Kapitel 2 Bundeswaldinventur und Fernerkundung 2.1 Inventurverfahren der Bundeswaldinventur Die rechtliche Grundlage der deutschen Bundeswaldinventur (BWI) ist das Bundeswaldgesetz, in dem die Durchführung einer „auf das gesamte Bundesgebiet bezogenen forstlichen Großrauminventur auf Stichprobenbasis“ (Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, 1975, § 41a) gesetzlich verankert ist. Die erste bundesweite Datenerhebung im Rahmen der BWI I fand von 1986 bis 1988 in den alten Bundesländern statt. Auf dem Gebiet der neuen Bundesländer gab es in diesem Zeitraum keine vergleichbare Großrauminventur. Deshalb ist die BWI II, deren Daten von 2000 bis 2002 aufgenommen wurden, in den neuen Bundesländern eine Erstinventur. Die BWI wird nach einem terrestrischen Stichprobenverfahren mit systematischer Stichprobenverteilung über das gesamte Gebiet der Bundesrepublik Deutschland durchgeführt. Der Anordnung der Stichproben liegt ein 4 km × 4 km-Gitternetz (1) zugrunde. Dieses Grundnetz ist in das GaußKrüger-Koordinatensystem eingepasst. Auf Wunsch der Bundesländer wurde die Stichprobendichte innerhalb sogenannter Verdichtungsgebiete regional verdoppelt, was einem 2, 83 km × 2, 83 kmVerband (2) entspricht oder aber vervierfacht, so dass ein 2 km × 2 km-Netz (4) entsteht (siehe Abb. 2.1). Die doppelte Stichprobendichte kommt in Teilen Bayerns, Niedersachsens, Thüringens und im gesamten Bundesland Sachsen und die vierfache in den Ländern Baden-Württemberg, MecklenburgVorpommern, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz zur Anwendung. 1 1 1 4 1 2 km 4 km 1 1 2 4 2 4 2,83 km 1 4 1 2 4 2 4 4 1 1 1 16 km2: einfache Stichprobendichte 1 8 km2: doppelte Stichprobendichte 4 km2: vierfache Stichprobendichte Abbildung 2.1: Systematische Stichprobenverteilung und Stichprobennetz der BWI 5 2 Bundeswaldinventur und Fernerkundung Winkelzählprobe Zählfaktor 1 (2) für Bäume über 4 m Höhe r = 1m für Probebäume 20 cm ≤ Höhe ≤ 50 cm Winkelzählprobe Zählfaktor 4 für BHD ≤ 7 cm r = 10 m für Bäume bis 4 m Höhe, Sträucher und Bodenvegetation r = 1,75 m für Probebäume Höhe > 50 cm und BHD < 7 cm r = 5 m für Totholz r = 25 m für Geländemerkmale und Waldränder Abbildung 2.2: Datenaufnahme an der Traktecke (nach Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (Hrsg.) (2001)) Die BWI ist eine rein terrestrische, einphasige Inventur, deren Stichprobendesign dem einer einstufigen Clusterstichprobe entspricht. Die kleinste Stichprobeneinheit ist der Trakt, auch Cluster genannt, der eine quadratische Fläche mit einer Seitenlänge von 150 m umschließt. Die Seiten des Traktes, die in Nord-Süd bzw. Ost-West-Richtung orientiert sind, bilden die Traktlinien. Die Traktkoordinaten geben die Lage der südwestlichen Traktecke an. Über Waldverteilungskarten oder Luftbilder wird dem Trakt der aktuelle Status zugewiesen. Sobald mindestens eine der vier Traktecken im Wald liegt, handelt es sich um einen Waldtrakt, dessen Daten erhoben werden. Dies umfasst Winkelzählproben mit verschiedenen Zählfaktoren und die Aufnahme von Probekreisen mit unterschiedlichen Radien an der Traktecke (siehe Abb. 2.2). Bei der Erstaufnahme erfolgte auf den Traktlinien eine Wegeinventur. Trakte, die nach der Karten- bzw. Luftbilddarstellung zweifelsfrei außerhalb des Waldes liegen, sind Nichtwaldtrakte und werden im Gelände nicht aufgesucht. An den Bäumen, die mit der Winkelzählprobe mit Zählfaktor 4 als Probebäume ausgewählt wurden, werden die meisten Inventurdaten aufgenommen. Dazu zählen unter anderem Baumart, Bestandesschicht, Brusthöhendurchmesser, Baumklasse, Baumalter, Baumhöhe, oberer Durchmesser, Höhenkennziffer, Stammschäden und Astung. Die Winkelzählproben mit Zählfaktor 1 oder 2 dienen der Erfassung der Baumartenanteile am Probepunkt, woraus zum Beispiel Bestockungstypen und Mischungsverhältnisse abgeleitet werden. Probekreise mit fester Größe werden zur Aufnahme 6 2.2 Satellitengestützte Fernerkundungssysteme von Totholz, der Beschreibung von Strauchschicht, Bodenvegetation und Waldrändern sowie zur Erfassung von Merkmalen der Verjüngung etc. angelegt. Somit wurden insgesamt circa 150 Merkmale erhoben. Im Gegensatz zur BWI I deckt die BWI II ein größeres Informationsspektrum mit stärkerem Gewicht auf ökologischen Attributen ab. Während die BWI I im Wesentlichen auf die Erhebung von Bestandesmerkmalen ausgerichtet war, hat die zweite Großrauminventur auch über Bestandesgrenzen hinweg Daten erfasst. Obwohl zwischen beiden Inventuren Unterschiede in den Aufnahmeverfahren bestehen, sind die Zielgrößen, wie beispielsweise Waldfläche und Vorrat direkt miteinander vergleichbar, da die Algorithmen zur Hochrechnung der Daten adaptiert wurden. 2.2 2.2.1 Satellitengestützte Fernerkundungssysteme Überblick zur Fernerkundung Das weite Betätigungsfeld der Fernerkundung (FE) wird seit nunmehr über 100 Jahren bearbeitet (Albertz, 2001). Insofern verwundert es nicht, dass es bereits unzählige Texte zur Einführung und Vertiefung in dieses Thema gibt. Aus diesem Grund sollen hier zur Einstimmung nur in aller Kürze einige Grundlagen der FE ausgeführt werden. So facettenreich wie die FE selbst ist, fallen auch die Feinheiten der möglichen Definitionen aus. Nach Albertz (2001) ist „Fernerkundung“ ein indirektes Beobachtungsverfahren, welches berührungsfrei Informationen von Objekten auf der Erde sammelt, in dem es von den Objekten emittierte/reflektierte elektromagnetische Strahlung bzw. Wellen registriert. Als Trägersysteme kommen in den meisten Fällen Flugzeuge oder Satelliten in Frage. Innerhalb des elektromagnetischen Spektrums gibt es mehrere Bereiche, die durch spezielle Sensoren erfasst werden. Besonderes Interesse gilt den Bereichen des sichtbaren Lichtes, der Infrarotund Wärmestrahlung sowie den Radar-/Mikrowellen. Die Messgeräte können passiv oder aktiv arbeiten: Passive Sensoren registrieren ausschließlich reflektierte Sonnenstrahlung bzw. emittierte Eigenstrahlung der betrachteten Objekte, aktive Systeme senden hingegen selbst ein „Mess-Signal“ (v. a. Laser- und Radarwellen) aus, dessen reflektierte Energie aufgezeichnet wird. FE-Erzeugnisse kommen in unterschiedlichsten Bereichen zum Einsatz. Im zivilen Sektor reichen die Nutzungsmöglichkeiten vom einfachen Luftbild über Kartographie, Meteorologie, Geologie etc. bis hin zu Ökosystem-Forschung und Umweltmonitoring. Auch auf dem forstlichen Sektor ist der zunehmende Bedarf an aktuellen Informationen unumstritten, die u.a. von Internationalen Organisationen (European Commission, FAO, Eurostat, WWF), Ministerien, Forschungseinrichtungen und Universitäten sowie der Holzindustrie benötigt werden (Lin und Paivinen, 1999). Eine umfassende Aufzählung würde den Rahmen dieser kurzen Einführung übersteigen. Weitere Informationen zu Grundlagen der Fernerkundung und Fernerkundungssystemen finden sich u.a. bei Hildebrandt (1996), Campbell (1996), Richards und Jia (1999), Lillesand und Kiefer (2000) und Albertz (2001). 2.2.2 Das Sensorensystem Landsat Seit dem Start des ersten Landsat-Satelliten im Jahre 1972, der damals noch als „Earth Resources Technology Satellite“ bezeichnet wurde, umkreisen ohne Unterbrechung Erdbeobachtungssysteme dieses Forschungsprogramms1 die Erde. Zwar scheiterte die Inbetriebnahme des Landsat 6-Satelliten im Jahre 1993, aber die Langlebigkeit des seit 1984 operativen Landsat 5 und der 1999 erfolgte Start von Landsat 7 stellten die Kontinuität des Programms sicher. Mit der geplanten „Landsat Data Continuity Mission“ (LDCM) soll Mitte 2011 ein neuer Satellit im Orbit die Landsat-Ära fortsetzen (Loveland, 2007). Mit einer Pixelgröße von 30 m×30 m zählen die Sensorensysteme der Landsat 5- und 7-Satelliten zu FE-Plattformen mittlerer räumlicher Auflösung. Beide Systeme umkreisen die Erde in einer Höhe von 705 km und überfliegen dieselbe Stelle in 16-tägigem Intervall. Die Breite eines Scanstreifens 1 gemeinschaftlich betrieben durch National Aeronautics and Space Administration (NASA) und United States Geological Survey (USGS) 7 2 Bundeswaldinventur und Fernerkundung Tabelle 2.1: Geometrische und spektrale Auflösung der Instrumente TM und ETM+ Kanal Geometrische Auflösung in m Spektrale Auflösung in nm Bereich des Spektrums 1 2 3 4 5 6 7 Pana 30 30 30 30 30 60a /120b 30 15 450–520 520–600 630–690 760–900 1.550–1.750 10.400–12.500 2.080–2.350 500–900 sichtbares Blau sichtbares Grün sichtbares Rot nahes Infrarot (NIR) mittleres Infrarot (MIR) thermisches Infrarot (TIR) mittleres Infrarot (MIR) Grün, Rot, NIR Quelle: NASA (1998) Enhanced Thematic Mapper Plus, Sensor an Bord von Landsat 7 b Thematic Mapper, Sensor an Bord von Landsat 5 a Abbildung 2.3 Landsat 7 mit Sensor ETM+ schematisch ( NASA (1999)) beträgt 183 km und ist 170 km lang, so dass eine Landsat-Vollszene eine Fläche von ca. 31.000 km2 abdeckt. Diese Spezifikationen sollen auch für den zukünftigen Satelliten „Landsat Data Continuity Mission“ beibehalten werden. Die Kanäle 1–5 und 7 der Landsat 5- und 7-Systeme differieren hinsichtlich Auflösung und aufgezeichnetem Spektralbereich nicht. Unterschiede bestehen im Kanal 6 (thermisches Infrarot). Zudem bietet das Landsat 7-ETM+ -Sensorensystem (Enhanced Thematic Mapper Plus, Sensor an Bord von Landsat 7) gegenüber dem TM-System von Landsat 5 (Thematic Mapper, Sensor an Bord von Landsat 5) einen zusätzlichen panchromatischen Kanal (pan). Der neue LDCM-Satellit soll zwei zusätzliche spektrale Kanäle aufnehmen: einen „ultra-blau“-Kanal um 430 nm für Küsten- und Aersol-Untersuchungen und einen Kanal um 1.375 nm zur Erkennung von Cirruswolken. Die Informationen im Bereich des thermischen Infrarots werden mit dem LDCM zukünftig nicht mehr erhoben (Loveland, 2007). Eine Zusammenstellung der Charakteristika der Landsat 5- und 7-Systeme bietet Tabelle 2.1, während Abbildung 2.3 einen schematischen Überblick über die Subsysteme des Landsat 7-Satelliten vermittelt. In Abbildung 2.4 sind Landsat und QuickBird gegenüberstellt. 