3/2001 Jahrgang 31 3 DM M itteil ungsbl att der Starkenburg-Sternwarte Heppenhei m Der neue Sirius A lfred Sturm& Martin Geffert Lostin Space? Ein Komet vor W eihnachten? Chaosi mSonnensystem Das neue Vortragsprogramm2002 Der neue Sirius . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Alfred Sturm & Martin Geffert . . . . . . 2 I mpressum : Redaktion Der Vorstand der Starkenburg-Sternwarte Lost in Space? . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Ein Komet vor W eihnachten? . . . . . . . 6 Redaktionszentrale/Layout Sven Klügl E-Mail: [email protected] Chaos im Sonnensystem . . . . . . . . . . 8 Das neue Vortragsprogramm Frühjahr 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . .14 Postanschrift Starkenburg-Sternwarte e.V. Niemöllerstraße 9 D-64646 Heppenheim Titelbild Tel: 06252/798844 H-alpha Sonne vom 2.4.1999, 7.30 Uhr UT, E-Mail: [email protected] Montage aus 2 Bildern. Schnelllebige Protuberanz www.starkenburg-sternwarte.de (40 min.) mit 300.000 km Höhe. Foto: Sven Klügl Bankverbindung der Sternwarte Bezirkssparkasse Heppenheim Konto: 101 769 55 BLZ: 509 514 69 Ab Spenden von DM 100.stellen wir ein Spendenquittung aus. Druck KS Druck, 64646 Heppenheim form gehoben zu werden, denn sie Aktuelles Seit der letzten Ausgabe des Sirius wird unseren großen Refraktor tragen. Als erstes wurde die schwere hat sich viel aufder Sternwarte ge- Grundplatte ausgerichtet und mit tan. J eden Samstag treffen sich Mit- neuen Dübeln aufder Säule befe- glieder, um an und um die Stern- stigt. Mit Ausgleichsbeton und warte herum zu renovieren und Kunstharz wurde die Grundplatte auszubessern. Dabei haben sich jetzt endgültig fixiert. immer wieder neue Arbeiten auf getan. So mussten wir feststellen, dass J etzt ist sie da ... Als die K100 am Haken des Auto- das Efeu, das vor der Plattform ge- krans hing, war es für die anwe- wachsen war, sich durch einige der senden Aktiven wie W eihnachten Trennfugen der Betonplatten ge- und Neujahr zusammen! drückt hat. Beim Entfernen des Gott sei Dank spielte das W etter Efeus haben wir dann festgestellt, mit und wir konnten schon nach dass der Beton Risse hatte, und er an drei Nächten das Ausrichten der vielen Stellen sogar abgeplatzt war, Pol-Achse abschliessen. da die Armiereisen zu nah unter der Oberfläche liegen. So mussten wir die Eisen freilegen, Wir können unseren Mitglieder schon jetzt versprechen; wenn alles so läuft wie wir uns dies vorstellen, streichen und wieder anfangen, die werden wir in einer Stunde das be- entstandenen Löcher zu verputzen. obachten können wozu wir früher Der Vorgarten wurde von allerlei Gehölz befreit, so dass die Stern- K100 fünfStunden gebraucht haben. W er einmal gesehen hat, wie warte wieder besser zu sehen ist und schnell und präzise die K100 ein wir nächstes J ahr eine große Wiese Objekt anfährt, den wird es nicht vor der Sternwarte haben. Allerdings wundern, wenn wir in den kom- steht uns noch eine größere Arbeit menden Beobachtungsnächten eine bevor, da die Akazien anfangen uns große Anzahl von neuen Kleinpla- wieder nach Osten hin die Sicht ver- neten entdecken. sperren. So kommt eines zum anderen, und unsere Aktiven müssen ständig neu planen und umdenken. Und was kommt jetzt? In den nächsten Monaten wird die Fertigstellung der Kuppel und des Museums weiter voran ge- Die neue Montierung Am 29.09. haben wir angefangen, alles vorzubereiten, um die neue Montierung (K100) für unseren 45 cm Newton aufdie Säule zu stellen. Erst einmal wurde die alte Mon- trieben werden, damit wir im neuen J ahr mit dem Umbau der Radioastronomie beginnen können. Außerdem möchten wir unserem Vortragsraum ein neues Gesicht geben - doch über diese Vorhaben tierung demontiert, um dann später werden wir in der nächsten Ausgabe mit einem Autokran aufdie Platt- ausführlich berichten ... 1 von Ethy Schäfer-Syben Zwei Jungen und ein Buch (1936-1946) 1936 kam Martin Geffert in das Frisörgeschäft kannte an. Franz Meissner stieß dazu und auch andere. Als in den Apriltagen 1957 der Komet Arend-Roland am Himmel sichtbar wurde, Sturm in die Lehre. Zwei J ahre später wurde der entsannen sie sich des kleinen, selbst zusammen Sohn des Inhabers, Alfred, ebenfalls als Lehrling gebauten Teleskops, das in einer Dachkammer die eingestellt. Die beiden J ungen, die sich anfreunde- Kriegsjahre überdauert hatte. Die Keimzelle zum ten, hatten bald ein gemeinsames Steckenpferd: „Astronomischen Arbeitskreis Heppenheim“ ent- Die Sterne und das All. Das ist so seltsam nicht. stand. Gerade in jener Zeit waren populär-astronomische Bücher und auch die ersten Raumfahrterzählungen, etwa von Hans Dominik und Bruno Bürgel unter J ungens sehr gefragt. Aber bei den beiden Es w ird w irklich ernst! (1957- 1968) J eden Dienstag Abend kamen nun etwa 15 kleinen Figaros ging das Interesse tiefer als bei den Sternfreunde zu Beobachtungen und Aussprachen meisten. Bruno Bürgels „Die Himmel rühmen“ im Sturmschen Laden zusammen. Die Freunde wurde geradezu ihr Kultbuch, und sie versuchten bauten sich ein brauchbares Teleskop nach der sich sogar mit einem aus dem Linsensatz von Anleitung von Dr. Hans