Zwischen Weltanschauungskampf und Endzeitstimmung Die Evangelische Kirche Bayreuths im Nationalsozialismus herausgegeben von Norbert Aas im Auftrag des Evang. Bildungswerkes Bayreuth / Bad Berneck / Pegnitz Bayreuth 2010 Bayreuther Protestantismus im Dritten Reich: Religiöser Weltanschauungskampf und die Angst vor dem Untergang der Volkskirche 1 Die religiöse Situation im Reich und die Lage der Evangelischen Landeskirche Bayerns bis 1935 Hitlers Regierungsantritt wurde, so Kirchenhistoriker Carsten Nicolaisen, im gesamten Deutschen Reich „von der Mehrheit der [protestantischen] Pfarrer und Gemeinden freudig begrüßt“.1 Sie hofften, wie andere auch, dass Hitler Deutschland nicht nur politisch und wirtschaftlich, sondern auch moralisch und religiös wieder aufrichten werde. Darüber hinaus hatten sich im deutschen Protestantismus bereits in den 1920er Jahren nationalistische, völkische und antisemitische Bewegungen gebildet. Aus ihnen ging die 1932 vom Berliner Pfarrer Joachim Hossenfelder gegründete Glaubensbewegung Deutsche Christen (DC) hervor, deren Grundidee unter anderem mit dem Bayreuther Literaten und Herausgeber Hans Freiherr von Wolzogen verbunden ist.2 Die Deutschen Christen wollten das Christentum von seinen jüdischen Anteilen ‚bereinigen‘ und mit der nationalsozialistischen Ideologie verschmelzen. Zudem forderten sie die Vereinigung der evangelischen Landeskirchen, die sich bislang nur locker im Deutschen Evangelischen Kirchenbund zusammengeschlossen hatten, zu einer deutschen Reichskirche. Die Idee einer Reichskirche entsprach ganz Hitlers Politik der Gleichschaltung. Daher ernannte er im April 1933 den Pfarrer Ludwig Müller, Mitbegründer der Deutschen Christen und DC-Landesleiter in Ostpreußen, zum Bevollmächtigten für die Angelegenheiten der evangelischen Kirche und beauftragte ihn mit der Schaffung einer Deutschen Evangelischen Kirche. Daneben setzte Hitler außerordentliche Kirchenwahlen an, bei denen alle Parteimitglieder aufgefordert wurden, Vertreter der Deutschen Christen zu wählen. In der Folge zogen viele DC-Anhänger in die Kirchenvorstände, Kreis- und Landessynoden ein, in den meisten Landeskirchen gewannen sie die Oberhand. Im Mai 1933 wählten die Vertreter der Landeskirchen mit großer Mehrheit Friedrich von Bodelschwingh3 zum Reichsbischof der neu gegründeten Deutschen Evangelischen Kirche. Da Hitler ihm jedoch die Anerkennung verweigerte, sah Bodel11 Kurth · Bayreuther Protestantismus im Dritten Reich Stefan Kurth schwingh sich bereits im Juni genötigt, von seinem Amt zurückzutreten. Ein Monat später nahmen die Landeskirchen die Kirchenverfassung der Deutschen Evangelischen Kirche an. In der folgenden Wahl zur Nationalsynode im September 1933 konnten sich die Deutschen Christen als stärkste Gruppe durchsetzten. Zum neuen Reichsbischof wurde nun Ludwig Müller gewählt, der sich zwischenzeitlich gewaltsam zum Leiter des Kirchenbundes gemacht hatte. Im gleichen Monat gründeten evangelische Pastoren und Theologen um Martin Niemöller den Pfarrernotbund. Sie wandten sich energisch dagegen, dass das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933 innerhalb der Deutschen Evangelischen Kirche angewandt werde, da der darin enthaltene sogenannte Arierparagraph einen Ausschluss von Pfarrern und Kirchenbeamten jüdischer Herkunft bedeutet hätte. In weniger als vier Monaten schlossen sich dem Pfarrernotbund zwei Drittel der protestantischen Pfarrerschaft an. Der 1933 gewählte bayerische Landesbischof Hans Meiser war dem nationalsozialistischen Staat gegenüber zunächst durchaus aufgeschlossen und hoffnungsvoll eingestellt. Er sah in ihm nach Einschätzung von Carsten Nicolaisen „eine religiöse Kraft […], von der er sich Unterstützung bei der Wiedergewinnung des entkirchlichten Volkes für die Kirche erhoffte“. 4 Daher unterstellt er sich zunächst auch Reichsbischof Müller. Als jedoch Müllers aggressive und gewaltsame Eingliederungspolitik deutlich zutage trat, protestierte Meiser gemeinsam mit dem württembergischen Landesbischof Theophil Wurm bei Hitler und lehnte die Eingliederung in die Deutsche Evangelische Kirche als gesetzes- und bekenntniswidrig ab. Die bayerische Landeskirche stellte sich in dieser Frage auf Beschluss einer außerordentlichen Landessynode geschlossen hinter ihren Landesbischof. Auf Meisers Initiative kam es zunächst zur Bildung einer Kampf- und Bekenntnisgemeinschaft, in der bald alle Landes- und Provinzialkirchen vertreten waren. Sie erhob in einer von Meiser 1934 verlesenen Kundgebung gegenüber der Reichskirche den Anspruch, die einzig rechtmäßige evangelische Kirche in Deutschland zu sein. Einen Monat später formierte sich diese Gemeinschaft auf der 1. Barmer Bekenntnissynode als ‚Bekennende Kirche‘. In Bayern bildeten sich überall Bekenntnisgemeinschaften, die „schon bald das 10-20fache der DC-Ortsgruppen betrugen und z.T. ganze Kirchengemeinden umfaßten“5. Als Gegenbewegung formierten sich bayerische Pfarrer und Theologen 1934 zum Ansbacher Kreis, der sich für die bedingungslose Annahme der nationalsozialistischen Ideologie und Staatsordnung aussprach, darunter die Erlanger Theologen Paul Althaus und Werner Elert. 12 Im Oktober 1934 wurden die bayerische und die württembergische Landeskirche gewaltsam in die Reichskirche eingegliedert. Als Landesbischof Meiser sich dieser Verfügung widersetzte, wurde er für abgesetzt erklärt und unter Hausarrest gestellt. Nach energischem Widerstand der bayerischen Landeskirche und der Bekennenden Kirche lenkte Hitler ein: Die gesetzlich verfügte Eingliederung der Bayerischen Landeskirche wurde widerrufen und Meiser faktisch wieder in sein Amt eingesetzt. Diesen Grad einer relativen institutionellen Autonomie konnte die bayerische Landeskirche von nun an bis zum Ende des Nationalsozialismus bewahren. Einen vergleichbaren Status hatten im Reich nur die Württembergische Landeskirche Kirche und die reformierte Landeskirche der Provinz Hannover inne. 2 Erste Reaktionen auf die Machtergreifung in Bayreuth (1933) Das protestantische Franken wies bereits in den 1920er Jahren einen hohen Anteil von NSDAP-Wählern auf. So zählte Bayreuth bereits 1924 und 1928 zu den „Hochburgen des Völkischen Blockes bzw. der NSDAP“6. Während die NSDAP bei den Reichstagswahlen im September 1930 reichsweit 18,3 % errang, erlangte sie in Mittel- und Oberfranken fast 24 %, in Bayreuth und Kulmbach sogar über 30 % der Stimmen.7 Im Jahr 1932 wählten in einzelnen evangelischen Gemeinden Frankens sogar bis zu 100 % der Bevölkerung die NSDAP.8 Somit kann bereits ab 1930 für die „evangelische Agrarprovinz Frankens“ von einer „mentale[n] Machtergreifung“ gesprochen werden.9 Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass Hitlers Regierungsübernahme auch im protestantischen Bayreuth zunächst hoffnungsvoll begrüßt wurde. Nach der Reichstagswahl vom 5. März 1933 und der Einsetzung des bayerischen NSDAP-Reichstagsabgeordneten Franz Xaver Ritter von Epp als Reichskommissar am 9. März 1933 beflaggten die Pfarrhäuser mit schwarzweißroten Fahnen10 und im Bayreuther Gemeindeblatt stand zu lesen: „In der inneren Erneuerung unseres Volkes müssen Kirche und Staat, jedes auf seinem Gebiet, einander in die Hände arbeiten. So begrüßen wir dankbar die Einsetzung staatlicher Machtmittel gegen die brutalen Äußerungen der Gottlosenpropaganda und gegen die Zersetzung des sittlichen Lebens […]. So begrüßen wir auch das Eindämmen des römischen Einflusses in unserm engeren bayerischen Vaterland als eine Hoffnung für die evangelische Kirche.“11 13 Stadtkirche Bayreuth mit NS-Beflaggung 14 Am 23. Juli 1933 fanden in Bayreuth die von Hitler angeordneten Kirchenvorstandswahlen statt. Um einen „untunlichen Wahlkampf“ zu vermeiden, einigte sich der Kirchenvorstand einstimmig auf eine gemeinsame Liste von Pfarramt und NSDAP.12 Unmittelbar vor der Wahl erzwang die Partei jedoch „auf Grund eines mißverstandenen und zum Befehl umgedeuteten Vorschlags des Reichspropaganda-Ministeriums“13, dass ausschließlich Parteimitglieder auf die Wahlliste gesetzt wurden. Dies führte in den folgenden Monaten in den Gemeinden zu massiven inneren Spannungen. Eindrucksvoll ist aus dem Jahr 1933 eine kritische Stimme der Bayreuther Pfarrer Ludwig Kelber Pfarrerschaft dokumentiert: Ludwig Kelber, 1930 bis 1934 erster Pfarrer von St. Georgen, äußerte sich in einem Gottesdienst öffentlich zur unmittelbar bevorstehenden erneuten Reichstagswahl am 12.11.1933 und zur damit verbundenen Volksabstimmung über den Austritt Deutschlands aus dem Völkerbund. Einerseits bejahte er in seiner Predigt den Austritt aus dem Völkerbund, womit er seine deutschnationale Gesinnung unterstrich; andererseits äußerte er sich äußerst kritisch zur Reichstagswahl: Er kommentierte, dass von einer Wahl nicht die Rede sein könne, da nur die NSDAP zur Wahl stünde und Nein-Stimmen als ungültig gezählt würden. Darüber hinaus deutete er an, aus religiösen Gründen nicht mit Ja stimmen zu können: „Ich selbst kann einem von den 10 Männern, die uns vorläufig genannt sind, meine Stimme nicht geben; auch Luther, wenn er heute unter uns lebte, würde ihn nicht wählen.