SS 2009 Chemische Übungen für Biologen (300030 UE, 4 Stunden, 8 ECTS) Chemische Übungen für Lehramt Biologie und Umweltkunde (300441 UE, 3 Stunden, 3 ECTS) Chemische Übungen für Lehramt Haushaltsökonomie und Ernährung (330045 UE, 3 Stunden, 3 ECTS) 2. Abschnitt: Kurstag 7 Praktischer Teil: Infrarotspektroskopie ............................................................ 2 Praktischer Teil: Qualitative Organische Analyse 1. Vorproben 1.1. Äußere Erscheinung der Probe................................................................ 2 1.2. Brenn- und Glühprobe ............................................................................. 3 1.3. Beilsteinprobe .......................................................................................... 3 1.4. Löslichkeitsversuche ................................................................................ 3 2. Spezielle Gruppennachweise 2.1. Aromatische Verbindungen ...................................................................... 7 2.2. Doppel- und Dreifachbindungen (Alkene, Alkine) .................................... 7 2.3. Hinweis auf hydrolysierbares Halogen ..................................................... 9 2.4. Alkohole ................................................................................................... 9 2.5. Vicinale (1,2-) Diole (Glykole) ................................................................ 11 2.6. Phenole .................................................................................................. 12 2.7. Carbonylverbindungen (Aldehyde und Ketone) .................................... 12 2.8. Nachweisreaktionen für Aldehyde .......................................................... 13 2.9. Carbonsäuren und Sulfonsäuren ........................................................... 14 2.10. Ester .................................................................................................... 14 2.11. Amine ................................................................................................... 15 2.12. Nachweis von Aminosäuren................................................................. 17 Theorie 1. Spektroskopische Methoden ............................................................................. 18 2. Infrarot (IR-) Spektroskopie ................................................................................... 2.1. Allgemeines ........................................................................................... 18 2.2. Auswahlregeln und IR-Spektroskopie .................................................... 19 2.3. Probenbereitung .................................................................................... 20 2.4. Charakteristische Gruppenfrequenzen .................................................. 21 2.5. Übersicht wichtige IR- Gruppenfrequenzen ........................................... 23 2.6. Tabelle wichtige IR- Gruppenfrequenzen ............................................... 23 2.7. Beispiel IR-Spektroskopie für Synthese Kontrolle .................................. 24 3. Qualitative Organische Analyse 3.1. Allgemeines ........................................................................................... 25 3.2. Elementaranalyse .................................................................................. 26 3.3. Allgemeines zum Lösungsverhalten ...................................................... 28 3.4. Übersicht wichtige Stoffklassen in der Organischen Chemie ................. 29 Fragen ......................................................................................................................... 32 2 Infrarotspektroskopie Im Ergebnisblatt ist das IR-Spektrum einer organischen Verbindung enthalten, die Sie in weiterer Folge auch über chemische Nachweisreaktionen bestimmen sollen. Identifizieren Sie charakteristische Gruppenschwingungen von funktionellen Gruppen. Geben Sie folgende Parameter an: • Wellenzahl (in cm-1) • Intensität (nur qualitativ: stark, mittel, schwach) • Art der Schwingung (Valenzschwingung ν, Deformationsschwingung δ), • funktionelle Gruppe. Eine bis max. vier Schwingungen sind ausreichend. Beschränken Sie sich auf intensive und charakteristische Banden. Die Interpretation des „Fingerprint-Bereichs“ ist wenig zielführend. Versuchen Sie, diese im IR-Spektrum gefundenen Informationen mit den folgenden Nachweisreaktionen zu bestätigen. Qualitative Organische Analyse Mittels einfacher chemischer Tests sollen funktionelle Gruppen einer unbekannten organischen Verbindung nachgewiesen werden. Diese Tests basieren auf dem spezifischen Reaktionsverhalten der unterschiedlichen organischen Verbindungsklassen. Unterstützt wird diese Analyse durch ein Infrarotspektrum dieser Verbindung, aus dem durch Zuordnung weniger charakteristischer Gruppenschwingungen ebenfalls die funktionellen Gruppen bestimmt werden sollen. Natürlich können auch mehrere unterschiedliche funktionelle Gruppen in einem Molekül vorhanden sein. Entsprechend kritisch müssen bestimmte Eigenschaften und Reaktivitäten in diesen Fällen bewertet werden. A priori-Annahmen sind nicht zielführend: nicht jede Estergruppe wird notwendig zu blumig-fruchtigem Geruch führen, nicht jede Aldehydfunktion bedeutet Wasserunlöslichkeit, nicht alle Phenole lösen sich nur in verdünnter wässriger NaOH etc.! 1. Vorproben Diese Vorproben liefern erste, allerdings nur sehr einfache Hinweise auf die Natur der vorliegenden organischen Verbindung. Führen Sie diese Bestimmungen durch, Vorsicht allerdings vor einer Überbewertung dieser Ergebnisse. Keinesfalls bleibt Ihnen die Durchführung der speziellen Gruppennachweise (ab Seite 6) erspart! 1.1. Äußere Erscheinung der Probe a) Aggregatzustand Nur wenige organische Verbindungen sind bei Raumtemperatur gasförmig (z.B. CH4, CH3NH2, CH3Cl), Verbindungen mit kleinem Kohlenstoffrest sind flüssig, höhere Homologe fest, jedenfalls auch stark abhängig von der Natur der funktionellen Gruppen. Sehr viele Stoffe sind flüssig, z.B. niedere aliphatische monofunktionelle Verbindungen wie Alkohole, Aldehyde, Ketone, Halogenide, Carbonsäuren, oder Amine. Feststoffe sind jedenfalls aromatische Carbonsäuren, alle Amide, sowie polyfunktionelle Verbindungen wie Dicarbonsäuren, Kohlenhydrate oder Aminosäuren. Verwechseln Sie nicht flüssige Proben (Reinsubstanzen) mit Lösungen! 3 b) Farbe Die meisten reinen organischen Verbindungen sind farblos. Bisweilen auftretende Verfärbungen sind vielfach durch Verunreinigungen bedingt. So sind z.B. die leicht oxidierbaren Phenole oder Aniline oft verfärbt. Eigenfarbe zeigen charakteristischerweise Verbindungen mit hohem Doppelbindungsanteil (stark konjugierte Systeme), Nitro-, Nitroso- und Azoverbindungen sowie Chinone. c) Geruch Viele organische Verbindungen mit kleiner molarer Masse haben charakteristische Gerüche, z.B. Kohlenwasserstoffe der Terpenreihe; niedere Alkohole; niedere Fettsäuren (Ameisen- und Essigsäure scharf, ab Propansäure schweißartig bzw. ranzig); Aldehyde (süßlich oder scharf); Benzaldehyd und aromatische Nitroverbindungen (Bittermandelgeruch); Halogenkohlenwasserstoffe (ätherisch, betäubend süßlich); Phenole (Desinfektionslösung "Carbolsäure"); Ester aliphatischer Alkohole (nach unterschiedlichen Früchten und Blumen); Amine (ammoniakartig, fischartig); Thiole und organische Sulfide (faule Eier). 1.2. Brenn- und Glühprobe Einige recht nützliche Hinweise erhält man aus der Brenn- und Glühprobe. Auf einer Spatel wird ein wenig Probesubstanz an der Brennerflamme entzündet und die Verbrennung außerhalb der Brennerflamme beobachtet. Eine schwach leuchtende, fast blaue Flamme deutet auf eine sauerstoffreiche Verbindung hin (z.B. auf einen Alkohol). Eine leuchtend gelbe, meist rußende Flamme tritt bei ungesättigten Verbindungen auf (Aromaten, Verbindungen mit C=C-Doppel- oder C≡C-Dreifachbindungen). Ist die Substanz nicht oder nur schwer entflammbar, ist häufig Halogen enthalten. Bleibt bei der Brennprobe ein Rückstand, so prüft man durch längeres Glühen auf seine Beständigkeit. Rückstände wie Metalloxide oder Metallcarbonate weisen auf Metallsalze saurer Verbindungen hin. 1.3. Beilsteinprobe Ein Stück Kupferdraht wird in der Brennerflamme ausgeglüht, bis keine Färbung der Flamme beobachtet wird. Hierauf wird der (abgekühlte, aber noch warme) Draht mit wenig Substanz wieder in die Flamme gehalten. Ist Halogen (Cl, Br, I, aber nicht F) enthalten, werden durch Zersetzungen in der Flamme leicht flüchtige Kupferhalogenide gebildet, die den Flammensaum grün bis blaugrün färben (Emissionsspektrum des Kupfers). Einige andere Verbindungen (Pyridine, Chinoline sowie Cyanoverbindungen) bilden gleichfalls flüchtige Kupferverbindungen. Ein positiver Beilsteintest ist lediglich als Hinweis auf die Anwesenheit von Halogen zu verstehen. 1.3. Löslichkeitsversuche a) Durchführung der Löslichkeitsbestimmungen Durchführung: 0,1 g eines Feststoffs (= eine Spatelspitze) bzw. 0,2 mL (= ein paar Tropfen) einer Flüssigkeit werden mit etwa 3 mL des Lösungsmittels bzw. der betreffenden Lösung versetzt und kräftig geschüttelt. Alle Löslichkeitstests sollten Sie mit gleichen Lösungsmittel- und Probemengen durchführen! 