Das Gramsche Gesetz für die Riemannsche Zetafunktion

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Bayerische
Julius-Maximilians-Universität
Würzburg
Diplomarbeit
Über das Gramsche Gesetz bei der
Riemannschen Zetafunktion
Nora Reiter
März 2012
Betreuer: Prof. Dr. Jörn Steuding
Inhaltsverzeichnis
1 Einführung
1.1 Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2 Notation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3 Die Eigenschaften der Riemannschen Zetafunktion
1.4 Die approximative Funktionalgleichung . . . . . . .
1.5 Riemanns Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.6 Die Funktionen Z(t) und θ(t) . . . . . . . . . . . .
1.7 Die Funktion S(t) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.8 Grampunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.9 Das Gramsche Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . .
1.10 Das schwache Gramsche Gesetz . . . . . . . . . . .
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2 Die
2.1
2.2
2.3
2.4
2.5
Arbeit von Trudgian
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Der Satz von Kai-Man Tsang . . . . . . . . .
Ein Resultat über NG (T ) . . . . . . . . . . .
Misserfolg des schwachen Gramschen Gesetzes
Erfolg des schwachen Gramschen Gesetzes . .
3 Die
3.1
3.2
3.3
3.4
3.5
3.6
Dedekindsche Zetafunktion
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Eigenschaften von ζK (s) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Weitere Funktionen und Grampunkte . . . . . . . . . .
Zwei Hilfssätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Misserfolg des schwachen Gramschen Gesetzes von ζK (s)
Erfolg des schwachen Gramschen Gesetzes von ζK (s) . .
4 Quadratische Zahlkörper
4.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2 Eigenschaften von ζQ(√d) (s) . . . . . . . .
4.3 Die Dirichletsche L−Funktion . . . . . . .
4.4 Die Funktion S(t, χ) . . . . . . . . . . . .
4.5 Die Annahmen 3.6 und 3.7 für ζQ(√d) (s) .
4.6 Die Annahmen 3.10 und 3.11 für ζQ(√d) (s)
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4
5
5
7
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11
14
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22
22
22
32
35
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40
40
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44
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53
53
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59
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5 Kreisteilungskörper
66
5.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
2
Inhaltsverzeichnis
5.2
5.3
5.4
5.5
Eigenschaften von Q(ζn ) . . . . . . . . . .
Eigenschaften von ζQ(ζn ) (s) . . . . . . . .
Die Annahmen 3.6 und 3.7 für ζQ(ζn ) (s) .
Die Annahmen 3.10 und 3.11 für ζQ(ζn ) (s)
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68
71
73
6 Ausblick
75
Literaturverzeichnis
76
3
1 Einführung
1.1 Motivation
Der deutsche Mathematiker Bernhard Riemann (1826 bis 1866) schrieb im Jahr 1859
eine einzige Arbeit zur Zahlentheorie, Über die Anzahl der Primzahlen unter einer gegebenen Größe. In diesem achtseitigen Artikel stellte er viele neue Ideen zum Studium der
Primzahlen vor, die die Forschung auf diesem Gebiet auf Jahrzehnte befruchten sollten.
Ausgangspunkt von Riemanns Arbeit war die Gleichung
ζ(s) :=
∞
X
Y
1
1
=
.
s
n
1 − p−s
p
n=1
Diese war bereits Euler (1707 bis 1783) bekannt, der ζ(s) allerdings nur als Funktion einer reellen Veränderlichen studierte. Riemann fasste s als komplexe Variable auf
und konnte mit Methoden der Funktionentheorie die Bedeutung der nach ihm benannten Zetafunktion für die Verteilung der Primzahlen aufzeigen. Neben dem Beweis, dass
sich ζ(s) analytisch nach C fortsetzen lässt und einer Funktionalgleichung genügt, die
das Argument s auf 1 − s bezieht, enthält die Arbeit Vermutungen und Beweisskizzen
über den Zusammenhang zwischen der Zetafunktion und der Verteilung der Primzahlen.
Unabhängig voneinander konnten Hadamard und de la Vallée Poussin im Jahre 1896,
aufbauend auf den Ideen Riemans den Primzahlsatz beweisen. Dieser besagt, dass sich
die Anzahl π(x) der Primzahlen kleiner gleich x asymptotisch wie x/ log x verhält. Eine
herausragende Bedeutung spielen in diesem Zusammenhang die Nullstellen der Zetafunktion. Riemann gelang es, eine zu π(x) verwandte Funktion über die Nullstellen von
ζ(s) im Streifen 0 < Re(s) < 1 auszudrücken und stellte Vermutungen über die Anzahl
und Lage dieser Nullstellen auf. Die berühmte Riemannsche Vermutung besagt, ζ(s)
besitze keine Nullstellen im Bereich Re(s) > 21 .
Während die einen Mathematiker auch mehr als 150 Jahre nach Riemanns Veröffentlichung noch nach einem Beweis dieser Behauptung suchen, berechnen andere Nullstellen
von ζ(s) explizit, um die Riemannsche Vermutung zumindest für eine endliche Anzahl
an Nullstellen zu zeigen oder auch um - bisher vergeblich - Gegenbeispiele zu finden.
Einer der Pioniere auf diesem Gebiet war der dänische Mathematiker Jørgen Gram, der
im Jahre 1903 die ersten 15 Nullstellen von ζ(s) im Streifen 0 < Re(s) < 1 berechnete
und zeigte, dass diese auf der Geraden Re(s) = 21 liegen. Gram machte darüber hinaus
eine bedeutende Beobachtung, denn die Nullstellen von ζ 12 + it und von Im ζ 12 + it
traten stets im Wechsel auf. Dieses heute als Gramsches Gesetz bekannte Phänomen ist
zwar nicht allgemein gültig, hat aber dennoch wichtige Anwendung bei der rechnerischen
Untersuchung der Riemannschen Vermutung. Beweise der Riemannschen Vermutung für
4
KAPITEL 1. EINFÜHRUNG
bestimmte Nullstellen des Streifens 0 < Re(s) < 1 bestehen im Wesentlichen auf der Verifikation des Gramschen Gesetzes.
In dieser Arbeit werden wir in Kapitel 2 der Arbeit von Trudgian folgen und zeigen, dass
das Gramsche Gesetz bei einem positiven Anteil aller natürlichen Zahlen fehlschlägt. Des
Weiteren werden wir aufzeigen, dass eine schwächere Version, das sogenannte schwache
Gramsche Gesetz, für einen positiven Anteil aller natürlichen Zahlen erfüllt wird. In
Kapitel 3 werden wir versuchen, die Ergebnisse aus Kapitel 2 auf Dedekinsche Zetafunktionen zu übertragen. Dabei werden wir einige Annahmen machen müssen. In den
beiden anschließenden Kapiteln spezialisieren wir uns auf die Dedekindsche Zetafunktion
zu quadratischen Zahlkörpern und Kreisteilungskörpern.
1.2 Notation
Wir werden in dieser Arbeit die gängigen Bezeichnungen aus der analytischen Zahlentheorie verwenden, deren Bedeutungen sich aus dem jeweiligen Zusammenhang erschließen sollten, dennoch sei auf Folgendes hingewiesen.
Positive Konstanten werden mit c bezeichnet, wobei sich die Werte von c an verschiedenen Stellen unterscheiden können. Beziehen wir uns in einem Kontext auf dieselbe
Konstante, so werden wir diese mit ci bezeichnen, wobei i = 1, 2, 3, . . . .
Der Buchstabe p bezeichne stets eine Primzahl und P sei die Menge aller Primzahlen.
Die Landausymbole werden auf folgende Weise verwendet: Sei Ω ⊂ C und f, g zwei
Funktionen mit f : Ω → C und g : Ω → [0, ∞). So bedeutet f (x) = O (g(x)), dass es
eine Konstante c mit |f (x)| ≤ cg(x) für alle x ∈ Ω gibt. Manchmal werden wir auch die
handlichere Schreibweise f (x) g(x) statt f (x) = O (g(x)) benutzen.
Schreiben wir f (x) g(x), so existieren positive Konstanten c1 und c2 , die c1 f (x) <
(x)
g(x) < c2 f (x) erfüllen. Für den Spezialfall limx→a fg(x)
= 1 schreiben wir f (x) ∼ g(x).
1.3 Die Eigenschaften der Riemannschen Zetafunktion
Die Riemannsche Zetafunktion ist in der Halbebene σ > 1 definiert durch
ζ(s) =
∞
X
n−s ,
(1.1)
n=1
wobei wir der Tradition von Riemann folgen und die komplexe Veränderliche mit
s = σ + it
bezeichnen.
Die Dirichlet-Reihe (1.1) beschreibt nach dem Satz von Weierstraß eine holomorphe
Funktion und konvergiert normal in σ > 1, bzw. absolut und gleichmäßig in σ ≥ 1 + ε,
für ein ε > 0.
Die Riemannsche Zetafunktion lässt sich meromorph nach C fortsetzen, wobei sie einen
einfachen Pol in s = 1 mit Residuum 1 besitzt.
5
KAPITEL 1. EINFÜHRUNG
Bereits Euler war 1737 die folgende Produktdarstellung bekannt
Y
−1
ζ(s) =
1 − p−s
,
(1.2)
p
wobei σ > 1 ist und das Produkt über alle Primzahlen p erhoben wird.
Die Identität zwischen der Dirichlet-Reihe (1.1) und dem Euler-Produkt (1.2) lässt sich
mittels der eindeutigen Primfaktorzerlegung zeigen. Da das Eulerprodukt absolut konvergent ist, folgt dass ζ(s) keine Nullstellen mit σ > 1 besitzt.
Riemann fand heraus, dass ζ(s) der folgenden Funktionalgleichung genügt.
ζ(s) = χ(s)ζ(1 − s) ,
(1.3)
mit
χ(s) = 2s π s−1 sin
sπ 2
1−s
1 Γ
2
= π s− 2
.
Γ 2s
Γ (1 − s)
(1.4)
Γ(s) ist dabei die Gammafunktion, die für σ > 0 folgendermaßen definiert ist
Z ∞
Γ(s) =
us−1 exp (−u) du .
0
Anhand der Funktionalgleichung (1.3), der Definition (1.4) von χ(s) und den Eigenschaften der Gammafunktion folgt, dass die einzigen Nullstellen von ζ(s) im Bereich σ < 0
an den Stellen
s = −2, −4, −6, . . .
liegen. Diese Nullstellen sind einfach und werden als triviale Nullstellen bezeichnet.
Von nun an befassen wir uns nur noch mit den sogenannten nichttrivialen Nullstellen von ζ(s), die im Bereich 0 ≤ σ ≤ 1, dem kritischen Streifen, liegen müssen. Zur
Vereinfachung werden wir diese von nun an einfach nur als Nullstellen bezeichnen.
Hadamard und de la Vallée Poussin zeigten 1896 unabhängig voneinander, dass diese
Nullstellen im Inneren des kritischen Streifens liegen (siehe dazu zum Beispiel Kapitel 4
in [5]).
Anhand des Eulerproduktes (1.2) sieht man, dass ein Zusammenhang zwischen der Verteilung der Primzahlen und der Riemannschen Zetafunktion existiert. Über die Anzahl
π(x) aller Primzahlen p ≤ x kann man folgendes aussagen:
Satz 1.1. (Primzahlsatz)
Für x → ∞ gilt
π(x) ∼
6
x
.
log x
KAPITEL 1. EINFÜHRUNG
Mit Hilfe der Nullstellen der Riemannschen Zetafunktion kann man den Primzahlsatz
auch mit einem Fehlerterm angeben. Dafür wird ein nullstellenfreier Bereich von ζ(s)
links der Konvergenzabszisse benötigt. Mit dem bisher besten Ergebnis, erzielt von Korobov und Vinogradov, erhält man
(
!)
3
Z x
du
(log x) 5
π(x) =
+ O x exp −c
.
1
2 log u
(log log x) 5
Einen Beweis obiger Aussagen findet man in der Standardliteratur zur Riemannschen
Zetafunktion, z.B. in [21] oder [5].
1.4 Die approximative Funktionalgleichung
Zur Lokalisation der Nullstellen von ζ(s) auf der kritischen Geraden s = 12 + iR muss
man die Riemannsche Zetafunktion dort zumindest näherungsweise bestimmen können.
Hardy und Littlewood fanden 1921 eine Gleichung, die ζ(s) mit Hilfe von zwei Summen approximiert. Aufgrund ihrer Ähnlichkeit zur Funktionalgleichung (1.3) wird sie
approximative Funktionalgleichung genannt.
Satz 1.2. (approximative Funktionalgleichung)
Es sei 0 < σ < 1, 2πxy = t mit x, y ≥ 1.
Dann gilt
o
n
X
X
1
ζ(s) =
n−s + χ(s)
ns−1 + O x−σ + t 2 −σ y σ−1 .
n≤x
n≤y
Für den Beweis der approximativen Funktionalgleichung benötigen wir die folgenden
zwei Lemmata.
Lemma 1.3.
Es sei F : [a, b] → R stetig differenzierbar und G : [a, b] → R stetig, weiterhin gelte
F 0 (x) 6= 0 für alle x ∈ [a, b]. Außerdem sei die Funktion F 0G(x) monoton.
Dann gilt
Z b
G(a) G(b) exp (iF (x)) G(x)dx ≤ 4 0 + 4 0 .
F (a)
F (b)
a
Der Beweis erfolgt mittels geeigneter Substitution und Anwendung des Mittelwertsatzes
auf den Real- und Imaginärteil. Für den ausführlichen Beweis siehe Lemma 4.1.1. in [3].
Dort findet man ebenso den Beweis der folgenden Aussage (siehe Satz 4.1.1. in [3]).
Satz 1.4. (van der Corputsche Summenformel)
Wir setzten e (x) = exp (2πix). Sei η > 0 gegeben, dann gibt es eine Konstante c = c(η)
7
KAPITEL 1. EINFÜHRUNG
mit der folgenden Eigenschaft: Gegeben seien reelle Zahlen a < b und stetig differenzierbare Funktionen f : [a, b] → R, g : [a, b] → [0, ∞). Ferner seien f 0 , g und |g 0 | monoton
fallend.
Dann gilt
Z b
X
X
g(ρ)e (f (ρ) − hρ) dρ + R ,
g(n)e (f (n)) =
f 0 (b)−η<h<f 0 (a)+η
a<n≤b
a
mit
|R| ≤ c(η) |g 0 (a)| + g(a) log |f 0 (a)| + |f 0 (b)| + 2
.
Damit geling uns nun der Beweis der approximativen Funktionalgleichung.
Beweis von Satz 1.2. Annahme: Sei 2y ganz und gerade.
Mit der Wahl g(ρ) = ρ−σ und f (ρ) = −t
2π log ρ in der van der Corputschen Summenformel
1.4 erhält man:
X
X
−t
−s
−σ
n =
n e
log n
2π
x<n≤N
x<n≤N
Z N
X
−t
−σ
log ρ − hρ dρ + R
=
ρ e
2π
x
0
0
f (x)−η<h<f (N )+η
Z N
X
=
ρ−s e (hρ) dρ + R ,
t
2πN
−η<h<y+η
x
wobei sich leicht berechnen lässt, dass R die Gleichung
t
t
−σ
R = O x log
+
+2
x N
erfüllt.
Wir wählen nun η = 14 und setzen N > t voraus.
Dann lautet die Summationsbedingung an h: 0 ≤ h ≤ y − 12 .
Mittels der Gleichung
X
n1−s
|s|
−s
−σ
ζ(s) =
n +
+O
1+
N
s−1
σ
n≤N
(siehe Aussage (1.66) in [3]) folgt nun
y− 1
ζ(s) =
X
n≤x
X2
N 1−s
x1−s
n−s +
+
+
1−s
1−s
h=1
y− 12
=
X
n≤x
n
−s
+
XZ
h=1
N
ρ
−s
Z
N
−s
ρ
e (hρ) dρ + O x
−σ
log t + O
x
e (hρ) dρ + O
x
8
t −σ
−σ
N + x log t .
σ
t −σ
N
σ
KAPITEL 1. EINFÜHRUNG
Wir werden jetzt die Integration in den Fourier-Integralen von [x, N ] auf [0, ∞) ausdehnen.
Nach Lemma 1.3 gilt für 1 ≤ h ≤ y − 12
Z ∞
N −σ −s
ρ e (hρ) dρ ≤ 4 −t
+
2πh
N
N
N −σ
.
h
Außerdem erhält man mittels partieller Integration
1−σ
Z x
x
h x1−σ
−s
.
ρ e (hρ) dρ = O
+
t
t
t h − 2πx
0
≤c
Damit gelangt man nun nach einigen Rechenschritten zu der Gleichung
y− 21
ζ(s) =
X
n
−s
+
n≤x
XZ
h=1
∞
ρ
−s
e (hρ) dρ + O
0
t −σ
N + x−σ log t
σ
,
wobei jetzt nur noch das Restglied von ζ(s) von N abhängig ist.
Wegen
Z ∞
ρ−s e (hρ) dρ = (−2πi)s−1 Γ(1 − s)
0
ergibt sich mit N → ∞ die Beziehung
X
X
ζ(s) =
n−s + (−2πi)s−1 Γ(1 − s)
hs−1 + O x−σ log t .
n≤x
h≤y
Es verbleibt zu zeigen, dass sich (−2πi)s−1 Γ(1 − s) nur wenig von χ(s) unterscheidet:
(2π)s
2 cos πs
s Γ(s)
πs s−1
= 2 (2π)
sin
Γ(1 − s)
2
= (−2πi)s−1 Γ(1 − s) + (−2πi)s−1 Γ(1 − s) + O {exp (−πt)} .
χ(s) =
Damit ergibt sich das gewünschte Resultat.
Schließlich ist noch die Annahme 2y sei ganz und gerade zu eliminieren.
Sei y ≥ x aber nicht notwendig 2y ∈ N. Dann sei y 0 = y und x0 durch 2πx0 y 0 = t gegeben.
Wenden wir Satz 1.2 nun mit x0 , y 0 an so ändert sich die rechte Seite wegen |x − x0 | ≤ 1
nur um O (x−σ ).
Damit gilt die approximative Funktionalgleichung für alle y ≥ x.
Ist nun y < x so wenden wir das bereits Bewiesene auf 1 − s anstelle von s an und
erhalten
X
X
ζ(1 − s) =
ns−1 + χ(1 − s)
n−s + O y σ−1 log t .
n≤y
n≤x
Mit χ(s)χ(1 − s) = 1, der Funktionalgleichung (1.3) und der Stirlingschen Formel (siehe
zum Beispiel Satz 1.8) folgt nun das gewünschte Endresultat.
9
KAPITEL 1. EINFÜHRUNG
Entlang der kritischen Geraden gilt für x y, dass die Fehlerterme in Satz 1.2 gleich
sind.
1.5 Riemanns Arbeit
Eine der Vermutungen aus Riemanns Arbeit wurde 1905 durch von Mangoldt bewiesen.
Bezeichne N (T ) die Anzahl der Nullstellen von ζ(s) mit 0 < σ < 1 und 0 < t < T . Dann
gilt:
Satz 1.5. (Riemann-von Mangoldt-Formel)
T
T
T
N (T ) =
−
log
+ O (log T ) .
2π
2π
2π
Ein Beweis dieser Aussage findet sich in [11], §1.4.
Noch ungelöst ist die berühmte Riemannsche Vermutung, auch wenn sie Gegenstand
von vielen mathematischen Untersuchungen ist, siehe zum Beispiel §X in [21] .
Vermutung 1.6. (Riemann)
Alle nichttrivialen Nullstellen von ζ(s) liegen auf der kritischen Geraden s =
1
2
+ iR.
Selberg zeigte als Erster, dass dies für einen positiven Anteil aller Nullstellen gilt. Im
Jahr 2011 bewiesen Bui, Conrey und Young, dass mehr als 41% der Nullstellen auf der
kritischen Geraden liegen (siehe [4]).
Aus der Riemannsche Vermutung 1.6 kann man die noch offene Lindelöfsche Vermutung
aus dem Jahr 1905 folgern. Die Umkehrung gilt allerdings nicht.
Vermutung 1.7. (Lindelöf )
Für jedes ε > 0 gilt ζ 21 + it tε bei t → ∞.
Das bisher beste Resultat lieferte Huxley, der 2005 zeigte, dass ζ
1
2
32
+ it t 205 + gilt.
Riemann führte in seiner Arbeit die ganze Funktion ξ(s) ein, welche die Schwierigkeiten
von ζ(s) bei der Polstelle s = 1 umgeht.
Man schreibt
1
1
− 2s
s ζ(s) .
(1.5)
ξ(s) = s (s − 1) π Γ
2
2
Mit Hilfe der Eigenschaften von Γ(s) und ζ(s) sieht man, dass die Nullstellen von ξ(s)
mit den nichttrivialen Nullstellen von ζ(s) übereinstimmen.
Aus der Funktionalgleichung (1.3) und der Definition (1.4) von χ(s) kann man leicht
berechnen, dass
1
1
+ it = ξ
− it
ξ
2
2
10
KAPITEL 1. EINFÜHRUNG
gilt. Mit dem Spielgelungsprinzip sieht man somit, dass ξ 21 + it reell ist.
Diese Informationen verwenden wir nun um Nullstellen von ξ 12 + it zu berechnen:
Wir suchen dabei nach einem Intervall (t1 , t2 ) in dem ξ 21 + it das Vorzeichen wechselt.
Nachdem es sich um eine stetige Funktion handelt, ist somit die
Existenz von einer
1
1
1
ungeraden Nullstelle von ξ 2 + it und damit auch von ζ 2 + it garantiert.
1.6 Die Funktionen Z(t) und θ(t)
Wir werden nun Funktion ξ(s) aus (1.5) auf der kritischen Geraden genauer betrachten.
!!
1
1
1 +it 1
+
it
1
1
− 2 2 2 + it(− 2 + it)
2
ξ
π
+ it = exp log Γ
ζ
+ it
2
2
2
2
−t2 − 14
1
1 it
− 14 − it
2
π
+
ζ
+ it
= exp log Γ
4
2
2
2
#
"
1
2
1 −t −
1 it
4
π− 4
= exp Re log Γ
+
4
2
2
it
1 it
1
+
π− 2 ζ
+ it
× exp i Im log Γ
4
2
2
"
#
1
2
1 −t −
1 it
4
= exp Re log Γ
+
π− 4
4
2
2
1 it
t
1
× exp i Im log Γ
+
− log π
ζ
+ it
.
4
2
2
2
Damit vereinfacht sich die Suche nach einem Vorzeichenwechsel, da der Faktor in der
ersten Klammer eine negative reelle Zahl ist.
Das Vorzeichen von ξ 12 + it ist also entgegengesetzt dem des Faktors in der zweiten
Klammer. Die Standardnotation von diesem Faktor ist Z(t) (in der Literatur wird diese
als Riemann-Siegel- oder auch Hardyfunktion benannt).
1
Z(t) = exp (iθ(t)) ζ
+ it ,
(1.6)
2
wobei θ(t) definiert ist mittels
θ(t) = Im log Γ
1 it
+
4
2
−
t
log π .
2
Abbildung 1.1 zeigt die Z−Funktion im Bereich 0 < t < 50.
1
das heißt entweder eine Nullstelle mit ungerader Multiplikativität oder eine ungerade Anzahl an Nullstellen.
11
KAPITEL 1. EINFÜHRUNG
3
2
1
10
20
30
40
50
-1
-2
-3
Abbildung 1.1: Die Funktion Z(t) für 0 < t < 50.
Mit Hilfe der Funktionalgleichung (1.3) und der Beobachtung χ(s)χ(1 − s) = 1 folgt
für reelles t
1
1
1
Im Z(t) =
exp (iθ(t)) ζ
+ it − exp (−iθ(t)) ζ
− it
2i
2
2
1
1
1
=
exp (iθ(t)) ζ
+ it − exp (−iθ(t)) exp (2iθ(t)) ζ
+ it
2i
2
2
=0.
Deswegen ist Z(t) für t ∈ R reell.
Die Funktion Z(t) besitzt für t > 0 bisher ein bekanntes negatives lokales Maximum bei
t = 2,47, ein positives lokales Minimum ist nicht bekannt. Die Existenz eines weiteren
negativen lokalen Maximums oder eines positiven lokalen Minimums von Z(t), für hinreichend großes t, würde die Riemannsche Vermutung 1.6 widerlegen.
Nach (1.6) gilt
1
ζ
+ it = |Z(t)| .
2
Somit entsprechen die Nullstellen von Z(t) also genau den Nullstellen der Riemannschen
Zetafunktion auf der kritischen Geraden.
p
Mit Hilfe von Satz 1.2 und y = x = t/2π lässt sich die Funktion Z(t) umformen.
X
1
X
1
1
1
1
ζ
+ it =
n− 2 −it + χ
+ it
n− 2 +it + O t− 4 .
2
2
√t
√t
n≤
n≤
2π
12
2π
KAPITEL 1. EINFÜHRUNG
Multiplikation beider Seiten mit exp (iθ(t)) liefert nun
Z(t) = 2
X
n≤
√
1
1
n− 2 cos (θ(t) − t log n) + O t− 4 .
(1.7)
t
2π
Wir wollen nun den Faktor θ(t) weiter vereinfachen. Dafür werden wir die Reihenentwicklungen
log (1 + x) =
∞
X
∞
(−1)k+1
k=1
X
xk
x2k+1
, arctan (x) =
(−1)k
k
2k + 1
k=0
und den folgenden Satz benötigen.
Satz 1.8. (Stirlingsche Formel)
Sei δ > 0. Für |arg(z)| ≤ π − δ gilt
1
1
log Γ(z) = z −
log z − z + log (2π) + O |z|−1 .
2
2
Ein Beweis dieser Aussage findet man zum Beispiel in [3] Seite 55.
Damit gelingt nun
it 1
it 1
it 1
1
1 it
+
= Im
−
log
+
−
+
+ log (2π)
Im log Γ
4
2
2
4
2
4
2
4
2
−1
+O t
t
it 1
1
it 1
t
= Re log
+
− Im log
+
−
2
2
4
4
2
4
2
−1
+O t
t
t
t
1
π 1
1
t
= log
+ log 1 + 2 − + arctan
−
2
2
4
4t
8 4
2t
2
−1
+O t
t
t
1
1
π
1
1
= log
+
−
± ... − +
−
± ...
3
2
2
16t 128t
8 8t 96t3
t
− + O t−1
2 t
t
t
π
= log
− − + O t−1 .
2
2
2 8
Also erhält man insgesamt
t
θ(t) = log
2
t
2π
−
13
t
π
− + O t−1 .
2 8
(1.8)
KAPITEL 1. EINFÜHRUNG
Ebenso lässt sich für die Ableitungen
t
2π
θ00 (t) ∼
1
2t
1
θ (t) = log
2
0
+ O t−2
(1.9)
und
berechnen.
25
20
15
10
5
10
20
30
40
50
Abbildung 1.2: Die Funktion θ(t) für 0 < t < 50.
Ist t > 0 so fällt θ(t) streng monoton bis zu dem Minimum bei t = 6,29. Danach ist θ(t)
eine streng monoton steigende Funktion, wie man in Abbildung 1.2 erkennen kann.
1.7 Die Funktion S(t)
Wenn t nicht der Imaginärteil einer ζ−Nullstelle ist, so definieren wir
1
1
S(t) = arg ζ
+ it ,
π
2
wobei das Argument mittels stetiger Variation entlang der Liniensegmente [2, 2 + it] und
[2 + it, 12 + it], mit S(0) = 0 ermittelt wird. Ist t der Imaginärteil einer Nullstelle, so
definieren wir S(t) = 21 limε→0 {S(t − ε) + S(t + ε)}.
Es gilt
S(t) = O (log t) für t → ∞
und
Z
T
S(t)dt = O (log T ) .
0
14
KAPITEL 1. EINFÜHRUNG
Die erste Aussage zeigt, dass S(t) nur langsam wächst und wurde durch von Mangoldt
(siehe [21], Theorem 9.4) bewiesen. Die zweite Aussage stammt von Littlewood (siehe
[21], Theorem 9.9) und bedeutet, dass der Durchschnittswert von S(t) Null ist.
Unter Annahme der Riemannschen Vermutung 1.6 kann man obige Resultate noch verbessern. So gilt
log t
S(t) = O
log log t
und
T
Z
S(t)dt = O
0
log T
log (log T )2
.
Diese und die folgenden Resultate findet man unter anderem in [21], Kapitel XIV.
Bohr und Landau zeigten, unter Annahme der Riemannschen Vermutung, dass die Ungleichungen
1
1
S(T ) > (log T ) 2 −ε und S(T ) < − (log T ) 2 −ε
für ε > 0 beliebig große Lösungen T besitzen. Dabei genügt es sogar, nur anzunehmen,
dass die Anzahl der Nullstellen außerhalb der kritischen Geraden endlich ist. Außerdem
konnte Selberg auch ohne Annahme der Riemannschen Vermutung zeigen, dass |S(t)|
unbeschränkt ist.
Der folgende Satz 1.9 zeigt, dass es sinnvoll ist, die Funktion S(t) zu untersuchen, da sie
mit der Verteilung der Nullstellen von ζ(s) zusammenhängt.
Satz 1.9.
Es gilt
N (T ) =
1
θ(T ) + S(T ) + 1 .
π
Ein Beweis dieser Aussage findet sich zum Beispiel in [21] Seiten 212-213.
1.8 Grampunkte
Gram bemerkte bei seinen Berechnungen,
dass Re ζ 21 + it die Tendenz hat positiv zu
sein, wohingegen Im ζ 12 + it zwischen positiven und negativen Werten oszilliert. Eine
Auflistung dieser Werte bis zu der Höhe t = 50 findet sich in [5] Tabelle IV. Außerdem stellte
er fest, dass sich die Nullstellen des Imaginärteils mit den Nullstellen von
ζ 21 + it abwechseln.
Wir definieren nun die Grampunkte gν als die eindeutigen Lösungen folgender Gleichung
θ(gν ) = νπ ,
15
(1.10)
KAPITEL 1. EINFÜHRUNG
wobei man zeigen kann, dass diese Gleichung für ν ∈ N mit ν ≥ −1 Lösungen besitzt.
Aufgrund der strengen Monotonie der Funktion θ(t) sind die Grampunkte wohldefiniert.
Für einen Grampunkt gilt mit (1.6) folgendes
1
ζ
+ igν = exp (−iθ(gν )) Z(gν )
2
= (−1)ν Z(gν ) .
Gilt nun ζ 12 + it > 0 für aufeinanderfolgende Grampunkte gν und gν+1 , dann zeigt
obige Gleichung, dass es eine Nullstelle von Z(t) im Intervall (gν , gν+1 ] geben muss und
somit auch eine von ζ 12 + it .
In Abbildung 1.3 erkennt man, dass für 0 < t < 50 die Nullstellen von Z(t) genau
zwischen den Grampunkten liegen.
3
2
1
10
20
30
40
50
-1
-2
-3
Abbildung 1.3: Die Funktion Z(t) mit den ersten 10 Grampunkten für 0 < t < 50.
Betrachten wir Formel (1.7) mit t = gν , so ergibt sich
ν
Z(gν ) = 2 (−1)
1
X cos (gν log n)
−
+ O gν 4 ,
1
√ gν
n2
n≤
2π
wobei die Summe mit einer +1 beginnt. Danach oszillieren die Terme und werden
immer kleiner. Vorausgesetzt, dass es keine große Anzahl an negativen Termen gibt,
16
KAPITEL 1. EINFÜHRUNG
würde diese erste +1 die Summe dominieren. Deshalb kann man erwarten, dass häufig
(−1)ν Z(gν ) ∼ 2 erfüllt ist. Genaueres dazu findet man in [18], Kapitel 2.2.
Betrachten wir nun die Funktion S(t) aus Kapitel 1.7 an den Grampunkten gν , so ergibt
sich mit Satz 1.9
S(gν ) = N (gν ) − ν − 1 .
Also ist S(t) genau an den Grampunkten eine ganze Zahl.
Im Laufe dieser Arbeit werden wir das folgende Resultat von Trudgian (Lemma 1.4.1.
in [18]) häufig benötigen.2
Satz 1.10.
Sei Ng (T ) die Anzahl an Grampunkten gν in [0, T ]. Dann gilt
Ng (T ) =
T
log T + O (T ) .
2π
Also
gν = O
ν
log ν
.
Ist zusätzlich gν , gµ ∈ [T, 2T ] erfüllt, so gilt
gν − gµ ∼
2π(ν − µ)
2π(ν − µ)
∼
.
log ν
log T
Beweis. Die erste Aussage folgt mittels der Definition der Grampunkte (1.10) und (1.8):
Sei ν ∈ N und gν der größte Grampunkt in [0, T ]. Dann gilt
Ng (T ) = ν + 2
1
= θ(gν ) + 2
π
g g
gν
1
ν
ν
=
log
−
+2+O
2π
2π
2π
gν
T
log T + O (T ) .
=
2π
Für den Beweis der zweiten Aussage benötigen wir
νπ = θ(gν )
g g
gν
π
1
ν
ν
=
log
− +O
−
2
2π
2
8
gν
g gν
ν
∼
log
,
2
2π
2
Wir werden hier den Beweis etwas ausführlicher angeben, als er in Trudgians Arbeit steht.
17
(1.11)
KAPITEL 1. EINFÜHRUNG
wobei wir erneut die Definition der Grampunkte (1.10) sowie Gleichung (1.8) verwendet
haben. Logarithmieren von (1.11) liefert nun
g ν
log ν ∼ log gν − log 2 − log π + log log
,
2π
woraus man log ν ∼ log gν schließen kann.
Damit erhalten wir nun aus (1.11)
νπ ∼
gν
log ν
2
bzw. das gewünschte Resultat
gν = O
ν
log ν
.
Die letzte Aussage folgt mit Hilfe des Mittelwertsatzes und der Ableitung (1.9) von θ(t)
θ(gν ) − θ(gµ )
(ν − µ)π
1
=
∼ log gν .
gν − gµ
gν − gµ
2
Damit ergibt sich nun mittels log ν ∼ log gν die gewünschte Aussage.
1.9 Das Gramsche Gesetz
Gram [9] berechnete 1903 die ersten 15
Vorzeichenwechsel der Funktion Z(t) und somit
die ersten 15 Nullstellen von ζ 21 + it . Mittels der Euler-Produktdarstellung zeigte er,
dass dies die einzigen Nullstellen von ζ(s) im kritischen Streifen bis zu der Höhe t = 50
sind. Außerdem bemerkte er, dass jede dieser Nullstellen zwischen aufeinanderfolgenden
Grampunkten liegt.
Seine Arbeit führte 1918 Backlund [1] weiter und berechnete die ersten 79 Nullstellen.
Außerdem zeigte er, dass die Riemannsche Vermutung bis zu der Höhe t = 200 wahr
ist.
1
Hutchinson berechnete (siehe [10]) 1925 die ersten 138 Nullstellen von ζ 2 + it und
definierte, wie folgt, das Gramsche Gesetz.
Definition 1.11. (Gramsches Gesetz)
Gegeben seien die Grampunkte
gν , gν+1 . Das Gramsche Gesetzt besagt, dass es genau
eine Nullstelle von ζ 21 + it für ein t im Intervall (gν , gν+1 ] gibt.
Wörtlich schrieb er in [10] (roots α bezeichnen die Nullstellen der Funktion Z(t), γ die
Grampunkte gν ):
Gram calculatet the first fifteen of the roots α and called attention to the fact that
”
the α0 s and the γ 0 s separate each other. I will refer to this property of the roots as
Gram’s law. Gram expressed believe that this law is not a general one.“
18
KAPITEL 1. EINFÜHRUNG
In seinem Artikel zeigt Hutchinson dann, dass das von ihm definierte Gramsche Gesetz
zwei mal bis zu der Höhe t = 300 verletzt wird.
Das Gramintervall (g125 , g126 ] enthält keine Nullstelle, dafür enthält das darauf folgende Gramintervall (g126 , g127 ] zwei Nullstellen. Ähnlich verhalten sich die Intervalle
(g133 , g134 ] und (g134 , g135 ]. Das erste enthält zwei Nullstellen, das zweite keine.
Wie man in Abbildung 1.4 sieht, liegt der Grampunkt g126 sehr nahe an der Nullstelle von Z(t). Es ist also es sehr knapp, dass das Gramsche Gesetze im Gramintervall
(g125 , g126 ] verletzt wird. Besser erkennt man eine Verletzung des Gramschen Gesetzes
in Abbildung 1.5. Dort sieht man deutlich, dass das Gramintervall (g210 , g211 ] zwei Nullstellen von Z(t) und das darauffolgende Gramintervall (g212 , g213 ] dafür keine Nullstelle
enthält.
281.5
282.0
282.5
283.0
283.5
284.0
-1
-2
-3
-4
-5
-6
-7
Abbildung 1.4: Die Funktion Z(t) für 280,802 < t < 284,104, sowie die Grampunkte g125
bis g127 .
Die Namenswahl Gramsches Gesetz ist also nicht sehr glücklich gewesen, hat sich aber
im Laufe der Zeit durchgesetzt, auch wenn es kein Gesetz im mathematischen Sinn ist.
Man beachte, dass Definition 1.11 sich nicht mit eventuellen Nullstellen außerhalb der
kritischen Geraden im kritischen Streifen befasst. Ihre Existenz würde nicht dem Gramschen Gesetz widersprechen.
Um die Riemannsche Vermutung zu beweisen muss man also noch gesondert zeigen,
dass die gefundenen Nullstellen die einzigen bis zu der gegebenen Höhe im kritischen
Streifen sind. Dies kann zum Beispiel dadurch geschehen, dass man mit der Riemannvon Mangoldt-Formel 1.5 die Anzahl der Nullstellen bis zu einem gewissen T berechnet
und diese mit der Anzahl der Nullstellen von Z(t) vergleicht. Stimmen beide überein,
hat man die Riemannsche Vermutung bis zu der gewissen Höhe bewiesen.
19
KAPITEL 1. EINFÜHRUNG
6
4
2
415
416
417
418
419
420
Abbildung 1.5: Die Funktion Z(t) für 414,102 < t < 420,092, sowie die Grampunkte g210
bis g214 .
Wir betrachen nun die Funktion S(t) aus Kapitel 1.7.
Angenommen es gäbe genau eine Nullstelle von ζ (σ + it) für 0 < σ < 1 im Gramintervall
(gν , gν+1 ] und es sei S(gν ) = λ, dann gilt
1
θ(gν+1 ) − 1
π
= N (gν ) − ν − 1
S(gν+1 ) = N (gν+1 ) −
=λ.
Ebenso kann man zeigen, dass
|S(t) − λ| ≤ 1
im gesamten Intervall gilt. Also induziert das Gramsche Gesetz eine gewisse Beschränktheit von S(t).
Unter der Annahme, dass das Gramsche Gesetz wahr ist kann man nun zeigen, dass S(t)
beschränkt sein muss. Dies steht im Widerspruch zu den Resultaten über die S−Funktion
von Bohr und Landau bzw. Selberg. Somit ist das Gramsche Gesetz unendlich oft falsch.
In Kapitel 2.4 werden wir zeigen, dass das Gramsche Gesetz sogar für einen positiven
Anteil aller natürlichen Zahlen n nicht erfüllt wird.
1.10 Das schwache Gramsche Gesetz
Es existiert eine abgeschwächte Version von Definition 1.11 die manchmal in der Literatur
auch als Gramsches Gesetz definiert wird. Um Verwechslungen auszuschließen werden
wir diese Version als schwaches Gramsches Gesetz bezeichnen.
20
KAPITEL 1. EINFÜHRUNG
Definition 1.12. (schwaches Gramsches Gesetz)
Es seien gν , gν+1 aufeinanderfolgende Grampunkte. Gilt
(−1)ν Z(gν ) > 0 und (−1)ν+1 Z(gν+1 ) > 0 ,
so ist das schwache Gramsche Gesetz erfüllt.
Im Gegensatz zum Gramschen Gesetz besagt das schwache Gramsche Gesetz, dass es in
einem Gramintervall (gν , gν+1 ] eine ungerade Anzahl an Nullstellen gibt. Also muss dort
wenigstens eine Nullstelle existieren.
Titchmarsh zeigte, dass (−1)ν Z(gν ) im Durchschnitt positiv ist (siehe [21] Kapitel X,
§6). Es gibt also unendlich viele Intervalle (gν , gν+1 ], die eine ungerade Anzahl an Nullstellen beinhalten und somit ist das schwache Gramsche Gesetz unendlich oft wahr. Ein
Nebenprodukt von diesem Beweis ist, dass es unendlich viele Nullstellen von ζ( 21 + it)
gibt. Tatsächlich folgt mit denselben Methoden, die wir gegen Ende von Kapitel 1.9
angegeben haben, dass das schwache Gramsche Gesetz auch unendlich oft falsch ist.
In Kapitel 2.4 werden wir zeigen, dass das schwache Gramsche Gesetz für einen positiven
Anteil aller natürlichen Zahlen nicht erfüllt wird. In Kapitel 2.5 werden wir uns dann
mit dem Erfolg beschäftigen und beweisen, dass das schwache Gramsche Gesetz in einem
positiven Anteil aller natürlichen Zahlen erfüllt wird.
Wie man an obigen Bemerkungen sieht ist es also leichter, Aussagen über das schwache
Gramsche Gesetz, als über das Gramsche Gesetz zu treffen.
21
2 Die Arbeit von Trudgian
2.1 Einführung
In seiner Doktorarbeit [18] befasste sich Trudgian mit dem (schwachen) Gramschen
Gesetz. Teilen seiner Arbeit (vor allem Kapitel 3.5 und 3.6) wollen wir in diesem Kapitel
folgen.
Ihm gelang es, wie wir in Kapitel 2.4 zeigen werden, zu beweisen, dass für einen positiven
Anteil aller natürlichen Zahlen n das schwache Gramsche Gesetz 1.12 verletzt ist. Dafür
werden wir das folgende Kapitel 2.2 über ein Resultat von Kai-Man Tsang betreffend
die Potenzmomente der S−Funktion sowie Kapitel 2.3 benötigen.
Danach werden wir uns mit dem Erfolg des schwachen Gramschen Gesetzes 1.12 befassen
und in Kapitel 2.5 zeigen, dass für einen positiven Anteil aller natürlichen Zahlen n das
schwache Gramsche Gesetz wahr ist.
2.2 Der Satz von Kai-Man Tsang
Im folgenden Abschnitt werden wir Theorem 4 aus Kai-Man Tsangs Arbeit [19] beweisen.
Satz 2.1. (Kai-Man Tsang)
Es sei a > 12 , T a < H ≤ T und 0 < h < 1. Für beliebiges k ∈ N gilt
TZ+H
{S(t + h) − S(t)}2k dt
T
n
o
1
= Ak H log (2 + h log T )k + O H (ck)k k k + log (2 + h log T )k− 2
,
wobei c > 0 eine absolute Konstante ist und
Ak =
(2k)!
2k π 2k k!
.
(2.1)
Der Beweis wird am Ende des Abschnittes folgen. Dafür benötigen wir die folgenden drei
Lemmata.
22
KAPITEL 2. DIE ARBEIT VON TRUDGIAN
Lemma 2.2.
Es gelten die Voraussetzungen aus Satz 2.1, ferner sei ε = a − 12 /20.
Für ein beliebiges k ∈ N gilt
TZ+H
S(t) − π −1 Im
T
X
p
−1/2−it
p≤T ε/k
2k
n
o
dt = O H(ck)2k .
In A. Selbergs Artikel [16] (Formel (5.3)) wird dieses Resultat ohne explizite Angabe der
Konstanten in der Form
TZ+H
S(t) − π −1 Im
T
X
−1/2−it
p
p≤T ε/k
2k
dt ≤ c(k)H
bewiesen.
Über die Jahre hat sich der Wert von c(k) immer weiter verbessert. Gosh bewies in [8],
dass c(k) ≤ (ck)4k gilt. Dieses Resultat folgt analog zu dem Beweis von Selberg.
Durch wiederholtes Anwenden von Selbergs Dichtesatz (genauer Lemma 5.2 in [20])
gelang es Tsang in [19] die Ungleichung in Form von Lemma 2.2 zu zeigen.
Lemma 2.3.
Seien {an }, {bn } Folgen komplexer Zahlen. Für beliebige T , H ∈ R gilt:
i)
TZ+H
2
)
(
X
X
X
−it 2
2
an n dt = H
|an | + O
n|an |
n
n
n
T
ii)
TZ+H
T
!
!
X
an n
−it
X
bn n−it dt = H
n
n
X
an bn
n
+O

 X

!1
2
n|an |2
X
n
n
n|bn |2
!1 
2
.

Beweis. Teil i) folgt aus einer Verfeinerung der Hilbertschen Ungleichung von Montgomery und Vaughan (siehe S. 577 in [13]).
Die Verallgemeinerung in Teil ii) kann man wie folgt erhalten:
Für beliebiges u, v ∈ C gilt
uv =
1
|u + v|2 − |u − v|2 + i|u + vi|2 − i|u − vi|2 .
4
23
(2.2)
KAPITEL 2. DIE ARBEIT VON TRUDGIAN
Wir setzen nun U (t) =
P
an n−it und V (t) =
n
P
bn n−it .
n
Sei λ ∈ R mit λ > 0, dann gilt mit (2.2)
U (t)
· λV (t)
λ
2 2
U (t)
1 U (t)
=
+ λV (t) − − λV (t)
4
λ
λ
2
2 !
U (t)
U (t)
+ iλV (t) − i − iλV (t) .
+i λ
λ
U (t)V (t) =
Integration beider Seiten bezüglich t liefert mittels Teil i)
TZ+H
T
2 a
2
1 X an
n
U (t)V (t)dt = H
+ λbn − − λbn 4 n
λ
λ
a
2
a
2 n
n
+i + iλbn − i − iλbn + F (an , bn )
λ
λ
X
=H
an bn + F (an , bn ).
n
Betrachtet man den Fehlerterm F (an , bn ) genauer, so erhält man mit
λ=
X
n|an |2
X
n
!1
4
n|bn |2
n
und Teil i):
(
2 a
2
X an
n
F (an , bn ) = O
n + λbn + − λbn λ
λ
n
a
2 a
2 n
n
+ + iλbn + − iλbn λ
λ
(
)
X a2
=O
n n2 + λ2 b2n λ
n

!1
!1 
2
2
 X
X
=O
n|bn |2
.
n|an |2

 n
n
Insgesamt ergibt sich damit die Behauptung von Teil ii).
Dieses Resultat benötigen wir nun für den Beweis des folgenden Lemmas.
24
KAPITEL 2. DIE ARBEIT VON TRUDGIAN
Lemma 2.4.
Sei {ap } eine Folge komplexer Zahlen, p ∈ P und f (t) der Real- oder Imaginärteil der
Summe
X
ap p−it .
p
Für beliebige T , H ∈ R und k ∈ N gilt
TZ+H
f (t)2k dt = 2−2k

X

2k
|ap̂ |2 P (p̂) + O k k
H

k
p̂
T
X
p |ap |2
p
!k 

,

wobei p̂ = (p1 , . . . , pk ) mit pi ≤ pj für 1 ≤ i ≤ j ≤ k, ap̂ = ap1 · . . . · apk und P (p̂) =
P (p1 , . . . , pk ) sei die Anzahl der Permutationen von p1 , . . . , pk .
Nachdem in p̂ die pi für 1 ≤ i ≤ j ≤ k nicht notwendigerweise verschieden sind, kann
man über die Anzahl der Permutationen von p̂ nur
P (p̂) ≤ k!
aussagen.
Beweis. Wir betrachten den Fall
!
X
f (t) = Re
ap p−it
p
und setzen
P
t
:=
P
ap p−it . Damit ist f (t) =
p
1
2
P
P
+
t
t .
Mit Hilfe des binomischen Lehrsatzes folgt
f (t)
2k
2k X
2k X 2k−m X m
2k
1
=
.
t
t
2
m
m=0
Somit erhalten wir mit
TZ+H
Im :=
X 2k−m X m
t
t
dt, m = 0, 1, . . . , 2k
T
durch Vertauschung von Summation und Integration
TZ+H
2k
−2k
f (t) dt = 2
2k X
2k
Im .
m
m=0
T
25
(2.3)
KAPITEL 2. DIE ARBEIT VON TRUDGIAN
Für beliebiges τ, ν ∈ N ergibt sich nach Teil ii) aus Lemma 2.3
TZ+H
X τ X ν
t
t
TZ+H
=
T
ap p−it
X
dt
p
!
An n
X
−it
Bn
n−it
dt
n
n
T
An B n + O

 X

n
und
ap p−it
!
X
=
wobei
X
p
T
TZ+H
=H
!ν
!τ
X
!1
2
n|An |2
X
n|Bn |2
n
n
(
ap1 · . . . · apτ P (p1 , . . . , pτ )
An :=
0
für n = p1 · . . . · pτ ,
sonst
(
ap1 · . . . · apν P (p1 , . . . , pν )
Bn :=
0
für n = p1 · . . . · pν ,
sonst.
Mittels der eindeutigen Primfaktorzerlegung folgt
 P

|ap1 · . . . · apτ |2 P (p1 , . . . , pτ )2
X
p
,...,p
τ
1
An B n =
0
n
P
Außerdem gilt (mit Hilfe von
für τ = ν,
sonst.
n|An |2 = 0 im Fall von n 6= p1 · . . . · pτ )
n
X
n
n|An |2 ≤
X
p1 · . . . · pτ |ap1 · . . . · apτ |2 P (p1 , . . . , pτ )
p1 ,...,pτ
X
≤ τ!
p1 · . . . · pτ |ap1 · . . . · apτ |2
p1 ,...,pτ
!τ
X
= τ!
p|ap |2
.
p
Analog kann man
!ν
X
n|Bn |2 ≤ ν!
n
X
p
schließen.
26
p|ap |2
!1 
2

,
KAPITEL 2. DIE ARBEIT VON TRUDGIAN
Somit ergibt sich
TZ+H
Im =
X 2k−m X m
t
t
dt
T


!m ! 1 
!2k−m  12



2


P
P
P



H |ap̂ |2 P (p̂) + O (2k − m)!
m!
p|ap |2
p|ap |2





p
p


 p̂
1

=
!2k−m  21
!m ! 2







P
P

2
2



m!
p|a
|
0
+
O
(2k
−
m)!
p|a
|

p
p




p
p





!k 




P
P

2 P (p̂) + O k!
2

|a
|
p|a
|
H

p

 p̂ p̂


p

=
!k 


p

P

2

(2k
−
m)!m!
p|a
|
O

p


 
für k = m,
sonst.
p
Einsetzen von Im in (2.3) liefert nun das gewünschte Endergebnis:
TZ+H
−2k
2k
f (t) dt = 2
2k X
2k
Im
m
m=0
T

!k 
X


X
2k
H
|ap̂ |2 P (p̂) + O k!
p|ap |2
= 2−2k


k
p
p̂

!k 
2k p

X
X
2k
2
−2k
p|ap |
(2k − m)!m!
+2
O


m
m=0
p
m6=k

!k 
X


X
2k
= 2−2k
H
|ap̂ |2 P (p̂) + O k k
p|ap |2


k
p
p̂


!k


2k
 X

X
(2k)!
2
−2k
p
p|ap |
+O
2

(2k − m)!m! 
 p

m=0
m6=k

!k 
X


X
2k
= 2−2k
H
|ap̂ |2 P (p̂) + O k k
p|ap |2
.


k
p
p̂
!
Der Fall f (t) = Im
P
ap p−it
folgt analog.
p
27
KAPITEL 2. DIE ARBEIT VON TRUDGIAN
Mit Hilfe dieser Vorarbeit gelingt uns nun der Beweis des Satzes von Kai-Man Tsang.
Beweis von Satz 2.1.
ε
Es gelten die Voraussetzungen aus Satz 2.1, ferner sei ε = a − 12 20, x = T k ,




X
X
p−1/2−it (p−ih − 1) .
p−1/2−it  und P (t) = π −1 Im 
Q(t) = S(t) − π −1 Im 
p≤x
p≤x
Mittels Lemma 2.4 folgt
TZ+H
P (t)2k dt = 2−2k
 
k 


X


X
2k
2
2
k
,
p|ap |
H
|ap̂ | P (p̂) + O k


k


T
(2.4)
p≤x
p̂≤x
wobei ap := π −1 p−1/2 (p−ih − 1) für p ≤ x.
Die Summe des Hauptterms von (2.4) lässt sich folgendermaßen umformen
X
X
|ap̂ |2 P (p̂) =
|ap1 |2 · . . . · |apk |2 P (p1 , . . . , pk )
p̂≤x
(p1 ,...,pk )
pj ≤x



k



X
2

= k!
|ap |
− O k!


p≤x


X
p̂≤x
∃pi =pj für i6=j
o.B.d.A i=1,j=2
|ap̂ |2









 

k
2 



X
X
X
= k! 
|ap |2  − O k! 
|ap |2  
|ap3 · . . . · apk |2 


p≤x
p≤x
(p3 ,...,pk )≤x



k


k−2




X
X
X
2
2
4 
2

= k!
|ap |
− O k!k
|ap |
|ap |
.
(2.5)




p≤x
p≤x
p≤x
Mittels des Haupt- bzw. Fehlerterms unterscheiden wir dabei, ob die pi für i = 1, . . . , k
verschieden sind oder nicht.
28
KAPITEL 2. DIE ARBEIT VON TRUDGIAN
Wir wenden uns nun der öfters auftauchenden Summe
X
p≤x
|ap |2 = π −2
P
p≤x |ap |
2
zu:
2
X 1 2 p− 2 p−ih − 1
p≤x
2
X
−ih
−1 −ih −2
2
p
=π
p − 2 Re p 1 + 1
p≤x


= 2π −2 
X
p≤x
p−1 −
X
p−1 cos (h log p) .
(2.6)
p≤x
Mit Hilfe des Primzahlsatzes 1.1 und Abelscher Teilsummation ergibt die erste Summe
in (2.6)
Z x
X
1
1
p−1 = π(x) +
π(u) 2 du
x
u
2
p≤x
x
1
=
+ log(log u) + O (1)
log x
2
= log (log x) + O (1) .
Die zweite Summe von (2.6) können wir, wieder mit dem Primzahlsatz 1.1 und Abelscher
Teilsummation, wie folgt umformen:


X
X
X
1
pih−1 +
p−ih−1 
p−1 cos (h log p) = 
2
p≤x
p≤x
p≤x
ih
Z x ih−1
1 x
u
=
+ (1 − ih)
du
2 log x
2 log u
Z x −ih−1 x−ih
u
+
+ (1 + ih)
du + O (1)
log x
log u
2
Z h log x
Z h log x
cos v
sin v
=
dv + h
dv + O (1)
v
v
h log 2
h log 2
1
= log min log x,
+ O (1) ,
h
wobei der letze Schritt mittels der Fallunterscheidung h log x < 1, h log x ≥ 1 gewonnen
wird.
Mit unserer Wahl x = T ε/k ergibt sich (2.6) schließlich zu
X
1
2
−2
+ O (1)
|ap | =2π
log(log x) − log min log x,
h
p≤x
=2π −2 log (2 + h log T ) + O (log k) .
29
(2.7)
KAPITEL 2. DIE ARBEIT VON TRUDGIAN
Einsetzen von (2.5) und (2.7) in (2.4) liefert
 
k
TZ+H
X
2k

|ap |2 
H k! 
P (t)2k dt = 2−2k
k
p≤x
T



k−2 




X
X

2
4 
2
−O k!k
|ap |
|ap |





p≤x
p≤x
 
k 




X
2
k
p|ap |
+O k




p≤x
(2k)!
H log (2 + h log T )k
n
o
+ O H(c1 k)k log k log (2 + h log T )k−1 + log k k−1
n
o
= O H(c2 k)k log (2 + h log T )k + log k k
.
=
2k π 2k k!
(2.8)
(2.9)
Nach Lemma 2.2 gilt für Q(t)
TZ+H
o
n
Q(t)2k dt = O H(c3 k)2k .
T
Wir setzten nun U (t) = Q(t + h) − Q(t), dann ergibt sich
TZ+H
2k
TZ+H
U (t) dt =
T
o
n
O Q(t + h)2k − Q(t)2k dt
T
o
n
= O H(c4 k)2k .
(2.10)
Für unser gesuchtes Integral über die Potenzmomente der S−Funktion können wir bis
30
KAPITEL 2. DIE ARBEIT VON TRUDGIAN
jetzt folgendes aussagen:
TZ+H
2k
{S(t + h) − S(t)}
TZ+H
dt =
T
T
TZ+H
=
{Q(t + h) − Q(t) + P (t)}2k dt
{U (t) + P (t)}2k dt
T
TZ+H
 T +H
 Z
=
P (t)2k dt + O ck5
|P (t)|2k−1 |U (t)| dt

T
T

TZ+H

+ ck6
U (t)2k dt .
(2.11)

T
Nach Anwendung der Hölderschen-Ungleichung, (2.9) und (2.10) ist das erste Integral
im O-Term von (2.11) gleich
TZ+H
T