“ 14 Die Brisanz dieser Äußerung liegt darin, dass sie vor der Wahl ausgesprochen wurde. Sie konnte also manchem Gemeindemitglied nahelegen, es Kelber und damit quasi Luther gleichzutun und nicht mit Ja zu stimmen. So überrascht es nicht, dass 15 16 Dekan Karl Wolfart es zu Beschwerden an die Kirchenbehörde sowie zu staatsanwaltlichen Ermittlungen kam. Landesbischof Meiser wies daraufhin den Bayreuther Kreisdekan an, Kelber eine Missbilligung auszusprechen, da seine Äußerung „mit der Aufgabe eines Predigers und mit der Würde der Kanzel unvereinbar“15 sei. Hingegen folgte Meiser nicht dem Wunsch des Kirchenvorstands nach einer sofortigen Beurlaubung Kelbers. Vielmehr ermahnte er dessen Mitglieder, „dass sie nach dem ausgesprochenen Willen der Reichsregierung nicht als Vertreter einer politischen Organisation zu ihrem Amte gewählt“ seien, sondern dass sie gelobt hätten, „dieses Amt zum besten der Evang.Luth. Kirche im christlichen Geiste zu erfüllen“.16 Der Bayreuther Dekan (1918-36) Karl Wolfart setzte sich sogar aktiv für Kelber ein.17 In einem Schreiben an den Stadtkommissär betonte er die Ehre und Gewissenhaftigkeit Kelbers sowie seine Wertschätzung innerhalb der Gemeinde. Da Kelber zudem „national gesinnt und nie links eingestellt“18 sei, plädierte Wolfart dafür, von einer gerichtlichen oder polizeilichen Bestrafung abzusehen. Wie die Ermittlungen gegen Kelber ausgingen, ist nicht bekannt. Fest steht jedoch, dass er sich noch im gleichen Jahr „wegen der heftigen Anfeindungen durch die ‚Deutschen Christen‘“19 auf eine Pfarrstelle nach Weiden versetzen ließ. 17 3 Spaltung in Deutschen Christen und Bekenntnisgemeinschaft (1934-1935) Gründung von Ortsgruppen und erste Aktivitäten Ende 1933 war der breiten Bevölkerung die Radikalität der Forderungen der Deutschen Christen deutlich vor Augen getreten: Auf einer DC-Großversammlung im Berliner Sportpalast am 13.11.1933 hatte der Hauptredner Reinhold Krause, Gauobmann der Berliner Deutschen Christen, „ein schockierendes Bild dessen präsentiert, was zumindest einige Anhänger der Bewegung für ihre Religion hielten. Vor einem Publikum von 20.000 Menschen attackierte Krause die Fundamente des Christentums als unakzeptable Zeichen jüdischen Einflusses. Er degradierte das Alte Testament, den Apostel Paulus und das Kreuzsymbol zu lächerlichen, nichtssagenden Überbleibseln des Judentums, unannehmbar für jeden Nationalsozialisten.“20 Ab Herbst 1934 begannen die Deutschen Christen mit Propagandaaktivitäten in ganz Franken, vor allem im Raum Bayreuth und Coburg. Koordiniert wurden sie von Pfarrer Baumgärtner aus Nürnberg, dem Leiter der Deutschen Christen Frankens. Welche Reaktion war darauf in Bayreuth zu erwarten? Die oberfränkischen Protestanten galten der Obrigkeit zwar „als treue Nationalsozialisten […], die vielfach zu den alten Parteimitgliedern zähl[en]“21, gleichzeitig stand jedoch der größte Teil der evangelischen Geistlichen hinter Landesbischof Meiser22. Tatsächlich reagierte die Bayreuther Kirchenleitung auf die Deutschen Christen mit deutlichem Unmut. Bereits nach wenigen Monaten warnte Kreisdekan (1921-36) Karl Prieser die Geistlichen des Kirchenkreises Bayreuth: „Das Ziel dürfte sein, in möglichst vielen Gemeinden feste Stützpunkte zu schaffen, um bei evtl. Neuwahlen von kirchlichen Vertretungskörpern und Synoden die Gemeinden bereits von unten her ausgehöhlt zu haben und dadurch die Möglichkeit zu gewinnen, das Kirchenregiment und die Verfassung der Kirche zu stürzen. Es liegt ohne Zweifel zutage, daß dadurch eine neue Zerreißung unserer Gemeinden droht […].“23 Folgt man Dekan Wolfarts Pfarrbeschreibung, lehnten auch die Bayreuther Pfarrer das Bestreben der Deutschen Christen durchgängig ab, die kirchliche Lehre „mit 18 der nationalsozialistischen Weltanschauung zu durchsetzen“.24 Daneben engagierten sich Bayreuther Geistliche und Laien energisch gegen die Eingliederung ihrer Landeskirche in die Reichskirche, worin sie eine „Vergewaltigung der Kirche“ 25 sahen, und erklärten ihre Solidarität mit Landesbischof Meiser.26 Ein prominentes Zeugnis hierfür ist Kreisdekan Priesers „Predigt zur kirchlichen Lage“ vom August 1934. Prieser prangerte darin die „parteipolitisch beeinflußten Kirchenwahlen“ von 1933 ebenso an wie die unrechtmäßige Zusammensetzung der Nationalsynode, die dem Reichsbischof die alleinige Macht in die Hand gegeben und damit die Landeskirchen faktisch aufgehoben habe. Unannehmbar ist für Kreisdekan Karl Prieser ihn auch die reichskirchliche Forderung nach einem Diensteid, „der den Gehorsam gegen den Führer des Staates mit dem Gehorsam gegen die Ordnungen der Reichskirche vermengt“.27 Ab April 1935 begannen sich die Ereignisse in Bayreuth zu überschlagen: Am 11. April 1935 nahmen „die lange schon vorhandenen DC.-Mitglieder“28 in Bayreuth einen Besuch Meisers zum Anlass, in einer geschlossenen Versammlung von etwa 50 Personen eine Ortsgruppe der Deutschen Christen zu gründen. Initiator war der landeskirchliche DC-Pfarrer Theodor Hoffmann aus Weidenberg, als Ortsgruppenleiter wurde zunächst der Bayreuther Lehrer Paul Georg Hermann bestimmt.29 Einen Monat später wurde die Zahl der Mitglieder für das Bayreuther Stadtgebiet bereits auf etwa 500 Personen geschätzt. Über die Zusammensetzung der Ortsgruppe berichtete Dekan Wolfart dem Landeskirchenrat: „Einige Kirchenvorsteher von Bayreuth und St. Georgen gehören der Gruppe an, von den hiesigen geistlichen Religionslehrern soll ihr keiner angehören, von den Pfarrern ist bestimmt keiner beteiligt.“30 19 20 Allerdings gab es anscheinend mehrere Pfarrer, die zumindest in der Reichskirchenfrage auf der Seite der Deutschen Christen standen. So deutete Wolfart in seiner Pfarrbeschreibung der Jahre von 1933-1936 an, dass die Idee der „Einigung“ bzw. Gleichschaltung der Landeskirchen den Bayreuther Pfarrern durchaus „je nach ihrer Stellung zum Nationalsozialismus und zum konfessionellen Luthertum mehr oder weniger willkommen“ gewesen sei. 31 Darüber hinaus ist vom vierten Pfarrer der Stadtkirche (1930-1938), Gottlieb Glaser, bekannt, dass er der Arbeitsgemeinschaft nationalsozialistischer Pfarrer, angehörte.32 Sie ist identisch mit dem von Gauleiter Hans Schemm gegründeten und ab 1931 von Friedrich Klein33 geleiteten Nationalsozialistischen Evangelischen Pfarrerbund. Nur fünf Tage nach der Gründung der DC-Ortsgruppe riefen die Bayreuther Geistlichen in den Gemeinden zur Gegengründung einer Bekenntnisgemeinschaft auf. Dies habe man laut Dekan Wolfart bislang nur deshalb noch nicht getan, „damit wir nicht der Störung des Friedens in der Gemeinde bezichtigt werden könnten“.34 Der Zustrom aus der Kirchengemeinde war groß: Die Bekenntnisgemeinschaft zählte im Mai 1935 in den Gemeinden Stadtkirche, St. Georgen und Altstadt 8.165 Mitglieder, d.h. ein gutes Viertel der Stadtbevölkerung. Wofür aber stand sie? Einem Zeitungsbericht über die erste Versammlung der Bekenntnisgemeinschaft lässt sich entnehmen, dass sie sich primär als Bewegung lutherischer und landeskirchlicher Selbstbewahrung und nicht als staatskritische Bewegung des politischen Widerstandes verstand: „Zu einer gewaltigen Kundgebung gestaltete sich am Freitag abend die geschlossene Versammlung, zu der die Bekenntnisgemeinschaft innerhalb der evangel. Gemeinde Bayreuths zum erstenmal ihre Mitglieder eingeladen hatte. Da die beiden Säle des Ev. Gemeindehauses bereits um 7.30 Uhr wegen Ueberfüllung geschlossen werden mußten, füllte sich noch der Saal der Bürgerressource bis auf den letzten Platz. Zahllose Glieder der ev. Gemeinde brachten hier ihren Willen zum unverrückbaren Festhalten an Kirche und Bekenntnis und ihre unwandelbare Treue zu Volk und Führer erhebend zum Ausdruck.“35 Auch die Deutschen Christen veranstalten zwischen April 1935 und Dezember 1936 mindestens vier große Versammlungen mit jeweils mehreren hundert Teilnehmern. Als Beispiel sei die Mitgliederversammlung im Mai 1935 genannt. Auf ihr wurde Studienprofessor Dr. Schieder, Lehrer an der Oberrealschule und Bruder des Nürnberger Oberkirchenrats, zum neuen DC-Ortsgruppenleiter ernannt. Er erklärte laut Presseberichterstattung, „die Leitung aus innerem Drang zu übernehmen, 21 Spitalkirche – damals und heute 22 um an der Reinhaltung des Luthertums mitzuwirken“36. Auch ein auswärtiger Referent, Pfarrer Fuchs aus Ansbach, betonte die Bekenntnistreue der Reichskirche und des Reichsbischofs. An diesen Äußerungen wird sichtbar, dass auch die Deutschen Christen das ‚reine‘ Luthertum für sich beanspruchten. Die Vertreter der Bekenntnisgemeinschaft beurteilten ihren Charakter jedoch ganz anders: In ungewöhnlich scharfem Ton bezeichnete Kreisdekan Prieser die Deutschen Christen in einem Rundschreiben an seine Pfarrer vom Dezember 1935 als „idealistische Religion auf säkularer Grundlage“, die „aus der Lehre von Blut und Rasse erwachsen ist“ und die Volk und Gott nahezu in eins zusammenfasse37. Seine Worte lassen spüren, wie die anfänglichen Hoffnungen in den Nationalsozialismus der Überzeugung wichen, dass sich in Staat, Gesellschaft und Kultur eine mächtige antichristliche Bewegung aufbaue: „Ich brauche keinem meiner Amtsbrüder zu sagen, wie ernst die Lage der Kirche ist. Ihre Grundfesten werden erschüttert. Die Offenbarung des lebendigen Gottes in seinem Wort wird verneint. Die Bibel wird zur Urkunde einer uns volksfremden Religion. Die alten Götter sind aus den Trümmern Walhalls erwacht und feiern Urständ. Der Gegner des Christentums ist nicht mehr der alte Materialismus, der nur verneinen konnte, sondern ein religiöser Idealismus, der seine starken Wurzeln in den Strömungen der Gegenwart hat.“38 Der Konflikt um die Spitalkirche Ein entscheidender Schritt für die Etablierung der Deutschen Christen war, dass sie das Recht erhielten, die Spitalkirche für gottesdienstliche Handlungen zu nützen. Die Spitalkirche gehörte nicht der Evangelischen Kirche, sondern der Hospitalstiftung; das ausschließliche Verfügungsrecht hatte die Stadt Bayreuth inne. Der Stadtrat gewährte den Deutschen Christen auf deren Antrag im Einvernehmen mit der Gauleitung die Nutzung der Kirche. Kurz darauf, am 16. Juni 1935, hielten sie ihren ersten Gottesdienst mit Pfarrer Fuchs aus Ansbach ab, der von etwa 400 Personen besucht wurde. In den folgenden Jahren feierten sie dort zahlreiche Gottesdienste und Abendmahlfeiern, Taufen und Konfirmationen, Trauungen und Beerdigungen. Dekan Wolfart und Kreisdekan Prieser hatten mehrmals schriftlich bei der Stadtverwaltung gegen eine Nutzung der Spitalkirche durch die Deutschen Christen 23 protestiert. So argumentierte Wolfart in einem Protestschreiben an die Stadtverwaltung vom 28. Mai 1935: „Die ‚Deutschen Christen‘ versuchen einen Teil dieser Gemeinde von dem Großteil und von der Leitung der Landeskirche zu trennen, ihre kirchlichen Anschauungen widersprechen […] dem Bekenntnis, das in unserer evangelisch-lutherischen Kirche und deshalb auch in unserer Ortsgemeinde in Geltung steht und herrscht. […] Wir erklären feierlich, daß nicht wir den Frieden in der evangelischen Gemeinde gebrochen haben und hoffen bestimmt von der Stadtverwaltung, daß sie diesen Frieden nicht noch weiter wird zerstören lassen.