4 Ergebnis: Als willkürlicher Standard für die Löslichkeit einer Substanz gilt: eine Substanz ist löslich, wenn sich eben diese ca. 0,1 g einer Festsubstanz oder 0,2 mL einer Flüssigkeit in den 3 mL des Lösungsmittels vollständig auflösen. Sollte bei Raumtemperatur keine vollständige Lösung eintreten, so beobachtet man, ob beim kurzen Aufkochen (nicht bei den Tests mit Diethylether und konz. Schwefelsäure!) Auflösung erfolgt. Liegt ein niedrigschmelzender Feststoff vor, so wird dieser, falls er auch bei Erwärmen unlöslich bleibt, als zweite flüssige Phase (als nicht gelöste Schmelze) vorliegen, was unter Umständen bei flüchtiger Beobachtung übersehen werden kann! Achtung: Manche Verbindungsklassen reagieren beim Erwärmen mit wässriger Säure oder Base unter Hydrolyse: Säurehalogenide, Ester und Amide werden in die entsprechende Säure und das Halogenidion bzw. den Alkohol bzw. das Amin gespalten. Auch aus diesem Reaktionsverhalten können wichtige Schlüsse gezogen werden. b) Löslichkeitsuntersuchungen Geprüft wird mit folgenden Lösungsmitteln: 1. Wasser 2. Diethylether (Vorsicht: sehr leicht entzündlich! Siedepunkt 35°C) 3. 5% wässrige Natronlaugelösung 4. 5% wässrige Natriumhydrogencarbonatlösung 5. 5% wässrige Salzsäure 6. konz. Schwefelsäure (nur bei Unlöslichkeit in 1., 3. und 5.) F+ • Löslichkeit in Wasser Wasser als polare Verbindung ist ein schlechtes Lösungsmittel für Kohlenwasserstoffe aller Art. Salze als äußerst polare Verbindungen sind im Allgemeinen gut wasserlöslich. Die anderen Verbindungen fallen zwischen beide Extreme. Säuren und Amine sind besser löslich als neutrale Verbindungen. Für homologe Reihen (d.h. steigende Anzahl von Kohlenstoffatomen) monofunktioneller Substanzen liegt die obere Grenze der Wasserlöslichkeit bei einer Kohlenstoffanzahl von ~4. Ist die Zahl der polaren funktionellen Gruppen in einem Molekül höher, so steigt auch die Wasserlöslichkeit. Falls die Substanz in Wasser löslich ist, prüft man mit Indikatorpapier auf Acidität bzw. Basizität der Lösung (Hinweis auf Säuren bzw. Amine). Ein Test der Reinsubstanz ist sinnlos: die pH-Skala ist nur für verdünnte wässrige Lösungen definiert! • Löslichkeit in Diethylether Verwenden Sie zum Löslichkeitstest mit Ether eine völlig trockene Eprouvette. Wasser und Diethylether sind nicht mischbar, sehr leicht kann eine Unlöslichkeit vorgetäuscht, werden! Diethylether als unpolare Substanz löst vorwiegend unpolare oder schwach polare Verbindungen; dabei spielt die Kettenlänge des Kohlenwasserstoffanteils eine Rolle. Eine funktionelle Gruppe beeinflusst im Allgemeinen das Löslichkeitsverhalten nicht sonderlich, es sei denn, die Substanz ist stark assoziiert oder extrem polar (z.B. Sulfonsäuren, RSO2OH). In diese Löslichkeitsklasse fallen somit: Kohlenwasserstoffe, Ether, Alkohole mit mehr als 5 Kohlenstoffatomen, höhere Ketone und Aldehyde, mittlere und höhere Carbonsäuren, Säureanhydride, Ester, Amide, Phenole, höhere Amine. 5 Mehr Hinweise über den Charakter der Substanz erhält man, wenn man die Etherlöslichkeit zusammen mit der Wasserlöslichkeit betrachtet: Die Verbindung ist sowohl in Wasser als auch Ether löslich: • sie kann nicht ionisch sein, • hat 4 oder weniger Kohlenstoffatome, • hat eine polare Gruppe, die Wasserstoffbrücken ausbilden kann, • hat nicht mehr als eine stark polare Gruppe. Die Substanz löst sich in Wasser, aber nicht in Ether: • ionische Verbindung (Salz) oder • die Substanz enthält 2 oder mehr polare Gruppen, aber nicht mehr als 4 C- Atome pro polare Gruppe. Das sind: Polysäuren, Hydroxysäuren, Polyhydroxyalkohole (Glykole), Polyhydroxyaldehyde und -ketone (Zucker), Aminosäuren, Di- und Polyaminoverbindungen, Aminoalkohole, Sulfonsäuren und Salze. Falls die Substanz in Ether und in Wasser löslich ist, können die nachfolgenden Löslichkeitstests entfallen. Ausgenommen ist der Test mit Natriumhydrogencarbonatlösung, der bei Freisetzung von CO2 einen Hinweis auf nennenswert saure funktionelle Gruppen (Sulfonsäuren, Carbonsäuren) gibt. • Löslichkeit in 5% Salzsäure Substanzen, die sich in verdünnter HCl, aber nicht in Wasser lösen, enthalten meist ein basisches Stickstoffatom an einem verhältnismäßig großen unpolaren Rest. Das freie Elektronenpaar am Stickstoff bindet ein Proton unter Ausbildung eines Salzes, das dann im wässrigen Milieu löslich ist, z.B.: RNH + H+Cl- → RNH +Cl2 3 Dies ist bei primären, sekundären oder tertiären aliphatischen Aminen möglich. Arylgruppen schwächen die Basizität, so dass nur mehr primäre aromatische Amine (etwa Anilin) in Salzsäure löslich sind. Rein aromatische sekundäre und tertiäre Amine lösen sich nicht mehr. Manchmal sind die entstandenen Hydrochloride schwer löslich, so dass Niederschläge entstehen. Tritt dieser Fall ein, so wird dennoch die Substanz als salzsäurelöslich betrachtet. Die Salze kann man durch geringes Erwärmen und Verdünnen mit Wasser in Lösung bringen. Hydrochloride bilden folgende Substanzklassen: RNH2, ArNH2, R2NH und ArNHR, R3N und einige ArNR2; RNHNHR und R2NNR2 (Hydrazinderivate) • Löslichkeit in 5% Natronlauge In dieser Lösung sind alle sauren Verbindungen mit nicht zu großem unpolarem Rest löslich, da sie ihr Proton auf die sehr starke Base OH- übertragen und die entsprechenden konjugierten Basen ausbilden, die dann als Natriumsalze vorliegen, z.B.: R-COOH + Na+ OH- → R-COO- Na+ + H O (oder Ar statt R) 2 Löslich sind: Carbonsäuren; Sulfonsäuren (RSO2OH); Phenole (ArOH) und Thiophenole (ArSH); Thiole (R-SH). 6 Einige Diketone und β-Oxoester sind als Enolate löslich; durch die Mesomeriestabilisierung des Enolats wird der α-Wasserstoff ausreichend sauer: • Löslichkeit in 5% Natriumhydrogencarbonatlösung Carbon- und Sulfonsäuren lösen sich in Hydrogencarbonatlösung unter Kohlendioxidentwicklung: R-COOH + NaHCO3 → R-COO- Na+ + H2O + CO2 ↑ Da Sulfonsäuren sehr starke Säuren sind (KS vergleichbar Schwefelsäure), können sie ihr Proton auch an die schwache Base Wasser abgeben. Ihr Löslichkeitsverhalten wird daher durch die Base HCO3- (oder auch OH- in verdünnter NaOH) nur unbedeutend beeinflusst. Einige stärker saure Phenole (die am Aromatenkern mit stark elektronenabziehenden Gruppen substituiert sind: z.B. Dinitrophenol, Trinitrophenol (Pikrinsäure) und polyhalogenierte Phenole) lösen sich ebenfalls in NaHCO3. • Löslichkeit in konzentrierter Schwefelsäure Dieser Löslichkeitstest dient lediglich dazu, Substanzklassen zu erfassen, die durch Reaktionen auf funktionelle Gruppen sonst nicht erkennbar sind. Sie sind gekennzeichnet durch ihre Nichtlöslichkeit in konz. Schwefelsäure. Dazu gehören: Alkane, Cycloalkane, unreaktive Aromaten und ihre Halogenderivate, Diarylether. Konz. Schwefelsäure verwendet man nur zur Lösung von neutralen und wasserunlöslichen Substanzen, die keine anderen Elemente als C, H, O und Halogene enthalten. H2SO4 als sehr starker Protonendonator kann sehr schwache Basen (schwache Elektronenpaar-Donatoren wie z.B. Ether) protonieren und dadurch in Lösung bringen: R O + H SO → R OH+ + HSO 2 2 4 2 4 In gleicher Weise werden auch tertiäre Alkohole, Ketone und Carbonsäuren durch Protonierung an O-Atomen gelöst. Sowohl primäre und sekundäre Alkohole als auch Alkene bilden Schwefelsäureester. Polyalkylierte (reaktive) Aromaten werden zu Arylsulfonsäuren sulfoniert. 2. Spezielle Gruppennachweise Diese Nachweisreaktionen sollten mit jeweils einem Teil der Probe in nachstehender Reihenfolge durchgeführt werden, es sei denn, man hat aus den Vorpro-ben (Brennprobe, Löslichkeitstest, Farbe und Geruch) oder aus dem Infrarotspektrum schon Hinweise auf die Substanzklasse erhalten. Manche Kombinationen funktioneller Gruppen führen zu drastisch veränderten Eigenschaften (auch bereits bei der Löslichkeit). Man darf also nicht lediglich auf Grund des Löslichkeitsverhaltens bestimmte Tests unterlassen. Es ist andererseits absurd, die Tests auf Aminogruppen durchzuführen, wenn die Substanz keinen Stickstoff enthält! 7 2.1. Aromatische Verbindungen Reaktion: Neben einer rußenden Flamme bei der Brennprobe gibt eine Farbreaktion mit Aluminium(III)chlorid in Chloroform einen weiteren Hinweis auf aromatischen Charakter. Aromaten bilden mit solchen Lewis-Säuren ("Friedel-Crafts-Katalysatoren") und einem geeigneten Reaktionspartner (z.B. CHCl3) vielfach tieffarbige Zwischenverbindungen („σ-Komplexe"). Mit Chloroform entstehen Diarylchlormethane, die mit Aluminiumchlorid hochkonjugierte („chinoide") Salze ergeben, und Triarylmethane. Reagenz: Wasserfreies AlCl3 (sehr hygroskopisch) und wasserfreies CHCl3. Vorratsgefäße immer sofort wieder verschließen! Durchführung: In einer völlig trockenen Eprouvette werden 100 mg wasserfreies AlCl3 erhitzt, bis sich ein Sublimat an der Glaswand (etwa im oberen Drittel der Eprouvette) gebildet hat. Wenn die Eprouvette mit dem Sublimat erkaltet ist (heiße Eprouvette nicht in den Eprouvettenständer geben!), lässt man eine verdünnte Lösung von ca. 0,1g seiner Substanz gelöst in wasserfreiem CHCl3 über das Sublimat laufen. Nur die Färbung des Sublimats wird beobachtet, nicht am Boden der Eprouvette mit überschüssigem Aluminiumchlorid. Ergebnis: Aromaten ergeben gewöhnlich Färbungen. Monocyclische Aromaten werden dabei orange bis rot, polycyclische blau bis violett oder grün. Achtung: Bei Vorhandensein stark elektronenziehender Substituenten am Ring (z.B.: Hal, COOH, NO2) versagt dieser AlCl3-Test häufig!! Der aromatische Ring kann weitere funktionelle Gruppen tragen, die gesondert nachzuweisen sind. Olefine polymerisieren unter Gelb- und Braunfärbung. Brom und Iod enthaltende Aliphaten können durch Braun- oder Gelbfärbung stören. 