ORGAN FÜR DIE EVANGELISCH-ALTREFORMIERTE KIRCHE IN NIEDERSACHSEN Nr. 19, 122. Jahrgang Sonntag, 30. September 2012 3849. Folge. »Und es geschah hinfort, dass die Hälfte meiner Leute am Bau arbeitete, die andere Hälfte aber hielt Spieße, Schilde, Bogen und Panzer bereit und stand hinter dem ganzen Hause Juda, das an der Mauer baute. Die da Lasten trugen, arbeiteten so: mit der einen Hand taten sie die Arbeit, und mit der andern hielten sie die Waffe.« Nehemia 4, 10 –11 Siebzig Jahre hat das Volk Israel in Babel gewohnt. Der damit der Feind nicht reinkommen konnte, um alles mächtige König Nebukadnezar hatte die Stadt Jerusalem was schon wieder aufgebaut war, zu zerstören. Und tagseingenommen, den prächtigen Tempel Salomos völlig über, so lesen wir, bauen sie mit der einen Hand und in zerstört und die Einwohner nach Babel verschleppt. Sieb- der anderen Hand halten sie das Schwert. Und so haben zig Jahre in der Gefangenschaft, dann bleibt doch kaum sie es mit Gottes Hilfe geschafft! Es war eine mühsame etwas vom dem Volke übrig? Und doch ist da noch ein Arbeit, so lesen wir, aber letztendlich ist alles fertig. Mit kleiner Kern. Gott hat auch in der schrecklichen Gefan- Hammer und Schwert hat man das Ziel erreicht. Dankbar waren sie, dass Gott seinen Segenschaft sein Volk nicht vergessen. gen so wunderbar geschenkt hat. Der mächtige Nebukadnezar von damals lebt schon lange nicht mehr, und Wenn ich diese Geschichte lese, sein Reich ist auch schon verschwunkommt bei mir immer eine spanden, davon ist nichts übrig geblieben. nende Frage hoch. Haben die GeneJetzt haben die Perser das Sagen und rationen, die nachgekommen sind, unter der Regierung von dem Perserauch wirklich geschätzt, was damals könig Kores dürfen die Israeliten nach passierte, oder haben sie einfach dieJerusalem zurückkehren. Was für eine se Geschichte vergessen? Das Vergesgewaltige Freude, endlich nach Hause, sen ist manchmal auch in der heutiendlich in die Heimat gehen! Nach eigen Zeit das Problem. Dass wir Gener langen Reise erreichen sie Jerusameinde Christi sein dürfen, scheint lem, aber was sie da finden, ist einfach uns ganz normal zu sein, dass wir nicht zu beschreiben. Jerusalem ist ein Freiheit haben, ist einfach ein Recht, Trümmerhaufen geworden. Alle Geund dass die Feinde von damals noch immer da sind, dessen sind wir bäude sind abgerissen, von dem Temuns manchmal kaum bewusst. Der pel ist total nichts übrig geblieben und größte Feind, der das geistige Jerusaauch die gewaltigen Mauern der Stadt, Gemeinsam gestalten lem zu zerstören versucht, ist die die früher als Wächter funktio-nierten, Quelle: Helene Souza/pixelio.de Gleichgültigkeit und dieser Feind sind alle zerstört. Wo soll man anfanwohnt nicht weit weg. Wir brauchen in der Gemeinde gen, wie soll man diese Riesenarbeit bewältigen? Im Bibelbuch Nehemia lesen wir, wie das gemacht Christi, in unserem geistigen Leben, zwei Hände, einerwird. Nein, es ist bestimmt keine einfache Arbeit, da seits zum Bauen und andererseits zum Bewahren, Hamsind die Feinde ringsum, die überhaupt nicht wollen, mer und Schwert – um mit Nehemia zu sprechen. Wer dass die Stadt wieder von dem alten Volk der Juden be- sind wir? Eine von Christus erwählte Gemeinde! Das wohnt wird. Und soll der alte Tempel für ihren Gott schätzen wird doch? In dieser Gemeinde dürfen wir baudenn auch wieder neu aufgebaut werden? Die Feinde en, jeder und jede mit eigenen Gaben und Möglichkeiversuchen alles, um das zu verhindern. Aber die Juden ten, und Gott gibt uns selber das Schwert in die Hand – verlieren den Mut nicht. Nehemia, der das Volk zu die- und das ist sein Wort. Das Wort ermutigt uns. Welch ein ser Zeit führt, macht den Leuten Mut und sagt: »Habt Arbeitsfeld liegt da wieder vor uns in den kommenden doch keine Angst vor den Feinden, die auf uns zukom- Monaten. Die Winterarbeit in allen kirchlichen Bereimen. Wir dürfen darauf vertrauen, dass Gott uns bei- chen fängt schon wieder an. Hoffentlich machen wir alle steht.« Darauf sind sie nicht lediglich hingegangen und mit, Eintracht macht Macht! Ich wünsche uns allen Arbeitslust und Arbeitsvertrauen. haben abgewartet was kommen würde – nein, sie haben sich bewaffnet und Tag und Nacht Jerusalem überwacht, Tammo J.Oldenhuis, Emlichheim I M S TR OM DE R Z EI T Kirchenvertreter trifft FDP-Innenpolitiker Härtefallkommission soll humanitäre Gründe anerkennen Das deutsche Ausländerrecht braucht in manchen Fällen ein Korrektiv. Diese übereinstimmende Aussage trafen der Vizepräsident der Evangelisch-reformierten Kirche, Johann Weusmann, und der innenpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, JanChristoph Oetjen. Oetjen informierte sich zusammen mit dem Leeraner Kreisvorsitzenden der FDP, Carl-Friedrich Brüggemann, in einem Gespräch mit Weusmann über die Arbeit der niedersächsischen Härtefallkommission für Flüchtlinge. Weusmann, der leitender Jurist seiner Kirche ist, hatte als Vertreter der fünf evangelischen Kirchen Niedersachsens im Sommer sein Amt in der Kommission niedergelegt. Weusmann bekräftigte gegenüber Oetjen und Brüggemann, dass humanitäre Gründe in der Härtefallkommission keine ausreichende Chance auf Anerkennung hätten. Seiner Auffassung nach sei aber genau dies die Aufgabe einer solchen Kommission. »In Fällen von schweren humanitären Härten wie