Quercus dalechampii 16.03.2006 9:51 Uhr Seite 1 Quercus dalechampii III-2 Quercus dalechampii TEN., 1830 Dalechamp-Eiche engl.: Dalechamp’s oak franz.: Chêne de Dalechamp ital.: Quercia di Dalechamp Familie: Fagaceae Subgenus: Lepidobalanus Section: Roburoides Abb. 1: Quercus dalechampii. Laubblätter und Früchte (links oben); Fruchtstand mit unreifen Eicheln (links unten) und Stammborke Enzyklopädie der Holzgewächse – 31. Erg.Lfg. 3/03 1 Quercus dalechampii 16.03.2006 9:51 Uhr Seite 2 Quercus dalechampii III-2 70° 60° 50° 40° 30° 20° 10° 0° 10° 20° 30° 40° 50° 60° 70° 80° 90° 100° 50° 50° 40° 40° 30° 30° 0 10° 500 1000 km 0° 10° 20° 30° 40° 50° Abb. 2: Natürliches Areal (nach [8]) Die Dalechamp-Eiche wurde von TENORE im Jahre 1830 aus der Gegend von Neapel beschrieben, und zu Ehren des französischen Botanikers DALECHAMP (1513–1588) benannt. Mit der Erforschung der ökologischen Eigenschaften dieser Baumart haben sich Wissenschaftler bisher kaum befasst. Lange Zeit hat man Quercus dalechampii nicht von der Trauben-Eiche (Quercus petraea) getrennt, obwohl sich beide Arten sowohl morphologisch wie ökologisch deutlich unterscheiden. In den späten 70er Jahren wurden darüber hinaus auch Differenzen in der Anfälligkeit gegenüber dem Eichensterben deutlich. Holz- und ertragskundliche Forschungen haben an Q. dalechampii bisher nicht stattgefunden. Im Süden kommt Q. dalechampii auf der gesamten Balkanhalbinsel bis nach Kleinasien vor. Im Norden des Areals steigt sie bis zu einer Meereshöhe von 800 m, im Süden bis 1200–1300 m [8]. Sie bildet hauptsächlich mit der Zerr-Eiche Mischbestände und ist eine charakteristische Baumart der Zerr-Eichen-Wälder. Außerdem kommt sie noch in den wärmeliebenden und kalkliebenden Eichenwäldern vor, gemischt mit Quercus virgiliana, Quercus cerris, Fraxinus ornus und verschiedenen SorbusArten. In kalkmeidenden Eichenwäldern tritt sie seltener auf. Für die Hainbuchen-Eichenwälder ist sie nicht typisch, kommt aber in den trockenen Ausprägungen vereinzelt vor [1, 2, 3, 7]. Verbreitung Beschreibung Diese Eichenart ist ein balkanisch-submediterranes Florenelement, dessen Verbreitungsgebiet sich von Süditalien bis in das westliche Kleinasien erstreckt und hauptsächlich in den Südalpen, in Mähren, den in der Slowakei gelegenen Vorgebirgen der Nordkarpaten sowie in den Ostkarpaten liegt. Die Dalechamp-Eiche ist eine sommergrüne Baumart, die eine Höhe von 30 m erreichen kann. Ihre Gestalt ist derjenigen von Q. petraea ähnlich; sie hat aber dickere Äste und eine unregelmäßig geformte Krone. Weil Q. dalechampii nur wenige Schattenblätter bildet, bleibt ihre Krone schütter. Die Äste setzen im Bestand relativ hoch an. 2 Enzyklopädie der Holzgewächse – 31. Erg.Lfg. 3/03 Quercus dalechampii 16.03.2006 9:51 Uhr Seite 3 Quercus dalechampii III-2 Unterscheidungsmerkmale zwischen Quercus petraea und Q. dalechampii: Quercus petraea Quercus dalechampii Trieb mit schütter und unregelmäßig stehenden, winzigen Korkwarzen mit dicht stehenden, runden Korkwarzen Blattspreite verkehrt eiförmig, die Buchten bis zu einem Drittel der halben Blattspreite reichend elliptisch, tief zerteilt, die Buchten bis zur Hälfte der halben Blattspreite reichend Lappen zur Blattspitze hin allmählich kleiner werdend; an der