befall % bei natürl. Infektion Befall % 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 Abb.1: Befall von mehrzeiligen Wintergersten mit Ustilago nuda bei künstlicher und natürlicher Infektion T o kyo G unda C le o p a tra G a m e la n M a rin k a Hanna R e g in a S o n ja A n g o ra Labea T a fe n o J a s m in O pal B om bay V ira c J u ra T iffa n y J o la n te In tro L e o n ie M e la n ie V anessa G o ld m in e C a m e ra M illie Q u a n tis C o rd o b a B a b ylo n e T ra s c o C a b rio S ve n ja D u e tt A strid B efall % b ei k ü ns tl. Infek tio n B efall % b ei na tü rl. In fe k tion B e fa ll % 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 Abb.1: Befall von zweizeiligen Wintergersten mit Ustilago nuda bei künstlicher und natürlicher Infektion Fazit: Das erste Sortenscreening auf Flugbrandanfälligkeit von Wintergersten wurde mit einem positiven Ergebnis abgeschlossen. Für eine Beurteilung der resistenten/toleranten Sorten ist jedoch eine Prüfung auf Eignung für ökologischen Anbau unerlässlich. Von den ZZG wurde von uns die resistente ASTRID bei Stand nach Winter und Bedeckung gut bonitiert. In der Öko-Prüfung (LEISEN, 2000) brachte sie durchschnittliche Erträge, wurde aber von der toleranten DUET deutlich übertroffen. Von den MZG wurden die resistenten YUKA und KRIMHILD wegen ihrer hohen Wuchslängen positiv beurteilt. Nur erstere stand im Sortenvergleich von LEISEN (2000), wo sie ertraglich im Durchschnitt lag. Die Untersuchungen werden fortgesetzt. Literaturangaben: LEISEN, E. 2000: Ökologischer Landbau. Sortenversuche in Deutschland. Verband der Landwirtschaftskammern e.V., Bonn. NOVER, I., LEHMANN, C.O. u. A. SEIDENFADEN (1976): Resistenzeigenschaften im Gersten- und Weizensortiment Gatersleben. Kulturpflanze XXIV, 237-247. POEHLMAN, J.M. (1945): A simple method of inoculating barley with loose smut. Phytopathology 35, 640-644. RUTZ, H.W. (1998): Sorten- und Saatgut-Recht. 8. Aufl., Agrimedia Verlag Bergen 2