Krankheit und Trennung von Familien muss es möglich sein, dass solchen Menschen ein Aufenthaltsrecht in Deutschland ausgesprochen wird, auch wenn die geltenden Gesetze eine Abschiebung erforderten«, so Weusmann. Er betonte weiter, dass dies in Niedersachsen nur wenige Personen pro Jahr betreffen würde. Jan-Christoph Oetjen, Johann Weusmann und Carl-Friedrich Brüggemann (von links) Spring 2013 geMEINde - Ferien - Festival Vom 1. bis 6. April 2013 wird in Willingen nunmehr zum 14. Mal die Familienfreizeit »Spring« stattfinden. Angeboten werden Andachten, Workshops, Konzerte und viel Freizeit, die Teilnehmer können sich ihr eigenes Programm zusammenstellen. In der Werbung heißt es: »SPRING ist für alle Menschen: von Baby bis Oma, von Glaubenseinsteiger bis LangjahresChrist, von Evangelisch bis Unentschlossen, vom energiegeladenen Entdecker bis zum urlaubsreifen Ruhesucher, von Alleinerziehend bis PatchworkFamilie. Jeder findet ein Programm.« Anmelden kann man sich für Hotelzimmer oder Ferienwohnung oder sogar für Wohnwagenstellplätze. Nähere Informationen: www.gemeindeferienfestival.de oder 0 367 41 - 21 210. Seite 150 Oetjen machte im Gespräch deutlich, dass auch er sich Verbesserungen in der niedersächsischen Härtefallkommission wünsche. Die FDP unterstütze die Forderung, dass zukünftig in der Kommission eine Mehrheit der anwesenden Mitglieder ausreiche, um Härtefälle anzuerkennen. Nach der neuesten Verordnung des Innenministeriums ist eine Mehrheit der berufenen acht Mitglieder nötig, unabhängig von ihrer Anwesenheit in einer Sitzung. Das Ministerium hatte vor kurzem die Verordnung geändert, zuvor war sogar eine Zweidrittelmehrheit notwendig. Nach dem Rücktritt Weusmanns aus der Kommission haben die evangelischen Kirchen in Niedersachsen inzwischen drei Nachfolger für Weusmann benannt. Nach der Veränderung der Verordnung zur Härtefallkommission kurz nach dem Rücktritt Weusmanns hatte die Konföderation evangelischer Kirchen zunächst ihre Mitarbeit in der Kommission ausgesetzt. Im November solle die neue Arbeitsweise jedoch einer kritischen Prüfung unterzogen werden, hieß es im Juli. Die niedersächsischen Wohlfahrtsverbände, deren Vertreter nach Weusmann ihre Mitarbeit ebenfalls aufgekündigt hatten, haben sich bislang gegen eine Wiederaufnahme ihrer Mitarbeit ausgesprochen. Johann Weusmann hält ein Mitwirken der Kirchen in der Härtefallkommission für ganz wichtig. »Wir übernehmen hier im Namen der Menschlichkeit eine gesellschaftliche Aufgabe«, sagte er. Darum hätten sich die Kirchen vor sechs Jahren auch vehement für die Einsetzung eines solchen Gremiums ausgesprochen. Jan-Christoph Oetjen sagte seine Unterstützung zu, dass humanitäre Gründe bei der Anerkennung als Härtefall zukünftig eine größere Rolle spielen sollen. Konkret werde er sich für die Fälle Siala/Salame aus Hildesheim und Coban aus Bad Bentheim einsetzen, damit die durch Abschiebung auseinandergerissenen Familien wieder zusammenkommen können. Ulf Preuss, ERK, Leer Der Grenzbote Erscheint vierzehntägig, in den Sommerferien einmal in drei Wochen. Herausgeber: Evangelisch-altreformierte Kirche in Niedersachsen Redaktion: Pastor Hermann Teunis, Ihrener Straße 12, 26810 Westoverledingen Schriftleitung: September und Oktober 2012: Pastorin Nina Oltmanns, Ehm-Schipper-Weg 2, 26736 Campen, Tel. 0 49 27 / 329, E-Mail: [email protected] Redaktionsschluss: Am Dienstag nach dem Erscheinen der vorigen Ausgabe; namentlich gekennzeichnete Artikel werden von den Autoren selbst verantwortet. Druck: A. Hellendoorn KG, Stettiner Straße 1, 48455 Bad Bentheim Bestellmöglichkeiten: Bei den Kirchenräten für den Bezug über die Kirchengemeinde; für den Postbezug bei Gesine Wortelen, Buchenstraße 32, 48465 Schüttorf, E-Mail: [email protected] Bezugsgebühren: EURO 25,– bei Bezug über Kirchengemeinden, EURO 40,– bei Postzustellung Anzeigen: EURO 0,50 je Millimeterzeile bei halbseitiger Breite Der Herdelberger Katechismus Ein kleines Buch mit großer Wirkung für reformierte und unierte Kirchen – 2013 wird dieser Klassiker aus der Reformationszeit 450 Jahre alt: weltweit. Seinen Namen hat der 1563 für die Kurpfalz veröffentlichte Katechismus von seinem Entstehungs- und ersten Erscheinungsort Heidelberg. Zu diesem Thema fanden im September drei Vortragsabende in der ev.-altref. Kirche Emden statt. Gemeinsam mit der reformierten Gemeinde wurden Dr. Rauhaus, Weener, Aleida Siller, Hannover, und Reiner Roloff, Nordhorn, eingeladen, zum Thema zu referieren. Dr. Rauhaus eröffnete die Veranstaltungsreihe mit einer Einführung zum Heidelberger Katechismus und anschließend referierte er zum 1. Teil: Von des Menschen Elend. Im Folgenden das Referat. Die Zwischenüberschriften sind redaktionell. I. Der Heidelberger Katechismus ist ein bald 450 Jahre altes Buch. Wir lesen ihn heute in einer sprachlich modernisierten Fassung. Um seinen Inhalt zu verstehen, müssen wir ihn auf dem Hintergrund seiner Entstehungszeit betrachten. Das war das 16. Jahrhundert, jene Epoche, die wir gewöhnlich die Zeit der Reformation nennen. Eine Zeit vielfältiger Veränderungen Es ist eine Zeit vielfältiger Veränderungen gewesen, nicht nur in der Kirche, sondern auch im täglichen Leben. Das Mittelalter neigte sich seinem Ende zu, Amerika war entdeckt, und an der Küste Afrikas arbeiteten sich die Portugiesen