Anne Frank - Susanna Schneider Rittiner

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KUW Wahlfachkurs 2013: Anne Frank
Anne Frank
1929 - 1945
Ref. Kirchgemeinde Spiez, Susanna Schneider Rittiner, Pfarrerin
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KUW Wahlfachkurs 2013: Anne Frank
1. Das Tagebuch der
Anne Frank
Während der Zeit im
Versteck beschließt Anne, ihr Tagebuch als
eine Freundin zu sehen, der sie den Namen
Kitty gibt; das macht das Schreiben
einfacher. Außerdem - und damit hat „die
ganze Tagebuch-Idee angefangen“ -, fehlt
ihr eine richtige Freundin.
Sonntag, 5. Juli 1942
. . . Vater ist in der letzten Zeit viel zu Haus,
seitdem er nicht mehr ins Geschäft gehen
kann. Es muss ein scheussliches Gefühl
sein, sich plötzlich überflüssig zu fühlen. . .
Als wir vor ein paar Tagen spazieren
gingen, hat Vater mit mir über
«Untertauchen» gesprochen. Er meinte,
dass es uns sehr schwer werden würde, so
von der Welt abgeschnitten zu leben. Ich fragte, warum er davon redete. «Du weisst», sagte
er, «dass wir seit mehr als einem Jahr Kleider, Möbel und Lebensmittel zu anderen
Menschen bringen, Wir wollen unseren Besitz nicht den Deutschen überlassen, aber noch
viel weniger wollen wir ihnen in die Hände fallen. Darum werden wir von selbst weggehen
und nicht warten, bis wir geholt werden.»
Mittwoch, 8. Juli 1942
Liebe Kitty!
. . . kam Margot ganz aufgeregt an die Tür. «Anne, für Vater ist ein Aufruf von der SS
gekommen», flüsterte sie, . . . Ich erschrak furchtbar. Ein Aufruf. . . jeder weiss, was das
bedeutet: Konzentrationslager. . . einsame Zellen sah ich vor mir auftauchen, und dahin
sollten wir Vater ziehen lassen!
Untertauchen! Margot und ich begannen; das Nötigste in unsere Schultaschen zu packen.
Das erste, was ich nahm, war dieses gebundene Heft, dann bunt durcheinander:
Lockenwickler, Taschentücher, Schulbücher, einen Kamm und alte Briefe. Ich dachte ans
Untertauchen und stopfte lauter unsinniges Zeug in die Tasche. Aber es tut mir nicht leid.
Erinnerungen sind mir mehr wert als Kleider.
Freitag, 21. August 1942
Liebe Kitty!
Unser Schlupfwinkel ist nun ein richtiges Versteck geworden. Herr Kraler hatte die gute
Idee, die Eingangstür zu unserem Hinterhaus zu verbauen, weil so viele Haussuchungen
nach Fahrrädern gehalten werden. Den Plan ausgeführt hat Herr Vossen: Er hat ein
drehbares Regal gemacht, das sich nach der einen Seite als Tür öffnet. Natürlich musste er
zu diesem Zweck «eingeweiht» werden und ist nun die Hilfsbereitschaft selbst. . .
Freitag, 9. Oktober 1942
Liebe Kitty!
Heute habe ich nur traurige und deprimierende Nachrichten. Unsere jüdischen Freunde
und Bekannten werden in Mengen weggeholt. Die Gestapo geht nicht zart mit ihnen um.
Sie werden in Viehwagen geladen und nach dem Judenlager Westerbork gebracht.
Westerbork muss grauenhaft sein. Für die Tausende von Menschen sind viel zu wenig
Waschgelegenheiten und WCs vorhanden. Es wird erzählt, dass in den Baracken alles
durcheinander schläft: Männer, Frauen, Kinder. Flüchten ist unmöglich. Die meisten
Leute aus den Lagern sind gebrandmarkt durch ihre kahlgeschorenen Köpfe und viele
auch durch ihr jüdisches Äusseres. Wenn es hier in Holland schon so schlimm ist, wie
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furchtbar wird es dort in der Ferne sein, wohin sie verschickt werden? Das englische Radio
berichtet von Gaskammern, aber vielleicht ist das noch die schnellste Vernichtungsmethode
...
3. Mai 1944
Liebe Kitty!
Du kannst sicher verstehen, dass hier oft ganz verzweifelt gefragt wird:
Warum, wofür ist überhaupt Krieg? Warum können die Menschen nicht in Frieden leben?
Warum alle die Verwüstungen?.. Warum werden täglich Millionen für den Krieg
verwendet, aber für die Heilkunde, die Künstler und auch für die Armen ist kein Pfennig
verfügbar? Warum müssen Menschen hungern, wenn in anderen Weltteilen
Nahrungsmittel umkommen? Warum sind die Menschen so töricht? Ich glaube nicht, dass
allein die führenden Männer, die Regierenden und Kapitalisten am Kriege schuldig sind.
Nein, der kleine Mann anscheinend auch, sonst würden die Völker als solche nicht
mitmachen! Der Drang zur Vernichtung ist nun einmal in den Menschen, der Drang zum
Töten, Morden und Wüten, und so lange nicht die gesamte Menschheit eine völlige
Metamorphose durchgemacht hat, wird es Kriege geben...
Samstag, 15. Juli 1944
Liebe Kitty!
. . . «Denn im tiefsten Grund ist die Jugend
einsamer als das Alter.» Dieses Wort habe ich aus einem Buch behalten und gefunden,
dass es wahr ist. Ist es denn wahr, dass die Erwachsenen es hier schwerer haben als die
Jugend?
Nein, das ist sicher nicht wahr! Aeltere Menschen haben eine Ansicht über alles und
schwanken nicht mehr mit ihrem Handeln im Leben. Wir Jüngeren haben doppelte Mühe,
unsere Ansichten zu behaupten in einer Zeit, in der alle Ideale vernichtet und zerstört
werden, wo gezweifelt wird an der Wahrheit, am Recht, an Gott!
Es ist ein Wunder, dass ich all meine Hoffnungen noch nicht aufgegeben habe, denn sie
erscheinen absurd und unerfüllbar.
Doch ich halte fest daran fest, trotz
allem, weil ich noch stets an das Gute
im Menschen glaube. Es ist mir nun
einmal nicht möglich, alles auf der
Basis von Tod, Elend und Verwirrung
aufzubauen. Ich sehe, wie die Welt
langsam mehr und mehr in eine Wüste
verwandelt wird, ich fühle das Leid von
Millionen Menschen mit, und doch,
wenn ich nach dem Himmel sehe,
denke ich, dass alles sich wieder zum
Guten wenden wird, dass auch diese
Härte ein Ende haben muss und wieder
Friede und Ruhe die Weltordnung
beherrschen werden. Inzwischen muss
ich meine Ideale hochhalten; in den
Zeiten, die kommen, werden sie dann
vielleicht doch noch ausführbar sein.
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2. Lebenslauf der Anne Frank
Anne Frank wurde am 12. Juni 1929 in
Frankfurt am Main als zweites Kind
von Otto und Edith Frank geboren.
Ihre ältere Schwester hiess Margot.
Nach der Machtergreifung der
Nationalsozialisten unter Hitler im
Jahre 1933 wanderte die Familie Frank
nach Amsterdam aus, wo Otto Frank die Niederlassung der Schweizer Firma
Travis AG übernahm. Am 10. Mai 1940 besetzten deutsche Truppen Hol-land.
Das hatte zur Folge, dass die nationalsozialistischen Judenverfolgungen, die in
Deutsch-land bereits im Gange waren, auch hier einsetzten. Deshalb bereiteten
die Franks für alle Fälle im hinteren Teil ihres Geschäftshauses an der
Prinsengracht 263 ein Versteck vor. Das Haus war 1635 als Kaufmannshaus
gebaut worden. Bauland an den Kanälen war sehr teuer. Daraus erklärt sich,
dass man die Häuser schmal, aber nach hinten tief baute. Um den Räumen
mehr Tageslicht zu verschaffen, baute man in kleiner Entfernung vom
Vorderhaus ein sogenanntes Hinterhaus. Dadurch konnte durch den
dazwischen liegenden Hof Licht ins Vorderhaus wie ins Hinterhaus gelangen.
Als am 5. Juli 1942 die ältere Tochter Margot einen Aufruf zum Transport nach
Deutschland erhielt, tauchte die Familie in ihrem Versteck unter. Etwas später
wurden die ebenfalls von der Deportation bedrohte Familie van Daan und der
Zahnarzt Düssel im Versteck im Hinterhaus aufgenommen.
Nachdem das Versteck an die Gestapo verraten worden war, verhaftete diese
am 4. August 1944 alle Bewohner des Hinterhauses sowie die treuen
Angestellten Kraler und Koophuis, die während der ganzen Zeit die
Untergetauchten nach Kräften unterstützt hatten. Sie wurden in deutsche bzw.
holländische Konzentrationslager verschickt. Das Hinterhaus wurde von den
deutschen Behörden ausgeräumt. Nur Bücher, Zeitschriften, Familienfotos und
Papiere liessen sie achtlos am Boden liegen. Beim Aufräumen fanden Miep und
Elly Vossen, die treuen Helferinnen der Familie, Annes Tagebücher.
Anne und Margot erkrankten im KZ Bergen-Belsen an Typhus und starben im
März 1945, zwei Monate vor der Befreiung Hollands. Kraler und Koophuis
überstanden die Lagerstrapazen und konnten zu ihren Familien zurückkehren.
Von den Untergetauchten ist nur Vater Otto Frank zurückgekehrt. Ihm wurden
Annes Tagebücher übergeben. Er hat denn auch, nach längerem Zureden durch
seine zweite Frau Elfriede, das Einverständnis zur Veröffentlichung des
Tagebuches gegeben. 1947 erschien die holländische Originalausgabe unter
dem Titel «Het Achterhuis».
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Anne Frank
1929 - 1945
1929______________________________________________
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1933______________________________________________
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1940______________________________________________
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1942______________________________________________
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1944______________________________________________
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1945______________________________________________
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1947______________________________________________
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3. Europa im Zweiten Weltkrieg
Deutsche Besatzungs- und Kriegspolitik 1936 - 1945.
 7.3.1936
Besetzung des entmilitarisierten Rheinlands.
 12.3.1938
Anschluss Österreichs.
 10/1938
Angliederung des Sudetenlandes.
 Frühjahr 1939 Zerschlagung der Tschechoslowakei.
Besetzung von Böhmen und Mähren.
 1.9.1939
Kriegsbeginn: deutscher Angriff auf Polen.
 3.9.1939
Kriegserklärung von England und Frankreich.
 9.4.1940
Einmarsch in Dänemark und Norwegen.
 10.5.1940
Angriff auf Frankreich, Belgien, Niederlande, Luxemburg.
 22.6.1940
Waffenstillstand mit Frankreich.
 12.9.1940
Besetzung Rumäniens.
 6.4.1941
Angriff auf Griechenland und Jugoslawien.
 22.6.1941
Überfall auf die Sowjetunion.
 11.12.1941
Kriegserklärung von Deutschland und Italien an die USA.
 31.1.–2.2.1943 Kapitulation der deutschen 6.Armee bei Stalingrad.
 6.6.1944
Landung der alliierten Streitkräfte in der Normandie.
 7. –9.5.1945
Kapitulation der Deutschen Wehrmacht.
Der Zweite Weltkrieg verursachte den Tod von weit über 50 Millionen
Menschen.
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4. Holocaust / Shoah
Der Nationalsozialismus war eine Weltanschauung und politische
Bewegung, die in Deutschland seit 1918 entstand. Ihre in der
Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP)
organisierten Anhänger gelangten 1933 zur Herrschaft und
errichteten eine totalitäre Diktatur, den NS-Staat bzw. das „Dritte
Reich“, das bis 1945 bestand. Sie begründeten und vollzogen die
deutschen Eroberungskriege seit 1939, die den Zweiten Weltkrieg
auslösten, und die Verbrechen des Holocaust.
Als Holocaust (von griechisch ὁλοκαύτωμα, holokáutoma: ὅλος holos „ganz, vollständig“ - und καῦσις kausis - „Brand, Verbrennung“) bezeichnet
man heute vor allem den als Shoah (hebräisch für „Unheil“ oder
„große Katastrophe“) bezeichneten Völkermord an etwa sechs
Millionen Juden in der Zeit des Nationalsozialismus, sowie die
systematische und massenhafte Ermordung mehrerer
nichtjüdischer Gruppen, unter anderen:
 Roma und Sinti
 Behinderte
 polnische Intellektuelle
 russische Kriegsgefangene und andere, überwiegend
slawische Volksangehörige
Der Holocaust unterscheidet sich aufgrund seiner
Ausrottungsziele und systematischen Durchführung wesentlich
von der Verfolgung politischer Gegner des NS-Regimes: Während
diese nicht zwangsläufig ermordet wurden, waren vom Kleinkind
bis zum Greis alle Juden und viele der Menschen, die zu einer der
genannten Gruppen gehörten, schon aufgrund ihrer bloßen
Existenz zur Ermordung vorgesehen. Nichts, was sie selbst hätten
tun oder unterlassen können, nur Glück oder Zufall, konnte ihr
Leben retten, wenn sie in die Hände des nationalsozialistischen
Machtapparats fielen.