2.2. Doppel- und Dreifachbindungen (Alkene, Alkine) Bei Tests auf Doppelbindungen müssen beide nachfolgenden Reaktionen a) und b) durchgeführt werden. Nur ein positiver Verlauf beider Tests lässt auf ein Alken oder Alkin schließen. Achtung: Verwechseln Sie nicht einen Aromat mit einem Alken!! 8 a) Brom in Chloroform Reaktion: Die Doppelbindung in einem Alken addiert Brom unter Ausbildung der meist farblosen Dibromverbindung. Reagenz: Lösung von Brom in Chloroform (2 g in 100 mL). Durchführung: Die Substanz wird in etwas Chloroform gelöst oder suspendiert, und eine Lösung von Brom in CHCl3 tropfenweise unter Schütteln zugegeben. Ergebnis: Durch die Addition an die Doppelbindung wird das Brom verbraucht und die Lösung bleibt farblos. Werden mehr als drei Tropfen der Bromlösung entfärbt, so kann die Reaktion als positiv angesehen werden. Achtung: Leider geben nicht alle Alkene diese Reaktion. Andererseits können auch andere Substanzklassen mit Brom reagieren; z.B. entfärben Amine ebenfalls die Lösung und täuschen eine Doppelbindung vor. Manche Verbindungen reagieren mit Brom nicht unter Addition, sondern unter Substitution: z.B. aktivierte Aromaten (Phenole, Aniline), Methylketone, Malonester etc. Dabei entsteht Bromwasserstoff; seine Entwicklung lässt sich nachweisen, indem man ein mit Wasser angefeuchtetes Streifchen Indikatorpapier an die Öffnung der Eprouvette hält. b) Kaliumpermanganat Reaktion: Kaliumpermanganat addiert an eine olefinische Doppelbindung unter Ausbildung eines cyclischen Mangansäureesters, der in weiterer Folge ein Diol liefert. Das Mn7+ wird hier zu fünfwertigem Mangan reduziert und somit entfärbt. Weiterreaktion zu MnO2 kann zu einer braunen Trübung führen. Reagenz: 0,5 % wässrige Kaliumpermanganatlösung. Durchführung: ca. 0,1 g ihrer Substanz werden in 2 mL Wasser oder, falls sie nicht wasserlöslich ist, in 2 mL analysenreinem Aceton (nicht Aceton aus der Spritzflasche verwenden!) gelöst. Nun wird tropfenweise die KMnO4-Lösung zugegeben. 9 Ergebnis: Werden mehr als drei Tropfen KMnO4-Reagenz entfärbt, so ist die Reaktion als positiv zu bewerten. Achtung: Da KMnO4 ein starkes Oxidationsmittel ist, geben auch andere, leicht oxidierbare Substanzen (Phenole, Enole, Amine, Aldehyde und Alkohole) einen positiven Test. 2.3. Hinweis auf hydrolysierbares Halogen Reaktion: Ein hydrolysierbares Halogen im Molekül wird über einen Silberhalogenidniederschlag nachgewiesen. Dieser Test ist natürlich nur dann sinnvoll, wenn überhaupt ein Halogen in der Probe vorhanden ist! Reagenz: 2% ethanolische Silbernitratlösung. Durchführung: Einige Tropfen der wässrigen bzw. ethanolischen (wenn die Probe nicht wasserlöslich ist) Lösung der eigenen halogenhaltigen Probe werden mit 2 mL AgNO3-Lösung versetzt. Falls nach 5 min. bei Raumtemperatur keine Fällung von Silberhalogenid zu erkennen ist, wird die Lösung zum Sieden erhitzt. Eine sich bildende Fällung muss auch bei Zugabe von 2 Tropfen Salpetersäure bestehen bleiben. Ergebnis: Arylhalogenide, z.B. Chlorbenzen, setzen im Allgemeinen kein Halogen frei und geben daher keine Fällung. Hydrohalogenide, Säurehalogenide, tertiäre Alkylhalogenide geben bei Raumtemperatur rasch eine Fällung. Primäre und sekundäre Alkylhalogenide geben die Fällung bei Erwärmung. 2.4. Alkohole a) Chromsäuretest Reaktion: Chromsäure oxidiert primäre und sekundäre Alkohole fast augenblicklich und wird gleichzeitig zum unlöslichen grünen Chrom(III)sulfat reduziert. Tertiäre Alkohole reagieren nicht innerhalb von zwei Minuten. 3 RCH2OH + 4 CrO3 + 6 H2SO4 → 3 RCOOH + 2 Cr2(SO4)3 + 9 H2O 3 R2CHOH + 2 CrO3 + 3 H2SO4 → 3 R2CO + Cr2(SO4)3 + 6 H2O Reagenzlösung: Eine Suspension von 2,5 g Chromtrioxid in 2,5 mL konz. H2SO4 wird vorsichtig in 7,5 mL Wasser eingegossen und auf Raumtemperatur abgekühlt. Durchführung: Die Probe (1 Tropfen bzw. einige Kristalle) wird in 1 mL analysenreinem Aceton (nicht aus der Spritzflasche!) gelöst, anschließend wird 1 Tropfen der tiefgelben Chromsäurelösung zugegeben. Ergebnis: Nach dem Schütteln geben prim. und sek. Alkohole einen Niederschlag, der die Testlösung eintrübt und eine grüne bis grünblaue Färbung annimmt. 10 Achtung: Alle Veränderungen nach 2 Minuten sind nicht zu berücksichtigen. Aldehyde geben natürlich auch diese Reaktion, da sie leicht zu Carbonsäuren oxidiert werden können. Da mit dieser Methode keine tertiären Alkohole erfassbar sind, muss ein weiterer Test durchgeführt werden. b) Umsetzung mit Cerammonnitratreagenz Reaktion: Alkohole reagieren mit (NH4)2[Ce(NO3)6] durch Bildung von gefärbten Solvaten: [Ce(NO3)6] 2– + ROH → [Ce(OR)(NO3)5] 2– + HNO3 Reagenzlösung: 1 g Cerammonnitrat wird in 2,5 mL 2 N HNO3 gelöst. Durchführung: Man verdünnt 0,5 mL der vorbereiteten Reagenzlösung mit 3 mL Dioxan (ist die Probe wasserlöslich, verwendet man Wasser an Stelle von Dioxan). Dann setzt man tropfenweise so viel Wasser zu, bis eine klare Lösung vorliegt (verwechseln Sie nicht klar mit farblos!), und gibt 5 Tropfen einer konzentrierten Lösung der Probe in Dioxan (bzw. Wasser) zu. Ergebnis: Alkohole ergeben gelb oder orange gefärbte Solvate. Achtung: Phenole geben durch Oxidation tiefrote bis braune Färbungen; eine Differenzierung zwischen Alkoholen und Phenolen aufgrund der unterschiedlichen Färbung ist kaum möglich. Amine stören den Nachweis mit dem Cerammonnitratreagenz. Polyalkohole werden rasch oxidiert und entfärben die Lösung. c) Lucas - Test Reaktion: Mit diesem Test soll eine Unterscheidung zwischen prim., sek. und tert. Alkoholen getroffen werden. ZnCl2 als Lewis-Säure katalysiert die Austauschreaktion OH gegen Cl. Die Reaktion verläuft nach SN1 unter Ausbildung eines Carbokations (Carbeniumions). Da tertiäre Carbeniumionen am stabilsten sind (sich demnach am leichtesten bilden), reagieren tert. Alkohole am schnellsten mit dem Lucasreagenz. Sekundäre Alkohole reagieren langsamer. Primäre Alkohole reagieren unter diesen Bedingungen nicht. Reagenzlösung: 104 g Zink(II)chlorid werden unter Kühlung in 178 mL konz. HCl gelöst. Die Lösung ist eine Tag vor Gebrauch herzustellen, danach gegebenenfalls vom Bodensatz zu dekantieren. Durchführung: Zu ca. 1 mL der Probe werden rasch 5 mL Reagenz gegeben; die Eprouvette wird geschüttelt und dann stehen gelassen. 11 Ergebnis: • Prim. Alkohole mit einer Kohlenstoffanzahl kleiner als 6 lösen sich. Die Lösung bleibt klar: Ausbildung eines Oxoniumsalzes ROH2+Cl–. • Prim. Alkohole mit einer Kohlenstoffanzahl größer als 6 lösen sich nicht. Die wässrige Phase bleibt klar. • Sek. Alkohole: Die Lösung wird allmählich trüb. Eine sichtbare obere Phase von RCl ist nach etwa 1 h zu sehen. • Tert. Alkohole: Fast augenblicklich bilden sich 2 Phasen (wässrig und RCl). Achtung: Die Reaktion ist nur eindeutig, wenn sich die Probe zunächst im Reagenz löst. Falls man nicht eindeutig zwischen sek. und tert. Alkoholen unterscheiden kann, hilft folgender Test: 1 mL Probe wird mit 6 mL konz. Salzsäure vermischt. Ein tert. Alkohol bildet sofort ein unlösliches Chlorid, welches sich nach wenigen Minuten an der Oberfläche sammelt. Bei sek. Alkoholen bleibt die Lösung klar. 2.5. Vicinale (1,2-) Diole (Glykole) Reaktion: Die 1,2-Diole sind durch die zusätzliche Hydroxylgruppe noch wasserlöslicher als die einfachen Alkohole und geben selbstverständlich ebenfalls die oben besprochenen Reaktionen. Die Glykole können primärer (z.B. Ethylenglykol), sekundärer oder tertiärer Natur sein. Zum Nachweis werden die Glykole mit Boraxlösung umgesetzt. Borax (= Natriumtetraborat; Na2B4O7·10 H2O) wird in Wasser zu Borsäure hydrolysiert und setzt dabei 2 OH- frei. Na2B4O7 + 7 H2O 4 H3BO3 + 2 OH- + 2 Na+ Die Borsäure reagiert mit dem Glykol unter Bildung der folgenden komplexen Säure: C OH HO C OH HO B OH HO C HO C H2O -3H2O C O C O B O C O C H3O Pro Borsäure entsteht also 1 H3O+, pro hydrolysiertem Borax entstehen 4 H3BO3 und somit also 4 H3O+, aber nur 2 OH- durch die Hydrolyse, d.h. die Lösung wird sauer. Reagenzlösungen: 1% wäss. Boraxlösung. Phenolphthaleinlösung (0,1 g Indikator in 100 mL Ethanol 70%) Durchführung: Zur Boraxlösung werden 4 - 5 Tropfen einer alkoholischen Phenolphthaleinlösung zugefügt. Da die Boraxlösung durch Hydrolyse alkalisch reagiert, färbt sich die Lösung bei Zusatz des Indikators rot. Dazu gibt man ca. 0,5 mL der Probe. Ergebnis: Wenn ein Diol vorhanden ist, so entfärbt sich die Lösung, da bei der Reaktion H3O+Ionen frei werden, die die Lösung sauer machen. Beim Erwärmen der farblosen Lösung erscheint durch Zerfall der komplexen Säure wieder die rosa Färbung. Sie verschwindet wieder beim Abkühlen. Achtung: Die eigene Probe darf selbst natürlich nicht sauer reagieren (pH-Wert von der Lösung der Probe in Wasser prüfen!!). 12 2.6. Phenole Phenole sind keine aromatischen Alkohole. Sie zeigen völlig anderes chemisches Verhalten! Aromatische Alkohole haben die OH-Gruppe an einer Seitenkette eines aromatischen Rings. Einen Hinweis auf Phenole erhält man schon durch die Löslichkeitstests (wenn wasserlöslich: wässrige Lösung schwach sauer; wenn wasserunlöslich: löslich in Natronlauge, aber nicht in Natriumhydrogencarbonat-Lösung). Bei längerem Stehen färben sich die alkalischen Lösungen von Phenolen häufig dunkler (durch den Luftsauerstoff erfolgt Oxidation zu chinoiden Verbindungen), besonders bei ortho- oder para-substituierten Polyhydroxyphenolen. a) Nachweis mit 1% Eisen(III)chloridlösung Reaktion: Viele Phenole (aber nicht alle) ergeben unter Komplexbildung oder Oxidation mit Eisen(III)chloridlösung (FeCl3) charakteristische Färbungen. Reagenz: 1% wässrige Eisen(III)chloridlösung. Durchführung: Etwas Probe wird in 5 mL Ethanol gelöst, und 1 - 2 Tropfen der FeCl3-Lösung werden zugesetzt. Ergebnis: Phenole ergeben gewöhnlich blaue bis violette Färbungen. Achtung: Aliphatische Ketone mit mindestens 5% Enolgehalt ergeben rote bis blaue Färbungen. Eine Reihe von Carbonsäuren (rot), Aminosäuren (braun) und Aminen (Diphenylamin grün) ergeben ebenfalls Färbungen oder Niederschläge. b) Umsetzung mit Cerammonnitratreagenz Reaktion: Phenole geben mit (NH4)2[Ce(NO3)6] durch Oxidation braune bis grünbraune Fällungen bzw. beim Arbeiten in Dioxan rotbraune Lösungen. Durchführung: siehe Alkohole (Seite 10). 