nach Süden vor, um den Seeweg nach Indien zu finden, jenes Land, in dem der Pfeffer wächst. Und Pfeffer war damals wertvoll, kostbar wie Gold. Nachdem nämlich die Türken 1453 Konstantinopel erobert und dem Oströmischen Reich von Byzanz das Ende bereitet hatten, wurden die Handelsverbindungen nach Indien von den Osmanen kontrolliert, teilweise unterbrochen und die Waren durch Zölle jedenfalls sehr verteuert. Darum lohnte es sich, Wege zu suchen, um die muslimische Welt zu umgehen. Doch nicht nur in die Weite fremder Kontinente erstreckte sich ein neuerwachtes Bewusstsein, sondern es wandte sich auch nach innen, zum Menschen selbst hin, zu seinem inneren Leben. Auch zu seiner näheren Umgebung: Man begann die Schönheit der Natur wahrzunehmen, man fand sich selbst wieder in den Dingen, die einen Menschen täglich umgeben. Die Malerei zeigt nicht mehr allein die Heilige Geschichte, sondern beginnt, in der Form der Porträtmalerei das menschliche Angesicht, den Menschen selbst darzustellen. Dazu die Dinge, die einem Menschen zugehören und ihn charakterisieren; man denke etwa an die Bilder von Hans Holbein d.J., der die Kaufleute des Stalhofs in London inmitten ihres Kontors darstellt, mit allen Feinheiten und Details bis hin zu der Streusandbüchse neben dem Rechnungsbuch. In den Niederlanden entwickelt sich sehr bald die Kunstform des »Stilllebens«; eine schlichte Obstschale kann für den Betrachter so bedeutungsvoll werden, dass man sie abbildet und immer wieder anschaut. In der Fachwelt nennt man dies alles die »anthropologische Wende« der Renaissance: die Wendung hin zu dem menschlichen Selbst. Eine Zeit hochgespannter Erwartungen Es war zugleich eine Zeit hochgespannter Erwartungen, Endzeitstimmung gewissermaßen. Man erwartete die Revolution. Eine Revolution nicht im Sinne politischer Umwälzungen, sondern als ein kosmisches, das gesamte Universum betreffendes Ereignis. Der Umlauf der Himmelskörper, der Planeten und Sterne, sollte sich vollenden und alles wieder zu seinem Ausgangspunkt zurückkehren. »Umlauf«, das heißt auf Lateinisch »revolutio«. Kurz, man erwartete das Ende der Welt, zumindest der bekannten Welt, und den Anbruch von etwas Neuem, vielleicht sogar des Reiches Gottes auf Erden und mit ihm des Jüngsten Gerichts. Darum war die Frage so dringlich: »Wie bekomme ich einen gnädigen Gott?« Denn das Gericht schien nahe. Der Christenmensch will wissen, was er glaubt Auf religiösem Gebiet macht sich noch eine weitere Veränderung bemerkbar. Man nimmt die Dinge nicht mehr so, wie sie eben sind; auch nicht die Dinge der Religion oder des Glaubens. Man fängt an zu fragen: Was bedeutet das? Man will nun verstehen, was man glaubt. Das war etwas ganz Neues. Bis- her hat es genügt zu glauben, was die Kirche glaubt, auch wenn man es nicht verstand. Nur Dreierlei musste ein Christmensch kennen und am besten auswendig wissen: die Zehn Gebote, das Glaubensbekenntnis und das Vaterunser. Aber es genügt den Menschen jetzt nicht mehr, den Wortlaut zu kennen. Sie wollen nun verstehen, was das bedeutet. Der Christenmensch will wissen, was er glaubt. So setzen sich die Theologen hin und schreiben Katechismen, um dem Christenmenschen zu erklären, was der Inhalt seines Glaubens ist. Das geschieht in allen Konfessionen. Luthers Kleiner Katechismus, der heute auch in unserem Gesangbuch abgedruckt ist, ist nicht der einzige, wohl aber der bekannteste davon. Es gibt ein Sammelwerk, in dem alle Katechismen der Reformationszeit zusammengestellt und abgedruckt sind. Man braucht das für die wissenschaftliche Beschäftigung mit jener Zeit. Dies Sammelwerk umfasst mehrere Bände in großem Format und ist etwa einen halben Meter dick. So viel wurde damals an Katechismen produziert. Auch hier in Emden. Aber man will nicht nur verstehen, was man glaubt; das wäre noch ein rein intellektuelles Vergnügen. Man fragt auch: Was habe ich davon? Was gibt es mir für mein Leben? »Welchen Nutzen bekommst du aus der heiligen Empfängnis und Geburt Jesu Christi?« »Was nützt dir die Auferstehung Christi?« Man fragt nach dem Nutzen, nach dem »Trost«, nach dem »einzigen Trost im Leben und im Sterben«. Damit sind wir beim Heidelberger Katechismus. Der Heidelberger Katechismus Neben Luthers Kleinem Katechismus ist der HK der bekannteste und verbreitetste Katechismus der Reformationszeit. Es gibt ihn übersetzt in unendlich vielen Sprachen der Welt, es gibt ihn auch in bereimter Form und in vertonten Fassungen, sodass man ihn singen kann. Er wird auch als der »Pfälzer Katechismus« bezeichnet. Die Stadt Heidelberg war damals die Hauptstadt der Kurpfalz, des wichtigsten und vornehmsten Territoriums innerhalb des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation. Heute gehört Heidelberg zu Baden-Württemberg. Aber das ist noch nicht lange so. Früher bildete die Pfalz ein eigenes Reichsland mit Besitzungen rechts und links des Rheins oberhalb von Mainz und mit der Oberpfalz auch im heutigen Bayern. Das kann man sich auf einem historischen Atlas anschauen. Die KurSeite 151 pfalz war das Kernland des Reiches. Die Reformation war hier erst spät eingeführt worden, etwa um 1545/1546. Sie wurde jedoch sogleich vom Kaiser unterdrückt, eben weil die Pfalz ein so wichtiges Reichsland war. Aber dann kam der Augsburger Religionsfriede von 1555, in dem die