Basis verschmälert sich die Blattspreite; Lappen stumpf zur Blattspitze hin nicht kleiner werdend; an der Basis verschmälert sich die Blattspreite nicht; Lappen zugespitzt Nervatur Seitennerven regelmäßig verlaufend, tertiäre Nerven fein und schwach hervortretend; keine Buchtennerven Seitennerven unregelmäßig verlaufend, divergent, tertiäre Nerven stark hervortretend, netzartig; mit Buchtennerven Blattspitze stumpf länglich Fruchtbecher dünnwandig dickwandig Fruchtbecherschuppen klein, flach, eng anliegend größer, mit auffallend gewölbtem Rücken Knospen, Blätter und Triebe Die Triebe sind kahl und graugrün, an der besonnten Seite aber rötlich verfärbt; viele rundliche Korkwarzen stehen dicht nebeneinander. Die schlanken, zugespitzten Knospen haben eine länglich-ovale Form, die Lateralknospen sind 7– 9 mm, Endknospen 10–15 mm lang. Die eng anliegenden Knospenschuppen haben zottig-bewimperte Ränder und sind am Rücken graufilzig behaart. Die 8–13 cm langen und 3–7 cm breiten, elliptischen Blätter sind tief eingeschnitten. Sie haben an beiden Seiten je 4–7 längliche, sich allmählich verschmälernde und zugespitzte Lappen; die tiefen Buchten reichen meistens bis zur Mitte der halben Blattbreite. Das zweite Lappenpaar von unten ist oft am längsten, infolgedessen ist das Blatt unten am breitesten. Die Lappen werden zur Blattspitze hin kaum kleiner. An den mittleren Lappen können auch Nebenlappen vorkommen. Die Blattspitze ist länglich ausgezogen; der Blattgrund kann gestutzt, schwach herzförmig oder keilförmig sein. Die Seitennerven verlaufen unregelmäßig, sind divergent und durch eine sich stark hervorhebende, netzartige, tertiäre Nervatur miteinander verbunden. In den Buchten verlaufende Nerven kommen häufig vor. Die Blattspreite ist dünn, papierartig und mit einem dicken, knorpeligen Rand versehen. Oberseits sind die Blätter glänzend grün, unterseits anfangs mit winzigen Sternhaaren bedeckt; im vollentwickelten Zustand verkahlen sie. Der Blattstiel ist schlank, 15–32 mm lang und nur anfangs behaart. Es werden linealische, dicht behaarte, früh abfallende Nebenblätter gebildet. Die Achse des männlichen Blütenstandes ist dicht behaart, das Perigon der männlichen Blüten besteht aus sechs Perigonblättern. Filamente und Antheren sind etwa gleich lang. Die Früchte sitzen einzeln, zu zweit oder zu dritt auf sehr kurzen Achsen oder sind stiellos. Der kelchförmige Fruchtbecher ist 8–15 mm tief, hat einen Durchmesser von 12–20 mm und eine dicke, allmählich verholzende, harte Wand. Der Rücken der fein filzigen oder kahlen Fruchtbecherschuppen ist auffallend konvex gewölbt. Die Eicheln sitzen bis zu einem Drittel im Fruchtbecher, haben eine konisch-ovale Form und eine Länge von 15–30 mm [4, 6, 9]. Taxonomie Die Dalechamp-Eiche ist eine stark polymorphe Spezies; in Beständen kommen Varietäten mit verschiedenen Blattformen vor [5, 6, 9]: var. lancifolia VUKOT. – Die Blattspreite ist länglich, elliptisch, weniger tief zerteilt, schwach lederig. Die Lappen sind steil nach vorne gerichtet. Blüten und Früchte var. pinnatifida SCHWZ. – Die dünne, papierartige, tief zerteilte Blattspreite hat eine ovale oder verkehrt eirunde Form. Die Lappen sind flach ausgebreitet und besitzen oft Nebenlappen. Die Dalechamp-Eiche ist monoezisch