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5. Zur Geschichte der jüdischen Menschen in der Schweiz
Schriftlich bezeugt sind die Juden in der Schweiz zum ersten Mal in Basel im Jahre 1213. Im
Laufe des 13. Jh. entstanden verschiedene jüdische Gemeinden in der Schweiz, darunter in
Luzern, Bern, St. Gallen und Zürich. Die meisten dieser Juden kamen aus dem Elsass, aus
Süddeutschland und aus Frankreich. Wie in den übrigen Teilen Europas waren auch die
Juden in der Schweiz in mannigfacher Hinsicht diskriminiert: So mussten sie einen speziellen
Hut tragen, durften keine sozialen Kontakte zu Christen pflegen und kein Handwerk
ausüben. Sie waren gesetzlich dazu verpflichtet, den vom Papst den Christen untersagten
Geldverleih auszuüben. Während es schon zuvor zu sporadischen Verfolgungen gegen Juden
gekommen war, wurde das jüdische Leben in der Schweiz während der Pestepidemie 1348
vom Erlöschen bedroht: Unter dem Vorwand, sie hätten die Brunnen vergiftet und dadurch
die Epidemie verursacht, wurden Juden in der Schweiz wie in ganz Europa verfolgt, ermordet
oder vertrieben. 1348 wurden der grösste Teil der Juden der Stadt Bern auf dem
Scheiterhaufen verbrannt. Den Überlebenden gelang es zwar nach kurzer Zeit, in die Städte
zurückzukehren, doch schon Ende des 14. Jh. kam es zu einer erneuten Vertreibungswelle
aus den grösseren Städten (Basel 1397; Bern 1427; Zürich 1436). Bis an den Vorabend der
Französischen Revolution konnten sich Juden nur noch in den Städten Lengnau und
Endingen im Kanton Aargau niederlassen. Im Zuge der Französischen Revolution und der
Helvetik erhielten die Schweizer Juden - nach langen politischen Auseinandersetzungen 1866 das Recht auf freie Niederlassung sowie Gleichheit vor dem Gesetz, 1874 um das Recht
auf freie Religionsausübung ergänzt. Zum ersten Mal konnten Juden und Jüdinnen in der
Schweiz nun ihren Wohnort und ihren Beruf frei wählen. Dennoch ist die freie
Religionsausübung bis heute durch das 1893 teilweise unter antisemitischen Vorwänden
eingeführte "Schächtverbot" nicht vollständig gewährleistet.
Eine sehr schwierige und unsichere Zeit erlebten die Schweizer Juden während des Zweiten
Weltkrieges: Sie wurden einerseits durch den Antisemitismus im In- und Ausland bedroht
und andererseits durch die abweisende Flüchtlingspolitik der Schweizer Behörden den Juden
gegenüber verunsichert. Jüdische Flüchtlinge, die trotz dieser Widerstände in der Schweiz
Asyl fanden (ca. 25'000 Menschen), wurden in Arbeitslagern interniert. Eine Aufarbeitung
dieser Epoche hat in der Schweiz erst in jüngster Zeit eingesetzt. Nach der Shoah kam der
Schweiz für viele deutsche jüdische Intellektuelle und Schriftsteller eine besondere
Bedeutung zu: es war ein deutschsprachiges Land, das von der Vergangenheit weniger
belastet war als Deutschland.
In den Nachkriegsjahren hat sich die Situation der Schweizer Juden normalisiert: Sie sind
institutionell und gesellschaftlich als religiöse Minderheit anerkannt. Dennoch bleiben auf
beiden Ebenen Probleme bestehen. Zu erwähnen sind beispielsweise das Schächtverbot
sowie der auch in der Schweiz immer wieder aufflackernde Antisemitismus (Judenfeindlichkeit),
etwa im Gefolge der Diskussion um die nachrichtenlosen Vermögen.
www.religionenschweiz.ch
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6. Widerstand
Viele Menschen in Deutschland waren sehr beunruhigt über die
menschenverachtende Haltung der Nationalsozialisten. Sie waren nicht damit
einverstanden, dass plötzlich Menschen als wertlos galten, nur weil sie
jüdischen Glaubens waren. Sie waren nicht bereit, ihre Nachbarn und Freunde
an die Geheime Staatspolizei (Gestapo) zu verraten. Manche von ihnen halfen
ihnen bei der Flucht, und riskierten so ihr eigenes Leben.
Auch an der Schweizer Grenze riskierten Menschen ihr Leben. Grenzpolizisten,
die den flüchtenden Kindern, Frauen und Männern halfen, mussten sehr
vorsichtig sein.
Der Schweizer Polizeihauptmann Paul
Grüninger zum Beispiel rettete unmittelbar
vor dem Zweiten Weltkrieg bis zu 3600
Juden das Leben, indem er ihnen durch
Vordatierung der Einreisevisa und/oder
Fälschung anderer Dokumente die Einreise
in die Schweiz ermöglichte. 1939 wurde er
deswegen ohne Anspruch auf Rente vom
Dienst suspendiert und 1940 wegen
Amtspflichtverletzung zu einer hohen
Geldstrafe verurteilt. 1972 starb Grüninger
verarmt in St. Gallen. Erst 1995, 23 Jahre
nach seinem Tod, hob das Bezirksgericht St.
Gallen das Urteil gegen Paul Grüninger auf
und sprach ihn frei. 1998 bezahlte die
Regierung des Kantons St. Gallen an die Nachkommen Grüningers eine
Entschädigung. Mit dem Geld wurde die Paul-Grüninger-Stiftung gegründet, die
sich u. a. für heutige Verteidigende von Menschenrechten einsetzt.
Seit dem 06. Mai 2012 heisst die Brücke am Grenzübergang Diepoldsau –
Hohenems „Paul Grüninger Brücke“. In der Saison 1914/15 wurde Grüninger,
damals als Lehrer arbeitend, mit Brühl St. Gallen als linker Flügelstürmer
Schweizer Meister. Bei Brühl amtierte er von 1924 bis 1927 sowie von 1937 bis
1940 als Präsident. 1940 trat er auf Grund seiner Verurteilung zurück. Das
Stadion erhielt 2006 zu seinen Ehren den Namen Paul-Grüninger-Stadion.
Sehr bekannt für ihren Widerstand sind die Geschwister Scholl. Mit
Flugblättern riefen sie in München 1942 zum Widerstand gegen Hitler auf. Sie
unterzeichneten mit „Die Weisse Rose“. Ihre Geschichte wurde mehrmals
verfilmt.
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7. Fragen
Warum gibt es Krieg?
Es gibt kaum eine Zeit in der Geschichte der Menschheit, in der nicht
irgendwo auf der Welt ein Krieg geführt wurde.
Dies bedeutet aber nicht, dass es in der Natur der Menschen liegt, Kriege
zu führen. Denn für jeden Krieg gibt es bestimmte Gründe. Krieg wird von
Menschen gemacht. Konflikte und Streit können deshalb von den
verantwortlichen Politikern, Regierungen und Anführern auch ohne Krieg
gelöst werden.
Kriege passieren nicht einfach. Dass ein Krieg stattfinden soll, wird
bewusst entschieden. Wenn es Krieg gibt, dann haben sich Politiker oder
Anführer bestimmter Gruppen dafür entschieden, dass es Krieg geben soll.
Sie glauben, dass sie mit Gewalt eher ans Ziel gelangen, als damit,
Verhandlungen zu führen und eine friedliche Lösung anzustreben.
Aber warum entscheiden diese Menschen sich dazu Kriege zu führen?
Manche sagen Kriege finden statt, weil Kulturen oder Religionen sehr
verschieden sind und sich deshalb bekämpfen würden. Wissenschaftler
meinen jedoch, dass diese Gründe zwar oft benannt werden, die
wirklichen Gründe aber tiefer liegen würden.
Herrscher, die Kriege führen, wollen mehr Macht, mehr Einfluss, mehr
Reichtum oder mehr Bodenschätze für sich haben. Oder sie haben Angst
ihre Macht oder ihre Freiheit zu verlieren.
Kriege hängen aber auch davon ab, wie das Zusammenleben in einem
Land funktioniert: In Ländern, in denen alle Menschen mitbestimmen
können, in denen es gerecht zugeht, finden weniger oder keine Kriege
statt. Es gibt aber auch Kriege, bei denen es um wertvolle Rohstoffe wie
z.B. Gold oder Öl geht.
In Ländern, in denen Menschen unterdrückt werden und wo es viel Armut
und Ungerechtigkeit gibt, gibt es mehr Gewalt und auch mehr Kriege. Wo
Armut und Hunger herrscht, ist es schwierig Frieden zu halten.
www.frieden-fragen.de
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Was denkst du?
Und:
Warum darf Unrecht nicht vergessen werden?
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