“39 Die Bayreuther Deutschen Christen wiesen die Vorwürfe Wolfarts jedoch vehement von sich. Der neue Ortsgruppenleiter Dr. Schieder teilte der Stadtverwaltung Bayreuth in einem Schreiben mit: „Die deutschen Christen sind keine Sekte, sondern eine Bewegung innerhalb der ev. luth. Kirche. Die Pfarrer dieser Bewegung haben ihren Diensteid auf das ev. luth. Bekenntnis abgelegt, haben diesen Eid bis heute gehalten u. wollen ihn auch weiter halten. Wir deutschen Christen halten unserem Herrn Reichsbischof, der von der rechtmäßigen Nationalsynode gewählt wurde, die Treue im Gegensatz zu dem Bayr. Herrn Landesbischof, der zw.[ar] den Reichsbischof gewählt hat, aber dann von ihm abgefallen ist. […] Die deutschen Christen sind leider nicht mehr in der Lage, die Gottesdienste der Bekenntnisfront zu besuchen, da die Geistlichen dieser Bekenntnisfront immer u. immer wieder den Gottesdienst zu kirchenpolitischer Hetze mißbraucht haben.“40 Die Bekenntnisgemeinschaft Bayreuth reagierte auf den ersten DC-Gottesdienst in der Spitalkirche am 14.6.1935 mit einer Erklärung, die am folgenden Tag dem Bürgermeister übergeben wurde. Darin heißt es: „Damit ist die Zerreissung unserer Gemeinde zur Tatsache geworden und die ‚Deutschen Christen‘ haben sich auf den Weg der Sektenbildung begeben.“ In der Durchführung eigener Gottesdienste sieht die Bekenntnisgemeinschaft den „Verdacht bestärkt, daß es sich doch […] um eine Erschütterung der biblischen Grundlagen unserer Kirche handelt“. 41 In denselben Tagen schrieb Dekan Wolfart an Prof. Schieder, dass er den aus seiner Sicht „völlig aussichtslosen und uferlosen Schriftwechsel über die Bekenntnisfrage“42 beenden wolle. Er begründete dies mit den Worten: 24 Kreisdekan Prieser – ein unliebsamer Kritiker In den Jahren 1935 bis 1936 nahm der Druck auf die Geistlichen zu. Ein Beispiel ist Kreisdekan Prieser, der aufgrund seiner kritischen Äußerungen mehrfach in Nöte geriet. Im März 1935 wurde gegen ihn Strafanzeige wegen Vergehens gegen das Gesetz über heimtückische Angriffe auf Staat und Partei erstattet und ein Verfahren eingeleitet: „Prieser wird beschuldigt, gelegentlich einer Unterredung mit dem Pfarrer Scherzer von Wilchenreuth […] in Bezug auf den Führer gesagt zu haben, Hitler sei ein entwurzelter Katholik und die Entwurzelten taugten alle nichts.“43 Da Prieser diese Äußerungen bestritt, blieb der Vorfall augenscheinlich ohne weitere Konsequenzen. Doch bereits ein dreiviertel Jahr später kam er erneut in Konflikt mit der Staatsgewalt. Im Dezember 1935 ließ er laut Regierungspräsidentenbericht eine Bittschrift zugunsten der Fürsorgeerziehungsanstalt Jean Paul verbreiten, „in der u.a. die erbbiologischen Gesetze als wissenschaftlich nicht gefestigt hingestellt wurden; die Schrift war zwar mit dem vollen Namen Priesers versehen, entsprach aber im übrigen nicht den Vorschriften des Pressegesetzes; unter erbbiologischen Gesetzen will Prieser die Natur-, nicht die Staatsgesetze gemeint haben.“44 Ein halbes Jahr später, im Sommer 1936, wurde gegen Prieser der Vorwurf erhoben, unsittliche Handlungen an Schülern des Jean-Paul-Stifts begangen zu haben. Prieser kam zunächst in Untersuchungshaft, wurde kurzfristig „wegen Wegfalls der Haftgründe“45 entlassen und kam drei Wochen später nochmals in Schutzhaft. Im September wurde die Anklage schließlich „wegen nachgewiesener Grundlosigkeit“46 aufgehoben und Prieser freigesetzt. Dies löste laut Regierungspräsidentenbericht „in weiten Kreisen der Bevölkerung (nicht nur der Anhänger der Bekenntnisfront) Beruhigung und Freude“47 aus. „Darum wird dieser Kampf nicht zwischen Ihnen und mir und nicht in Bayreuth ausgetragen, sondern muß in der Kirche Deutschlands so lange getragen und durchgerungen werden, bis die Kraft des in seiner göttlichen Reinheit 25 erhaltenen Evangeliums und die Schwäche des durch weltliche Zusätze verdünnten Evangeliums offenbar wird. Mit Hin und her Reden ist da gar nichts getan.“48 In diesen Monaten fand eine Reihe großer Bekenntnisversammlungen und Bekenntnisgottesdienste statt. 49 Als Prediger und Redner traten unter anderem Dekan Wolfart, Pfarrer Klein, Kreisdekan Prieser, Pfarrer Nikolaus Hertrich sowie Pfarrer Theodor Diegritz aus Gesees und Pfarrer Friedrich Loy aus München auf. Ein Beispiel ist die zweite Bekenntnisversammlung im Juni 1935, unmittelbar nach den ersten Gottesdiensten der Deutschen Christen. Dort verabschiedeten die 1400 Teilnehmer einstimmig eine Erklärung, die den Bayreuther DClern die „Zerreissung“ der Gemeinde, „Sektenbildung“ und die „Erschütterung der biblischen Grundlagen“ vorwarf.50 4 Aufschwung und Niedergang der Deutschen Christen (1936-1944) Im Jahr 1936 nahmen die weltanschaulichen Spannungen in Bayreuth nochmals zu. Im Oktober traten Gauleiter Wächtler und sein Stellvertreter Ruckdeschel sowie Kreisleiter Dennerlein aus der evangelischen Kirche aus. In der Folge kam es bis Mai 1937 zum Kirchenaustritt von 97 Erwachsenen. Dekan August Ammon (1936-1945) vermutete in seiner Pfarrbeschreibung, dass damit „Druck auf Angestellte der Partei ausgeübt werden“ sollte. Nach Ammons Darstellung war die Aktion jedoch nur wenig erfolgreich: „Im Kirchenvolk wurde diese Austrittsbewegung abgelehnt, so flaute diese Austrittsbewegung wieder ab.“51 26 Dekan August Ammon Bei der Bayreuther DC-Ortsgruppe, die mittlerweile gut 1000 Mitglieder zählte, machte sich ab 1936 ein Einfluss der Thüringer Richtung der Deutschen Christen bemerkbar, der sich auch Ludwig Müller angeschlossen hatte. Einer ihrer Führer, der in Bayreuth geborene Julius Leutheuser52, kam in diesem Jahr mehrfach zu Gottesdiensten und Versammlungen nach Bayreuth:53 „Die persönlichen Verbindungen nach Thüringen wurden immer herzlicher. Als am 30.5.1936 Gauleiter Wächtler, der Nachfolger Schemms, der aus Thüringen kam, die Zession für Leutheuser zur Taufe seines Sohnes in Bayreuth forderte, wurde sie ihm durch Kreisdekan D. Prieser auch genehmigt. Eine erneute Zession zur Trauung des Bruders des Gauleiters am 5.9.1936 wurde jedoch verweigert.“54 Bald darauf schlossen sich Pfarrer Hoffmann aus Weidenberg und die Bayreuther DC-Ortsgruppe der Thüringer Richtung an. Dies verlieh der Vitalität der Deutschen Christen in Bayreuth enormen Aufschwung: Zum einen wurde Bayreuth Amtssitz des Leiters der Gaugemeinde Bayerische Ostmark, Pfarrer Adolf Daum. Zum anderen erhielt auch die Bayreuther Ortsgruppe mit G. Dencker nun ihren eigenen Pfarrer Thüringer Richtung. In den folgenden zwei Jahren, von April 1937 bis Februar 1939, fanden in Bayreuth zahlreiche Veranstaltungen der Deutschen Christen statt, darunter mehrere Großveranstaltungen: Am 4. Mai 1937 versammelten sich 1800 Anhänger der Nationalkirchlichen Bewegung in der Ludwig-Siebert-Halle (heute: Stadthalle), wo Reichsbischof Ludwig Müller sich für die Einführung des Arierparagraphen in der Kirche aussprach und einen ‚heldischen Jesus‘ verkündete. Der Ablauf der Veranstaltung umfasste laut einem erhaltenen Programmzettel: Festliches Vorspiel, Lesung, Lied „Auf, deutsche Schar“, Lesung, Lied „Kamerad, wer Ehre im Blute hat“, Begrüßung, Lied „Sturmgesang“, Rede des Reichsbischofs, Lied „Es gibt nur eine Parole“, Schlusswort, Lied „Es gibt nur eine Parole“ (4. Strophe), Führergruß, Deutschlandund Horst-Wessel-Lied.55 Eine weitere DC-Großveranstaltung in Bayreuth war die erste Gaugemeindetagung am 5. Dezember 1937. Sie wurde von Pfarrer Dencker mit einer Gottesfeier in der Spitalkirche eröffnet. Die Haupttagung mit etwa 1200 Teilnehmern fand wiederum in der Ludwig-Siebert-Halle statt. Als erstes sprach Ludwig Leutheuser, anschließend DC-Landesbischof Martin Sasse. Leutheuser warnte vor der Gefahr der Konfessionen und ihrer Internationalität und verwies auf die Einigungsbestre27 „Wille und Ziel der Deutschen Christen“ Die Position der Thüringer Deutschen Christen zum Judentum kommt im Flugblatt „Wille und Ziel der ‚Deutschen Christen‘ (Nationalkirchliche Bewegung) e.V.“ zum Ausdruck, das vermutlich im Jahr 1937 in Bayreuth verbreitet wurde. Die Bewegung „sieht in der Aufspaltung des deutschen Volkes in Religionsgesellschaften, Konfessionen und Sekten eine Verleugnung Gottes, nach dessen Schöpferwillen alle Deutschen ein Volk sind. […] Sie bekennt sich vorbehaltslos zur nationalsozialistischen Weltanschauung und zur Totalität des deutschen Lebens, die im Nationalsozialismus gefordert wird: Dienst am Volk ist Gottesdienst!“56 Zur jüdischen Herkunft des Christentums heißt es im selben Dokument: „Die nationalkirchliche Bewegung ‚Deutsche Christen‘ setzt sich ein für die Ueberwindung und Beseitigung alles jüdischen und fremdvölkischen Geistes in den kirchlichen Lehr- und Lebensformen und bekennt sich zum Deutschen Christentum als der artgemäßen Religion des deutschen Volkes. Christus ist nicht Sproß und Vollender des Judentums, sondern sein Todfeind und Ueberwinder.“57 bungen Luthers. Die Tagespresse gab in ihrem Bericht zunächst ihn, dann Sasse wieder: „Dr. Martin Luther habe mit der Reformation schon das deutsche Volk in eine Kirche zusammenfassen wollen […]. […] Jetzt nach 400 Jahren sei wieder ein Zeitabschnitt gekommen, in dem das deutsche Volk geeinigt und das Werk Dr. Martin Luthers, wie er es sich vorgestellt habe, vollendet werde. Anschließend hielt Landeskirchenrat Sasse einen Vortrag über ‚Volk, Kirche und Staat‘. […] Die Parole der deutschen Christen sei: ‚Ein Volk, ein Führer, ein Glaube!‘ Abends tagten die Frauen und die Lehrer.