altgläubigen, römisch-katholisch gebliebenen, und die neugläubigen, evangelischen Fürstentümer vereinbarten, sich in Zukunft gegenseitig zu ertragen. Das galt aber nur für die Evangelischen lutherischen Bekenntnisse, nicht für die Reformierten und die Täufer, z.B. die Mennoniten. Die Reformierten erhielten erst mit dem Ende des Dreißigjährigen Krieges, also rund 100 Jahre später, die reichsrechtliche Anerkennung und Duldung, die Mennoniten erst im 19. Jahrhundert. In der Kurpfalz jedenfalls wurde 1556 endgültig die Reformation eingeführt, und zwar in ihrer lutherischen Version. Das geschah durch Kurfürst Ottheinrich. Er starb aber bereits drei Jahre später kinderlos. Sein Nachfolger wurde ein Verwandter innerhalb des Hauses Wittelsbach, das auch die Herzöge von Bayern stellte und meistens auch den Stuhl des Erzbischofs von Köln innehatte. Der hieß Friedrich III. Er war in einem streng katholischen Elternhaus aufgewachsen, heiratete jedoch eine evangelische Frau, die Markgrafentochter Maria von BrandenburgKulmbach, im heutigen Franken, dem nördlichen Teil Bayerns,gelegen. Durch seine Frau wurde er angeregt, sich gründlich mit der Heiligen Schrift zu beschäftigen, und so kam er zu einem ausgeprägten evangelischen Glauben. Er führte in seinen Besitzungen in Pfalz-Simmern, einem Nebenland der Kurpfalz, 1557 die Reformation ein, und als er zwei Jahre später, 1559, die Kurpfalz erbte, auch dort. Friedrich der Fromme wird er in der Geschichtsschreibung genannt. Damals gab es erbitterte Religionsstreitigkeiten, und zwar nicht nur zwischen Evangelischen und Katholischen, sondern auch und zeitweise noch heftiger zwischen Lutheranern und Reformierten, vor allem um das Abendmahl. Auch an der Universität seiner Hauptstadt Heidelberg. So veranstaltete er im Juni 1560 dort eine akademische Disputation, die ihn endgültig von dem Recht der reformierten Abendmahlsauffassung überzeugte. Im Dezember 1561 wurde zum ersten Mal in Heidelberg das Abendmahl nach reformierter Ordnung gefeiert, also mit Brot statt mit Oblaten. In der Folge musste nun eine neue Kirchenordnung für die Kurpfalz erarbeitet werden und als ein Teil derselben Seite 152 ein Buch, das die in der Kurpfalz geltende theologische Lehre verständlich zum Ausdruck bringt: ein Katechismus, eben unser HK. Den hat der Kurfürst natürlich nicht selbst verfasst; dazu hatte er seine Theologen. Einer davon war besonders wichtig: Zacharias Ursinus. Er stammte aus Breslau, sein Vater war dort lutherischer Pfarrer, und er wurde 1562 Professor für Dogmatik in Heidelberg; da war er 38 Jahre alt. Zwei Jahre jünger war Caspar Olevianus, der aus Trier stammte. Er wurde 1561 als Dogmatikprofessor nach Heidelberg berufen, wurde aber ein Jahr später Pfarrer an der Heiliggeistkirche – ein Pfarrer zu sein war damals mehr als ein Professor – und zugleich verantwortlicher Theologe im Pfälzer Kirchenrat, der Leitung der Pfälzer Landeskirche. Ursinus hat den Katechismus verfasst; der wurde dann einer Kommission unter Leitung von Olevianus zur Begutachtung vorgelegt; auch der Kurfürst gehörte der Kommission an. Im Frühjahr 1563 wurde das Werk fertig und allen pfälzischen Superintendenten zur Besprechung und Beurteilung übergeben; mit einer Ausnahme stimmten sie alle zu. Daraufhin wurde der Katechismus im selben Jahr gedruckt; die ursprüngliche Fassung wurde allerdings noch im selben Jahr um die Fr. 80 erweitert, die sich sehr kritisch mit der katholischen Messopferlehre auseinandersetzt. Der Kurfürst hat seinerzeit nicht von oben herab verfügt, was seine Landeskinder zu glauben hätten, sondern hat die Kirche selbst in Gestalt ihrer Amtsträger entscheiden lassen, was die geltende Lehre sein solle. Der Katechismus bemühte sich, einen guten Mittelweg zu gehen zwischen Luther und Calvin, also zwischen reformierten und lutherischen Lehranschauungen. Es ging ihm nicht darum, Andersdenkende zu verteufeln, sondern wirklich die biblische Lehre verständlich zu machen. Das begründete seinen nachhaltigen Erfolg, weit über Heidelberg und die Kurpfalz hinaus. II. Frage 1: Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben? Wenden wir uns nun dem Katechismus selber zu. An seinem Beginn steht mit Frage 1 ein Text, der den gesamten Katechismus zusammenfasst und gleichsam in Kurzform enthält, was ein Christ glaubt. Die meisten anderen Katechismen gehen anders vor. Sie besprechen nacheinander die Zehn Gebo- te, das Glaubensbekenntnis und das Vaterunser, also die Hauptstücke der christlichen Lehre, und hängen oft noch Abschnitte über die Sakramente und andere Einzelfragen an. Luthers Kleiner Katechismus z.B. ist so aufgebaut, wie Sie im Gesangbuch nachlesen können. Erst wenn man den gesamten Katechismus durchstudiert hat, weiß man, was die christliche Glaubenslehre ist. Die wird gleichsam Stück für Stück vorgetragen und zusammengefügt; ein so aufgebautes Werk nennt man einen synthetischen Katechismus, weil er die einzelnen Lehrstücke zusammenfügt. Der HK geht anders vor: wer Fr. 1 gelesen und verstanden hat, der kennt die gesamte christliche Glaubenslehre; was in den anderen 127 Fragen folgt, ist nur die nähere Erläuterung davon. Eine solche Vorgehensweise nennt man analytisch: die Glaubenslehre wird erst insgesamt in Kürze vorgestellt und dann im Einzelnen untersucht. Nun, so ganz stimmt das nicht. Fr. 1 