l Der Weg zur Teilung Deutschlands im Zeichen des Ost-West-Gegensatzes (1945-1949) 1.1 Das Kriegsende und seine gesellschaftlichen Folgen Die Deutschen befreiten sich nicht aus eigener Kraft von der Herrschaft des Nationalsozialismus. Erst die von den alliierten Streitkräften erzwungene bedingungslose Kapitulation bewirkte den Zusammenbruch der NS-Diktatur. Am 7. Mai 1945 unterzeichnete Generaloberst Alfred Jodl (1890-1946) in Reims im Hauptquartier des Oberbefehlshabers der westalliierten Streitkräfte, General Dwight D. Eisenhower (1890- 1969), die Kapitulationsurkunde. Am S./9. Mai wurde dieser Rechtsakt auf ausdrücklichen Wunsch der Sowjetunion in Berlin-Karlshorst wiederholt. Wenige Tage später wurde die Regierung des Großadmirals Karl Dönitz (1891-1980), den Hitler zu seinem Nachfolger bestimmt hatte, bei Flensburg abgesetzt. Die Regierungsgewalt in Deutschland ging auf die Oberkommandierenden der alliierten Streitkräfte über. Das Territorium des Reiches wurde vollständig erobert und in eine sowjetische, amerikanische, britische und - etwas spater - französische Besatzungszone aufgeteilt. General Eisenhower verbot jede Verbrüderung mit der deutschen Bevölkerung, da Deutschland nicht zum Zwecke seiner Befreiung, sondern als besiegter Feindstaat besetzt worden sei. Die Hauptstadt Berlin wurde ebenfalls viergeteilt. Die Gebiete östlich der Oder-Neiße-Linie waren von Stalin bereits im April eigenmächtig unter polnische und sowjetische Verwaltung gestellt worden. Bedingungslose Kapitulation und territoriale Veränderungen Demographische Die nationalsozialistische Herrschaft und der Zweite "Weltkrieg veränderten Bevölkerung Veränderungen und Gesellschaft in Europa tief greifend: 55 Mio. Menschen waren gestorben, 30 Mio. Menschen ohne Heimat und 35 Mio. verwundet. Mit über 20 Mio. Toten hatten die und der Sowjetunion den größten Blutzoll gezahlt. Auf deutscher Seite mussten 4,3 Mio. Soldaten und 2,8 Bürger Zerstörungen Mio. Zivilisten ihr Leben lassen. Im Mai 1939 hatten in den Ostgebieten des Deutschen Reiches rund 9,6 Mio. Deutsche, in den anderen Staaten Ostmitteleuropas von der Ostsee bis nach Rumänien 7,4 Mio. gelebt. Mit dem Vorrücken der Roten Armee hatte im Herbst 1944 eine Flucht- und Vertreibungswelle dieser deutschen Bevölkerung nach Westen eingesetzt, die auch nach dem Ende des Krieges anhielt und der mindestens 2,2 Mio. Deutsche zum Opfer fielen. Die Integration der Vertriebenen wurde zu einer der größten sozialen Herausforderungen der deutschen Nachkriegsgeschichte und bewirkte längerfristig, dass die konfessionelle Geschlossenheit vieler Gemeinden in rein katholisch bzw. protestantisch geprägte Milieus aufbrach. Am Ende des Krieges befanden sich außerdem 9 bis 10 Mio. Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und KZHäftlinge anderer Nationalitäten in Deutschland. Noch 1947 gab es eine Million solcher „displaced persons" in den vier Besatzungszonen. Nach Hause wollten auch die während des Krieges aus bombengefährdeten Städten evakuierten rund 10 Mio. Deutschen, überwiegend Frauen und Kinder, und die in Kriegsgefangenschaft geratenen Soldaten. Die meisten Städte boten infolge der alliierten Luftangriffe ein Bild der Verwüstung. In Westdeutschland war ungefähr ein Viertel des Wohnraumes völlig zerstört, in der sowjetischen Besatzungszone ungefähr ein Zehntel. 