“58 An diesen Aussagen wird deutlich, dass die Deutschen Christen mit der Bekennenden Kirche weiter energisch um den Anspruch konkurrierten, das ‚reine‘ Luthertum zu vertreten. Sie konnten hierbei an Luthers Deutschtum, an seiner Betonung des Gehorsams gegenüber der weltlichen Obrigkeit sowie an seinem religiösen Anti28 29 judaismus anknüpfen. Ein Beispiel für die nationalsozialistische Luther-Rezeption ist eine „Volksausgabe“ von Luthers Schrift Von den Juden und ihren Lügen, die 1937 in dem von Erich Ludendorffs Frau Mathilde geleiteten Ludendorffs Verlag erschien. Die Jahre 1939 bis 1943 zeigen einerseits ein aktives Gemeindeleben der Bayreuther DC-Ortsgruppe, andererseits einen rückläufigen Zuspruch innerhalb der breiteren Bevölkerung. Im Taufbuch der Deutschen Christen sind 1939 14 Taufen, 1943 sogar 43 Taufen eingetragen (inkl. auswärtiger Kinder). Das Traubuch verzeichnet 1940 12 Trauungen, das Bestattungsbuch 10 Bestattungen.59 Allerdings erreichten die Gottesdienste nicht mehr über 120 Teilnehmer60 und auch die Besucherzahlen von DC-Veranstaltungen nahmen laut den Regierungspräsidentenberichten ab 1939 trotz reger Aktivitäten der Ortsgruppe nach. In den Jahren 1942 bzw. 1943 wurden schließlich Pfarrer Dencker und Gaugemeindeleiter Daum zur Wehrmacht eingezogen. Der letzte DC-Pfarrer, Heinz Iwan Wagner, kam im März 1943 nach Bayreuth, kehrte jedoch bereits im Januar 1944 wieder nach Thüringen zurück.61 Somit kamen die organisierten Aktivitäten der Deutschen Christen in Bayreuth zu ihrem Ende. 30 Ablauf einer Gottesfeier 31 DC-Gaugemeindeleiter Daum und die religiöse Überhöhung Hitlers In einem Rundschreiben von DC-Gaugemeindeleiter Adolf Daum an die Mitglieder der DC-Landesgemeinde (vermutlich aus dem Jahr 1940) findet sich ein Beispiel der religiösen Überhöhung Hitlers: „Unwandelbar ist deshalb auch das hingebende Vertrauen des ganzen Volkes zu unserem Führer; so durfte sich noch nie ein Großer in der Geschichte von der Verehrung und Liebe seines Volkes getragen wissen wie er, dessen einmalig begnadete Erscheinung die ganze Nation ergriffen hat. Wir glauben und wissen es: Als Sendling Gottes ist er berufen die Welt von dem finsteren Geist, der sie in den Bann der Selbstsucht und des Hasses, des Goldes und der niedrigsten materialistischen Gesinnung schlug, zu befreien und die Völker zur Wiedergeburt zu führen u. zu erneuern […]. […] Das Denken und Glauben in Konfessionen und religiösen Gruppen geht sicherlich durch diesen Krieg zu Ende; die neue Zukunft Großdeutschlands wird getragen sein von der Glaubenseinheit aller Deutschen. […] In der festen Überzeugung, daß wir als Deutsche Christen den Auftrag zur Vollendung der Glaubenseinigung aller Deutschen erfüllen müssen und werden, bleiben wir untereinander auch jetzt verbunden […]. […] Auf den Opfern des Krieges und den frischen Gräbern der Gefallenen wird für die nächsten tausend Jahre nicht nur das einige Reich, sondern auch die einige Kirche der Deutschen erbaut.“62 5 Theologischer Widerstand der Bekenntnisgemeinschaft (1936-1939) In den Jahren 1936 bis 1937 war auch die Bayreuther Bekenntnisgemeinschaft unter Dekan August Ammon aktiv. Mit Bekenntnisgottesdiensten, Vorträgen und Veranstaltungen zur inneren Mission versuchte man, den Aktivitäten der Deutschen Christen und der allgemeinen Schwächung des christlichen Gemeindelebens entgegenzusteuern. Zum Beispiel wurde als Reaktion auf die oben geschilderte Versammlung der Nationalkirchlichen Bewegung am 4. Mai 1937 ein vom Rüstdienst Bayreuth, Pfarrer Helbig, herausgegebenes Flugblatt über Reichsbischof Müller verteilt und ein Bekenntnisgottesdienst angekündigt. Auf diesem Gottesdienst wurde nach Dekan Ammons Beschreibung „mit großer Klarheit und Deutlichkeit geredet, was nicht ohne Eindruck bei der Gemeinde blieb“.63 32 Polizeiliche Bespitzelung von Gottesdiensten – Pfarrer König, St. Georgen Ein anschauliches Beispiel für die polizeiliche Bespitzelung von Gottesdiensten bietet ein Schreiben des Stadtpolizeiamtes Bayreuth aus dem Jahr 1937 über die Buß- und Bettagspredigt von Pfarrer Leonhard König (St. Georgen). Der Bericht von Kriminalkommissär Lochmüller ist ein minutiöses Protokoll mit Kommentaren zu ‚staatsabträglichen‘ Äußerungen Königs. Es heißt darin unter anderem: „Nach einigen Erläuterungen über die Buße sagte Pfarrer König wörtlich: ‚Es ist eine neue deutsche Weltanschauung in Deutschland aufgekommen, mit der man vor anderen Völkern groß tut: ‚Der deutsche Mensch braucht keine Buße tun.‘ Diesen Satz hat Pfarrer König mit besonderer Betonung gesprochen. Er führte dann aus, daß vor Gott alle Völker gleich seien, daß Gott keine Ausnahme unter den Völkern mache usw. Schon oft habe das deutsche Volk das Wort Gottes freudig in sich aufgenommen, wenn es in großer Not war […]. […] In der Stunde der Anfechtung sei aber immer wieder der Abfall gekommen […]. […] Nach dem Krieg kam die dunkelste und schwärzeste Stunde des deutschen Volkes, Gottlosigkeit trat ein. Und wieder stand das deutsche Volk an einem Abgrund, dann kam das 3. Reich. (kleine Pause und dann mit besonderer Betonung) ‚Antichristentum und Kirchenaustritte.‘ […] In diesem Ton ging es weiter, bis er seine Predigt beendigt hatte. Die Predigt war keine Erbauung am Wort Gottes, sie war eine Kritik am deutschen Volk und an der nationalsozialistischen Weltanschauung. Aufgefallen ist mir auch, daß Pfarrer König in sein Schlußgebet den Führer und Reichskanzler nicht mit einbezog.“ 64 In Ermangelung anderer Kommunikationsmöglichkeiten fällt den Gottesdiensten, wie ein Regierungspräsidentenbericht kritisch feststellte, immer mehr die Funktion zu, „über Vorkommnisse aufzuklären, die in der Presse und in der Öffentlichkeit nicht behandelt werden dürfen“.65 Dies entging, wie bereits das Zitat zeigt, der staatlichen Obrigkeit in keiner Weise: Die Gottesdienste wurden von der Politischen Polizei sowie von Parteifunktionären flächig überwacht, vielfach unterstützt von freiwilligen Denunzianten aus den Gemeinden. Unter den Bayreuther Geistlichen traten bei Bekenntnisgottesdiensten und Vorträgen Dekan Ammon und Oberkirchenrat Sammetreuther sowie die Pfarrer Helmut Kern und Nikolaus Hertrich hervor, dazu kamen auswärtige Pfarrer. 33 In den folgenden Abschnitten werden exemplarisch zwei mutige Stimmen der Bayreuther Pfarrerschaft vorgestellt. Weitere kritische Stimmen sind etwa Wolfgang Niederstraßer (s. Seite 42 f.) sowie Friedrich Seggel, der ab Seite 52 ausführlich vorgestellt wird. Theodor Diegritz – theologische Kritik mit politischen Implikationen Im September 1936 referierte der Geseeser Pfarrer Theodor Diegritz vor der Bekenntnisgemeinschaft Bayreuth über die Thüringer Deutschen Christen. Sein Vortrag, den er noch in mehreren anderen Gemeinden hielt – unter anderem 1938 in Mistelgau – muss reichsweit auf ein enormes Interesse gestoßen sein: Die als Broschüre vertriebene Druckfassung erschien 1937 bereits in der 9. Auflage (151.-200. Tausend). Besonders brisant ist an diesem Vortrag, dass seine Kritik nicht nur den Deutschen Christen gilt, sondern jeglicher religiösen Überhöhung des nationalsozialistischen Staates und der Person Hitlers. Angesichts der quasireligiösen Verklärung und Inszenierung Hitlers auf breiter Ebene, vom Stürmer bis zu den Leni Riefenstahl-Filmen, erweisen sich die Implikationen seiner Kritik als sehr weitreichend. Diegritz zeichnet in seinem Vortrag zunächst an ausführlichen Zitaten detailgetreu nach, wie die beiden Hauptideologen der Thüringer Deutschen Christen, Siegfried Leffler und Julius Leutheuser, in ihren Schriften das deutsche Volk zum ‚zweiten Israel‘ stilisieren, das den ‚Heiland‘ Hitler und seine Offenbarung aufnehme. Anschließend hebt Diegritz zu seiner Fundamentalkritik an: „Göttliches und Menschliches, Geistliches und Weltliches ist hier heillos durcheinandergemischt […]. Aber mit dem Reich Gottes hat dieses ganze große deutsche Geschehen zunächst gar nichts zu tun. Das spielt sich alles ab auf dem Boden des natürlichen Menschen und mit den natürlichen Kräften des Menschen. […] Natürlich hat die Erneuerung Deutschlands wie alles Geschehen auch ihre Bedeutung in dem Plan, nach dem der Herr Christus sein Reich baut und der Vollendung entgegenführt. Aber welche Bedeutung sie darin hat, das weiß kein Mensch. […] Es ist einfach Anmaßung und falsche Prophetie, wenn die Thüringer wissen wollen, daß die Aufrichtung des Dritten Reiches der Deutschen auf jeden Fall ein Durchbrechen und Gestaltwerden des Gottesreiches sei oder werde. Das ist ‚politisches Christentum‘ und das heißt verfälschtes Christentum.“66 34 Nikolaus Hertrich – ‚apokalyptische‘ Kritik an Staat und Kirche Pfarrer Hertrich, 1934 bis 1946 dritter Pfarrer an der Stadtkirche Bayreuth, predigte am 18.04.1937 über die Frage: „Was wird aus unserer Kirche?“. Die Predigt wurde gedruckt, wenige Wochen später jedoch auf richterliche Anordnung hin beschlagnahmt. Als größte Not der Gegenwart prangerte Hertrich in seiner Predigt den selbstherrlichen Menschen an, der „keinen Herrn über sich mehr kennt, keinen Gott und kein Sittengesetz, der frei über sich verfügt nach eigenem Willen“.67 Besonders aber fällt ins Auge, dass Hertrich die Lage der evangelischen Kirche im NS-Staat nicht primär als Erleiden angesichts antichristlicher Kräfte deutet, sondern als Gericht Gottes interpretiert. Dieses Gericht wird der evangelischen Kirche seiner Ansicht nach zuteil, weil sie ihrem Auftrag nicht oder nur mangelhaft gerecht wird, das Evangelium zu verkündigen. Sie müsse nicht weniger tun, als sich von Grund auf zu erneuern. Hierfür aber sei eine Mentalität des passiven Erduldens der Zeit ebenso abträglich wie eine Haltung des lauen Kompromisses mit der herrschenden Macht: „Sollte man da doch nicht etwas nachgeben? Muß Christus so ganz alleiniger Herr sein; muß das alte Testament so unbedingt behauptet werden; muß das rote Tuch ständig gezeigt werden […]? Man bedenke, was sich da alles gewinnen läßt durch vernünftiges Nachgeben! Und die Kirche erspart sich das Kreuz! Das sind Versuchungen […] um den Preis, daß sie nicht mehr ist, was sie sein soll, Kirche des Herrn […].