21. Februar 2014, Seite 1 Isolation + Wirtschaftlichkeit? Christine Mohr Edokpolo Fachexpertin Infektionsprävention HFP 21. Februar 2014, Seite 2 Isolationsformen Abhängig von: • Erreger – Krankheit • Lebenssituation • Gesundheitszustand des Betroffenen • Aktuellen Entwicklungen/Empfehlungen – BAG • Regionalen Empfehlungen Nichts Isolationsmassnahmen Alles 21. Februar 2014, Seite 3 Richtlinien • Centers for Disease Control and Prevention (CDC) in Atlanta Guidelines: • 2007 Isolation Precautions: Preventing Transmission of Infectious Agents in Healthcare Settings • 2006 Management of Multidrugresistent Organisms in Healthcare Settings • Robert Koch Institut (RKI) in Berlin Empfehlungen: • 1999 Prävention und Kontrolle von MRSA in Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen • 2005 Infektionsprävention in Heimen • 2012 Hygienemassnahmen bei Infektionen oder Besiedelung mit multiresistenten gramnegativen Stäbchen • Swissnoso • Keine spezifischen Empfehlungen • Empfehlungen in verschiedenen Kantonen 21. Februar 2014, Seite 4 Bis vor wenigen Jahren… Tröpfchen Aerosol Kontakt Standardhygiene 21. Februar 2014, Seite 5 Vorteile - Nachteile • Vorteile: • Einfach zu verstehen • Einfache Umsetzung • Kein aufwendiges nachschlagen • Nachteile: • • • • • Arbeitsintensiv Unspezifische Massnahmen Fast immer Einzelzimmer erforderlich Handschuhe verhindern gute Händehygiene Sehr belastend für Betroffene 21. Februar 2014, Seite 6 Neue Konzepte 21. Februar 2014, Seite 7 Vorteile - Nachteile • Vorteile: • • • • • Spezifische Massnahmen Weniger Arbeitsbelastung Mehr Freiheiten für Betroffene Einfachere Regelungen für Besucher Bessere Händehygiene • Nachteile: • • • • Aufwendigeres nachschlagen Routine fehlt (noch) Vertrauen zu Massnahmen muss wieder wachsen Mehr Unterstützung durch Spitalhygiene erforderlich 21. Februar 2014, Seite 8 Evidenz für/gegen Isolation • In Niedrigprävalenz-Gebieten ohne klare Evidenz • Diskussion über Standardhygiene anstatt Isolation • Neue Konzepte stärken die Standardhygiene als Basismassnahme • Review 2013 aus Genf: „Kontaktisolation ist wahrscheinlich die effektivste Methode zur Verhinderung von Übertragungen von Multiresistenten Erregern (MRE).“ 1 • Tübbicke et al Review 20122: • Grundsätzlich protektiver Effekt der Isolation • Zum Unterbruch von Ausbruchsituationen gut belegt • Flankiert von Flächendesinfektion und forcierter Händehygiene 1 Landelle et al, Virulence. 2013 February 15; 4(2):163-171 2 Tübbicke et al, Eur J Clin Microbiol Infect Dis, 2012 Oct;31(10):2497-511 21. Februar 2014, Seite 9 MRSA Methicillin Resistenter Staphylococcus aureus • Resistenzgen • Häufiger Erreger bei Wund- und Hautinfektionen 21. Februar 2014, Seite 10 Verbreitung von MRSA am Körper 21. Februar 2014, Seite 11 Häufigkeit von MRSA in Europa CH 10% (5%) EARS, annual Report 2011, abgerufen 30.10.2013, 09:30 Uhr 21. Februar 2014, Seite 12 Häufigkeit MRSA am KSA Inzidenzdichte MRSA am KSA 0.14 0.12 0.12 0.1 0.1 0.09 0.08 0.07 0.06 0.06 0.06 0.06 0.06 0.04 0.04 0.03 0.03 0.03 2010 2011 0.02 0 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2012 21. Februar 2014, Seite 13 Empfohlene Massnahmen • Spital: • Strikte Isolation • Dekolonisation der Betroffenen • Umgebungsabklärung • Ausserhalb des Spitals • RKI • Standardhygiene häufig ausreichend • Bewohner im gleichen Zimmer ohne Risikofaktoren • Soziale Kontakte uneingeschränkt • Wunden verbunden, Katheter abgeleitet • Zur regelmässigen Händehygiene anhalten • Überschürze bei Verbänden, Umgang mit Blasenkatheter usw. • Mund-Nasen-Schutz bei endotrachealem Absaugen unabhängig von MRSA • Pflegeprodukte bewohnerbezogen einsetzten • Tägliche Reinigung und gezielte Desinfektion • Dekolonisation des Betroffenen • Umgebungsabklärung bei Häufung und begründetem Verdacht von Übertragungen 21. Februar 2014, Seite 14 Empfohlene Massnahmen 2 • Ausserhalb