enthält nicht die gesamte Glaubenslehre in Kurzfassung. Wichtige Stücke fehlen, z.B. die Lehre von der Schöpfung oder vom Jüngsten Gericht und vom ewigen Leben. Fr. 1 konzentriert sich auf den Kern des christlichen Glaubens. Und der Kern, das ist nicht eine Lehre, die man kennen und der man zustimmen soll, sondern eine Person, der sich der Glaubende anvertraut: Jesus Christus. Der Glaube ist zunächst einmal nicht eine Sache des Kopfes, des Verstandes, sondern des Herzens, des Grundvertrauens eines Menschen zu Jesus Christus. In Fr. 1 ist ein Wort erklärungsbedürftig, weil es nicht mehr unserem Sprachgebrauch entspricht. Das ist das Wort »Trost«. Der Katechismus meint damit in etwa dasselbe, was mit dem englischen Wort »trust« gemeint ist: Worauf kannst du vertrauen, woran kannst du dich halten, was ist dein Halt im Leben und im Sterben? Und der Glaubende antwortet: der einzig wirklich tragfähige Halt im Leben ist, dass ich zu Jesus Christus gehöre. Das ist die Grundaussage des Glaubens. Im zweiten Abschnitt von Fr. 1 wird ge- sagt, wodurch ich zu Jesus Christus gehöre: er hat für meine Sünden bezahlt und mich dadurch aus der Gewalt des Teufels erlöst, und er bewahrt mich mein Leben lang, sodass mir alles zu meiner Seligkeit dienen muss. Wie das alles zusammenhängt und warum das so ist, das wird der Katechismus in seinem zweiten Hauptteil »Von des Menschen Erlösung« im Einzelnen ausführen, und Sie werden es erfahren, wenn Sie sich das nächste Mal mit diesem Hauptteil befassen. Darum gehen wir jetzt nicht näher darauf ein. Dasselbe gilt vom dritten Abschnitt der ersten Frage, die dann im Hauptteil »Von der Dankbarkeit« näher entfaltet wird. Auch damit werden Sie sich noch befassen. Von des Menschen Elend Unsere Aufgabe heute Abend ist, den ersten Hauptteil anzuschauen. Die drei Teile des Katechismus sind ja in Fr. 2 aufgeführt. Wenden wir uns also dem 1. Teil zu: Von des Menschen Elend. Auch hier muss ich zunächst ein Wort erklären, weil es zur Zeit des Katechismus eine andere Bedeutung hatte als heute. Das ist das Wort »Elend«. Im 16. Jahrhundert ist das Wort »Elend« gleichbedeutend mit »Ausland«, und »im Elend sein« heißt »im Ausland sein«. Wer sich in einem fremden Land aufhält, der ist »im Elend«, auch wenn er dort hoch angesehen, gesund, glücklich verheiratet und wirtschaftlich erfolgreich ist. Das Wort »Elend« bezeichnet nur den Ort, an dem er sich aufhält, nicht sein Ergehen oder seinen persönlichen Zustand. Im Sinne des Katechismus kann man sagen: seit die Menschen aus dem Paradies und damit aus der Nähe Gottes vertrieben wurden, sind sie im Elend, auch wenn sie hoch angesehen, gesund, glücklich verheiratet und wirtschaftlich erfolgreich sind. Am äußeren Ergehen eines Menschen und auch an seinem Lebensgefühl kann man es nicht ablesen, dass er im Elend ist. Woran aber dann? »Woher erkennst du dein Elend?« – fragt der Katechismus in Fr. 3. Die Antwort: nicht an meinem äußeren Ergehen oder daran, wie ich mich fühle, sondern: »Aus dem Gesetz Gottes«. Aus welchem Gesetz? Aus dem Doppelgebot der Liebe, das der Katechismus in Fr. 4 aus dem Evangelium zitiert. Dass ich im Elend, d.h. von Gott entfremdet bin, erkenne ich daran, dass ich dieses Doppelgebot nicht erfülle. Jedenfalls nicht »vollkommen«, wie Fr. 5 mit Recht sagt. Ich erfülle es zwar je und dann; Menschen können von Fall zu Fall sich Gott nahe fühlen oder ihrem Nächsten behilflich sein. Aber eben nicht »vollkommen«. Es ist eine »Neigung« in ihnen, eine böse Neigung: wir Menschen sind »von Natur aus geneigt, Gott und unseren Nächsten zu hassen«, sagt Fr. 5. Es ist eine Neigung in uns zum Bösen Dreierlei muss ich hier anmerken. Das Erste ist: der Katechismus malt nicht Schwarz in Schwarz. Er sagt nicht: die Menschen sind von Natur aus böse und tun immer nur Böses. Nein, wie könnten wir Menschen von Natur aus böse sein, wenn wir doch Gottes Geschöpfe sind! Alles, was Gott geschaffen hat, ist gut. Aber es ist eine Neigung in uns, eine Neigung zum Bösen. Nicht mehr als eine Neigung; aber die ist da. Das Zweite ist: der Katechismus verwendet hier das Wort »vollkommen« im biblischen Sinne. »Vollkommen« meint nicht: ohne Fehl und Tadel, sondern »ungeteilt«. Wir Menschen sind nicht ungeteilt, wir können Gutes, aber auch Böses tun. In diesem Sinne sind wir nicht vollkommen, sondern eben zwiespältig, mit dem Fremdwort: ambivalent. Und ich finde, das ist ganz richtig beobachtet. Man muss sich vor den Extremen hüten. In der kirchlichen Praxis konnte oft der Eindruck entstehen, als seien wir Menschen von Grund auf, ganz und gar, böse, und müssten erst entweder durch die Taufe oder durch eine christliche Erziehung ein wenig zum Guten geneigt gemacht werden. Ein so negatives Menschenbild hat der Katechismus nicht, die Bibel auch nicht. Das andere Extrem ist bei uns seit etwa 200 Jahren verbreitet, seit der Aufklärung: wir Menschen seien im Grunde unseres Wesens gut, und wenn wir doch etwas Böses tun, dann sind eigentlich die anderen schuld: die Mitmenschen, die gesellschaftlichen Verhältnisse, eine falsche Erziehung oder was auch immer. Ein vor Jahren viel gelesenes Buch von Konrad Lorenz bewegt sich auf dieser Linie: »Das sogenannte Böse«. Seine Hauptaussage: In Wirklichkeit tun wir Menschen gar nichts Böses, denn wir sind ja gut, nur gut, unheilbar