“68 Mit dieser Kritik könnte Hertrich ebenso die Haltung von Teilen der Pfarrerschaft gemeint haben, wie den allgemeinen Anpassungskurs der bayerischen Landeskirche und ihres Landesbischofs. In jedem Fall fordert er in seiner Predigt rückhaltlos, die Kirche dürfe – wie Jesus – „den Widerspruch der Welt nicht scheuen“, auch wenn sie als Folge „als unbrauchbar verworfen und zum größten Feind des Volkes gestempelt“ werde und womöglich von einer Volkskirche zu einer verborgenen Sektenkirche werden müsse. Letztlich muss Kirche nach Hertrich bereit sein, um der Verkündigung des Evangeliums willen das Martyrium auf sich zu nehmen. In seinen Worten: „Der Herr […] hat es getragen, daß er gehaßt wurde, und er verlangt von seinen Jüngern und von seiner Kirche, die in seinem Dienste stehen, dasselbe.“69 35 Pfarrer Nikolaus Hertrich Begründet wurde die Anordnung zur Beschlagnahmung von Hertrichs Predigt übrigens mit einem Formfehler: Der Name und die Anschrift des Drukkers waren in der Broschüre nicht angegeben worden. Was die eigentlichen Motive der staatlichen Obrigkeit für die Beschlagnahmung derartiger Predigttexte gewesen sein dürften, lässt sich einem Schreiben des Reichssicherheitshauptamtes an die GestapoStaatspolizeistelle Nürnberg-Fürth aus dem Jahr 1940 entnehmen. In dem Schreiben wird die Anordnung begründet, eine Broschüre des FreimundVerlags Neuendettelsau mit dem Titel „Der Kirche Not und Herrlichkeit“ zu beschlagnahmen. Diese Gründe hätten in vollem Umfang auch gegen die drei Jahre zuvor beschlagnahmte Predigt Hertrichs vorgebracht werden können: „Die Schrift ist wegen ihrer Grundtendenz, die ‚Kirche in der Verfolgung‘ als die allein wirkliche Kirche Christi darzustellen und somit im Leser den Wunsch nach einem Martyrium der Kirche und ihrer Anhänger wachzurufen, bedenklich. Eine Reihe von Aussprüchen in dieser Schrift können und müssen auf die heutige Lage der evangelischen Kirchen bezw. der Bekenntnisfront bezogen werden. Schließlich wird in untragbarer Weise der Kirche der Vorrang im gesamten Leben zuerkannt.“70 6 Angst vor dem Ende der Volkskirche (1939-1943) Ab 1937 trat an die Stelle des Kirchenkampfes, d.h. der Auseinandersetzung zwischen Bekennender Kirche und Deutschen Christen, zunehmend der Kampf der evangelischen Kirche um ihr Überleben im nationalsozialistischen Staat. Mit Kriegsbeginn 1939 verschärfte sich die Situation weiter, da der Krieg die Kirche personell und materiell71 massiv schwächte und ihre Handlungsspielräume und 36 Kommunikationsmöglichkeiten weiter reduzierte. Trotz dieser Lage warnte ein kurz nach Kriegsbeginn verfasstes internes Dokument die Bayreuther Geistlichen eindringlich davor, sich für einen politisch opportunen Kriegsoptimismus instrumentalisieren zu lassen: „Wir wollen uns hüten den da und dort auftauchenden Optimismus in unserm Volk auch unsererseits zu nähren. […] Wir haben den Ernst der Heimsuchung Gottes zu sehen. […] Hüten wir uns vor der Predigt eines allgemeinen Gottvertrauens, das auf die säkulare Stimmung herauskommt: ‚Es wird schon alles wieder recht werden.‘ Vertrauen auf den lebendigen Gott bedeutet allerdings auch nicht Menschen verachten. Wir haben Gott noch nicht verherrlicht, wenn wir uns beschimpft haben. Gott vertrauen bedeutet Gehorsam, Einkehr, Umkehr.“72 In den folgenden Jahren spitzte sich die Zeitdeutung der Bayreuther Geistlichen immer mehr zu: Dekan Ammon skizzierte in einem Referat im März 1940 die Gefahr eines Endes der Volkskirche und einer Verdrängung des christlichen Glaubens „aus Raum und Zeit“.73 Ein Teilnehmer der Dekanatskonferenz am 4. und 5. Juni 1941 fügte dieser Perspektive eine düstere Diagnose der inneren Gespaltenheit der Kirche hinzu: „Es wird das Leben der Kirche unterirdisch weitergehen müssen. […] Die Grenze des Antichristen läuft durch die Kirche hindurch.“74 Und im Pfarrbrief vom 10. Dezember 1941 wird schließlich eine explizit apokalyptische Gegenwartsdeutung nahegelegt: „Das große Geschehen, in dem wir stehen, weitet sich aus zu einem Weltgeschehen, wie es die Weltgeschichte nicht kennt. Wir finden solche Ausmaße nur noch im prophetischen Wort der Schrift, im Wort des Herrn und dürfen glauben, daß mitten in diesen Ereignissen Sein Reich näher und näher rückt und Er selbst, der König der Welt.“ 75 Einschränkungen kirchlichen Lebens Die Einschränkungen, unter denen das christliche Leben in Bayreuth in diesen Jahren zu leiden hatte, waren vielfältiger Art. Schon vor Kriegsbeginn war die Kirche massiv in ihren Kommunikationsmöglichkeiten beschnitten worden: Bereits 1936 waren die evangelischen Sonntags- und Gemeindeblätter reichsweit dem Propagandaministerium unterstellt worden. Im Jahre 1941 nun hatte man in Bayreuth 37 wie im ganzen Reich die vollständige Einstellung der kirchlichen Presse zu beklagen.76 Hinzu kam das Verbot, kirchliche Druckschriften ins Feld zu schicken, was die Militärseelsorge massiv beschnitt. Auch Vervielfältigungsapparate und Schreibmaschinen wurden immer wieder konfisziert. Vor allem aber machte die zunehmende Zahl eingerückter und gefallener Pfarrer die Versorgung der Kirchengemeinden in den Kriegsjahren immer schwieriger. Während Landesbischof Meiser 1942 predigte, dass „jedermann durch Unterstützung des Staates zum Endsieg beitragen muß“77, legte der Kirchenvorstand der Bayreuther Stadtkirche im Jahr 1943 eine ernüchternde Zwischenbilanz vor: „Vom Kirchenkreis Bayreuth sind 176 Pfarrer eingezogen, 24 gefallen, 7 im Laufe des Krieges gestorben = 207“. Von den derzeit vorhandenen Pfarrern, so heißt es im Kirchenvorstandsprotokoll weiter, „werden in der nächsten Zeit 50 eingezogen“.78 Als erste Konsequenz dieser Verluste musste die Zahl der wöchentlichen Gottesdienste stark reduziert werden. Zur Kompensation des Pfarrermangels bemühte man sich nun um die verstärkte Einbindung von Laien: Die Kirchenleitung führte 1940 das Amt des Lektors ein, der „wenn möglich aus den Reihen der K.[irchen] Vorsteher genommen werden soll“. 79 Für Bayreuth ist 1943 ein Lektorenkurs mit 24 Teilnehmern dokumentiert, die die Gemeinden versorgen sollten.80 Zudem sollten für den Religionsunterricht in den unteren Klassen „Katecheten aus dem Laienstand zur Hilfe kommen“81. So wurden in Bayreuth im Jahr 1943 laut Kirchenvorstandsprotokoll „zunächst Fräulein Hermine Renner und Fräulein Elisabeth Joos für Religionsunterricht an der Volksschule zur Verfügung gestellt“.82 Der Einsatz von Laien für den Religionsunterricht hing zusammen mit der großen Sorge, dass die junge Generation dem christlichen Leben ganz verloren gehen könnte. Im Abriss einer christlichen Sozialisation der Jugend in Schule, Elternhaus und Kirchengemeinde aber sah man den Anfang vom Ende der Volkskirche. Ein konkreter Anlass für diese Sorge war, dass der Religionsunterricht seit der Umwandlung der Bekenntnisschulen in Gemeinschaftsschulen in allen Schularten sukzessive reduziert oder eingestellt worden war. So klagte der Kirchenvorstand 1940: „Bei der Einführung der Gemeinschaftsschulen vor 2 Jahren sagten damals die Redner in den Gemeinden, der Religionsunterricht solle in der Gemeinschaftsschule in demselben Maß erteilt werden wie bisher in der Bekenntnisschule. Statt 5 Religionsstd. wöchentlich in der Klasse nur noch eine.“83 38 Auch in den Volksschulen wurde der Religionsunterricht gekürzt. In der 1. bis 3. Klasse wurde er auf zwei Wochenstunden, in der 4. Klasse auf eine Wochenstunde reduziert, für die 5. bis 8. Klasse ganz gestrichen. Daneben wurde es immer schwerer, Jugendliche in die Kirchengemeinde einzubinden. Einen Grund sah der Kirchenvorstand darin, dass die Jugend durch die NSJugendorganisationen häufig am Gottesdienstbesuch gehindert und somit von ihm entwöhnt werde. Als weiterer Grund wurde angeführt, dass sich „Zucht und Sitte in der Familie lockern“ und die häusliche Andacht kaum mehr gepflegt werde.84 In noch deutlicherer Formulierung benannte Dekan Ammon in einem Referat über die Möglichkeiten einer evangelischen Gesamtunterweisung als grundlegendes Problem, dass „Staat, Volk, Öffentlichkeit, Kirche, Schule und Familie“ sich nicht „gegenseitig fördern und unterstützen“, sondern „die Erziehungsmächte gegeneinander kritisch eingestellt sind und zu verschiedenen Erziehungszielen neigen“. 85 Die „antichristliche Beeinflussung“ setze, so Ammon, sofort ein, „wenn das Kind den Kreis des Elternhauses verläßt“. Als Beispiel führt er aus, dass Schüler vom Lehrer Material bekamen, „um den Pfarrer im Religionsunterricht anzugreifen“ oder Konfirmanden das Vaterunser nicht mehr beten wollen, „denn es sei ein jüdisches Gebet“. Schließlich bewertet Ammon den Erfolg des in Bayern noch möglichen schulischen Religionsunterrichts als schrumpfend: Wenn „z.B. die Familie zu Hause sich um die Religion nicht kümmert“, komme dies einer „praktische[n] Leugnung des Christentums“ gleich. Aufgrund dieser Diagnosen bemühten sich die Geistlichen intensiv darum, die Bayreuther Jugend zu erreichen. Pfarrer Rüdel und Dekan Ammon boten freiwilligen Religionsunterricht in kirchlichen Räumen an. Daneben hielten sie, wie auch Pfarrer Uhrhan, ab 1938 monatliche Jugendgottesdienste, zu denen alle Jugendlichen bis 16 Jahren jeweils schriftlich eingeladen wurden. Weitere Angebote für Jugendliche waren Mädchen- und Jungenbibelkreise, Gottesdienste des bayerischen Landesjugendpfarrers Riedel und verdeckt organisierte Jugendfreizeiten (siehe dazu die Porträts der Kinder und Jugendlichen ab Seite 88). Angst, zu sprechen – das Beispiel Pfarrer Uhrhans In den vergangenen Abschnitten konnten einige Bayreuther Pfarrerpersönlichkeiten vorgestellt werden, die den Mut hatten, sich öffentlich kritisch gegenüber dem nationalsozialistischen Staat und seiner Ideologie zu äußern. Ihnen soll in diesem Abschnitt der Fall eines Pfarrers gegenübergestellt werden, der vielleicht exemplarisch für viele andere steht: Pfarrer Uhrhan schwieg aus Angst um sich und sei39 ne Familie zu den Verbrechen der Deutschen an den Juden, anstatt seinem Gewissen zu folgen und seine Stimme zu erheben. Pfarrer Heinrich Uhrhan war ab 1936 Pfarrvikar an der Lutherkirche in Worms. 