des Spitals • CDC • Individuelle Situation des Betroffenen und der Institution berücksichtigen • Gesunde, selbständige Bewohner eher in Standardhygiene • Kranke und pflegebedürftige Bewohner eher kontaktisolieren • Bewohner mit Diarrhoe, Wunden, Drainagen Gemeinschaftsaktivitäten ermöglichen • Spitex: Möglichst Einmalmaterial verwenden • KSA • Kontaktisolation bis zur erfolgreichen Dekolonisation • Falls Dekolonisation nicht möglich individuelle Lösung suchen • Wichtig: Händehygiene bei Personal und Bewohner 21. Februar 2014, Seite 15 Wirtschaftlichkeit der Isolation • Review über Kosteneffektivität in IPS3: • Vergleich von 2 neonatologischen Intensivstationen mit MRSA-Ausbruch: • Kosten für Überwachungskulturen, Isolation und 1min. Arbeitszeit (An-, Ausziehen Schutzausrüstung) = 48‘617-69‘637 US$ • Zusatzkosten die der Sepsis zugeschrieben werden könnten 19-27 mal höher sein • Korczak et al4: • Review zur medizinischen und ökonomischen Evaluation von präventiven und Kontrollmassnahmen bei Kolonisation oder Infektion mit MRSA in Krankenhäusern • Höhere Kosten bei MRSA Infektion auf Intensivstationen von 1‘622 Euro pro Tag (ca. 1‘946 CHF) • Screening wird mehrheitlich als kosteneffektiv beurteilt 3 4 Thampi et al, Crit Care. 2012; 16(1):202 Korszak et al, GMS HTA. 2010 Mar 16;6:Doc04 21. Februar 2014, Seite 16 Wirtschaftlichkeit der Isolation 2 • Cooper et al5: • Review von Isolationsstrategien beim Management von MRSA in Krankenhäusern, mit epidemiologischem und ökonomischem Modelling 5 Cooper et al, Health Technol Assess. 2003;7(39): 1-194 21. Februar 2014, Seite 17 Lohnen sich Isolationen bei MRSAPatienten? • Im Spital whs. kosteneffizient • verhinderte Übertragungen in Heimen??? verhindern Infektionen • Infektionen verursachen: • • • • AB-Therapie – bei MRE häufig teurer, länger und weniger gut wirksam Komplikationen – bleibende Schäden bis hin zum Tod Kosten – für Heim und Bewohner Zusätzliche Krankenhausaufenthalte • Zusätzliche, tatsächliche Kosten für Heime stehen verhinderten, möglichen Infektionen und Kosten gegenüber Berechnung von Präventionsmassnahmen schwierig 21. Februar 2014, Seite 18 ESBL-Bildner Extended-Spectrum Beta-Lactamase • β-Lactamase spaltet Penicillin • verschiedene Arten der β-Lactamase: • Unterschiedliche Fähigkeit β-Lactamase zu spalten • Unterschiedliche Resistenzmustern TEM-6 TEM-5 SHV-5 SHV-6 TEM-3 TEM-4 SHV-3 SHV-4 TEM-1 TEM-2 SHV-1 SHV-2 TEM SHV ESBL 21. Februar 2014, Seite 19 ESBL-Bildner • Resistenzinformation auf Plasmiden, die ausgetauscht werden können • Gramnegative Stäbchen • häufigste Isolate: • E. coli • Klebsiella spp. 21. Februar 2014, Seite 20 Vorkommen der ESBL-Bildner • Magen-Darm-Trakt (Reservoir) • Urin HWI bis Urosepsis • Wunden • selten respiratorische Besiedelung 21. Februar 2014, Seite 21 Resistenzmuster ESBL-Bildner 21. Februar 2014, Seite 22 Häufigkeit „ESBL“ in Europa CH 7% EARS, annual Report 2011, abgerufen 30.10.2013, 09:30 Uhr 21. Februar 2014, Seite 23 Häufigkeit MRSA und ESBL am KSA Inzidenzdichte MRSA und ESBL amb. und stat. am KSA 0.8 0.7 pro 1000 Patiententage 0.1 0.6 0.5 ESBL 0.6 0.3 0.2 0.1 0 MRSA 0.03 0.4 0.06 2001 0.03 2002 0.06 2003 0.12 0.09 0.07 0.06 2004 2005 2006 2007 0.04 0.06 0.2 0.2 0.2 2008 2009 2010 0.03 0.4 2011 2012 21. Februar 2014, Seite 24 Verbreitung ESBL • Über Lebensmittel insbesondere Fleisch? • Stiftung Warentest 17.10.2013: Hühnerfleisch im Test: riskante Keime entdeckt 21. Februar 2014, Seite 25 2011: 399 Hühnerfleisch-Abstriche (Supermärkte, Biomärkte), davon 175 (44%) positiv für ESBL 21. Februar 2014, Seite 26 Empfohlene Massnahmen • Spital: • RKI Hygienemassnahmen bei Infektion oder Besiedelung mit multiresistenten gramnegativen Stäbchen: • CDC: • Standardhygiene oder Kontaktisolation je nach regionalen Empfehlungen6 • Swissnoso: • Empfehlung ist in Bearbeitung 6 2007 Isolation Precautions: Preventing