gut. Mir scheint, der Katechismus und die Bibel sehen hier klarer: es ist eine Neigung in uns, eine Neigung zum Bösen, und sie ist in jedem Menschen, und sie kommt von innen, aus ihm selbst, und nicht von außen, von den anderen. Die Zwiespältigkeit des menschlichen Wesens In den Fr. 6 und 7 bekräftigt der Katechismus das eben Gesagte: »Gott hat den Menschen gut und nach seinem Ebenbild erschaffen« (Fr. 6), aber dabei ist es nicht geblieben, wie Fr. 7 ausführt. Leider fehlt uns die Zeit, um auf die Lehre vom Sündenfall näher einzugehen. Fr. 8 scheint dem eben Gesagten jedoch zu widersprechen, wenn sie formuliert, dass wir »ganz und gar unfähig sind zu irgendeinem Guten und geneigt zu allem Bösen«. Man muss hier aber den weiteren Zusammenhang des Katechismus im Blick behalten. In Fr. 62 z.B. fragt er, warum unsere guten Werke uns vor Gott nicht gerecht machen können. Der Katechismus bestreitet nicht, dass wir Menschen gute Werke, also Gutes tun können, fügt aber mit Recht an: »Aber auch unsere besten Werke sind in diesem Leben alle unvollkommen und mit Sünde befleckt.« Da ist sie wieder, diese Zwiespältigkeit unseres Wesens, von der in Fr. 5 die Rede war. III. Die Lehre von der Erbsünde Was der Katechismus hier in wenigen Worten entfaltet, ist die kirchliche Lehre von der Erbsünde. Das Wort »Erbsünde« gibt es in der Bibel nicht. Es ist ein unglücklicher und in gewisser Weise auch irreführender Ausdruck. Man kann von seinen Eltern vieles erben, auch Anlagen und Fähigkeiten, die genetisch verankert sind. Man kann von seinen Eltern aber nicht den Glauben erben und genauso nicht den Unglauben. Was mit dem missverständlichen Wort »Erbsünde« gemeint ist, ist vielmehr die Beobachtung, die allerdings unbestreitbare Beobachtung, dass jene Neigung zum Bösen sich in jedem Menschen findet, egal ob klein oder groß. Sie gehört zum Menschen, so wie wir ihn kennen, dazu. Wir können nicht erklären, warum das so ist. Denn Gott hat den Menschen ja gut und nach seinem Ebenbild erschaffen, wie Fr. 6 betonte. Aber die Menschen sind nicht mehr so, wie es einmal war. Auch die Welt ist nicht mehr so, wie sie aus den Händen ihres Schöpfers hervorging. Wir wissen nicht, warum das so ist, aber es ist so. Der Katechismus wagt eine kurze Erklärung, warum das so ist. Er sagt in Fr. 9: »Der Mensch aber, vom Teufel angestiftet, hat sich und alle seine Nachkommen durch mutwilligen Ungehorsam der Gabe Gottes beraubt«, nämlich der Fähigkeit, ungeteilt gut sein zu können, so wie er es nach dem Willen Gottes sein sollte und es im Gesetz beschrieben ist. Der Katechismus führt das auf eine Anstiftung des Teufels zuSeite 153 rück. Er denkt dabei an die Schlange, von der die Geschichte vom Sündenfall erzählt, dass sie Eva verführt habe. Er identifiziert die Schlange mit dem Teufel. Damit folgt der Katechismus einer alten kirchlichen Tradition, die etwa seit dem zweiten nachchristlichen Jahrhundert vorhanden ist: die Schlange, das sei der Teufel gewesen. Nun tritt der Teufel in der Bibel immer wieder als der Versucher der Menschen auf; das ist richtig. Aber in der Geschichte vom Sündenfall ist die Schlange nicht eine Verkleidung des Teufels, sondern dort ist die Schlange – eine Schlange. Sie gehört dort zu den Tieren, die Gott geschaffen hat. So steht es am Anfang der Geschichte vom Sündenfall: »Aber die Schlange war listiger als alle Tiere auf dem Felde, die Gott der Herr gemacht hatte ...« (1. Mose 3, 1) Kurzum: wir wissen nicht, wie die Neigung zum Bösen in das Innere des Menschen gekommen ist. Aber sie ist da. Die listige Frage der Schlange hat sie nicht erzeugt; sie hat sie lediglich zum Vorschein gebracht. Wenn diese Neigung zum Bösen nicht vorhanden gewesen wäre, hätte die Schlange die Menschen gar nicht in Versuchung führen können. Sie hätte an nichts anknüpfen, sich nichts zunutze machen können. Die ersten Freigelassenen der Schöpfung Der Theologe und Philosoph J.G. Herder, der vor etwa 200 Jahren lebte, hat die schöne Formulierung geprägt, wir Menschen seien »die ersten Freigelassenen der Schöpfung«. Er meinte damit: alle anderen Lebewesen werden durch ein festes Verhaltensprogramm geleitet, das instinktiv festgelegt ist und von ihnen nicht willentlich gesteuert werden kann. Deswegen kann man Tiere nicht zur Verantwortung ziehen und zu ihnen sagen: warum hast du das getan? Wenn ein Marder in den Hühnerstall einbricht, tötet er alle Hühner, obwohl er doch nur eines fressen kann. Dann ist er satt. Aber er ist so programmiert, dass er alles tot beißt, was noch flattert. Er kann nicht anders. Und der Habicht holt nur lebende Hühner, keine toten. Kluge Hühner wissen das; sie pressen sich an die Erde und stellen sich tot, wenn sie die Silhouette des Habichts am Himmel erblicken. Die Hühner handeln so allerdings nicht aus Klugheit, sondern dies Verhalten ist ihnen einprogrammiert. Jedenfalls den klugen Hühnern. Bei uns Menschen ist das anders. Wir spüren zwar noch das instinktive Verhaltensprogramm in uns, aber wir können es ausschalten. Wenn wir Hunger haben, können wir essen, wir können aber auch fasten. Freiwillig auf die Erfüllung eines elementaren Bedürfnisses zu verzichten, das kann kein Tier. Wir Menschen sind die ersten Freigelassenen der Schöpfung. Das ist unser Adel, das ist aber auch unser Elend. Wir können verantwortlich handeln, aber