1938 wechselte er nach Bayreuth, wo er bis 1941 als Hilfsgeistlicher und anschließend bis 1945 als dritter Pfarrer in St. Georgen tätig war. Der Grund für diesen Wechsel war ein von der Gestapo in Worms verhängtes Rede- und Predigtverbot; zudem hatten die Deutschen Christen veranlasst, dass die Finanzierung seiner dortigen Stelle eingestellt wurde.86 Wie war es dazu gekommen? Als junger Mann war Uhrhan vom Nationalsozialismus zunächst angetan Heinrich Uhrhan in RAD-Uniform gewesen und Mitglied der SA geworden, doch dann hatte sich seine Orientierung gewandelt und er wurde Mitglied der Bekennenden Kirche. In seinen autobiographischen Notizen hält er dazu rückblickend fest: „Am Nationalsozialismus war am Anfang vieles gut. Darum bin ich auch in die S.A. eingetreten und in den Freiwilligen Arbeitsdienst gegangen. Aber der Nationalsozialismus wollte dann den christlichen Glauben abschaffen durch den Glauben an das ewige Deutschland und die Weltsendung der arischen Rasse ersetzen und dazu kann ein Pfarrer nicht schweigen, auch wenn es zum Leiden geht. […] durch die Bemühungen meines Freundes Link kam ich dann am 15. Mai [1938] nach Bayreuth. Bis dahin hatte ich tags und nachts viel Angst, in ein Konzentrationslager gebracht zu werden.87 40 In seiner Abschiedspredigt an der Ev. Dreifaltigkeitsgemeinde in Worms schildert Pfarrer Uhrhan 1980 im Alter von 70 Jahren88 eindringlich, wie er in Bayreuth durch einen Soldaten von den Gräueltaten der Deutschen an polnischen Juden erfuhr und wie er aus Angst um sich und seine Familie schwieg, anstatt diese Verbrechen öffentlich anzuprangern: „Als ich Pfarrer in Bayreuth war, kam eines Sonntags – es mag 1943 oder 1944 gewesen sein – in den Gottesdienst ein SS-Offizier in Uniform, Pfr. Martin Niemöller und Pfr. Heinrich Uhrhan der mir unbekannt war und auch unbekannt blieb und der bei der Predigt so ganz anders zuhörte, als man es von den gefürchteten Spitzeln der Gestapo gewohnt war. Nach dem Gottesdienst schilderte er mir in der Sakristei, wie sie auf schreckliche Weise in Polen Unmengen von jüdischen Männern, Frauen, Jugendlichen und Kindern umgebracht hätten und wie diese schrecklichen Bilder ihn Tag und Nacht verfolgten, sodaß er nicht mehr schlafen könne. Dann kniete der Offizier vor mir nieder und weinte wie ein Kind und sagte: ‚Herr Pfarrer, mit diesen Bildern kann ich nicht mehr leben; helfen Sie mir‘! Damals, als in unserer Kirche manche altkirchlichen Melodien eingeführt wurden, hatte der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer mit Recht gesagt: ‚Altkirchliche Melodien zu singen hat nur der ein Recht, der für die Juden schreit‘. Am folgenden Sonntag habe ich auf unserer Kanzel nicht für die Juden geschrien, sondern über das, was ich nun wußte, geschwiegen aus Angst um mein Leben, aus Sorge um meine Frau und unsere drei kleinen Kinder und aus Verantwortung gegenüber dem Offizier, der bei mir gebeichtet hatte.“89 41 Pfarrer Wolfgang Niederstraßer und sein Weg ins KZ Der Vollständigkeit halber soll unser Forschungsbericht durch ein Porträt des Warmensteinacher Pfarrers Wolfgang Niederstraßer ergänzt werden. Es stützt sich auf eine Studie des Kirchenhistorikers Björn Mensing.90 Niederstraßer trat 1940 seine erste Pfarrstelle in Warmensteinach an. Schon zuvor, als er in Thundorf (Unterfranken) eine Pfarrstelle vertreten hatte, war er mit der NSDAP in Konflikt geraten, da er am Jahrestag des Hitlerputsches die Kirche und das Pfarrhaus nicht beflaggt hatte. In Warmensteinach nun fiel er immer wieder durch kritische Anspielungen auf das NS-Regime auf, auch verwendeten er und seine Frau den Hitlergruß nicht mehr. Konkrete Gesetzesverstöße konnten ihm jedoch zunächst nicht nachgewiesen werden. Ab 1942 kam Niederstraßer jedoch zunehmend in Schwierigkeiten. Zunächst wurde gegen ihn Strafanzeige wegen Vergehens gegen das Heimtückegesetz erhoben, aufgrund der schwachen Beweislage blieb es jedoch bei einer Verwarnung. Eine weitere Verwarnung handelte er sich ein, weil er das Verbot der Versendung von Feldpostbriefen an Wehrmachtsangehörige zu umgehen versuchte, indem er Gemeindeglieder bat, ein seelsorgerliches Rundschreiben an ihre Angehörigen an der Front zu senden. Ausschlaggebend für die folgende Strafverfolgung war jedoch eine Predigt im Juni 1942, in der er offen die Verdrängung der Kirche aus dem öffentlichen Leben anprangerte.91 Als erste Konsequenz wurde Niederstraßer im November 1942 die Zulassung zum Religionsunterricht an staatlichen Schulen entzogen. Darüber hinaus wurde gegen ihn beim Sondergericht Bayreuth Strafanzeige erstattet. Im Februar 1943 wurde Niederstraßer zum Kriegsdienst einberufen, im Dezember desselben Jahres wurde das Verfahren gegen ihn eingestellt. Ende 1944 wurde das Verfahren jedoch überraschend wieder aufgegriffen. Niederstraßer, zu der Zeit in Norwegen eingesetzt, wurde aus der Wehrmacht ausgestoßen, der Gestapo übergeben und in Nürnberg inhaftiert. Intensive Bemühungen der bayerischen Landeskirche um Haftentlassung blieben erfolglos. Am 12. April 1945 wurde Niederstraßer schließlich in das Konzentrationslager 42 Dachau überführt. Sein weiteres Schicksal bis zum Kriegsende fasst Mensing wie folgt zusammen: „Bei den Todesmärschen im Rahmen der Räumung des Konzentrationslagers Dachau vor der herannahenden Front Ende April 1945 sollte auch Niederstraßer noch Richtung Alpen getrieben werden, konnte aber in der Nähe von Wolfratshausen Anfang Mai freikommen. Zu Fuß machte er sich auf den Heimweg. Am 14. Mai 1945 meldete er sich bei Kreisdekan Bezzel in Bayreuth zum Wiederantritt seiner Pfarrstelle.“ 92 7 Ein eigenes Kapitel: Die Deutsche Glaubensbewegung Wie umkämpft das religiös-ideologische Feld in Oberfranken während des Nationalsozialismus war, zeigt sich auch an der Präsenz von zwei neugermanischen Bewegungen in Bayreuth. Dies sind zum einen die Ludendorff-Bewegung (Bund für Deutsche Gotterkenntnis), die nur kurzfristig in Bayreuth und Hof in Erscheinung trat93, und zum anderen die Deutsche Glaubensbewegung. Die Spuren, welche letztere in den Jahren von 1934 bis 1937 und womöglich auch darüber hinaus in Bayreuth hinterließ, sollen abschließend kurz nachgezeichnet werden. Die Deutsche Glaubensbewegung strebte danach, eine neue, arisch-germanische Religion auf der Grundlage von Blut und Rasse zu errichten. Sie stand unter der Führung des Tübinger Indologen Jakob Wilhelm Hauer sowie des Schriftstellers und Politikers Ernst Graf zu Reventlow. Mitte der 1930er Jahre umfasste die Deutsche Glaubensbewegung reichsweit etwa 40.000 Mitglieder.94 In Oberfranken wurden ihre ersten Aktivitäten im Jahr 1934 registriert,95 für den Zeitraum von Ende 1936 bis Ende 1937 finden sich dann zahlreiche Hinweise auf Vorträge und Versammlungen von lokalen Vereinigungen in Hof, Naila, Bayreuth und Bamberg. In Bayreuth formierte sich bereits im Jahr 1934 eine Ortsgemeinde, die sich wöchentlich traf. Das Bayreuther Tagblatt vom 05.12.1934 veröffentlichte eine Anzeige der Deutschen Glaubensbewegung, die zur wöchentlichen Zusammenkunft einlud96. 43 Ab 1936 trat die Ortsgruppe durch rege Aktivitäten hervor. Wiederholt erwähnen die Regierungspräsidentenberichte kleinere Veranstaltungen, z.B. eine Morgenfeier mit dem Dichter Georg Stammler am 2. Februar 1936 in der Aula des Gymnasiums (heute: Gymnasium Christian-Ernestinum).97 Darüber hinaus kamen mehrfach überregionale Vertreter der Bewegung zu Veranstaltungen nach Bayreuth. Ein Beispiel ist der Vortrag von Rudolf Hammer aus Jena mit dem Titel „Deutsche oder christliche Weltauffassung“, der vermutlich im Jahr 1937 stattfand. 98 Anwesend waren laut einer Vortragsmitschrift „etwa 60 Personen, davon 33 Braune Schwestern99, wie es scheint aus Niederbayern und zur Zeit zu einem Kurs in Bayreuth zusammengezogen“ sowie ein Soldat und vier Ortsfremde aus Weiden.100 Die Mitschrift macht in kompakter Weise deutlich, wofür die Deutsche Glaubensbewegung steht: „Für uns ist und bleibt Jesus ein Jude. Wir kriechen nicht auf den Leim eines arischen Christus, und deshalb halten wir den für einen Schweinehund, der 6 Tage Nationalsozialist ist und am 7. dem Wüstengott Jahve dient. […] 1. Der Dtschgl. nimmt die germanische Rasse zur Grundlage. Das Blut ist ihm heilig. […] 2. Der Dtschgl. ist eine Wirklichkeitsreligion, kein Dogma. Wir kennen keine höhere Aufgabe, als an unserem Platz unsere Pflicht zu erfüllen. […] Wir wollen Deutschland entchristlichen und damit führen wir den Volksgenossen erst zu Deutschland. […] 3. Dtschgl. ist Schicksalsglaube. Wir sagen Ja zu diesem Schicksal. […] Wir verzichten herzlich gern auf die Erlösung – zuerst kommt das Volk. Der Tod gehört für uns einfach zum Rhythmus des Lebens (Edda). […] Sünde, dieser Begriff ist für uns widerlich, völlig unerträglich die Erbsünde! Der Erlöser heißt für uns auf keinen Fall Christus sondern Adolf Hitler.“101 44 Ende 1937 wurde es in Bayreuth ruhig um die Deutsche Glaubensbewegung. Nachdem der Regierungspräsidentenbericht im Juni des Jahres noch meinte, die Bewegung gewinne in Bayreuth Boden102, notierte er im Oktober: „Die Ortsgruppe Bayreuth soll wegen Unstimmigkeiten in der Ortsgruppenleitung zerfallen sein. Neubau soll versucht werden.“103 Nach 1937 finden sich dann keine Hinweise mehr auf Aktivitäten in Bayreuth. Allerdings zeigt ein Zwischenfall aus dem Jahr 1941, dass das Gedankengut der Deutschen Glaubensbewegung weiterhin in Umlauf war und Verbreitung fand: In der Nacht vom 20. auf den 21. September wurde von Unbekannten an der Stadtkirche und an Bayreuther Häusern ein Flugblatt mit dem Titel „Schlafende Spießer, erwachet!