Flugzeugastronomie im nächsten Jahrtausend

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SOFIA - Flugzeugastronomie im nächsten Jahrtausend
SOFIA
Flugzeugastronomie im nächsten Jahrtausend
Aus der Kursbeschreibung
SOFIA ist ein wohlklingendes Kunstwort, entstanden aus den Anfangsbuchstaben von „Stratospheric Observatory
For Infrared Astronomy“, einem Projekt der Astronomie des nächsten Jahrtausends (Zusammenarbeit von NASA
und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt). Wie der Name schon vermuten lässt, geht es dabei um
eine astronomische Beobachtungsstation, die von einem Flugzeug bis in die Stratosphäre getragen wird.
Astronomische Beobachtungen aus einem Flugzeug heraus sind kein Luxus, sondern eine Möglichkeit, auf
kostengünstige Art und Weise zu bisher unerreichbaren Informationen zu gelangen. Wollen wir nämlich gen
Sternenhimmel schauen, so sind wir auf die Kapriolen des Wetters angewiesen. Aber selbst bei völlig klarem
Himmel gelangt nur ein sehr kleiner Teil der auf der langen Reise durch den Kosmos fast komplett gebliebenen
Strahlung bis zu dem erdgebundenen Astronomen. Die harten, lebensvernichtenden Strahlungsanteile, wie
auch ein Großteil der längerwelligen Strahlung verlieren ihre Energie an die in der Erdatmosphäre vorkommenden Moleküle. Die Wassermoleküle sind dabei diejenigen, welche die Infrarotstrahlung „abfangen“, noch bevor
sie uns von intergalaktischer Materie, entstehenden Sternen und extrasolaren Planeten „berichten kann“.
Ein Flugzeug bietet uns die Chance, die meisten Wassermoleküle „unter uns zu lassen“ und damit das Fenster
zur Beobachtung von kosmischer Infrarotstrahlung weit zu öffnen.
Das Was und Wie unserer Arbeit
Wir begannen den Kurs mit „Fundamental-Astronomie“. Jeder Kursteilnehmer wurde befähigt, verschiedene
Objekte des Sternenhimmels zu kennen und aufzufinden, sowie ihre Bewegungen aus der Sicht vom „Raumschiff Erde“ zu verstehen. Die für SOFIA besonders interessanten Objekte fanden so in Folge ihren Platz. Auch
geschichtliche Bezüge wurden hergestellt.
Von Beginn an wurde auch beobachtet. Die Sternbilder wurden als Orientierungshilfen aufgesucht und ins Langzeitgedächtnis gebracht. Fernrohre kamen zum Einsatz, um tiefer ins All schauen zu können. Selbstgemachte
Fotos sollten auch dazugehören.
Für den Einstieg in die Infrarot(IR)-Astronomie war ein kurzes Erinnern an die Physik der elektromagnetischen
Strahlung nötig. Ein weiteres Einstiegskapitel umfasste die astronomische Beobachtungstechnik, d.h. Aufbau
und Funktionsweise von Fernrohren und Strahlungsempfängern. Kenntnisse zu den störenden Einflüssen der
Erdatmosphäre auf astronomische Beobachtungen rundeten das Basiswissen ab.
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SOFIA Scientific Crew: hinten: Katharina, Tobias, Sophia, Karen, Elisabetta, Almut, Olaf, mittig: Georg, Sylvia,
Martin, Janina, Ole, Arne, Marc, vorne: Myriam, Florian, Matthias, Jana (von links nach rechts).
Während der zurückliegenden zwei Jahrzehnte hat sich in der Astronomie der „IR-Zweig“ etabliert. Welche
neuen Informationen im IR zu bekommen sind und welche kosmischen Objekte dabei besonders interessieren,
das wird im Folgenden zur Sprache kommen.
Die Kursinhalte sollten sich an den neuesten Erkenntnissen orientieren. Jede(r) Beitragende war dazu angehalten, den ihr(ihm) übertragenen Kursteil so anschaulich wie möglich darzustellen. Die Beobachtungs-Aktivitäten
waren teilweise auch den anderen Gruppen der Akademie zugänglich. Zur Beschaffung der neuesten Daten zu
den behandelten Objekten stellte der Computer am Netz ein wichtiges Hilfmittel dar. Neben dem Surfen durch
die Datenbanken wollten wir auch den Versuch starten, entsprechend aktive Wissenschaftler per E-Mail zu
erreichen, um deren Meinungen, Kommentare, Begründungen usw. zu erfragen.
Das Stratosphärenobservatorium für Infrarot-Astronomie (SOFIA) wird ein Teil des astronomischen Geräteparks des 3. Jahrtausends sein und somit in gewisser Art und Weise zu den Lebensumständen der Kursteilnehmergeneration gehören. Entsprechend führte der rote Faden des „Astronomie-Kurses“ von der Orientierung am Sternenhimmel über grundlegende astronomische Sachverhalte hin zur Auseinandersetzung mit dem
SOFIA-Projekt. Hervorzuheben ist dabei die Aktualität der Thematik, welche Probleme, die sich derzeit noch in
heißer ingenieurtechnischer und wissenschaftlicher Diskussion befinden, bereits zum Inhalt von Schülerakademiekursen machte. Für einige der Kursreferate bestand die Notwendigkeit der direkten oder indirekten Nachfrage
bei Experten, die am SOFIA-Projekt beteiligt sind. Allen denjenigen, die sich die Zeit zur Hilfestellung genommen haben, sei an dieser Stelle gedankt.
Die Kerninhalte des „Astronomiekurses“ wurden durch die Kursteilnehmer aufbereitet und in Form von Referaten vorgestellt. Jeder Referent wurde dabei zum Spezialisten auf einem kleinen astronomischen Teilgebiet und
hatte die Aufgabe, sein Spezialwissen den anderen Kursteilnehmern zu vermitteln. Fünf der 16 vergebenen
Referate sollten die Notwendigkeit, die Möglichkeiten, das Know-how und die Probleme astronomischer Beobachtungen aufzeigen. Die folgenden vier Referate hatten das Ziel, die Schar der astronomischen Objekte zu
demonstrieren und die bei verschiedenen Wellenlängen erreichbaren Informationen zu verdeutlichen. Die verbleibenden sieben Referate waren der Flugzeugastronomie und im Speziellen dem SOFIA-Projekt gewidmet.
Die abschließende Hürde bestand darin, die Referatsinhalte in komprimierter Form nach wissenschaftlichem
Standard zu Papier zu bringen.
Im folgenden werden alle Leser aufgefordert, sich anzuschnallen und den Start zu genießen. Die SOFIAGaesdonck‘99-Crew wünscht einen guten Flug (durch die Dokumentation)!
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Elektromagnetische Strahlung – astronomischer Botenstoff
(Ole Schwen)
Elektromagnetische Strahlung ist die wesentliche physikalische Grundlage fast aller astronomischen Beobachtungen, da kosmische Objekte fast nur aus der Ferne beobachtet werden können. Die von SOFIA untersuchte
Infrarotstrahlung ist ein bisher wenig erforschter Wellenlängenbereich.
Elektromagnetische Strahlung – Beschreibung
Elektromagnetische Strahlung besteht aus einem periodisch veränderlichen elektromagnetischen Feld, das
sich räumlich ausbreitet. Es wird einerseits im Wellenmodell, andererseits im Teilchenbild betrachtet. Nach der
Wellenvorstellung wird die Länge einer Periode mit λ und ihre Frequenz mit ν bezeichnet. Es besteht der Zusammenhang c = λ • ν, wobei c die Lichtgeschwindigkeit (299792 km · s–1) ist. Diese Geschwindigkeit stellt gleichzeitig die oberste Grenze für den Transport von Masse und Information dar. Im Teilchenbild werden Photonen
betrachtet, die die Energie E = h · ν besitzen, wobei h die PLANCKsche Konstante (6,626 · 10-34 J · s) darstellt
[1,2].
Die folgende Abbildung zeigt die verschiedenen Teilbereiche, in die das elektromagnetische Spektrum eingeteilt
wird:
Abbildung 1: Das elektromagnetische Spektrum aus, [3]
Die elektromagnetische Strahlung im Radio- und Submillimeter-Bereich (s. u.) wird maßgeblich durch Molekülschwingungen und -rotationen erzeugt. Vom Infraroten (IR) bis zum UV dominieren Elektronenübergänge in den
Atomschalen und in Molekülen.
Analyse
Anhand der nachgewiesenen Strahlung lassen sich Rückschlüsse auf die Natur der kosmischen Strahlungsquellen, ihre Dynamik und ihre Entwicklungsstadien, ihre Wechselwirkungen mit der Umgebung sowie ihre
Entfernungen ableiten.
Mit der Spektralanalyse elektromagnetischer
Strahlung (mittels Spektrometern wie z. B. Prismen oder Gittern) lassen sich Bestandteile von
kosmischen Objekten und dem interstellaren Medium (Gas und Staub) herausfinden, da Gasatome und - moleküle charakteristische Frequenzen und Staub spezielle Banden emittieren bzw.
absorbieren. Abbildung 2 gibt ein Beispiel hierfür
im sichtbaren Licht.
Weiterhin lassen sich Aussagen zur relativen Bewegung des Objektes in der Sichtlinie zum Beobachter machen (DOPPLER-Effekt). Dies bildet die
Grundlage für Entfernungsbestimmung innerhalb
unserer Galaxis und für extragalaktische Objekte.
Abbildung 2: Das Kontinuums-Spektrum der Sonne mit
Absorptionslinien (den sog. FRAUNHOFERschen Linien, die
durch Absorption in der Photosphäre der Sonne und der
Atmosphäre der Erde entstehen) und die Emissionslinien
des Wasserstoffs, aus [4]
Mit der Photometrie wird untersucht, wieviel Strahlung in bestimmten Frequenzen empfangen wurde. Polarimetrie
ist die Untersuchung der Strahlung hinsichtlich ihrer mit verschiedenen räumlichen Schwingungsebenen.
Strahlung, die SOFIA misst
Wie das „I“ (= Infrarot) schon andeutet, soll das SOFIA-Flugzeug vor allem im Bereich des IR beobachten. IR ist
der Wellenlängenbereich, der zwischen Mikrowellen und dem sichtbaren Licht liegt. Er wird unterteilt in
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- nahes IR (NIR): 0,7 bis 4 µm,
- mittleres IR (MIR): 4 bis 40 µm,
- fernes IR (FIR): 40 bis 300 µm.
Außerdem soll SOFIA im Submillimeter-Wellenlängen-Bereich (300 bis 1000 µm) beobachten.
Quellenangaben
[1] Zeilik, M.: Conceptual Astronomy, Wiles, New York, 1993.
[2] Encyclopædia Britannica, Chicago, 1996.
[3] Publikation der NASA: Infrared Astronomy: More than Our Eyes Can See, Pasadena, 1998.
[4] Grehn, J.: Metzler Physik, Schroedel, Hannover, 1992, S. 566.
Nachweis elektromagnetischer Strahlung
(Janina Lämmchen)
Nachdem klar wurde, dass die visuell wahrnehmbare Strahlung nur einen Bruchteil des elektromagnetischen
Spektrums darstellt, suchte man nach Nachweismöglichkeiten für die anderen Strahlungsarten. Heute gibt es
für jeden Spektralbereich Nachweisgeräte.
CCD (Charge-Coupled Device) – ladungsgekoppeltes Bauelement
Ein von Astronomen häufig verwendetes Empfangsgerät, das auch für
SOFIA eine Rolle spielen wird, ist der CCD-Detektor. CCDs werden benutzt, um Strahlungen im Bereich von 400 bis 1100 nm (für Silizium)
nachzuweisen. Die Oberfläche besteht aus lichtempfindlichen SiliziumDioden, (siehe Abbildung 1). Jede Diode bildet den Speicherplatz für
den Punkt eines Bildes (Pixel genannt). CCDs haben bis zu 2000 x 2000
Pixel, mit je einer Kantenlänge zwischen 15 und 30 µm. Die Arbeitsweise eines CCDs basiert auf der Freisetzung von Elektronen durch auftreffendes Licht im Halbleitermaterial (siehe Abbildung 2). Durch die Belichtung entsteht ein in Elektronen umgesetztes Bild auf dem Chip. Die
in jedem Pixel freigesetzten Elektronen werden durch jeweilige Elektroden am Ort des Pixels festgehalten (Potentialwall). Nach der Belichtung
kann die Elektronenladung Zeile für Zeile ausgelesen werden. Die Abbildung 1: Einzelnes Bildelement
Ladungspakete werden durch Potentialänderungen benachbarter Elek- (Pixel) eines CCD-Detektors, aus [3]
troden, im Rhythmus eines von außen angelegten Taktsignals, in eine
spezielle Auslesezeile weitergereicht. Von der Auslesezeile gelangt das
Bild Zeile für Zeile über einen Ausleseverstärker in den Computer (siehe Abbildung 2).
Die CCD-Detektoren besitzen eine hohe Speicherdichte
und weisen die Struktur eines Schieberegisters auf. Sie
können linear oder flächenhaft sein. CCDs müssen gekühlt werden, da ansonsten mehr Elektronen ausgelesen würden, die nicht durch den Lichteinfall, sondern
durch die Erwärmung freigesetzt worden sind (Dunkelstrom). CCD-Elemente werden u.a. auch zur Erzeugung
von Bildsignalen in Fernsehkameras eingesetzt.
Hervorstehende Merkmale von CCDs sind:
- Hohe photometrische Genauigkeit, da die Beziehung
Abbildung 2: Prinzipielle Arbeitsweise eines CCDzwischen einfallendem Strahlungsstrom und erzeugDetektors, aus [5]
ten Elektronen linear verläuft.
- Hohe Photonenausbeute, d.h. fast jedes (80%)
einfallende Photon wird nachgewiesen.
- Detektorrauschen, das beim Ausleseprozess durch die Elektronik entsteht.
- Die Daten können sofort in den Computer eingelesen und somit auf einem Bildschirm dargestellt, bzw. im
Computer verarbeitet werden.
Man wird in der Zukunft versuchen, den Empfindlichkeitsbereich von CCDs vom roten Spektralbereich in andere
Spektralbereiche hinein zu erweitern.
Das SOFIA-Projekt ist für Beobachtungen im optischen und im infraroten Bereich vorgesehen. Andere Nachweisgeräte für diesen Bereich sind [aus 3]:
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-
Photovoltaik-Zellen
Ladungsinjizierte Zellen (CID)
Photographische Emulsionen
Gas-Zellen
Fernsehröhren
Bildverstärker
Golay-Zellen
-
Photoelektromagnetische Detektoren
Thermoelemente
Pyroelektrische Detektoren
Bolometer
Photokonduktive Zellen
Phototransistoren
Thermometer
Quellenangaben
[1] Schlosser, W.: Fenster zum All, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, 1990, S. 104 - 106.
[2] Roth, G. D.: Handbuch für Sternfreunde, Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, 1989, S. 87 - 88.
[3] Kitchin, C. R. : Astrophysical techniques, IOP Publishing Ltd., 1998, S. 20 - 30.
[4] Kartunen, Kröger, Oja, Poutanen, Donner: Astronomie, Springer-Verlag, Berlin, 1987, S. 74.
[5] http://www.cameras.de/cameras/koeln/sid005.htm.
Astronomische Fernrohre: Typen und Eigenschaften
(Florian Wilken)
Teleskope sind unabdingbare Hilfsmittel für astronomische Untersuchungen der elektromagnetischen Strahlung. Astronomische Fernrohre vergrößern Strahlungsquellen und sammeln von diesen ausgesandte Photonen.
Dadurch können wissenschaftliche Instrumente, wie Kameras oder Spektrometer, wesentlich detailliertere Daten liefern.
Die Kenngrößen eines Teleskops
Die Lichtstärke charakterisiert die Möglichkeit, auch noch sehr schwache Strahlungsquellen analysieren zu
können. Das Öffnungsverhältnis ist das Verhältnis des Objektivdurchmessers zur Brennweite. Demzufolge ist
ein Teleskop umso lichtstärker, je größer das Öffnungsverhältnis ist.
Die theoretische räumliche Auflösung gibt den minimalen aufgelösten Winkel an. Sie ist dem Quotienten aus
Wellenlänge λ und Objektivdurchmesser D proportional. Bei unverändertem λ wird durch die Vergrößerung von
D die räumliche Auflösung verbessert.
Das Verhältnis der Objektivbrennweite zu der Okularbrennweite gibt die Vergrößerung an. [1,2]
Teleskoptypen
Zwei Bauarten von Teleskopen werden unterschieden: Refraktoren und Reflektoren. Während Refraktoren die
elektromagnetische Strahlung mit Hilfe von Linsen sammeln und fokussieren, dient den Reflektoren ein Hohlspiegel als Objektiv. Heute werden zu astronomischen Zwecken fast ausschließlich Reflektoren eingesetzt.
Diese haben mehrere Vorteile gegenüber Linsenfernrohren, bei denen die Strahlung benachbarter Wellenlängen unterschiedlich stark gebrochen wird (chromatische Aberration). Bei Reflektoren ist diese vernachlässigbar.
Ein Objektiv mit Kugeloberfläche hat jedoch unterschiedliche Brennpunkte für achsennahe und -ferne Strahlen
(sphärische Aberration). Da der Spiegel an seiner Rückseite gehalten wird, werden sehr große Durchmesser
möglich. Als nachteilig erweisen sich die Beugungserscheinungen, die an den Halterungen für den Sekundärspiegel entstehen.
Beim Newton-Reflektor wird der Brennpunkt
wird durch einen Planspiegel rechtwinklig zum
Strahlengang nach außen verlegt.
Die Cassegrain-Bauweise (Abb. 1) verfügt über
einen gekrümmten Sekundärspiegel, der den
Strahlengang verlängert. Der Brennpunkt liegt
hinter dem Primärspiegel,
was vor allem für große Abbildung 1: Cassegrain Teleskop, aus [2]
Geräte günstiger ist. Deshalb wird diese Bauweise bei vielen Großteleskopen verwendet.
Abbildung 2:
Nasmyth-Fokus,
aus [5]
Mit Hilfe eines Planspiegels wird beim Nasmyth-Fokus (Abb. 2) der Cassegrain-Strahlengang vor dem Hauptspiegel nach außen verlegt. Ein dort angebrachtes Analyse-Gerät muss
nur in azimutaler Ebene (s. unten) bewegt werden. Auch dieser Fokus wird bei sehr vielen
Großobservatorien und auch bei SOFIA verwendet.
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Eine Schmidt-Kamera verfügt über eine Korrektionsplatte (spezielle Linse mit geringer Brechkraft) in der Teleskop-Öffnung. Diese korrigiert die sphärische Aberration des Hauptspiegels. Bei geringer Brennweite eignet
sich die Schmidt-Kamera vor allem für großflächige Himmelsaufnahmen [1,2,3,5].
Montierungen
Bei der parallaktischen Montierung zeigt eine Achse auf den Himmelsnordpol. Die zweite Achse ist dazu senkrecht. Nur diese muss bei längerer Integration bzw. Beobachtung entsprechend der Himmelsbewegung nachgeführt werden.
Die azimutale Montierung verfügt über eine Achse in Horizontebene sowie eine zweite Achse zur Einstellung
der Höhe. Beide Achsen müssen zum Nachführen geändert werden. Weil diese Montierungsart stabiler ist, wird
sie, gesteuert durch einen Computer, bei Großteleskopen ab und an eingesetzt.
Andere Wellenlängen
Zur Analyse nicht-optischer Wellenlängen werden vorwiegend Reflektoren eingesetzt. Die nötige Oberflächenqualität des Hauptspiegels hängt von der analysierten Wellenlänge ab. Bei Röntgen- und UV-Strahlung ist diese
sehr klein. Entsprechend muss die Spiegeloberfläche extrem genau gefertigt sein. Für die langwellige Infrarotund Radiostrahlung sind die Anforderungen an die Oberflächenqualität des Spiegels dementsprechend geringer. Auch die räumliche Auflösung wird durch die beobachtete Wellenlänge bestimmt. Für langwellige Strahlung
wird eine gute Auflösung nur durch sehr große Hauptspiegeldurchmesser gewährleistet [1,4].
Quellennachweis
[1] Strobel, N.: Telescopes, http://userzweb.lightspeed.net/~astronomy/telescop/telescop.htm, 1997.
[2] Roth, G.: Handbuch für Sternfreunde Band 1, Springer Verlag, Heidelberg, 1989.
[3] Strickling, W.: Teleskope: Eine Einführung, http://home.t-online.de/home/Strickling/teleskop.htm http://
home.t-online.de/home/Dr.Strickling/teleskop.htm, 1999.
[4] Mullen, L.: It takes more than..., http://science.nasa.gov/ast20apr99_1.htm, 1999.
[5] König, A.: Die Fernrohre und Entfernungsmesser, Springer Verlag, Heidelberg, 1937.
Die Erdatmosphäre – Hürde für die Astronomen
(Myriam Rüdiger)
Bei der Vielzahl der bereits vorgestellten Strahlungsarten stellt sich die Frage, warum diese von der Erde aus
nur teilweise beobachtet werden können. Eine nähere Beschäftigung mit Aufbau und Zusammensetzung der
Atmosphäre zeigt die Gründe auf und gibt Motivation für das SOFIA - Projekt.
Aufbau, Zusammensetzung und „Schirmwirkung“ der Atmosphäre
Die Atmosphäre der Erde lässt sich in einzelne Schichten unterteilen. Die unterste Schicht ist die Troposphäre
(Höhe ca. 9 – 16 km), in der sich hauptsächlich das Wettergeschehen abspielt. In der Troposphäre befindet sich
der Großteil des in der Atmosphäre enthaltenen Wasserdampfs. Die exakte Verteilung ist ebenso wie die Temperatur von Jahreszeiten und Wetterlagen abhängig. Die (trockene) Luft besteht in den unteren Schichten hauptsächlich aus Stickstoff (78%) und Sauerstoff (21%). Den Rest bilden Spuren- und Edelgase. Diese Zusammensetzung ändert sich mit zunehmender Höhe, die Anteile von Sauerstoff und Stickstoff nehmen ab, die von
leichten Gasen wie Wasserstoff und Helium nehmen zu. In der nächsten Schicht, der Stratosphäre (ca. 10- 50
km), befindet sich in einer Höhe von 15- 30 km die Ozonschicht, in welcher 70% der eintreffenden UV-Strahlung
absorbiert werden. In der Stratosphäre treten kaum Turbulenzen auf, die Luft ist geschichtet. Die folgende Mesosphäre (50- 80km) ist der kälteste Bereich der Atmosphäre, da durch den hohen Kohlendioxidgehalt ein Großteil
der Wärme wieder in den Weltraum abgestrahlt wird. In der Ionosphäre (ab 80 km, keine feste obere Grenze)
steigt der Anteil der durch UV ionisierten Teilchen zusammen mit der Temperatur proportional zu der Höhe. Die
Ionosphäre geht über in die Exosphäre, die sich durch die schwindende Dichte der Moleküle auszeichnet, bis in
einer Höhe von 106 km die mittlere Dichte des interplanetaren Raums (5 Ionen und 5 Elektronen/cm³) erreicht
wird.
Durchlässigkeitsverhalten der Erdatmosphäre
Alle astronomischen Beobachtungen, die vom Erdboden aus unternommen werden, beschäftigen sich mit Strahlung, welche die Atmosphäre passieren kann. Vom Boden aus können wir nur durch sogenannte „Fenster“
beobachten, in denen die Durchlässigkeit der Atmosphäre sehr hoch ist. Es gibt „Fenster“ für sichtbares Licht
(ca. 350- 700nm) und für Radiostrahlung (ca. 1mm- 1m). Im IR liegen verschiedene „halbdurchlässige Fenster“
(NIR und MIR). Da die verschiedenen Absorptionsvorgänge in unterschiedlichen Höhen stattfinden, kann von
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Teleskopen, die sich über diesen
Schichten befinden, ein wesentlich
breiteres Spektrum empfangen
werden. In Abb. 1 ist zu erkennen,
bei welcher Höhe mit welchen
Teleskopträgern beobachtet werden kann.
Die Rolle des H2O- Moleküls in
der Erdatmosphäre
Aufgrund seiner Winkelform ist das
Wassermolekül zu einer Vielfalt von
Schwingungsmodi in der Lage (siehe Abb. 2) und kann dementsprechend verschiedene Wellenlängen
absorbieren. Die Dehnungsschwingungen der WasserstoffAbbildung 1: Absorption der Atmosphäre in Abhängigkeit der Höhe [1]
atome relativ zum Sauerstoffatom
bewirken eine Absorption im NIR
und die Biegeschwingungen nehmen Strahlungsenergie des MIR auf. Übergänge zwischen Rotationszuständen des gesamten Moleküls absorbieren im
FIR- und Submm-Bereich. Indem das Flugzeug des SOFIA-Projektes sich
über die wasserdampfhaltige Troposphäre erhebt, lässt es 99% der H O- Mo2
leküle unter sich und kann IR-Strahlung beinahe lückenlos empfangen.
Zusätzliche Effekte der Atmosphäre bei erdgebundener Beobachtung
Ein weiteres Phänomen, das die Beobachtung im IR- Bereich erschwert, ist
die Wärmestrahlung des Himmels selbst. Der Himmel gibt Infrarotstrahlung
bei einer für Objekte mit einer bestimmten Temperatur (270 K) typischen Wellenlänge (10 µm) ab und überlagert so die IR-Strahlung, die von fernen Objekten auf der Erde eintrifft. Auch durch von atomaren Prozessen in der Hochatmosphäre oder künstlich (z.B.
Funkwellen) verursachte Strahlung werden astronomische Untersuchungen erschwert. Durch Dichteschwankungen der Luft werden die von einem Objekt ausgesandten Strahlen leicht abgelenkt. Dies führt dazu,
dass das eigentlich punktförmige Licht eines Sterns in eine Scheibe „verschmiert“ wird. Diese Verschmierung
wird als „Seeing“ bezeichnet. Man spricht von gutem Seeing, wenn die genannten Ablenkungen klein sind, zum
Beispiel bei Standorten mit sehr trockener und stabil geschichteter Luft.
Quellennachweis
[1] Schlosser, W.: Fenster zum All, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt, 1990, S. 10.
[2] Büchergilde Gutenberg: Universallexikon, Auszug Atmosphäre.
[3] Schlegel, K.: Vom Regenbogen zum Polarlicht, Spektrum Akademischer Verlag.
[4] Orbis Universum: Erde und Mond, Orbis Verlag.
[5] http://129.187.129.1/people/neukamm/leben.html.
Astronomische Observatorien
(Georg Markopoulos)
Um neue Ergebnisse zu erhalten, führen Astronomen ihre Beobachtungen an großen Observatorien durch. Der
Einsatz dieser Großteleskope erlaubt es, sehr lichtschwache Objekte zu untersuchen, erfordert jedoch auch gerade im Infrarotbereich - die Verwendung besonderer Techniken.
„Weiter – klarer - schärfer”
Die stetige Entwicklung immer besserer Instrumente ermöglicht es den Astronomen, nach und nach, den Geheimnissen unseres Universums auf den Grund zu gehen. In Observatorien werden diese modernen Teleskope
von den Wissenschaftlern für ihre Forschungen genutzt. Durch den Bau immer größerer Teleskope können die
Astronomen nicht nur das räumliche Auflösungsvermögen verbessern, sondern auch immer lichtschwächere
Objekte untersuchen. In der heutigen Zeit haben sich im Bereich der Großteleskope die Reflektoren gegenüber
den Refraktoren durchgesetzt.
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Neue Techniken ermöglichen derzeit den Bau von Großteleskopen der 8m-Klasse, jedoch existieren schon
Pläne zum Bau von 20-100m Teleskopen. Eine aktive Optik sorgt dafür, dass sich der Spiegel jederzeit in seiner
optimalen Form befindet. Die Verformungen des Spiegels, die aufgrund seines eigenen Gewichtes und thermischer Einflüsse ständig auftreten, werden durch eine anspruchsvolle Regelelektronik kompensiert. Die adaptive
Optik versucht, die durch atmosphärische Turbulenzen hervorgerufene Bildunschärfe und -bewegung mittels
komplexer Korrektursysteme zu beheben, so dass fast das theoretische Auflösungsvermögen des Teleskops
erreicht werden kann [1] [2].
Für ein erdgebundenes Observatorium ist jedoch auch die
Wahl des Standortes von entscheidender Bedeutung: Ein
guter Standort muss einerseits eine ausreichend hohe Anzahl an sternenklaren Nächten garantieren und andererseits
möglichst abseits von starken Lichtquellen (z.B. Städten) gelegen sein, da das Streulicht die Beobachtung erschwert. Ein
weiteres Auswahlkriterium ist die atmosphärische Stabilität
(Seeing), die maßgeblich die Bildqualität mitbestimmt. Außerdem ist die atmosphärische Durchsicht, die gerade auch
durch den Wasserdampfgehalt bestimmt wird, von Bedeutung.
Wegen der Probleme, die sich bei Beobachtungen von der Abbildung 1: Infrared Telescope Facility (IRTF)
Erdoberfläche stellen, weichen die Astronomen zunehmend auf dem Mauna Kea (4200 m), aus [4]
auf nicht-erdgebundene Observatorien aus. Mit Teleskopen
ausgestattete Satelliten haben den Vorteil, dass sie ohne die störenden Einflüsse der Atmosphäre alle Wellenlängenbereiche beobachten können. Ihre Nachteile liegen jedoch in den hohen Kosten und den beinahe fehlenden Reparatur- und Modernisierungsmöglichkeiten, sobald sie sich im Orbit befinden. Nur das Hubble Space
Teleskop kann aufgrund eines großen finanziellen und technischen Aufwandes über regelmäßige „service
missions“ gewartet werden.
Besonderheiten von Infrarotobservatorien
Gerade bei Beobachtungen im IR-Bereich sind die Astronomen vor besondere Schwierigkeiten gestellt.
Die Höhe des Standortes ist von ausschlaggebender Bedeutung:
Das Observatorium sollte hoch gelegen sein, damit der störende
Wasseranteil der Atmosphäre möglichst gering ist. Es müssen spezielle Infrarotdetektoren eingesetzt werden, die sich von denen für
das sichtbare Licht unterscheiden. Außerdem stellt die allgemeine
Hintergrundstrahlung des Himmels ein Problem dar. Jeder Körper
sendet entsprechend seiner Temperatur IR-Strahlung aus. Auch die
atmosphärischen Luftmoleküle emittieren im entsprechenden IRBereich, so dass für eine Infrarotkamera der „leere“ Himmel leuchtet. Durch das „Wobbeln“ kann dieses Problem jedoch umgangen
werden: Das Teleskop schwenkt dabei fortlaufend vom Zielobjekt
zum Hintergrund. Indem man den Messwert des Hintergrundes vom
ersten Messwert abzieht, erhält man die eigentliche Helligkeit des Abbildung 2: Infrared Space Observatory
interstellaren bzw. interplanetaren Objektes [3]. Weiterhin muss noch (ISO), aus [5]
der Einfluss der Wärmestrahlung der gesamten Teleskopeinrichtung
möglichst gering gehalten werden: Entweder werden die entsprechenden Geräte abgekühlt oder man verhindert, dass ihre Wärme in den Strahlengang gerät. Beim Very Large Telescope wird sogar die gesamte Teleskopkuppel gekühlt, um das störende „dome seeing“ zu verhindern.
Infrarotsatelliten müssen ebenfalls gekühlt werden, um ihre eigene Wärmeabstrahlung zu unterbinden. Zumeist
geschieht dies mit flüssigem Helium wie es beim Infrared Astronomical Satellite (IRAS) und dem Infrared Space
Observatory (ISO) der Fall war.
Quellennachweis
[1] Christlieb, N. u. Fischer, D.: Sterne und Weltraum: 10/1998, S. 826-833.
[2] Glindemann, A. u. Quirrenbach, A.: Sterne und Weltraum: 11/1997, S. 950-955.
[3] Henbest, N. u. Marten, M.: Die neue Astronomie, Birkhäuser Verlag, Basel u.a., 1984, S. 86.
[4] http://www.irtf.ifa.hawaii.edu/wwwimages/telescope/irtf_open.jpg.
[5] http://www.estec.esa.nl/vislab/iso1.gif.
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IR-Astronomie im Sonnensystem
(Elisabetta Bissaldi)
Alle Planeten und Monde des Sonnensystems strahlen sehr stark im IR-Bereich ab. Diese infrarote Strahlung
wird von den Atmosphären und Oberflächen emittiert. Für Planeten und Monde, die eine Atmosphäre haben,
kann die Forschung im IR die Zusammensetzung der Atmosphärengase sowie ihre Temperatur bestimmen. Die
IR-Astronomie kann auch zur Entdeckung neuer Kometen, Asteroiden und Staubwolken in unserem Sonnensystem beitragen.
Die Sonne
Die Sonne (Oberflächentemperatur ca. 6000°C) strahlt ungefähr die Hälfte ihrer Energie in Form von IR-Strahlung ab. Bilder im IR zeigen oft schwarze Zonen auf der Sonne, die durch Absorption des infraroten Lichts in
diesen Gebieten verursacht werden. Im IR ist es so möglich, die Dichte der Sonnenatmosphärengase zu untersuchen.
Jupiter
Jupiter, der größte Planet des Sonnensystems, strahlt ungefähr 1,6 mal mehr Energie in Form von infraroter
Strahlung ab, als er von der Sonne empfängt. Dies zeigt, dass Jupiter eine interne Energiequelle hat, Energie,
die bei der Kontraktion des Planeten entsteht. Wenn man die IR-Strahlung Jupiters beobachtet, kann man vieles
über die Struktur seiner Wolken erfahren. Die Temperatur nimmt zum Zentrum hin zu. Eines der wichtigsten Ziele
der IR-Forschung ist der „Große Rote Fleck“, ein Wirbelsturmgebiet, das seit Jahrhunderten existiert. Durch
infrarote Beobachtungen konnte man auch Jupiters Temperaturen bestimmen. Die dunkleren Regionen weisen
ca. 185 K auf und die wärmeren ca. 255 K [2].
Saturn
Wie auch Jupiter strahlt Saturn doppelt so viel im IR ab, als er von der Sonne erhält. Durch ISO (Infrared Space
Observatory) konnten Kohlenstoff- und Benzenmoleküle in der Atmosphäre Saturns gefunden werden. Außerdem wurden drei andere unerwartete Kohlenwasserstoffe entdeckt: Methyl, Propin und Diacethylen [3].
Titan
Einen Meilenstein im Rahmen der Suche nach dem Ursprung des Lebens stellt die wahrscheinliche Entdeckung
von Wasserdampf in der geheimnisvollen Atmosphäre des Titan, des größten Saturnmondes, dar. Nach Helmut
Fluchtgruber (Max-Planck-Institut für Extraterrestrische Physik in Garching) stammt das Wasser von interplanetarer Materie, welche feine Eiskörnchen enthält.
Uranus
Zur Untersuchung der Planetenatmosphäre war ISO eine große Hilfe: ISO hat zum ersten Mal ein für die Uranusatmosphäre neues Molekül, das Deuterium enthält, in den Atmosphären des Uranus und Neptun entdeckt. Es
ist ein Ergebnis, das dazu beitragen kann, die Geburt des
Sonnensystems aus einem kollabierenden prä-solaren Nebel zu verstehen [3]. In der Flugzeugastronomie hat die
Entdeckung eines Ringsystems um den Planeten Uranus
einen Höhepunkt der 21jährigen Betriebszeit des KAO
(Kuiper Airborne Observatory) dargestellt.
Kometen und Asteroiden
Kometen und Asteroiden bestehen aus Material, aus dem
die Planetesimale - die Bausteine der Planeten unseres
Sonnensystems, aufgebaut wurden. Die Zusammensetzung der flüchtigen Eiskomponenten der Kometenkerne
kann aus Messungen der neutralen Gaskoma (z. B. von
H O, CO) im NIR abgeleitet werden. Untersuchungen im
2
thermischen IR erlauben die Bestimmung der Größe von
Asteroiden und Kometenkernen. Die Spektroskopie zwischen 1 und 60 µm kann die Zusammensetzung der nichtflüchtigen Komponenten der Kometen und der Oberflächen
der Asteroiden nachweisen. Bei größeren Wellenlängen
Abbildung 1: Uranus bei l=0,9/1,0/1,1 µm, aus [1]
fand ISO im Kometen Hale-Bopp kristalline Silikate, besonders Olivine, die hauptsächlich im Erdinneren vorkommen. Das NIR erlaubt die Beobachtung von verschiedenen Molekülen, die vom eisigen Kometenkern direkt
sublimiert wurden. IR-Beobachtungen haben die Bestimmung der Freisetzungsraten von Wasser bei Kometen
ermöglicht.
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Quellennachweis
[1] http://oposite.stsci.edu/pubinfo.
[2] http://quest.arc.nasa.gov/.
[3] http://isowww.estec.esa.nl/.
Abbildung 2: Der Komet Hyakutake bei λ=8,8 µm, aus [2]
Entstehung der Sterne
(Marc Brose)
Vor etwa 4,6 Mrd. Jahren entstand unser Sonnensystem. Doch niemand weiß genau, wie dieser Vorgang vonstatten ging. Aus diesem Grund suchen Astronomen in den unendlichen Weiten des Alls nach Orten mit Sternengeburten, um die Anfangsbedingungen und auslösenden Prozesse zu erforschen und zu verstehen.
Überblick zur Sternentstehung
Interstellare Wolken sind große Ansammlungen von Gas und
Staub. Das Masseverhältnis Gas zu Staub beträgt dabei etwa 100
zu 1. Rund 90% der Masse entfällt auf den Wasserstoff. Normalerweise befindet sich eine Wolke in einem Gleichgewichtszustand.
Doch dieses Gleichgewicht kann durch Einflüsse verschiedener
Art gestört werden. Diese Störungen sind im Endeffekt auch die
Auslöser für Sternentstehungen. Abbildung 1 zeigt eine bekannte
Sternentstehungsregion, den Orionnebel.
Die Kontraktion von interstellaren Wolken ist eine Folge der Störung des Gleichgewichtszustandes in der Wolke. Die Eigengravitation der Wolke bewirkt, unterstützt von den oben erwähnten Störungen, eine Zusammenballung von beträchtlichen Mengen Materie. Dabei wird eine Menge Energie in Form von Strahlung abgegeben. Nach einiger Zeit endet dieser Vorgang. Die Energie
kann nicht mehr entweichen. Die kontrahierende Materie heizt
sich auf.
Abbildung 1: Orionnebel, optisch und NIR,
aus [1]
Eine wichtige Voraussetzung für die Kontraktion von Wolken
ist das Vorhandensein von genügend Masse (Jeans-Kriterium). Eine durchschnittliche Wolke muss über 6100 Sonnenmassen besitzen, um eine Kontraktion durchführen zu können. Infolgedessen ist die Bildung von einzelnen Sternen eher
unwahrscheinlich. Die Sternentstehung in Gruppen erfordert
die Fragmentierung in Klumpen, die sich einzeln unabhängig
voneinander zu Sternen entwickeln
Protosterne sind rotierende Gebilde aus kondensiertem und
kontrahiertem Gas und Staub mit Durchmessern bis zu 100
AE. Ihre permanente Verdichtung bewirkt eine ständige Zunahme der Rotationsgeschwindigkeit (Gesetz der Erhaltung
des Drehimpulses). Infolgedessen platten sich die Klumpen
zu einer rotierenden Scheibe ab, mit über 99% der Masse im
Zentrum. Gleichzeitig werden Teilchenströme (Jets) in den
100
Abbildung 2: Modell für bipolare Strömungen
(Jets) bei der Sternentstehung aus [1]
SOFIA - Flugzeugastronomie im nächsten Jahrtausend
Weltraum geblasen. Jets gelten als sicheres Zeichen für einen Sternentstehungsprozess (Abbildung 2). Um den
Kernfusionsprozess in Gang zu setzen, sind eine innere Temperatur von 107 K und ein zentraler Druck von etwa
1032 bar notwendig. In diesem Fall stellt sich ein neues Gleichgewicht zwischen Gravitation und thermischem
Gasdruck ein. Ein neuer Stern ist „geboren“. Protosterne mit zuwenig Masse „zünden“ nicht und entwickeln sich
zu dunklen „Braunen Zwergen“. Protosterne mit sehr hoher Rotationsgeschwindigkeit können in mehrere Zentren zerfallen und Mehrfachsysteme bilden. [1], [2], [3], [4]
Nutzen der Infrarotbeobachtung
Mit Hilfe der Beobachtung im IR-Bereich kann tief ins Innere der dichten Staub- und Gaswolken geblickt werden.
Da dieser Wellenlängenbereich von der Erdoberfläche aus schlecht beobachtbar ist, versucht man mit dem
SOFIA-Teleskop u.a. folgende Aspekte und Objekte genauer zu erforschen:
-
Frühphasen von Protosternen sowie das Innere der „Protostellaren Wolkenkerne“,
komplexe Gas- und Staubwolken (Aufbau, Dichte, Zusammensetzung) mittels MIR und FIR,
die Bedeutung von Materieausflüssen und Jets bei der Sternentstehung,
Unterschiede beim Jetverhalten zwischen massearmen und –reichen Sternen,
Untersuchung des Widerspruchs, dass theoretisch Sterne mit mehr als 8 Sonnenmassen nicht durch
Akkretion entstehen können, sie aber trotzdem gefunden werden [1], [3], [4].
Quellennachweis
[1] Rowan-Robinson, M.: Das Universum der Sterne, Spektrum Akademie Verl., Berlin, 1990.
[2] Übelacker, E.: Unser Kosmos, Tessloff Verlag, Nürnberg, 1997.
[3] Zimmermann, H.: Abc Astronomie, VEB F.A. Brockhaus Verlag, Leipzig, 1973.
[4] Karttunen, H., Kröger, P., Oja, H., Poutanen, M., Donner, K.: Astronomie, Eine Einführung, Springer Verlag,
Berlin, 1990.
Der Tod eines Sterns
(Tobias Miksch)
Beim Sterben eines Sterns gibt es noch ungelöste Probleme. Obwohl viele Erkenntnisse hier aus anderen
Wellenlängenbereichen kommen, benötigt man die Infrarotastronomie, um Detailfragen zu klären.
Spätstadien der Sternentwicklung
Das Spätstadium der Sternentwicklung beginnt, wenn im Kern des Sterns der Wasserstoff verbraucht ist. Er
brennt dann in einer Schale um den Heliumkern weiter, und der Kern kontrahiert, bis die Temperaturen ausreichen, um Helium zu Kohlenstoff fusionieren zu lassen (im Tripel-Alpha-Prozess). Dabei dehnt sich die Hülle aus
und wird kühler. Die meisten Sterne werden zu einem Roten Riesen. Ist der Stern sehr massereich, steigt die
Temperatur noch weiter an und das Kohlenstoffbrennen setzt ein. Die Endprodukte fusionieren weiter bis der
Kern des Sterns aus Eisen besteht [1], [3].
Endstadien der Sternentwicklung
Am Ende seines Lebens gibt es für einen Stern drei verschiedene mögliche Existenzformen, die nur von seiner
Masse abhängen. Liegt diese unter 1,4 Sonnenmassen, so verwandelt sich der Stern in einen Weißen Zwerg,
der ungefähr Erdgröße erreicht. Er widersteht der Gravitation durch den Druck des entarteten Elektronengases.
Der Weiße Zwerg kühlt dann ganz langsam aus, bis er zu einem Schwarzen Zwerg geworden ist, von denen
aber noch keiner aufgrund der geringen Leuchtkraft nachgewiesen werden konnte.
Wenn sich der Stern zwischen 1,4 und 2 bis 3 Sonnenmassen besitzt, endet er als Neutronenstern. Dieser ist
ca. 20km bis 30km groß und hat eine sehr große Dichte. Wegen seiner Rotation - die schnellsten Neutronensterne haben eine Rotationsperiode von 1/1600 s - besitzt er ein sehr starkes Magnetfeld, das dazu führt, dass
elektromagnetische Strahlung nur an den Magnetpolen durch stark beschleunigte Elektronen entsteh t
(Synchrotronstrahlung). Das Licht eines solchen sogenannten Pulsars scheint für einen Beobachter, der sich im
rotierenden Lichtkegel befindet, zu blitzen.
Ist die Masse größer als 2 bis 3 Sonnenmassen, fällt der Stern aufgrund der Gravitation immer weiter in sich
zusammen. Seine Fluchtgeschwindigkeit wird so groß, dass selbst das Licht dem Gravitationsfeld dieses zum
Schwarzen Loch verwandelten Sterns nicht entkommen kann.
Im Verlauf seiner Entwicklung verliert ein Stern sehr viel Masse. Dies kann einerseits in Form von Sternenwind
geschehen, den jeder Stern während seines gesamten Lebens ins All bläst. Andererseits finden beim Übergang
vom Spät- zum Endstadium in der Entwicklung eines Sterns große Materieauswürfe statt. Wenn der Kern eines
kleinen Sterns zu einem Weißen Zwerg kontrahiert, stößt er seine Hülle in Form eines Planetarischen Nebels ab
(siehe Abb. 1). Sehr massereiche Sterne explodieren als Supernovae. Wenn der Kern des Sterns zu einem
101
SOFIA - Flugzeugastronomie im nächsten Jahrtausend
Neutronenstern oder einem Schwarzen Loch zusammenfällt, wird eine Stoßwelle in den äußeren Schichten des
Kerns und in der Hülle ausgelöst. Diese werden zur Kernfusion angeregt. Dadurch steigert sich die Leuchtkraft und
wird im Maximum so hell, wie alle anderen Sterne einer
Galaxis zusammen. Die Helligkeit nimmt dann langsam
ab, bis nach ca. 2 Jahren wieder auf dem Ausgangsnivaeu
angekommen ist. Den Überrest einer Supernova kann man
als Nebel beobachten [1], [2], [3].
Die Bedeutung der Infrarotastronomie
Die Infrarotastronomie ist sehr wichtig, da es bei der Erforschung der Spät- und Endstadien in der Sternentwicklung noch viele unbekannte Details gibt, zum Beispiel: ungeklärte Prozesse beim Materieauswurf, Unklarheiten bei der Entstehung von Planetarischen Nebeln, die
Abgabe von Masse in einem bestimmten Zeitraum (ob es
periodische Massenauswürfe gibt, nur während der Endphase), die Staubbildung bei alten Sternen. Außerdem
versucht man mit Hilfe der Spektroskopie die chemische
Zusammensetzung von Staub zu erforschen.
Abbildung 1: Der Schmetterlingsnebel – ein
planetarischer Nebel im NIR photographiert [4]
Quellennachweis
[1] Karttunen, Kröger, Oja, Poutanen, Donner: Astronomie, Springer-Verlag, 1984.
[2] Montmerle T., Prantzos, N.: Explodierende Sonnen, Spektrum Akademischer Verlag, 1991.
[3] Kaler J. B.: Sterne und ihre Spektren, Spektrum Akademischer Verlag, 1989.
[4] Abbildung 1: Internet: http://www.eso.org/.
Extragalaktische Objekte im Visier von SOFIA
(Karen Peters)
Das Interesse der IR-Astronomen richtet sich nicht nur auf interplanetare, interstellare und intergalaktische
Objekte. Auch das folgende astronomische Gebiet nimmt eine wichtige Stellung ein: die extragalaktischen Objekte.
Galaxien
Kurz nach dem Urknall entstand im Universum eine sehr heiße, relativ gleichmäßige Mischung aus Wasserstoff und Helium. Durch die Expansion des
Weltalls verdünnte sich die Mischung und kühlte ab. Es entstanden Gebiete
höherer Dichte, wie dies geschah ist bislang unbekannt. Unter der Einwirkung der Schwerkraft wuchsen die Gasklumpen, kollabierten und wurden zu
Sternen und Galaxien.
Galaxien sind riesige Systeme von durchschnittlich 100 Mio. bis 200 Mrd.
Sternen und großen Mengen interstellarer Materie, einem Gemisch von Gasund Staubpartikeln. Im heute bekannten Weltall gibt es etwa 100 Mrd. Galaxien, die sich mindestens zur Hälfte zu Galaxienhaufen konzentrieren. Eine
Galaxie wird in zwei Bereiche unterteilt: die Scheibenpopulation (Sterne in
der Scheibe) und die Halopopulation (Sterne, die die Scheibe einhüllen). Der
amerikanische Astronom Edwin Hubble (1889-1953) war der erste, der ein
Klassifikationsschema für Galaxien entwickelte. Er teilte sie nach ihrem Aussehen in elliptische, spiralförmige, balkenspiralförmige und irreguläre Galaxien ein. Später wurden noch die Spindelgalaxien und die pekuliaren Galaxien ergänzt.
Abbildung 1: Aufnahme der
Andromedagalaxie im optischen
Bereich , aus [6]
Galaxiengruppen bestehen aus Galaxiendoppel- oder -mehrfachsystemen.
Diese Galaxiengruppen vereinigen sich wiederum zu Galaxienhaufen. Die
größten Haufen können Tausende Galaxien enthalten. Das Milchstraßensystem gehört zu einer Gruppe von
etwa 20 bis 30 Galaxien, die als „Lokale Gruppe“ bezeichnet wird. Die Lokale Gruppe ist ein Teil eines umfassenderen Systems, dem Virgo-Haufen im Sternbild Jungfrau.
102
SOFIA - Flugzeugastronomie im nächsten Jahrtausend
Das Alter des Universums und seiner Galaxien wird auf etwa 10 bis 20 Mrd. Jahre geschätzt. Die ältesten
Galaxien sollen sich schon in der ersten Milliarde Jahre entwickelt haben.
Extragalaktische IR-Astronomie
Auch im IR existiert eine kosmische Hintergrundstrahlung (neben dem
Mikrowellenhintergrund), die als Strahlung „stark verstaubter
Urgalaxien“ interpretiert wird. Man geht davon aus, einen hohen Prozentsatz der IR-Hintergrundstrahlung erst im MIR zu entdecken.
Die Suche nach „Urgalaxien“ muss im IR stattfinden, weil sie riesige
Entfernungen und dementsprechend große Fluchtgeschwindigkeiten
aufweisen und ihre Strahlung daher in den IR-Bereich rotverschoben
ist.
Zur Aufklärung des Aufbaus von Quasaren sind photometrische Messungen im IR notwendig. Diese Beobachtungsdaten sollen eine Hypothese prüfen, nach der die IR-Strahlung von einem gigantischen
zirkumnuklearen Staubtorus abgegeben wird.
Abbildung 2: Aufnahme der Andromedagalaxie im FIR, aus [7]
Die Andromedagalaxie (M31) ist ein sehr gutes Beispiel dafür, wie
unterschiedlich die Aufnahmen in verschiedenen Wellenlängenbereichen aussehen. Im optischen Bild (Abb. 1) sind vor allem die Sterne in Spiralstrukturen angeordnet erkennbar. Im FIR werden konzentrische Ringe dominierend (Abb. 2). Diese Ringe bestehen aus kalter (- 255°C)
interstellarer Materie, welche, erwärmt durch eingebettete Sterne, vor allem im FIR strahlt.
Es ist für Astronomen also lohnend, Galaxien nicht nur bei optischen Wellenlängen zu beobachten, da andere
Bereiche des elektromagnetischen Spektrums eine völlig neue Sicht auf die Objekte offenbaren.
Quellennachweis
[1] Goodwin, Simon: Mission Hubble – Das neue Bild des Universums, Bechtermünz Verlag.
[2] Bergamini, David: Das Weltall, rowohlt.
[3] Päch, Susanne: Hermes Handlexikon Astronomie, ECON Taschenbuch Verlag.
[4] Kippenhahn, Rudolf: Licht vom Rande der Welt, Serie Piper.
[5] Nicolson, Iain: Atlas des Weltraums, Tessloff Verlag.
[6] Rükl, Antonín: Bildatlas des Weltraums, Verlag Werner Dausien, Hanau, 1988.
[7] Max-Planck-Institut für Astronomie: Karte Andromedagalaxie M31, Heidelberg.
Fliegende Observatorien - Voraussetzung für erfolgreiche Infrarotastronomie
(Martin Dotzauer)
Der Versuch, sich den störenden Einflüssen der Erdatmosphäre zu entziehen, um die schmalen Fenster im IR
,,weit aufzustoßen”, ist nicht neu. So gab es vor SOFIA bereits die verschiedensten Versuche, mit Hilfe von
Ballons und Flugzeugen, entsprechende Instrumente in höhere Bereiche der Atmosphäre zu transportieren.
Abbildung 1:
Teleskopkabine
von A. Dolfus [5]
Ballonastronomie
Am 15. April 1875 startete in Frankreich der erste astronomisch relevante Ballon ,,Le Zenit”. Auf ihm war ein Spektrometer installiert, mit welchen die Suche nach Wasserdampf in
der Photosphäre der Sonne durchgeführt wurde. Im Jahre 1954 beobachtete A. Dolfus
aus einer offenen Gondel heraus mit einem 30-cm-Teleskop die Marsatmosphäre. Mit Hilfe von zwei Photomultipliern und einem Spektral-Modulator untersuchte er die 0,825 µm
Bande um Wasserdampf in dieser nachzuweisen. Später begann M. Schwarzschild unbemannte Ballons zu starten, deren Teleskope sich automatisch ausrichteten. Das von ihm
1959 gestartete ,,Stratoskop” stieg auf 24 km und fertigte dort die bis dahin schärfsten
Aufnahmen der Sonnengranulation an. Im selben Jahr entwickelte A. Dolfus ein neues 50
cm Cassegrain-Teleskop mit einem Bleisulfiddetektor für die H2O Bande bei 1,4 µm, welches er in eine kugelförmige Kabine montierte. Dieses kleine Observatorium (siehe Abb.
1) erreichte, getragen von 104 Gummiballons, die in je 34 Gruppen an einem 450 m langen Nylonseil angebracht waren, eine Höhe von 14 km. Dabei ergaben sich die ersten
Hinweise auf Wasserdampf in den Atmosphären der Planeten Mars und Venus. 1964 begann das Projekt ,,Ballast”, dabei wurde ein automatisch ausrichtbares 41-cm-Teleskop
verwendet. Mit einem angekoppelten IR-Spektrographen wies man Eiskristalle in den Venus103
SOFIA - Flugzeugastronomie im nächsten Jahrtausend
wolken nach. Beim deutschen Projekt ,,THISBE” (Telescope of Heidelberg for Infrared Studies by Balloonborne
Experiments) startete das Max-Planck-Institut für Astronomie bis 1978 mehr als ein Dutzend Ballons in Deutschland und Texas. Die 100 m hohen Plastikballons hatten ein Volumen von 1000 Kubikmetern. Damit wurden
jeweils Höhen von ca. 41 km, bei bis zu 400 kg Nutzlast, erreicht. Nach Ablauf der ferngesteuerten Beobachtung
klinkte sich die wiederverwendbare Gondel aus und sank an einem Fallschirm nach unten. Diese Messungen
erstreckten sich vom ultravioletten, über den sichtbaren, bis hin zum infraroten Bereich. Ein Großteil jener astronomischen Ballonflüge wurden vom amerikanischen Zentrum für wissenschaftliche Ballonflüge in Palestine,
Texas gestartet. Ein entscheidender Vorteil dabei ist die kontinentale Lage, dadurch fällt die Nutzlast auch nach
bis zu 12 Stunden Beobachtungszeit und starken Stratospärenwinden, noch aufs Festland [1,4]:
Flugzeugastronomie
In der Geschichte der Flugzeugastronomie erlangten der Lear-Jet und das KAO große Bedeutung. Der Lear-Jet
ist sicherlich eines der Observatorien mit dem besten ,,Preis-Leistungsverhältnis”. Das liegt zum einen daran,
dass dieses Flugzeug (siehe Abbildung 2) nur wenige Millionen DM kostete und zum anderen, weil es das erste Flugzeugobservatorium war,
mit dem man oberhalb der Troposphäre beobachten konnte. Das kreiselstabilisierte, luftgelagerte 30-cm-Spiegel-Teleskop wurde hinter einer backbords eingeschnittenen Öffnung angebracht. In der Elevation war es zwischen 14° und 28° schwenkbar, im Azimut leider gar nicht. Deswegen
musste die Flugbahn, während der knappen Stunde in der man beobachtete, genau auf das zu beobachtende Objekt abgestimmt werden. Das
FIR-Submm-Teleskop wurde manuell aus der Passagierkabine gesteuert. Die Arbeitshöhe des Flugzeugs nahm im Laufe der Jahre von 15 km
auf 13,5 km ab, weil immer mehr Instrumente an Bord installiert wurden.
Die Weiterentwicklung des Lear-Jets war ein umgebauter Lockheed Truppentransporter (Modell L300, C141A, Abbildung 3). Das fliegende Observatorium wurde 1974
Abb. 2 Lear-Jet, rechts ist die
nach dem Astronomen
Teleskopöffnug zu erkennen [3]
G. Kuiper benannt. Mit
dem 91,5-cm-Reflektor konnte man in Wellenlängenbereichen
von 1µm bis 500 µm beobachten. Nach dem Erreichen der Beobachtungshöhe wurde der Teleskopverschluss geöffnet und das
Teleskop mit einer Nachführkamera an einem Leitstern ausgerichtet. Im KAO war das optische Instrument ebenfalls luftgelagert und kreiselstabilisiert. Der Elevationswinkelbereich betrugt 35° bis 75°. Im Azimut war keine Bewegung möglich, wodurch das astronomische Objekt die Flugrichtung bestimmte.
Dafür war es bereits in der Lage, 7 Stunden und 30 Minuten
kontinuierlich zu beobachten, wobei in den letzten Jahren vorwiegend spektroskopische Messungen durchgeführt wurden.
Besondere Hoffnungen werden in das SOFIA- Projekt gesetzt, Abbildung 3 Das KAO im Flug, vor dem
weil mit diesem den Astronomen ein noch leistungsfähigeres Flügelansatz befindet sich das Teleskop
(Verschluss geöffnet) [3]
Instrument zur Verfügung stehen wird [1,2].
Quellen
[1] Dr. Mitton S.: Cambridge Enzyklopädie der Astronomie, Urania-Verlag, Lena, Berlin S. 416-418.
[2] Röser H. P. und Schmid-Burgk J. : Sonderdruck aus Sterne und Weltraum, 28, 1989, S. 648-653.
[3] http://ails.arc.nasa.gov./browse/ames-kao.html.
[4] Elslässer H.: Lexikon der Astronomie, HERDER Freiburg, Basel, Wien.
SOFIA - Astronomie im 21. Jahrhundert
(Sophia Naumann)
In den letzten 20 Jahren haben Astronomen das 91-cm-Teleskop des Kuiper Airborne Observatory (KAO) der
NASA benutzt, um astronomische Daten für den IR-Bereich des elektromagnetischen Spektrums zu erhalten,
der für Bodenobservatorien unzugänglich ist. Da das KAO das Ende seiner Lebensdauer erreicht hat und außerdem der IR-Bereich noch weitgehend unerforscht ist, haben Wissenschaftler der USA und Deutschlands die
Notwendigkeit der Entwicklung eines neuen flugzeuggetragenen IR-Observatoriums bekundet. Mit höherer Winkel104
SOFIA - Flugzeugastronomie im nächsten Jahrtausend
auflösung, gesteigerter Empfindlichkeit und höherer spektraler Auflösung wird dieses neue Observatorium zur
Lösung fundamentaler Fragen der galaktischen und extragalaktischen Astronomie und nach dem Ursprung und
der Evolution des Sonnensystems beitragen.
Die amerikanische NASA (National Aeronautics and Space Administration) und das DLR (Deutsches Zentrum
für Luft- und Raumfahrt) haben sich bereits 1984 darauf verständigt, dieses neue Observatorium mit der Bezeichnung SOFIA (Stratospheric Observatory For Infrared Astronomy) zu entwickeln. Deutschland liefert das
Teleskop und wird sich mit 20 Prozent an den laufenden Betriebskosten beteiligen. Die NASA sorgt für den
Umbau eines gebrauchten Flugzeuges und wird den Betrieb des Observatoriums von einer Heimatbasis in
Kalifornien gewährleisten.
Die Ziele des Projektes
Die Astronomen erhoffen sich spektral und räumlich hochaufgelöste Beobachtungen im gesamten IR-Bereich.
Sehr interessant sind dabei:
Sternentstehung in unserer Galaxis; Planetenentstehung; Sternentstehung in anderen Galaxien; die Zusammensetzung und Struktur von Planetenatmosphären, Satelliten, Ringsystemen, Planetoiden und Kometen; der
Ursprung und die Entwicklung von Atomen, Molekülen und Mineralien; die Dynamik im Zentrum der Milchstraße.
Neben diesen Beiträgen zum wissenschaftlichen Fortschritt wird SOFIA eine maßgebliche Rolle bei der Entwicklung von Beobachtungstechniken und -instrumenten spielen. Auch zur Ausbildung junger Wissenschaftler
für IR-Astronomie und im Rahmen der Fortbildung von Lehrern soll SOFIA nützlich sein.
Das SOFIA-Flugzeug
Die Plattform für das Teleskop von SOFIA wird ein Boeing 747SP sein, die in Flughöhen von 10-15 km operiert.
Unterhalb dieses Bereiches behindert der absorbierende Wasserdampf in der Troposphäre Beobachtungen im
IR-Bereich. SOFIA soll den Standards eines sicheren Verkehrsflugzeugs genügen, an dessen Bord sich nicht
nur trainierte, sondern auch zivile Personen befinden dürfen. Mitfliegende Gäste sollen Gelegenheit haben, den
Wissenschaftlern bei ihrer Arbeit zuzuschauen. SOFIA erfährt weniger Erschütterungen als das wesentlich
kleinere KAO, was wiederum für die Bildstabiltät von Bedeutung ist. Von enormer Wichtigkeit für die Kostenfrage
ist auch die lange Beobachtungsdauer von ca. 7,5 Stunden.
Als Flugzeug ist SOFIA sehr flexibel und kann so bei Himmelserscheinungen, die nur von bestimmten Orten der
Erde zu sehen sind (z. B. Bedeckungsereignisse), zum Einsatz kommen. Außerdem haben die Wissenschaftler
auch während der Beobachtung einen manuellen Zugriff auf die Instrumente, die zudem im Laufe der Zeit immer
wieder erneuert und an den neuesten Entwicklungsstand angepasst werden sollen.
Der Projektablauf
Voraussichtlich im Jahre 2002 wird der erste wissenschaftliche Flug von SOFIA durchgeführt, 2003 folgen dann
regelmäßige Beobachtungen. Pro Jahr soll SOFIA ca. 160 Flüge absolvieren. Deutschland wird dabei mit 32
Flügen pro Jahr etwa 300 Besucher mitnehmen können. SOFIA soll für die nächsten 20 Jahre der Wissenschaft
dienen.
Quellen
[1] DLR, USRA: SOFIA Education Public Outreach, Moffett Field, 1999.
Abbildung 1: Das SOFIA-Flugzeug, aus [1]
105
SOFIA - Flugzeugastronomie im nächsten Jahrtausend
Das SOFIA-Teleskop
(Almut Pesch)
Das Herzstück des SOFIA-Observatoriums ist das Teleskop. Jahrelange Überlegungen über Design, Material
etc. gingen seinem Bau voraus. Das Ergebnis ist ein Teleskop mit dreifach stärkerer Winkelauflösung und zehnfacher Empfindlichkeit gegenüber dem KAO-Teleskop.
Allgemeines
Beim SOFIA-Teleskop idas Licht im Nasmyth-Fokus gesammelt. Die Montierung ist hantelförmig (sogenannter
Dumb-bell-type), wobei die wissenschaftlichen Geräte auf der einen und das Teleskop auf der anderen Seite der
Hantel montiert sind. Das Teleskop hat ein Gesamtgewicht von ca. 20.000 kg. Die Leistungen des Teleskops sind
im folgenden kurz aufgeführt.
Spektralbereich
0,3µm - 1,6 mm
Gesichtsfeld
8 arcmin
Vertikale Elevation (Schwenkbereich)
20° - 60°
Horizontale Elevation (Schwenkbereich)
± 3°
Bildstabilität
0,2 arcsec
Bildqualität
80% Strahlungsenergie im Kreis von 1,5 arcsec
aus [1]
Optik und Strahlengang
Der optische Apparat des SOFIA-Teleskops besteht aus drei Teilen: dem Primär-, dem Sekundär- und dem
Tertiärspiegel (siehe Abb. 1). Design und Herstellung des Primärspiegels stellten eine der schwierigeren Aufgaben beim Bau des Teleskops dar. Als Material wählte man Zerodur, ein durch gesteuerte Kristallisation von
Glasmassen erhaltener Festkörper, der die Eigenschaften von Glas besitzt, jedoch die Festigkeit von Keramik
hat und eine minimale thermisch bedingte Größenänderung aufweist. Der Durchmesser des Primärspiegels
beträgt 2,7 m, wobei nur 2,5 m effektiv zur Beobachtung genutzt werden können. Durch Hinterfräsung wurde der
Spiegel leichtgewichtet, so dass er mit 850 kg nur noch 20% seiner ursprünglichen Masse hat. Der Sekundärspiegel, mit einem Durchmesser von 0,352 m wurde aus Silizium-Carbid-Material hergestellt. Zusätzlich ermöglicht er Bewegungen zum Choppen, Nodden und Scannen. Der Tertiärspiegel arbeitet als dichroitischer Strahlteiler (doppelte Vergütung aus Gold und Aluminium), der die infrarote Strahlung sofort reflektiert und das sichtbare Licht durch die erste Schicht hindurchlässt, um diese an der folgenden Schicht zu reflektieren. Damit erhält
man zwei räumlich separate Brennpunkte (siehe Abb.1).
Abbildung 1:
Strahlengang des Lichts eines weit entfernten
Sterns, aus [2]
Brennweite Primärspiegel: 3200mm
Brennweite Sekundärspiegel: 511mm
Abstand Primärspiegel-Sekundärspiegel: 3,039m
Abstand Sekundärspiegel-Tertiärspiegel: 1,764m
Abstand Tertiärspiegel-Kamera: 5,085m
Teleskophalterung und Zusatzgeräte
Das Teleskop ist in einem Gittertubus gelagert, der in 18 Punkten verzweigt ist. Gefertigt wurde dieser aus
kohlefaserverstärktem Kunststoff. Für den Sekundärspiegel wurden weitere drei Streben angebracht, um ihn in
die gewünschte Position zu bringen. Der Gittertubus ist am Nasmyth-Rohr angebracht, das so angefertigt sein
muss, dass es die Gewichtskraft des Teleskops und die während des Flugs entstehenden Kräfte ohne merkliche
Verformungen aufnimmt.
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SOFIA - Flugzeugastronomie im nächsten Jahrtausend
Zur Erfassung eines Objekts und zur Nachführung des Teleskops sind am oberen Teleskopring zwei unabhängige Kameras angebracht, der Wide Field Imager (WFI) und der Fine Field Imager (FFI). Sie liefern dem Computer, der die Nachführung automatisch regelt, das aktuelle Bild des Sternenhimmels (WFI) und das Bild eines
hellen Sterns (FFI), um die Ausrichtung des Teleskops und dessen Nachführung zu steuern.
Quellenangabe
[1] Titz R., Röser H. : SOFIA Astronomie im 21. Jahrhundert,Verlag: Wissenschaft und Technik 1998, S. 17–30.
[2] http://www.sofia.dlr.de/Texte/Teleskop.html.
Wissenschaftliche Instrumente für SOFIA - Unikate und Hightech
(Matthias Stangl)
Die Vielfältigkeit der geplanten Einsatzmöglichkeiten von SOFIA erfordert eine große Zahl verschiedener wissenschaftlicher Instrumente, die die Erforschung des gesamten IR und darüber hinaus bis zu Wellenlängen von
3 mm ermöglichen.
Art und Aufgaben der mitgeführten Instrumente
Die Ausrüstung von SOFIA besteht aus einer Vielzahl von Spektrometern, Photometern und Polarimetern. Die
Spektrometer sind in der Lage einen Wellenlängenbereich von 1 µm bis 3000 µm spektral zu untersuchen.
Instrumentenart
Spektrometer
Bezeichnung
Heterodyne Spektrometer
Grating Spektrometer
Photometer
Polarimeter
Echelle Spektrometer
Hochgeschwindigkeits-CCD-Photometer
räumlich hochauflösendes Photometer
Photometer / Kamera
Polarimeter
Wellenlängenbereich
150-500 µm
600-3000 µm
100-500 µm
1-5,5 µm
20-68 µm
20-180 µm
0,4-1,1 µm
40-200 µm
30-500 µm
Spektrometer
Spektrometer sind Instrumente, mit denen das Licht in seine Wellenlängenbereiche zerlegt werden kann. Man
benutzt im optischen, NIR und FIR Gitter- und Prismenspektrometer. Beim Gitterspektrometer entsteht das
Spektrum durch die wellenlängenabhängige Weglängendifferenz, die bei der Beugung der Strahlung am Gitter
auftritt.
Das Prismenspektrometer erzeugt das Spektrum durch die unterschiedliche Brechung verschiedener Wellenlängen am Prisma.
Mit Hilfe von Spektren kann man die chemische Zusammensetzung von kosmischer Materie bestimmen.
Photometer und Kameras
Die Photometer dienen zur Bestimmung der Strahlenmenge (Helligkeit) astronomischer Objekte mit Hilfe eines
Referenzobjektes.
Die Kameras an Bord von SOFIA können astronomische Objekte mit einer sehr hohen räumlichen Auflösung
abbilden, um detaillierte Strukturen zu erkennen und zu erforschen.
Polarimeter
Polarimeter messen die Polarisation des Lichtes. Dieses wird mit einer Art sehr feinem Drahtgitter, das in verschiedenen Orientierungen, in den Strahlengang gelegt wird (z.B. 0°, 45°, 90°, 135°) realisiert.
Verwendete Instrumente
Für SOFIA wurden vor allem spektral hochauflösende Spektrometer für Sub-mm THz-Bereich vorgesehen.
Viele verschiedene Institute in den USA und Deutschland sind zur Zeit mit der Entwicklung von Vielkanalempfängern beschäftigt, die in der Lage sind, viele Wellenlängenbereiche zu untersuchen. So wird am I. Physikalischen Institut in Köln ein Heterodynespektroskop für das MIR zur Beobachtung von H2, CH4, C2H2 und C2H4
gebaut. Zur Zeit arbeitet das System bei Testläufen mit einer Bandbreite von 1.4 GHz und 1400 Kanälen.
Ebenfalls in Köln wird ein Heterodyne-Empfänger mit supraleitenden Mischern entwickelt, der eine sehr hohe
spektrale Auflösung und eine große Bandbreite haben soll.
107
SOFIA - Flugzeugastronomie im nächsten Jahrtausend
Die
Gratingund
Echelle-Spektrometer,
die hauptsächlich in den
USA entwickelt werden,
unterscheiden sich von
den Heterodyne - Spektrometern durch die Art
der Erzeugung des
Spektrums.
Das DLR in Berlin entwickelt die SPICA
(Spectral-Photometric
Infrared Camera) entwikkelt, eine hoch-auflösende CCD-Kamera, die Bilder in ungeahnter Genauigkeit liefer t. Im
Wellenlängenbereich
von 20-40 µm hat die
Si:As-CCD eine Bildauf- Abbildung 1: Prinzipieller Bau eines 2-6 THz Vierkanal Heterodyne-Spektrometers
lösung von 256x256 mit bis zu 4 Pixel für SOFIA
Pixel. Sie übertrifft selbst
die ISO-Kamera um Größenordnungen. Bei langwelligerer Strahlung übernimmt eine Ge:Ga-CCD die Bilderzeugung. Bei diesen Wellenlängen liegt die Bildauflösung bei 128x128 Pixel (40-120 µm) bzw. 64x64 Pixel (120220 µm).
Quellennachweis
Titz, R., Röser, H.-P.: SOFIA: Astronomie im 21. Jahrhundert, Berlin, Wissenschaft und Technik Verlag, 1998.
Technische Herausforderung 1: Bildstabilität in einem Flugzeug?
(Sylvia Wagner)
Die Umgebungsbedingungen für das flugzeuggebundene SOFIA-Teleskop sind nicht vergleichbar mit denen,
für erdgebundene Teleskope. Somit stellt die Stabilität des Teleskops, in Anbetracht der vorher- und unvorhersehbaren Störungen ein hinreichendes Problem dar, dessen Lösung innovative Ideen von den Konstrukteuren
erfordert.
Störquellen, welche die Bildstabilität beeinflussen
Der große Vorteil SOFIAs -seine Beweglichkeit- erweist sich als Nachteil, wenn man bedenkt, dass es schwierig
ist, auf einer fliegenden Plattform einen Punkt stabil zu fixieren. Man stelle sich vor, man wollte mit einem
Laserpointer einen weit entfernten Punkt kontinuierlich anstrahlen. Da man seine Hand nicht ruhig halten kann,
erscheint der Aufpunkt des Lasers, als eine Art diffuses Gebilde um den anvisierten Punkt liegend (siehe Abb.
1). Der Abstand r stellt den größten erlaubten Fehler dar. Diese maximale Abweichung darf bei SOFIA höchstens 0,2" betragen. Dies entspricht der Aufgabe, aus 16km Entfernung die Ränder eines 1-Pfennig-Stücks
anzupeilen. Das Erreichen dieser Genauigkeit wird durch verschiedene Störquellen erschwert. Dazu zählen die
Triebwerksvibrationen und die Nick- und Rollbewegungen des Flugzeugs, bedingt durch die Inhomogenität der
Luft. Weitere Schwierigkeiten ergeben sich durch die
Beobachtungsöffnung im hinteren Flugzeugteil. Durch die
Hochgeschwindigkeitsströmung (Fluggeschwindigkeit
anvisierter
ca. 675 km/h) treten Verwirbelungen an der Öffnung des
Punkt
Flugzeugrumpfes auf, welche unterschiedliche Druckverhältnisse in der Teleskopkammer verursachen, die
wiederum variierende Kräftewirkungen auf das Teleskop
0,2“ x 2
zur Folge haben. Ebenfalls zu erwähnen wären thermisch
bedingte Störungen, da zwischen Erdboden und Stratosphäre Temperaturschwankungen von bis zu 100K vorliegen.
Abbildung 1: größter erlaubter Fehler, aus [1]
108
SOFIA - Flugzeugastronomie im nächsten Jahrtausend
Man kann die auftretenden Störungen in zwei Kategorien unterteilen: die unvorhersehbaren Störungen, die
zuvor bereits genannt wurden und die systematischen (vorhersehbaren) Störungen. Dazu gehören die Lageänderungen des Flugzeugs infolge der Navigation durch den Piloten wie auch die scheinbare und wahre Bewegung der Beobachtungsobjekte selbst.
Wie behebt man diese Störungen?
Da das SOFIA-Teleskop im Einsatz ständig den verschiedensten Lageänderungen ausgesetzt sein wird, muss
es mit speziellen Vorrichtungen zur Lagestabilisierung ausgerüstet werden. Die Natur der Störquellen muss
bereits in den Konstruktionsprozess einbezogen werden, um koAntrieb für
hydrostatisches Drehbewegung stengünstig zu arbeiten. Zu diesem Zweck hat man ein spezielles Computersimulationsprogramm erstellt, in dem alle zu erwarLager
tenden Störquellen vorgesehen sind. Mit Hilfe des SimulationsFokus
programms kann die zur Bildstabilisierung notwendige Technik
entwickelt und getestet werden.
Teleskop
Flugzeugrumpf Stoßdämpfersystem
Abbildung 2: Teleskoplagerung aus [2]
Die Triebwerksschwingungen des Flugzeugs werden passiv durch
ein Stoßdämpfersystem mit je 12 Luftfeder-Dämpferelementen,
die in Längs- und Tangentialrichtung um das hydrostatische Lager angeordnet sind, ausgeglichen. Spezielle Drehmomentmotoren, welche um die Teleskopachse angebracht sind, erlauben eine sehr feine Bewegung des Teleskops. Die Motoren werden durch einen schnellen Rechner gesteuert, der die Informationen über die momentane Lage des Flugzeuges und der
Beobachtungsobjekte auswertet.
Eine weitere Verbesserung der Bildstabilität erreicht man mittels aktiver Kompensation von Bildbewegungen
(Image Motion Compensation - IMC). Dies geschieht, indem leichte Veränderungen der Bildposition durch geringfügige Lageverstellungen des Sekundärspiegels kompensiert werden.
Quellennachweis
[1]Titz, R.: persönlicher Kontakt, Juni 1999.
[2]Titz, R., Röser, H.-P.: SOFIA, Astronomie und Technologie im 21. Jahrhundert, Wissenschaft und Technik
Verlag, Berlin, 1998, S. 17-20, 31-37.
Technische Herausforderung 2: ein „Scheunentor“ im Flugzeugrumpf
(Arne Rönnau)
Jede Veränderung an einem Flugzeug wirkt sich auf seine Aerodynamik und Stabilität aus. Die daraus resultierenden Gefahren müssen mit großem technischen Aufwand minimiert werden. Genauso ist es beim SOFIAProjekt, bei dem Ingenieure lange Zeit an der strukturellen Veränderung des Rumpfes durch ein vier mal acht
Meter großes Loch und den aerodynamischen Folgen arbeiteten.
Geschichte der SOFIA-BOEING 747SP
Die BOENING 747 SP (SP: die Kennung für die verkürzte Version) ist ein im Jahre 1977 fertiggestelltes Linienflugzeug. Im Jahre 1997 erwarb die NASA dieses Flugzeug, das in den letzten Jahren aufgabenlos auf einem
Flugfeld stand, um es danach von der Firma Raytheon Systems Company in Waco, Texas für das SOFIA-Projekt
umbauen zu lassen. Die Schirmherrschaft über das Umbauvorhaben hat die Universities Space Reseach
Association (USRA, ein Zusammenschluss von mehreren Universitäten, um gemeinsam Astronomieprojekte
durchzuführen).
Rechnerische Analysearbeit: theoretische Strömungsanalyse
Die Analysearbeit begann mit der rechnerischen Strömungsanalyse. Die Hauptanstrengungen waren dabei auf
die Lösung der Reynolds-gemittelten Navier-Stokes’schen Gleichungen im Bereich des Loches gerichtet. Die
Ergebnisse dieser lang andauerenden Computer Berechnungen bilden im Zusammenspiel mit den Windkanaltests die Grundlagen für sämtliche vorzunehmenden Veränderungen am Flugzeug.
Windkanaltestserien: praktische Strömungsanalyse
Die Windkanaltests beschäftigten sich hauptsächlich mit dem „Strömungskontrollgerät“, das die Resonanzen
am Loch unterdrücken soll, mit dem „Reibungsschichtkontrollgerät“, welches den Lärmpegel senken soll, mit
der „Windlast“ auf das Teleskop, mit der Flugzeugstabilität und mit den Veränderungen des Flugverhaltens, die
für die Piloten-Crew wichtig sind. Für die Tests wurde ein aus Aluminium gefertigtes Modell (Verhältnis: 7 zu 100)
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SOFIA - Flugzeugastronomie im nächsten Jahrtausend
benutzt, das mehrfach umgebaut werden musste. Die größte Gefahr, die die Ingenieure bei den gesamten Umbauten
des Flugzeugs sahen, war, dass der Downstream des Flugzeugs (dies ist die Strömung, die jedes Flugzeug in der Luft
hält) unterbrochen wird. Ein weiteres Problem war die Instabilität, die durch die veränderten Strömungsverhältnisse am
Heck auftrat und die Kontrolle des Flugzeugs stark erschwerte. Nach vielen Windkanaltests, alleine bei der ersten Serie
waren es 119 verschiedene Konfigurationen, entwickelten
die Ingenieure ein hoch spezialisiertes Teil, das die Strömungen an den Rumpf zurückführt und die Resonanzen am
Abbildung 1: SOFIA-Modell im Windkanal, aus [1] Teleskop minimiert. Die Windkanaltests begannen mit den
am einfachsten erscheinenden Lösungsvorschlägen und wurden mit sukzessiven Veränderungen
der Konfiguration fortgesetzt bis ein Optimum erreicht wurde. Begonnen wurde
die Testserie mit der vollen Ausrüstung (alle Apparaturen, die für ein Teleskop sinnvoll sein können) und ohne irgendwelche Behandlungen bzw. Beschichtungen, die die Reibungsverhältnisse verändern. Die Folge waren starke
Resonanzen. Im Ergebnis der gesamten Testserie ergab sich das in Abb. 2
dargestellte „Strömungskontrollgerät“ mit elliptischer Form und einer kleinen
Rampe entlang der Downstreamseite. Das Gerät wird das Loch im SOFIARumpf begrenzen. Es ist ein Kernstück der gesamten Umbauten und gleichzeitig ein Hauptkostenfaktor. Die Entwicklung dieses Teils ist ein Musterbeispiel für die Wichtigkeit der Strömungsuntersuchungen und zeigt so ihre groAbbildung 2:
ße Bedeutung. Ohne dieses spezialisierte, außen am Flugzeug angebrachte
“Strömungskontrollgerät”Teil, wäre es gar nicht möglich, mit einem solch großen Loch im Rumpf relaüberlebenswichtig für das
tiv stabil zu fliegen.
SOFIA-Flugzeug, aus [1]
Struktuelle Analyse des Rumpfes: Bleibt der Rumpf stabil?
Da die Wissenschaftler befürchteten, dass die Belastbarkeit des Rumpfes durch das „scheunentorgroße“ Loch
verändert sein könnte, wurden komplexe Strukturanalysen vorgenommen. Überraschenderweise waren die Unterschiede in der Belastbarkeit des Rumpfes zwischen dem umgebauten und dem nicht umgebauten Rumpf
gering. Um die Unterschiede vollständig verstehen zu können, mussten Rumpfknickanalysen des nicht umgebauten Flugzeugs durchgeführt werden.
Quellennachweis
[1] Web-Site der Nasa: http://sofia.arc.nasa.gov/.
Die Arbeit im und um das SOFIA-Observatorium
(Jana-Kristin Prigge)
Die Arbeit um das SOFIA-Projekt verteilt sich auf verschiedene Bereiche. Sowohl an Bord des Flugzeugs, als
auch für die Bodenstation SMOC (SOFIA Mission Operation Center) und für die Öffentlichkeit ist sie detailliert
geplant, um das Projekt so erfolgreich wie möglich zu gestalten.
SOFIA in der Luft
Zu der Besatzung gehören 3 Piloten und 10 Operateure, Techniker und Wissenschaftler. Hinzu können je Flug noch ca. 10 Fluggäste kommen.
Bei der Auswahl einer Flugroute sind verschiedene Aspekte von Bedeutung.
Ausgehend von der Objektliste stellen sich die Fragen, wann und wo die Objekte am besten zu beobachten sind. Je nachdem, welche Strahlung gemessen werden soll, muss über die Flughöhe entschieden werden. Dabei muss
ein Kompromiss zwischen Flugdauer und Flughöhe gefunden werden, da das
vollbetankte Flugzeug nicht gleich die volle Höhe erreichen kann. Die meisten
Flüge sollen am selben Flughafen (SMOC) beginnen und enden. Bei ca. 7–8
Stunden Flugzeit kann sich das Flugzeug also nicht beliebig weit davon entfernen. Pro Objekt ist eine maximale Beobachtungszeit von 3,5 Stunden festgelegt. Auf Grund all dieser Faktoren ist eine detaillierte Flugplanung nötig,
damit keine „Totzeiten“ entstehen.
110
Abbildung 1: Beispiel einer
Flugroute aus [1]
SOFIA - Flugzeugastronomie im nächsten Jahrtausend
SOFIA am Boden
Der SMOC befindet sich im Süden von San Francisco auf dem Moffet Field. Dort wird das Flugzeug zwischen
den Flügen gewartet und instand gehalten. Im SMOC befinden sich auch Labors für wissenschaftliche und
mechanische Tests, Büros und Konferenzräume, Verwaltung, Flugplanung, Datenarchiv, Wartung des Teleskops
und sonstige mit SOFIA in Verbindung stehende Einrichtungen. Insgesamt sollen dort 80 Personen beschäftigt
sein, 20% davon werden vom DLR gestellt. Die Umgebung ist dicht besiedelt, das SMOC ist also gut zu erreichen. Daraus ergeben sich für die Bevölkerung gute Möglichkeiten, SOFIA zu besuchen.
Die Beobachtungszeit für einen Astronomen
Seine Beobachtungszeit muss ein Astronom beantragen. Im Beobachtungsantrag nennt und begründet er eine
Auswahl von Objekten, wobei die wissenschaftliche Fragestellung von besonderer Bedeutung ist. Danach wird
der Antrag von einem Gremium anerkannter Wissenschaftler nach Aktualität, wissenschaftlichem Gehalt und
dem zu erwartenden Ergebnis begutachtet und über die Vergabe von Beobachtungszeit entschieden.
Die Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit
Das übergeordnete Ziel der Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit ist es, durch klare Präsentation eine breite Öffentlichkeit zu informieren und Interesse an dem Projekt und den Wissenschaften im allgemeinen fördern. Diese
Arbeit wird sowohl während des Betriebs als auch schon während der Bauphase durchgeführt. Sie nimmt eine
wichtige Stellung innerhalb des SOFIA-Projektes ein. Lehrer, Hochschullehrer und Wissenschaftler unterstützen die Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit und begutachten diese. Die jeweilige Ausgestaltung ist den Strukturen von Deutschland bzw. den USA angepasst.
Das Programm in den USA heißt EPO (Education and Public Outreach). Zu den Hauptaspekten gehören der
Bau eines Schulungs- und Tagungszentrum in unmittelbarer Nähe zum Flugzeugobservatorium, eine intensive
Medienarbeit, Präsentationen bei Ausstellungen und Konferenzen, eine ständig aktualisierte Internet-Seite, Partnerschaften zwischen Wissenschaftlern und Schülern und die Fortsetzung des FOSTER-Programms (Flight
Opportunities for Science Teacher EnRichment), wie es auch schon beim KAO durchgeführt wurde. Dabei bekommen Lehrer die Möglichkeit, bei einem SOFIA-Flug teilzunehmen, um anschließend ihren Schüler darüber
zu berichten. Auch Journalisten und anderen Wissenschaftlern soll die Möglichkeit zum Mitfliegen gegeben
werden.
Verantwortlich für die Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland ist das DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt). Für diese Arbeit sollen vor allen Dingen öffentlich wirksame Institutionen genutzt werden, wie bspw. Volkssternwarten, Planetarien, Technikmuseen, etc.. Zudem soll SOFIA auch bei Lehrer-Fortbildungen und dem Jugend-Forscht-Wettbewerb eingebunden werden. Durch diese Zusammenarbeit kann auch die Erfahrung und
das Wissen anderer genutzt werden. Auch in Deutschland soll die Medienarbeit durch Veröffentlichung in Fachzeitschriften, Radio und Fernsehen gefördert werden. Das DLR in Berlin will zusätzlich einen Umbau vornehmen, um einer Nachbildung des Teleskops Platz zu bieten.
Quellen
[1]NASA-Homepage: http://sofia.arc.nasa.gov.
[2]DLR-Homepage: http://www.sofia.dlr.de.
[3]Titz, Dr. Ruth, DLR Berlin: persönlicher Kontakt.
[4]Titz, R., Röser, H.-P. (Hrsg.): SOFIA-Astronomie und Technologie im 21. Jahrhundert, Berlin, Wissenschaft
und Technik Verlag, Dez. 1998.
Zusammenfassung der Kursarbeit
Der Akademiekurs hatte insgesamt eine sehr anspruchsvolle Thematik zu bearbeiten. Am Akademieende angekommen, kann man sagen, dass alle Kursteilnehmer ein Überblickswissen zur Thematik mit nach Hause nehmen. Der Kurs basierte wesentlich auf den Beiträgen der Teilnehmer, welche „als jeweilige Spezialisten“ in ca.
einstündigen Vorträgen zu den 3 großen Themengebieten: „1. Grundlagen zur Gewinnung kosmischer Informationen“, „2. Beobachtungsobjekte in der Infrarotastronomie“ und „3. das SOFIA-Projekt“ sehr engagiert und
kompetent referierten. Ein wesentliches Ziel war es, eine Vorstellung über die Einsatzmöglichkeiten von SOFIA,
aber auch zu den zu bewältigenden technischen Herausforderungen zu bekommen.
Auch wenn die Kursinhalte manchmal weit über das Vorwissen hinausgingen, so ist doch der Einsatz der Kursteilnehmer hervorzuheben, welche die Doppelbelastung – tagsüber Theorie und Sonnenbeobachtung und des
nachts Beobachtungspraxis – bestens meisterten. Die von den Kursteilnehmern in den ersten Akademietagen
erworbenen Kenntnisse zur Orientierung am Sternenhimmel, zu den astronomischen Koordinatensystemen,
zum Aufsuchen von Sternbildern und zum Umgang mit den Fernrohren vermittelten sie mit Begeisterung später
auch anderen Akademieteilnehmern in kursübergreifenden Beobachtungsnächten. In dieser Hinsicht bot der
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SOFIA - Flugzeugastronomie im nächsten Jahrtausend
Tag der Rotation eine sehr gute Gelegenheit, das Ziel,
die Besonderheiten, aber auch die technischen Herausforderungen des SOFIA-Projekts anderen
Akademieteilnehmern vorzustellen. Auch wenn die
Dokumentationsphase noch einmal ein „harter Brokken“ für viele Kursteilnehmer war, so haben sie doch
einen Einblick ins wissenschaftliche Schreiben genommen.
Höhepunkte der Kursaktivitäten
Eine kurze Übersicht zu den Ereignissen der Sonnenfinsternis am 11. August 1999 bildete den Rahmen für
das Basteln von Beobachtungsbrillen und Kamerafiltern
aus Pappe und speziellen Folien der Firma Baader
(Abb. 1). Kursübergreifend wurde zum Kennenlernen
und Aufsuchen von Sternbildern sowie zur Sonnen- Abbildung 1: Der SOFIA-Kurs beim „Sonnengucken“
beobachtung und dem Basteln von Beobachtungsbrillen für die Sonnenfinsternis eingeladen (siehe Abb 2). Ein anderer Höhepunkt der Aktivitäten war
das Akademie-Volleyball-Turnier, wobei Kurs 5.4 den 3. Platz erkämpfte. Zur Unterstützung der Volleyballmannschaft präsentierten sich die restlichen Kursteilnehmer als SOFIA-Fan-Club (Abb 3).
Ausblick
Die SOFIA-Mission ist beendet. Die Crew bereitet sich zur Landung auf dem Heimatflughafen vor. Am Ziel
angekommen, ist der Zeitpunkt gekommen, allen Kursteilnehmern die besten Wünsche mit auf den weiteren
Lebensweg zu geben. Vielleicht wird die Vision (Abb. 4), dass der eine oder andere Kursteilnehmer tatsächlich
einmal an einem Flug von SOFIA teilnehmen kann, in der Zukunft wahr...
Abbildung 3: SOFIA-Fanclub beim Volleyballturnier.
Abbildung 2: Einladung zur
Sonnenbeobachtung, zum
Basteln von SonnenfinsternisBrillen und zum Vortrag zur
bevorstehenden
Sonnenfinsternis.
Abbildung 4: Am Rotationstag präsentierte sich der SOFIAKurs allseits erkenntlich.
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