2.7. Carbonylverbindungen (Aldehyde und Ketone) Höhermolekulare Carbonylverbindungen (bei Abwesenheit anderer polarer funktioneller Gruppen!) sind in Wasser unlöslich und nur in Ether löslich. Vor allem die Ketone niedriger molarer Masse haben einen charakteristischen angenehmen Geruch. Reaktion: Aldehyde und Ketone (nicht Carboxylderivate wie Carbonsäuren, Ester, Amide, etc.) reagieren mit Hydrazinen unter Ausbildung der entsprechenden Hydrazone. Diese Verbindungen sind kristallin, im Falle des 2,4-Dinitrophenylhydrazins (2,4-DNPhH) orange bis rot gefärbt. 13 Reagenzlösung: 4 g 2,4-Dinitrophenylhydrazin in 20 mL konz. H2SO4 lösen und mit 30 mL Wasser verdünnen. Nach Erkalten wird mit 100 mL 95% Methanol verdünnt. Durchführung: Rund 0,3 g der Probe werden in 3 mL Methanol gelöst und anschließend mit 1 - 3 mL der methanolischen schwefelsauren Reagenzlösung versetzt. Ergebnis: Nach Durchmischen sollte Niederschlagsbildung (orange bis rot, voluminös) eintreten. Sollte dies nicht der Fall sein, wird leicht erwärmt oder mit wenigen Tropfen Wasser verdünnt. Achtung: Gelegentlich lösen sich die gebildeten Hydrazone in Methanol. In diesem Fall kann man auch eine wässrige Lösung von 2,4-DNPhH verwenden (bereitgestellte Lösung: 4 g 2,4-DNPhH in 75 mL konz. H2SO4 lösen und mit Wasser auf 1 Liter verdünnen. Nach 48 Stunden filtrieren). Flüssige Verbindungen, die sich nicht in Wasser lösen, extrahieren gelegentlich 2,4-DNPhH aus dieser Reagenzlösung und geben eine zweite, orange-gelb gefärbte Phase. Dies darf nicht mit der Ausbildung eines Derivats verwechselt werden; die 2,4-Dinitrophenylhydrazone sind voluminöse, gelb bis rot gefärbte Niederschläge. 2.8. Nachweisreaktionen für Aldehyde Aldehyde lassen sich durch ihre Oxidierbarkeit zu den entsprechenden Carbonsäuren von den Ketonen unterscheiden. Achtung: Beide nachstehenden Tests sind allgemeine Nachweisreaktionen für reduzierende Substanzen (nicht nur für Aldehyde!). a) Oxidationsversuch mit Tollens-Lösung Reaktion: Alle Aldehyde (aliphatische wie aromatische) geben mit dem Tollens-Reagenz folgende positive Reaktion: ArCHO + 2 [Ag(NH3)2]+ OH- → ArCOO- NH4+ + 2 Ag ↓ + 3 NH3 + H2O Lösung I: 10 % wässrige Silbernitratlösung Lösung II: 10 % wässrige Natronlauge Lösung III: 1 N wässrige Ammoniaklösung Durchführung: Von den Lösungen I und II werden je 1 mL in einem sauberen, fettfreien Reagenzglas vereinigt. Es fällt dunkel gefärbtes Silberhydroxid aus. Man gießt die überstehende wässrige Lösung ab und löst den Niederschlag durch tropfenweisen Zusatz von verd. Ammoniak vollständig auf (das Gemisch darf nicht erhitzt werden; Explosionsgefahr!). Dann gibt man 1 - 2 Tropfen oder einige Kristalle der Probe zu. Ergebnis: Es bildet sich ein Silberspiegel; wenn die Eprouvette nicht fettfrei war, kann sich auch fein verteiltes, schwarzes Silber abscheiden. Achtung: Die Mischung aus Lösung I und II sollte immer frisch bereitet werden; alte Mischungen neigen zu Explosionen! Sofort nach Ausbildung des Silberspiegels sollte die Eprouvette gereinigt werden; der Silberspiegel lässt sich mit 2 N HNO3 entfernen. Es ist günstig, die Eprouvette vor dem Versuch mit Chromsäure fettfrei zu machen. Reagenz: 14 b) Oxidationsversuch mit Fehling-Lösung Reaktion: Beim Fehling-Test wird Cu+2 im alkalischen zu Cu+1 reduziert. Dabei wird ein Ausfallen von Cu(OH)2 verhindert, indem das Kupferion durch 2 Weinsäuremoleküle als tiefblauer Tartratokupfer(II)-Chelatkomplex in Lösung gehalten wird. Das durch Reduktion entstehende Cu(I) wird nicht komplexiert und fällt als rotes Cu2O aus. R-CHO + 2 Cu+2 + 4 OHReagenz : Fehling I: Fehling II: → R-COOH + Cu2O ↓ + 2 H2O wässrige Kupfer(II)sulfatlösung (17,3 g in 250 mL H2O) Lösung von 8,5 g Natriumkaliumtartrat (Seignette-Salz) und 2,5 g NaOH in 25 mL H2O Durchführung: Gleiche Volumina der beiden Fehlinglösungen I und II (je 2 mL) werden vereinigt. Dazu werden 2 - 3 Tropfen der Probe gegeben und das Gemisch wird zum Sieden erhitzt. Ergebnis: Es scheidet sich allmählich ein roter Niederschlag von Kupfer(I)oxid aus. Achtung: Der Test ist positiv bei aliphatischen Aldehyden, versagt allerdings bei manchen aromatischen Aldehyden. 2.9. Carbonsäuren und Sulfonsäuren Reaktion: Diese organischen Säuren wurden bereits bei den Löslichkeitstests erfasst: • Wenn sie gut oder auch nur mäßig wasserlöslich sind, ist die wässrige Lösung merkbar sauer (pH messen!). • Sie können die schwache Base HCO3- protonieren und setzen daher aus 5% NaHCO3-Lösung CO2 frei. In Wasser unlösliche Carbonsäuren lösen sich, wenn auch manchmal nur zögerlich. 2.10. Ester Ester sind durch die Löslichkeitstests nicht eindeutig erkennbar (nur etherlöslich); bei niedriger molarer Masse haben sie einen fruchtigen Geruch. a) Hydroxamsäuretest Reaktion: Ester, Lactone ("innere" Ester, d. h. die Veresterung hat zwischen der Carboxylgruppe und einer Alkoholfunktion desselben Moleküls stattgefunden) sowie Säureanhydride und Säurechloride reagieren mit Hydroxylamin im alkalischen unter Ausbildung von Hydroxamsäuren. Diese bilden mit FeCl3 einen farbigen Komplex. 15 Die eigene Probe darf dabei nicht selbst mit FeCl3 reagieren. Vor der Ausführung dieser Reaktion muss daher eine Vorprobe durchgeführt werden: etwas Probesubstanz wird in 1 mL Ethanol gelöst; es werden 0,5 mL 2 N HCl und anschließend 1 Tropfen 5% Eisen(III)chloridlösung zugefügt. Die Lösung darf sich nur gelb färben. Falls deutlich violette, blaue oder orange Färbungen (wodurch könnten solche verursacht werden?) auftreten, ist die Durchführung der Reaktion nicht sinnvoll. Reagenzlösungen: 0,5 N ethanolische Hydroxylaminhydrochlorid-Lösung; 5% wässrige FeCl3-Lösung. Durchführung: 1 Tropfen oder einige Kristalle der Probe werden mit 1 mL der NH2OH.HCl-Lösung versetzt und 0,2 mL 6 N NaOH zugegeben. Es wird ca. 1 Minute zum Sieden erhitzt und nach geringfügigem Abkühlen 1 mL 2 N HCl zugegeben (überprüfen Sie mit pH-Papier, dass die Lösung sauer ist, sonst fällt Eisenhydroxid aus!). Ein Tropfen 5% FeCl3Lösung wird zugegeben. Ergebnis: Bei Bildung der Hydroxamsäure sollte eine rote bis rotviolette Färbung auftreten. Achtung: Einige Ester (Kohlensäureester, Urethane, Chlorameisensäureester, Sulfonsäureester) geben diese Farbreaktion nicht. Andererseits reagieren auch Amide, Imide und aliphatische Nitroverbindungen. Deshalb ist der Test nur zuverlässig, wenn kein Stickstoff in der Probe vorhanden ist. Carbonsäuren können mit etwas Thionylchlorid in die Säurechloride umgewandelt und danach über den Hydroxamsäuretest nachgewiesen werden. b) Rojahn-Probe Reaktion: Ester (aber auch Amide) sind alkalisch verseifbare Verbindungen. Bei der Erwärmung mit alkoholischer NaOH-Lösung wird durch die Verseifungsreaktion NaOH verbraucht, die starke Base Hydroxylion wird durch die schwächere Base Carboxylation ersetzt. Der Nachweis erfolgt mittels pH-Indikator. R-COOR' + Na+ + OH- → R-COO- + Na+ + R'OH Reagenzlösungen: 0,1 N ethanolische NaOH-Lösung; Phenolphthaleinlösung (0,1 g Indikator in 100 mL Ethanol 70%). Durchführung: 0,1 g Substanz werden in 3 mL Ethanol gelöst, dann 3 Tropfen Phenolphthaleinlösung und gerade soviel NaOH-Lösung zugegeben, bis eine schwache Rotfärbung erkennbar ist. Dann erwärmt man auf dem Wasserbad bei 40°C ca. 5 Minuten. Ergebnis: Verschwindet die Rotfärbung, so war die Reaktion positiv, d.h. Hydroxylionen wurden verbraucht. Zur Sicherheit kann man nochmals etwas Natronlauge zugeben und erneut erwärmen. 2.11. Amine Hinweise auf Amine erhält man bereits aus dem Geruch, aus der Löslichkeit in Wasser (basischer pH) oder in verdünnter Salzsäure. 16 a) Carbylamin-Test (Isonitril-Test) Reaktion: In stark alkalischer Lösung reagiert Chloroform unter Verlust von HCl zu Dichlorcarben, das nur mit primären Aminen Isonitrile bilden kann: Reagenzlösung: 10%v wässrige NaOH. Durchführung: Wenig Probe wird in 2 mL Ethanol gelöst, mit 2 mL 10% NaOH und einigen Tropfen Chloroform versetzt und kurz zum Sieden erhitzt. Ergebnis: Bei Anwesenheit eines primären Amins tritt ein ekelhafter Geruch auf. Achtung: Die Durchführung der Reaktion und die nachfolgende Beseitigung der Reaktionsprodukte müssen unbedingt im Abzug erfolgen! Saure funktionelle Gruppen (etwa bei Aminosäuren) halten das Isonitril in der wässrigen Natronlaugelösung. Der Test ist dann nicht immer eindeutig. b) Hinsberg-Test Reaktion: Dieser Test erlaubt die Unterscheidung zwischen primären, sekundären und tertiären Aminen. Denn bei der Reaktion von 4-Toluensulfonsäurechlorid (= Tosylchlorid) mit Aminen in Gegenwart von wässrigem Alkali erhält man je nach Substrat folgende Ergebnisse: • Primäre Amine liefern zunächst ein wasserlösliches Salz; durch Ansäuern wird das entsprechende wasserunlösliche Sulfonamid freigesetzt. • Sekundäre Amine liefern gleich ein alkaliunlösliches Sulfonamid: • Tertiäre Amine reagieren nicht. Reagenzien: 10% wässrige NaOH; 4-Toluensulfonsäurechlorid. 17 Durchführung: 0,5 g des Amins werden mit 10 mL 10% Natronlauge versetzt. Portionsweise wird 1 g Tosylchlorid zugegeben. Am Wasserbad wird kurze Zeit erwärmt, bis der Geruch des Sulfonsäurechlorids verschwunden ist. Ergebnis: • Liegt nun praktisch eine homogene Lösung vor und fällt nach dem Ansäuern ein Niederschlag aus, so handelt es sich um das Sulfonamid eines primären Amins. • Bleibt ein nennenswerter Rückstand, so säuert man an: - Verschwindet der Rückstand, so liegt ein tertiäres Amin vor. - Löst sich der Rückstand nicht, so deutet dies auf das Vorliegen des Sulfonamids eines sekundären Amins hin. 2.12. Nachweis von Aminosäuren Sowohl im festen Zustand als auch in Lösung (Wasser) liegen die Aminosäuren in ihrer dipolaren Form vor (als Zwitterion oder "inneres Salz"). Aufgrund dieser Salzbildung sind Aminosäuren meistens in Wasser, jedoch nicht in Ether löslich. Da die Löslichkeit der zwitterionischen Form geringer ist als die von Carboxylatanionen oder von Ammoniumkationen, erhöht sich bei ihnen die Löslichkeit in verd. HCl wie auch in verd. NaOH im Vergleich zu Wasser. a) Carbylamin-Test (Isonitril-Test) α-Aminosäuren geben (wie alle primären Amine) einen positiven Carbylamintest. Der Geruch des gebildeten Isonitrils ist nicht immer eindeutig zu erkennen, da es in der wässrigen Lösung vom Carboxylation zurückgehalten wird (siehe Seite16). b) Kupfersulfat Reaktion: α-Aminosäuren bilden einen farbigen Komplex mit Kupfer(II)sulfat. Durchführung: Vereinigt man wässrige Lösungen von Kupfersulfat und Aminosäure, so entsteht eine tiefblaue Färbung Protokollieren Sie: Protokollieren Sie alle durchgeführten Tests in kurzen Worten in ihrem Laborjournal. Kommentieren sie die Testergebnisse nicht nur mit einem „positiv“ oder „negativ“, beschreiben Sie genau ihre Beobachtungen und notieren Sie ihre Schlussfolgerungen. Beachten sie mögliche Störreaktionen. Ergebnisse in das Ergebnisblatt eintragen. Formulieren sie eine charakteristische Nachweisreaktion spezifisch mit ihrer identifizierten Probe, nicht allgemein mit R oder Ar. 18 Theorie 1. Spektroskopische Methoden Ultraviolett-sichtbar- (UV-VIS), Infrarot- (IR), Kernresonanz- (NMR) und MassenSpektroskopie (MS) zählen zu den molekülspektroskopischen Methoden zur Strukturbestimmung unbekannter Verbindungen. UV-VIS-, IR- und NMR- Spektren erhält man durch Wechselwirkung der Moleküle mit elektromagnetischer Strahlung, Massenspektren nach Ionisierung der Moleküle durch Elektronenbeschuss. Liegt die Wellenlänge der elektromagnetischen Strahlung im ultravioletten bis sichtbaren Bereich (λ = 102 - 103 nm), so erhält man UV- oder Lichtabsorptionsspektren durch Anregung von Elektronen. Bei der IR-Spektroskopie werden längerwellige Strahlen (λ ca. 10 μm) verwendet; dabei werden Molekülschwingungen (und - rotationen) angeregt. Die bei der NMR- Spektroskopie verwendeten Wellenlängen liegen im Radio- (UKW-) Wellenbereich (λ = 1 - 10 m); hier werden Eigenschaften der Atomkerne (nicht wie oben der Elektronen) beeinflusst. Bei allen Methoden, bei denen elektromagnetische Strahlung verwendet wird, bleibt die Probe unzerstört. Im Gegensatz dazu wird bei der Massenspektroskopie die Probe durch Elektronenbeschuss ionisiert (und in der Folge großteils fragmentiert, also zerstört). Weitere Unterschiede der zu besprechenden Methoden liegen in der benötigten Probenmenge bei Routineaufnahmen. Für die Aufnahme eines 1H-NMR-Spektrums benötigt man 1 - 5 mg. Für IR-Spektren ist weniger als 1 mg erforderlich. Bei der Massenspektroskopie genügt bereits zwischen 1 μg und 1 ng. Der jeweilige Einsatz richtet sich nach der Problemstellung, der vorhandenen Probenmenge und natürlich nach der Verfügbarkeit der Geräte. Zur Strukturaufklärung unbekannter Verbindungen sind Kernresonanz- (vor allem die Kombination von 1H- und 13CNMR) und Massenspektroskopie am aussagekräftigsten. Das Vorhandensein bestimmter funktioneller Gruppen in einem Molekül ermittelt man sehr schnell und einfach durch Aufnahme des IR-Spektrums. 2. Infrarot (IR-) Spektroskopie 2.1. Allgemeines Die Energie der meisten Molekülschwingungen liegt im infraroten Bereich des elektromagnetischen Spektrums. Dieser schließt an den sichtbaren Bereich an. Die IRStrahlung wird auch als Wärmestrahlung bezeichnet, da sie als Wärme empfunden wird. Die für den organischen Chemiker nützlichen Schwingungen liegen in einem engen Wellenlängenbereich (mittleres Infrarot): Wellenlänge λ = 2,5 - 20 μm (1 μm = 10-6 m = 103 nm) 19 Die Molekülschwingungen werden über die Absorption von infraroter Strahlung beobachtet. Die Lage einer Absorptionsbande im IR-Spektrum wird üblicherweise über die reziproke Wellenlänge (die sogenannte Wellenzahl ν) in cm-1 angegeben: ν = 1/λ Einheit: cm-1 Der Zahlenwert der Wellenzahl ν gibt an, wie viele Wellen der IR-Strahlung auf einen Zentimeter kommen. Verwechseln Sie nicht die Wellenzahl ν mit der Frequenz ν (gebräuchliche Einheiten: s-1 oder Hz). Beide sind einander proportional durch die folgende Beziehung λ·ν = c ν = 1/λ = 1/c · ν c Lichtgeschwindigkeit (3·1010 cm·s–1) Wellenzahl = Frequenz / Lichtgeschwindigkeit Der normale Bereich eines IR-Spektrums liegt bei Wellenzahlen von 4000 bis 500 cm–1 (entsprechend λ 2,5 – 20 μm). Die charakteristischen Schwingungen von funktionellen Gruppen, die Gruppenfrequenzen, liegen in wohldefinierten Regionen des IR-Bereiches und können dadurch identifiziert werden. Diese Tatsache, verbunden mit unkomplizierten Aufnahmetechniken, macht die IR-Spektroskopie zum einfachsten und oft auch schnellsten Mittel, um eine Substanz ihrer Verbindungsklasse zuzuordnen. Meist lässt sich schon auf den ersten Blick entscheiden, ob ein Alkohol, ein Aldehyd, eine Carbonsäure, eine aliphatische oder eine ungesättigte Verbindung vorliegt. Bei genauer Betrachtung von Lage und Intensität einzelner Banden lassen sich noch detailliertere Aussagen machen (z.B. über den Substitutionstyp eines Aromaten, über das Vorliegen von Carbonsäure-, -ester- oder -amidfunktionen u. ä.). Außerdem stehen uns heute zahlreiche Sammlungen von Vergleichsspektren zur Verfügung. 2.2. Auswahlregeln und IR-Spektrum Die Intensität einer IR-Absorption ist proportional der Änderung des elektrischen Dipolmoments während der entsprechenden Schwingung. Für Valenzschwingungen (das sind Schwingungen von Bindungspartnern in Bindungsrichtung) gilt daher, dass die Intensität der Absorption umso größer ist, je höher die Polarität der betroffenen Bindung ist. Für Valenzschwingungen zweiatomiger Moleküle gilt näherungsweise das Hooksche Gesetz, das für die harmonische Schwingung zweier durch eine Feder verbundene Kugeln abgeleitet wurde: 1 2 . c K μ m1, m2 Lichtgeschwindigkeit Kraftkostante (Maß für die Bindungsstärke) reduzierte Masse Massen der Bindungspartner Dieses Gesetz kann mit Erfolg zum Verständnis der Lage von Valenzschwingungen zweiatomiger Strukturelemente herangezogen werden. Danach steigt die Wellenzahl dieser Schwingungen mit steigender Bindungsstärke zwischen den Atomen und mit abnehmenden Atommassen. Moleküle mit n Atomen besitzen (3 n - 6) verschiedene Schwingungen, an denen im Prinzip alle Atome beteiligt sind. Einige dieser Schwingungen sind jedoch in erster Näherung auf einzelne Bindungen oder funktionelle Gruppen beschränkt (lokalisierte Schwingungen). Dazu zählen vor allem: 20 ν = Valenzschwingungen (auch Streckschwingungen genannt), dabei verändern sich nur die Bindungslängen; δ = Deformationsschwingungen (auch Beugeschwingungen genannt); dabei verändern sich Bindungswinkel. Die Wellenzahlen (Frequenzen) der Deformationsschwingungen sind etwa halb so groß wie die der zugehörigen Valenzschwingungen. Andere Schwingungen, besonders solche, an denen viele Atome beteiligt sind (Gerüstschwingungen) verursachen Absorptionsbanden mit noch tieferen Frequenzen. Bei Vorliegen von sehr intensiven Banden können auch „Oberschwingungen“ auftreten, im Spektrum sichtbar als wenig intensive Signale bei der doppelten Wellenzahl der Grundschwingung. Das IR-Spektrum ist heute meist ein Diagramm mit der Wellenzahl ν (cm-1) als Abszisse und „%-Transmission" als Ordinatenmaßstab. Es gilt . 100 T I0 I Transmission Intensität ohne bzw. mit Probe im Strahlengang Bei Zweistrahlgeräten werden I (Probenstrahl) und Io (Referenzstrahl) simultan gemessen, bei Einstrahlgeräten werden I und Io (mit und ohne Probe im Strahlengang) getrennt gemessen; die Quotientenbildung erfolgt via Computer. Die Intensität der Schwingungen wird bei der Interpretation nur qualitativ angegeben, wie z.B. als starke, mittelstarke oder schwache Bande. Für quantitative IRBestimmungen kann das Lambert-Beersche Gesetz angewendet werden: A log ε c d Absorbance Extinktionskoeffizient Konzentration (mol . L-1) Schichtdicke (cm) 2.3. Probenbereitung Man kann IR-Spektren von festen, flüssigen und gasförmigen Substanzen sowie von Lösungen aufnehmen. Die Wahl der geeigneten Methode richtet sich nach der Beschaffenheit und den physikalischen Eigenschaften der Probe. Die gewählte Messmethode muss auf dem IR-Spektrum angegeben werden. a) Als Flüssigkeit Ein Tropfen einer Flüssigkeit wird zwischen NaCl-Platten gepresst (durchlässig im Bereich 4000 bis 600 cm–1). Störend sind bei dieser Methode höhere Wassergehalte, da durch sie die Oberfläche der NaCl-Platten beschädigt wird. b) Messungen in Lösung Die Verbindung wird z.B. in CCl4 oder CHCl3 gelöst und in eine spezielle NaCl-Zelle (0,1 bis 1 mm innere Weite) eingefüllt. Eine zweite Zelle gleicher Dicke, die nur Lösungsmittel enthält, wird als Referenz benötigt. Die Kompensation ist nur in jenen Bereichen möglich, in denen das Lösungsmittel selbst nicht mehr als 90% der Strahlung absorbiert. c) Im festen Zustand Messung als Suspension in Öl: Dabei wird wenig Festsubstanz mit einem Tropfen Paraffinöl (Nujol ®) in einem Achatmörser fein zerrieben und die entstandene Paste dann zwischen zwei NaCl-Platten blasenfrei gepresst. 21 Messung als KBr-Pressling: Bei dieser Technik wird die Substanz mit der 10-100-fachen Menge Kaliumbromid in einer Reibschale vermischt und anschließend in einer hydraulischen Presse unter Vakuum zu einer durchsichtigen, glasartigen Pille gepresst. KBr ist allerdings hygroskopisch (→ schwache OH-Bande bei 3450 cm–1). Siliziumscheibe: Die Substanz in einem geeigneten Lösungsmittel gelöst wird auf eine Siliziumscheibe gebracht; nach Abdampfen des Lösungsmittels bleibt ein dünner Substanzfilm (~1 μm) zurück. Die Subtraktion des Si-Spektrums erfolgt wieder rechnerisch. d) ATR-Technik (abgeschwächte Totalreflexion) Bei modernen IR-Spektrometern ist ATR mittlerweile die Standardmethode. Die Probe wird auf die Oberfläche eines Kristalls aufgebracht. Der IR-Strahl wird durch diesen Kristall (= Medium mit hohem Brechungsindex) auf die Probe (= niedrigerer Brechungsindex) gelenkt, dringt endlich in die Probe ein und wird wieder total zurückreflektiert. Der Vorteil dieser Technik ist, das die Probe ohne jede weitere Vorbereitung direkt auf den Kristall aufgebracht wird, egal ob als Pulver, als Flüssigkeit, als Film oder auch halbfest. Verwendet wird ein Diamantkristall, der natürlich entsprechend unempfindlich gegen mechanisches Zerkratzen und zusätzlich chemisch inert ist. 2.4. Charakteristische Gruppenfrequenzen Betrachtet man die Infrarotspektren einer genügenden Anzahl von Verbindungen, die dieselben Strukturmerkmale enthalten, so stellt man fest, dass gleiche Bindungstypen immer im gleichen Spektralbereich absorbieren, das dieser Bereich also für die betreffende Gruppe charakteristisch ist. Für die Interpretation des IR-Spektrums einer Verbindung ist vor allem der (bandenarme) Bereich zwischen 1300 bis 4000 cm–1 wichtig. Mit Hilfe der charakteristischen Gruppenfrequenzen (siehe Tabelle) lässt sich zumeist die An- oder Abwesenheit der wichtigsten funktionellen Gruppen ermitteln, einschließlich der Art des Kohlenstoffgerüsts (gesättigt oder ungesättigt). Unterhalb von 1300 cm–1 werden die Spektren zunehmend komplexer, und Zuordnungen von Absorptionsbanden zu Strukturelementen sind nur mehr bedingt möglich. Dieser "fingerprint"-Bereich ist aber insofern wertvoll, als er sich insgesamt wie ein Fingerabdruck zur Identifizierung eines Moleküls eignet. Für die wichtigsten Substanzklassen sind im Folgenden charakteristische Gruppenschwingungen angeführt. Beschränken Sie sich bei der Interpretation ihres Spektrums in erster Linien auf die wenigen fett hervorgehobenen Banden. a) Alkane ν C-H nahe aber knapp unter 3000 cm-1, mittel bis stark Bis zu vier intensive Banden für diese gesättigte C-H-Streckschwingung können beobachtet werden, nämlich jeweils eine asymmetrische und eine symmetrische für CH2und CH3-Gruppen. Für Methylgruppen ist häufige eine mittlere bis schwache, aber scharfe δ-Bande bei ~1375 cm-1 zu sehen (symmetrische Deformationsschwingung). b) Alkene ν C−H nahe aber knapp über 3000 cm-1, mittel bis stark Die ν C=C gibt eine mittlere bis schwache Bande bei ~1650 cm-1. c) Alkine ν C−H 3300 cm-1, mittel bis stark Die ν C≡C ist eine schwache, scharfe Bande bei ~2220 cm-1. 22 d) Aromaten ν C−H nahe aber knapp über 3000 cm-1, mittel bis stark Die ν C=C gibt zwei Banden mit variabler Intensität bei ~1600 (nur bei nicht symmetrisch substituierten Aromaten) und bei ~1500 cm-1. Zwischen 1700 und 2000 cm-1 gibt es Obertöne, die charakteristisch für unterschiedliche Substitutionstypen sind. Die unterschiedlichen Kohlenstoffgrundgerüste liefern also selbst bereits charakteristische Anhaltspunkte im IR-Spektrum, z.B. zeigen gesättigte Verbindungen keine Signale über 3000 cm-1. Die volle Stärke der IR-Spektroskopie kommt aber bei den funktionellen Gruppen zum Tragen. e) Nitrile ν C≡N 2250 cm-1, scharf, mittel bis schwach f) Alkohole ν O−H 3350 ± 150 cm-1, intensiv und breit Ist die O-H Gruppe frei, d.h. nicht über Wasserstoffbrücken zu Nachbarmolekülen assoziiert, ist diese O-H-Valenz zu höheren Wellenzahlen verschoben (~3600 cm–1) und scharf, die über H-Brücken assoziierten O-H geben eine breite Bande bei ~3300 cm–1. Da es sich um intermolekulare H-Brücken handelt, ist das Erscheinungsbild konzentrationsabhängig. Bei stärkerer Verdünnung wächst die freie Bande, bei Erhöhung der Konzentration wächst die assoziierte Bande. Das ist typisch für ν O−H-, auch für ν N−H. Als weitere Bande wäre die ν C−O zwischen 1050 – 1150 cm-1 zu erwähnen. g) Amine ν N−H 3390, 3290 cm-1, schwach Primäre Amine zeigen beide, sekundäre nur eine, tertiäre keine N−H-Valenzschwingung. Die genaue Lage ist wiederum konzentrationsabhängig. h) Aldehyde ν C=O 1730 cm-1, sehr intensiv Diese Carbonylschwingung ist allgemein sicher eine der charakteristischsten IRBanden und wird bei den folgenden Funktionalitäten ebenfalls die wichtigste Rolle spielen. Konjugation erniedrigt die Wellenzahl etwas, z.B. Benzaldehyd 1700 cm-1. Da sie sehr intensiv ist, sieht man fallweise auch die Oberschwingung beim doppelten Zahlenwert. Eine kombinierte C−H-Streck-/Beugeschwingung für Aldehyde liegt bei 2730 cm-1, typisch für die CHO-Gruppe. i) Ketone ν C=O 1715 cm-1, sehr intensiv Auch hier erniedrigt Konjugation die Wellenzahl, z.B. Benzophenon 1660 cm-1. j) Carbonsäuren ν C=O 1715 cm-1, sehr intensiv ν O−H ~3000 cm-1, sehr breit; antisymmetrische Streckschwingung des Dimers; Die Carbonsäuren vereinigen also die IR-Charakteristika von Carbonyl- und Alkoholgruppe. Konjugierte Carbonsäuren liefern wiederum kleinere Wellenzahlen für die ν C=O, z.B. 1690 cm-1 für Benzoesäure. Häufig sieht man auch eine mittel bis schwach intensive, breite Bande bei 935 ± 15 cm-1, eine δ O−H Schwingung aus der Ebene (out of plane) für das Säuredimer. k) Ester ν C=O 1740 cm-1, sehr intensiv Konjugation erniedrigt wiederum den Wert dieser Schwingung (z.B. 1720 cm-1 Benzoesäureester). Intensiv sind weiters zwei v C−O, bei 1200 ± 30 cm-1 für die ν C−O auf der Säureseite und bei 1040 ± 30 cm-1 für die ν C−O auf der Alkoholseite. 23 2.5. Übersicht wichtige IR-Gruppenfrequenzen Wellenzahl ν [cm-1] Wellenlänge λ [μm] 2.6. Tabelle wichtige IR-Gruppenfrequenzen Wellenzahl (cm–1) 3640 – 3610 3500 – 3200 3550 – 3350 3500 – 3100 3300 – 2500 3300 – 3270 3100 – 3000 3000 – 2800 2830 – 2695 2260 – 2210 2260 – 2100 1760 – 1660 1840 – 1780 1760 – 1690 1750 – 1735 1740 – 1720 1730 – 1715 1715 1710 – 1665 1680 – 1630 1680 – 1640 1600 – 1585 1500 – 1400 1650 – 1620 1570 – 1510 1380 – 1370 1290 – 1050 950 – 910 900 – 700 ν O-H (frei) ν O-H (assoziiert) ν N-H (frei) ν N-H (assoziiert) ν O-H ν ≡C-H ν =C-H ν C-H ν C-H ν C≡N ν C≡C ν C=O ν C=O ν C=O ν C=O ν C=O ν C=O ν C=O ν C=O ν C=O ν C=C ν C=C ν C=C δ N-H δ N-H δ -CH3 ν C-O δ O-H δ C-H Schwingungstyp Bandenform Verbindungen stark / scharf stark / breit mittel mittel / breit mittel / sehr breit stark / scharf mittel – stark mittel – stark mittel variabel schwach stark stark stark stark stark stark stark stark stark mittel – schwach mittel – schwach mittel – schwach mittel mittel - schwach mittel - schwach stark mittel / breit stark Alkohole, Phenole Alkohole, Phenole prim. (2 Banden), sek. Amine und Amide prim., sek. Amine und Amide Carbonsäuren terminale Alkine Aromaten, Olefine Alkane Aldehyde Nitrile Alkine Carbonylverbindungen allgemein Carbonsäureanhydride (2 Banden) Carbonsäuren gesättigte Ester gesättigte Aldehyde α,β-ungesättigte Ester gesättigte Ketone α,β-ungesättigte Aldehyde und Ketone Amide (Amidbande I) Alkene Aromaten Aromaten prim. Amine, Amide (Amidbande II) sek. Amine, Amide (Amidbande II) Alkane Ether, Alkohole, Ester Carbonsäuren Aromaten 24 2.7. Beispiel IR-Spektroskopie für Synthese Kontrolle Als Beispiel für die Anwendung der IR-Spektroskopie sei die Verfolgung der Synthese von Acrylsäureethylester in drei Schritten ausgehend von 2-Chlorethanol angeführt: Das IR-Spektrum des 2-Chlorethanols (a) weist außer den C-H- und den Gerüstschwingungen typische Banden für die Hydroxylgruppe (assoziierte ν O-H bei 3360 cm–1, ν C-O bei 1080 cm–1) und die C-Cl-Bindung (ν C-Cl bei 663 cm–1) auf: Durch Umsetzung mit Kaliumcyanid erhält man das 3-Hydroxypropionitril (b). Im IRSpektrum sind alle für die Hydroxygruppe typischen Banden noch vorhanden. Die ν C-Cl ist verschwunden. Die neue scharfe Bande bei 2252 cm–1 entspricht der ν C≡N: Das aus dem Hydroxypropionitril durch Wasserabspaltung entstehende Acrylsäurenitril (c) zeigt ein wesentlich verändertes IR-Spektrum. Die für die Hydroxygruppe typischen Banden sind verschwunden. Es treten nun Banden auf, die für das Strukturelement CH2=CH- (Vinylgruppe) typisch sind: knapp über 3000 cm–1 (ν C-H ungesättigter Verbindungen) und 1620 cm–1 (ν C=C). Die ν C≡N ist durch den Einfluss der Konjugation mit der C=C-Doppelbindung auf 2230 cm–1 erniedrigt: 25 Durch Alkoholyse erhält man aus dem Säurenitril schließlich den Acrylsäureethylester (d). Er zeigt die für die Estergruppierung typischen Banden bei 1735 cm–1 (ν C=O) und 1205 cm–1 (ν C-O). Die ν C≡N ist nicht mehr vorhanden, die für die Vinylgruppe typischen Banden sind erhalten geblieben: 3. Qualitative Organische Analyse 3.1. Allgemeines Die qualitative organische Analyse beginnt in der Regel mit der Isolierung reiner Substanzen aus einem Substanzgemisch. Zur Trennung eines solchen Gemisches stehen die klassischen physikalischen Methoden der Destillation, der Kristallisation, der Sublimation und der selektiven Lösung zur Verfügung. Bei letzterer wird durch ein bestimmtes Lösungsmittel eine Substanz (oder auch eine Gruppe von Substanzen mit ähnlichen Eigenschaften) selektiv aus einem Substanzgemisch herausgelöst. Die Möglichkeiten, auf diese Weise auch organische Verbindungen (die ja zumeist schlecht oder praktisch nicht wasserlöslich sind) mit Wasser selektiv zu lösen, werden beträchtlich erweitert, wenn bestimmte funktionelle Gruppen solcher Verbindungen durch einfache und umkehrbare Reaktionen in ionische Gruppen umgewandelt werden können. Dies geschieht zumeist durch Salzbildung, z.B. bei Carbonsäuren durch Überführung in die Carboxylate, oder bei Aminen die Bildung von Ammoniumsalzen. Die vorher in Wasser nicht löslichen Verbindungen werden so überwiegend hydrophil und damit wasserlöslich. Die vier Methoden erlauben bei wohldurchdachter, sinngemäßer Anwendung in der Regel eine Trennung eines Gemisches organischer Substanzen. Jedoch ist die Anwendung eines allgemeingültigen Schemas (etwa wie in der anorganischen Analytik ein Trennungsgang mit einer festgelegten Aufeinanderfolge bestimmter Operationen) hier nicht möglich. Die Entscheidung über die Reihenfolge von Einzeloperationen muss sich erst aus Beobachtungen über das Verhalten bei den einzelnen experimentellen Tests ergeben. Neben den vier klassischen Methoden zur Gemischauftrennung stehen heute auch sehr leistungsfähige chromatographische Trennmethoden zur Verfügung. Diese wie auch die klassischen Trennmethoden werden in den späteren Abschnitten noch ausführlich behandelt. Nachdem ein Substanzgemisch aufgetrennt wurde, müssen die Komponenten identifiziert werden. Dabei interessiert zunächst die Frage, welche chemischen Elemente (neben Kohlenstoff und Wasserstoff, die ja jedenfalls in organischen Substanzen vorliegen) in einer Verbindung enthalten sind (qualitative Elementaranalyse) bzw. welchen Anteil an der Masse der Verbindung diese Elemente jeweils haben. 26 3.2. Elementaranalyse Durch Aufschluss mit Natriummetall (als Alkalielement stellt es sein Außenelektron gerne zur Verfügung) werden die Heteroelemente in den organischen Verbindungen in anorganische Anionen umgewandelt, die dann einzeln nachgewiesen werden können: organische Verbindung enthält: metall.Na nachweisbare Anionen: CN–, S2–, Cl–, Br–, I– C, H, O, N, S, Cl, Br, I Sauerstoff wird damit nicht direkt nachgewiesen. Das kann nur über die entsprechenden Nachweistests auf O-enthaltende funktionellen Gruppen oder spektroskopisch erfolgen. Für den Aufschluss gibt man wenig Probe in ein Aufschlussröhrchen. Ein Stück Natriumdraht wird in das schräg gehaltene Glühröhrchen eingeschoben, dass er etwa im unteren Drittel des Röhrchens zu liegen kommt. Über einer kleinen Brennerflamme wird das Natrium zum Schmelzen gebracht. Durch kurzes Senkrechtstellen des Röhrchens lässt man das geschmolzene Natrium zur Probensubstanz fließen. Anschließend erhitzt man das Röhrchen zur dunklen Rotglut und wirft es im glühenden Zustand in einen Erlenmeyerkolben gefüllt mit dest. Wasser. Das Glühröhrchen zerspringt; die Aufschlusslösung wird von den Rückständen (Scherben, Kohleteilchen) abfiltriert, und mit dem Filtrat werden die Nachweise auf S, N und Halogene durchgeführt. Es muss ein Überschuss an Natrium verwendet werden, da sich bei gleichzeitiger Anwesenheit von S und N Thiocyanation (SCN–) bilden kann, das mit Fe3+ eine Rotfärbung ergibt (Störung des N - Nachweises). Da Sulfid- und/oder Cyanidionen die Nachweise von Chlorid, Bromid und Iodid stören, wird zuerst auf ihr Vorliegen geprüft. a) Nachweisreaktionen für Schwefel Ursprünglich kovalent gebundener Schwefel liegt in der alkalischen Aufschlusslösung als Sulfid vor. Dieses lässt sich einmal durch eine Farbreaktion mit NitroprussidNatrium nachweisen: +2 Na2 [Fe(CN)5NO] → + Na2S +2 Na4 [Fe(CN)5NOS] In diesem Reagens ist der NO-Ligand positiv: |N ≡ O+|. Zur alkalischen Aufschlusslösung wird ein Tropfen einer 1% Nitroprussid-Natriumlösung gegeben. Bei Anwesenheit von Sulfid färbt sich die Lösung schlagartig violettrot. Allerdings verschwindet diese Färbung allmählich. Die zweite Möglichkeit ist die Niederschlagsbildung mit Bleiacetat. Nach Ansäuern der Aufschlusslösung fällt nach Zugabe einiger Tropfen von 5% Bleiacetatlösung bei Anwesenheit von Sulfid schwarzes Bleisulfid aus: Na2S + Pb(OAc)2 → PbS ↓ + 2 NaOAc b) Nachweisreaktion für Stickstoff (Lassaigne-Test) Zur alkalischen Aufschlusslösung wird Eisen(II)sulfat zugefügt: 2+ FeSO4 + 6 NaCN → 2+ Na4 [Fe(CN)6] + Na2SO4 27 Dann wird kurz aufgekocht. Durch den zutretenden Luftsauerstoff wird ein Teil des grau-grünen Eisen(II)hydroxid-Niederschlags zu braunem Eisen(III)hydroxid oxidiert. Nach dem Abkühlen wird mit verdünnter Schwefelsäure angesäuert, bis sich die Niederschläge lösen. Bei Anwesenheit von Cyanid entsteht eine blaue Färbung. Bei längerem Stehen scheidet sich dann ein blauer Bodensatz von Berliner Blau ab: 2+ 3+ 3 Na4[Fe(CN)6] + 2 Fe2(SO4)3 → +3 2+ Fe4 [Fe(CN)6]3 ↓ + 6 Na2SO4 c) Nachweisreaktionen für Halogene (Cl, Br, I) Sind in der Aufschlusslösung CN– und/oder S2–-Ionen vorhanden, so stören diese den Silbernitratnachweis der Halogene. Cyanid als Pseudohalogenid bildet einen weißen AgCN-Niederschlag, der in verdünnter HNO3 unlöslich ist (löslich in NH3). Sulfid bildet schwarzes, sehr schwer lösliches Ag2S. Aus diesem Grunde müssen diese Ionen vor dem Fällungstest mit AgNO3 entfernt werden durch Ansäuern mit HNO3 und Aufkochen. Die recht schwachen Säuren HCN und H2S liegen dann undissoziiert vor und werden als flüchtige Gase ausgetrieben. Die Prüfung auf Halogenide erfolgt (nach Ansäuern mit verdünnter HNO3) mit Silbernitratlösung. Vorhandene Halogenide werden als Silberhalogenide gefällt: AgCl AgBr AgI weißer, käsiger Niederschlag schwach gelblicher Niederschlag gelber, käsiger Niederschlag die Niederschläge dunkeln am Licht (kolloidales Silber) Sind alle Halogenide in der Aufschlusslösung anwesend, kann man allein aus der Farbe des Niederschlags nicht auf die Art des Halogens schließen. Die Löslichkeit der Silberhalogenide steigt aber vom AgI über AgBr zum AgCl stark an. AgCl geht mit 5% Ammoniumcarbonat- als Komplexsalz [Ag(NH3)2]+Cl- in Lösung. Beim Ansäuern der Lösung mit verd. HNO3 wird der Komplex zerstört, und AgCl fällt wieder vollständig aus. Man beobachtet beim Ansäuern eine Gasentwicklung. Wodurch kommt sie zustande? AgBr geht mit konz. Ammoniaklösung als Komplexsalz [Ag(NH3)2]+Br- in Lösung. Beim Ansäuern mit verd. HNO3 fällt durch Zerstörung des Komplexes AgBr wieder aus. AgI bleibt nach dem Behandeln mit konz. NH3 als gelber Rückstand zurück Ein weiterer Test auf Br- und I- ist die Umsetzung mit Chlor. Chlor ist ein stärkeres Oxidationsmittel als Iod oder Brom. Es wird also Iodid- oder Bromidionen oxidieren und dabei selbst zum Chlorid reduziert. Die entstehenden Halogene Iod und/oder Brom bilden mit CHCl3 färbige Lösungen: Iod violett, Brom braun. 2 I- + Cl → I + 2 Cl2 2 Setzt man die Chlorwasserzugabe weiter fort, so verschwindet die Färbung wieder; Iod wird zum farblosen Iodat oxidiert: I2 + 5 Cl2 + 18 H2O → 2 IO3- + 10 Cl- + 12 H3O+ Falls Br- (ebenfalls) in der Lösung vorhanden ist, tritt (jetzt) eine (je nach Konzentration) gelbbraune bis rotbraune Färbung der organischen Phase auf: 2 Br- + Cl → Br + 2 Cl2 2 Mit überschüssigem Chlorwasser entsteht gelbes BrCl; diese Farbe ist kaum von der Gelbfärbung durch Cl2 selbst unterscheidbar: Br2 + Cl2 → 2 BrCl 28 3.3. Allgemeines zum Lösungsverhalten Wasser hat eine hohe Dielektrizitätskonstante, eine große Wasserstoffbrückenbindungsfähigkeit, kann sowohl als Säure als auch als Base wirken und ist ein gutes Lösungsmittel für Salze und andere polare, aber ein schlechtes für unpolare Substanzen. Diethylether hat eine niedrige Dielektrizitätskonstante, ist nicht assoziiert und eine nur sehr schwache Base. Dadurch ist er ein gutes Lösungsmittel für unpolare Substanzen. Allgemein lässt sich sagen: Polare Lösungsmittel lösen nur polare Substanzen bereitwillig, unpolare hingegen nur unpolare Verbindungen. Viele organische Verbindungen haben einen polaren und einen nicht polaren Strukturanteil; demzufolge hängt die Löslichkeit vom Verhältnis dieser beiden Anteile ab. Wenn der Kohlenwasserstoffanteil ansteigt, nähert sich die Eigenschaft der Verbindung der des Kohlenwasserstoffs, von dem sie sich ableitet, d.h. die Etherlöslichkeit wird zu- und die Wasserlöslichkeit abnehmen. Wenn umgekehrt die Zahl der polaren Gruppen zunimmt, wird die Wasserlöslichkeit größer werden. So sind z.B. Ethyl- und 1-Propylalkohol vollständig in Wasser wie in Ether löslich (mischbar), dagegen sind Ethylenglycol und Glycerin sehr gut in Wasser löslich, aber fast unlöslich in Ether. Die Löslichkeit einer Festsubstanz hängt auch vom Aggregationszustand im Kristallverband ab. Diese molekulare Aggregation im Festkörper spiegelt sich einigermaßen in der Lage des Schmelzpunkts wieder. Je höher der Schmelzpunkt, umso höher sind die intermolekularen kohäsiven Kräfte. Es muss also vermehrt Energie zugeführt werden, um sie zu überwinden. Folglich lösen sich diese hochschmelzenden Verbindungen auch schlechter in inerten Lösungsmitteln. Harnstoff etwa (Fp.: 132°C) ist in Wasser sehr gut, Oxalsäurediamid (Fp.: 420°C) hingegen nur wenig löslich. Diese Feststellung gilt nicht für Salze; sie dissoziieren als ionische Verbindungen in wässriger Lösung, sind also für gewöhnlich sehr gut löslich. Bei Flüssigkeiten spiegeln sich die intermolekularen Kräfte im Siedepunkt wider. Verzweigungen der Kohlenwasserstoffkette in einer isomeren Verbindungsreihe (z.B. den Alkoholen) verringern die intermolekularen Kräfte und senken dadurch den Siedepunkt. Entsprechend sind verzweigte Alkohole auch in Wasser besser löslich als die geradkettigen Isomere. Eine Erhöhung des Molekulargewichts führt auch zu einem Anwachsen der zwischenmolekularen Kräfte im Festkörper. Polymere und Verbindungen mit hohem Molekulargewicht zeigen im Allgemeinen geringe Wasserlöslichkeit: Glukose ist in Wasser sehr gut löslich, während die Polysaccharide Stärke, Cellulose und Glykogen unlöslich sind. 29 3.4. Übersicht wichtige Stoffklassen in der Organischen Chemie Alkene (Olefine) Heteroaromaten Aromaten Alkine R R R R E- bzw. Z-Alkene Diene u. Polyene Halogenalkane (Alkylhalogenide) R X R R X R R OH R R OH R OH Diole und Polyole OH R cycl. Ether Amine O O R R OH tert. sek. prim. tert. X = F, Cl, Br, I O Pyrrol R R R sek. prim. Ether Pyridin ... Alkohole R X N H ... R = allgemeiner Rest R Naphtalin z.B. Benzen N R R NH2 n R R N R R R NH tert. sek. prim. Epoxide Carbonylverbindungen und Derivate O O R H R Aldehyd R RO OH RO OR R R H(R) Halbacetal Keton Kohlenhydrate HO HO HO ... H(R) Acetal HO O OH Glucose NHR NR OR R H(R) Enolether R N R(H) R R(H) ... Hydrazon Imin Carboxylverbindungen und Derivate O O OH R R O O O R CarbonSäure CarbonSäureanhydrid O O R O Ester R R Amid R(H) N R(H) R X ... CarbonSäurehalogenid X = Cl, Br R C N Nitril ... Aminosäuren O R OH NH2 ... 30 a) Alkohole Einwertige Alkohole besitzen eine OH-Gruppe an einem aliphatischen Kohlenstoff. Ist dieser Kohlenstoff nur an ein C gebunden (restliche Bindungen zu H), so ist er primär und es handelt sich um einen primären Alkohol. Bindung des OH-tragenden C an zwei C und ein H → sekundärer Kohlenstoff → sekundärer Alkohol; drei C, kein H → tertiärer Kohlenstoff → tertiärer Alkohol. Bindung der OH-Gruppe an ein olefinisches C bedeutet Zugehörigkeit zur Verbindungsklasse der Enole → tautomere Formen von Aldehyden oder Ketonen. Enole sind zumeist nicht stabil; überwiegend liegt die Carbonylverbindung vor. Durch eine Veretherung dieser OH entstehen stabile Enolether. Bei Bindung der OH-Gruppe an ein aromatisches Kohlenstoffatom liegen Phenole vor. Phenole haben im Vergleich zu Alkoholen stark unterschiedliches Reaktionsverhalten und sollten nicht als "aromatische Alkohole" aufgefasst werden. Aromatische Alkohole (z.B. Benzylalkohol) haben die OH-Gruppe an einer Seitenkette eines aromatischen Rings. Zweiwertige Alkohole besitzen zwei OH-Gruppen an unterschiedlichen aliphatischen C-Atomen. Zwei OH-Gruppen am gleichen C kann man als Produkt der Addition von Wasser an die C=O-Doppelbindung von Aldehyden oder Ketonen (→ Aldehyd-, Ketonhydrat) auffassen. Derartige Verbindungen sind zumeist nicht stabil (Erlenmeyer-Regel) und bilden die entsprechende Carbonylverbindung. Ausnahmen sind z.B. Chloralhydrat oder Ninhydrin. Wiederum können durch Veretherung stabile Halbacetale (eine OH verethert) bzw. Acetale (beide OH verethert) entstehen. Sind die zwei OH-Gruppen an benachbarten C-Atomen, so spricht man von vicinalen Diolen oder Glykolen (nach der Stammverbindung, dem 1,2-Ethandiol oder Glykol). Dreiwertige Alkohole haben drei OH-Gruppen an unterschiedlichen Kohlenstoffen. Höher- (oder mehr-) wertige Alkohole haben mehr als eine OH-Gruppe an unterschiedlichen aliphatischen C-Atomen im Molekül. b) Amine Die Nomenklatur für Amine unterscheidet sich von der der Alkohole. Primär, sekundär und tertiär bedeutet hier Ersatz eines, zweier oder aller drei Wasserstoffe des Ammoniaks durch Alkyl- oder Arylreste. Die Verbindung (CH3)3CNH2 ist also ein primäres Amin, obwohl der Stickstoff an ein tertiäres Kohlenstoffatom gebunden ist. c) Carbonyl- und Carboxylverbindungen Carbonylverbindungen haben die funktionelle Gruppe >C=O. Carbonylverbindungen im engeren Sinn haben an den freien Bindungen des Carbonylkohlenstoffs entweder 2 Kohlenstoffe (aliphatisch oder aromatisch) → Ketone, oder einen Kohlenstoff (aliphatisch oder aromatisch) und einen Wasserstoff → Aldehyde. Aldehyde lassen sich durch ihre Oxidierbarkeit zu den entsprechenden Carbonsäuren von den Ketonen unterscheiden. 31 Bei Bindung anderer Atome am Carbonylkohlenstoff erhält man Carboxylverbindungen, die Eigenschaften dieser Verbindungen sind völlig anders: z.B. Sauerstoff → Carbonsäuren, Carbonsäureester; Halogen → Carbonsäurehalogenide; Stickstoff → (Carbonsäure-)Amide. O R O O O R Carbonsäureanhydrid R Carbonsäurehalogenid O O R X OR' Carbonsäureester R C N Nitril (Alkylcyanid) R N H R' Carbonsäureamid ... 32 Fragen 1. Wie wird die "Beilsteinprobe" durchgeführt? Welche Aussagen können je nach Ergebnis gemacht werden? 2. Wozu dient der Natriumaufschluss? 3. Wie lassen sich Heteroelemente in einer organischen Verbindung nachweisen (Reaktionsformeln angeben)? 4. Weshalb müssen vor dem Halogennachweis mit Silberionen Cyanid- und/oder Sulfidionen abgetrennt werden? Wie geschieht das? 5. Nennen Sie Substanzklassen, die einen typischen Geruch aufweisen. 6. Wovon hängt die Löslichkeit einer Substanz ab? Welche Rückschlüsse lassen sich aus der Löslichkeit ziehen? 7. Welche Strukturmerkmale begünstigen die bevorzugte Löslichkeit in a) Ether b) Wasser? 8. Nennen Sie eine Verbindungsklasse, die Löslichkeit in 5% NaOH, nicht aber in 5% NaHCO3-Lösung zeigt. Begründen Sie dieses Verhalten! 9. Nennen Sie eine wichtige Verbindungsklasse, bei der die Löslichkeit beim Übergang von Wasser zu 5% HCl und auch zu 5% NaOH zunimmt! Begründen Sie dieses Verhalten! 10. Erklären Sie, wieso die Löslichkeit bestimmter organischer Verbindungen durch den pH-Wert beeinflusst werden kann! 11. Welche Indizien deuten auf eine C-C-Mehrfachbindung hin (Reaktionsformeln)? 12. Geben Sie an, wie Sie zwischen einer Carbonsäure, einem Aldehyd und einem primären Alkohol unterscheiden würden! 13. Welche Alkohole sind in Wasser vollständig (d.h. in beliebig hoher Konzentration) oder sehr gut löslich? Begründen Sie diesen Sachverhalt! 14. Wie kann man zwischen primären, sekundären und tertiären Alkoholen unterscheiden (Reaktionsgleichungen und Erklärungen des jeweiligen Versuchsverlaufs für je einen Vertreter)? 15. Wie können Sie mittels einer chemischen Testreaktion zwischen einem Alkohol und einem Phenol unterscheiden? 16. Nennen Sie zwei Möglichkeiten für den Nachweis eines Esters mittels Farbreaktion (Reaktionsformeln angeben). 17. Eine Verbindung gibt mit 2,4-Dinitrophenylhydrazin einen Niederschlag, liefert aber mit Tollens-Reagenz keinen Silberspiegel. Um einen Vertreter welcher Verbindungsklasse handelt es sich wahrscheinlich? (Reaktionsformeln angeben!) 18. Durch welche Reaktion können Sie zwischen n-Propanol und 1,2-Ethandiol unterscheiden (Reaktionsformeln angeben)? 19. Warum ist es vielfach notwendig, zur Identifizierung von organischen Substanzen ihre Derivate heranzuziehen? 20. Auf welchem Prinzip beruht die Trennung bzw. Bestimmung von primären, sekundären und tertiären Aminen nach Hinsberg? 33 21. Wie wird der Carbylamin-Test (Isonitril-Test) durchgeführt? Was sagt er aus? 22. Welche physikalische Daten dienen zur Identifizierung von a) festen b) flüssigen Verbindungen? 23. Welche Verbindungsklassen geben Farbreaktionen mit verdünnter Eisen(III)-chloridLösung? 24. Welche Nachweisreaktionen basieren auf der unterschiedlichen Oxidierbarkeit funktioneller Gruppen? 25. Sie haben ein Gemisch, das aus einer Carbonsäure, einem Amin und einer Carbonylverbindung (jeweils mit aromatischem Rest) besteht. Wie isolieren Sie die Reinsubstanzen? 26. Isolieren Sie die Reinsubstanzen aus einer Mischung aus einer Carbonsäure, einem Alkohol und einem Phenol. 27. Beschreiben Sie die Prozesse, die der Infrarotspektroskopie zugrunde liegen. 28. Wodurch wird die Lage der Absorptionsfrequenzen beeinflusst? Welche Bereiche werden in einem IR-Spektrum unterschieden? 29. Folgende Verbindungen liegen vor: A B C D E F a) Welche Verbindungen reagieren sauer? b) Welche Verbindungen zeigen im Infrarot-Spektrum eine sehr intensive Bande im Bereich von ca. 1710 bis 1690 cm-1? c) Auf welche Verbindungen trifft sowohl a) als auch b) zu, und geben zusätzlich eine blau-violette Farbreaktion mit FeCl3? d) Auf welche Verbindungen treffen weder a) noch b) noch c) zu? 30. Welche Unterschiede erwarten sie bei den Löslichkeitstest für Benzoesäure gegenüber Phenol? Mit welcher chemischen Testreaktion können sie eine zusätzliche Unterscheidung treffen? Erklären sie formelunterstützt! 31. Eine aromatische Verbindung zeigt im Infrarotspektrum eine sehr intensive Schwingungsbande bei ca. 1700 cm-1 und gibt eine positive Nachweisreaktion mit 2,4Dinitrophenylhydrazin. Um welche Verbindungsklassen könnte es sich handeln? Formulieren sie an Hand einer konkreten Verbindung die Reaktionsgleichung der obigen Nachweisreaktion.