2.2.3 Das Sensorensystem QuickBird Instrumente zur Fernerkundung und ihr Einsatz unterlagen in den vergangenen Jahrzehnten in erheblichem Maße Veränderungen (Hildebrandt, 1996). Wurden bis in die 90er Jahre des letzten Jahrhunderts Satelliten zur Erderkundung hauptsächlich von staatlichen Organisationen2 eingesetzt und administriert, wandelte sich dies u. a. mit den erfolgreichen Starts der kommerziellen Satelliten Ikonos und QuickBird. Einen umfassenden Überblick über staatliche Aktivitäten zur Integration von kommerziellen FE-Produkten in staatliche Programme bieten Birk et al. (2003) am Beispiel der USA. Wesentliche Anstrengungen auf diesem Gebiet beinhalten die Verifizierung und Validierung der durch nicht-staatliche Anbieter bereitgestellten Daten. Das hochauflösende System QuickBird der amerikanischen Firma DigitalGlobe wurde im Oktober 2001 in einen 450 km hohen Orbit gebracht (DigitalGlobe , a). QuickBird besteht im 2 8 hochauflösende Systeme vornehmlich unter militärischer Verwaltung 2.2 Satellitengestützte Fernerkundungssysteme Tabelle 2.2: Geometrische und spektrale Auflösung des Satelliten QuickBird Kanal Geometrische Auflösunga in m Spektrale Auflösung in nm Blau Grün Rot NIR 2,44–2,88 450–520 520–600 630–690 760–900 Pan 0,61–0,72 445–900 Quelle: DigitalGlobe (a) a 0 bzw. 25◦ vom Nadir (a) ETM+ im Reinraum (NASA) (b) LS7 im Reinraum (NASA) (c) QuickBird im Reinraum (Ball Aerospace) (d) QuickBird im All, Künstlervision (DigitalGlobe ) Abbildung 2.4: Die Systeme Landsat und QuickBird ( NASA (1999) bzw. DigitalGlobe (b)) Wesentlichen aus einem Transportfahrzeug3 und dem daran montierten optischen System4 (Ball Aerospace & Technologies Corp., a,b,c). Abbildung 2.4 vermittelt einen Eindruck des 3,04 m langen Raumfahrzeuges. Die Kamera des QuickBird-Systems ist ähnlich den Instrumenten von Landsat ein multispektraler Scanner. Es stehen vier Farbbänder (Blau, Grün, Rot und NIR) sowie ein panchromatischer Kanal zur Verfügung (Tabelle 2.2). Mit einer räumlichen Auflösung von 0,61 m (Nadir) im panchromatischen und 2,44 m (Nadir) im multispektralen Bereich können diese Daten den „very high resolution“ (VHR)-Systemen zugeordnet werden (Ehlers, 2002). Im Vergleich zu den Landsat 7-Daten ergibt sich eine um Faktor 12 gestiegene räumliche Auflösung im Multispektralbereich, der panchromatische Kanal löst sogar um Faktor 24 höher auf. Gewählter Orbit und verwendete Sensor- und Speichertechnik gestatten die Aufnahme von Einzel- oder Streifenszenen der Größen 16, 5 km × 16, 5 km bzw. 16, 5 km × 165 km. Der mögliche Aufnahmekorridor erstreckt sich ca. 272 km zu beiden Seiten der projizierten Flugbahn; dieselbe Stelle am Boden wird wieder nach 2–3 Tagen überflogen. 2.2.4 Datenverfügbarkeit Ein wesentlicher Gesichtspunkt bei der Entwicklung eines Inventurverfahrens mit Fernerkundungsphase ist die Datenverfügbarkeit der in Frage kommenden FE-Systeme entsprechend den Anwendungsbedürfnissen. Besteht die Möglichkeit zur Verwendung eines sensorunspezifischen Verfahrens, ist die Anfälligkeit gegenüber Systemausfällen seitens der Satellitensensoren natürlich geringer. Dies war z. B. für Richards et al. (2000) eine der Prämissen bei der Entwicklung ihres Inventurverfahrens. Die entwickelten Algorithmen zur Klassifikation und Inventarisierung forstlicher Zielgrößen gehen zwar nicht ausschließlich von einem System aus; bestimmte Eigenschaften müssten Alternativsensoren dennoch aufweisen. Dabei sind eine multispektrale Erfassung und eine vergleichbare 3 4 „Ball Aerospace Commercial Platform 2000“ „Ball Aerospace High-resolution Camera 60“, in Zusammenarbeit mit Kodak 9 2 Bundeswaldinventur und Fernerkundung Auflösung bei ähnlicher Flächenabdeckung an erster Stelle zu nennen. Zur Optimierung eines Stichprobenverfahrens sind überdies die anfallenden Kosten ein entscheidender Parameter (Cochran, 1977, Köhl, 1994). Aufgrund der zunehmenden Verfügbarkeit von georeferenzierten, flächendeckenden Daten mittlerer, hoher und höchster Auflösung stehen neben den beispielhaft untersuchten Systemen Landsat und QuickBird verschiedene andere Alternativen zur Verfügung (siehe Kapitel 2.2.1). Die Wahl geeigneter Satellitendaten sollte dann entsprechend der jeweiligen Zielstellung und der vorgegebenen Parameter erfolgen. 2.2.4.1 Landsat Eine Untersuchung im Datenarchiv des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), die von Winter (1987) durchgeführt wurde, verdeutlicht die Herausforderung bei dem Vorhaben, Deutschland umfassend mit Satellitenszenen des Sensors Landsat abdecken zu wollen. Deutschland umfasst eine Fläche von etwa 358.000 km2, zu deren vollständigen Abdeckung insgesamt 32 LandsatTM-Vollszenen aus einem Zeitraum von zwei bis drei Jahren benötigt werden. Inzwischen ist die Datenbasis gewachsen und es stehen Daten des ETM+ -Sensors zur Verfügung. Trotzdem mussten bei der Kartierung der Bodenbedeckungsklassen im Rahmen des deutschen Teils des europäischen Projektes „CORINE Land Cover 2000“ sowohl Szenen von 1999 (9 Szenen) als auch 2001 (4 Szenen) herangezogen werden, da von den 32 notwendigen nur 19 aus dem Jahr 2000 verwendbar waren (Keil et al., 2003). Im Hinblick auf internationale Berichterstattungspflichten stellt die Verwendung von Daten aus drei unterschiedlichen Jahren sicher kein unüberwindliches Problem dar; die Kartierung großflächiger Schadereignisse wie bspw. Stürme wird hingegen erheblich erschwert, wenn von den betroffenen Gebieten keine aktuellen FE-Daten unmittelbar nach der Störung verfügbar sind. Bei der Konzipierung von Inventurverfahren, die Stichproben verwenden, erübrigt sich der Zwang zur vollständigen Abdeckung der Landesfläche. Dennoch kann nicht ausgeschlossen werden, dass bspw. bei einem systematischen Stichprobenmuster durch die wiederholte Überdeckung derselben Stelle durch Wolken oder andere atmosphärische Störungen eine Szenenverwendung unmöglich wird. Landsat 7 erfüllte das ursprüngliche Missionsziel mit der Vollendung des fünften Einsatzjahres bereits im April 2004 (United States Geological Survey, 2004). Am 31. Mai 2003 fiel das Modul zur Kompensation der Vorwärtsbewegung des Satelliten (der Scanline Corrector (SLC)) während der Abtastung aus und konnte nicht wieder in Betrieb genommen werden. Damit verringerte sich die aufgenommene Fläche einer Szene um 22 %. Vom Center for Earth Resources and Science des USGS wurden verschiedene Optionen entwickelt, um diese Daten dennoch nutzen zu können (United States Geological Survey, 2008b). Das Landsat 5-TM-System ist nach mehr als 20 Jahren Betriebszeit zwar ebenfalls noch einsatzfähig , liefert aber ebenso keine einwandfreien Daten mehr (Eurimage, 2008). Mitte 2011 soll der neue Satellit Landsat Data Continuity Mission das Landsat-Programm fortsetzten (United States Geological Survey, 2008a), (NASA, 2008). Für Wissenschaftler ist dieses eines der wichtigsten Standbeine der FE überhaupt, da beim Design der Landsat-Instrumente zahlreichen wissenschaftlichen Ansprüchen Rechnung getragen wurde (Marburger, 2004). Diese Probleme unterstreichen die Notwendigkeit einer Verfahrensauslegung für unterschiedliche Sensorentypen, wie einführend bereits dargelegt wurde. Die technisch am ehesten verwandten Systeme SPOT5 und IRS6 offerieren eine etwas höhere Auflösung zu wesentlich höheren Preisen (SPOT, 2005, Euromap, 2005), was ihre Kompatibilität mit den vorgeschlagenen Verfahren einschränkt. 2.2.4.2 QuickBird Die Dokumentation von Systemfehlern bei QuickBird, einem kommerziellen System, ist weniger transparent als bei Landsat. Eine Einschätzung der Zuverlässigkeit der Datenversorgung fällt damit schwerer. QuickBird ist laut Herstellerangaben für eine 7-jährige Betriebszeit mit Treibstoff befüllt (DigitalGlobe , a). Damit hat der Satellit im Jahr 2008 die Herstellererwartungen erfüllt. Die Firma DigitalGlobe hat nun laut ihrem Internetauftritt den Anspruch, mit ihrem 5 6 10 Systeme Probatoire d’Observation de la Terre Indian Remote Sensing Satellite 2.3 Testgebiete System ein sehr agiles und reaktionsschnelles Instrument zur Verfügung zu stellen. Inwieweit ein dadurch bedingter häufiger Wechsel in Ausrichtung und Lage den Treibstoffverbrauch bzw. die Lebensdauer beeinflusst, ist für den Datennutzer ungewiss. Die Verfügbarkeit von QuickBird-Daten hängt neben dem gewünschten Produkt von verschiedenen anderen Faktoren ab. Verzögerungen der garantierten Lieferbarkeit von Daten können u. a. durch eine eingeschränkte Aufnahmezeit von Daten, den Aufnahmewinkel, den Bewölkungsanteil oder die Größe der Szene entstehen (Kleinschmit et al., 2007). Zudem können unerwartete Ereignisse, wie Naturkatastrophen oder miltitärische Auseinandersetzungen, zu einer akuten Datennachfrage führen, die die Aufnahmekapazitäten übersteigt. Zumeist haben dabei Bestellungen für „hot spots“ oder große Flächen Vorrang vor kleinen Aufnahmen, wie dies meist bei Forschungsprojekten der Fall ist. So vergingen beispielsweise zwischen der Datenbestellung bei dem QuickBirdVertriebspartner Eurimage im Juli 2003 bis zur Lieferung der QuickBird-Daten 21 Monate. Allerdings war nur ein Teil des spezifizierten Aufnahmegebietes als wolkenfreie Szene lieferbar. Um eine möglichst zeitnahe Datenlieferung zu erzielen, kann alternativ die Zusammenarbeit mit lokalen Datenverkäufern oder auch der Anschluss von Bestellungen an Großkunden oder Konsortien empfohlen werden. QuickBird steht mit seinem räumlichen Auflösungsvermögen gegenwärtig an der Spitze nichtmilitärischer Satelliten. Geringfügig gröbere Auflösungen liefern die Instrumente von Ikonos und OrbView-3. 2.2.4.3 Visueller Vergleich beider Systeme Den Abschluss dieses Abschnittes bildet eine kurze Gegenüberstellung beider FE-Produkte. Damit wird verdeutlicht, welchen Weg die Sensoren-Technik bis heute zurückgelegt hat. In Abbildung 2.5 sind Aufnahmen der verschiedenen Sensoren für einen identischen Ausschnitt des Pfälzerwaldes gegenübergestellt. Alle Datensätze wurden in neuberechneter Form („resampled“) geliefert. Aus diesem Grund entsprechen die Beispielabbildungen nicht den nativen Auflösungen der Sensoren. Es wird dreimal derselbe Bildausschnitt (allerdings zu unterschiedlichen Zeitpunkten) gezeigt. Die multispektrale Darstellung erfolgt in Echtfarben, d. h., die Kanäle eins, zwei und drei wurden den Farben blau, grün bzw. rot zugeordnet. QuickBird offeriert verglichen mit Landsat 7 naturgemäß eine enorme Fülle an Details. Dabei ist allerdings zu beachten, dass eine hohe räumliche Auflösung keine Universallösung für jedwede Fragestellung darstellt. Auch heute haben Sensoren mit wesentlich gröberer Auflösung ihre Daseinsberechtigung, da sie ungleich größere Gebiete pro Überflug kartieren können und einen mehrere Größenordnungen kleineren Preis haben (min. 40 km2 pro investiertem Dollar bei Landsat versus 0,02 km2 /$ bei QuickBird im teuersten Fall). 2.3 Testgebiete In Hinblick auf die Weiterentwicklung einer Großrauminventur wurden fünf Testgebiete nach unterschiedlichen Kriterien ausgewählt, wobei vielfältige Aspekte und Fragestellungen zu berücksichtigen waren: • Bestockung mit verschiedenen Baumarten, • unterschiedliche Altersklassen und Mischungsformen, • Unterschiede der räumlichen Struktur der Wälder sowie der Waldverteilung über der Fläche (zusammenhängende und kleinräumige, fragmentierte Waldgebiete), • Berücksichtigung unterschiedlicher geologischer, pedologischer und mesoklimatischer Bedingungen, • Abdeckung verschiedener Reliefformen, 11 2 Bundeswaldinventur und Fernerkundung 0,1 km 0,1 km (a) (b) 0,1 km (c) Abbildung 2.5: Sensoraufnahmen für einen identischen Ausschnitt des Pfälzerwaldes von QuickBird (pan), Pixelgröße 0,70 m (a), QuickBird (ms), Pixelgröße: 2,80 m (b) und Landsat 7 (ms) Pixelgröße: 25,00 m (c) • Integration unterschiedlicher Verdichtungsgebiete der BWI, • Berücksichtigung neuer Bundesländer (Erstinventur) und alter Bundesländer (Wiederholungsinventur) und • geeignete Flächengröße des Testgebietes, um repräsentative und statistisch gesicherte Ergebnisse zu liefern. Aus dieser Aufzählung wird ersichtlich, dass die Auswahl der Testgebiete mit dem Ziel erfolgte, möglichst unterschiedliche Waldverhältnisse in Deutschland abzudecken und zugleich potentiell kritische Flächen in die Fernerkundungsphase einzuschließen. Die Testgebiete umfassen in der Summe eine Fläche von mehr als 30.000 km2. Dies entspricht etwa 8,6 % der Fläche Deutschlands. Die Festlegung einer derartig großen Testfläche ist ein Novum im Bereich von Fernerkundungsstudien, da stattdessen vielfach eine kleinräumige Bearbeitung sehr spezifischer Fragestellungen erfolgt. Der durchschnittliche, flächengewichtete Waldanteil beträgt ca. 42 % und liegt deutlich über dem Bundesmittelwert von rund 31 %. Mit den fünf untersuchten Gebiete werden 11 % der deutschen Waldfläche repräsentiert. Die Angaben zu den einzelnen Testgebieten und deren Lage sind in Abbildung 2.6 und Tabelle 2.3 dargestellt. Sie sind an die Beschreibung der „Waldökologischen Naturräume Deutschlands“ (Gauer und Aldinger, 2005) angelehnt. Vergleichende Informationen zur Altersstruktur und Baumartenverteilung liefert Abbildung 2.7. Überwiegend jüngere Bestände mit einem Alter von zumeist unter 75 Jahren bilden den Wald in den ersten drei Testgebieten. Im Alpen-Testgebiet liegt eine flachere Verteilung mit dem Schwerpunkt auf älteren Beständen um 100 Jahre vor. Eine zweigipflige Verteilung deutet sich im Pfälzerwald an. Lokale Maxima liegen bei 40 bzw. 75 Jahren. Die Fichte ist die häufigste Baumart des Westlichen und Östlichen Mittelgebirges sowie der 12 2.3 Testgebiete Abbildung 2.6: Lage der Testgebiete Tabelle 2.3: Geographische Informationen zu den Testgebieten Testgebiet 1 2 3 4 5 5 QuickBird Bezeichnung und Gebietsgröße Ecke Westliches Mielgebirge 8.000 km² Nordostdeutsches Tiefland 10.000 km² Östliches Mielgebirge 5.100 km² Alpen 4.150 km² Pfälzerwald 3.600 km² Pfälzerwald 581 km² links oben rechts unten links oben rechts unten links oben rechts unten links oben rechts unten links oben rechts unten links oben rechts unten Gauß-Krüger-Koordinaten MielRechtswert Hochwert meridian 9° 3.390.000 5.710.000 9° 3.470.000 5.610.000 12° 4.510.000 5.930.000 12° 4.630.000 5.850.000 15° 5.380.000 5.690.000 15° 5.460.000 5.600.000 12° 4.440.000 5.300.000 12° 4.590.000 5.250.000 9° 3.390.000 5.500.000 9° 3.445.000 5.430.000 9° 3.405.305 5.483.600 9° 3.423.510 5.449.918 Alpen, während im Nordostdeutschen Tiefland vorwiegend Kiefern stocken. Im Pfälzerwald ist das Verhältnis zwischen Nadel- und Laubbäumen ausgewogener. 2.3.1 Westliches Mittelgebirge Dieses Testgebiet liegt in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Hessen. Die BWI-Daten wurden hier als Wiederholungsinventur erhoben. In Rheinland-Pfalz wurde das Stichprobennetz auf 2 km × 2 km verdichtet. Die Mittelgebirgslandschaft umfasst den Arnsberger Wald, das Sauerland, das Rothaargebirge und einen Teil des Westerwaldes und ist durch Bergrücken, Einzelberge und Täler stark gegliedert. Der überwiegende Teil des Gebietes liegt in Höhen zwischen 300 m und 600 m über NN, wobei das Höhenprofil bereits bei 100 m über NN beginnt und bis zu 840 m über NN (u. a. Langenberg, Kahler Asten) reicht. Der Anteil der Nadel- und Nadelmischwälder liegt bei 63 %. Die durchschnittliche Waldrandlänge von 53 m/ha spricht für einen mittleren Fragmentierungsgrad in diesem Gebiet. 13 2 Bundeswaldinventur und Fernerkundung (a) Altersstruktur (b) Baumartenverteilung, SNB = sonstige Nadelbäume, SLB = sonstige Laubbäume Abbildung 2.7: Altersstruktur und Baumarten der Testgebiete im Vergleich 2.3.2 Nordostdeutsches Tiefland Die nordostdeutsche Tieflandregion ist überwiegend planar, höchste Erhebung ist der Feldberg mit 145 m. Das Gebiet befindet sich in den Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg. Die terrestrischen Aufnahmen wurden erstmalig durchgeführt; in Mecklenburg-Vorpommern mit einem 2 km×2 km verdichten Stichprobenraster. Ein auffälliges Merkmal dieser Landschaft sind die zahllosen Seen, beispielsweise der Feldberger Seenlandschaft oder des Nationalparks Müritz. Ebenso ist das Biosphärenreservat Schorfheide ein Teil des Testgebietes. Aufgrund der günstigen Standortverhältnisse und klimatischen Bedingungen ist in diesem Untersuchungsraum das größte, geschlossene Buchengebiet Brandenburgs zu finden. Die eiszeitlich geprägte Landschaft wird vor allem landwirtschaftlich genutzt, so dass neben größeren, geschlossenen Waldflächen auch kleinräumige, inselartige Waldvorkommen zu finden sind. Mit einer Waldrandlänge von 47 m/ha sind die Waldareale gegenüber dem ersten Testgebiet weniger fragmentiert. Der Waldanteil liegt bei 36 %, wobei Nadel- und Nadelmischwälder mit 73 % dominieren. 2.3.3 Östliches Mittelgebirge Das in Sachsen untersuchte Gebiet umfasst die Dresdner Elbtalzone, das Elbsandsteingebirge, Teile des Westlausitzer Hügel- und Berglandes und des Erzgebirges. Im Süden wird es von der Tschechischen Republik begrenzt und im Norden reicht es bis an die Ausdehnungsgrenze des nordostdeutschen Tieflandes, so dass Höhen zwischen 100 m bis 900 m (Kahleberg 905 m) erreicht werden. Die Daten der BWI wurden hier als Erstaufnahme mit einem Stichprobennetz von 2, 83 km × 2, 83 km erhoben. Heute werden die Wälder, die ca. 30 % des Gebietes bedecken, zum überwiegenden Teil von Nadelmischbeständen gebildet. Die durchschnittlichen Waldrandlänge von 60 m/ha spiegelt die starke Fragmentierung und Zergliederung der Waldflächen im Östlichen Mittelgebirge wider. 14 2.4 Datengrundlage 2.3.4 Alpen Das Testgebiet Alpen erstreckt sich vom Alpenvorland bis zur österreichischen Grenze, so dass das Höhenprofil von 300 m bis 2.800 m (Karwendelmassiv) reicht. Dieses Gebiet wurde gewählt, um die Auswirkungen schwieriger Topographie zu analysieren. Die große Reliefenergie der Alpen mit Höhenunterschieden von mehr als 1.000 m auf engem Raum und damit einhergehende Licht- und Schatteneffekte sowie projektionsbedingte Verzerrungen bilden komplizierte Ausgangsbedingungen für die Kartierung von Waldflächen. Für diese Region Bayerns wurde eine Wiederholungsinventur im 4 km × 4 km-Grundnetz der BWI durchgeführt. Charakteristisches Merkmal des Alpenvorlandes sind die oberbayrischen Seen und zahlreiche Alpenflüsse, die durch die Endmoränenwälle strömen. Daran schließt sich das junge, alpine Faltengebirge an, in dem von der submontanen bis zur alpinen alle Höhenstufen vorkommen. Aufgrund der Waldentwicklung ist der Anteil an Laubbäumen stark zurückgegangen und Nadelbäume, insbesondere die Fichte, bestimmen das Waldbild mit einem Anteil von 74 %. Fast genau 60 % der Fläche sind bestockt. Zusammen mit dem Testgebiet Pfälzerwald verfügt es mit einer mittleren Waldrandlänge von 36 m/ha über die kompaktesten Waldflächen. 2.3.5 Pfälzerwald Der Pfälzerwald liegt vollständig in Rheinland-Pfalz und wurde im Rahmen der BWI zum zweiten Mal mit der vierfachen Stichprobendichte (2 km × 2 km) und in den Kernzonen des Biosphärenreservates Pfälzerwald zusätzlich mit einem 500 m × 500 m Stichprobennetz inventarisiert. Das „bunte Sandsteingebirge der Pfalz“ ist das nordwestliche Randgebirge des Oberrheingrabens im Anschluss an die Vogesen in Frankreich, die zusammen das grenzübergreifende Biosphärenreservat Pfälzerwald-Nordvogesen bilden. Diese Schichtstufenlandschaft weist eine hohe Reliefenergie auf. Im Osten ist der Gebirgsrand durch die Rheingrabenbildung besonders stark angehoben und durch Täler zerschnitten. Während sich die Tallagen zwischen 150 m–220 m erstrecken, zählen der Hochberg mit 634 m und der Donnersberg mit 687 m zu den höchsten Erhebungen. Der südliche Teil des Pfälzerwaldes bietet ein vollkommen anderes Relief, dass durch breite Täler, Kegelberge und markante Bergkämme gezeichnet ist. Im Westen geht er fließend in das Saarländisch-Pfälzische Muschelkalkgebiet über. Nördlich des Pfälzerwaldes ist die Westrische Moorniederung und ein Teil der Hügellandschaft des Saar-Nahe-Berglandes zu finden. Im Osten schließt sich das oberrheinische Tiefland als Vorbergzone des Pfälzerwaldes an. Der Pfälzerwald ist ein großes kompaktes Waldgebiet, in dem ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Nadel- und Laubholzbeständen herrscht. Der Waldanteil beträgt 53 %. 2.4 Datengrundlage Die Fragestellungen des Projektes gestalteten die Auswahl der zu verwendenden Datengrundlage zu einem Optimierungsproblem. Bei einer kleinflächigen Studie bzw. einem regionalen Vorhaben mag es sinnvoll erscheinen, neben den Fernerkundungsdaten eine Fülle von Zusatzinformationen in den Klassifizierungsprozess einfließen zu lassen, um die erzielbare Genauigkeit zu steigern. Als Beispiele kommen digitale Forstgrundkarten, topographische Karten und andere (forstspezifische) GIS-Daten in Betracht. Die operationelle Umsetzung einer solchen Strategie ist im bundesweiten Maßstab jedoch nicht realisierbar, da neben den Kosten zwei weitere Faktoren zu berücksichtigen sind. Einerseits müssten die Daten idealerweise für das gesamte Inventurgebiet vom gleichen Zeitraum stammen, andererseits müssten Erhebung und Auswertung der Zusatzdaten vereinheitlicht erfolgen. In der Praxis können diese Bedingungen nicht erfüllt werden. Für die Testphase und zur Entwicklung des Verfahrens wurden dennoch verschiedene digitale Zusatzdaten verwendet. Diese wurden u. a. für geometrische Korrekturen, statistische Analysen, als Stratifizierungsgrundlage, zur Waldmaskenerstellung, Untersuchung kombinierter Klassifikationsansätze, Verifizierung, Darstellung von Ergebnissen sowie zum Abgleich von Lageabweichungen und Aktualitätsdefiziten eingesetzt. Durch die Kooperation mit dem Bundesamt für Karthographie und Geodäsie (BKG) konnte auf digitale Zusatzdaten, wie topographische Karten, digitale Landschafts- und Geländemodelle zugegriffen werden. Vom Arbeitskreis Standortskartierung wurde 15 2 Bundeswaldinventur und Fernerkundung Tabelle 2.4: Übersicht zu Anzahl und Art der BWI-Traktecken pro Testgebiet. Die Datenerhebung zur BWI I wurde von 1986–88 auf dem Gebiet der damaligen BRD durchgeführt. Daten auf dem Gebiet der neuen Bundesländer (TG2 und 3) liegen erst seit der BWI II vor. Art der Traktecke TG1 TG2 TG3 TG4 TG5 Summe 386 550 41 977 436 486 24 946 1.687 2.135 135 3.957 390 565 22 977 1.631 1.918 51 3.600 7.835 6.130 224 14.189 Bundeswaldinventur I Nichtwaldecken Waldeckena Waldecken ohne Waldb Summe 865 1.099 70 2.034 n/v n/v n/v n/v n/v n/v n/v n/v Bundeswaldinventur II Nichtwaldecken Waldeckena Waldecken ohne Waldb Summe 1.249 1.449 69 2.767 2.809 1.478 61 4.348 1.756 720 21 2.497 Quelle: BWI-Datenbankauszug der BFH a Wald im spektralen Sinne, ohne Blößen und Nichtholzboden b Blößen und Nichtholzboden (ebenfalls „Wald“ laut BWI-Nomenklatur) freundlicherweise die Wuchsgebiets- und Wuchsbezirkskarte für Deutschland zur Verfügung gestellt. Ebenso wurden für einige Testgebiete Orthofotos akquiriert. 2.4.1 BWI-Daten Durch das Institut für Waldökologie und Waldinventuren der Bundesforschungsanstalt für Forstund Holzwirtschaft in Eberswalde wurden Rohdaten der BWI I und II in Form von Datenbankauszügen für die Testgebiete zur Verfügung gestellt. Die in den Datenbankdateien enthaltenen Informationen bilden die Grundlage für verschiedenste Auswertungen. Sie gestatteten u. a. die Spezifikation der logistischen Regressionsmodelle, eine Visualisierung von Rohdaten und Ergebnissen über entsprechende Koordinaten in GIS, dienen der Waldmaskenerstellung und werden für unterschiedlichste statistische Fragestellungen verwendet. Tabelle 2.4 enthält einen Überblick zur Anzahl und Art von Traktecken pro Testgebiet. 2.4.2 Landsat-Daten Primäre Quelle der FE-Daten waren die Systeme der Landsat-Serie. Um neben reinen Klassifizierungen auch Veränderungsberechnungen zwischen BWI I und II durchführen zu können, wurden für beide Zeitpunkte entsprechende Szenen beschafft. Die einzelnen Testgebiete wurden von Landsat 5und Landsat 7-Daten abgedeckt, die vom Deutschen Fernerkundungsdatenzentrum des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR) in Oberpfaffenhofen zur Verfügung gestellt wurden. Diese verwendeten Szenen entstammen dem CORINE Landcover Projekt (CLC), in dem Europas Bodenbedeckungsklassen für die Zeitpunkte 1990 und 2000 nach einem einheitlichen Interpretationsschlüssel kartiert wurden. Die BWI-I-Daten wurden zur Analyse der TM-Szenen von 1989 bis 1992 verwendet, die BWIII-Daten für die ETM+ -Szenen von 1999 bis 2001. Sämtliche Landsatdaten waren bereits für das CLC-Projekt mittels „Nearest Neighbour Resampling“ neu berechnet worden, so dass die Pixelgröße der multispektralen Bänder 25 m, die des panchromatischen Kanals von ETM+ 12,5 m betrug. Diese Veränderung der Auflösung der Satellitendaten erfolgte ohne jeglichen Informationsgewinn, sondern diente lediglich einer besseren Auswertbarkeit. Als Referenzsystem liegt den Satellitendaten das Gauß-Krüger-Koordinatensystem basierend auf dem Bessel-Ellipsoiden, Datum Potsdam, zugrunde. Die Szenenbezeichnungen nach dem Worldwide Reference System 2 des USGS für Landsat (WRS-2) sowie Aufnahmezeitpunkte und Sonnenstand sind in Tabelle 2.5 zusammengefasst. Sie entstammen den zugehörigen Metadatensätzen. Selbigen war zu entnehmen, dass die für das CLC2000- 16 2.4 Datengrundlage Tabelle 2.5: Übersicht zu den verwendeten Landsat-Daten TG Sensor Szene im WRS-2 Path Row Aufnahmedatum Tag Zeita Sonnenstandb Höhe in ◦ Azimut in ◦ TMc 196 196 24 25 25.05.1989 05.08.1992 n/v n/v n/v n/v n/v n/v ETM+ 196 196 24 25 15.05.2000 05.07.2001 10:13:23 10:11:02 54,5 58,0 150,5 141,7 TM 193 194 23 23 07.07.1989 19.05.1992 n/v n/v n/v n/v n/v n/v ETM+ 193 194 23 23 14.08.2000 04.09.1999 09:53:25 10:01:27 48,2 42,0 151,2 156,4 TM 192 192 24 25 26.07.1991 26.07.1991 n/v n/v n/v n/v n/v n/v ETM+ 192 192 24 25 24.09.2000 24.09.2000 09:47:00 09:47:23 35,7 36,9 159,0 158,0 TMc 192 193 27 27 07.08.1991 30.08.1991 n/v n/v n/v n/v n/v n/v ETM+ 192 193 27 27 26.08.2001 13.09.1999 09:46:30 09:56:46 48,8 43,5 147,3 153,8 TMc 195 196 26 25 07.09.1989 05.08.1992 n/v n/v n/v n/v n/v n/v ETM+ 195 196 26 25 15.08.2001 05.07.2001 10:04:43 10:11:02 50,9 58,0 145,8 141,7 1 2 3 4 5 Quelle: Metadaten der FE-Datensätze Greenwich Mean Time (MEZ − 1 h) b relativ zum wahren Szenenzentrum; Höhe: 0◦ = b Sonne am idealen Horizont, 90◦ = b Sonne im Zenit Azimut: 0 ⊲ 90 ⊲ 180 ⊲ −90 ⊲ −180◦ = bN⊲O⊲S⊲W⊲S c ohne Band 6 (TIR) a Projekt erworbenen Originalszenen (ETM+ ) ausnahmslos die höchste Qualitätseinstufung (9 auf einer Skala von 0–9) erhielten. Für Landsat 5 (TM) standen diese Angaben nicht zur Verfügung. Für alle fünf Testgebiete wurden jeweils zwei Szenen der TM- und ETM+ -Sensoren geliefert, die in der Summe mit mehr oder weniger großen Überlappungsbereichen die Testgebiete vollständig abdeckten. Leider war es nur für TG3 möglich, beide Szenen je Sensor vom selben Aufnahmetag zu akquirieren. Alle anderen Szenen unterscheiden sich hinsichtlich des Aufnahmezeitpunktes zum Teil erheblich. Bei den TM-Daten liegen im Extremfall über drei Jahre zwischen den Aufnahmezeitpunkten (Tabelle 2.5). Damit geht die Gefahr einher, zum einen unterschiedliche atmosphärische Bedingungen anzutreffen, zum anderen können in diesem Zeitraum Veränderungen am Boden vonstatten gegangen sein. Dies erschwert einen ganzheitlichen Klassifizierungsansatz. Vom phänologischen Standpunkt betrachtet können überdies die Aufnahmen vom Mai bzw. späten September nicht als optimal angesehen werden. Die radiometrische Qualität der Landsat-Szenen ist unterschiedlich. Zwei Szenen, die Landsat 7Szene 196024 (Nordszene TG1) und die Landsat 7-Szene 192027 (Ostszene TG4), werden von einem geringen Wolkenanteil überdeckt. Waren diese Regionen nicht durch die jeweils andere wolkenfreie Landsat-Szene abgedeckt, so wurden die Wolken und deren Schatten maskiert und als eigene Objektklasse ausgewiesen. Die für das TG3 gelieferten Landsat 7-Daten weisen einen Spaltenversatz auf, der in beiden Szenen unregelmäßig verteilt zu finden ist. Die Spaltenbreite beträgt jeweils ca. 600 m und der Versatz ca. 1–2 Pixel. Offensichtlich handelt es sich um Kacheln mit einer Kantenlänge von 600 m, die entweder eine Kachel oder mehrere Kacheln groß sind und sowohl horizontal als auch vertikal auftreten. Auffällig ist dieser Versatz nur an markanten Objekten, wie breiten Strassen oder Flüssen (siehe Abb. 2.8). Eine mögliche Ursache ist ein Prozessierungssfehler, der bei der Reprojektion der 17 2 Bundeswaldinventur und Fernerkundung 0,3 km 0,3 km Abbildung 2.8: Spaltenversatz in den Landsat 7-Szenen des TG Östliches Mittelgebirge Tabelle 2.6: Szeneninformationen der QuickBird-Daten (abgedeckte Gesamtfläche: 581 km2 ) Szenen-ID Kanäle bits per pixel Pixelgröße multispektral Pixelgröße panchromatisch Aufnahmedatum Aufnahmezeit Sonnenhöhe (Bildmitte) Sonnenazimuth (Bildmitte) offNadirViewAngle Wolkenbedeckung Resamplingmethode Prozessierungslevel QuickBird 1 2 multispektral + panchromatisch multispektral + panchromatisch 11 11 2,8 m 2,8 m 0,7 m 0,7 m 05.09.2004 05.09.2004 10:34:22 10:34:25 46,0° 46,1° 160,9° 160,9° 11,4 12,6 0% 0% cubic convolution cubic convolution Standard Standard Daten von Gauß-Krüger 4 auf den 5er-Streifen entstanden ist. Andere auffällige radiometrische Beeinflussungen sind nicht festzustellen. 2.4.3 QuickBird-Daten Für einen Ausschnitt des Pfälzerwaldes (TG 5) wurden QuickBird-Daten von der Firma Eurimage (Italien) erworben, die 581 km2 des Testgebietes abdecken. Durch die vierfache Stichprobendichte der BWI in Rheinland-Pfalz, die einem 2 km × 2 km-Netz entspricht, und zusätzliche Erhebungen in den Kernzonen des Biosphärenreservates Pfälzerwald mit einem 500 m× 500 m-Stichprobennetz war für dieses Gebiet ein großer Stichprobenumfang verfügbar. Diese Situation sollte genutzt werden, um zu eruieren, inwieweit höher auflösende Sensorensysteme wie QuickBird zur Unterstützung einer Regionalinventur geeignet sind. Die beiden Szenen wurden aus der Produktebene „LV2A“ geordert, die eine radiometrische Korrektur und eine Entzerrung mittels eines groben digitalen Höhenmmodells beinhaltet. Eine Übersicht zu diesen Daten ist in Tabelle 2.6 aufgelistet. Zum Resampling der Daten wurde die Cubic-Convolution-Methode angewendet. Die durchschnittliche Lagegenauigkeit beträgt 23 m, worin topographische und Off-Nadir-Abweichungen nicht enthalten sind (Digital Globe, 2004). Die QuickBird-Szenen sind vollständig wolkenfrei, lediglich minimale Dunstbeeinflussungen sind festzustellen. Im Satellitenbild sind in bebauten Gebieten Artefakte in Form weißer kegelförmiger Flächen zu beobachten. Diese enstehen durch stark reflektierende Materialien, wie Metall oder Glas, die eine Überladung in den lichtempfindlichen Halbleiterdetektoren (CCDs) des Sensors erzeugen. Einige Flugzeuge überflogen den Pfälzerwald zum Zeitpunkt der Aufnahme, eines davon mit ausgeprägtem Kondensstreifen (Abb. 2.9). Für weitere Auswertungen der Daten war eine Transformation vom WGS84-Ellipsoid auf den Bessel-Ellipsoid und vom Datum WGS84 in das Potsdam-Datum erforderlich. Die Daten wurden in die Gauß-Krüger-Projektion 3 konvertiert. 18 2.4 Datengrundlage 30 m 50 m (a) 200 m (b) (c) Abbildung 2.9: Artefakte in der QuickBird-Szene: Überladungseffekte der Detektoren (a) und (b), Flugzeugüberflug (c) 50 m (a) 200 m (b) Abbildung 2.10: Qualitätsmängel der Orthofotos: (a) Überbelichtung, (b) starke Grauwertdifferenzen benachbarter Kacheln 2.4.3.1 Orthofotos Im Gegensatz zu Luftbildern haben Orthofotos durch eine genäherte Parallelprojektion unter Berücksichtigung von genauen Reliefeigenschaften der Erdoberfläche einen einheitlichen Maßstab und Raumbezug über die gesamte Bildfläche. Deshalb wurden Schwarz-Weiß-Orthofotos als zusätzliches Material für Korrekturen der Satellitendaten, zur visuellen Interpretation und der Verifizierung der Klassifikationsergebnisse verwendet. Diese lagen in unterschiedlichen Auflösungen vor. Die Orthobilddaten für das Westliche Mittelgebirge (TG1) wurden zwischen 1996 und 1999 mit einer Auflösung von 0,3 m erhoben, für das gesamte Gebiet mosaikiert und deren Auflösung auf ca. 1 m reduziert. Die Bodenauflösung der Daten für das Östliche Mittelgebirge (TG3) betrug 0,8 m. Die Befliegungen fanden in einem Zeitraum zwischen 1996–2001 statt und die einzelnen Kacheln wurden forstamtsweise zu Mosaiken zusammengesetzt. Die Daten für den Pfälzerwald (TG5) wurden in den Jahren 1998 und 1999 mit einer Auflösung von 1 m aufgenommen. Die Orthofotos waren partiell von schlechter Qualität. Nach der Mosaikierung der einzelnen Kacheln wurden deutliche Grauwertdifferenzen sichtbar, die besonders an den Schnittkanten der Kacheln zu erkennen waren. Teilweise waren die Interpretationsmöglichkeiten aufgrund deutlicher Unter- bzw. Überbelichtung eingeschränkt (siehe Abb. 2.10). 2.4.3.2 Digitale Topographische Karten Vom Bundesamt für Karthographie und Geodäsie (BKG) wurden digitale Topographische Karten angeboten, wobei der größte verfügbare Maßstab 1 : 25.000 war. Diese Daten wurden für alle Testgebiete in Form von blattschnittfreien Kacheln einer Größe von 10 km × 10 km in Gauß- 19 2 Bundeswaldinventur und Fernerkundung Krüger-Abbildung des 3. Meridianstreifens, Bessel-Ellipsoid, Potsdam Datum (Zentralpunkt Rauenberg), geordert. Zur Differenzierung der verschiedenen Informationen lagen die Daten in den vier Ebenen Grundriss (u.a. Ortsbezeichnungen/Kartennamen, Siedlungen, Verkehrswege), Gewässer (Gewässerbezeichnung, Gewässerkontur, Gewässerfläche), Höhenlinien und Vegetation vor. Die Aktualität der Daten ist vom Einzelblatt abhängig und reichte von 1989 bis 2004. Der mittlere Lagefehler betrug ca. ±10 m bis ±20 m. Die Einzelkacheln wurden zu einem einheitlichen Mosaik je Ebene zusammengefügt. Die Mosaikierung der TK kompletter Testgebiete war in der Originalauflösung aufgrund der großen Datenmengen nicht möglich. Daher wurde die Auflösung von 1,25 m auf 5 m reduziert, so dass alle notwendigen Informationen erhalten werden konnten. Sowohl die möglichen Lageabweichungen als auch die Aktualitätsdefizite müssen bei der Verwendung dieser Daten berücksichtigt werden, die zur Überprüfung der Waldmasken, statistischen Analysen (bspw. Stratifizierungsansätze) und für die Darstellung von Ergebnissen eingesetzt wurden. 2.4.3.3 Digitales Landschaftsmodell Das Basis-DLM, welches vom BKG zur Verfügung gestellt wurde, beschreibt die topographischen Objekte der Landschaft im Vektorformat auf Grundlage des Objektartenkatalogs des Amtlichen Topographisch-Kartographischen Informationssystems (ATKIS). Der Informationsumfang des BasisDLM orientierte sich am Inhalt der Topographischen Karte 1 : 25.000, wies jedoch eine höhere Lagegenauigkeit (±3 m bis ±15 m) für die wichtigsten punkt- und linienförmigen Objekte auf. Der Bearbeitungsstand des DLM erstreckte sich in Abhängigkeit vom Gebiet über einen Zeitraum von 1993 bis 2000. Je nach Verfügbarkeit wurden die Daten der Untersuchungsgebiete in der GaußKrüger-Projektion der entsprechenden Meridiane, Bessel-Ellipsoid, Potsdam Datum (Zentralpunkt Rauenberg), entweder im Kompaktformat oder nach Ebenen strukturiert bereitgestellt. Durch die Attribute der Objektarten bzw. der Ebenen konnten die benötigten Daten gezielt selektiert werden, so dass keine aufwändigen Datenaufbereitungsarbeiten erforderlich waren. Die topographischen Informationen des digitalen Landschaftsmodells wurden u. a. in die Aufbereitungsschritte der Satellitendaten, in die Waldmaskenerstellung und Verifizierung eingebunden. 2.4.3.4 Digitales Geländemodell Das Digitale Geländemodell 50 M745, welches auf digitalisierte Höhenfolien der TK50 M745 des Amtes für militärisches Geowesen zurückzuführen ist, beschreibt die Geländeformen der Erdoberfläche durch eine in einem regelmäßigen Gitter angeordnete, in Lage und Höhe georeferenzierte Punktmenge. Die Gitterweite betrug in Gauß-Krüger-Abbildung ungefähr 25 m bei einer Genauigkeit der Höhe von ±26 m und der Lage von ±20 m. Diese Daten wurden vom BKG im ASCII-Format bereitgestellt und in zusammenhängende Höhenmodelle für die einzelnen Testgebiete konvertiert. Verwendung fanden die DGM in Höhenzonierungs- und Expositionskarten. Die darin definierten Stufen wurden zur Stratifizierung und klassenweisen Ableitung von Regressionsmodellen genutzt. 2.5 2.5.1 Aufbereitung der Satellitendaten Georeferenzierung der Landsat-Daten Die Orthorektifizierung der von der DLR zu Verfügung gestellten Landsat 7-Daten erfolgte nach der „precision processing method“ am Joint Research Center in Ispra (Italien). Für die Bestimmung der Passpunkte wurden Topographische Karten im Maßstab 1 : 25.000 verwendet. Zur Korrektur von reliefbedingten Lagefehlern kam ein digitales Höhenmodell mit einer horizontalen Lagegenauigkeit von ±25 m und einer Höhengenauigkeit von ±15 m vom Anbieter Virtual World Developers Inc. Hawaii (USA) (Joint Research Center (2003)) zum Einsatz. Die Daten wurden mittels des cubic convolution-Verfahrens resampled. Dadurch wird die Helligkeit der Originaldaten leicht verändert, wodurch ein Glättungseffekt eintritt und geringe Abweichungen zu den originalen radiometrischen Informationen des Sensors zu verzeichnen sind. 20 2.5 Aufbereitung der Satellitendaten Im Anschluss daran wurden die geokodierten Landsat 5-Daten im Bild-zu-Bild-Verfahren auf die orthorektifizierten Landsat 7-Daten entzerrt. Dabei wurden teilweise Polynome 1. Grades, hauptsächlich aber 2. Grades eingesetzt. Als Resamplingmethode wurde das cubic convolution-Verfahren angewendet. Dieser Arbeitsprozess wurde im Deutschen Fernerkundungsdatenzentrum durchgeführt. Die Anpassung der Landsat 5-Daten war schwierig, da diese nicht als Rohdaten vorlagen sondern bereits mehrfach und mit verschiedenen Verfahren resampled wurden. Eine Dokumentation zu den bereits durchlaufenen Vorprozessierungen dieser Daten ist nicht verfügbar. Zur Beurteilung der Genauigkeit der geometrischen Transformation kann der RMSE hinzugezogen werden. Dieser ist ein Schätzmaß für den Lagefehler der entzerrten Satellitenszenen und liegt laut Joint Research Center für die verwendeten Daten unter einem Pixel. Weiterhin wurde die Lagegenauigkeit der entzerrten Szenen stichprobenweise an markanten Punkten überprüft, die sowohl in den topographischen Karten und ausgewählten ATKIS-Layern als auch in den Satellitenszenen eindeutig zu identifizieren waren. Diese Messungen ergaben maximale Lageabweichungen von ±50 m (2 Pixel) für die Landsat 7-Daten, währenddessen bei den Landsat 5-Daten Abweichungen von bis zu ±75 m festzustellen waren. In den Gebirgsregionen treten die Lageabweichungen der Landsat 5-Daten häufiger als in den anderen Gebieten auf. 2.5.2 Georeferenzierung der QuickBird-Daten Aufgrund der hohen Auflösung der Satellitendaten stellt die Georeferenzierung insbesondere an die Referenzdaten große Anforderungen. Als Referenz wurden Orthofotos mit einer Auflösung von 1 m eingesetzt, wobei die Wahl der Passpunkte durch die teilweise starken Beleuchtungseffekte der Fotos erschwert war. Auch in großen Waldgebieten ergaben sich Schwierigkeiten, entsprechend markante Geländemerkmale zu finden. Letztendlich standen 28 Passpunkte zur Verfügung, deren Root Mean Square Error (RMSE) mit 0,98 Pixeln im akzeptablen Subpixelbereich einzuordnen ist. Der RMSE ist ein Maß für die Übereinstimmung spezifisch berechneter Lösungen und Originaldaten und zeigt somit die Differenz nach Berechnung der Transformation zwischen der gewünschten und der aktuellen Lage des Punktes. Die Satellitendaten wurden mit einem Polynom dritten Grades transformiert und durch ein Nearest Neighbour (NN)-Verfahren resampled. Das NN -Verfahren wurde gewählt, weil dabei die radiometrischen Originalwerte der Ausgangsszene weitgehend unverändert bleiben. Die mittlere Lagegenauigkeit von 0,98 Pixeln ist ein gutes Ergebnis für die Entzerrung der QuickBird-Daten, insbesondere im Vergleich zur geometrischen Genauigkeit der Landsat-Daten. Ein Lagevergleich mit markanten Punkten im Orthofoto und dem ATKIS-Strassenlayer ergab in verschiedenen Bereichen, vor allem dort, wo eine geringe Passpunktabdeckung möglich war, Lagedifferenzen von ±10 m. Eine weitere Verbesserung dieser Abweichungen ist aufgrund des vorhandenen Datenmaterials nicht möglich. 2.5.3 Vegetationsindizes Im roten sichtbaren Spektralbereich (ROT) wird ein extrem geringer Grünanteil des Lichtes reflektiert; hingegen im benachbarten nahen Infrarotbereich (NIR) sehr viel. Dieser Effekt wird unter anderem durch den Wassergehalt in den Grünpflanzen verstärkt. Vitale grüne Vegetationsflächen lassen sich somit von unbewachsenen bzw. mit abgestorbener Biomasse bedeckten Flächen differenzieren. Vegetationsindizes beruhen auf diesen charakteristischen Reflexionseigenschaften grüner Vegetation und den sich daraus ergebenden spektralen Signaturen in der Satellitenszene. Sie bilden somit eine — neben den von den Satellitensystemen nativ gelieferten Spektralinformationen — bereits spezifiziertere Informationsquelle im Bezug auf die Erfassung von Vegetation an sich, aber auch zur Klassifizierung von Vegetationsunterschieden. Im Bezug auf die Waldmaskenerstellung wurde für beide Satellitensysteme der NDVI berechnet. Für eine tiefergehende Differenzierung der klassifizierten Waldflächen in Straten bzw. zum Test signifikanter Regressionsbeziehungen zwischen Spektralinformationen und terrestrisch erhobenen Zielgrößen wurden für die Landsatszenen neben dem NDVI nachfolgend beschriebene Indizes berechnet: 21 2 Bundeswaldinventur und Fernerkundung Tabelle 2.7: Kanalbelegung der Landsat 7-Szenen inkl. der generierten Vegetationsindizes Kanal Bezeichnung 1 2 3 4 5 Blau Grün Rot Nahes Infrarot Mittleres Infrarot I NDVI Kanal 6 7 8 9 10 Bezeichnung Kanal Thermischer Kanal Mittleres Infrarot II BSI DDVI IPVI 11 12 13 14 15 Bezeichnung NDVI (K3 und K4) NDVI (K4 und K5) SAVI (L=0,50; K3 u K4) SAVI (L=0,50; K4 u K5) SAVI (L=0,25; K3 u K4) ρN IR −ρROT ρN IR +ρROT Normalized Difference Vegetation Index = Der NDVI reagiert schon bei kleinen Differenzen der Signale empfindlich. Er liefert somit eine hohe Auflösung und lässt geringe Vegetationsanteile erkennen. Sind die atmosphärischen Störungen im sichtbaren Bereich groß, kann an Stelle des NIR auch der mittlere Infrarotbereich (MIR) genutzt werden (Hildebrandt, 1996). Der Wertebereich des NDVI liegt zwischen -1 und 1, wobei Werte <0 Pixel ohne oder nur einer sehr geringen Vegetationsinformation darstellen und Pixel mit einem Wert >0,5 eine sehr hohe Vegetationsdichte aufweisen (http://www.met.rdg.ac.uk/ swsgrime/artemis/index.html,2009). Dort wird empfohlen, den NDVI zum Langzeitmonitoring des Vegetationswachstums über Vegetationsperioden und zur Schätzung von jährlichen Entwaldungsraten zu nutzen. Ghebremicael et al. (2004) untersucht verschiedene Vegetationsindizes hinsichtlich ihrer Tauglichkeit zur Schätzung des Blattflächenindexes (LAI). Signifikante Korrelationen konnten nur für den NDVI gezeigt werden. SAVI ρN IR −ρROT N IR +ρROT +L Soil Adjusted Vegetation Index = (1 + L) ρ Auf http://www.met.rdg.ac.uk/ swsgrime/artemis/artemis.html (2009) wird ebenfalls beschrieben, dass Reflexionen des Bodens den NDVI um bis zu 20% verringern können. Der SAVI ist ein Vegetationsindex, welcher die spektralen Überlagerungen bzw. „Durchscheinungen“ des Bodens herausfiltert. Der Parameter L wird mit L=0,05 für eine großräumige Anwendung und mittlere Vegetationsdichte angegeben. Für hohe Vegetationsdichten wird ein L von 0,25 gewählt, welches allgemein Ausprägungen zwischen 0 und 1 annehmen kann (Huete, 1988). IPVI Infrared Percentage Vegetation Index = ρN IR ρN IR +ρROT Crippen (1990) verzichtete nach näherer Untersuchung des NDVI auf die Subtraktion des roten Kanals im Zähler der NDVI-Funktion, da dies irrelavant sei. Der IPVI ist somit im Wertebereich 0 bis 1 darstellbar, wodurch bestimmte Prozeduren der Bildverarbeitung vereinfacht werden. ARVI Atmospheric Resistant Vegetation Index = ρN IR −(2ρROT −ρBLAU ) ρN IR +(2ρROT −ρBLAU ) ARVI ist ursprünglich für den MODIS Sensor entwickelt worden, kann aber auch auf andere Satellitensensoren angewandt werden. Der rote Kanal wird hierbei durch die Kombination des roten und blauen Kanals ersetzt. Diese Kombination korrigiert den atmosphärischen Einfluss auf das reflektierte Sensorsignal selbstständig und reagiert somit weniger sensitiv auf die momentane Zusammensetzung der Atmosphäre (Kaufman und Tanré, 1992). DDVI Difference Difference Vegetation Index = (2(ρN IR − ρROT )) − (ρGRU EN − ρBLAU ) Nach Hildebrandt (1996) wird der grüne und blaue Spektralbereich einbezogen, um Luftlichtüberlagerungen entgegenzuwirken. Bei der Subtraktion der Signale wird dabei 22 2.5 Aufbereitung der Satellitendaten unterstellt, dass in den benachbarten Kanälen das Luftlicht die Objektsignale in etwa gleich überlagert. BSI Bare Soil Index = ((ρM IR5 +ρROT )−(ρN IR +ρBLAU )) 100 ((ρM IR5 +ρROT )+(ρN IR +ρBLAU )) + 100 In Gebieten mit einer Vegetationbedeckung von weniger als 50 % liefern die Vegetationsindizes nur unzureichend genaue Informationen. Aus diesem Grund wurde der Bare Soil Index entwickelt (Rikimaru und Miyatake, 1997). Aufgrund der räumlichen Ausdehnung der Testgebiete und der daraus resultierenden möglichen atmosphärischen Störungen wurden die Indizes NDVI und SAVI sowohl mit dem nahen als auch mit dem mittleren Infrarotkanal berechnet. Für den SAVI wurde der L-Korrekturfaktor mit den Werten 0,5 und 0,25 kalkuliert. Für jede Landsat-Szene standen nach der Berechnung der Indizes insgesamt 15 Kanäle zur Verfügung, die im Folgenden synonym zu der Bezeichnung nach Tabelle 2.7 verwendet werden. Für die Quickbird-Szene wurde der NDVI aus dem roten und dem nahen Infrarot-Kanal abgeleitet. 23 Kapitel 3 Inventurverfahren Die BWI ist, wie im Abschnitt 2.1 bereits beschrieben, eine einfache, nach Bundesländern und Verdichtungsgebieten stratifizierte Stichprobeninventur. Im Kapitel 1 werden die Gründe und die Motivation erläutert, nach Alternativen und Möglichkeiten einer Optimierung des jetzigen Inventurdesigns zu suchen. Die Anwendung alternativer Stichprobenkonzepte sowie die Integration von Fernerkundungsdaten in ein solches Konzept werden dabei als zielführend angesehen. Dieses Kapitel ist deshalb der theoretischen Beschreibung möglicher alternativer Stichprobenkonzepte gewidmet und bildet die Grundlage bzw. den Hintergund der folgenden Kapitel. Wie die Auswahl von Probebäumen auf der Probefläche und die Anordnung von Probepunkten im Inventurgebiet erfolgen soll, muss in einem iterativen Optimierungsprozess in der Vorbereitungsphase einer Inventur evaluiert werden. Aufgabe des Optimierungsprozesses ist es, einen Stichprobenplan zu entwickeln, welcher die Genauigkeit der Inventurergebnisse bei einem vorgegebenen Budget maximiert oder die Kosten der Inventur bei einer vorgegebenen Genauigkeit minimiert. Der Stichprobenplan muss für das vorgeschlagene Verfahren nicht nur optimal sein; er muss auch robust gegenüber veränderten zukünftigen Fragestellungen sein. In einer Bedarfsanalyse für eine solche Inventur müssen die Aufgaben und Ziele geklärt werden (Bättig et al., 2002). Deren Klärung ist eine wichtige Entscheidungshilfe für die Installation von Probeflächen; werden sie nur temporär, also nur zu einem Zeitpunkt aufgenommen, oder muss man sie permanent vermarken, da sie wiederholt aufgesucht werden, man also bei zukünftigen Inventuren auf ein schon vorhandenes Stichprobennetz zurück greift. Hier wird nicht nur über eine Kostengröße der jetzigen Inventur, sowie der zukünftigen entschieden, sondern auch über die in Zukunft zur Verfügung stehenden, sich in ihrer Effizienz unterscheidenden Verfahren zur Berechnung von Zustand und Veränderung in der Population. Um ein hohes Maß an Kontinuität zu gewährleisten, soll die terrestrische Probennahme auf dem Inventurpunkt möglichst unangetastet bleiben. Aus diesem Grund werden die hier dargelegten Stichprobenverfahren nur als einstufige Verfahren (vergleiche Abschnitt 3.1.2.4) vorgestellt. Mögliche Punkt- und Baum-Auswahlverfahren in der terrestrischen Phase sollen der Vollständigkeit halber aber folgend kurz skizziert werden. 3.1 3.1.1 Techniken der Stichprobenauswahl Punktauswahlverfahren Stichprobenpunkte können zufällig über das Stichprobengebiet verteilt sein, d. h. ihre Generierung erfolgt über einen stochastischen Prozess. Unregelmäßige Lücken und Klumpungen bis hin zu Überschneidungen der Probeflächen sind möglich. Eine gleichmäßige oder proportionale Abdeckung der einzelnen natürlichen Formationen — vor allem bei einer nachträglichen Klassifizierung der erhobenen Daten (Poststratifizierung) — ist nicht immer gegeben, sofern bei der Erzeugung der Proben keine näheren Bedingungen definiert werden. Der häufig für zufällig verteilte Proben aufgeführte Nachteil, dass diese nur über einen aufwendigen Einmessungsprozess im Gelände lokalisierbar sind, 25 3 Inventurverfahren ist dank GPS, Luftbildkarten und moderner GI-Systeme nur noch von untergeordneter Bedeutung. Eindeutiger Vorteil der zufälligen Verteilung ist die Möglichkeit, für Stichproben einen Stichprobenfehler zu berechnen, der sich aufgrund der Aufnahme nur eines Teiles der Grundgesamtheit ergibt. Die Qualität eines Mittelwertes aus der Stichprobe kann somit beurteilt werden. Bei der systematischen Verteilung von Stichproben im Untersuchungsgebiet wird ein Raster installiert, an dessen Schnittpunkten je ein Probepunkt liegt. Für Betriebsinventuren, bei denen dieses Raster meist sehr „engmaschig“ ist, stellt dies einen nicht zu unterschätzenden Vorteil dar. Die Punkte können entlang der Gitterlinien eingemessen werden. Es müssen keine zusätzlichen Einmesspunkte aufgesucht werden, und es kann zur Kontrolle der Einmessgenauigkeit zu anderen Punkten zurück gemessen werden. Dieser Vorteil relativiert sich bei Großrauminventuren mit Maschenweiten von 1 km × 1 km und mehr. Die Lokalisation der Punkte im Luft- oder Satellitenbild gestaltet sich einfacher, da man hier bei Erhebungen reihen- bzw. spaltenweise vorgehen kann. Bekannter Nachteil dieser Verteilungsmethode ist die schwierige Quantifizierung von Verzerrungen, aufgrund von möglichen Richtungsüberlagerungen des systematischen Rasters einerseits und linienförmigen Geländeformen, wie Flussläufen, Gebirgen etc. andererseits (Shiver und Borders, 1996), obwohl auch dieses mittels GIS überprüfbar geworden ist. Bei Großrauminventuren werden die Vorteile beider Punktauswahlverfahren genutzt. Die Proben werden unter der Annahme einer zufälligen Verteilung der zu erfassenden Größen im Inventurgebiet systematisch angeordnet. Unter dieser Modellannahme ist es zulässig, Stichprobenfehler und andere statistische Maße, die eine zufällige Elementauswahl in der Stichprobe bedingen, zu berechnen. Sind die Strukturen in einem Untersuchungsgebiet sehr heterogen, d. h. variiert die Zielgröße kleinräumig sehr stark, kann eine geklumpte Aufnahme mittels definierter Trakte (Cluster Sampling/CS) von Vorteil sein. Der Gewinn an neuen Informationen über die untersuchte Population ist auf kleiner Fläche entsprechend höher. Die Wegekosten werden hier im Gegensatz zur einfachen Punktauswahl (Simple Random Sampling/SRS) zwischen den einzelnen Probepunkten reduziert. Werden die Trakte systematisch angeordnet, erfolgt — wie vorab beschrieben — die Installation des Initialpunktes an einem der Gitternetzpunkte. Über Vektoren werden die anderen Traktpunkte definiert und lokalisiert. 3.1.2 Baumauswahlverfahren An einem ausgewählten Probepunkt werden bei den Feldarbeiten flächig Informationen gesammelt. Individuen, die sich innerhalb einer definierten kreisförmigen Probefläche befinden oder auf Grund ihrer individuellen Abstand-Durchmesser-Beziehung von der Winkelzählprobe nach Bitterlich (WZP, siehe Zöhrer (1980)) erfasst werden, werden hinsichtlich der gewünschten Parameter begutachtet oder vermessen. Nun sind aber z. B. zur stichprobenhaften Ermittlung des totalen Holzvorrates Bäume mit einem geringeren Volumen uninteressanter als Bäume mit größeren Volumina. Oder anders ausgedrückt: Auf einer großräumigen Waldfläche, auf der die Altersklassen in etwa gleich verteilt sind, stehen viele Bäume mit geringen Durchmessern und wenige Bäume mit großen Durchmessern. Bei gleicher λ(A ) konstanter Auswahlwahrscheinlichkeit πi = λ(Fi) aller Individuen haben kleine Bäume die gleiche Wahrscheinlichkeit in eine Stichprobe zu gelangen wie große Bäume, wobei λ(Ai ) die Fläche des Probekreises und λ(F ) die Gesamtwaldfläche repräsentieren. Das Gesamtvolumen auf einer Waldfläche würde, je nach Realisation des Stichprobenplanes, entsprechend geringer ausfallen, als es tatsächlich ist. Um diese Verzerrung zu umgehen, wurden entsprechende Baumauswahlverfahren entwickelt. 3.1.2.1 Auswahl proportional zur Größe (PPS) Ideal wäre die Auswahl der einzelnen Individuen proportional zur Ausprägung der jeweils betrachten Zielgröße. Dieses Ideal kann bei forstlichen Aufnahmen für zwei Zielgrößen — der Stammzahl in Probekreisen und der Grundfläche bei der WZP — erreicht werden. Bei der WZP erfolgt die Auswahl der Probebäume stufenlos proportional zur Grundfläche; die Auswahlwahrscheinlichkeit πi und damit λ(Ai ) eines jeden Baumes, der in die Probe gelangt, ist individuell. Zöhrer (1980) hat ein 26 3.1 Techniken der Stichprobenauswahl weiteres Verfahren zur PPS-Auswahl (Probability Proportional to Size) für das Volumen entwickelt, welches aber in der Praxis auf Grund des zu hohen Zeitaufwandes selten zur Anwendung kommt. 3.1.2.2 Auswahl proportional zu Klassen (PPC) Aus technischen Gründen können nicht für jede Ausprägung der Zielgröße Probekreise installiert werden, sondern die Ausprägungen werden zu Klassen zusammengefasst. Die Zuordnung der Individuen zu den Probekreisen erfolgt mittels Schwellenwerten. An jedem Stichprobenpunkt werden mehrere konzentrische Probekreise aufgenommen. In den kleinflächigeren Kreisen werden die Individuen mit einer geringeren Ausprägung der Zielgröße erhoben, in den großflächigeren Kreisen entsprechend Individuen mit höheren Attributwerten. Die Auswahlwahrscheinlichkeit der Individuen mit größeren Attributwerten ist somit höher als bei Individuen mit kleineren. Folge hiervon ist die nicht lineare Auswahlwahrscheinlichkeit zur Größe des erhobenen Attributes, die Auswahl erfolgt nur näherungsweise proportional zur Größe. Dieser Umstand sollte bei der Optimierung einer Inventur berücksichtigt werden und wird deshalb in Kapitel 7 näher erläutert. In den meisten Nationalinventuren werden zwei bis drei konzentrische Probekreise an einem Punkt aufgenommen. Bei der Winkelzählprobe ist die Grundfläche die Variable zur Klassenbildung. Die Auswahl jeder anderen betrachteten Zielgröße, deren individuelle Ausprägung in eine solche Grundflächenklasse fällt, resultiert aus dem PPC-Ansatz. 3.1.2.3 Auswahl proportional zur Schätzung der Größe (PPP) Hierbei erfolgt die Auswahl der Individuen nicht durch Messung, sondern durch Schätzung der eigentlichen Zielgröße. Geschätzt wird die Zielgröße über eine einfacher und billiger zu erhebende Hilfsvariable, z. B. den Brusthöhendurchmesser (BHD = 1,3 m über dem Boden). Bedingung für dieses Vorgehen ist die vorherige Schätzung des Totals des zu erhebenden Merkmales und die Kenntnis der maximalen Ausprägung dieses Merkmales an einem Individuum. Ist die geschätzte Größe kleiner bzw. gleich dem Produkt der gezogenen Zufallszahl, multipliziert mit dem Maximalwert, gelangt dieses Individuum in die Stichprobe. Die Zielgröße wird an diesem Individuum gemessen. 3.1.2.4 Mehrstufige Auswahlverfahren Werden alle Individuen auf einem Probepunkt aufgenommen, spricht man von einem einstufigen Verfahren. Sind die Bestände auf den Probeflächen sehr homogen, bringt die Aufnahme aller Individuen kaum einen höheren Informations- bzw. Genauigkeitsgewinn. Eine Unterstichprobe auf dieser Probefläche wäre effizienter. Dasselbe gilt für die Aufnahme von Zielgrößen, die zeit- und kostenintensiv sind. Erfolgt die Auswahl einer Unterstichprobe auf dem Probepunkt, so handelt es sich um zwei- oder mehrstufige Verfahren. Welche Individuen in die zweite Stufe (second stage) zur Messung der eigentlichen Zielvariable gelangen, entscheidet ein Zufallsprozess. Hierbei wird eine Zufallszahl gezogen, um diese ′ • entweder mit einer einfach zu messenden Hilfsvariablen yi am Individuum i oder • durch Schätzung der eigentlichen Zielgröße basierend auf der Messung einer Hilfsvariablen am Individuum i zu multiplizieren. Ist die geschätzte oder gemessene Größe kleiner bzw. gleich dem Produkt der gezogenen Zufallszahl, multipliziert mit dem Maximalwert, gelangt dieses Individuum in die zweite Stufe der Stichprobe. 27 3 Inventurverfahren 3.2 Die lokale Dichte Im vorangegangenen Abschnitt wurde die Auswahl der Probeflächen und die Auswahlverfahren der darauf befindlichen Probebäume beschrieben. Nach der Aufnahme der gewünschten Zielparameter werden die Attribute der Einzelbäume auf Ebene der Traktecke j zur sogenannten lokalen Dichte aggregiert. N 1 X Ii,j Yi,j Yj = (3.1) λ(F ) πi i=1 mit Ii = 1, wenn der Baum i vom Probekreis eingeschlossen wird, oder Ii = 0, wenn sich der Baum außerhalb der Probefläche befindet. πi ist für eine Festkreisprobe innerhalb der Waldfläche konstant. Wird das Individuum durch eine Winkelzählprobe erfasst, ist πi vom Grenzkreis dieses Baumes abhängig. Der Grenzkreis eines jeden Baumes entspricht der individuellen Probefläche λ(Ai ) und wird über geometrische Beziehungen zwischen dem BHD des Individuums und der Zählbreite, sowie dem Abstand des Baumes zum Probepunktzentrum bedingt. Über die Beziehung 1/λ(Ai ) lässt sich die Zahl Bäume pro Hektar ableiten, die ein von der WZP oder einem Festkreis erfasster Baum repräsentiert. Wird λ(Ai ) einer konstanten Probefläche oder eines individuellen Grenzkreises von einer oder mehrerer Waldrandlinien geschnitten, verkleinert sich die Auswahlwahrscheinlichkeit πi des Einzelbaumes. Waldrandbäume wären in der Stichprobe unterrepräsentiert. Hier müssen Verfahren wie das Spiegeln des Teiles der außerhalb des Waldes liegenden Probefläche in den Wald hinein oder andere Verfahren zur Anpassung des Grenzkreises angewandt werden, um die gleiche Auswahlwahrscheinlichkeit für die Individuen am Waldrand zu gewährleisten (Schmid, 1969). Das arithmetische Mittel über alle Traktecken eines Traktes ergibt den Traktmittelwert für eine Zielgröße, welcher für alle statistischen Hochrechnungen auf Befundeinheiten genutzt wird. Die Hochrechnung auf Befundeinheiten (politische Einheiten, naturräumliche Einheiten etc.) erfolgt über verfahrensabhängige Schätzalgorithmen, welche im folgenden Abschnitt vorgestellt werden. 3.3 Mehrphasige Inventurkonzepte Die klassische Forstinventur — bei der die Stichprobenpunkte im Wald aufgesucht werden und anschließend aus den gewonnenen Informationen Mittelwerte bzw. Totale, sowie deren Varianzen und Stichprobenfehler für bestimmte Zielgrößen geschätzt werden — ist eine typische einphasige, terrestrische Inventur. Mit der zunehmenden Operationalität von flugzeuggestützten Kameras und Satellitensensoren, sowie der steigenden Verfügbarkeit von digitalen Kartenwerken wurden weitere Informationsquellen erschlossen, die sich für Inventurzwecke nutzen lassen. Tabelle 3.1 soll einen Überblick über die gewonnenen Attribute aus der Fernerkundung (FE) bzw. anderen Informationsressourcen geben, stellt hierbei aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Diese zusätzlich erhobenen Attribute (natürliche Formationen, Klassifikationen, Indizes) lassen sich zur Stratifizierung des Stichprobengebietes nutzen, d. h. das Gebiet wird nach in sich homogenen Einheiten gegliedert; die Varianz der Zielgröße innerhalb der Straten sollte kleiner sein als zwischen den Straten. Der Stichprobenfehler für eine Zielgröße lässt sich somit laut Stichprobentheorie gegenüber der unstratifizierten Stichprobe senken (Cochran, 1977). Nicht alle Stratifizierungsattribute sowie die hierfür benötigten Stratifizierungsregeln erfüllen diese Bedingung gleichermaßen gut. Eine Überprüfung auf ihre Brauchbarkeit ist deshalb unabdingbar. Unter Stratifizierungsregeln versteht man Bestimmungen zur Aggregation von Merkmalsausprägungen in Klassen, z. B. die Einteilung in Wuchsregionen, Baumartengruppen, Eigentumsarten, Hangexpositionsklassen etc. Einige dieser in der Fernerkundungsphase erhobenen Attribute (Stammzahl, Kronendurchmesser, Baumhöhe, Vegetationsindizes), in diesem Fall auch Hilfsvariablen genannt, die im engen Zusammenhang mit der terrestrischen Aufnahme stehen, lassen sich für Regressionsstichprobenverfahren nutzen. Bedingt durch die Kombination terrestrischer Aufnahmen, Erhebungen in der Fernerkundungsphase und weiterer Informationen aus zusätzlichen Datenquellen lassen sich zwei- oder mehrphasige Inventurverfahren ableiten. Einen vollständigen Überblick zur Systematik verschiedenster Inventur- 28 3.3 Mehrphasige Inventurkonzepte Tabelle 3.1: Überblick zu inventurrelevanten Attributen, erhoben in Fernerkundungs- und alternativen Informationsquellen Quelle Gewonnenes Attribut Luftbild Baumhöhe (dominanter Bäume) Baumart, Laub-/Nadelwald Kronendurchmesser Stammzahl Punktueller Wald-Nichtwald-Entscheid Waldschäden Satellitenbild -Multispektral -Radar -Panchromatisch Weitere Ressourcen -GIS -FGIS a Berechnung von Indizesa : NDVI, SAVI, ARVI, BSI Kartierung von Bestandeshöhen Bei entsprechender räumlicher Auflösung ist die Aufnahme gleicher Attribute wie im Luftbild möglich. Hangneigung Exposition Waldfläche aus Topographischer Karte Waldeinteilung Eigentum Standort Wuchsgebiete Zu Erläuterungen siehe Abschnitt 2.5.3. methoden bieten Köhl et al. (2006b). Folgende sollen in den nächsten Abschnitten vorgestellt werden: • Einphasige stratifizierte Stichprobe, • Zweiphasige Stichprobe zur Stratifizierung, • Mehrphasige Stichprobe zur Stratifizierung, • Zweiphasige Stichprobe mit Regressionsschätzern und • Mehrphasige Stichprobe zur Stratifizierung mit Regressionsschätzern. Neben der klassischen Anwendung von design-basierenden Schätzalgorithmen ist auch der Einsatz modell-basierter Schätzer möglich. In den 1990er Jahren wurde von Mandallaz und Lanz das auf dem Poisson-Modell basierende Verfahren der „antizipierten Varianz“ für Waldinventuren weiterentwickelt, siehe Mandallaz (1997), Mandallaz und Ye (1999), Mandallaz (2001a,b, 2003) und Lanz (2001a,b). 3.3.1 Model der antizipierten Varianz Die Verteilung der Baumpositionen in einem bestimmten Gebiet wird als zufällige Realisation eines Poisson-Prozesses interpretiert. Wird eine unstratifizierte Stichprobe (L ≡ 1) gezogen, so werden die Baumpositionen durch ein globales Poisson-Modell definiert. Wenn innerhalb des Inventurgebietes eine Stratifizierung erfolgt, werden die Baumpositionen in jedem Stratum unabhängig durch einen lokalen Poisson-Prozess realisiert. Würde man über ein Inventurgebiet mehrere unterschiedliche Stichprobenpläne legen, könnte man für jeden einzelnen Stichprobenplan die theoretische Varianz berechnen. Die aus verschiedenen Stichprobenplänen neu abgeleitete antizipierte Varianz stellt dabei eine mittlere lineare Funktion der empirischen Varianz dar. Vorteil dieses Werkzeuges ist es, Ergebnisse zur Auswahlentscheidung zwischen mehreren getesteten Inventurverfahren zu liefern — unabhängig von der Anzahl realisierter Stichproben pro getestetem Verfahren in ein und demselben Stichprobengebiet. Eine möglicherweise ungenauere Schätzung der Varianz der Zielgröße gegenüber der design-basierenden Varianz muss in Kauf genommen werden (Mandallaz, 1997). 29 3 Inventurverfahren Mit diesem Verfahren stehen sowohl die Hochrechnungsalgorithmen für ein- und zweiphasige, einfache oder geklumpte Stichproben bereit, als auch eine Technik, mit deren Hilfe im Kapitel 7 die Optimierung verschiedener Stichprobenpläne erfolgt. Aus diesem Grund sollen in den folgenden Abschnitten die entwickelten Algorithmen für die antizipierte Varianz neben den klassischen Schätzern vorgestellt werden, wobei für ein vertieftes Studium auf die oben genannten Veröffentlichungen verwiesen wird. 3.3.2 Einphasige stratifizierte Stichprobe Das Verfahren der einphasigen stratifizierten Stichprobe ordnet jede Probe eines vorhandenen oder neu installierten, systematischen Stichprobennetzes den vorab definierten, mit ihren Flächen bekannten Straten zu. Die hieraus resultierende Anzahl Stichproben in einem Stratum entspricht näherungsweise einer zur Stratengröße proportionalen Verteilung.1 Die Strateninformation, wie z. B. Bundesländer oder Wuchsgebiete, kann dabei aus bereits bekannten Kartenwerken gewonnen werden oder aber mittels Klassifizierungsalgorithmen aus fernerkundungsbasierten, neu erstellten Kartenwerken (Wald-/Nichtwald-Karte, Laub-/Misch-/Nadelwald-Karte) abgeleitet werden. 3.3.2.1 Schätzung von Mittelwerten durch SRS im Gesamtgebiet Für eine einfache stratifizierte Stichprobe werden zunächst die Stratenschätzer und deren Varianzen nach Scott und Köhl (1993) ermittelt: Yˆ l = mit nl = P P nl j=1 Ilj Ylj (3.2) nl Ilj und Ilj = 1, wenn j ∈ l sowie Ilj = 0, wenn j ∈ /l v Yˆ l D E = Pnl ˆ 2 j=1 Ylj − Y l nl (nl − 1) (3.3) Der Gesamtschätzer für eine Zielgröße über alle Straten hinweg für eine einfache Stichprobe ist ein, mit den Flächen- oder Stichprobenanteilen der Straten gewichteter Mittelwert aus den einzelnen Stratenschätzern: L L X λ(Ul ) ˆ ∼ X nl ˆ Yˆ st = Yl = Y (3.4) λ(U ) n l l=1 l=1 mit der Varianz des gewichteten Stichprobenmittelwertes: L L D E X λ(Ul ) 2 D ˆ E ∼ X nl 2 D ˆ E v Yˆ st = v Yl = v Yl λ(U ) n l=1 (3.5) l=1 Da sowohl die Verteilung der betrachteten Zielgröße als auch die Verteilung der Waldfläche eine Zufallsgröße ist, wird hier ein Schätzer für das gesamte Untersuchungsgebiet (U) präsentiert. Die Beschreibung zur Schätzung von flächenbezogenen Mittelwerten erfolgt in Abschnitt 3.3.10. Die Flächenanteile sind mittels GIS ableitbar. Sollte dieses Werkzeug nicht zur Verfügung stehen, können die Flächenanteile bei einer näherungsweise zur Stratengröße proportionalen Stichprobenverteilung über die Anzahl Proben in den Straten geschätzt werden. Wurden die Stichprobenpläne in Abhängigkeit der Strateneigenschaften unterschiedlich verdichtet, führt die Gewichtung mittels der Anzahl Stichprobenelemente pro Stratum zu einer Verzerrung 1 30 Stichproben können erstens zufällig, d. h. unabhängig von den Strateneigenschaften verteilt werden oder zweitens, proportional zur Stratengröße oder drittens in Abhängigkeit von der Varianz innerhalb der Straten verteilt werden.