Rohr „Das Fernrohr für „Kosmos“ selbstgebauten Teleskop in ersten Beob- J edermann“. Es hatte 150 mm Durchmesser und achtungen. Und schon damals entstand ein Traum: eine Länge von 1300 mm und wurde durch eine „Wir wollen eine richtige Sternwarte haben“. Ob- eigens geschaffene Öffnung im Dach des Fach- wohl noch viele J ahre vergehen sollten, ehe dieser werkhauses in der Kleinen Bach 3 geschoben. Die Traum Realität werden konnte, der Grundstein beiden Freunde, Alfred Sturm und Martin Geffert, war in diesen J ahren gelegt. bildeten Führung und Kern des Arbeitskreises, Franz Meissner, der neben einem eigenen Teleskop Ein neuer Beginn nach demKrieg (1946− 1957) Der 2. W eltkrieg war die große Zäsur. Aber die 2 auch mathematisches und astronomisches Fachwissen mitbrachte, war sozusagen das dritte Bein, welches dem Heppenheimer Kreis die solide Statik beiden jungen Männer kamen heil nach Hause, vermittelte. Aber die Freunde wollten nun doch und als sie sich wieder trafen, war natürlich das ge- eine eigene Sternwarte haben. Sie horchten sich meinsame Interesse an der Astronomie und der um. Das Provisorium, so gut es auch funktionierte, Traum von der „richtigen Sternwarte“ wieder akut. hatten sie endgültig satt. Martin Geffert war im In ihrer Begeisterung steckten sie Freunde und Be- Besitz eines Mopeds und daher der mobilste. Er fuhr unermüdlich an alle Standorte, die in Frage kamen, z.B. ein Gelände aufder J uhöhe oder eine alte Flakstellung in der Nähe der Helenenruhe. Aufbaujahre(1969− 1976) Nach und nach wächst die Sternwarte in diesen Dann ergab ein Kontakt mit Bürgermeister Spiegel „Gründerjahren“. Vieles, sehr vieles wird in Eigen- (Hambach) einen brandheißen Tipp: Ein Grund- arbeit geleistet. Aber der äußere Aufbau, das feste stück aufdem hinteren Schloßberg am Fuße der Haus, ist nicht das allein Wichtige. Genau so we- Starkenburg. sentlich ist der „innere Aufbau“: Da ist erst einmal Es war wirklich geeignet, sogar ideal: solider, er- das Instrumentarium.Von Alfred Sturm wird ein schütterungsfreier Fels, Abschirmung des städti- zweiter 15 cm Spiegel geschliffen. Und zweitens schen Lichtes durch die Kuppe der Starkenburg wird natürlich so viel wie möglich beobachtet und und vor allem gut zu erreichen, selbst zu Fuß vom Stadtkern Heppenheims aus. Die Verhandlungen zogen sich allerdings noch hin. Das Grundstück konnte der junge „Astronomische Arbeitskreis“ in Erbpacht haben, aber die Stadtväter betrachteten es als ein Risiko, an dieser hervorragenden Stelle den Bau einer Sternwarte zuzulassen. Bürgermeister Metzendorfhatte jedoch Vertrauen in das Projekt und setzte sich dafür ein. 1968, nach dreijährigem Hin und Her, zähem und unermüdlichem Ringen mit dem Magistrat, begannen die Planierungsarbeiten aufdem Gelände. Eine visionäre Zeichnung, die Alfred Sturm damals anfertigte, zeigt die Sternwarte in verblüffender W eise genau so, wie sie nach dem ersten Bauabschnitt dann aussah. 3 die Beobachtungsergebnisse ausgewertet, es von J ahr zu J ahr feststellen, dass die Haushaltslage werden Kolloquien und Seminare gehalten, 1971 gut ist. Die Mitgliedsbeiträge sind moderat, für J u- erscheint der erste »SIRIUS«. gendliche die Hälfte. So stoßen immer mehr junge Am 11. März 1973 wird die Sternwarte eingeweiht. Im historischen Festsaal von Heppenheim, dem Kurfürstensaal, findet die Feier statt. Professor Labs von der Landessternwarte Heidelberg hält den Festvortrag „Am ateurastronomie und Fachastronomie“. Zum ersten Mal werden die „Tage der offenen Menschen dazu. Die „Tage der offenen Tür“ bringen jetzt Rekorde von fast 4000 Besuchern. 1977 kommt die Radio-Astronomie unter Peter Riese hinzu. Alfred Sturm ist ein leidenschaftlicher W anderer, und so werden auch jährlich große Fahrten und W anderungen gemacht. Dabei werden andere Tür“ veranstaltet, inzwischen auch eine feste Ein- Sternwarten und Planetarien besucht. Astro-Frei- richtung. zeiten für die J ugendlichen sind sehr beliebt. Die 1974 werden die Gründer der Starkenburg- wöchentlichen Kolloquien haben häufig an- Sternwarte für ihr außergewöhnliches Engagement spruchsvolle astronomische Themen. Sie werden belohnt. Dr.Dr. Fritz Mühleis aus Mannheim durch historische, technische, philosophische und möchte den kostbaren Fundus seiner Privatstern- archäologische Vorträge erweitert. warte in guten Händen wissen. Er nimmt Verbindung mit Alfred Sturm auf, und im September kann der Astronomische Arbeitskreis einen Vertrag abschließen, in dem ihm die wertvollen Instrumente übergeben werden: Das 450 mm Bilanz (Die Jahre von 1983 bis heute) Nachdem in einem „dritten Bauabschnitt“ die Sternwarte nochmals durch mehrere Räume er- Newton-Spiegelteleskop, das 300 mm Maksutov- weitert wird − wieder fast alles in Eigenarbeit − ist Spiegelteleskop und der 200 mm Alt-Reflektor. die jetzige Größe erreicht. Ob das die endgültige Nun mußte eine Kuppel gebaut werden, und ein ist, wird eine weitere Entwicklung zeigen. Die mo- größerer Vortragsraum sollte auch entstehen. derne Technik der Astronomie, CCD-Kameras, Diesmal gehen die Arbeiten dieses zweiten Bauab- Computer und anderes hält Einzug aufder Stern- schnittes zügig voran. 