40 % der Eisenbahnlinien und anderer Transportwege waren 1945 nicht mehr funktionsfähig, was die Verteilung von Nahrungs- und Versorgungsmitteln erheblich behinderte. Mit den seit April 1945 unter polnischer Verwaltung stehenden Ostgebieten verlor Deutschland ein Viertel seiner bisherigen landwirtschaftlichen Nutzfläche, 17 % der Steinkohlevorkommen und 6 % der Industrieanlagen. Versorgungskris Die Wohnraumnot, der Hunger und die Kälte der Winter prägten das Alltagsleben der en und Menschen in der Nachkriegszeit. Viele lebten am Existenzminimum oder darunter. Schwarzmarkt Mindestens 2000 Kalorien täglich für jeden wären notwendig gewesen, doch 1946 betrug die amtliche Zuweisung in der amerikanischen Zone lediglich 1330, in der russischen 1083, in der britischen 1056 und in der französischen 900 Kalorien. Die Unterernährung schwächte die körperlichen Widerstandskräfte und führte zu Mangelkrankheiten und einer erhöhten Sterblichkeit. Vor allem der harte Winter 1946/47 blieb als „Hungerwinter" in den Erinnerungen der Menschen hängen. Die Not förderte Kriminalität und Prostitution. Viele Bewohner der größeren Städte fuhren auf das Land, um sich dort mit dem Notwendigsten einzudecken. Die Rationierung der Lebensmittel und der Mangel vor allem an Brennstoffen ließen zudem einen Schwarzmarkt entstehen, auf dem knappe Güter gegen hohe Preise erworben werden konnten. Dies geschah häufig auch im direkten Austausch von Naturalien, während Zigaretten allerorten zur „Wahrung" avancierten. Frauenrollen Obwohl die nationalsozialistische Propaganda die Frau auf die Rolle als Mutter und Männerrollen Hausfrau festlegen wollte, hatte die Kriegs Wirtschaft die zunehmende Integration der Frauen ins Erwerbsleben erzwungen. In der unmittelbaren Nachkriegszeit herrschte Arbeitskräftemangel, da die Zahl der Männer in den leistungsfähigsten Altersgruppen zwischen dem 25. und 40. Lebensjahr durch Tod oder Kriegsgefangenschaft zurückgegangen war. Ein Großteil des 1 Wiederaufbaus lag daher zunächst in den Händen der Frauen, die bei der Beseitigung der Trümmer halfen und ihre Kinder alleine durchbringen mussten. Dass die Frauen im Erwerbsleben und in der Familie über Jahre hinweg die Aufgaben der Männer übernommen hatten, stärkte ihr Selbstbewusstsein, sodass viele nach der Rückkehr ihrer Männer nicht mehr bereit waren, sich wieder in die traditionelle Rollenverteilung zu fügen. Von 1939 bis 1948 stieg die Scheidungsrate von 9 auf 19 %. Aber auch das Gegenteil lässt sich beobachten: Angesichts materieller Not und einer Ungewissen Zukunft suchten nicht wenige Frauen Schutz und Geborgenheit durch die Rückkehr zu alten Rollenbildern. 1.3 Politischer Neuaufbau Antifaschismus Der politische Neuanfang in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) erfolgte und unter dem Vorzeichen der Integrationsideologie des Antifaschismus. Anfang Mai Parteiengründungen 1945 wurde eine Gruppe deutscher Kommunisten aus dem Moskauer Exil nach in der SBZ Berlin geflogen, der unter anderem Walter Ulbricht (1893-1973), der spätere Staatsratsvorsitzende der DDR, und Wilhelm Pieck (l876-1960), der spätere Staatspräsident der DDR, angehörten. Sie sollten die Besatzungsmacht beim Umbau der politischen und administrativen Strukturen unterstützen. Von Anfang an fehlte den Kommunisten im Gegensatz zu den Sozialdemokraten eine breite Basis in der Bevölkerung der SBZ. Sie konnten sich daher nur mit Hilfe der sowjetischen Besatzungsmacht etablieren und behaupten. In der SBZ erfolgte die Zulassung von Parteien zentral. Bereits am 10. Juni 1945 erlaubte die sowjetische Militärverwaltung (SMAD) die „Bildung und Tätigkeit antifaschistischer Parteien". Am nächsten Tag wurde die KPD gegründet, am 15. Juni die SPD, am 26. Juni die ChristlichDemokratische Union (CDU) und am 5. Juli die Liberal-Demokratische Partei Deutschlands (LDPD); die Demokratische Bauernpartei Deutschlands (DBD) folgte erst am 29. April 1948. In ihrem Gründungsaufruf erklärte die KPD, ihr Ziel sei die Errichtung einer