Transmission of Infectious Agents in Healthcare Settings 21. Februar 2014, Seite 27 Empfohlene Massnahmen 2 • Heime: • RKI: • In der Regel Standardhygiene angemessen • CDC: • Gleiche Empfehlung wie bei MRSA, keine Unterscheidung6 • KSA: • Individuelle Lösung • So wenig Einschränkung wie möglich 7 2006 Management of Multidrugresistent Organisms in Healthcare Settings 21. Februar 2014, Seite 28 Wirtschaftlichkeit der Isolation • Keine Studien/Daten für ESBL • Überlegungen wie bei MRSA: • Umweltresistenz MRSA > ESBL • Übertragbarkeit MRSA > ESBL • Bei Infektion gleiche Überlegung: • AB-Therapie – bei MRE häufig teurer, länger und weniger gut wirksam • Mortalität gegenüber sensiblen Stämmen erhöht • Kosten – für Heim und Bewohner • Zusätzliche Krankenhausaufenthalte 21. Februar 2014, Seite 29 Wirtschaftlichkeit der Isolation 2 • Ausbruchsituation: • Dokumentierte gehäufte nosokomiale Übertragungen • Ausbruch medizinische Intensivstation 2008: • 12 Patienten betroffen • Bettensperrungen (3 für 54 Tg, 2 für 30 Tg.) • Kosten für gesperrte Betten, Verlegung von Patienten wegen gesperrter Betten (90), Screening Umgebung und ein- und austretende Patienten, Isolationsmaterial: ca. 400‘000 CHF in 4 Monaten • Quelle wurde nie gefunden • Lohnt sich der Aufwand und die Kosten im Heim? • In Ausbruchsituationen ja • Bei vereinzelten kolonisierten Bewohnern steht Lebensqualität im Vordergrund 21. Februar 2014, Seite 30 Multi- und panresistente Erreger • Multiresistenz • 3/5 Antibiotikaklassen resistent II I III • Panresistenz A. baumanii E. coli KPC MRSA A. baumanii E. coli KPC MRSA • 5/5 Antibiotikaklassen resistent 21. Februar 2014, Seite 31 Empfohlene Massnahmen • Spital: • RKI Hygienemassnahmen bei Infektion oder Besiedelung mit multiresistenten gramnegativen Stäbchen: 21. Februar 2014, Seite 32 Empfohlene Massnahmen 2 • Spital: • CDC: • Gleiche Empfehlung wie bei MRSA, keine Unterscheidung6 • Standardhygiene oder Kontaktisolation je nach regionalen Empfehlungen7 • Swissnoso: • Empfehlung ist in Bearbeitung • Heime: • RKI: • In der Regel Standardhygiene angemessen • CDC: • Gleiche Empfehlung wie bei MRSA, keine Unterscheidung • KSA: • Individuelle Lösung • So wenig Einschränkung wie möglich 6 2006 7 Management of Multidrugresistent Organisms in Healthcare Settings 2007 Isolation Precautions: Preventing Transmission of Infectious Agents in Healthcare Settings 21. Februar 2014, Seite 33 Wirtschaftlichkeit der Isolation • Keine Studien/Daten für MRE/PRE • Überlegungen wie bei MRSA und ESBL: • Umweltresistenz abhängig von Erreger • Übertragbarkeit abhängig von Erreger • Bei Infektion gleiche Überlegung: • AB-Therapie • MRE häufig teurer, länger und weniger gut wirksam • PRE kaum möglich, wesentlich schlechtere Wirksamkeit • Mortalität gegenüber sensiblen Stämmen erhöht • Kosten – für Heim und Bewohner • Zusätzliche Krankenhausaufenthalte 21. Februar 2014, Seite 34 Wirtschaftlichkeit der Isolation 2 • Ausbruchsituation: • Dokumentierte gehäufte nosokomiale Übertragungen • Lohnt sich der Aufwand und die Kosten im Heim? • In Ausbruchsituationen ja • Bei vereinzelten kolonisierten Bewohnern steht Lebensqualität im Vordergrund individuelle Lösungen in Zusammenarbeit Heim/Spitalhygiene 21. Februar 2014, Seite 35 Zusammenfassung MRE Erreger Hygienemassnahmen ausserhalb Spital MRSA Isolation angepasst an Lebenssituation bis zur Dekolonisation ESBL Standardhygiene, Ausbruchsituation verschärfte Hygienemassnahmen Multiresistente gramnegative Erreger Standardhygiene, Einzelzimmer wenn möglich Ausbruchsituation verschärfte Hygienemassnahmen Panresistente Errege z.B. A. baumanii Individuelle Lösungen, Einzelzimmer Ausbruchsituation verschärfte Hygienemassnahmen 21. Februar 2014, Seite 36 Fazit • Ungenügende Empfehlungen für Heime • Kosteneffektivität der Isolation ist nur für MRSA im Spital belegt • Deshalb Händehygiene, denn: