ORDEN POUR LE MÉRITE FÜR WISSENSCHAFTEN UND KÜNSTE REDEN UND GEDENKWORTE ZWÖLFTER BAND 1974/75 VERLAG LAMBERT SCHNEIDER • HEIDELBERG REDE VON WOLFGANG GENTNER WOLFGANG GENTNER KOLLISIONEN IM LAUFE DER GESCHICHTE UNSERES PLANETENSYSTEMS Das Zeitalter der von Aufklärung revolutionären Wende des 16. zum wurde durch eine ganze Reihe astronomischen 17. Jahrhundert Entdeckungen eingeleitet. Es an der sind dies hell aufleuchten¬ aufgezählt Erscheinung am »ewigen« Fixsternhimmel, das heliozentrische System mit den Keplerbahnen, die Jupitermonde, die Bahn¬ beobachtung von Kometen und die Entdeckung der Sonnen¬ flecken und Protuberanzen, um nur einige Beispiele zu nen¬ — kurz — die neuer der Sterne nen. Diese Messungen am nächtlichen Sternenhimmel bedeuteten schon einzeln und noch viel mehr zusammengenommen das Todesurteü für das ewig bestehende, wohlgeordnete Weltbild, einzigartigen Kosmos, die¬ der göttlichen Schöpfung hatte Ptolemäus den Kosmos des Aristoteles. Diesem sem von Schmuckstück Alexandria im zweiten Jahrhundert nach Christus mit der Erde als Mittelpunkt Schalen und von und einem System Planetenbahnen auf 137 von geozentrischen Epizykeln eine solide Grundlage gegeben, die das ganze Mittelalter überdauerte. Damit versuchte man, die neten zu verstehen und einzuteilen, ren unregelmäßigen Bahnen der Pla¬ das Himmelsgebäude in feste Sphä¬ die wie Zwiebelschalen auch Mond und Sonne jedem Planeten — wozu gehören als feste durchsichtige, undurchdringliche Hohlkugeln zugeordnet waren. Zwar ten schon gilt wohl Aristarch griechische Naturphilosophen das heliozentrische zelgänger, diese nicht der — und aus aufgehenden — als Aber er hat¬ Hauptvertreter im dritten Jahrhundert System verteidigt. erst Vorstellung akzeptieren, Samos — aber v. Chr. blieb ein Ein¬ recht das christliche Mittelalter konnte einer kreisenden und sich drehenden Erde schon weil die Bibel an vielen Stellen von und sich bewegenden Sonne spricht. So hat sich auch Nikolaus Kopernikus, dessen 500. Geburtstag wir vor einigen Jahren an vielen Orten Europas gefeiert haben, nur sehr zögernd und erst am Ende seines Lebens mit seinem be¬ rühmten Werk De revolutionibus orbium coelestium an die Öffentlichkeit gewagt (Abb. 1). Dem 100 Jahre jüngeren Johannes Kepler, ebenso wie seinem Amtsvorgänger Tycho Brahe und Galileo Galüei in Padua, war die Bedeutung des Werkes von Kopernikus ganz klar. Gleichzei¬ Kepler mit größter Liebe und Begeisterung an dem tig geometrisch idealen Gebäude von ineinander verschachtelten Polyedern des Planetensystems herumgebastelt, weil er die symmetrische Ordnung, »den Kosmos«, im Planetensystem aber hat suchte. Der beste und genaueste Beobachter des cho Brahe, die mit den hat als erster zu Sternenhimmels, Ty¬ experimentelle Beweise angeführt, Dogmen gewordenen Behauptungen stoteles und der ptolemäischen Schule in Alexandria nicht übereinstimmen konnten. Er konnte insbesondere 138 des Ari¬ zeigen, daß Abb. 1. Sphären, Darstellung des des halbgeozentrischen Systems zentrischen Bahnen bei schen Werk vom der Komet geozentrischen Systems Kopernikus Ende des 17. von er Sphäre jenseits Brahe und der geo¬ (Aus einem französi¬ der Sonne seine Bahn der Venus lief. Damit mußte Himmelssphären und zertrümmert haben. So verwarf Kometen als Ptolemäus mit den Jh.) die Kristallschalen der festen Himmelssphären Tycho von und Descartes. 1577 sicherlich zog und quer durch die von er die durchstoßen undurchdringlichen und damit auch die aristotelische Theorie der Erscheinungen (Abb. 2). sphäre innerhalb der irdischen Atmo¬ 159 nämlich im November Schon vorher, einen plötzlich bild der mußte sehr hell Kassiopeia er jenseits aufleuchtenden, neuen Er fand keine vermessen. Brahe Tycho Stern im Stern¬ also Parallaxe, der Planeten im Gebiet der Fixsterne und der Milchstraße stehen. Damit Himmelssphäre hatte 1572, war der Fixsterne deutlich geworden, keineswegs ein daß die ewiges, unver¬ bisher als selbstverständlich galt. Aber Tycho Brahe konnte sich von dem geozentrischen System nicht ganz frei machen. Er versuchte einen Kompromiß zwi¬ schen Kopernikus und Ptolemäus mit der Erde als Mittelpunkt gängliches Gebäude ist, was der neten. in aber der Sonne als Welt, Erst sein Assistent und Prag, lichen Mittelpunkt Johannes Kepler, Beobachtungen lerschen Gesetze Nachfolger des kreisenden Pla¬ am Kaiserlichen Hof hat dann auf Grund der vorzüg¬ seines Meisters die berühmten drei aufgestellt und damit Kep- Begründer zum der modernen Astronomie werden können. Wie Walther Gerlach sagt, stellte Grundsatz er auf, erstmals Brief an alle daß eine Theorie gen, die »Wahrheit der den für Naturwissenschaften quantitativ die Beobachtun¬ Natur«, wiedergeben Astronomenpastor den muß. In einem David Fabricius schreibt er am Schlußfolgerungen nie¬ der: »Nun aber habe ich das Ergebnis, mein Fabricius: Die Planetenbahn ist eine vollkommene Ellipse, die Dürer oft Oval nennt«. Damit war das alteingesessene Dogma der idealen Kreisbewegung gebrochen. Auch Kepler hatte das Glück, im Jahre 1604 eine Supernova 16. Oktober 1605 die zu beobachten, kühnen, neuen wie wir heute diese für kurze Zeit hell auf¬ leuchtenden Fixsterne nennen, obwohl sorte nur es von rund drei in tausend Jahren wieder eine Supernova Noch ein kurzes Wort gibt. im Andromedanebel zu den zu 140 zu dieser Sternen¬ Erst 1885 war sehen. Dogmen gewordenen Aus- Abb. 2. Beobachtungsnotizen und die Gestalt der Kometen aus von der Hand Tycho Brahes über den Lauf 1577 und 1580. sagen des Aristoteles. Ptolemäus und die Schule in Alexandria hatten sie in eine beherrschende Theorie Jahrhunderte überlebte. Aber dieses ganze kengut ist mit dem Untergang gekleidet, die viele griechische Gedan¬ des Römischen Reiches 141 aus dem Gesichtskreis des westlichen über Byzanz aus arabischen aufgetaucht. Erst fast alle wichtigen wieder Quellen die Mitte des 13. Jahrhunderts um verschwunden und erst Europa waren naturwissenschaftlichen Werke der antiken Griechen in latei¬ nischer Übersetzung, der damaligen Gelehrtensprache, verfüg¬ bar. Aber auch dann wurde die aristotelische Lehre nicht besehen gelehrt. kategorisch ten Aristoteles Sie wurde sogar des öfteren verdammt. waren z. B. der an un¬ manchen Or¬ Angriffspunkte Begriff der ewigen Welt, der Theorien des der mit der christlichen Lehre ganz unvereinbar erschien. Auch der Determinismus wirkte für viele christliche Denker abstoßend und wurde deswegen geradezu ebenfalls mancherorts ver¬ dammt. Das sind sophen Beispiele nur Streit der mittelalterlichen Philo¬ die Lehre des Aristoteles. Aber trotzdem um heliozentrische System galt das Sphä¬ des Ptolemäus mit seinen festen als das Endglied menschlicher Erkenntnis auf dem Astronomie, denn geozentrische Überlegungen ren der kaum bekannt, Lehre von als zum wenn auch Thomas Aquin waren offenbar die Aristarch kannte. Das Gebäude des Himmels gegeben, und niemand diskutierte die stehungsweise unserer rung vorbehalten und che Planeten. Das wurde, wie aufregenden Ereignisse, 1572 und 1604, die kurze Zeit war Frage waren. sehr galt über die Ent¬ der Zeit der Aufklä¬ gesagt, ausgelöst durch sol¬ wie die beiden Supernovae von mindestens zehnmal heller als der Sirius für alle Welt sichtbar übersehen von Gebiet am Nachthimmel nicht Dazu kamen die damals ebenfalls zu zufällig häufigen Kometen, im Planetensystem verfolgt werden konnten und heftige Diskussionen auslösten. Bevor wir uns den heutigen Vorstellungen über die Frühgederen Bahnen mit den modernen In¬ strumenten 142 schichte des Planetensystems zuwenden, dem alten soll noch kurz werden, Gedankengut der Welt Frage Entstehung beschäftigt hat, damit unserem eigentlichen Thema näher kommen. aus erzählt nach der Abb. 3. Blatt aus dem Arbeitsbuch über den Lauf des Kometen von von Samuel einiges das sich mit der Reyer mit weil wir Eintragungen 1665 durch das Sternbild der Andromeda. 143 In seinem 8. Jahrhundert v. Chr. stand das Chaos und Anfang Werk der grandiosen an Théogonie sagt einer Stelle: Erde, zuerst ent¬ später die Erde.« Ganz ähnlich lautet der des Alten Testaments: »Am mel und »Wahrlich, Hesiod im und die Erde Anfang schuf Gott Him¬ wüst und leer«. Mit diesen war Worten hat Martin Luther das hebräische »Tohuwabohu« übersetzt, das ganz dem griechischen Chaos entspricht. Dage¬ gen bezeichnet Plinius der Ältere in seiner Naturalis Historia die Welt als ewig, unermeßlich, vergehend, und weder stellt sich damit auf den gezeugt noch jemals Standpunkt der Stoiker und des Aristoteles. Im Zeitalter der Aufklärung hat man selbstverständlich die Ewigkeit der Welt angezweifelt und die Frage nach dem Ent¬ stehungsprozeß der Welt und speziell des Planetensystems weidlich erörtert. So kam vom man wieder auf den alten zustand zurück. Dies wird deutlich 1755 chen, als er geschichte in jungen Jahren mache aus (1755) eine Kant angespro¬ von Allgemeine Natur¬ und Theorie des Himmels schrieb : »Ich nehme die Materie aller Welt in einer allgemeinen Zerstreuung an und Chaos«, und weiter un¬ derselben ein vollkommenes ten: »Dieser sein, Begriff Chaos des Hesiod oder des Tohuwabohus der Bibel als Ur¬ Zustand der Natur scheint uns der einfachste zu der auf das Nichts Atomisten folgen kann«. Unter Berufung auf die Epikur, Leukipp und Demokrit und unter Be¬ nutzung der für Kant sehr modernen Gesetze Newton kommt es aus dem Chaos systems. Unter dem weltweiten hatten sich nämlich um reichenden Isaac Büdung des Planeten¬ Einfluß des genialen Newton zur die Wende hundert viele Gelehrte mit den von vom 17. Folgerungen Anziehungskräften, schäftigt. 144 dem zum aus 18. Jahr¬ seinen weit¬ Gravitationsgesetz, be¬ Mit diesen weitreichenden Gravitationskräften Newtons außerdem ein anderes Rätsel einer worden, näher Lösung nämlich der Lauf der Kometen war gebracht Fixsternhimmel. am Ihre aufregende Erscheinung am Nachthimmel war nun nicht mehr eine göttliche Warnung vor Unheil, sondern ein Beweis für die Keplerschen und Newtonschen Gesetze. Die besonders Kometen prächtigen von 1665 und 1680 hatten Newton die diese Gesetze exakt Gelegenheit gegeben, langgestreckten, elliptischen Bahn dieser prüfen. Kometen, zu Mit der die weit über die Bahnen der entferntesten Planeten führte und ande¬ rerseits die erdnahen Planetenbahnen kreuzte und ganz nahe zur Sonne lichkeit heranreichte, von wurde auch Mal die Mög¬ Vermessung der deutliche Verkürzung zum ersten Kollisionen diskutiert. Die genaue Umlaufzeiten zeigte nämlich oft eine und deutete auf ein schließliches Eintauchen in die Sonne hin (Abb. 3). Damit Kometen erklärt, von war das Verschwinden der vielen beobachteten denen schon Kepler sagte, es gäbe mehr als Fische im Ozean. Die Herkunft der Kometen ist heute noch ein Hypothesen Rätsel, wenn man auch dagegen auch einige vernünftige Möglich¬ hat. Die im 18. Jahrhundert erkannte keit der Kollision eines Kometen mit der Sonne brachte den französischen de Buff on ken, — Enzyklopädisten Georges Louis meist kurz M. de Buff on zitiert — Leclerc, Comte auf den Gedan¬ daß auch die Planeten auf diese Weise entstanden sein könnten. Für seine Histoire Naturelle hat er stechen für die verschie¬ lassen, die diesen Ausgaben prächtige Kupfer Vorgang illustrieren (Abb. 4). Allerdings hat er später diese Vor¬ stellung widerrufen und allein der Bibel recht gegeben, nachdem er auch die Abkühlungszeit einer feurigen Eisenkugel von der Größe der Erde berechnet hatte und zu wesentlich längeren Zeiten gekommen war als das biblische Alter der Erde. Eine denen 145 ganz ähnliche Kollisionstheorie mit einem Stern hat dann wie¬ aufgestellt. geschichtliche Bemerkung soll diese Einfüh¬ rung beschließen. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts, genau am 1. Januar 1801, wurde von Abbé Piazzi ein kleiner Himmels¬ körper entdeckt, den er zunächst für einen Kometen hielt. In der Sir James Jeans 1919 Noch eine letzte den folgenden Tagen wurde es ihm aber klar, daß dieser wan¬ dernde Stern wegen seiner scharfen Konturen ein kleiner Pla¬ sein net mußte, der genau in die Lücke Titius-Bodeschen war. Dieser erste Planetoid oder auch Jupiter noch frei Asteroid, der von seinem Entdecker Piazzi in Palermo »Ceres« folgenden genannt wurde, blieb Jahren wurden im Sonnenabstand noch mehr kleine Planeten Ende zu des vorigen Jahrhunderts die Dienst der Astronomie zu Photoplatte und als in den mehrte sich die Zahl sicheren Bahnelementen rund 40 000 gleichen entdeckt, gestellt wurde, erheblich, so daß man jetzt der Asteroiden die nach der zwischen Mars und Regel nicht allein. In den paßte, kennt; es wird rund 2000 mit geschätzt, daß noch entdecken sind. Aus Helligkeitsschwankungen weiß man, daß diese Plane¬ toiden meist keine Kugelgestalt haben, sondern mehr unregel¬ mäßigen Bruchstücken ähneln. Ihr Durchmesser beträgt beim größten rund 1000 km, aber bei allen anderen erheblich weni¬ ger. Eine ganze Reihe von ihnen hat sehr exzentrische Bahnen, z. B. der 1949 die Erdbahn, von Baade entdeckte Ikarus. Er kreuzt nicht sondern auch die Bahn des Merkurs. 1968 hat sich der Erde bis zu der geringen Entfernung Abb. 4. Zusammenstoß eines Kometen mit der des fon, Planetensystems l'histoire nur führen sollte. naturelle, époques Sonne, der (Georges-Louis Leclerc, zur Entstehung Comte de Buf- de la nature, ed. Deux Ponts 146 er 6 Millionen von 1785.) km genähert, und die Frage möglichen Kollision wurde Sogar an Abwehrmaßnahmen einer in weiten Kreisen gern erörtert. durch Raketenbeschuß mit einer Atombombe weit außerhalb der Erdbahn wurde gedacht. Es ist daß z. einleuchtend, T. als Trümmer sieht, die mit Um dieselbe primärer Zeit, die Erkenntnis die große Zahl dieser Asteroiden Kollisionen zwischen Planetoiden Kondensationsmaterie als der erste gemischt Planetoid entdeckt an¬ sind. wurde, hat systematischen Untersuchungen von Chladni sich auch dank der von von man durchgesetzt, daß hin und wieder Bruchstücke Eisen und Steinen auf der Erde landen, die wir mit dem Namen Meteorite bezeichnen. In seinem Übereifer hatte näm¬ lich das Zeitalter der scheinungen, Aufklärung die nicht erklärbar mit allen überirdischen Er¬ schienen, aufgeräumt und dabei auch die beobachteten Meteoritenfälle in das Gebiet des Aberglaubens verdammt. Erst ein massives Ereignis, ein Streu¬ regen auf das Dorf l'Aigle nicht sehr weit von Paris, hat die berühmte Pariser Akademie 1805 teils zu einer Revision ihres Ur¬ bringen können. Seit dieser Zeit hat man sich wissenschaftlich mehr und mehr mit diesen Eisen- und Steinmeteoriten auf der Erde erhebliche ihr Gewicht 1000 beobachtungen Einschlagskrater büden wissen, stammen der zwischen Mars und von Brocken (Abb. 5 und die auch können, überschreitet. Soviel wir heute dieser Meteoriten Asteroidengürtel, dem Tausende to beschäftigt, aus sie wenn Bahn¬ aus dem Jupiter liegt und in 13) und in sehr viel größerer Zahl Staubkörner verschiedener Größe kreisen. Bei be¬ sonders günstigen atmosphärischen Bedingungen, die heutzu¬ tage in unserer Region auch dank der überall hinreichenden Straßenbeleuchtung kaum noch vorhanden sind, kann man den Staubgürtels bald nach Sonnenuntergang als Widerschein dieses 148 schrägen Kegel, der in die Richtung der Ekliptik zeigt, mit bloßem Auge sehen. Er ist von alters her als Zodiakallicht bekannt. Abb. 5. Eine der erstaunlichsten Aufnahmen Marsmond Phobos gilt als Im folgenden Prototoyp (Länge ~ 20 km) der vielen Planetoiden im soll etwas genauer einer Planetensonde: mit zahlreichen zu Einschlagskratern Asteroidengürtel. unsere heutige das Asteroidenband und die kleinen Planeten den. Es ist nämlich der Kenntnis über dargelegt wer¬ vermuten, daß dort noch viele Geheim¬ verborgen liegen, die uns Aufschluß schichte unseres Planetensystems geben. nisse 149 über die Frühge¬ Die früher weit verbreitete ten Überreste eines etwa ben Hypothese, zerstörten großen in der Mitte zwischen Mars und könnte, ist heute in dieser worden. Sehr sicher ist Planeten primitiven von Form fallen ha¬ gelassen radioaktiven Uhren die Zeit seit daß sich die Planeten wir, der sich Jupiter aufgehalten der Kondensation des Urnebels direkt wissen seien, heute das Alter der Planeten be¬ uns da wir mit Hilfe kannt, daß die kleinen Plane¬ messen vor können. Daraus 4.6 Milliarden Jahren gebildet haben. Auch ist heute die Messung der Zeitdauer die¬ ses Kondensationsvorganges möglich; sie beträgt nur rund 15 Millionen Jahre, wie man aus Spuren ausgestorbener radio¬ aktiver weiß. Als dieser Kondensationsvorgang vor 4.6 Milliarden Jahren ablief, haben sich zunächst unabhängig voneinander viele Planetoiden gebildet. Auch Objekte mit gleichbleibendem Bahntyp blieben nicht von gegenseitigen Zu¬ Isotope sammenstößen verschont. Es herrschte in dieser unseres Planetensystems ersten Phase sicherlich ein erhebliches Tohuwa¬ großen Häufigkeit von Kollisionen sind uns gerade großer Zahl bekannt ge¬ auch noch keine wenn worden, ganz stichhaltige Theorie von der Entstehung des Planetensystems vorliegt. Die