1976 ist auch dieser Schritt warte, der Nachwuchs zeigt, dass er mit den kom- erfolgreich beendet. plizierten Geräten umgehen kann. Am Anfang stand ein Traum und ein Bausatz- Sturm , Geffert undihr Lebenswerk Der „Astronomische Arbeitskreis“, wie er immer noch hieß, war ein stabiler Verein, der längst die Anerkennung in Stadt und Land bekam, die ihm gebührte. Ungleich anderen Vereinen, die unentwegt Geld kosten und verbrauchen, stand er, dank des Fleißes und der Redlichkeit seiner Vorsitzenden, gut da. Durch Spenden, Führungen, Kurse und Vorträge wurde das Fundament für eine solide Basis auch in finanzieller Hinsicht gelegt. Gebäude und Instrumentarium stellen zusammen einen respektablen W ert dar, der von Martin Geffert korrekt verwaltet wird. Alfred Sturm „verdient“ durch unermüdliche Vortragsarbeit das meiste Geld. Ein bescheidener Zuschuss der Stadt drückt die Anerkennung des Magistrats aus. So kann der Vorstand 4 Fernrohr, am Ende eine der größten und erfolgreichsten Amateur-Sternwarten Europas. Sternwarte über eine recht en/Kerrod • Astronomie I, Die Sonne u. ihre Planeten/ ansehnlich bestückte Biblio- Gondolatsch • Astronomie II, Fixsterne und Sternsyste- thek. Leider war diese in me/Gondolatsch • Astronomische Algorithmen/Meeus • den letzten 3 J ahre verwaist, das heißt, es gab Astronomy/Baker • Astrophotographie/Martinez • Atlas of keinen Bibliothekar. Seit J uli haben wir uns der the Heavens (Atlas Coeli 1950.0)/Becvar • Aufbruch zum Sternwarten Bibliothek angenommen. Nach nun Mars/Miles • Aus fernen Welten/ Bürgel • Cambridge Enzy- mehr als 80 investierten Arbeitsstunden sind die klopädie der Astronomie/Mitton • Check a Possible Super- meisten großen Arbeiten erledigt- eine Datenbank nova/Salmi • Das Echo des Urknalls/Overbye • Das Fern- wurde erstellt, der Soll- mit dem Ist-Bestand abge- rohr für Jedermann/Rohr • Das Fischer Lexikon, glichen, rund 125 bis dato noch nicht registierte Mathematik I/Behnke • Das Radiouniversum/Hey • Das Bücher markiert und in die Datenbank integriert. schwarze Loch/Petit • Das Sonnensystem/Frazier • Das Eine Bibliotheksordnung wurde erstellt, die die Sonnensystem/Smoluchowski • Das Weltall/Couper • Der Benutzung regelt. Als nächstes muß nun noch ei- gefrorene Stern/Greenstein • Der neue Kosmos/Unsöld • niges sortiert werden. Der Traum von der Einheit des Universums/W einberg • Der So schön es ist, das Ergebnis der investierten Arbeit zu sehen, so erschreckend ist die Bilanz des Urknall/Petit • Der Weltraum/Klotz • Die Entdeckung des Nichts/Genz • Die Erde im All/Glöss • Die Evolution des Buchbestandabgleichs. Der momentane Ist-Be- Universums/Hiller • Die Geschichte der Astronomie und stand weist, verglichen mit dem letzten dokumen- die Entwicklung des Teleskops .../Learner • Die Kometen im tierten Bestand (von vor ca. 3 J ahren), eine Lücke Spiegel der Zeiten/Griesser • Die Nachtwandler/Koestler • von 191 Büchern auf. Grob geschätzt bedeutet Die Physik der Unsterblichkeit/Tipler • Die Sonne − Aus dies, dass Bücher im W ert von ca. 6.500 DMfeh- der Perspektive der Erde/Friedmann • Eine Formel verän- len. Bei einem Gesamtbestand von 917 Büchern dert die Welt/Fritzsch • Eine kurze Geschichte der fehlen somit über 20 %. Zeit/Hawking • Einführung in die Sonnenbeobach- Stellt sich natürlich die Frage, wo diese Bücher tung/Hammerschmidt • Einführung in die visuelle Beobach- alle sind. Sind sie etwa alle »lost in space«? tung veränderlicher Sterne/Hübscher • Einsteins Ide- Unser Ziel ist es, möglichst viele dieser verschol- en/Hoffmann • Elementare Materie, Vakuum und lenen Exemplare wieder zu bekommen. Um ent- Felder/Greiner • Entwicklung eines fasergekoppelten Echel- sprechende Rückgabeerinnerungen versenden zu le−Spektrografen/Mandel • Ergebnisse des Perseidenpro- können, arbeiten wir gerade die Eintragungen der gramms u. Tätigkeitsber./VSM • Explodierende Son- letzten J ahre im Ausleihbuch durch. Ein allge- nen/Montmerle, Prantzos • Fernrohrmontierungen u. ihre meiner Bücherrückgabeaufrufund die neue Schutzbauten/Staus • Galactic and Extra−Galactic Radio Bibliotheksordnung liegen auch diesem Sirius bei. Abschließend sei noch zu sagen, dass wir hoffen, Rotherm el mie/Henkel • Astronomie − Planeten, Sterne, Galaxi- Sonnen berg & J ens Mönch • Astronomical Algorithms/Meeus, J ean • Astrono- von Kar in Wie die meisten von Ihnen wissen, verfügt die Astronomy/Verschuur, Gerrit, Kellermann • Galaxien/Ferris • Geheimnisvolle Sonne/Giovanelli, Ronald • dass die Bibliothek in Zukunft wieder reger ge- Geologie aufdem Mond/Guest, Greeley, • Geschichte der nutzt wird. Die langen Winterabende, welche zum Astronomie/Becker • Goldmanns Atlas der Planeten/Cal- Lesen einladen, nahen auch schon wieder. latay • Grundlagen der Ephemeridenrechnung/Montenbruck • Halleys Komet/Harpur • Handbuch für Stern- Bücher die fehlen! freunde/Roth, Günter • ... 