parlamentarisch-demokratischen Republik mit allen demokratischen Rechten und Freiheiten für das Volk. Zur Begründung hieß es, Deutschland dürfe nicht das Sowjetsystem aufgezwungen werden, da dieser Weg nicht den gegenwärtigen Entwicklungsbedingungen entspreche. Die ersten Bürgermeister in der SBZ waren daher vielfach Sozialdemokraten oder Vertreter bürgerlicher Parteien. Von einer freien Entfaltung der Parteien konnte jedoch von Anfang an keine Rede sein. Am 14. Juli 1945 schlössen sich die vier Parteien zu einem „Block antifaschistisch-demokratischer Parteien" zusammen. Da Beschlüsse nur einstimmig gefasst werden konnten, wurde die Aktionsfreiheit von SPD, CDU und Liberalen entscheidend eingeschränkt; eine Koalitionsbildung gegen oder ohne die KPD war nicht mehr möglich. Im Juni 1945 hatte sich der Vorsitzende des Zentralausschusses der Sozialdemokraten in der SBZ, Otto Grotewohl (l894-1964), vor dem Hintergrund der Erfahrungen der Weimarer Republik für die Vereinigung der Arbeiterparteien ausgesprochen. Dieses Angebot war von der KPD jedoch abgelehnt worden. Nach der vernichtenden Wahlniederlage der Kommunisten in Österreich im Oktober 1945 stand zu erwarten, dass auch in der SBZ freie Wahlen die fehlende demokratische Legitimation der KPD sichtbar machen würden. Ende 1945 lehnte nun seinerseits der SPD-Vorstand in der SBZ eine Fusion mit der KPD ab. Am 22. April 1946 vollzogen 548 Delegierte der SPD und 507 Delegierte der KPD in Ostberlin unter dem Druck der sowjetischen Besatzungsmacht die Gründung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED). Eine demokratische Urabstimmung in den Ortsverbänden der SBZ wurde verboten. Bei einer Urabstimmung in den Westsektoren Berlins sprachen sich jedoch im März 1946 über 80 % der SPD-Mitglieder gegen eine Fusion der beiden Arbeiterparteien aus und bewerteten die Fusion als Zwangsvereinigung. Die Führungsposten der SED wurden zunächst paritätisch besetzt. Bei den Landtagswahlen 1946 in der SBZ erhielt die SED nach offiziellen Angaben 47,5 %, CDU und LDPD zusammen 49 % der Stimmen. Es waren die letzten Wahlen in der SBZ, bei der sich die Wähler zwischen den Kandidaten verschiedener Parteien entscheiden konnten. 1946 setzten die SED und mit ihr gemeinsam LDPD und Ost-CDU die Bodenreform und die Verstaatlichung großer Industriebetriebe durch. Aber die SED hatte längst die Schlüsselpositionen der staatlichen Macht in ihrer Hand. Die Anfänge der Spätestens seit 1948 wandelte sich die SED zu einer „Partei neuen Typs" nach politischen sowjetischem Vorbild. Parteien in den In den westlichen Zonen begann der politische Wiederaufbau der Parteien später Westzonen als in der SBZ: ab August 1945 in der amerikanischen, ab September in der britischen und ab November in der französischen Zone. Anders als in der SBZ erfolgte der Aufbau dezentral und demokratisch von „unten nach oben". Lange bevor die Briten politische Parteien offiziell zuließen, trafen sich die Sozialdemokraten im April 1945 in Hannover auf Initiative von Kurt Schumacher (1895-1952), der kurze Zeit später zum Beauftragten der SPD für die Westzonen gewählt wurde. Sein Stellvertreter wurde im Mai 1946 Erich Ollenhauer (1901-1963). Mit der Berliner SPD unter Otto Grotewohl kam es zum Konflikt m der Frage, ob sich SPD und KPD vereinigen sollten, denn Schumacher war ein radikaler Antikommunist und lehnte eine Fusion wegen der engen Bindung der KPD an die Sowjetunion ab. Damit zeichnete sich bereits 1945 innerhalb der SPD eine Spaltung in Ost und West ab. In ihren wirtschaftspolitischen Leitsätzen vom Oktober 1945 forderte die 2 SPD die Sozialisierung der „Großindustrie, der Großfinanz und die Aufsiedlung