modernen Vorstellungen ähneln damit denen von Laplace, der in seinem berühmten Werk Exposition du système du monde (1808) fol¬ bohu, und Zeugen der in den letzten Jahren in gende Schlußbemerkungen schrieb »Wie aber hat die Sonnen¬ atmosphäre die Dreh- und Umlaufbewegungen der Planeten : und Satelliten bestimmt? Wären diese gedrungen, lassen; man so Körper kann also vermuten, daß die Planeten Kondensation der Nebelzonen entstanden sind zen, welche die lung tief in sie ein¬ hätte ihr Widerstand sie auf die Sonne fallen Sonnenatmosphäre in der Ebene ihre der den Gren¬ sukzessive bei ihrer Abküh¬ Äquators aufgeben 150 an aus mußte.« In neue- ster Zeit hat dann der fizierung suchungen dieser Abb. 6. englische Vorstellung des schwedischen Astronom F. Hoyle Heranziehung der Unter¬ Physikers H. Alfvén vorgeschla- Landschaftsbild des irdischen Mondes mit Einschlagskratern schiedenen Alters. Die Erosion auf der Mondoberfläche in der Frühzeit durch zu großen Meteoriten. unzählige Einschläge (Aufnahme eine Modi¬ unter AS von geschah vorwiegend Staubkörnern bis hinauf 10-34-5173.) 151 ver¬ durchdringen die von der Sonne ausgehenden Kraftlinien des magnetischen Feldes den ganzen interplane¬ tarischen Raum, und diese übernahmen in der Vergangenheit gen. Danach die Übertragung des Drehmoments auf die Planeten. Damit eine wesentliche war Schwierigkeit der alten Vorstellungen ausgeräumt. Die großartigen Nahaufnahmen Satellitenaufnahmen von unseres irdischen Mondes, die Mars und Merkur haben weiterhin neuartige Einblicke in die Struktur der Oberfläche dieser Himmelskörper und auch Einblicke in das Innere gegeben (Abb. 6). Dabei hat sich zunächst einmal als sicher herausge¬ ganz stellt, daß die vielen Kraterbecken und Kraterfelder größten Teil nichts mit einem Vulkanismus wir ihn von zu tun zum aller¬ haben, wie der Erde her kennen. Vielmehr stammt die weit überwiegende Zahl kleiner und größerer Krater aus Einschlägen von Staubkörnern, Meteoriten, kleinen Planeten und wohl auch Kometen. Aus direkten gesteins gisch unseres Alterbestimmungen des Oberflächen¬ Mondes und der Kraterhäufigkeit in geolo¬ verschieden alten Gebieten kann zeitliche Abnahme Himmelskörper daß in der der ermitteln Anfangszeit Kollisionen man auch direkt die Kollisionen unserer Häufigkeit (Abb. 7). Diese Kraterstatistik ergibt, von unseres Planetensystems die Zahl der Größenordnungen häufiger war als heute (Abb. 8). großen Planeten sind auf Kosten der kleinen im¬ mer größer geworden. Bei ihrem Umlauf in der Scheibe der Ekliptik haben sie durch ihre wachsende Anziehungskraft das System immer mehr gereinigt. Das kann man klar erkennen an dem Rückgang der Einschlagshäufigkeit auf dem Mond in um viele Die der Zeit von 4 bis 5 Müliarden Jahren. Ein Rest dieser gürtel zu Protoplaneten ist heute noch im Asteroiden¬ entdecken. Die Mehrzahl dieser kleinen Planeten be- 152 Abb. 7. Ziolkovsky-Krater Becken zur Zentralkegel. größere Kraterhäufigkeit die wesentlich Gegensatz mit Mare und geringeren Kraterhäufigkeit (Mare). 