1 
 T +H
 2k
 2k−1
2k


Z

 TZ+H
2k−1
2k
2k

U (t) dt
|P (t)|
|U (t)| dt = O 
P (t) dt




T
T
2k−1
2k
=O
H(c2 k)k log (2 + h log T ) + log k k
1
2k 2k
× H(c4 k)
o
n
1
1
.
= O H(c7 k)k log (2 + h log T )k− 2 + log k k− 2
Damit ergibt sich nun mittels (2.1) und (2.8) aus (2.11) das gesuchte Endergebnis
TZ+H
{S(t + h) − S(t)}2k dt = Ak H log (2 + h log T )k
T
n
o
+ O H(c1 k)k log k log (2 + h log T )k−1 + log k k−1
n
1
1
+ O ck5 H(c7 k)k log (2 + h log T )k− 2 + log k k− 2
o
+ ck6 H(c4 k)2k
= Ak H log (2 + h log T )k
o
n
1
+ O H(c8 k)k k k + log (2 + h log T )k− 2
.
31
KAPITEL 2. DIE ARBEIT VON TRUDGIAN
2.3 Ein Resultat über NG (T )
In diesem Abschnitt werden wir ein Resultat von Trudgian (Theorem 3.5.2, [18]) über die
Anzahl der Gramintervalle, die keine oder mehr als eine Nullstelle von ζ(s) beinhalten,
beweisen. Dafür werden wir die folgenden Abkürzungen benutzen.
Für j = 0, 1, 2, . . . nennen wir ein Gramintervall ein Fj −Intervall, wenn es genau j Nullstellen von ζ(s) enthält, wobei wir auch Nullstellen außerhalb der kritischen Geraden
mitzählen (damit meinen wir, dass das Gramintervall die Imaginärteile von j Nullstellen
von ζ(s) enthält).
NFj (T ) bezeichne die Anzahl der Fj −Intervalle zwischen T und 2T . Ein F1 −Intervall
enthält also genau eine ζ-Nullstelle und damit ist auf diesen Intervallen das Gramsche
Gesetz erfüllt.
Außerdem sei die Anzahl der nicht F1 −Intervalle zwischen T und 2T mit NG (T ) bezeichnet, es gilt also
NG (T ) = NF0 (T ) + NF2 (T ) + NF3 (T ) + . . . .
Satz 2.5.
Für hinreichend großes T gilt
T log T NG (T ) .
Beweis. Wir betrachten Satz 2.1 für den Fall k = 1 und nehmen H = T an.
Dann ergibt sich1
Z
2T
I(T ) =
|S(t + h) − S(t)|2 dt
T
=π
−2
n
o
1
T log (2 + h log T ) + O T log (2 + h log T ) 2 .
(2.12)
Mit h log T → ∞ folgt somit die asymptotische Beziehung
I(T ) ∼ π −2 T log (2 + h log T ) .
Wir wählen nun h = c0 (log T )−1 , wobei co groß genug sei, um in (2.12) die Dominanz
des Hauptterms über den Fehlerterm zu gewährleisten. Später werden wir noch weitere
Anforderungen an c0 stellen, so dass der endgültige Wert von c0 noch größer werden
kann.
Für ein δ = δ(c0 ) > 0 gilt somit
π −2 − δ T log (2 + h log T ) ≤ I(T ) ≤ π −2 + δ T log (2 + h log T ) .
(2.13)
Wir nehmen nun an, dass [T, 2T + h] vollständig mit F1 −Intervallen bedeckt ist.
Dann folgt für alle t ∈ [T, 2T + h], dass |S(t + h) − S(t)| ≤ 2 gilt (dies erfolgt mit Hilfe
1
In Trudgians Arbeit [18] steht anstelle von log (2 + h log T ) der Term log (3 + h log T ).
32
KAPITEL 2. DIE ARBEIT VON TRUDGIAN
der Bemerkung gegen Ende von Kapitel 1.9).
Damit ergibt sich im Widerspruch zu (2.13)
Z 2T
I(T ) =
|S(t + h) − S(t)|2 dt ≤ 4T .
T
Also war unsere Annahme falsch und es muss Verletzungen des Gramschen Gesetzes in
[T, 2T + h] geben.
Die Folgen {in }, {jn } seien Indizes von Grampunkten, so dass (gin , gjn ] von F1 −Intervallen
bedeckt wird und in (gjn , gin+1 ] keine F1 −Intervalle liegen. Also ist
kn = in+1 − jn
die Anzahl an aufeinanderfolgenden nicht−F1 −Intervalle und es folgt
X
kn = NG (T ) .
n
Gilt gin ≤ t ≤ t + h ≤ gjn , so ist nach obigem |S(t + h) − S(t)| ≤ 2.
Dies führt zu der Definition
J := t ∈ [T, 2T ] ∃n : gin ≤ t ≤ t + h ≤ gjn
und es ergibt sich
Z
|S(t + h) − S(t)|2 dt ≤ 4T .
J
Wir definieren nun J als das Komplement von J in [T, 2T ].
Dann liegt t in J wenn entweder t ∈ [gin , gjn ] und t + h ≥ gjn oder t ∈ (gjn , gin+1 ] gilt.
Der erste Fall impliziert gjn − h < t ≤ gjn und beide Fälle zusammen ergeben schließlich
gjn − h < t ≤ gin+1 .
Diese Intervalle können sich in [T, 2T ] überlappen und es folgt
[
J⊂
(gjn − h, gin+1 ] .
Mit Satz 1.10 erhalten wir
[
(gjn − h, gin+1 ]
n
X
≤
h + gin+1 − gjn
J ≤
n
X
in+1 − jn
h+
log T
n
1
= NG (T ) h +
.
log T
33
(2.14)
KAPITEL 2. DIE ARBEIT VON TRUDGIAN
Insgesamt wollen wir eine Abschätzung für NG (T ) erreichen. Wir benötigen also noch
eine Abschätzung von (2.14) nach unten.
Mit (2.13) und den Definitionen von J und J erhalten wir
Z
(2.15)
π −2 − δ T log (2 + h log T ) ≤ I(T ) ≤ 4T + |S(t + h) − S(t)|2 dt .
J
Im Moment haben wir h = c0 (log T )−1 gewählt, mit einem c0 das groß genug ist um die
Dominanz des Hauptterms
in (2.12) zu gewährleisten. Wählen wir nun zusätzlich c0 so,
dass die Größe π −2 − δ T log (2 + h log T ) größer als 5T ist, dann ergibt (2.15)
Z
T ≤
|S(t + h) − S(t)|2 dt .
(2.16)
J
Mittels der Cauchy-Schwarzschen Ungleichung gilt für die rechte Seite
Z
1 Z
1
2
2
4
1dt
|S(t + h) − S(t)| dt
×
Z
2
1 × |S(t + h) − S(t)| dt ≤
J
J
J
1
= J 2 ×
Z
4
1
|S(t + h) − S(t)| dt
2
.
J
Wir wenden nun erneut Satz 2.1, diesmal für k = 2, an und erhalten mit T = H
Z
1
2
1
T 2 log (2 + h log T ) .
|S(t + h) − S(t)| dt
4
J
Somit folgt aus (2.16) mit obigem
T |J|
1
T 2 log (2 + h log T )
|J|
1
T2 ,
2
2
1
1
wobei die zweite Abschätzung von unserer Wahl h = c0 (log T )−1 kommt.
Zusammen mit (2.14) liefert dies letztendlich unser gesuchtes Resultat
T NG (T ) h +
1
log T
1
bzw.
T log T NG (T ) .
34
2
1
T2 ,
KAPITEL 2. DIE ARBEIT VON TRUDGIAN
2.4 Misserfolg des schwachen Gramschen Gesetzes
Trudgian [18] zeigt seinem in Kapitel 3.3 (folgend einem Resultat von Titchmarsh), dass
das Gramsche Gesetz unendlich oft nicht erfüllt wird. Dies folgt somit auch für das
schwache Gramsche Gesetz.
Im folgenden Abschnitt wollen wir nun die stärkere Behauptung, dass das schwache
Gramsche Gesetz für einen positiven Anteil aller natürlichen Zahlen n verletzt wird,
zeigen. Dabei folgen wir Kapitel 3.5.3. von Trudgian [18].
Mit Satz 1.10 folgt
NF0 (T ) + NF1 (T ) + NF2 (T ) + . . . = Ng (2T ) − Ng (T )
T
=
log T + O (T ) .
2π
(2.17)
Nachdem alle Nullstellen von ζ(s) in [T, 2T ] innerhalb von Gramintervallen liegen folgt
mittels Satz 1.9
NF1 (T ) + 2NF2 (T ) + . . . + kNFk (T ) + . . . = N (2T ) − N (T )
T
T
T
log
−
+ O (log T )
=
2π
2π
2π
T
=
log T + O (T ) .
(2.18)
2π
Subtrahiert man nun (2.17) von (2.18) so erhält man
O (T ) = − NF0 (T ) + NF2 (T ) + 2NF3 (T ) + . . . + (k − 1)NFk (T ) + . . .
≥ − NF0 (T ) + NF2 (T ) + NF3 (T ) + . . . + NFk (T ) + . . . .
Addition von 2NF0 (T ) auf beiden Seiten und Anwenden von Satz 2.5 liefert
2NF0 (T ) + O (T )
≥
NF0 (T ) + NF2 (T ) + NF3 (T ) + . . . + NFk (T ) + . . . = NG (T )
T log T
Ng (2T ) − Ng (T ) ,
wobei der letzte Schritt mittels Satz 1.10 erfolgt ist.
Damit erhalten wir nun
c
T
NF0 (T )
≥ +O
Ng (2T ) − Ng (T )
2
Ng (2T ) − Ng (T )
c
1
= +O
.
2
log T
Wir haben somit die folgende Aussage bewiesen.
35
KAPITEL 2. DIE ARBEIT VON TRUDGIAN
Satz 2.6.
Für hinreichend großes T enthält ein positiver Anteil von Gramintervallen zwischen T
und 2T keine Nullstelle von ζ(s).
Daraus folgt unmittelbar, dass das schwache Gramsche Gesetz zu einem positiven Anteil
aller natürlichen Zahlen n verletzt wird. Nach der Definition 1.11 gilt dieses dann auch
für das Gramsche Gesetz.
Über die Anzahl der F0 −Intervallen kann man mit obigem folgendes aussagen:
NF0 (T ) T log T .
Damit ist die Größenordnung von NF0 (T ) bestimmt.
Wir wenden uns daher nun den Gramintervallen zu, die eine oder mehr Nullstellen von
ζ(s) enthalten.
2.5 Erfolg des schwachen Gramschen Gesetzes
Titchmarsh zeigte in Kapitel 10.6 in [21], dass das schwache Gramsche Gesetz 1.12
unendlich oft erfüllt wird. Insbesondere zeigt er, dass es eine unendliche Anzahl an
Gramintervallen gibt, die eine ungerade Zahl an Nullstellen von ζ 12 + it enthalten.
Wir wollen nun folgendes Resultat (Theorem 3.6.1. in [18]) zeigen.
Satz 2.7.
Für hinreichend große T existiert ein M ∈ N, sodass es einen positiven Anteil von
Gramintervallen zwischen
T und 2T gibt, die wenigstens eine und nicht mehr als M
Nullstellen von ζ 21 + it enthalten.
Beweis. Wir wählen h so klein, dass h log T 1 gilt und setzten H = T .
Dann erhält man aus Satz 2.1
Z 2T
|S(t + h) − S(t)|2k dt (c1 k)2k T .
(2.19)
T
Angenommen, das Gramintervall (gν , gν+1 ] enthält genau m Nullstellen und S(gν ) = λ.
Nachdem S(t) innerhalb eines Gramintervalles nicht mehr als um eins abnehmen kann
folgt somit
S(gν−1 ) ≤ λ + 1, S(gν+2 ) ≥ λ + m − 2
und
S(gν+1 ) = m + N (gν ) − (ν + 1) − 1 = λ + m − 1 .
4π
Wir wählen nun h = log
T . Nach Satz 1.10 entspricht h asymptotisch zwei mal der Länge
eines Gramintervalles.
36
KAPITEL 2. DIE ARBEIT VON TRUDGIAN
Also gilt |S(t + h) − S(t)| > m − 2 über einem Intervall [t, t + h] der Länge h (log T )−1 .
Existieren also NFm (T ) solcher Intervalle zwischen T und 2T , so folgt aus (2.19)
2k
T (c1 k)
Z
2T
|S(t + h) − S(t)|2k dt
T
(m − 2)2k NFm (T )
,
log T
bzw.
NFm (T )
T log T
c1 k
m−2
2k
.
(2.20)
Unser Ziel ist es nun, die rechte Seite von (2.20) zu minimieren. Dazu wählen wir ein
k > 0 in Abhängigkeit von m und schreiben zur Abkürzung
F (k) = F (m, k) =
c1 k
m−2
2k
.
Es lässt sich leicht berechnen, dass2
F 0 (k) = 0 ⇐⇒ k = k ∗ :=
m−2
c1 e
und F 00 (k ∗ ) > 0 gilt. Somit wird bei k ∗ ein echtes Minimum angenommen und wir
erhalten
F (k ∗ ) e−c2 m .
Nachdem Satz 2.1 nur für natürliche Zahlen k gilt, betrachten wir
m−2
m−2
0
k ∈
,
+1 ,
c1 e
c1 e
wobei die Gaußklammer mittels
[x] := max l
l∈Z, l≤x
definiert ist.
Wir wählen k 0 nun so, dass es von k ∗ die maximale Differenz
1
2
hat und erhalten
F (k 0 ) e−c3 m .
Formel (2.20) ergibt dann
NFm (T )
e−c4 m .
T log T
2
(2.21)
In Trudgians Arbeit [18] hat sich ein kleiner Rechenfehler eingeschlichen. So hat er anstatt der 2 eine
4 stehen.
37
KAPITEL 2. DIE ARBEIT VON TRUDGIAN
cj ein Gramintervall mit j Nullstellen
Es sei j = 0, 1, 2, . . . und wir bezeichnen mit F
von ζ(s), von denen wenigstens eine auf der kritischen Geraden liegt. Die Anzahl an
cj −Intervallen in zwischen T und 2T sei N c (T ). Offensichtlich gilt dann nach der
F
Fj
Definition der Fj
NFcj (T ) ≤ NFj (T ) .
(2.22)
Die Anzahl der Nullstellen von ζ(s) auf der kritischen Geraden bezeichnen wir mit N0 (T ),
also
1
N0 (T ) = ] ζ(s) = 0 σ = , 0 < t < T .
2
Nach Theorem 10.7 in [21] gibt es einen positiven Anteil von Nullstellen auf der kritischen
Geraden3 . Es exisitert somit eine Konstante c5 , so dass
N0 (2T ) − N0 (T )
T log T
∞
X
1
≤
mNFd
(T ) .
m
T log T
0 < c5 <
(2.23)
m=1
Mit Hilfe von (2.21) und (2.22), sieht man, dass die rechte Seite von obiger Ungleichung
konvergent ist.
Wir wählen nun ε > 0 und M so groß, dass
1
T log T
∞
X
mNFd
(T ) < c5 − ε .
m
m=M +1
gilt.
Damit ergibt sich (2.23) schließlich zu
M
X
1
mNFd
(T )
0<ε<
m
T log T
<
M
T log T
m=1
M
X
NFd
(T ) .
m
m=1
Die Anzahl der Gramintervalle zwischen T und 2T , die wenigstens eine Nullstelle, aber
nicht mehr als M Nullstellen von ζ(s) enthalten, ist somit wenigstens von der Form
cT log T .
Bis jetzt wurde noch nicht bewiesen, ob das Gramsche Gesetz unendlich oft wahr ist
oder nicht. Die Schwierigkeit besteht darin, dass man NFm (T ) für kleine m untersuchen
müsste, allerdings ist das zugehörige Verhalten der Funktion S(t) nicht klar erkennbar. Benutzt man die Potenzmomente der S−Funktion so kann man eine Menge von
3
Nach [4] liegen sogar mehr als 41% der Nullstellen auf der kritischen Geraden.
38
KAPITEL 2. DIE ARBEIT VON TRUDGIAN
F1 −Intervallen nicht von einer Menge von alternierenden F0 − und F2 −Intervallen unterscheiden. Man müsste die Mengen NFm (T ) also mit anderen Methoden untersuchen.
Der obige Beweis baut darauf auf zu zeigen, dass Fm −Intervalle für große m exponentiell
selten sind.
Intuitiv würde man annehmen, dass der Wert von NFm (T ) mit wachsendem m sich
ständig verringert. Könnte man solch ein Verhältnis zeigen, würde daraus folgen, dass es
einen positiven Anteil von Gramintervallen gibt, in denen das Gramsche Gesetz erfüllt
ist. Jedoch ist bis jetzt noch kein solcher Beweis bekannt.
39
3 Die Dedekindsche Zetafunktion
3.1 Einführung
In diesem Kapitel werden wir die Arbeit von Trudgian [18] fortführen und sie auf Dedekindsche Zetafunktionen erweitern. Dabei werden wir zeigen, dass sich unter gewissen
Annahmen die Beweise aus den Kapiteln 2.4 und 2.5 auch auf den allgemeineren Fall
übertragen lassen.
Wir werden es nicht besonders kennzeichnen, wenn die Konstanten der O−Abschätzungen von Konstanten des Zahlkörpers abhängig sind.
3.2 Eigenschaften von ζK (s)
Es sei K im Folgenden stets ein Zahlkörper vom Grad N = [K : Q], also
K := Q(α) = bN −1 αN −1 + . . . + b1 α + b0 | b0 , . . . , bN −1 ∈ Q
mit einer algebraischen Zahl α.
Der Ring der ganzen Zahlen OK übernimmt in K die Rolle, die Z in Q hat und wird
folgendermaßen definiert:
Definition 3.1.
Die Menge OK der ganzalgebraischen Zahlen in K bildet einen Ring und heißt Ring der
ganzen Zahlen von K.
Die Dedekindsche Zetafunktion zum Zahlkörper K ist für σ > 1 definiert durch die
absolut konvergente Reihe
X
ζK (s) =
N (a)−s
a
=
X
an n−s ,
n∈N
wobei die erste Summe über alle von Null verschiedenen ganzen Ideale a von OK erhoben
wird und N (a) die Norm von a sei. In der zweiten Summe bezeichne an die Anzahl aller
solchen Ideale mit Norm n.
Die Dedekindsche Zetafunktion besitzt wegen der eindeutigen Primidealzerlegung und
der Multiplikativität der Norm für σ > 1 eine Darstellung als Eulerprodukt
Y
ζK (s) =
(1 − N (P)−s )−1 .
P
40
KAPITEL 3. DIE DEDEKINDSCHE ZETAFUNKTION
Hierbei läuft das Produkt über alle Primideale P (siehe [12], Satz 141).
Nachdem kein Term des Eulerproduktes verschwinden kann, gilt ζK (s) 6= 0 in der Halbebene σ > 1.
ζK (s) lässt sich analytisch nach ganz C fortsetzen mit einem einfachen Pol in s = 1
und genügt der Funktionalgleichung (siehe [12], Satz 155, Teil 1 und 2)
ΛK (s) = ΛK (1 − s) ,
wobei
ΛK (s) = Γ
s r 1
2
Γ(s)
rs
!s
p
|DK |
N
π 2 2r2
ζK (s) .
(3.1)
Dabei bezeichnen wir mit DK die Diskriminante des Zahlkörpers. Die Anzahl reeller
Einbettungen sei r1 und r2 sei die Anzahl von Paaren komplex konjugierter Einbettungen in K. Die Größe (r1 , r2 ) heißt Signatur des Zahlkörpers.
Die Funktion ΛK (s) ist meromorph in ganz C und besitzt zwei Polstellen in s = 0 und
s = 1.
Mit den Eigenschaften der Gammafunktion und obiger Funktionalgleichung lassen sich
nun die sogenannten trivialen Nullstellen im Bereich σ < 0 berechnen. Ihre genaue Lage
und Vielfachheit hängt von der Signatur des zugrundeliegenden Zahlkörpers ab (vergleiche hierzu [12], Satz 155, Teil 3).
Es sei r = r1 + r2 − 1. Für r = 0 hat ζK in s = 0 keine Nullstelle. Ist r > 0 so existiert
eine Nullstelle r−ter Ordung. In den negativen geraden Zahlen besitzt ζK (s) Nullstellen (r + 1)−ter Ordung. In den negativen ungeraden Zahlen existieren für r2 = 0 keine
Nullstellen, für r2 > 0 Nullstellen r2 −ter Ordung.
Alle weiteren Nullstellen liegen (nach [12], Satz 155, Teil 4) im kritischen Streifen
0 ≤ σ ≤ 1 und werden nichttriviale Nullstellen genannt. Anhand der Funktionalgleichung kann man sehen, dass diese symmetrisch zur reellen Achse und zur kritischen
Geraden σ = 21 liegen müssen. Wie schon bei der Riemannschen Zetafunktion werden
wir im Weiteren auf den Zusatz ’nichttrivial’ verzichten und diese nur als Nullstellen
bezeichnen.
Man beachte, dass die Riemannsche Zetafunktion der Dedekindschen zum Zahlkörper Q
entspricht (d.h. N = 1 , r1 = 1 , r2 = 0 , DQ = 1).
Es existiert ein Analogon zur Riemannschen Vermutung 1.6 für die Dedekindsche Zetafunktion. Diese besagt ζK (s) 6= 0 für σ > 21 .
Tollis hat dies in seiner Arbeit [17] für Zahlkörper vom Grad 3 (bzw. 4) mit kleiner
Diskriminante bis zu einer Höhe von 92 (bzw. 40) mit Hilfe von Computern verifiziert.
41
KAPITEL 3. DIE DEDEKINDSCHE ZETAFUNKTION
3.3 Weitere Funktionen und Grampunkte
Ist t nicht Imaginärteil einer Nullstelle, so definieren wir
1
1
+ it .
SK (t) = arg ζK
π
2
(3.2)
Anderenfalls setzten wir SK (t) = 12 limε→0 {SK (t + ε) + SK (t − ε)}. Das Argument wird
mittels stetiger Variation entlang der Liniensegmente [2, 2 + it] und [2 + it, 12 + it] ermittelt, hierbei setzt man S(0) = 0.
Will man die Nullstellen der Dedekindschen Zetafunktion auf der kritischen Geraden
untersuchen so bietet es sich an die Funktion ΛK (s) aus (3.1) zu betrachten. Die Nullstellen beider Funktionen stimmen überein,
allerdings gilt mit dem Spiegelungsprinzip
1
und der Funktionalgleichung: ΛK 2 + it ∈ R für t ∈ R. Durch das Suchen der Vorzeichenwechsel der reellen, stetigen Funktion ΛK (s) finden wir also die Nullstellen ungerader
Ordnung von ζK (s) (verlgeiche hierzu den Riemannschen Fall in Kapitel 1.6).
Analog zu Kapitel 1.7 erhält man durch Umformen und Normieren von ΛK 12 + it :
!
p
|DK |
1
1 it
+
+ r2 log Γ
+ it
+ t log
.
θK (t) = Im r1 log Γ
N
4
2
2
2r2 π 2
Damit erhält man die Funktion
ZK (t) = exp (iθK (t)) ζK
1
+ it .
2
(3.3)
Diese ist für t ∈ R reellwertig und t0 ist genau dann eine Nullstelle von ZK (t), wenn
1