100 Milliarden Sonnen/Kippenhahn • 30 Jahre im Zeichen der Sterne (1947−1977)/VSM • Astrofotografie als Hobby, Dies ist ein Auszug aus der langen Liste eine Anleitung für Amateure/ Knapp • Astrofotografie für der Bücher, die uns fehlen! Vielleicht Jedermann/Texereau • Astrologie − das falsche Zeugnis vom findet sich ja das ein oder andere Kosmos/Wiechoczek • Astrometrische Bauelemente/ wieder ein. 5 von Dr. Hans Zekl Ein im November 2000 entdeckter Komet nähert sich dem inneren Sonnensystem und könnte im November 2001 für das bloße Auge sichtbar werden. Als der Komet am 16. November 2000 durch das Lincoln Laboratory NearEarth Asteroid Research Project — kurz LINEAR — entdeckt wurde, hielt man ihn für einen Planetoiden, einen jener kleineren Körper im Planetensystem, die sich vorwiegend aufBahnen zwischen den Planeten Mars und J upiter um die Sonne bewegen. Einige können allerdings der Erde Bahn des Kometen C/2000 WM1 (LINEAR) vom 25.11. − sehr nahe kommen, sogenannte NEOs — Near 17.12.2001. Die Grafik zeigt den Himmelsanblick am 5. Earth Objects. Speziell um diese Gruppe kümmert Dezember 2001 um 21:20. sich auch eine engagierte Beobachtergruppe an der Starkenburg-Sternwarte in Heppenheim. Viele Schlagwort Schmutziger Schneeball zusam- dieser Kleinstplaneten sind so schwach, dass sie men. Der eigentliche Kometenkern ist ein lockeres nur während ihres nahen Vorbeiflugs an der Erde Gebilde aus Staub und verschiedenen gefrorenen zu sehen sind. Gasen. Die hauptsächlichsten Bestandteile sind Schließlich wurde der vermutliche Planetoid als Komet enttarnt und bekam die offizielle Bezeich- Der Durchmesser des Kerns von C/2000 WM1 nung C/2000 WM1. Ein weiterer - inoffizieller - wird aufetwa 3 km geschätzt. Dagegen besitzt der Name lautet Komet LINEAR, wobei er aber nicht helle Komet Hale-Bopp, der im Frühjahr 1997 für mit dem gleichnamigen Komet vom Spätsommer mehrere W ochen strahlend hell seine Bahn über 2000 verwechselt werden sollte. Dieser hatte sich den Himmel zog, einen Durchmesser von etwa 40 beim Vorbeiflug an der Sonne vor den Augen der km. J e mehr ein Komet sich der Sonne nähert, um Astronomen buchstäblich in Staub auf gelöst. so wärmer wird seine Oberfläche. Die gefrorenen Kometen sind nicht sehr zuverlässig. Ihr zukünftiges Verhalten kann deshalb nicht exakt berechnet 6 Kohlendioxid, Ammoniak, Methan und W asser. Gase fangen dann an, direkt zu verdampfen. W egen des Vakuums im W eltraum bilden sich werden. Dennoch deutet doch einiges daraufhin, keine Flüssigkeiten. Die Kometenoberfläche ver- dass 2000 WM1 mit dem bloßen Auge zu sehen dampft dabei aber nicht gleichmäßig. Vielmehr sein wird. gibt es nur einige sehr aktive Stellen, aus denen Wie hell wird er werden? Gas mit hoher Geschwindigkeit — einige 100 Diese Frage ist schwierig zu beantworten, insbe- m/Sek - wie ein Dampfstrahl weggeblasen wird. sondere für neue Kometen, die zum ersten Mal be- Dabei werden Staubkörner mitgerissen. J e näher obachtet werden. Den Aufbau und die Zusammen- ein Komet sich der Sonne nähert, um so heftiger setzung eines Kometen faßt man unter dem dampft er. Um den eigentlichen Kern bildet sich schließlich eine Gas- und Staubwolke aus, die Koma. Ihre Eigenschaften — Größe, Dichte sowie Abstand zur Sonne und zur Erde - bestimmen die Helligkeit des Kometen. Der ständig von der Sonne ausgehende Teilchenstrom, der Sonnenwind, reißt dann die Gase und den Staub mit sich, und die beiden Kometenschweife entstehen. Der gelbliche Staubschweifzeigt dabei eine gekrümmte Form, weil die relativ schweren Staubkörnchen länger in der Nähe der Kometenbahn verbleiben. Dagegen ist der bläuliche Gasschweifmeist gerade. Aber beide Schweife zeigen immer von der Sonne weg. C/2000 WM1 erreicht seinen geringsten Ab- Bahn des Kometen C/2000 WM1 (LINEAR) durch das innere Sonnensystem. Die Bahn des Kometen steht etwa 72 Grad geneigt zur Erdbahn. Der Komet kommt im Bild von links oben. Ab dem 29. stand zur Sonne am 22. J anuar 2002. Er ist dann 83 November wandert er unterhalb der Erdbahn um die Sonne und ist deshalb für einige Wochen nur von Millionen Kilometer von ihr entfernt. Den südlichen Breiten aus zu beobachten. kleinsten Abstand zur Erde erreicht er aber schon am 3. Dezember 2001, wenn er in einem Abstand Die beste Beobachtungszeit für Beobachter in von 47 Millionen km an ihr vorbei zieht. Die mittleren nördlichen Breiten ergibt sich einige W o- größte Helligkeit dürfte er nach einer Schätzung chen vor der maximalen Helligkeit - Ende No- des Astronomen Brian Marsden vom Kleinplane- vember bis Mitte Dezember 2001, während des tenzentrum (MPC) der Internationalen Astrono- geringsten Abstands zur Erde. In diesem Zeitraum mischen Union (IAU) bei etwa 4. Größe Mitte J a- wird der Komet LINEAR vermutlich etwa 5. nuar 2002 erreichen. Damit wird er deutlich Größe hell sein und wandert durch die Sternbilder schwächer als Hale-Bopp bleiben, der die Hellig- Widder, Fische, W alfisch und Bildhauer. Danach keit der hellsten Sterne erreichte. Astronomen bewegt er sich so weit nach Süden, dass er von teilen die Helligkeit der Himmelsobjekte nach Mitteleuropa nicht mehr zu sehen sein wird. Da- einer besonderen Skala ein. Die schwächsten gegen steht er für Beobachter aufder südlichen Sterne, die man an einem wirklich dunklen Erdhälfte immer höher am Himmel. Allerdings