153 Man sieht deutlich auf dem alten im später Zentralkegel mit Lava im aufgefüllten findet sich offenbar heute in einem stationären Zustand. Ihr Aussehen dürfte dem Marsmond Phobos derbare Aufnahme von einem Satelliten Wenn auch die Zahl der Zeit des dessen ähneln, wun¬ gelang (Abb. 5). aus Kollisionen, gemessen der Zahl an Anfangschaos, ungeheuer zurückgegangen ist, i I i i i | i i i i i i i ii i | i i i i i i i i i | i i i zur so ist i i = « Terrae 16 Apollo Apollo 15 (Apennines) 11 Apollo (old flows) Apollo11 (young flows) m ' i 16 ' i i i ' ' i I ' ' ' l ' Age (109 years) Abb. 8. Die kumulative Alter (Milliarden Jahre) (Fechtig und Kraterhäufigkeit verschiedener in Abhängigkeit Landeplätze der vom radiogenen Apollo-Missionen. Neukum, Heidelberg 1975.) sie doch nicht gleich Null zu setzen. Die Meteorite, die mit Leuchtspuren auch heute noch immer auf der Erde landen, stammen alle aus Kollisionen, die vielleicht schon lange zurückliegen (Abb. 12, 13). Auch die Zahl und der Zeitpunkt nächtlichen 154 Abb. 9. Mikroeinschlagskrater der dem Mondstaub einer aus Planck-Institut für auf dem Bruchstück eines Apollo-Mission stammt. Kernphysik, Heidelberg 1974.) dieser Kollisionen, die Eisenmeteoriten, (Aufnahme Skala: 250 [Un. a Max= 70°. Zertrümmerung zweier größerer Kör¬ per geführt haben, sind heute der Messung zugänglich (Abb. 9). Schon vor einigen Jahren haben wir uns mit dem Alter von Meteoriten nach der Kalium-Argon-Uhr beschäftigt. Diese Uhr wird so abgelesen, daß in einem Meteoriten die Menge des Edel¬ gases Argon gemessen wird, das beim langsamen radioaktiven zur 155 Zerfall des Kaliums entsteht. Im Zeitmessungen sen das Entstehungsalter stems, nämlich 4.6 Milliarden Meteorit aus einer allgemeinen Kollision, Jahre, kommt bei die¬ unseres Planetensy¬ heraus. Stammt aber ein später stattfand, die wesentlich Hypersthen Chondrite 30- (121 Fälle) a u2 ¦D z 03 N C < 10- E 0 —] 3 6x109a 5 4 K-Ar-Alter Abb. 10. an Radiogene Altersbestimmungen verschiedenen Steinmeteoriten eines den Jahren stammt aus mit der Typs. Die haben, wodurch alle Kollisionen erlebt abgesetzt wurde. Besonders auffallend ist die Jahren, von primären Kondensationsprodukten, jüngeren 1 Milliarde Kalium-Argon-Methode Gruppe das 4.5 Milliar¬ während die radiogene Kollisionsgruppe Alter her¬ vor rund die sich deutlich heraushebt. dann wird durch die Schockwelle bei der Kollision der Mete¬ orit entgast, und die gestellt. aus Kalium-Argon-Uhr wird Andere radioaktive Uhren tun auf Null zurück¬ das nicht. So kann den Zeitdifferenzen verschiedener Uhren auf den der Kollision schließen (Abb. 10). 156 man Zeitpunkt Natürlich ist genau so Existenz einem großen eigene Erde im Laufe der Geschichte, Mond, besonders im Anfangsstadium ihrer unsere wie der heftigen Bombardement durch Kollisionen mit und kleinen Bruchstücken und Protoplaneten ausge¬ Gegensatz zum Mond und Merkur hat aber geologische Vergangenheit, durch Vulka¬ nismus, Kontinentalverschiebungen, Erosion durch Regen und Eis, so daß aus grauer Vorzeit kaum noch Spuren vorhanden sind. setzt gewesen. Im die Erde eine reiche Impakt-Krater von Meteoriten, Durchmesser auf dem Kanadischen Schild Name Durchmesser Lage (take) 1. 2. 3. 51.4" N Carswell 58.4° N 109.5* W Charlevoix 47.5" N Male Baie 70.3' W 4. St 5. Clear Water 56 2° N 74.5° W 56.1° N Ost- 6. Steen River 7. Mistastin 8. Lac Couture 9. Nicholson 10. Aber aus Deep Bay ~35 485 ~32 350 24 225 98 5" W West- 74 rw } 3' L J 59.5" N 117.6* W 55.9* N 63.4* W 60.1° N ~24 95 ~18 202 62.7° N 13 102.7° W 56.4° N ~12 103.0° W Einschlagskrater den letzten hundert 290 16 ~13 75.3° W Ma 220 51.7° N Martin Alter 65 686'W 10km Radiometrisches (km) Manicouagan Mushalagan > (Fläche ~3-106 