wir müssen es auch wollen und durchführen, u.U. gegen unsere Instinkte. Und das gelingt nicht immer. Vor allem müssen wir erst einmal wissen, was überhaupt das Richtige und Gute zu tun ist. Tiere haben dies Problem nicht. Aber wir Menschen. Und so hat es die Bibel als die große Gabe und Fürsorge Gottes angesehen, dass er sein Gesetz gegeben hat, aus dem wir erfahren, was gut ist für unser Handeln. In der Freude an der Tora, die noch heute jüdische Frömmigkeit prägt, zeigt sich das Wissen um diese gute Gabe Gottes. Aber wie die Erfahrung zeigt, ist es ein großer Schritt vom Wissen zum Tun des Guten. Und dieser Schritt misslingt uns Menschen allzu oft und immer wieder. Und zu welchem Bösen, zu welchem Unrecht, zu welcher Gewalttat sind wir Menschen nicht fähig? Kein Tier ist so blutrünstig wie der Mensch. Das ist unser Elend, und darum handelt der erste Hauptteil des Katechismus auch in diesem Sinne mit Recht »von des Menschen Elend«. Der Mensch in seiner Verantwortung Die Fr. 10 und 11 führen ganz folgerichtig aus, dass wir Menschen uns der Verantwortung für unser Tun nicht entziehen können. Wir wissen aber, und der Katechismus übertreibt hier nicht, dass wir Menschen insgesamt gesehen unserer Verantwortung nicht gerecht werden, obwohl wir nicht nur Böses, sondern auch Gutes tun. Aber wir kommen über die grundlegende Zwiespältigkeit unseres Wesens nicht hinaus. Die Neigung zum Bösen geht immer mit uns, und viel zu oft gewinnt sie Gewalt über das menschliche Handeln. Ist das unser Schicksal? Die Fr. 10 und 11 stellen ganz folgerichtig die Frage, ob wir Menschen eine Möglichkeit haben, dieser Zwangssituation zu entkommen. Wie das gehen könnte, das ist dann Gegenstand des zweiten und dritten Hauptteils des Katechismus, und damit werden Sie sich an den folgenden Abenden beschäftigen. Im Anschluss an das Referat haben die Zuhörer – gemeinsam mit dem Referenten in lockerer Atmosphäre Leitfragen zum Thema diskutiert, die Dr. Rauhaus im Vorfeld formuliert hatte. Alles in allem ein gelungener Abend, der neugierig auf die weiteren Vortragsabende machte. Nina Oltmanns, Emden Freiwilligendienst Die Welt mit anderen Augen sehen Die Vereinte Evangelische Mission (VEM) mit Sitz in Wuppertal bietet jungen Erwachsenen zwischen 18 und 28 Jahren die Möglichkeit, ein Jahr lang im Ausland einen Freiwilligendienst zu leisten. Die Bewerbungsfrist endet am 15. Oktober. Dieser Artikel will Interessierte aufmerksam machen und auf weitere Informationsmöglichkeiten verweisen. Ein Jahr lang leben und arbeiten in Indonesien – oder auch in anderen Ländern – kann sehr reizvoll und bereichernd sein. Seit vielen Jahren gibt es eine lebendige Partnerschaft zwischen der Kirche der indonesischen Insel Sumba und der Ev.-altreformierten Kirche in Niedersachsen (EAK). Die EAK hat eine Kooperation mit der VEM angefragt. In Seite 154 Wuppertal gibt es viele Informationen über und viele Beziehungen nach Indonesien. Davon kann die EAK deutlich profitieren. Ende Mai 2013 erwarten die EAK wieder eine Delegation der Christlichen Kirche von Sumba. Dann findet am 25. und 26. Mai 2013 auch die Regionalversammlung der VEM im Kloster Frenswegen statt. Die VEM und ausführlichere Infos finden sich im Internet unter www.vemission.org Unter dem Titel »Stellen/Mitarbeit!« steht dann alles, was man zum »Freiwilligenprogramm« wissen muss. Dort heißt es unter der Überschrift: Think global – act local (global denken – lokal handeln). Ein Jahr ins Ausland mit dem Freiwilligenprogramm der VEM: christlicher Gemeinschaft und andere Formen von Glauben und Christ-Sein. Ein solches Freiwilligenprogramm dauert zwölf Monate, es gibt etwa zehn bis fünfzehn Projektplätze. Die Einsatzländer liegen in Afrika und in Asien. Es sind in Afrika die Länder Botsuana, Kamerun, Namibia, Ruanda und Tansania. In Asien gibt es Einsätze in Indonesien und auf den Philippinen. VEM-Freiwilligenprogramm, Nachbarschaftshilfe: Matthias Stracke hilft dem 11-jährigen Fredy bei den Hausaufgaben, während seine Mutter das Geschirr abwäscht. Foto: Heiner Heine/VEM. Freiwilliges Jahr prägt »Einmal hin und anders zurück: Ein freiwilliges Jahr in einer Mitgliedskirche der VEM verändert. Behinderten Menschen in Tansania bei ihrem Start in ein neues Leben helfen oder Kinder betreuen, die auf einer Müllhalde auf den Philippinen leben – einfach ist der Freiwilligendienst sicherlich nicht immer, den junge Menschen über uns in Afrika und Asien leisten können. Aber er bereichert und prägt ein Leben lang: Wer einmal raus will aus dem gewohnten Alltag, Erfahrungen im Ausland sammeln, vieles über sich und andere und eine neue Sprache lernen, die Welt mit anderen Augen sehen, dem bietet das Programm eine einmalige Chance. Erfahrungen sammeln Anders als bei uns spricht man in Afrika und Asien im alltäglichen Leben über Gott und den Glauben. Da wir mit kirchlichen Partnern zusammenarbeiten, wünschen wir uns Freiwillige, die offen sind für Erfahrungen mit Einsatz und Anerkennung Eingesetzt werden die Freiwilligen unter anderem in Straßenkinderprojekten, Krankenhäusern, Waisenhäusern, Schulen (auch für geistig behinderte Kinder), Gesundheitsprojekten, Schulungen in kleinen Dörfern, HIV-Aids-Projekten und Alphabetisierungsprojekten. Die VEM ist als Träger für das entwicklungspolitische Freiwilligenprogramm