2 + it0 eine Nullstelle von ζK (s) ist.
Die Funktion θK (t) kann nach Lemma 4.4 in [17] wie folgt umgeformt werden
N !
t
t
t
π
1
θK (t) = log |DK |
− N − r1 + O
.
(3.4)
2
2π
2
8
t
Für ihre Ableitung gilt
1
0
θK
(t) = log |DK |
2
t
2π
N !
+O
1
t2
.
(3.5)
Sei NK (T ) die Anzahl der Nullstellen von ζK (s) der Form s = σ + it mit 0 ≤ σ ≤ 1 und
0 ≤ t ≤ T . Mit (3.2) und (3.4) ergibt sich
1
θK (T ) + SK (T ) + 1 .
(3.6)
π
Analog zu Satz 1.5 existiert auch für die Nullstellenzählfunktion der Dedekindschen
Zetafunktion eine Riemann-von Mangoldt-Formel:
NK (T ) =
NK (T ) =
log |DK | − N − N log (2π)
NT
log T +
T + O (log T ) .
2π
2π
42
(3.7)
KAPITEL 3. DIE DEDEKINDSCHE ZETAFUNKTION
Für einen Beweis dieser Aussage siehe [12], Satz 171.
Den ν-ten Grampunkt der Dedekindschen Zetafunktion definieren wir als die eindeutige Lösung von
θK (gν ) = νπ ,
(3.8)
wobei ν ≥ −1 gilt. Aufgrund der strengen Monotonie von θK (t) (siehe [17], Lemma 4.4)
ist dies wohldefiniert.
Gleichung (3.3) liefert an den Grampunkten
1
ν
ZK (gν ) = (−1) ζK
+ igν .
2
Besitzt ζK 12 + it an zwei aufeinanderfolgenden Grampunkten t = gν , gν+1 dasselbe
Vorzeichen, so muss eine Nullstelle von ZK (t) und somit auch eine von ζK 21 + it im
Gramintervall (gν , gν+1 ] liegen.
Wir definieren nun das (schwache) Gramsche Gesetz für die Dedekindsche Zetafunktion.
Definition 3.2. (Gramsches Gesetz für Dedekindsche Zetafunktionen)
Gegeben seien die Grampunkte gν , gν+1 . Man sagt das Intervall
(gν , gν+1 ] erfüllt das
Gramsche Gesetz, wenn es genau eine Nullstelle von ζK 12 + it enthält.
Wie wir oben gesehen haben, finden wir Nullstellen von ζK 12 + it in einem Gramintervall, indem wir ZK (t) dort auf Vorzeichenwechsel untersuchen. Umgekehrt können wir
aus einem Vorzeichenwechsel an den Intervallgrenzen lediglich schließen, dass eine ungerade Anzahl an ζK −Nullstellen in diesem Gramintervall liegt. Deshalb liegt folgende
Verallgemeinerung nahe:
Definition 3.3. (schwaches Gramsches Gesetz für Dedekindsche Zetafunktionen)
Gegeben seien die Grampunkte gν , gν+1 . Man sagt das Intervall (gν , gν+1 ] erfüllt das
schwache Gramsche Gesetz, wenn es eine ungerade Anzahl von Nullstellen von ζK 21 + it
enthält.
Wie schon im Riemannschen Fall ist der Begriff Gesetz hier nicht im strengen mathematischen Sinn zu sehen, sonder mehr als eine Art Phänomen.
So zeigt M. Giegerich in seiner Diplomarbeit ([7], Kapitel 4.3), dass das schwache Gramsche Gesetz 3.3 unendlich oft falsch ist:
Satz 3.4.
Es gibt unendlich viele Gramintervalle (gν , gν+1 ] die keine Nullstelle von ζK
enthalten.
43
1
2
+ it
KAPITEL 3. DIE DEDEKINDSCHE ZETAFUNKTION
3.4 Zwei Hilfssätze
Wir werden nun in Analogie zu Satz 1.10 das folgende Resultat über die Grampunkte
der Dedekindschen Zetafunktion beweisen.
Satz 3.5.
Sei NK,g (T ) die Anzahl der Grampunkte gν in [0, T ]. Dann gilt
NK,g (T ) =
T
log |Dk | T N + O (T ) .
2π
(3.9)
Also
gν = O
ν
N log ν
.
(3.10)
Ist zusätzlich gν , gµ ∈ [T, 2T ] erfüllt, so gilt
gν − gµ ∼
2π(ν − µ)
2π(ν − µ)
∼
.
N
log (ν )
log (T N )
(3.11)
Beweis. Aussage (3.9) folgt mit (3.4) und der Definition von Grampunkten (3.8). Sei gν
der größte Grampunkt in [0, T ], dann gilt
1
NK,g (T ) = ν + 1 = θK (gν ) + 1
π
g N N g
gν
r1 π
1
ν
ν
=
log |DK |
−
+O
−
+1
2π
2π
π
8π
gν
T
log |DK | T N + O (T ) .
=
2π
Aussage (3.10) erhält man mittels
νπ = θ(gν )
g N N g
1
gν
r1 π
ν
ν
=
log |DK |
−
−
+O
2
2π
2
8
gν
N
gν
gν
∼
log |DK |
.
2
2π
Die erste Umformung folgt aus (3.8), die zweite aus (3.4).
Logarithmieren von (3.12) liefert nun
g N ν
log ν ∼ log gν − log 2 − log π + log log |DK |
,
2π
woraus sich log ν ∼ log gν schließen lässt.
Damit erhalten wir nun aus (3.12)
gν
|DK |
νπ ∼
log
+
N
log
ν
2
(2π)N
44
(3.12)
KAPITEL 3. DIE DEDEKINDSCHE ZETAFUNKTION
und somit auch das gewünschte Resultat (3.10)
gν ∼
2νπ
|DK |
(2π)N
log
=O
+ N log ν
ν
.
N log ν
Die letzte Aussage des Satzes (3.11) folgt mithilfe der Ableitung (3.5), des Mittelwertsatzes und obigen Resultats (log ν ∼ log gν ) wie folgt:
θK (gν ) − θK (gµ )
(ν − µ)π
=
gν − gµ
gν − gµ
1
∼ log ν N .
2
Damit ergibt sich
2π(ν − µ)
log (ν N )
2π(ν − µ)
.
∼
log (T N )
gν − gµ ∼
Im Folgenden werden wir nun zeigen, dass ein Analogon von Satz 2.5 auch für die
Dedekindsche Zetafunktion gilt, vorausgesetzt man kann die folgenden zwei Annahmen
beweisen.
Annahme 3.6.
Für 0 < h < 1 und h log T → ∞ gelte
Z 2T
|SK (t + h) − SK (t)|2 dt
IK (T ) =
T
≥ cT log (2 + h log T ) ,
wobei c eine positive Konstante sei.
Im Riemannschen Fall ergibt sich aus Satz 2.1 für h log T → ∞ die Asymptotik I(T ) ∼
π −2 T log (2 + h log T ). Für den weiteren Beweis reicht es uns aus, wenn wir nur die
Abschätzung nach unten voraussetzen.
Die zweite Annahme über das vierte Potenzmoment der SK −Funktion lautet wie folgt.
Annahme 3.7.
Unter denselben Voraussetzungen wie in Annahme 3.6 gelte
Z 2T
n
o
|SK (t + h) − SK (t)|4 dt = O T log (2 + h log T )2 .
T
45
KAPITEL 3. DIE DEDEKINDSCHE ZETAFUNKTION
Vergleicht man diese Annahmen und auch die noch folgende Annahme 3.10 mit Satz
2.1, so erkennt man, dass diese im Riemannschen Fall zutreffen. Außerdem bewies Fujii
(siehe Satz 4.11) ein ähnliches Resultat für Dirichletsche L-Funktionen. Es liegt also
nahe anzunehmen, dass obige Annahmen bewiesen werden können.
Ein Faktor log (m + h log T ), m ≥ 2 anstelle von log (2 + h log T ) würde in den Annahmen auch genügen, da dieses keinen Einfluss auf den folgenden Beweis hat.
Wir definieren nun die folgenden Größen.
Für j = 0, 1, 2, . . . nennen wir ein Gramintervall ein FK,j −Intervall, wenn es genau j
Nullstellen von ζK (s) enthält, unabhängig davon, ob diese auf der kritischen Gerade liegen oder nicht. Mit NFK,j (T ) bezeichnen wir die Anzahl der FK,j −Intervalle in [T, 2T ].
Außerdem sei mit NK,G (T ) die Anzahl der Intervalle bezeichnet, die keine oder mehr
als eine Nullstelle von ζK (s) beinhalten, das heißt NK,G (T ) = NFK,0 (T ) + NFK,2 (T ) +
NFK,3 (T ) + . . . .
Satz 3.8.
Für hinreichend großes T gilt
T log T NK,G (T ) .
Beweis. Nach Annahme 3.6 gilt IK (T ) ≥ cT log(2 + h log T ), für h log T → ∞.
Wir wählen nun h = c1 log T −1 , wobei c1 genügend groß gewählt sei.
Angenommen [T, 2T + h] wäre vollständig von FK,1 −Intervallen bedeckt, dann ergibt
sich
|SK (t + h) − SK (t)| ≤ 2
für alle t ∈ [T, 2T + h], denn: Sei t ∈ (gν , gν+1 ], t + h ∈ (gν+a , gν+a+1 ] mit a ≥ 1, so gilt
SK (gν+a ) = NK (gν ) − ν − 1 = SK (gν ) .
Damit folgt nun mittels (3.6) das Gewünschte:
|SK (t + h) − SK (t)| ≤ |SK (t + h) − SK (gν+a )| + |SK (t) − SK (gν+a )| ≤ 2 .
Somit erhalten wir
Z
2T
IK (T ) =
|SK (t + h) − SK (t)|2 dt ≤ 4T ,
T
im Widerspruch zu unserer Annahme 3.6.
Also muss es Verletzungen des Gramschen Gesetzes in [T, 2T + h] geben.
Wir indizieren mit {ln } und {mn } Folgen von Grampuntken, so dass (gln , gmn ] von
FK,1 −Intervallen bedeckt wird und keine FK,1 −Intervalle in (gmn , gln+1 ] existieren.
Somit ist
qn := ln+1 − mn
46
KAPITEL 3. DIE DEDEKINDSCHE ZETAFUNKTION
die Anzahl aufeinanderfolgender nicht−FK,1 −Intervalle und es gilt
X
qn = NK,G (T ) .
n
Für gln ≤ t ≤ t + h ≤ gmn liegen somit t und t + h in FK,1 −Intervallen und nach obigem
gilt dann |SK (t + h) − SK (t)| ≤ 2.
Wir definieren nun
JK := t ∈ [T, 2T ] ∃n : gln ≤ t ≤ t + h ≤ gmn ,
R
wonach JK |SK (t + h) − SK (t)|2 dt ≤ 4T gilt.
Sei nun JK das Komplement von JK in [T, 2T ]. Das bedeutet, wenn t in JK liegt,
dann gilt entweder t ∈ (gmn , gln+1 ] oder t ∈ (gln , gmn ] und t + h > gmn . Dieses ergibt
zusammengefasst gmn − h < t ≤ gln+1 und somit gilt
JK ⊂
[
(gmn − h, gln+1 ] .
n
Diese Intervalle sind nicht notwendig disjunkt, allerdings brauchen wir dies auch nicht
zwingend für die Anwendung
von (3.11).
Wir können nun JK berechnen:
[
JK ≤ (gmn − h, gl ]
n+1
n
X
ln+1 − mn
h+
log (T N )
n
X
qn
h+
log (T N )
n
1
NK,G (T ) h +
.
(3.13)
log (T N )
Mit Annahme 3.6 erhalten wir nun
Z
cT log (2 + h log T ) ≤ IK (T ) ≤ 4T +
|SK (t + h) − SK (t)|2 dt .
JK
Im Moment haben wir h = c1 log T −1 gewählt, nun bestimmen wir zusätzlich c1 so groß,
dass cT log (2 + h log T ) ≥ 5T gilt.
Dann ergibt obiges
Z
T ≤
|SK (t + h) − SK (t)|2 dt .
(3.14)
JK
47
KAPITEL 3. DIE DEDEKINDSCHE ZETAFUNKTION
Mittels der Cauchy-Schwarzschen Ungleichung folgt somit
Z
Z
2
|SK (t + h) − SK (t)| dt ≤
JK
1 Z
2
|SK (t + h) − SK (t)| dt
×
4
JK
Z
=
1
2
1dt
JK
1
2
1
|SK (t + h) − SK (t)|4 dt
× JK 2 .
JK
Mit Annahme 3.7 und der Wahl h = c1 log T −1 gilt für den ersten Term auf der rechten
Seite
Z
1
2
1
4
|SK (t + h) − SK (t)| dt
T2 .
JK
Damit erhalten wir nun aus (3.14)
1
1
T T 2 × JK 2 .
Zusammen mit (3.13) ergibt sich nun das gewünschte Endergebnis
1
c1
+
,
T NK,G (T )
log T
log (T N )
bzw.
T log T NK,G (T ) .
3.5 Misserfolg des schwachen Gramschen Gesetzes von ζK (s)
Im folgenden Abschnitt werden wir nun zeigen, dass unter den beiden Annahmen 3.6
und 3.7 das Analogon von Satz 2.6 für die Dedekindsche Zetafunktion bewiesen werden
kann.
Satz 3.9.
Für hinreichend großes T enthält ein positiver Anteil von Gramintervallen zwischen T
und 2T keine Nullstelle von ζK (s).
Beweis. Mittels (3.9) folgt
NK,F0 (T ) + NK,F1 (T ) + NK,F2 (T ) + . . . = NK,g (2T ) + NK,g (T )
T
=
log |DK | T N + O (T )
2π
NT
=
log T + O (T )
2π
= O (T log T ) .
48
(3.15)
(3.16)
KAPITEL 3. DIE DEDEKINDSCHE ZETAFUNKTION
Nachdem alle Nullstellen von ζK (s) zwischen T und 2T in Gramintervalle fallen, folgt
mit Hilfe von (3.7)
NK,F1 (T ) + . . . + kNK,Fk (T ) + . . . = NK (2T ) − NK (T )
NT
log |DK | − N − N log 2π
=
log(2T ) +
T
π
π
+ O (log 2T )
NT
log |DK | − N − N log 2π
−
log T −
T
2π
2π
− O (log T )
NT
log T + O (T ) .
(3.17)
=
2π
Wir subtrahieren nun (3.15) von (3.17) und erhalten
O (T ) = − NK,F0 (T ) + NK,F2 (T ) + 2NK,F3 (T ) + . . . + (k − 1)NK,Fk (T ) + . . .
≥ − NK,F0 (T ) + NK,F2 (T ) + NK,F3 (T ) + . . . + NK,Fk (T ) + . . . .
Addition von 2NK,F0 (T ) auf beiden Seiten und Anwenden von Satz 3.8 liefert
2NK,F0 (T ) + O (T ) ≥ NK,F0 (T ) + NK,F2 (T ) + NK,F3 (T ) + . . . + NK,Fk (T ) + . . .
= NK,G (T )
T log T
NK,g (2T ) − NK,g (T ) ,
wobei der letzte Schritt mittels (3.16) erfolgt ist.
Damit erhalten wir schließlich unser gewünschtes Endresultat:
NK,F0 (T )
c
O (T )
≥ −
NK,g (2T ) − NK,g (T )
2 NK,g (2T ) − NK,g (T )
c
1
= +O
.
2
log T
(3.18)
Aus dem soeben bewiesenen Satz erhalten wir nun sofort das gewünschte Resultat über
den Misserfolg des schwachen Gramschen Gesetzes bei ζK (s):
Für hinreichend großes T wird das schwache Gramsche Gesetz zwischen T und 2T zu
einem positiven Anteil (im Sinne von (3.18)) verletzt.
Anhand der Definition 3.2 des Gramschen Gesetzes und der des schwachen Gramschen
Gesetzes 3.3 sieht man sofort, dass somit auch das Gramsche Gesetz für einen positiven
Anteil aller natürlichen Zahlen n verletzt wird.
49
KAPITEL 3. DIE DEDEKINDSCHE ZETAFUNKTION
3.6 Erfolg des schwachen Gramschen Gesetzes von ζK (s)
Wir wollen nun ein Analogon von Satz 2.7 für die Dedkindsche Zetafunktion beweisen.
Dafür werden wir die folgenden zwei Annahmen benötigen.
Annahme 3.10.
Für k ∈ N und h log T 1 gelte
Z
2T
|SK (t + h) − SK (t)|2k dt (ck)2k T ,
T
wobei c eine positive Konstante sei.
Diese Annahme ist von ähnlicher Form wie die Annahmen 3.6 und 3.7, so dass die Bemerkungen nach Annahme 3.7 auch für obige Annahme 3.10 gelten.
Anstelle von 2k im Exponenten auf der rechten
P∞ Seite ist es, sofern dann noch das Analo1
gon von (3.20) die Konvergenz von T log T N m=0 mNFK,m (T ) sicher stellt, auch möglich,
einen Exponenten der Form nk mit n ∈ N zu haben.
In Kapitel 4.6 werden wir dies für den Exponenten 9k, in Kapitel 5.5 für den Exponeten
3k zeigen.
Außerdem benötigen wir noch die folgende Annahme über die Verteilung der Nullstellen
auf der kritischen Geraden.
Annahme 3.11.
Ein positiver Anteil aller Nullstellen von ζK (s) liegt auf der kritischen Geraden.
Damit gelingt uns nun der Beweis des folgenden Satzes.
Satz 3.12.
Für hinreichend große T existitert ein M ∈ N, so dass ein positiver Anteil an Gramintervallen zwischen T und 2T wenigstens eine und nicht mehr als M Nullstellen von
ζK (s) enthält.
Beweis. Angenommen das Gramintervall (gn , gn+1 ] enthalte genau m Nullstellen und es
gelte SK (gn ) = λ.
Nachdem SK (t) wegen (3.6) innerhalb eines Gramintervall nicht um mehr als eins abnehmen kann, folgt somit
SK (gn−1 ) ≤ λ + 1, SK (gn+1 ) = λ + m − 1, SK (gn+2 ) ≥ λ + m − 2 .
Wir wählen nun h = log4πT N . Nach (3.11) ist h somit asymptotisch zweimal so groß wie
die Länge eines Gramintervalls.
Also gilt |SK (t + h) − SK (t)| > m − 2 über einem Intervall [t, t + h] mit der Länge
h log1T N .
50
KAPITEL 3. DIE DEDEKINDSCHE ZETAFUNKTION
Gibt es also NFK,m (T ) solcher Intervalle in [T, 2T ], so folgt mit der Annahme 3.10
2k
Z
2T
(ck) T |SK (t + h) − SK (t)|2k dt
T
(m − 2)2k NFK,m (T )
,
log T N
bzw.
NFK,m (T )
T log T N
ck
m−2
2k
.
(3.19)
Wir wählen nun k in Abhängigkeit von m, um die rechte Seite von obiger Gleichung zu
minimieren.
2k
ck
, dann ergibt sich
Zur Vereinfachung schreiben wir FK (k) = m−2
0
FK
(k) = 0 ⇐⇒k = k ∗ =
m−2
.
ce
Hierbei kann man leicht berechnen, dass bei k ∗ auch tatsächlich ein Minimum angenommen wird.
Somit ergibt sich
FK (k ∗ ) exp (−cm) .
Annahme 3.10 haben wir nur für k ∈ N postuliert, deswegen betrachten wir
m−2
m−2
0
k ∈
,
+1 .
ce
ce
Wobei wir k 0 nun so wählen, dass es von k ∗ die maximale Differenz
Somit folgt
FK (k 0 ) exp (−cm) .
1
2
hat.
Mit (3.19) ergibt sich nun
NFK,m (T )
exp (−cm) .
T log T N
(3.20)
Mittels Fd
K,j bezeichnen wir ein Gramintervall mit j Nullstellen von ζK (s), von denen
wenigstens eine auf der kritischen Geraden liegt.
Sei nun NFd (T ) die Anzahl von Fd
K,j −Intervallen in [T, 2T ]. Offensichtlich gilt
K,j
NFd (T ) ≤ NFK,j (T ) .
(3.21)
K,j
Wir bezeichnen mit NK,0 (T ) die Anzahl der Nullstellen ρ =
t ≤ T.
51
1
2
+ it von ζK (s) mit 0 ≤
KAPITEL 3. DIE DEDEKINDSCHE ZETAFUNKTION
Nach Annahme 3.11 existiert eine Konstante e
c mit
NK,0 (2T ) − NK,0 (T )
T log T N
∞
X
1
≤
mNF\ (T ) .
K,m
T log T N
0<e
c<
(3.22)
m=1
Wegen (3.20) und (3.21) ist die rechte Seite in obiger Ungleichung konvergent.
Wir wählen nun > 0 und M so groß, dass die Summe
1
T log T N
∞
X
mNF\ (T )
K,m
m=M +1
kleiner als e
c − ist.
Damit ergibt sich schließlich
M
X
1
mNF\ (T )
0<<
K,m
T log T N
<
M
T log T N
m=1
M
X
NF\ (T ) .
K,m
m=1
Wir haben somit unter den beiden Annahmen 3.10 und 3.11 gezeigt, dass für einen
positiven Anteil aller natürlichen Zahlen das schwache Gramsche Gesetz 3.2 gültig ist.
52
4 Quadratische Zahlkörper
4.1 Einführung
In diesem Kapitel werden wir die Ergebnisse aus Kapitel 3 für den Speziallfall der quadratischen Zahlkörper betrachten. Diese enstehen aus den rationalen Zahlen durch Hinzunahme einer Quadratwurzel und sind, nach Q selbst, die einfachsten Zahlkörper.
Mit der Faktorisierung der Dedekindschen Zetafunktion von quadratischen Zahlkörpern
in die Riemannsche Zetafunktion und eine Dirichletsche L−Funktion, sowie einem zu
Satz 2.1 analogen Resultat werden wir zeigen, dass sich die Annahme 3.7 beweisen lässt.
Außerdem werden wir ausführen, dass mit obigen Methoden ein ähnliches Resultat wie
Annahme 3.10 erreicht werden kann, auf welches sich der Beweis aus Kaptiel 3.6 übertragen lässt. Zusammen mit dem Beweis von Annahme 3.11 werden wir somit zeigen, dass
für einen positiven Anteil aller natürlichen Zahlen n das schwache Gramsche Gesetz
erfüllt wird.
4.2 Eigenschaften von ζQ(√d) (s)
√
Im Folgenden sei d ∈ Z quadratfrei und von 0 und 1 verschieden. Der Körper K = Q( d)
heißt quadratischer Zahlköper und es gilt:
o
n
√
√ Q( d) = a + b d a, b ∈ Q .
√
√
Somit ist Q( √
d) ein zweidimensionaler Q−Vektorraum mit Basis (1, d). Gilt d > 0 so
nennt man Q( d) reell-quadratisch, für d < 0 imaginär-quadratisch.
Im Fall quadratischer Zahlkörper sieht der Ring der ganzen Zahlen nach §10 in [24]
folgendermaßen aus:
(
√
Z
+
dZ
für d ≡ 2, 3 mod 4,
√
OQ(√d) =
1+ d
Z + 2 Z für d ≡ 1 mod 4 .
Die Diskriminante
eines quadratischen Zahlkörpers ist das Quadrat der Determinanten
α β
von α0 β 0 , wobei α, β eine Basis von OQ(√d) bilden und α0 , β 0 die Konjugierten bezeichnen.
Also können wir leicht berechnen, dass gilt
(
4d für d ≡ 2, 3 mod 4,
DQ(√d) =
d
für d ≡ 1 mod 4 .
53
KAPITEL 4. QUADRATISCHE ZAHLKÖRPER
Wir führen nun den Begriff der Fundamentaldiskriminante ein.
Definition 4.1.
Eine Fundamentaldiskriminante ist eine ganze Zahl D mit
D ≡ 1 mod 4, D quadratfrei
oder
D
D
quadratfrei,
≡ 2, 3 mod 4 .
4
4
Für eine Fundamentaldiskriminante D definieren wir eine Funktion χD : N → Z durch
D
i) χD (p) = D
für
p
=
6
2,
wobei
das Jacobisymbol sei,
p
p
D ≡ 0 mod 4,