km2) Tertiär Pràkambrium Ordovizium 450-500 ~100 jüngeren Vergangenheit, also Mülionen Jahren, sind gerade im letz- aus der 157 gefunden worden, nachdem man die In¬ Einschlagskrater besser kennt und sie damit von Jahrzehnt viele ten dizien für Vulkankratern unterscheiden kann. Als logisch für eine geo¬ Beispiel gut erhaltene Region sind in der Tabelle die relativ Die ungefähre Verbreitung der *us dem Rieskessel ausgesprengten Gesteins missen' Munch*« 19?"» / .Nürtingen / Btldern ¦il o ' _f A topfïngen rp Léuchheim Gundt/jAtùn Nördlingen @ °Monheim .o*-o .. i^^ninfttetten Nereshetm for4u/3s,'<< A - - OiSChïngen 'eidenheim 4 j O "zönhingen ¦ vOundtlfi pol o JThievheupfen 1 ' l » . Q Lauterùfvnn ïngen O ) *Ve/W» uunzburgl'. ivryju 04riMrär*y Zuj/ThiAsniusen o Hnhofrn ; ^^ a'*Xwe# . .o o yg'y*"Ungennticn. DWImgen „ii,*"L Balingen ^°x8 «Mtffiad 'HöchsHdr Ehingen j nrfi/>^/» Heu bürg /Htm i* Giengen * tow**»«*« Donauww+h-i- St«inl|tim °rVeUheim \ •SpCJ'À «/ 4LL \ Afe>&MV _ ' o /fjsretreo. O Dinhrdscherben o AUGSBUR 'S* Vfc %*W*ssenhQrn ', \fttcrh'ssen oBuch Abb. 11. Lageplan walt der Explosion des Rieskraters mit dem Steinheimer Becken. Die Ge¬ bei dem Einschlag des Riesenmeteoriten vor 14.6 Mil¬ lionen Jahren wird auf rund 1000 moderne Wasserstoffa tombomben ge¬ schätzt. 158 Abb. 12. Langzeitaufnahme des nächtlichen Himmels. bahnen der Sterne läuft eine helle tauchen in die tut für Atmosphäre Spur eines hell aufleuchtet. Meteoriten, (Aufnahme zu den Kreis¬ der beim Ein¬ Max-Planck-Insti- Kernphysik, Heidelberg.) auf dem kanadischen Schild Einschlagskrater 1960 wissen wir Einschlag auch, eines Riesenmeteoriten Becken ist orit schon vor aufgeführt. Seit daß der berühmte Rieskrater auf den vor 14.6 Millionen Jahren zurückzuführen ist. Auch das in der Nähe mer Quer gleichzeitig liegende Steinhei- entstanden. Offenbar ist der Mete¬ Eintritt in die Atmosphäre durch Gezeitenkräfte gespalten worden (Abb. 11). Mein Ziel schichte war unseres es, Ihnen einen kurzen Einblick in die Ge¬ Planetensystems 159 zu geben, mit einem beson- Abb. 13. Beobachtete Bahn »Pribram«, (vgl. Abb. der durch Kollision im 12) des aufgefundenen Asteroidengürtel Meteoriten in das Innere des Pla¬ netensystems abgelenkt wurde. deren Akzent in Richtung Kollisionen haben geführt — aus der Kollisionen. Denn dem Chaos zu unserem dessen Geburtsstunde wir heute Jahren ansetzen. — vor gerade diese Planetensystem 4.6 Milliarden In dem schon zitierten Werk hat Kant als 160 erster geben, eine den richtige Größenordnung für den Zeitraum ange¬ er für die Bildung eines Planetensystems als not¬ wendig ansah. Er sagte: »Es werden Millionen und ganze Gebürge von Millionen Jahrhunderten verfließen, binnen wel¬ chen immer neue Welten und Weltordnungen nacheinander in den entfernten Weiten von dem Mittelpunkt der Natur sich bilden und zur Vollkommenheit gelangen werden.« Dann wei¬ ter unten heißt es bei Kant: »Man kann von der Ewigkeit sagen, was schreibt« der Erhabenste (gemeint ist Albrecht Unendlichkeit! den unter von deutschen Haller) : misset dich? wer Vor dir sind Welten Tag und Menschen Augenblicke. Vielleicht die tausendste der Sonnen wälzt und tausend bleiben noch zurücke. Wie eine Uhr, beseelt Eilt eine Sonn', Ihr Trieb läuft aus ab, durch ein Gewicht Gottes Kraft bewegt: und eine andre schlägt, Du aber bleibst und zählst sie nicht. 161 jetzt sich, Dichtern