“ angeschlagen. Darauf stand ein Gedicht zu lesen, das unter anderem folgende Verse enthielt: „Die Zeit verging, der Pfaffe blieb / dem Volk die Seele zu rauben / Und ob er’s römisch ob lutherisch trieb / Er lehrte den jüdischen Glauben. // Doch sind die Zeiten des Kreuzes vorbei / Das Sonnenrad will sich erheben / Nun werden durch Gott wir endlich frei / Dem Himmel die Ehre zu geben.“104 Entnommen sind diese Zeilen einem Lied des Arztes, Rasseideologen und Dichters Lothar Stengel von Rutkowski. Er war ein Mitglied des Führerrats der Deutschen Glaubensbewegung und ein langjähriger Wegbegleiter Jakob Wilhelm Hauers. 8 Schlussbemerkung Die Absicht des vorliegenden Kapitels war es, die Lage der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayreuth während des Nationalsozialismus anhand historischer Dokumente zu rekonstruieren. Diese Lage stellte sich als ein weltanschaulich-religiöser Kampf dar, an dem neben den staatlichen und politischen Organen vor allem die Bekenntnisgemeinschaft und die Deutschen Christen, sowie in weiterer Perspektive auch die Deutsche Glaubensbewegung beteiligt waren. Für manche Leser mag sich am Schluss dieses Kapitels die Frage stellen, wie das Verhalten der EvangelischLutherischen Kirche in Bayreuth zu bewerten sei. Hier muss der Autor leider enttäuschen: Eine derartige Gesamtbewertung des (vorläufigen) Forschungsbefundes liegt nicht im Rahmen seiner Absichten und Möglichkeiten. Das Kapitel will – wie die gesamte Publikation – den Forschungsstand um einen eigenständigen Beitrag erweitern und den Leserinnen und Lesern Grundlagen für ein differenziertes Ver45 ständnis und eine eigenständige Urteilsbildung anbieten. So kann an dieser Stelle nur eine kurze Bilanz gezogen werden. Für die Frühphase des Nationalsozialismus kann angenommen werden, dass unter der Bayreuther Pfarrerschaft insgesamt eine positive Haltung zu Hitler und seinem Regime überwog. Ab 1935 spaltete sich der lutherische Protestantismus in Bayreuth in die antagonistischen Lager der Bekenntnisgemeinschaft und der Deutschen Christen. Die Bekenntnisgemeinschaft stemmte sich gegen eine Eingliederung der bayerischen Landeskirche in die neu gegründete Reichskirche und setzte sich für eine ,Reinhaltung‘ des Luthertums ein. Sie betonte aber auch wiederholt ihre Staatstreue und Loyalität zu Hitler. In den Kriegsjahren trat an die Stelle des Weltanschauungskampfes die schiere Angst ums Überleben: Pfarrer und Laien kämpften in diesen Jahren gemeinsam darum, trotz massiver Einschränkungen und Bedrohungen ein Gemeindeleben aufrechtzuerhalten, während man die akute Gefahr einer Verdrängung und Auslöschung des lutherischen Christentums vor Augen hatte. Die sensationelle Entdeckung einer heroischen Bayreuther Fundamentalopposition gegen den Nationalsozialismus und einer öffentlichen Anprangerung seiner Verbrechen und Greueltaten blieb in diesen unseren Befunden aus. Bei genauerem Hinsehen entdeckten wir jedoch eine Reihe eindrucksvoller Beispiele, wo Bayreuther Geistliche vom Gemeindepfarrer bis zum Kreisdekan sich kritisch und mutig gegenüber der Ideologie und den Organen des NS-Staates geäußert oder verhalten haben. So fand sich in kirchlichen Rundschreiben und Predigttexten wiederholt eine Verurteilung der herrschenden gesellschaftlichen und kulturellen Kräfte und eine zwar implizite, aber dennoch deutliche Brandmarkung des NS-Regimes als Unrechts- und Unheilsstaat. Würde nun jemand weiterhin auf der Frage nach der Bewertung beharren, so lautete meine versuchsweise, doppelte Antwort: 1. Jeder Ansatz, das Verhalten der Bayreuther Geistlichen im Nationalsozialismus am Maßstab einer Idealvorstellung religiösen oder politischen Widerstandes zu bewerten, müsste zugleich das akute Risiko und die manifesten Konsequenzen berücksichtigen, die bereits mit diesen Äußerungen und Taten verbunden waren. 2. Diesseits der Sphäre wissenschaftlicher Neutralität bleibt die große Frage der nachfolgenden Generationen bestehen, warum die Bayreuther Pfarrer sich nicht mutiger gegen den nationalsozialistischen Staat erhoben haben. Die wichtige moralische Forderung, die mit dieser Frage verbunden ist, darf jedoch nicht bloß als Anklage an die Vergangen46 heit formuliert werden. Sie ist vielmehr als positive Aufforderung und Selbstermahnung in die Gegenwart und die gemeinsam zu gestaltende Zukunft hineinzutragen. 1 Nicolaisen, Nationalsozialistische Herrschaft, S. 300. 2 Der Begriff ‚Deutsches Christentum‘ geht vermutlich auf den völkischen Literaturhistoriker Adolf Bartels zurück, der 1917 mit dem Dresdener Kirchenrat Ernst Katzer und Hans Freiherr von Wolzogen die Schrift Deutsch-Christentum auf rein evangelischer Grundlage. 95 Leitsätze zum Reformationsfest 1917 herausgab. „Darin wurde die Herauslösung der Gestalt und Lehre Jesu aus der ‚zeitgeschichtlich-jüdischen Einkleidung‘ verlangt. Die rassistische Stoßrichtung des Programms lässt sich an der 6. These erkennen, in der von den ‚verderblichen Wirkungen der Blutmischung‘ die Rede ist.“ (Sievers, Kraftwiedergeburt, S. 128) 3 Friedrich von Bodelschwingh der Jüngere (1877-1946), Sohn des gleichnamigen Begründers der Von Bodelschwinghschen Anstalten Bethel, deren Leitung er 1910 übernahm; Mitglied der Bekennenden Kirche. 4 Nicolaisen, Nationalsozialistische Herrschaft, S. 302. 5 Nicolaisen, Nationalsozialistische Herrschaft, S. 316. 6 Vgl. Mensing, Pfarrer, S. 27. 7 Vgl. Mensing, Pfarrer, S. 92. 8 Vgl. Mensing, Pfarrer, S. 102. 9 Vgl. Kittel, Mentale Machtergreifung, S. 24. 10 Archiv Bayreuth Stadtkirche 596, Kirchenvorstandsprotokoll vom 23.03.1933, S. 142, Hervorhebung im Original. – Unklar bleibt, ob es sich dabei um Hakenkreuzfahnen oder die Fahne der 1848er Revolution und damit des Kaiserreiches handelte. In jedem Fall wurde damit eine Abkehr von der Weimarer Republik bekundet. 11 Evangelisches Gemeindeblatt Bayreuth Nr. 4 (1933), S. 28. 12 Archiv Bayreuth Stadtkirche 596, Kirchenvorstandsprotokoll vom 17.07.1933, S. 144. 13 Archiv Bayreuth Stadtkirche 605, Pfarrbeschreibung von Wolfart „Der Kirchenkampf“. 14 LAELKB, BayD Bayreuth 383b, Nr. 19, Typoskript „Ausschnitt aus der Predigt des 1. Pfarrers Kelber“, Hervorhebung im Original. 47 15 LAELKB BayD Bayreuth 383b, Brief des Ev.-Luth. Landeskirchenrats vom 13.11.1933 an den Ev.-Luth. Kreisdekan in Bayreuth, gez. v. D. Meiser. 16 LAELKB, BayD Bayreuth 383b, Nr. 21. Brief des evang.-luth. Landeskirchenrates an den evang.-luth. Kirchenvorstand St. Georgen vom 09.12.1933 17 LAELKB BayD Bayreuth 383b, Nr. 22, Brief an den Herrn Stadtkommissär, Bayreuth vom 21.12.1933, betr. Politisches Verhalten des Pfrs. Kelber. 18 Ebd. 19 Kneule, Kirchengeschichte, S. 159. 20 Bergen, Die ‚Deutschen Christen‘, S. 553. 21 Witetschek, Die kirchliche Lage, Bericht des Regierungspräsidenten von Oberfranken vom 09.10.1934, S. 36. – Bei den Regierungspräsidentenberichten, aus denen im folgenden mehrfach zitiert wird, handelt es sich um die vertraulichen, regelmäßigen Berichte der Regierung von Ober- und Mittelfranken an die bayerischen Staatsministerien und das Reichsinnenministerium. Sie „stützen sich auf die regelmäßige Berichterstattung und die besonderen Ereignismeldungen der ober- und mittelfränkischen Bezirksämter sowie der Polizeidirektionen Nürnberg-Fürth und Hof, die ihrerseits auf Meldungen der Gemeinden, Gendarmeriestationen und Polizeireviere zurückgriffen“ (Witetschek, Die kirchliche Lage, S. XIX). 22 Witetschek, Die kirchliche Lage, Regierungspräsidentenbericht vom 09.11.1934, S.39. 23 LAELKB BayD Bayreuth 26, Schreiben Priesers an die Geistlichen des Kirchenkreises Bayreuth v. 28.01.1935. 24 Archiv Bayreuth Stadtkirche 605, Pfarrbeschreibung von Wolfart „Der Kirchenkampf“. 25 Ebd. 26 Vgl. auch die kurz nach Meisers Verhaftung geschriebene Erklärung der Evangelischen Kirchengemeinde von St. Georgen, gezeichnet von Major a.D. Theodor Rose und Pfarrer Leonhard König (Stadtarchiv Bayreuth 4308). 27 Alle Zitate aus: Prieser, Predigt, S. 6. 28 Archiv Bayreuth Stadtkirche 605, Pfarrbeschreibung von Wolfart „Der Kirchenkampf“. 29 Vgl. Stadtarchiv Bayreuth 8584, Lagebericht des Oberbürgermeistes der Stadt Bayreuth für die Zeit vom 1. mit 30. April 1935. 30 Archiv Bayreuth Stadtkirche 605, Schreiben Wolfarts an den Landeskirchenrat vom 07.05.1935. 48 31 Archiv Bayreuth Stadtkirche 605, Pfarrbeschreibung von Wolfart „Der Kirchenkampf“. 32 LAELKB BayD Bayreuth 26, Nr. 23, unsignierter Rundbrief im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft nationalsozialistischer Pfarrer vom 26.07.1933. 33 Vgl. Mensing, Pfarrer, S. 120. 34 LAELKB BayD Bayreuth 27, Brief Wolfarts vom 07.05.1935. 35 Oberfränkische Zeitung vom 06.05.1935, Art. „Evang. Bekenntnisversammlung“. 36 Stadtarchiv Bayreuth 4308, Zeitungsartikel „Aufklärung in der Kirchenfrage“, aus: Bayerische Ostmark vom 07.05.1935. 37 LAELKB BayD Bayreuth 26, Rundschreiben Priesers an die Geistlichen des Kirchenkreises Bayreuth vom 27.12.1935. 38 Ebd. 39 Stadtarchiv Bayreuth 18707, Schreiben des Evang.-luth. Pfarramtes Bayreuth an die Stadtverwaltung Bayreuth v. 28.5.1935. 40 Stadtarchiv Bayreuth 18707, Schreiben Schieders an die Stadtverwaltung Bayreuth vom 08.06.1935. 41 Stadtarchiv Bayreuth 18707, Erklärung der Bekenntnisgemeinschaft Bayreuth. 42 LAELKB BayD Bayreuth 27, Schreiben Wolfarts an Schieder vom 06.06.1935. 43 Stadtarchiv Bayreuth 8584, Lagebericht des Vorstands des Stadtrats Bayreuth für die Zeit vom 1. mit 31. März 1935. – Vgl. dazu auch Witetschek, Die kirchliche Lage, Regierungspräsidentenbericht vom 09.04.1935, S. 53-54. 44 Witetschek, Die kirchliche Lage, Regierungspräsidentenbericht vom 09.01.1936, S. 69-70. 45 Witetschek, Die kirchliche Lage, Regierungspräsidentenbericht vom 06.08.1936, S. 103-104. 46 Archiv Bayreuth Stadtkirche 605, Pfarrbeschreibung Wolfarts „Der Kirchenkampf“. – Vgl. Witetschek, Die kirchliche Lage, Regierungspräsidentenbericht vom 08.07.1936, S. 101. 47 Witetschek, Die kirchliche Lage, Regierungspräsidentenbericht vom 6.10.1936, S. 113. 48 LAELKB BayD Bayreuth 27, Schreiben Wolfarts an Schieder vom 06.06.1935. 