des Großgrundbesitzes", um künftig die Konzentration ökonomischer und politischer Macht zu verhindern. Die Partei verfügte Ende 1947 zwar über rund 875 000 Mitglieder, aber bei den ersten Landtagswahlen gelang es ihr nur in Hessen, Württemberg-Baden, Bremen, Hamburg und Berlin, die CDU zu überflügeln. Bei den ersten Bundestagswahlen 1949 erreichte die SPD 29 % der Stimmen. Die Christlich-Demokratische Union (CDU) entstand als überkonfessionelle bürgerliche Sammelpartei mit einem leichten Übergewicht der Katholiken. Der ehemalige Zentrumspolitiker und Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer (1876-1967) wurde zum Vorsitzenden in der britischen Zone gewählt. Die Vereinigung der CDU zur Bundespartei erfolgte erst im Oktober 1950 in Goslar, da die alliierten Militärbehörden Zusammenschlüsse der Parteiorganisationen über die Zonengrenzen hinweg nicht zuließen. In der Partei gab es unterschiedliche Strömungen. Die politischen Zielvorstellungen derjenigen, die aus der christlichen Gewerkschaftsbewegung kamen, wie z.B. Jakob Kaiser (1888-1961), fanden ihren Niederschlag im Ahlener Programm vorn 3. Februar 1947, das z. B, Sozialisierungen vorschlug. Andere, wie auch z. B. der spätere Bundeskanzler Konrad Adenauer, favorisierten die soziale Marktwirtschaft; diese setzte sich längerfristig in der Partei durch. In Bayern bildete sich als „Schwesterpartei" der CDU die Christlich-Soziale Union (CSU}; bei den ersten Bundestagswahlen erreichten CDU und CSU zusammen 31 % der Stimmen. Im Januar 1946 wurde in Nordbaden-Württemberg die Demokratische Volkspartei (DVP) gegründet, aber erst im Dezember 1948 schlössen sich die verschiedenen liberalen Landesverbände der drei Westzonen zur Freien Demokratischen Partei/FDP zusammen, nachdem sie sich von der LDPD in der Sowjetzone getrennt hatten. Die Liberalen setzten sich für eine liberal-kapitalistische Wirtschaftsordnung ein, Zum Vorsitzenden wählten sie Theodor Heuss (1884-1963), den späteren ersten Präsidenten der Bundesrepublik. 12 % der Wähler stimmten bei den ersten Bundestagswahlen für die Liberalen. Bei den ersten Landtagswahlen in den Westzonen erzielte die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) in keinem Land mehr als 15% der Stimmen. In den ersten Bundestag wurden sie lediglich mit 6% gewählt. In der SBZ vollzog sich der Aufbau der Gewerkschaften zentralistisch von oben nach Die Neuanfänge der Gewerkschaften unten. Bereits im Juni 1945 hatte sich in Berlin ein „Initiativausschuss zur Gründung antifaschistisch-demokratischer Gewerkschaften" gebildet. Im Februar 1946 folgte die offizielle Gründung des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB). Obwohl alle Parteien in der Leitung des FDGB vertreten waren, sicherten sich die Kommunisten mit ihren straff geführten Betriebsgruppen rasch die Vorherrschaft und schufen eine Einheitsorganisation. Als es im Herbst 1947 wegen eines neuen Leistungslohnsystems zu Konflikten zwischen den Arbeitern in den Betrieben einerseits und der SED und der sowjetischen Militäradministration andererseits kam, trat die Umwandlung des FDGB in ein politisches Instrument der SED zur Massenbeeinflussung klar zu Tage. Die noch überwiegend sozialdemokratisch gesonnenen Betriebsräte opponierten mit den Arbeitern gegen das neue Lohnsystem und beharrten auf ihrer Selbstständigkeit gegenüber Anweisungen von außen. Daraufhin installierte die SED in den Betrieben von der Partei abhängige Betriebsgewerkschaftsleitungen. Im August 1950 schließlich formulierte die SED Öffentlich ihren Führungsanspruch im FDGB. Die Militärverwaltungen in den Westzonen verzögerten den politischen Neuaufbau der Gewerkschaften, weil sie