0 für D ≡ 0 mod 4,
1 für D ≡ 1 mod 8,
ii) χD (2) =

−1 für D ≡ 5 mod 8,
iii) χD pn1 1 · . . . · pnk k = χD (p1 )n1 · . . . · χD (pk )nk .
Wie man leicht sieht, sind die soeben definierten Fundamentaldiskriminanten genau die
Diskriminanten von quadratischen Zahlkörpern.
Wir werden nun die Dedekindsche Zetafunktion zu quadratischen Zahlkörpern betrachten. Diese lässt sich, wie wir später zeigen werden, in ein Produkt der Riemannschen
Zetafunktion und einer Dirichletschen
√ L−Funktion aufspalten. Dafür untersuchen wir
zunächst, wie sich Primzahlen in Q( d) zerlegen.
Das von p erzeugte Hauptideal (p) zerlegt sich in höchstens zwei Primideale (siehe Satz
6.5.12 in [15]). Dies motiviert die folgende Definition.
Definition 4.2.
√
Eine Primzahl p in Q( d) heißt
i) träge, falls (p) ein Primideal in OQ(√d) ist. Die Norm von (p) ist dann p2 .
ii) zerlegt, falls (p) = P1 P2 mit zwei verschiedenen Primidealen P1 , P2 . Diese haben
jeweils Norm p.
iii) verzweigt, falls (p) = P2 mit einem Primideal P, welches Norm p hat.
Den Zerlegungstyp von p kann man nach dem folgenden Satz berechnen.
Satz 4.3.
i) Für eine ungerade Primzahl p gilt

 träge
zerlegt ⇐⇒
p ist

verzweigt
54
DQ(√d)
p
!