49 Ein Regierungspräsidentenbericht hält dazu fest: „Am 6. September wurde in allen Kirchen eine Kundgebung des Evang.-Luth. Landeskirchenrats verlesen, in der eindringlich vor der ‚Irrlehre‘ der Thüringer Deutschen Christen und der 49 von ihnen angestrebten Nationalkirche gewarnt wurde. Viele Geistliche der Bekenntnisfront predigten über das gleiche Thema.“ (Witetschek, Die kirchliche Lage, Regierungspräsidentenbericht vom 06.10.1936, S. 112.) 50 LAELKB BayD Bayreuth, Nr. 27, Brief Wolfarts an den Evang.-luth. Landeskirchenrat München vom 18.06.1935. 51 Archiv Bayreuth Stadtkirche 605, Pfarrbeschreibung Ammons „II. Der Kirchenkampf“. 52 Eine der ersten deutschchristlichen Gruppen entstand schon 1927/28 „an der sächsisch-thüringischen Grenze um die nationalsozialistischen Pfarrer Siegfried Leffler und Julius Leutheuser“ (Bergen, Die ‚Deutschen Christen‘, S. 545, Fußn. 12). Aus ihr geht später die radikale thüringische Richtung der Deutschen Christen hervor. Julius Leutheuser, einer ihrer Chefideologen, wurde am 09.12.1900 in Bayreuth geboren. (Vgl. Heinonen, Anpassung, S. 48, Fußn. 1). 53 Archiv Bayreuth Stadtkirche 605, Pfarrbeschreibung von Wolfart „Der Kirchenkampf“. 54 Baier, Die Deutschen Christen, S. 282. 55 LAELKB BayD Bayreuth 27, Handzettel „Kundgebung der Kirchenbewegung Deutsche Christen“. 56 LAELKB BayD Bayreuth 27, Flugblatt „Wille und Ziel der ‚Deutschen Christen‘“, Sperrung im Original. 57 Ebd. 58 Witetschek, Die kirchliche Lage, Regierungspräsidentenbericht vom 07.01.1938. S. 262-263. 59 Vgl. Kneule, Kirchengeschichte, S. 83-84. 60 Baier, Die Deutschen Christen, S. 339. 61 Vgl. Baier, Die Deutschen Christen, S. 351. 62 LAELKB BayD Bayreuth 27, undatiertes Rundschreiben von Adolf Daum an die Mitglieder der Landesgemeinde Bayer. Ostmark. 63 Archiv Bayreuth Stadtkirche 605, Pfarrbeschreibung von Ammon „II. Der Kirchenkampf“. 64 Stadtarchiv Bayreuth 4308, Schreiben des Stadtpolizeiamtes Bayreuth vom 15.02.1937. 65 Witetschek, Die kirchliche Lage, Regierungspräsidentenbericht vom 08.12.1937, S. 250. 66 Diegritz, Eine Herde, S. 11-13. 50 67 Stadtarchiv Bayreuth 1287, Predigt von Nikolaus Hertrich „Was wird aus unserer Kirche?“, S. 10. 68 Stadtarchiv Bayreuth 1287, Predigt von Nikolaus Hertrich „Was wird aus unserer Kirche?“, S. 10. 69 Stadtarchiv Bayreuth 1287, Predigt von Nikolaus Hertrich „Was wird aus unserer Kirche?“, S. 6. 70 Stadtarchiv Bayreuth 4308, Schreiben des Reichssicherheitshauptamtes Berlin vom 29.08.1940 an die Geheime Staatspolizei, Staatspolizeistelle NürnbergFürth. 71 Neben Kirchenglocken wurden 1942-43 auch andere Metallgeräte konfisziert, „darunter Leuchter, Hostienteller und Abendmahlskannen“ (Kneule, Kirchengeschichte, S. 96). 72 LAELKB BayD Bayreuth 113 a, Nr. 19.7.III.3, unbetiteltes Dokument über die Aufgaben der Kirche vom 13.09.1939. 73 LAELKB BayD Bayreuth 113a, Nr. 19.7.III.4, Die Möglichkeiten einer ev. Gesamtunterweisung, Konferenz-Referat vom 28.03.1940, unterzeichnet von Dekan Ammon. 74 LAELKB BayD Bayreuth 113a, Nr. 19.7./7, Protokoll der Dekanatskonferenz vom 4.-5.6.1941. – Der Teilnehmer heißt laut Protokoll Bogner. Es könnte sich um Wilhelm Bogner, den Augsburger Pfarrer und Vorsitzenden des Landessynodalausschusses, handeln. 75 LAELKB BayD Bayreuth 113a, Nr. 19.7.13, Pfarrbrief vom 10.12.1941. 76 In einem Kirchenvorstandsprotokoll des Jahres 1941 heißt es: „Der Vorsitzende gibt zunächst einen Bericht über die einschneidende Bedeutung der Einstellung der kirchlichen Presse vom 1.6.1941 an. […] der Bestand an Sonntags- und Gemeindeblättern im Jahr 1933 betrug 330 mit einer Leserzahl von 13,8 Millionen.“ (Archiv Bayreuth Stadtkirche 596, Protokoll vom 20.06.1941, S. 199.) 77 Witetschek, Die kirchliche Lage, Regierungspräsidentenbericht vom 07.07.1942, S. 418. 78 Archiv Bayreuth Stadtkirche 596, Protokoll des Kirchenvorstandes vom 03.05.1943, S. 207. 79 Archiv Bayreuth Stadtkirche 596, Protokoll des Kirchenvorstandes vom 23.05.1940, S. 190. 80 Vgl. Kneule, Kirchengeschichte, S. 97. 81 LAELKB BayD Bayreuth 113a, Nr. 19.7.III.4, Die Möglichkeiten einer ev. Gesamtunterweisung, Konferenz-Referat vom 28.03.1940. 51 82 Archiv Bayreuth Stadtkirche 596, Protokoll des Kirchenvorstandes vom 12.06.1944, S. 208-209. 83 Archiv Bayreuth Stadtkirche 596, Protokoll des Kirchenvorstandes vom 23.05.1940, S. 191. 84 Archiv Bayreuth Stadtkirche 596, Protokoll des Kirchenvorstandes vom 23.05.1940, S. 191-192. 85 Dieses und die folgenden Zitate aus: LAELKB BayD Bayreuth 113a, Nr. 19.7.III.4, Die Möglichkeiten einer ev. Gesamtunterweisung, Konferenz-Referat vom 28.03.1940. 86 Vgl. Hofmann (Hg.), Dokumentation, S. 367; 448-449; 460-461. 87 Erinnerungsnotizen von Pfarrer Uhrhan, im Privatbesitz von Erwin Hochmuth. Kopien der Dokumente befinden sich in der Sammlung N. Aas. 88 Auskunft von Pfarrer Volker Johannes Frez, Ev. Dreifaltigkeitskirche, Worms (E-Mail vom 10.08.2010). 89 Pfarrer Uhrhan: Abschiedspredigt (undatiert). Handzettel im Privatbesitz von Erwin Hochmuth. Eine Kopie des Dokuments befindet sich in der Sammlung N. Aas. 90 Mensing, prophetisches Amt. 91 Vgl. zum Inhalt der Predigt Mensing, prophetisches Amt, S. 768 f. 92 Mensing, prophetisches Amt, S. 775. 93 Witetschek, Die kirchliche Lage, Regierungspräsidentenbericht vom 08.02.1938, S. 271, und vom 09.03.1938, S. 275. In letzterem wird ein Studienprofessor Diepold aus Bayreuth als Redner genannt. 94 Vgl. Bergen, Die ‚Deutschen Christen‘, S. 553-554. 95 Witetschek, Die kirchliche Lage, Regierungspräsidentenbericht vom 09.09.1934, S. 31. 96 Stadtarchiv Bayreuth 4308, Zeitungsartikel „Deutsche Glaubensbewegung, Ortsgemeinde Bayreuth“, Bayreuther Tagblatt vom 05.12.1934. 97 Witetschek, Die kirchliche Lage, Regierungspräsidentenbericht v. 7.3.1936, S. 77. 98 LAELKB BayD Bayreuth 27, Typoskript „Deutsche Glaubensbewegung. Redner: Rudolf Hammer, Jena – ‚Deutsche oder christliche Weltauffassung.‘“ – Vermutlich handelt es sich bei dem dreiseitigen Dokument um eine Vortragsmitschrift und –beschreibung. Der größte Teil des Textes scheint den Original-Wortlaut bzw. prägnante Passagen der Rede wiederzugeben; an mehreren Stellen wird in der dritten Person („der Redner“, der Vortragende“) zusammengefasst. Meine vermutete Datierung auf 1937 gründet auf den zwei wiedergegebenen Zi- 52 taten aus der „H.J. Zeitung vom 6. März 1937“ und dem „Wiesbadener Anzeiger vom 18. März 1937“. 99 Es handelt sich um Krankenschwestern, Mitglieder der Schwesternschaft der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV), die eine braune Schwesterntracht trugen. – Das Städtische Krankenhaus Bayreuth wurde 1937 zu einer Ausbildungsstätte für NS-Schwestern, bis dahin waren dort 36 Jahre lang Augsburger Diakonissen tätig gewesen. (Vgl. hierzu LAELKB, BayD Bayreuth 26, Nr. 19.a., Schreiben des Oberbürgermeisters der Stadt Bayreuth an die Evangelische Diakonissenanstalt Augsburg vom 02.07.1937.) 100 LAELKB BayD Bayreuth 27, Typoskript „Deutsche Glaubensbewegung. Redner: Rudolf Hammer, Jena – ‚Deutsche oder christliche Weltauffassung‘“. 101 Ebd. 102 Witetschek, Die kirchliche Lage, Regierungspräsidentenbericht vom 05.06.1937, S. 193. 103 Witetschek, Die kirchliche Lage, Regierungspräsidentenbericht vom 06.10.1937, S. 226. 104 LAELKB BayD Bayreuth 26, Nr. 9. Das Dokument umfasst das maschinengeschriebene Gedicht sowie einen handschriftlichen Kommentar über Datum und Orte des Anschlages. – Wilhelm Kneule entdeckte im Pfarrarchiv der Bayreuther Stadtkirche augenscheinlich ein weitgehend inhaltsgleiches Flugblatt, das zusätzlich mit der genannten Überschrift und einer Randbeschriftung versehen ist (vgl. Kneule, Kirchengeschichte, S. 94). 53 Literaturverzeichnis Aas, Norbert/Neue Bayreuther Geschichtswerkstatt (Hg.): Juden in Bayreuth 1933 - 2003. Verfolgung, Vertreibung – und das Danach. Bayreuth 2008. Baier, Helmut: Die Deutschen Christen Bayerns im Rahmen des bayerischen Kirchenkampfes. Nürnberg 1968. 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Von der fränkischen Kanzel ins KZ Dachau – Das ‚vergessene‘ Zeugnis von Pfarrer Wolfgang Niederstrasser. In: Litz, Gudrun; Munzert, Heidrun und Roland Liebenberg (Hg.): Frömmigkeit – Theologie – Frömmigkeitstheologie. Contributions to European Church History. Festschrift für Berndt Hamm zum 60. Geburtstag. Leiden, Boston 2005, S. 763–778. Nicolaisen, Karsten: „Nationalsozialistische Herrschaft“. In: Müller, Gerhard; Weigelt, Horst; Zorn, Wolfgang (Hg.): Handbuch der Geschichte der Evangelischen Kirche in Bayern. Bd. 2: 1800-2000. St. Ottilien 2000, S. 297-330. Paulus, Helmut: Die Ausschaltung der Juden in Bayreuth aus der Volksgemeinschaft unter Mitwirkung von Staats- und Kommunalbehörden von 1933 bis 1945. In: Aas, Norbert/Neue Bayreuther Geschichtswerkstatt (Hg.): Juden in Bayreuth 1933-2003. Verfolgung, Vertreibung – und das Danach. Bayreuth 2008, S.13-98. Paulus, Helmut: Die sogenannte Reichskristallnacht vom 9. November 1938. In: Aas, Norbert/Neue Bayreuther Geschichtswerkstatt (Hg.): Juden in Bayreuth 19332003. Verfolgung, Vertreibung – und das Danach. Bayreuth 2008, S. 99-149. Prieser, D. Karl: Predigt zur kirchlichen Lage, gehalten am 26. August 1934 in der Stadtkirche zu Bayreuth über 2. Tim.1.7. Bayreuth 1934. Sievers, Kai Detlev: „Kraftwiedergeburt des Volkes“. Joachim Kurd Niedlich und der völkische Heimatschutz. Würzburg 2007. Sperl, Marianne: Kriegsalltag – alltäglicher Krieg. Tagebücher und Briefe einer Jugend im Krieg. Immenreuth 1984. Töllner, Axel: Eine Frage der Rasse? Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern, der Arierparagraf und die bayerischen Pfarrerfamilien mit jüdischen Vorfahren im „Dritten Reich“. Stuttgart 2007. 138 Witetschek, Helmut: Die kirchliche Lage in Bayern nach den Regierungspräsidentenberichten 1933-1943. Bd. II: Regierungsbezirk Ober- und Mittelfranken. Bearbeitet von Helmut Witetschek. Mainz 1967. 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