einerseits den Deutschen misstrauten und andererseits den Ausbruch einer sozialen Revolution befürchteten, von der die Kommunisten profitieren könnten. Im August 1945 wurden in der britischen Zone zunächst Betriebsräte zugelassen, im September dann die Bildung von Gewerkschaften auf lokaler Ebene genehmigt. Der Streit um die Organisationsform der Gewerkschaften verzögerte zunächst den Neuaufbau. Die britische Militärregierung befürchtete, dass eine möglicherweise kommunistisch geführte Einheitsgewerkschaft zu mächtig werden könnte. Auf Wunsch der Militärregierung intervenierte der britische Gewerkschafts-Verband. Ende 1945 fiel in Düsseldorf der Entschluss für das Industrieverbandsprinzip. Die einzelnen autonomen Industriegewerkschaften sollten in einem Dachverband zusammengefasst werden. Dieses Modell wurde im August 1946 auf der Gewerkschaftskonferenz in Bielefeld beschlossen. Dagegen bildeten die Gewerkschaften „Erziehung und Wissenschaft" und „Kunst" Berufsverbände. 1947 wurde in Bielefeld mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) der erste westzonale Dachverband gegründet. Im Oktober 1949 konstituierte er sich dann als bundesweite Organisation. Nachdem das Interesse an einer Sozialisierung der Schlüsselindustrien in den westlichen Zonen sowohl bei den Besatzungsmächten als auch bei den Gewerkschaften nach dem Hungerwinter 1946/47 nachgelassen hatte, konzentrierten die Gewerkschaften ihre Tätigkeit auf die Tarifpolitik. Reform der Länder und Aufbau der Verwaltungen Nach der bedingungslosen Kapitulation und der Übernahme der Regierungsgewalt in Deutschland sahen sich die Siegermächte zunächst vor die Aufgabe gestellt, in ihren Besatzungszonen eine funktionierende 3 Verwaltung zu organisieren, um in Anbetracht der Flüchtlingsströme und der Nahrungsmittel- und Wohnraumknappheit die Versorgung der Bevölkerung zu sichern und soziale Unruhen zu vermeiden. Dazu benötigten sie die Mitarbeit der Deutschen. Bereits im Juli 1945 setzte die SMAD in der Ostzone Regierungen in den Ländern Sachsen, Mecklenburg und Thüringen sowie in den Provinzen Brandenburg und Sachsen-Anhalt ein. Noch im gleichen Monat wurde die Errichtung von elf deutschen Zentralverwaltungen angeordnet. Fünf der von der SMAD eingesetzten Präsidenten dieser Verwaltungen gehörten der KPD, drei der SPD, je einer der CDU und der LDPD an, einer war parteilos. Auch in den Westzonen waren die Weichenstellungen der Besatzungsmächte entscheidend. Am frühesten begann die US-Militärregierung mit dem Aufbau einer deutschen Zentralverwaltung, Im Oktober 1945 bildete sie in ihrer Zone einen Länderrat, der sich aus den drei von ihr ernannten Ministerpräsidenten der Länder Bayern, Württemberg-Baden und Hessen zusammensetzte. Bereits Anfang August waren Nord-Württemberg und Nord-Baden zum Land Württemberg-Baden mit Stuttgart als Regierungssitz zusammengefasst worden. Erster Ministerpräsident wurde der Vorsitzende der liberalen DDP, Reinhold Maier (1889-1971). Im August 1946 löste die britische Militärregierung die bisherigen preußischen Provinzen auf und errichtete an ihrer Stelle die Länder Schleswig-Holstein, Hannover und Nordrhein-Westfalen und wenig später Niedersachsen. Eine dem Länderrat in der amerikanischen Zone vergleichbare Zentralverwaltung lehnte sie jedoch ab. Am 25. Februar 1947 wurde Preußen dann formal durch ein Kontrollratsgesetz aufgelöst. Mit der Errichtung des Landes Nordrhein -Westfalen wollte die britische Regierung vollendete Tatsachen schaffen, um eine von Frankreich und der Sowjetunion geforderte internationale Kontrolle des Ruhrgebietes zu verhindern. Frankreich riegelte seine Besatzungszone sofort von den übrigen ab und