 −1
1
=

0
,
KAPITEL 4. QUADRATISCHE ZAHLKÖRPER
ii) für die Primzahl 2 gilt


2 ist


träge
 5 mod 8
zerlegt ⇐⇒ DQ(√d) ≡
1 mod 8

verzweigt
0 mod 2
.
Einen Beweis dieser Aussage findet man in [15], Theorem 6.5.18.
Damit gelingt uns nun die Faktorisierung der Dedekindschen Zetafunktion zu quadratischen Zahlkörpern:
Y
ζQ(√d) (s) =
(1 − N (P)−s )−1
P
Y
=
=
DK
p
Y
p
1 − p−2s
−1
=−1
1−p
Y
×
−s −1
Y
×
DK
p
DK
p
1 − p−s
−2
=1
−1
1 − p−s
×
=1
Y
×
DK
p
Y
DK
p
1 − p−s
−1
=0
1 + p−s
−1
=−1
= ζ(s) × L(s, χ) ,
Q
−1
mit L(s, χ) = p (1 − χ(p)p−s ) , für σ > 1.
(4.1)
Wobei χ der Funktion χD mit D = DK = DQ(√d) aus Definition 4.1 entspricht. Im
folgenden Kapitel werden wir nun genauer auf die Dirichletsche L−Funktion eingehen.
4.3 Die Dirichletsche L−Funktion
Zuerst beschäftigen wir und mit den Dirichlet-Charakteren χ mod q mit q ∈ N, die wir
zur Vereinfachung einfach als Charaktere bezeichnen werden.
Definition 4.4. (Dirichlet-Charakter)
Ein Charakter χ mod q ist ein Homomorphismus
χ : (Z/qZ)∗ −→ C∗ ,
d.h. eine komplexwertige Funktion auf (Z/qZ)∗ mit χ 1 = 1 und χ ab = χ (a) χ b
für alle a, b ∈ (Z/qZ)∗ .
Mit χ(n) := χ (n) fassen wir χ als Funktion auf den zu q teilerfremden ganzen Zahlen
auf.
Für ggT(q, n) = 1 gilt
1 = χ nϕ(q) = χ(n)ϕ(q) ,
dabei ist ϕ(q) die bekannte Eulersche ϕ−Funktion mit
ϕ(q) = ] 1 ≤ a ≤ q ggT(a, q) = 1 ≤ q − 1 .
55
KAPITEL 4. QUADRATISCHE ZAHLKÖRPER
Die Werte eines Charakters modulo q sind also ϕ(q)−te Einheitswurzeln.
Es stellt sich die Frage wie viele Charaktere modulo q es gibt. Satz 8.1.2. in [15] liefert
darauf die folgende Antwort:
Satz 4.5.
Es gibt genau ϕ(q) Charaktere modulo q.
Angenommen q|q 0 und χ ist ein Charakter modulo q. Wir definieren einen Charakter
χ0 mod q 0 mit
χ0 (n) = χ(n), falls ggT(n, q 0 ) = 1 .
Man sagt χ induziert χ0 und der Charakter χ heißt primitiv, wenn er nicht von einem
Charakter mit kleinerem Modul induziert wird. Jeder nichtprimitive Charakter wird von
einem eindeutigen primitiven Charakter induziert.
Definition 4.6. (Führer)
Der kleinste Modul q, so dass χ mod q 0 von einem Charaker modulo q induziert wird,
heißt der Führer von χ und wird mit fχ bezeichnet.
Wie man leicht berechnen kann gilt fχ |q 0 .
Wir dehnen nun den Charakter χ mod q zu einer Funktion auf ganz Z folgendermaßen aus. Zunächst fassen wir χ als Funktion auf (Z/fχ Z)∗ auf und setzen dann χ(a) = 0,
für jedes a ∈ Z mit ggT(a, fχ ) 6= 1.
Der Hauptcharakter χ0 mod q, definiert mittels
χ0 (n) = 1 für alle n ∈ Z ,
wird nicht zu den primitiven Charakteren gezählt.
Die Funktion aus Definition 4.1 ist ein primitiver Charakter. Dies zeigt der folgende
Satz aus [24], § 5, Satz 4.
Satz 4.7.
Die Funktion n 7→ χD (n) ist periodisch und definiert einen primitiven Charakter modulo
|D| (ebenfalls mit χD bezeichnet) mit
1 für D > 0,
χD (−1) =
−1 für D < 0.
Jeder primitive reelle Charakter ist einer der Charaktere χD .
Nach dieser Vorarbeit über Charaktere wenden wir uns nun der Dirichletschen L−Funktion
zu.
56
KAPITEL 4. QUADRATISCHE ZAHLKÖRPER
Definition 4.8. (Dirichletsche L−Funktion)
Sei χ ein Charakter modulo q. Die Dirichletsche L−Funktion zu χ ist für σ > 1 definiert
über die absolut konvergente Dirichletreihe
L(s, χ) =
∞
X
χ(n)n−s .
n=1
Die Reihe L(s, χ) besitzt für σ > 1 aufgrund der strengen Multiplikativität von χ(n) die
folgende Eulerproduktdarstellung
Y
−1
L(s, χ) =
1 − χ(p)p−s
.
p
Anhand dieser sieht man, dass L(s, χ) für σ > 1 nicht verschwindet.
Betrachtet man den Hauptcharakter χ0 mod q, so ergibt sich aus dem Vergleich der
Eulerprodukte in σ > 1
Y
−1
L(s, χ0 ) =
1 − p−s
p
= ζ(s) .
(4.2)
Die analytischen Eigenschaften von L(s, χ0 ) lassen sich also an den Eigenschaften der
Riemannschen Zetafunktion ablesen.
Von nun an betrachten wir nur noch den Fall χ 6= χ0 .
Satz 4.9. P
−s ist in σ > 0 konvergent und in σ > 1 absolut konvergent.
Die Reihe ∞
n=1 χ(n)n
Ein Beweis findet sich in [3], Satz 1.6.1.
Weiterhin gilt, wie wir in Satz 5.6 beweisen werden, L(1, χ) 6= 0 und somit verschwindet
L(s, χ) auf dem reellen Intervall [1, ∞) nicht.
Außerdem existiert eine analytische Fortsetzung von L(s, χ) in die komplexe Ebene
(einen Beweis dieser Aussage findet man zum Beispiel in [14], Kapitel VII).
Wir betrachten jetzt nur noch primitive Charaktere χ mod q.
Auch die Dirichletsche L−Funktion genügt einer Funktionalgleichung, die das Argument
s auf 1 − s bezieht. Die Funktionalgleichung ebenso wie die trivialen Nullstellen (Nullstellen mit σ ≤ 0), hängen, wie wir im Folgenden angeben werden, vom dem Wert des
Charakters χ an der Stelle −1 ab (vergleiche Kapiel 2.4 in [3]).
Gilt χ(−1) = 1, dann ist L(s, χ) eine ganze Funktion in s und es gilt die folgende
Funktionalgleichung:
√
q −s s s
1
1−s
(s−1) 1−s
2
2
π
q Γ
L(1 − s, χ) =
π 2q2Γ
L(s, χ) ,
2
τ (χ)
2
57
KAPITEL 4. QUADRATISCHE ZAHLKÖRPER
wobei wir mit τ die Gaußsche Summe bezeichnen
q
X
2πia
χ(a) exp
τ (χ) =
q
a=1
und χ den zu χ inversen Charakter beschreibt, d.h. χ(n) = χ(n)−1 .
An obiger Funktionalgleichung
sieht man leicht, dass die trivialen Nullstellen gerade die
Polstellen von Γ 2s sind, also in den negativen geraden Zahlen und der Null liegen.
Alle weiteren Nullstellen heißen nichttrivial und befinden sich im kritischen Streifen
0 < σ < 1.
Gilt χ(−1) = −1, dann ist L(s, χ) nach C holomorph fortsetzbar und es gilt die folgende
Funktionalgleichung:
√
i q − 1 (s+1) 1 (s+1)
2−s
s+1
− 21 (2−s) 12 (2−s)
2
2
π
q
Γ
L(1 − s, χ) =
q
Γ
L(s, χ) .
π
2
τ (χ)
2
Die trivialen Nullstellen sind die Polstellen von Γ s+1
2 . Sie liegen also in den negativen
ungeraden Zahlen einschließlich der Null. Die restlichen nichttrivialen Nullstellen befinden sich alle innerhalb des kritischen Streifens.
Obige triviale Nullstellen sind alle einfach, da die Polstellen der Gammafunktion einfach
sind.
Die beiden Funktionalgleichungen lassen sich mit Hilfe von
1
Wχ = i−δ τ (χ)q − 2
und
δ(χ) =
0 für χ(−1) = 1
1 für χ(−1) = −1
zusammenfassen zu
ξ(s, χ) = Wχ ξ(1 − s, χ) .
Dabei ist die ganze Funktion ξ(s, χ) definiert mittels
q 1 (s+δ) s + δ 2
ξ(s, χ) =
Γ
L(s, χ) .
π
2
Die Anzahl der nichttrivialen Nullstellen bezeichnen wir mit
N (T, χ) = ] s L(s, χ) = 0, 0 < σ < 1, 0 < t < T .
Anhand der Funktionalgleichung sieht man, dass mit einer komplexen Nullstelle ρ im
kritischen Streifen auch 1 − ρ eine Nullstelle sein muss. Die Nullstellen von L(s, χ) liegen
also symmetrisch zur kritischen Geraden.
Auch für die Dirichletsche L−Funktion existiert eine Riemann-von Mangoldt-Formel in
der Form
T
qT
T
N (T, χ) = log
−
+ O (log (qT )) .
(4.3)
π
2π
2π
58
KAPITEL 4. QUADRATISCHE ZAHLKÖRPER
Obige Aussagen über die Dirichletsche L−Funktion findet man unter anderem in [3].
Peter Bauer bewies in seiner Arbeit [2], dass ein positiver Anteil aller nichttrivialen
Nullstellen von L(s, χ) auf der kritischen Geraden liegt:
Sei χ ein beliebiger Charakter und N0 (T, χ) die Anzahl der Nullstellen auf der kritischen
Geraden, definiert durch
1
N0 (T, χ) := ] s L(s, χ) = 0, σ = , 0 < t < T .
2
Für das Verhältnis Nullstellen auf der kritischen Geraden zu Nullstellen im kritischen
Streifen gilt die folgende Ungleichung (siehe [2])
lim inf
T →∞
N0 (T, χ)
> 0,365815 .
N (T, χ)
Für die Dirichletschen L−Funktionen existiert eine Verallgemeinerung von Vermutung
1.6:
Vermutung 4.10. (verallgemeinerte Riemannsche Vermutung)
Sei χ ein primitiver Charakter, dann haben alle nichttrivialen Nullstellen von L(s, χ)
den Realteil σ = 12 .
Nachdem es unendlich viele Dirichletsche L−Funktionen gibt, existieren dementsprechend unendlich viele Riemannsche Vermutungen für L−Funktionen.
4.4 Die Funktion S(t, χ)
Wie schon zuvor bei der Riemannschen und der Dedekindschen Zetafunktion definieren
wir nun für die Dirichletsche L−Funktion eine S−Funktion, wenn t nicht Imaginärteil
einer Nullstelle ist durch
1
1
S(t, χ) = arg L
+ it, χ .
(4.4)
π
2
Andernfalls setzen wir S(t, χ) = 12 limε→0 {S(t + ε, χ) + S(t − ε, χ)}, wobei das Argument durch stetige Variation entlang der Liniensegmente [2, 2 + it] und [2 + it, 12 + it]
ermittelt wird.
Mithilfe von (4.1) gelingt uns nun die Zerlegung von SQ(√d) (t) in S(t) und S(t, χ):
1
1
√
√
SQ( d) (t) = arg ζQ( d)
+ it
π
2
1
1
1
= arg ζ
+ it × L
+ it
π
2
2
1
1
1
1
= arg ζ
+ it
+ arg L
+ it
π
2
π
2
= S(t) + S(t, χ) .
(4.5)
59
KAPITEL 4. QUADRATISCHE ZAHLKÖRPER
Fujii bewies in [6] das folgende Resultat über die Momente von S(t, χ).
Satz 4.11. (Fujii)
Es seien a1 , a2 fest gewählt mit 0 < ai ≤ 21 , i = 1, 2 und χ sei ein primitiver Charakter
1
1
(2k)!
−a1
4
, T 2 +a2 ≤ H ≤ T und
(mod q). Wir setzen ck = (2π)
2k k! mit k ∈ N. Ist dann q ≤ T
√ 1
0 < h ≤ (H − (H/ T ) 8 ), so gilt
Z
T +H
T
(S(t + h, χ) − S(t, χ))2k dt = ck H (2 log (2 + h log T ))k
1
× 1 + O (ck)3k log (2 + h log T )− 2
,
mit einer hinreichend großen, absoluten Konstante c > 0.
Man beachte hierbei die große Ähnlichkeit zu Satz 2.1 von Tsang über die S−Funktion
der Riemannschen Zetafunktion.
4.5 Die Annahmen 3.6 und 3.7 für ζQ(√d) (s)
Wie wir in Satz 4.7 gesehen haben, ist χDQ(√d) aus (4.1) ein primitiver Charakter mod q.
Diesen werden wir im Folgenden nur mit χ bezeichnen.
1
Es sei 0 < h < 1, T a < H ≤ T mit einem a > 12 und q ≤ T 4 −b für ein 0 < b ≤ 21 . Damit
sind die Voraussetzungen von den Sätzen 2.1 und 4.11 erfüllt.
Außerdem gelte, wie in den Annahmen 3.6 und 3.7, h log T → ∞.
Wir werden nun zeigen, dass Annahme 3.7 für die Dedekindsche Zetafunktion zu quadratischen Zahlkörpern erfüllt ist.
Aus Satz 4.11 erhalten wir mit H = T und k = 1, 2, 3
Z
2T
|S(t + h, χ) − S(t, χ)|2k dt T log (2 + h log T )k .
T
Mit Satz 2.1 erhält man für H = T und k = 1, 2, 3
Z
2T
|S(t + h) − S(t)|2k dt T log (2 + h log T )k .
T
60
KAPITEL 4. QUADRATISCHE ZAHLKÖRPER
Damit gelingt uns nun mit Hilfe von (4.5), der Dreiecksungleichung und der CauchySchwarzschen Ungleichung
Z
2T
T
2T
Z
≤
4
√
√
(t
+
h)
−
S
(t)
S
dt
Q( d)
Q( d)
(|S(t + h) − S(t)| + |S(t + h, χ) − S(t, χ)|)4 dt
T
2T
Z
=
|S(t + h) − S(t)|4 dt
Z 2T
+4
|S(t + h) − S(t)| |S(t + h, χ) − S(t, χ)|3 dt
T
Z 2T
|S(t + h) − S(t)|2 |S(t + h, χ) − S(t, χ)|2 dt
+6
T
Z 2T
|S(t + h) − S(t)|3 |S(t + h, χ) − S(t, χ)| dt
+4
T
Z 2T
+
|S(t + h, χ) − S(t, χ)|4 dt
T
T
T log (2 + h log T )2
s
s
Z 2T
Z
+4
|S(t + h) − S(t)|2 dt
T
s
Z
2T
+6
2T
+4
|S(t + h, χ) − S(t, χ)|6 dt
T
s
Z
4
|S(t + h) − S(t)| dt
T
s
Z
2T
2T
|S(t + h, χ) − S(t, χ)|4 dt
T
s
Z
6
|S(t + h) − S(t)| dt
T
2T
|S(t + h, χ) − S(t, χ)|2 dt
T
+ T log (2 + h log T )2
T log (2 + h log T )2 .
Wir haben also Annahme 3.7 für quadratische Zahlkörper bewiesen.
Annahme 3.6 lässt sich nicht ohne Weiteres beweisen, da wir mit Hilfe der umgekehrten
Dreiecksungleichung die Potenzmomente lediglich trivial nach unten abschätzen können.
Man benötigt also mehr Informationen über die Funktion SQ(√d) (t) als nur die Zerlegung
(4.5). Es liegt allerdings nahe anzunehmen, dass sich die Funktion SQ(√d) (t) ähnlich wie
die Funktionen S(t) und S(t, χ) verhält und somit eine entsprechende Abschätzung nach
unten wahr sein sollte.
Will man (wie im Riemannschen Fall) die Asymptotik
IQ(√d) (T ) ∼ cT log (2 + h log T )
61
KAPITEL 4. QUADRATISCHE ZAHLKÖRPER
beweisen, so ist die Abschätzung nach oben wie folgt zu führen:
Satz 4.11 ergibt sich mit k = 1 und H = T zu
Z
2T
1
− 12
T
(2
log
(2
+
h
log
T
))
1
+
O
log
(2
+
h
log
T
)
2π 2
1
T
T
2
= 2 log (2 + h log T ) + O
log (2 + h log T )
2π
π2
≤ c1 T log (2 + h log T ) .
|S(t + h, χ) − S(t, χ)|2 dt =
T
Für die S−Funktion gilt, wie wir in Kapitel 2.3 bereits gezeigt haben,
Z
2T
|S(t + h) − S(t)|2 dt ≤ c2 T log (2 + h log T ) .
T
Damit ergibt sich nun mit Hilfe von (4.5)
Z
2T
T
Z 2T
2
√
|S(t + h) − S(t) + S(t + h, χ) − S(t, χ)|2 dt
SQ( d) (t + h) − SQ(√d) (t) dt =
T
Z 2T
≤
|S(t + h) − S(t)|2 dt
T
Z 2T
+
|S(t + h, χ) − S(t, χ)|2 dt
T
Z 2T
|S(t + h) − S(t)| |S(t + h, χ) − S(t, χ)| dt .
+2
T
Der letzte Term lässt sich mit der Cauchy-Schwarzschen Ungleichung umformen zu
s
Z 2T
Z 2T
|S(t + h) − S(t)| |S(t + h, χ) − S(t, χ)| dt ≤
|S(t + h) − S(t)|2 dt
T
T
s
Z
2T
×
≤
√
|S(t + h, χ) − S(t, χ)|2 dt
T
c1 c2 T log (2 + h log T ) .
Somit erhalten wir nun insgesamt
Z
2T
T
2
√
SQ( d) (t + h) − SQ(√d) (t) dt ≤ (c1 + c2 )2 T log (2 + h log T ) .
Es verbleibt für den Beweis, dass das schwache Gramsche Gesetz der Dedekindschen
Zetafunktion bei quadratischen Zahlkörpern in einen positiven Anteil aller natürlichen
Zahlen n verletzt wird, also nur noch der Beweis von Annahme 3.6.
62
KAPITEL 4. QUADRATISCHE ZAHLKÖRPER
4.6 Die Annahmen 3.10 und 3.11 für ζQ(√d) (s)
Im Folgenden seien wieder die Voraussetzungen aus den Sätzen 2.1 und 4.11 erfüllt.
Außerdem gelte h log T 1, wie in der Annahme 3.10.
Somit erhalten wir aus Satz 4.11
Z 2T
|S(t + h, χ) − S(t, χ)|2k dt (c1 k)3k T
T
und Satz 2.1 ergibt
Z
2T
|S(t + h) − S(t)|2k dt (c2 k)2k T .
T
Zusammen mit (2.19), (4.5) und der Cauchy-Schwarzschen Ungleichung erhalten wir nun
Z 2T 2k
√
√
SQ( d) (t + h) − SQ( d) (t) dt
T
Z 2T
≤
(|S(t + h) − S(t)| + |S(t + h, χ) − S(t, χ)|)2k dt
T
Z
=
2k 2T X
T
n=0
2k
|S(t + h) − S(t)|n
n
× |S(t + h, χ) − S(t, χ)|2k−n dt
s
2k Z 2T
X
2k
|S(t + h) − S(t)|2n dt
≤
n
T
n=0
s
Z 2T
|S(t + h, χ) − S(t, χ)|2(2k−n) dt
×
T
T
T
2k X
n=0
2k X
n=0
2k
n
q
(c2 n)2n (c1 (2k − n))3(2k−n)
2k
(c2 2k)2k (c1 2k)3k
n
T (c3 k)9k .
Dies entspricht nicht ganz Annahme 3.10, bei der der Term T (ck)2k auf der rechten Seite
steht. Wir werden allerdings im Folgenden zeigen, dass sich der Beweis aus Kapitel 3.6
auch mit dieser, etwas schwächeren Aussage führen lässt.
Den Anfang kann man analog übernehmen und schließlich erhalten wir anstelle von
(3.19), wobei wir zur Vereinfachung c3 = c setzen
9k
T (ck)
(m − 2)2k NK,Fm (T )
log T N
63
KAPITEL 4. QUADRATISCHE ZAHLKÖRPER
bzw.
NK,Fm (T )
(ck)9k
.
T log T N
(m − 2)2k
Somit ergibt sich die leicht veränderte Funktion
Ff
K (k) =
(ck)9k
(m − 2)2k
.
Für ihre Ableitung gilt
0
9k
−2k
Ff
(9 log (ck) + 9) − 2 (ck)−2k log (m − 2) ,
K (k) = (ck) (m − 2)
2
womit sich das Minimum bei k ∗ =
Einsetzen in Ff
K (k) liefert dann
(m−2) 9
ec
berechnen lässt.
2
∗
9
Ff
(k
)
exp
−cm
.
K
Nachdem die Sätze 2.1 und 4.11 nur für k ∈ N definiert sind, betrachten wir nun
# "
#
)
("
2
2
(m − 2) 9
(m − 2) 9
0
,
+1 .
k ∈
ce
ce
Wir wählen k 0 so, dass es von k ∗ die maximale Differenz
Somit erhalten wir anstelle von (3.20)
1
2
hat.
2
NK,Fm (T )
9
exp
−cm
.
T log T N
Dies liefert immer noch die Konvergenz von (3.22) und somit haben wir bewiesen, dass
der leichte Unterschied zu Annahme 3.10 keinen Einfluss auf den Beweis von Satz 3.12
hat.
Wir werden nun Annahme 3.11 über die Verteilung der Nullstellen auf der kritischen
Geraden für den Fall quadratischer Zahlkörper beweisen.
Nach Satz 1.5 gilt für die Anzahl der Nullstellen der Riemannschen Zetafunktion
N (T ) ∼
T
log T .
2π
Für die Dirichletsche L−Funktion haben wir nach (4.3)
N (t, χ) ∼
T
log T .
π
64
KAPITEL 4. QUADRATISCHE ZAHLKÖRPER
Mit den Konstanten des quadratischen Zahlkörpers (N = 2, r1 = 0 für d < 0, r1 = 2 für
d > 0, r2 = 1 für d < 0, r2 = 0 für d > 0, DQ(√d) = d für d ≡ 1 mod 4, DQ(√d) = 4d für
d ≡ 2, 3 mod 4) liefert (3.7)
NQ(√d) (T ) ∼
T
log T .
π
Außerdem gilt nach der Zerlegung (4.1)
ζQ(√d) (s) = ζ(s) × L(s, χ) .
Somit folgt nun, dass ein positiver Anteil der Nullstellen von ζQ(√d) die Riemannsche
Zetafunktion liefert. Für diese ist bereits bewiesen, dass ein positiver Anteil aller Nullstellen auf der kritischen Geraden liegt (siehe [21], Theorem 10.7). Selbiges gilt nach [2],
Korollar 1 auch für die Nullstellen der Dirichletschen L−Funktion.
Nachdem L(s, χ) keine Polstellen besitzt, folgt, dass ein positiver Anteil aller Nullstellen
von ζQ(√d) (s) auf der kritischen Geraden liegen muss.
Wir haben also beide Annahmen aus Kapitel 3.6 gezeigt und somit folgendes Resultat vollständig bewiesen.
Satz 4.12.
Für hinreichend große T existitert ein M ∈ N, so dass ein positiver Anteil an Gramintervallen zwischen T und 2T wenigstens eine und nicht mehr als M Nullstellen von
ζQ(√d) (s) enthält.
Also wird in einem positiven Anteil aller natürlichen Zahlen n das schwache Gramsche
Gesetz der Dedekindschen Zetafunktion zu quadratischen Zahlkörpern erfüllt.
65
5 Kreisteilungskörper
5.1 Einführung
Kreisteilungskörper spielen eine große Rolle in der Entwicklung der Mathematik, wie die
folgenden zwei Beispiele belegen. 1769 gab Gauß eine Konstruktion für das regelmäßige
17−Eck nur mit Zirkel und Lineal über eine Kette von Teilkörpern Q = K0 ⊂ K1 ⊂
K2 ⊂ K3 ⊂ K4 = Q(ζ17 ) an. Mit dem Satz, dass jede abelsche Erweiterung des Körpers
der rationalen Zahlen in einem Kreisteilungskörper enthalten ist, legte Kronecker den
Grundstein der Klassenkörpertheorie.
Wir werden in diesem Kapitel die Dedekindsche Zetafunktion zu Kreisteilungskörpern
Q(ζn ) betrachten. Mithilfe der Zerlegung der Dedekindschen Zetafunktion in ein Produkt von Dirichletschen L−Funktionen sowie den Sätzen 2.1 und 4.11 werden wir uns in
Kapitel 5.4 wir mit den beiden Annahmen 3.6 und 3.7 beschäftigen und letztere beweisen. In Kapitel 5.5 werden wir dann die Annahmen 3.10 und 3.11 für Kreisteilungskörper
beweisen.
5.2 Eigenschaften von Q(ζn )
In diesem Abschnitt befassen wir uns mit den grundlegenden Eigenschaften von Kreisteilungskörpern. Dazu definieren wir zuerst die sogenannten Einheitswurzeln.
Definition 5.1. (Einheitswurzel)
Eine komplexe Zahl ζ heißt n−te Einheitswurzel, wenn
ζn = 1
gilt.
Sie heißt primitive n−te Einheitswurzel, wenn alle n−ten Einheitswurzeln als Potenzen
von ζ darstellbar sind.
Insbesondere ist die Zahl
2πi
ζn = exp
n
eine primitive n−te Einheitswurzel.
Äquivialent zu obiger Definition von n−ten Einheitswurzeln ist die Definition von ζ als
Nullstelle des Polynoms xn − 1.
Nach dem Fundamentalsatz der Algebra existieren somit genau n n−te Einheitswurzeln,
66
KAPITEL 5. KREISTEILUNGSKÖRPER
da das Polynom xn − 1 genau n Nullstellen besitzt. Die Einheitswurzeln bilden also insbesondere eine endliche Untergruppe der Einheitengruppe des Körpers.
Satz 5.2.
Die n−ten Einheitswurzeln sind die Zahlen
2kπi
k
, 1≤k≤n.
ζn = exp
n
Darunter sind genau diejenigen primitiv, für die ggT(n, k) = 1 gilt.
Beweis. Die erste Aussage folgt unmittelbar aus der Eulerschen Identität exp (iϕ) =
cos (ϕ) + i sin (ϕ) und den Additionstheoremen für die trigonometrischen Funktionen.
Es sei jetzt ξ eine beliebige primitive Einheitswurzel, dann hat ξ die Gestalt ζnk mit
einem gewissen 1 ≤ k ≤ n. Nachdem ξ primitiv ist, muss es ein eindeutig bestimmbares
kleinstes positives x geben, so dass insbesondere die Zahl ζn als Potenz von ξ darstellbar
ist:
2πi
x
kx
ξ = ζn = ζn = exp
.
(5.1)
n
2πi
=
exp
und das bedeutet kx ≡ 1 mod n. Nachdem hier x
Daraus folgt exp 2kxπi
n
n
als eindeutige Lösung der Kongruenz aufgefasst werden kann, gilt ggT(n, k) = 1.
Setzt man umgekehrt ggT(n, k) = 1 voraus,
die Kongruenz kx ≡ 1 mod n eine
so hat 2πi
2kxπi
eindeutige Lösung. Daraus folgt exp n
= exp n . Gemäß (5.1) ist also ζnkx = ζn .
Da ζn eine primitive Einheitswurzel ist, muss dies auch für ζnk gelten. Denn ist η eine
k(xl)
beliebige Einheitswurzel, so gibt es ein l mit η = ζnl = ζn .
Damit ist bewiesen, dass genau die zu n teilerfremden k die primitiven Einheitswurzeln
ζnk liefern.
Aus obigem folgt sofort, dass es genau ϕ(n) primitive n−te Einheitswurzeln gibt.
Die n−ten Einheitswurzeln lassen sich in der komplexen Zahlenebene geometrisch anschaulich interpretieren: Sie sind die auf dem Einheitskreis liegenden Ecken eines regelmäßigen n−Ecks, wobei eine der Ecken die Zahl 1 ist.
Definition 5.3. (Kreisteilungskörper)
Sei n eine natürliche Zahl. Der n−te Kreisteilungskörper Q(ζn ) ist die Körpererweiterung
von Q die durch Adjunktion aller primitiven n−ten Einheitswurzeln entsteht.
Der Ring der ganzen Zahlen aus Definition 3.1 ist nach Satz 10.2 in [14] von der Form
OQ(ζn ) = Z + Zζn + . . . + Zζnd−1 = Z[ζn ] ,
mit d = ϕ(n).
Nach Kapitel 7.4.2. in [23] hängen die quadratischen Zahlkörper aus Kapitel 4 mit den
eben definierten Kreisteilungskörpern wie folgt zusammen:
Satz 5.4.
Jeder quadratische Zahlkörper ist in einem Kreisteilungskörper enthalten.
67
KAPITEL 5. KREISTEILUNGSKÖRPER
5.3 Eigenschaften von ζQ(ζn ) (s)
Die Dedekindsche Zetafunktion zu einem Kreisteilungskörper lässt sich mit folgendem
Satz leicht angeben:
Satz 5.5.
Für den n−ten Kreisteilungskörper Q(ζn ) gilt
Y
ζQ(ζn ) (s) =
L(s, χ) .
χmod n
Das Produkt auf der rechten Seite erstreckt sich über alle Charaktere modulo n, das
heißt über die Charaktere χ mit fχ |n.
Beweis. Wir wollen zuerst für jede Primzahl p die Identität
Y
Y
−1
−1
1 − N (P)−s
=
1 − χ(p)p−s
(5.2)
χmod n
P|p
zeigen, wobei das Produkt auf der linken Seite über alle Primideale P läuft, die das
Hauptideal (p) teilen.
Die Primidealzerlegung von (p) in Q(ζn ) sei
e
(p) = Pe11 × . . . × Pgg
und es gelte n = pr m mit ggT(m, p) = 1.
Nach [14], Theorem 10.3, gilt e1 = . . . = eg = ϕ(pr ), sowie N (Pi ) = pf für i = 1, . . . , g,
wobei f die kleinste natürliche Zahl mit pf ≡ 1 mod m ist.
Weiterhin gilt f g = ϕ(n)/ϕ(pr ) = ϕ(m).
Damit erhalten wir
g
Y
−1 1 − N (P)−s
= 1 − p−f s
.
P|p
Aus p|fχ folgt χ(p) = 0, somit liefern diese Charaktere keinen Beitrag und wir können
sie ignorieren. Anderfalls gilt fχ |m und mit pf ≡ 1 mod m folgt, dass χ(p) eine f −te
Einheitswurzel ist. Nachdem es genau ϕ(m) Charaktere mit fχ |m gibt und von diesen
jede f −te Einheitswurzel genau g−mal als Wert χ(p) angenommen wird, folgt
Y
−s −1
1 − χ(p)p
=
fY
−1
a=1
χmod n
wobei ζf eine primitive f −te Einheitswurzel sei.
68
1 − ζfa p−s
−g
,
KAPITEL 5. KREISTEILUNGSKÖRPER
Wie man leicht berechnen kann gilt für x ∈ C die folgende Identität
f
x −1=
fY
−1 x − ζf−a
a=0
f
= (−1)
fY
−1
ζf−a
= −
1 − ζfa x
a=0
a=0
fY
−1
fY
−1
1 − ζfa x .
a=0
Einsetzen von x = p−s und Exponentieren liefert
−f s
1−p
−g
=
fY
−1
1 − ζfa p−s
−g
.
a=1
Wir erhalten somit die Identität (5.2) und können daraus unser gewünschtes Ergebnis
schließen:
Y
−1
ζQ(ζn ) (s) =
1 − N (P)−s
P
=
Y Y
1 − χ(p)p−s
−1
p χmod n
=
Y
L(s, χ) .
χmod n
Mit diesem Satz lässt sich ganz leicht das folgende Resultat über die Nullstellenfreiheit
von L(1, χ) beweisen.
Satz 5.6.
Für jeden Charakter χ 6= χ0 gilt
L(1, χ) 6= 0 .
Beweis. Es sei K = Q(ζn ) der zu χ mod n zugehörige Kreisteilungskörper.
Dann gilt mit Satz 5.5 und (4.2)
Y
ζQ(ζn ) (s) =
L(s, χ)
χmod n
= ζ(s) ×
Y
χmod n,
χ6=χ0
69
L(s, χ) .
KAPITEL 5. KREISTEILUNGSKÖRPER
Wie bereits bekannt ist, besitzt ζ(s) in s = 1 einen einfachen Pol. Die anderen Faktoren
auf der rechten Seite sind holomorph in s = 1.
Angenommen es gelte L(1, χ) = 0 für ein χ 6= χ0 , so würde sich der Pol auf der rechten
Seite aufheben und ζK (s) wäre holomorph in ganz C. Aber ζK (s) besitzt in s = 1 einen
Pol und somit gilt L(1, χ) 6= 0.
Eine klassische Anwendung findet dieser Satz im Beweis des Dirichletschen Primzahlsatzes. Dieser besagt, dass es unendlich viele Primzahlen p ≡ a mod n mit ggT(a, n) = 1
gibt. Ein Beweis dieser Aussage findet man in [22], Theorem 4.5.
Die Funktion SQ(ζn ) (t) aus (3.2) können wir nun mit Satz 5.5 und Formel (4.4) wie
folgt umformen
1
1
SQ(ζn ) (t) = arg ζQ(ζn )
+ it
π
2




Y
1
1
L
+ it, χ
= arg


π
2
χmod n
X 1
1
=
arg L
+ it, χ
π
2
χmod n
X
=
S(t, χ) .
(5.3)
χmod n
Für den Beweis der Annahmen 3.6, 3.7 und 3.10 benötigen wir Abschätzungen des
Integrals
Z 2T
SQ(ζ ) (t + h) − SQ(ζ ) (t)2k dt ,
n
n
T
für k ∈ N.
Mit obiger Formel (5.3) erhalten wir dann
Z
2T
T
SQ(ζ ) (t + h) − SQ(ζ ) (t)2k dt =
n
n
Z
2T
T
X
2k
X
S(t + h, χ) −
S(t, χ) dt .
χmod n
χmod n
(5.4)
Um dies weiter umzuformen, benötigen wir die Minkowski-Ungleichung, die für zwei
Funktionen f, g in Lp (D) mit 1 ≤ p < ∞ folgendermaßen lautet:

1/p

1/p 
1/p
Z
Z
Z
 |f (x) + g(x)|p dx ≤  |f (x)|p dx +  |g(x)|p dx
.
D
D
D
70
(5.5)
KAPITEL 5. KREISTEILUNGSKÖRPER
Formel (5.4) ergibt schließlich bei wiederholtem Anwenden von (5.5)
Z

 2k
2k
Z 2T X
X
2k
2k 
SQ(ζ ) (t + h) − SQ(ζ ) (t) dt =
S(t + h, χ) −
S(t, χ) dt
n
n
 T

χmod n
χmod n

2k
1
2k
 X Z 2T

|S(t + h, χ) − S(t, χ)|2k dt
≤


T
χmod n

1

2k
 X Z 2T
2k
=
|S(t + h, χ) − S(t, χ)| dt

T
 χmod n,
2T
T
χ6=χ0
2T
Z
|S(t + h, χ0 ) − S(t, χ0 )|2k dt
+
2k
1
2k

T
=



 X Z
2T
2k
|S(t + h, χ) − S(t, χ)|
1
2k
dt
T

 χmod n,
χ6=χ0
2k
1
2k

.
|S(t + h) − S(t)|2k dt

2T
Z
+
T
(5.6)
Der letzte Schritt ist hierbei mit der Identität (4.2) erfolgt.
5.4 Die Annahmen 3.6 und 3.7 für ζQ(ζn ) (s)
1
Es sei im Folgenden 0 < h < 1, T a < H ≤ T mit einem a > 12 und n ≤ T 4 −b für ein
0 < b ≤ 21 . Damit sind die Voraussetzungen der Sätze 2.1. und 4.11. erfüllt.
Außerdem gelte, wie in den Annahmen 3.6 und 3.7, h log T → ∞.
Wir betrachten zuerst Annahme 3.7:
Formel (5.6) ergibt mit k = 2
Z
2T
T
SQ(ζ ) (t + h) − SQ(ζ ) (t)4 dt ≤
n
n


 X Z

 χmod n,
2T
14
|S(t + h, χ) − S(t, χ)|4 dt
T
χ6=χ0
Z
2T
+
T
71

14 4
|S(t + h) − S(t)|4 dt
.

KAPITEL 5. KREISTEILUNGSKÖRPER
Nach Satz 4.11 gilt für den ersten Term
X Z
2T
14
4
|S(t + h, χ) − S(t, χ)| dt
X T
χmod n,
χ6=χ0
T log (2 + h log T )2
1
4
χmod n,
χ6=χ0
1
4
ϕ(n) T log (2 + h log T )2
1
1
T 4 log (2 + h log T ) 2 .
Der letzte Schritt ist dabei aus folgender Beobachtung gefolgt: Bezüglich eines fest
gewählten Kreisteilungskörpers Q(ζn ) ist n eine Konstante, so dass man den Wert ϕ(n)
der Eulerschen ϕ−Funktion als Konstante des Kreisteilungskörpers auffassen kann.
Den zweiten Term kann man mit Satz 2.1 für k = 2 wie folgt umformen:
Z
2T
4
41
|S(t + h) − S(t)| dt
T log (2 + h log T )2
1
4
T
1
1
T 4 log (2 + h log T ) 2 .
Damit ergibt sich dann insgesamt Annahme 3.7:
Z 2T
n
o
1 4
SQ(ζ ) (t + h) − SQ(ζ ) (t)4 dt T 14 log (2 + h log T ) 2
n
n
T
T log (2 + h log T )2 .
Wie schon im Fall quadratischer Zahlkörper lässt sich Annahme 3.6 nicht ohne weiteres
beweisen. Nachdem jedoch, nach den Sätzen 2.1 und 4.11, die einzelnen Summanden von
SQ(ζn ) (t) die Annahme 3.6 erfüllen, liegt die Vermutung nahe, dass dies auch für deren
Summe gilt.
Eine Abschätzung nach oben folgt mit k = 1 sofort aus (5.6) und den Sätzen 2.1 und
4.11:


12
Z 2T
 X Z 2T
2
2
SQ(ζ ) (t + h) − SQ(ζ ) (t) dt ≤
|S(t + h, χ) − S(t, χ)| dt
n
n

T
T
 χmod n,
χ6=χ0
Z
2T
+
T

12 2
|S(t + h) − S(t)|2 dt

T log (2 + h log T ) .
Für den Beweis, dass das Gramsche Gesetz der Dedekindschen Zetafunktion zu Kreisteilungskörpern mit einen positiven Anteil aller natürlichen Zahlen n verletzt wird, muss
also nur noch Annahme 3.6 gezeigt werden.
72
KAPITEL 5. KREISTEILUNGSKÖRPER
5.5 Die Annahmen 3.10 und 3.11 für ζQ(ζn ) (s)
Wir werden uns zuerst mit Annahme 3.10 befassen. Somit gelte h log T 1.
1
Außerdem seien die Voraussetzungen aus den Sätzen 2.1 und 4.11 erfüllt: n ≤ T 4 −b für
ein 0 < b ≤ 21 , 0 < h < 1 und T a < H ≤ T mit einem a > 12 .
Nach Satz 4.11 von Fujii gilt für den ersten Term in (5.6)
X Z
χmod n,
χ6=χ0
2T
2k
|S(t + h, χ) − S(t, χ)|
1
2k
dt
T
X (c1 k)3k T
1
2k
χmod n,
χ6=χ0
1
2k
ϕ(n) (c1 k)3k T
3
1
(c1 k) 2 T 2k .
Für den zweiten Term in (5.6) gilt nach (2.19)
Z
2T
2k
|S(t + h) − S(t)|
1
2k
dt
(c2 k)2k T
1
2k
T
1
= c2 kT 2k .
Damit ergibt sich (5.6) insgesamt zu
Z 2T
n
o2k
3
1
1
SQ(ζ ) (t + h) − SQ(ζ ) (t)2k dt (c1 k) 2 T 2k
2k
+
c
kT
2
n
n
T
(c3 k)3k T .
Dies entspricht (ähnlich wie in Kapitel 4.6) nicht ganz der Annahme 3.10 in welcher der
Term (ck)2k T auf der rechten Seite steht.
Wir werden im Folgenden zeigen, dass diese Abschätzung auch genügt, um die Konvergenz von (3.22) aus Kapitel 3.6 zu zeigen. Den Anfang des Beweises kann man analog
übernehmen und bekommt dann anstelle von Formel (3.19)
NK,Fm (T )
(ck)3k
,
T log T N
(m − 2)2k
wobei wir zur Vereinfachung c = c3 gesetzt haben.
Wir erhalten also die Funktion
Fc
K (k) =
(ck)3k
(m − 2)2k
.
Mit Hilfe der Ableitung
0
Fc
K (k) =
(ck)3k
(m − 2)2k
(3 log (ck) + 3) − 2
73
(ck)3k
(m − 2)2k
log (m − 2)
KAPITEL 5. KREISTEILUNGSKÖRPER
lässt sich somit das Minimum der Funktion an der Stelle
2
(m − 2) 3
k =
ce
∗
berechnen.
Die Sätze 2.1 und 4.11 nur für k ∈ N gültig sind, betrachten wir
# "
#
)
("
2
2
3
3
(m
−
2)
(m
−
2)
,
+1
k0 ∈
ce
ce
und wählen k 0 so, dass esvon k ∗die maximale Differenz 12 hat.
2
∗
Nachdem Fc
K (k ) exp −cm 3 gilt, erhalten wir somit anstelle von (3.20)
2
NK,Fm (T )
3
exp
−cm
.
T log T N
Die Konvergenz von (3.22) ist damit immer noch gewährleistet und der restliche Beweis
von Satz 3.12 kann weitergeführt werden.
Wir wenden uns nun der Annahme 3.11 über die Verteilung der Nullstellen auf der
kritischen Geraden zu.
Nach Satz 5.5 gilt die folgende Gleichung
Y
ζQ(ζn ) (s) =
L(s, χ) .
χmod n
Wie wir bereits in Kapitel 4.3 erwähnt haben, hat Peter Bauer in seiner Arbeit [2] gezeigt,
dass ein positiver Anteil aller nichttrivialen Nullstellen von L(s, χ) auf der kritischen
Geraden liegt:
N0 (T, χ)
lim inf
> 0,365815 .
T →∞ N (T, χ)
Zusammen mit einer analogen Aussage für die Riemannsche Zetafunktion (siehe zum
Beispiel [4]) gilt dies also auch das Produkt dieser L−Funktionen und somit liegt ein
positiver Anteil aller Nullstellen von ζQ(ζn ) auf der kritischen Geraden.
Wir haben also beide Annahmen aus Kapitel 3.6 gezeigt und damit folgenden Satz
vollständig bewiesen.
Satz 5.7.
Für hinreichend große T existitert ein M ∈ N, so dass ein positiver Anteil an Gramintervallen zwischen T und 2T wenigstens eine und nicht mehr als M Nullstellen von
ζQ(ζn ) (s) enthält.
Damit ist für einen positiven Anteil aller natürlichen Zahlen das schwache Gramsche
Gesetz der Dedekindschen Zetafunktion zu Kreisteilungskörpern erfüllt.
74
6 Ausblick
Bei der Verallgemeinerung von Trudgians Ergebnissen [18] auf Dedekindsche Zetafunktionen mussten wir vier Annahmen treffen. Drei über die Potenzmomente der SK −Funktion
und eine über die Verteilung der Nullstellen auf der kritischen Geraden.
Nachdem man ganz allgemein über die Potenzmomente der SK −Funktion noch nicht
viele Aussagen treffen kann, haben wir die Spezialfälle genauer betrachtet in denen die
Dedekindsche Zetafunktion in Produkte von Dirichletschen L−Funktionen zerfällt.
Gegen Ende seines Artikels [6] erwähnt Fujii, dass man seine Methode auch auf gewisse Summen von S(t, χ) übertragen kann, um so ähnliche Resultate wie Satz 4.11 zu
erziehlen. Mittels dieser Methode könnte man versuchen, direkt die Annahmen für quadratische Zahlkörper und Kreisteilungskörper zu zeigen.
Trudgian betrachtet in Kapitel 4 seiner Arbeit [18] eine Variante des Gramschen Gesetzes, die sogenannte Rosserer Regel. Dabei kann er zeigen, dass diese zu einem positiven
Anteil aller natürlichen Zahlen fehlschlägt. Dafür verwendet er Methoden in Analogie
zu Kapitel 2.3. Man könnte nun versuchen, dieses auf Dedekindsche Zetafunktionen zu
erweitern. In Satz 3.8 haben wir bereits das Resultat aus Kapitel 2.3 mit Hilfe von zwei
Annahmen auf Dedekindsche Zetafunktionen übertragen. Es liegt also die Annahme nahe, dass sich die Ergebnisse über die Rosser Regel der Riemannschen Zetafunktion aus
[18] übertragen lassen auf die Rosser Regel der Dedekindschen Zetafunktion.
75
Literaturverzeichnis
[1] R. J. Backlund, Über die Nullstellen der Riemannschen Zetafunktion. Acta
Mathematica, 41, Seiten 345-375, 1918.
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Danksagung
Mein ganz besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. Jörn Steuding, der mich bei der Erstellung dieser Arbeit ausgezeichnet betreut und sich stets Zeit für meine Fragen genommen
hat.
Außerdem danke ich Matthias Giegerich, der mir bei der Fehlersuche und bei technischen
Schwierigkeiten weitergeholfen hat.
Bedanken möchte ich mich auch bei meiner Familie und insbesondere meinen Eltern, die
mich während meines gesamten Studiums unterstützt haben.
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Erklärung
Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne Benutzung
anderer als der angegebenen Quellen und Hilfsmittel angefertigt habe. Alle verwendeten
Abbildungen habe ich selbst erstellt.
Würzburg, 12. März 2012
Nora Reiter
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