und anemogam. Die weiß- oder graufilzigen weiblichen Blüten sind zu 1–3 sitzend in einem Blütenstand angeordnet. var. aurea M ÁTYÁS – Die länglich-eiförmige Blattspreite ist tief zerteilt; der Blattstiel und der Hauptnerv haben eine goldgelbe Farbe. Enzyklopädie der Holzgewächse – 31. Erg.Lfg. 3/03 3 Quercus dalechampii 16.03.2006 9:51 Uhr Seite 4 Quercus dalechampii III-2 Wie andere zur Sektion Roburoides gehörende Eichenarten, kreuzt sich auch die Dalechamp-Eiche häufig mit verschiedenen Spezies der selben Sektion. Aus dem Verbreitungsgebiet von Q. dalechampii sind bis jetzt die folgenden Hybriden beschrieben worden: Q. dalechampii x Q. polycarpa = Q. x barnova GEORG. et DOBR. Q. dalechampii x Q. petraea = Q. x benköi M ÁTYÁS Q. dalechampii x Q. frainetto = Q. x chrysopoda BORB. Q. dalechampii x Q. pubescens = Q. x pseudopubescens DOBR. et BELDIE Q. dalechampii x Q. robur = Q. x pseudo-dalechampii CRETZOIU Q. dalechampii x Q. virgiliana = Q. x cazanensis PASCOVSCHI Pathologie Über Schädlinge und Krankheitserreger liegen keine Beobachtungen vor, weil sie bis in die jüngste Zeit im Forstschutz nicht von Q. petraea unterschieden wurde. Im Laufe der späten 70er Jahre stellte sich heraus, dass Q. dalechampii vom Eichensterben stärker betroffen ist als die Trauben-Eiche. Einige Autoren erklären das damit, dass die Blätter der Dalechamp-Eiche eine viel dünnere Epidermis besitzen als Q. petraea und daher anfälliger gegenüber Schädlingen – in erster Linie laubfressenden Insekten – sind. Diese Hypothese müsste jedoch in weiteren Untersuchungen bestätigt werden. Auch das Spektrum der Pathogene ist noch unbekannt. Literatur [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] Abb. 3: Altbestand auf kalkarmem Standort Ökologie und Standort Q. dalechampii ist eine Baumart subkontinentalen Charakters mit hohen Wärmeansprüchen. Im Vergleich mit der Trauben-Eiche toleriert sie geringere Luftfeuchtigkeit und ist an längere sommerliche Trockenperioden besser angepasst. Sie kommt auf Kalkstein, Löss, Andesit sowie auch auf silikathaltigen Gesteinsarten vor und bevorzugt die neutralen oder schwach basischen Böden. Im Gegensatz zu Q. petraea – einer eher kalkmeidenden, mesophilen Spezies – ist die Dalechamp-Eiche ein eher kalkliebendes, xero-mesophiles Florenelement [2, 8]. 4 Enzyklopädie der Holzgewächse – 31. Erg.Lfg. 3/03 [9] BELDIE, A., 1952: Genus Quercus. In: NYÁR ÁDY, E. (red.): Flora Rep. Pop. Rom. tom. l., Bucuresti, 224–261. BORHIDI, A., 1969: Adatok a kocsánytalan tölgy (Quercus petraea fajcsoport) és a molyhos tölgy (Q. pubescens fajcsoport) kisfajainak ökolögiai-cönolögiai magatartäsäröl. [Angaben über die ökologisch-zönologischen Verhältnisse der Kleinarten der Trauben-Eiche (Q. p. agg.) und der FlaumEiche (Q. p. agg.)]. Botanikai Közlemények 56, 155–158. GANČEV, L.; BONDEV, L., 1966: Quercus. In: JORDANOV, P. (red.): Flora reipublicae popularis bulgaricae III., BAN, Sofia, 106–145. MAJER, A., 1989: Beteiligung der Kleinarten der Traubeneiche (Quercus petraea (Mattusch. Liebl.) in den Populationen Ungarns. Folia Dendrologica 16, 179–194. 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Der Autor: Prof. Dr. DÉNES BARTHA Lehrstuhl für Botanik Westungarische Universität Bajcsy-Zs. u. 4 H-9400 Sopron