Himmel mit bloßem Auge sehen kann, sind 6. kann der Komet bis zu seinem Verschwinden in Größe. Der hellste Stern - Sirius im Großen Hund den Abendstunden während seiner Höchststellung — strahlt mit —1.4. Auch der Astronom Mark im Süden beobachtet werden. W enn er Anfang Kidger vom Observatorium aufTeneriffa schätzt 2002 wieder auftaucht, ist er dann nur noch im eine maximale Helligkeit zwischen 3. — 5. Größe. Fernglas zu sehen. Genauere Vorhersagen lassen sich erst dann ma- Auch wenn C/2000 WM1 kein so spektakuläres chen, wenn der Komet wieder zu beobachten ist. Ereignis wie der große Komet Hale-Bopp wird, ist Aber selbst unter pessimistischen Annahmen er der hellste Komet seit J ahren. Er wird auch von dürfte 2000 WM1 zumindest ein hübsches Feldste- ungeübten Beobachtern zu sehen sein, sofern sie cherobjekt werden. sich an einem dunklen, von störenden Lichteinflüssen freien Ort befinden. 7 Foto: Erwin Schwab - Komet Hyakutake als Negativ-Bild von Stefan Kraus - Starkenburg-Sternwarte Die Vorstellung des Chaos das Verhalten bestimmter, nicht-linearer, ma- In den 70er J ahren begann ein Meteorologe thematischer Gleichungen ausgearbeitet. ernsthaft an seinem Verstand zu zweifeln. Dass die Etwas W esentliches in der Chaostheorie ist die W ettervorhersage damals wie heute nicht viel mit Suche nach Orten der Stabilität in bestimmten der Realität zu tun hatte, war wohl auch schon da- Systemen. Hinter diesen Gebieten verbergen sich mals jedem bekannt, aber was Edward Lorentz dann meist höchst komplexe Strukturen, die be- zum Stutzen brachte, war folgendes: Er versuchte, sonders „anziehend“ (attraktiv) auf einen Körper mit Computern Luftströmungen zu simulieren, innerhalb des Systems wirken. Eine der bemer- und obwohl er zweimal scheinbar genau die- kenswertesten Eigenschaften dieser Gebiete ist ihre selben W erte und Annahmen in sein Compu- Selbstähnlichkeit, was bedeutet, dass unter beliebig terprogramm hineinsteckte, ergaben sich plötzlich starken Vergrößerungen immer wieder dieselben völlig andere Resultate. Einmal zirkulierte die Luft- Muster und Strukturen auftauchen! strömung links, das andere Mal rechts herum. Aber tritt Chaos auch in der Astronomie auf? Unser naturwissenschaftliches W eltbild, die Vorhersagbarkeit allen Geschehens, basiert letztlich darauf, dass wir in die physikalischen Gleichungen, welche die W elt beschreiben, W erte „hinein- W as der Flügelschlag des Schmetterlings den Meteorologen, kann den Astronomen nur die stecken“, um eindeutig zu erfahren, „was in der Zu- Schwerkraft sein - sie ist die einzige treibende kunft passieren wird?“. Für Zweideutigkeiten in den Kraft im Kosmos und gehorcht trotzdem Newtons Vorhersagen gibt es in solch einem deterministi- verblüffend einfachem Gravitationsgesetz. Um schen W eltbild keinen Platz. Also begann Lo- die anziehende Kraft zwischen zwei Körpern zu rentz zu recherchieren, was wohl passiert war. bestimmen, sagt uns Newtons Gesetz: Nimm ein- Alles schien gleich - allein beim zweiten Durchlauf fach die Massen der beiden Körper, multipliziere hatte der Computer die Startwerte nach der sech- sie, teile durch das Entfernungsquadrat und nehme sten Nachkommastelle abgeschnitten! Eine win- noch mit einer Konstanten mal. Ein einfacheres zige Änderung, die nach dem damaligen Ver- Gesetz kann man sich kaum vorstellen. Damit wäre ständnis gravierende es nun z. B. ein Leichtes, die Bewegung eines Auswirkungen im Resultat hätte verantwortlich niemals für solch Kleinplaneten um die Sonne beliebig weit in die sein dürfen, und doch war es der erste Fall, in dem Zukunft vorherzusagen. Aber sobald ein dritter einem Wissenschaftler jenes auffiel, was wir heute Körper hinzukommt, etwa der J upiter, wird die als bezeichnen. Sache viel verzwickter. Unser Gesetz gilt nur für Sehr viele physikalische Gleichungen tragen diese zwei Körper. Wie wenden wir es auf drei Körper Eigenschaft in sich. Ihr Verhalten wird bei winzig an? Dieses Problem ist nicht mehr exakt lösbar. „Deterministisches Chaos“ kleinen Änderungen in den Voraussetzungen chaotisch, also nicht mehr vorhersagbar. Zur Veranschaulichung wird meist der sog. Schmetterlingseffekt herangezogen: Bereits der Flügelschlag eines Schmetterlings soll das zukünftige W eltwetter derart gravierend beeinflussen können, dass es unvorhersagbar wird. Die Meteorologen hatten eine echte „Entschuldigung“ für ihre schlechten Vorhersagen gefunden, und in der Chaosforschung wurden Lorentz Beobachtungen zu einer übergreifenden Theorie über 8 Das Dreikörperproblem Diagramm 1: Die Häufigkeit, mit der Kleinplaneten eines bestimmten Frequenzverhältnisses auftreten. Die einzelnen Körper stören sich wechsel- das Objekt ein J ahr für einen Umlaufum die Sonne, seitig. Vor allem Jupiter als das Schwergewicht des beträgt seine Frequenz 2p / 1 J ahr. Bei einer Sonnensystems zupft beständig an den Kleinpla- Halbierung der Umlaufzeit aufein halbes Jahr neten und versucht, deren Bahnen zu stören. Ge- hingegen, verdoppelt sich die Frequenzauf2p rade an diesem ständigen „Zupfen“ setzt die / 0.5 J ahre = 4p /J ahr - was einfach bedeutet, Chaostheorie an. dass dieser Planet oder Kleinplanet doppelt so schnell die Sonne umrundet. Das KAM -Theorem - ein mathematischer Koloss Die Aussage des KAM-Theorems ist nun, dass Im J ahr 1954 präsentierte ein russischer Mathe- nur jene Tori (also auch Kleinplanetenbahnen) matiker, Andrey Kolmogorov, seinen Kollegen stabil sein sollen, deren Frequenz in einem hin- ein Theorem, dessen wahre Bedeutung erst reichend irrationalen Frequenzverhältnis zwanzig J ahre später im Rahmen der Chaostheorie steht. Die irrationalen Zahlen sind jene, die sich erkannt wurde. Das Theorem war von den fachli- nicht als Bruch darstellen lassen, also beispiels- chen Anforderungen her selbst für seine Mathema- weise die Wurzeln. Im Gegensatz hierzu gibt es die tikerkollegen ein schwer verdaubarer Brocken, und rationalen Zahlen - das sind die uns gut vertrauten ein stichfester Beweis lies noch 13 J ahre auf sich Brüche, wie 1/2, 1/3, 1/4 usw. Solche Bahnen mit warten und bedurfte noch den Arbeiten Arnold rationalem Verhältnis sollen also auf lange Sicht und Moser's. Heute ist die gemeinsame Arbeit der nicht stabil sein. drei Wissenschaftler unter dem Namen KAM-Theorem bekannt. Ganz allgemein sagt Die Frequenz der Störquelle ist einfach die Um- das Theorem etwas über die Stabilität eines „Torus lauffrequenz J upiters und das im Phasenraum“ aus, wenn dieser Torus eines kon- hältnis die J upiterfrequenz geteilt durch die servativen Systems gestört wird. Frequenz des Kleinplaneten. Frequenzver- Bei den Tori handelt es sich um eine gedankliche Wir haben also eine ganz simple Aussage, die Konstruktion der theoretischen Physik, und man man leicht überprüfen kann: Es sollte praktisch wurde sich aufgrund der mathematischen Komple- keine Kleinplaneten geben, deren Umlauffrequenz xität erst relativ spät bewusst, dass sich das in einem Verhältnis von 1/2, 1/3, 1/4, ... zur J upi- Theorem etwa auch mit Kleinplaneten in Verbin- terfrequenz steht. Zur Überprüfung rechnet man dung bringen lässt, deren Bahnen vom J upiter ge- einfach dieses Verhältnis aus und trägt in einem Hi- stört werden. stogramm auf, wie viele Kleinplaneten welches J eder Planet oder Kleinplanet umkreist mit einer bestimmten Frequenz die Sonne. Bei dieser Fre- Frequenzverhältnis aufweisen. Bislang wurden von dem bekannten Minor quenz handelt es sich um nichts anderes als um den Planet Center in den USA mehr als 110 000 Faktor 2p geteilt durch die Umlaufzeit. Benötigt Kleinplaneten registriert, wobei jedoch nur bei we- 9 niger als einem Viertel der Objekte der Entfernung ab, und somit ist die Störung der die Bahnparameter für eine Num- Kleinplanetenbahn hier am größten. Beim betrach- merierung sicher genug bekannt teten 1/2-Verhältnis stehen sich J upiter und Klein- sind. Für diese nummerierten Ob- planet nach genau einem J upiterjahr wieder an der jekte ist in Diag ramm 1 die Häu- gleichen Stelle gegenüber, und die Störung kann in figkeitsverteilung der Frequenz- genau der gleichen Richtung und Stärke verhältnisse aufgezeichnet. Hierzu wirken wie das J upiterjahr zuvor. Durch den bedient man glatten Bruch können sich winzige Störungen sich einfach des dritten Keplerschen Gesetzes, um im Laufe der Zeit aufaddieren, und die Bahn Abb.1: Bei dem hypothetischen aus der Großen Halbachse die Umlaufzeit und des Planeten verändert sich durch diese Resonanz Kleinplanet mit einem rationalen Fre- somit auch die Frequenz zu errechnen. Es ist offen- solange, bis ein „krummes“ Frequenzverhältnis er- quenzverhältnis von 1/2 erreichen Ju- sichtlich, dass die Kleinplaneten einige Frequenzen reicht ist. piter und Kleinplanet ihren kleinsten meiden: Bei runden Brüchen wie 1/2, 1/3, 1/4, 2/5 Abstand immer an derselben Stelle im treten deutliche Lücken (Kirkwood-Lücken) Das denkbar „krummste“ Verhältnis ist das einer Raum. auf! Genau dies ist die Vorhersage des KAM-Theo- irrationalen Zahl. Irrationale Zahlen lassen sich rems! zwar nicht als Bruch darstellen, man kann sie jedoch durch Brüche beliebig genau annähern. So ist Doch hier die Ausnahme von der Regel: Bei 1/1, dem rationalsten aller Brüche, tummelt sich beispielsweise der Bruch 1/1,4142 = 10000/14142 eine Näherung für die irrationale Zahl 1/ 2 . Abb. 2: Bei einem irrationalem Fre- eine ganze Gruppe von Kleinplaneten! Ein Wider- Bei einem irrationalen Verhältnis ist es mit der quenzverhältnis verteilt sich die spruch? Das gilt es mit folgenden Überlegungen zu einfachen Regelmäßigkeit und Periodizität des Störung Jupiters gleichmäßig über die untersuchen. obigen Falles vorbei. Während eines J upiterumlaufs schafft der Kleinplanet hier nur noch 1,4142 Um- Bahn des Kleinplaneten. Dies zeigt schon die unregelmäßige Verteilung der Stellen, an denen beide Körper ihren kleinsten Abstand voneinander Resonanz- Ein anschaulicher Erklärungsansatz läufe und steht somit nach einem J upiterjahr an einer völlig anderen Position als zu Beginn. Die mi- Man kann sich auch noch anders klarmachen, nimalen Abstände (auch Oppositionen genannt), erreichen. In der Abbildung werden was hier passiert ist. Betrachten wir zuerst den Fall, bei denen die Störung am stärksten