des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) »weltwärts« anerkannt, außerdem kann der Freiwilligendienst als »Anderer Dienst im Ausland« anerkannt werden. Einfach bewerben Bis zum 15. Oktober eines Jahres kann man sich schriftlich bewerben. Benötigt werden ein ausgefüllter Bewerbungsbogen (den man auf der genannten Seite herunterladen kann) mit einem Motivationsschreiben und, falls vorhanden, Bescheinigungen/Referenzen über Mitarbeit in der Gemeinde, bei Freizeiten, in EineWelt-Gruppen, Sportvereinen oder Ähnlichem. Die VEM ist eine internationale Gemeinschaft, der Freiwilligendienst ist keine Einbahnstraße. Freiwillige aus Lutindi Mental Hospital (Usambara-Berge, Tansania), Krankenhaus für psychisch kranke Menschen. Nach dem sonntäglichen Fußballspiel, die Freiwillige Eva Schöll mittendrin. Foto: VEM Bildarchiv den südlichen Mitgliedskirchen der VEM können übrigens einen solchen Dienst auch in einem anderen Land leisten.« Aus eigener Erfahrung weiß ich, Freiwillige selbst profitieren lebenslang von solchen Projekten und Kontakten. Sie öffnen Augen und Herzen für andere Menschen und Kulturen – und sie helfen, das Eigene neu zu schätzen und zu würdigen. Über die »Voraussetzungen« und »Auswahl, Verlauf und Fristen« möge man sich auf der genannten Homepage unter eben diesen Links selber erkundigen. Ich bin sicher, dass ein solches Freiwilliges Jahr segensreich sein kann für alle Beteiligten. ERK wirbt für Südafrika Die Evangelisch-reformierte Kirche (ERK) wirbt gerade heute mit dem Rundschreiben Nr. 8/2012 in ihren Gemeinden um zwei BewerberInnen für einen Freiwilligendienst in Lavender Hill in Südafrika. Die Bedingungen und Voraussetzungen sind weithin identisch mit den oben genannten. Die ERK beteiligt sich seit vier Jahren am Weltwärts-Programm des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Infos im Netz Zwischenseminar Freiwillige Malang, Java/Indonesien, 2012: Ausflug. Foto: VEM-Bildarchiv Allgemeine Infos zu den Seminaren und Angeboten der VEM finden sich im Netz unter http://www.vemission.org/fileadmin/ redakteure/Dokumente/CMLS/ CMD_CMLS.pdf Fortbildungen für Mitarbeitende in der Partnerschaftsarbeit, Sprachkurse Indonesisch, Angebote für Konfirmanden und vieles andere finden sich unter diesem Link. Auf Seite 19 des dort dargestellten Seminarheftes finden sich auch weitere Einzelheiten zum Freiwilligendienst. Gerrit Jan Beuker, Laar Seite 155 KIRCHLICHE MUSIK Leitlieder für Oktober/November 2012 im Rahmen der Aktion »366 +1« 7. bis 13. Oktober 2012 »Mein schönste Zier« EG 473 14. bis 20. Oktober 2012 »Lobet den Herren« EG 447 21. bis 27. Oktober 2012 »Der Mond ist aufgegangen« EG 482 28. Oktober bis 3. November 2012 »Was Gott tut, das ist wohlgetan« EG 372 4. bis 10. November 2012 »Nun lob mein Seel, den Herren« EG 289 11. bis 17. November 2012 » Wachet auf, ruft uns die Stimme« EG 147 18. bis 24. November 2012 EG 361 »Befiehl du deine Wege« 25. November bis 1. Dezember 2012 »Morgenglanz der Ewigkeit« EG 450 Psalmvorschläge für diese Monate: Oktober – Psalm 136 November – Psalm 141 Gerrit Dams KIRCHE – KUNST – KULTUR: Passt elles in einen Rahmen? Mit dem Thema »Kirche-Kunst-Kultur« wird sich das »Forum Kirchenmusik« in einer Reihe von Veranstaltungen auseinandersetzen. Eröffnet wird diese Reihe am Samstag, 6. Oktober 2012, 19.00 Uhr, in der Alten Kirche Am Markt in Nordhorn – unter dem Titel: »Kirche – Kunst – Kultur: Passt alles in einen Rahmen?« Die Capella Cantorum unter der Leitung von KMD’n Margret Heckmann wird im ersten Teil Psalmenbearbeitungen alter Meister vorstellen. Dazu spielt Sanna van Elst (von dem Duo NIHZ) auf der Blockflöte Psalmvariationen von van Eyck. Die Nordhorner Künstlerin Angelika Metten präsentiert eine Ausstellung ihrer Werke zum Thema »Horizonte« im Turm der Alten Kirche. Die Künstlerin wird ihre Werke Sei getrost und unverzagt, blick nur auf den Herrn. Wer’s mit ihm im Glauben wagt, dem hilft er so gern. Am Sonntag, 16. September 2012, verstarb unser langjähriges Chormitglied Georg de Witt im Alter von 83 Jahren. und ihre Arbeitsweise erläutern; Gerhard Naber rezitiert dazu passende literarische Texte. Nach einem kleinen Imbiss im Gemeindehaus am Markt mit Gelegenheit, sich auszutauschen, und einer kurzen Einführung in die »Goldbergvariationen« durch Jörg Leune wird dieses Werk Johann Sebastian Bachs in einer Bearbeitung für zwei Gamben erklingen. Ausführende sind Silke Strauf (Berlin) und Claas Harders (Bremen). Insgesamt eine Veranstaltung der besonderen Art, zu der alle Interessierten herzlich eingeladen sind. Der Eintritt ist frei; um eine Spende wird gebeten. Gerhard Naber, Nordhorn Ich will dir eine Hoffnung und eine Zuflucht sein. Georg de Witt * 13. September 1929 † 16. September 2012 Wi sünt dankbaar vöör de Tied mit di Neeltje de Witt geb. Dalstra Hildegard mit Sönke, Kathrin und Hanna-Lena Reinhard und Roswitha mit Ayla und Daniel Über viele Jahre war er mit Treue und Hingabe Vorsitzender unseres Chores. Wir sind Gott dankbar für alles, was uns in ihm geschenkt wurde. Möge der Herr seiner Ehefrau und Familie Trost und Beistand schenken. Chor der Ev.-altreformierten Kirchengemeinde Ihrhove Seite 156 Rolf und Michael und alle Angehörigen 26810 Westoverledingen-Ihrhove Denkmalstraße 37 Traueradresse: Hildegard Uken, Karkpad 3, 26831 Bunde