förderte dort einen extremen Föderalismus. Das Land Rheinland-Pfalz wurde neu gegründet und ein durch Grenzkorrekturen vergrößertes Saarland politisch und wirtschaftlich von Deutschland abgetrennt, kam aber 1955 nach einer Volksabstimmung zur Bundesrepublik. Bis Herbst 1947 entstanden die Länder WürttembergHohe020Hern mit der Hauptstadt Tübingen, Baden mit der Hauptstadt Freiburg und separat der Kreis Lindau auf bayerischem Gebiet- Die Bildung des heutigen Landes Baden-Württemberg geht auf das Jahr 1952 zurück. Bodenreform und Verstaatlichung in der SBZ In der sowjetischen Besatzungszone, die einen beträchtlichen Anteil des ehemaligen ostelbischen Großgrundbesitzes umfasste, bildete die Bodenreform einen integralen Bestandteil der Entnazifizierungspolitik. Im September 1945 begann die sowjetische Militäradministration unter der Losung „Junkerland in Bauernhand" mit der entschädigungslosen Enteignung des Grundbesitzes über 100 Hektar. Betroffen waren von den Maßnahmen rund 35 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche. Ungefähr zwei Drittel des enteigneten Bodens wurden an 599000 Bauern, Landarbeiter und Umsiedlerfamilien in Parzellen zu 5 bis 10 Hektar verteilt. Die Mehrzahl der kleinen Betriebe erwies sich jedoch längerfristig als unrentabel. Ab 1952 mussten sie sich in Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) zusammenschließen. Damit begann die Kollektivierung der Landwirtschaft nach sowjetischem Vorbild. Nachdem im Juli 1945 bereits Banken und Sparkassen entschädigungslos enteignet worden waren, setzte gegen Ende des Jahres die Verstaatlichung der Industrie ein, die wie alle Sozialisierungsmaßnahmen mit der Enteignung von Kriegs- und Naziverbrechern legitimiert wurde. Nach Anfangen in Sachsen erfolgte die Umwandlung der Unternehmen in Volkseigene Betriebe (VEB) auch in den anderen Gebieten der SBZ, allerdings nicht mehr, wie m Sachsen, per Volksabstimmung, sondern nur noch per Verordnung. Bis Mitte 1948 wurden mehr als 9000 Betriebe sozialisiert. 213 der wichtigsten Betriebe, die alleine fast 25-30 % der sowjetzonalen Gesamt-Produktion erzeugten, gingen zunächst in das Eigentum der Sowjetunion über und wurden in 25 Sowjetische Aktiengesellschaften (SAG) umgewandelt. 1953 wurden sie für rund 2,5 Mrd. Mark von der DDR zurückgekauft. Reparationen In Potsdam hatten die Alliierten vereinbart, dass jede Besatzungsmacht ihre Reparationen und Demontagen durch Entnahme von Produktionsgütern aus ihrer eigenen Zone befriedigen sollte. Die USA interessierten sich vor allem für industrielles Know-how. Ungefähr 1000 Techniker, wie z.B. der Raketenbauer Wernher von Braun (1912-1977), wurden in die USA gebracht, um dort an ihren Projekten weiterzuarbeiten. Der Technologieraub dürfte einen Wert von 10 Mrd. Dollar gehabt haben, zu dem auch die Verfilmung der wichtigsten deutschen Patente gehörte. Am längsten plünderte die UdSSR ihre Zone aus. Bis Frühjahr 1948 wurden nicht nur kriegswichtige Industrien, sondern auch für die Friedenswirtschaft unentbehrliche industrielle Betriebe demontiert. Hinzu kamen die Entnahme von Reparationen aus der laufenden Produktion und die Demontage von Gleisanlagen. Auch die UdSSR nahm eine große Zahl deutscher Forscher in ihre Dienste, bemühte sich allerdings vergeblich, einen Zugriff auf das Industriepotenzial und die Rohstoffe im britisch besetzten Ruhrgebiet zu erhalten. Die rücksichtslose Entnahmepolitik der sowjetischen Besatzungsmacht hat das Wirtschaftspotenzial der Ostzone mehr zerstört als die unmittelbaren Kriegseinwirkungen. Die Belastung, die rein rechnerisch jeder Deutsche zu tragen hatte, war in der Ostzone dreimal so hoch wie 4 in den Westzonen. 5