wird, finden die ersten fünfOppositionen Jupiters dass die Umlauffrequenz des Kleinplaneten in dem nicht mehr nur an ein paar festen Stellen der Bahn, mit einem 10000/14142-Kleinpla- eindeutig rationalen V erhältnis von 1/2 zur sondern gleichmäßig über die ganze Bahn verteilt neten gezeigt. J upiterfrequenz steht (A bb.1). statt. Das bedeutet, der Kleinplanet vollführt während Die obige Situation, bei der sich J upiter und einem J upiterumlauf genau zwei Kleinplanet an genau derselben Stelle ihrer Bahn Umläufe. Nehmen wir an, J upiter treffen, wird sich nur noch alle 10000 J upiterjahre und Kleinplanet haben zu Beginn oder 14142 Kleinplanetenjahre wiederholen! In unserer Betrachtung gerade ihren A bb. 2 sind beispielsweise die fünfersten Opposi- minimalen tionen J upiters mit dem beschriebenen Kleinplanet Abstand. Dann wird sich der Kleinplanet nach jedem eingezeichnet. weiteren „J upiterjahr“ wieder genau Ergo: Hierdurch heben sich die Störungen an derselben Stelle in minimalem häufig auch gegenseitig auf, und die Bahn ist Abstand befinden. Die Momente, im Schnitt kaum gestört! an denen J upiter und Kleinplanet in 10 ihrer kleinsten Entfernung vonein- Nun verstehen wir auch unsere Ausnahme von ander stehen, sind natürlich beson- der Regel: Wir hatten festgestellt, dass sich - dem ders interessant: Wie erwähnt fällt KAM-Theorem scheinbar zum Trotz - jede Menge die Kraftwirkung quadratisch mit Kleinplaneten an der 1/1-Resonanz befinden. Das Abb. 3: Die Jupiter-Trojaner stehen in einer 1/1-Resonanz, d. h. sie haben ziemlich genau dieselbe Umlaufzeit wie Jupiter und unterliegen daher auch nicht dessen gravitativen Störungen. Die Grafik zeigt die beiden „Trojaner-W olken“ vom Kleinplaneten 2000 HR 24 aus gesehen und wurde bedeutet anschaulich, dass die Kleinplaneten dieser neben der von der Erde aus gut sichtbaren Cas- „Gruppe“ die gleiche Umlauffrequenz wie J upiter sini- und Encke-T eilung noch tausende wei- besitzen! Sie umrunden die Sonne etwa mit der tere, schwächere T eilungen, die den Ring in gleichen Geschwindigkeit wie J upiter und halten dunkle Zonen mit geringer Teilchendichte und daher im Schnitt einen festen Abstand zu dem Pla- helle Zonen mit hoher Teilchendichte unterteilen. neten ein. Während alle anderen Kleinplaneten zu Diese Unterbrechungen der Ringstruktur sind „rasanten Überholmanövern“ ansetzen, tummeln scharf begrenzt und treten in scheinbar unregel- sich die sogenannten J upiter-Trojaner in zwei mäßigen Abständen auf. Insgesamt wird die Zahl stabilen, wolkenförmigen Gebieten auf J upiters der Ringe aufweit über 100 000 geschätzt! mit SkyObserver erstellt. Umlaufbahn (A bb. 3). Wegen dieses „Sicherheitsabstands“ sind die Trojaner-Bahnen praktisch nicht gestört. Der Saturnring mit seinen Abermilliarden an Staubteilchen und Stein- Es gibt zwei weitere, in ihrer Mitgliederzahl brocken wird von den Monden des etwas „exklusivere“ Gruppen, die trotz ihrer ein- Saturns gestört. Bislang sind bereits 18 deutig stabile solcher Monde entdeckt worden. Die Bahnen hervorbringen. Die erste ist auch im Dia- rationalen Frequenzverhältnisse Monde haben ebenso wie die einzelnen g ramm 1 zu erkennen und heißt Hilda-Gruppe Partikel des Saturnrings eine bestimmte (2/3). Eine besondere Eigenschaft ist, dass alle Umlauffrequenz, die sich wieder an- Mitglieder dieser Gruppe in der Ebene der Ekliptik hand des Dritten Keplerschen Gesetzes ein Dreieck bilden, das stets dem J upiterumlauf aus dem Bahnradius errechnen lässt. folgt (siehe A bb. 4)! Bei der anderen handelt es sich Mit der Erfahrung, die wir bei den um die Thule-Gruppe (3/4). Die Gründe für das Kleinplaneten außergewöhnliche beiden würden wir nun annehmen, dass jene Verhalten dieser gewonnen haben, Gruppen sind etwas komplexer, werden jedoch seit Bahnen aufdem Ring, die in einem ra- den Arbeiten einer Forschungsgruppe um Milani tionalen Frequenzverhältnis (1/2, 1/3, ...) zu (1985) ebenfalls verstanden. einem der Monde stehen, nicht stabil sein sollten. Also müssten eben dies die Stellen sein, an denen Abb. 4: Kleinplaneten der sog. eine Verdünnung und damit eine T eilung des „Hilda-Gruppe“ schaffen genau drei Alle bisherigen Überlegungen helfen, auch viele Rings zu beobachten sein wird. Die Partikel, die Umläufe, während Jupiter zwei Um- andere Phänomene im Sonnensystem zu beschrei- sich hingegen auf Bahnen mit stark gebro- läufe vollführt. Trotzdem sind diese ben. So gelten etwa für Ringsysteme genau die- chenem oder gar irrationalem Verhältnis be- Bahnen stabil. Die Grafik wurde er- selben Regeln und Gesetze! Die wunderschöne finden, werden von den Monden nicht so stark ge- stellt mit SkyObserver. Struktur der Saturnringe lässt sich nur mit stört werden. Die Saturnringe Hilfe des KAM-Theorems oder unserem „anschaulichen“ Erklärungsansatz deuten! In den 70er Auf grund der großen Anzahl der bekannten Sa- J ahren lieferten die V oyager-Raumsonden uns turnmonde lässt sich jedoch erahnen, dass die erstmals ein detailliertes Bild von der überwälti- ganze Situation deutlich komplizierter als bei den gend filigranen Struktur der Ringe. So gibt es Kleinplaneten ist. Trotzdem wird man schon mit 11 T abelle 1: Auch innerhalb des Saturnsystems bewahrt das KAM-Theorem seine Gültigkeit. In den Zeilen sind die markantesten Ringteilungen und deren Abstand vom Saturnmittelpunkt in Saturnradien ersichtlich. Für jede Teilung wurde das Frequenzverhältnis zu den zehn innersten Saturnmonden ausgerechnet. einer ganz simplen Rechnung fündig. T abelle 1 zeigt die entsprechenden Frequenzverhältnisse für nalem die zehn innersten Saturnmonde. Die weiter außen solche mit irrationalem Verhältnis stabil. Der liegenden Monde tragen aufgrund ihrer großen Frequenzverhältnis sind instabil, Mathematiker wird sagen: „Die rationalen und irra- Entfernung nicht mehr so stark zur Feinstruktur tionalen Zahlen liegen doch unendlich dicht bei- des Ringsystems bei. einander!“ Auch diese Komplexität lässt sich im Als erstes fällt eine 1/1-Resonanz bei ins Ring des Saturns erahnen. Tausend und Abertau- Auge. Es handelt sich um einen Begleitmond, send Ringe, deren Selbstähnlichkeit und wahr- dessen Bahn gerade entlang der äußeren Kante des lich chaotische Ineinanderschachtelung durchweg A-Rings den Gesetzmäßigkeiten des KAM-Theorems der führt. Als 6/7-Frequenz von nächstes kann man eine und be- merken, die für die Entstehung der Encke-T ei- lung verantwortlich ist (zugegeben: Es gehört etwas Phantasie hinzu). Der Mond hat eine Fre- quenz, die doppelt so groß wie die der inneren Kante der Cassini-T eilung ist. Bei den Monden und man gerät vielleicht zuerst ins Stocken. Ein Druckfehler? Alle drei weisen die- selbe Frequenz auf! Auf der Suche nach stabilen Bahnen sind die Leichtgewichte Telesto und Calypso aufdie Frequenz von Tethys ausgewichen. Hier befinden sie sich auf stabilen Bahnen und Tethys hat seine eigenen Trojaner! W enn man sich den Ring en detail ansieht, kann man erahnen, was die mathematische Formulierung KAM-Theorem's 12 aussagt. Rekapitulieren wir: Bahnen mit ratio- des wirklich Chaosforschung folgt! 13 für J anuar bis Mai 2002 Di, 8. Januar 2002 Die Mitarbeiter der Starkenburg-Sternwarte Di, 30. April 2002 Feiern Sie mit uns unter dem Sternenhimmel in den Mai! Astronomie aktuell Sternwarten-Grillabend Ein Abend für Kurzbeiträge, Diskussionen und die (jeder bringt mit, was er verzehren möchte) Beantwortung von Fragen Di, 7. Mai 2002 Di, 15. Januar 2002 Di, 22. Januar 2002 Di, 29. Januar 2002 Di, 5. Februar 2002 Die Mitarbeiter der Starkenburg-Sternwarte Markus Landgraf, ESOC Darmstadt Astronomie aktuell Erforschung unserer Galaktischen Nachbarschaft Ein Abend für Kurzbeiträge, Diskussionen und die Interstellarer Staub und Gas Beantwortung von Fragen Peter Wright, Starkenburg-Sternwarte Di, 14. Mai 2002 Yasmin A. W alter, Volkssternwarte Darmstadt Der Himmel über dem Gornergrat Ein BOOMERANG kehrt zurück Beobachten bis ein Terahertz Neues vom Urknall und der heißen Phase danach Lothar Kurtze, Starkenburg-Sternwarte Di, 21. Mai 2002 Matthias Busch, Starkenburg-Sternwarte Die Sonnenfinsternis 2001 in Madagaskar Entfernungsmessung im W eltall Sonne - Lemuren - Chamäleons und mehr Am Beispiel eines Experiments mit dem Stern »Ross 248« Die Mitarbeiter der Starkenburg-Sternwarte Di, 28. Mai 2002 Paul Böhme, Starkenburg-Sternwarte Astronomie aktuell Mechanische Schwingungen im Resonanzfall Ein Abend für Kurzbeiträge, Diskussionen und die Experimentalvortrag Beantwortung von Fragen Beginn immer um 20 Uhr im Vortragsraum der Starkenburg-Sternwarte. Di, 19. Februar 2002 Yasmin A. W alter, Volkssternwarte Darmstadt Änderungen in der Vortragsfolge sind möglich. Die Milchstraße als Kannibale Hat unsere Galaxie schon andere Sternsysteme verschluckt? Di, 26. Februar 2002 Stefan Kraus, Starkenburg-Sternwarte Chaos im Sonnensystem W as die Kleinplaneten und Saturnringe mit der Chaostheorie zu tun haben. Di, 5. März 2002 Die Mitarbeiter der Starkenburg-Sternwarte Astronomie aktuell Ein Abend für Kurzbeiträge, Diskussionen und die Beantwortung von Fragen Di, 12. März 2002 Rainer Kresken, Starkenburg-Sternwarte Astronomie im Südwesten der USA Eine Reise zu den grossen Observatorien in Kalifornien und Arizona Di, 19. März 2002 Dr. Hans Zekl, Starkenburg-Sternwarte Geister aus der Sonne Das solare Neutrinoproblem und seine Lösung Di, 26. März 2002 Prof. Dr. Helmut Schnitzspan, Fachhochschule Mannheim Pi Alles über Pi? - fast alles Di, 2. April 2002 Die Mitarbeiter der Starkenburg-Sternwarte Astronomie aktuell Ein Abend für Kurzbeiträge, Diskussionen und die Beantwortung von Fragen Di, 9. April 2002 Rainer Kresken, Starkenburg-Sternwarte INTEGRAL Das europäische Gammastrahlen T eleskop das Observatorium für die energiereichsten Vorgänge im Universum Di, 16. April 2002 Peter Riese, Starkenburg-Sternwarte Blick durch ein unsichtbares Fenster ins W eltall − Radioastronomie Beobachtungsmöglichkeiten mit unserer neuen Anlage Di, 23. April 2002 Matthias Busch, Starkenburg-Sternwarte Asteroidenjagd am Großteleskop Calar Alto - Südspanien Bericht über den Beobachtungsaufenthalt vom 8. - 13. April 2002 14 Vorschau aufdie nächste Ausgabe: - Calar Alto - Teil 2 - Digitale Bildbearbeitung - Ein neuer Vortragsraum? - ...