25 6. Gesetze der großen Zahlen und zentraler Grenzwertsatz In diesem Kapitel liege wieder ein W-Raum (S, A, P) zugrunde, Z = Z (S, A, P) sei die Menge der reellen ZV'en X: S 6 ú. Z ist ein ú-Vektorraum (sogar ein Vektorverband und eine Algebra). Als Teilraum des Funktionenraumes úS ist in Z die punktweise Konvergenz erklärt: Xn 6 X :] Xn(T) 6 X(T) für n64 und alle T0S. Ferner sei L = L (S, A, P) der úVektorraum der P-integrierbaren reellen Zufallsvariablen. 6.1 P-fast sichere Konvergenz Sei (Xn) eine Folge in Z und sei X0Z. Xn 6 X für n64 P-fast sicher (f.s.) :] es existiert N0A mit P(N) = 0 und lim X n (ω ) = X (ω ) für alle T0S(N. n→ ∞ Bemerkungen: 1) Sei (Xn) eine Folge in Z und sei X0Z. Dann gilt: 1 {ω ∈ Ω |lim X n (ω ) = X (ω )} = I U I {| X n − X | ≤ } 0 A . n→ ∞ k k ≥ 1 m≥ 1 n ≥ m 2) Sei (Xn) eine Folge in Z und seien X, X' 0Z. Falls Xn 6 X f.s. und Xn 6 X' f.s., so ist X = X' f.s.. 3) Sei k0ù und für i=1,...,k seien (Xn(i): n0ù) eine Folge in Z und X(i) 0 Z mit Xn(i) 6 X(i) f.s. für n64; ferner sei f: úk 6 ú stetig. Dann folgt: f(Xn(1), ..., Xn(k)) 6 f(X(1), ..., X(k)) f.s. für n64. 6.2 Kriterien für P-fast sichere Konvergenz 6.2.1 Sei (Xn) eine Folge in Z und sei X0Z. Dann gilt: Xn 6 X f.s. ] lim P( sup | X n − X | > ε ) = 0 für alle ,>0. m→ ∞ n≥ m 6.2.2 Sei (Xn) eine Folge in Z. Dann gilt: › X0Z mit Xn 6 X f.s. ] lim P( sup | X n − X m | > ε ) = 0 für alle ,>0. m→ ∞ n≥ m 6.3 Die Ungleichungen von Tschebyschev und von Kolmogorov var( X ) 6.3.1 (Tschebyschev) Für X 0 L und ,>0 gilt: P(| X − E ( X )| > ε ) ≤ ε2 . 6.3.2 (Kolmogorov) Seien X1, ..., Xn unabhängige Zufallsvariable in L und sei j var( S n ) S j = ∑ X k für j=1,...,n. Dann gilt für alle ,>0: P( max| S j − E ( S j )| > ε ) ≤ . 2 ε 1≤ j ≤ n k =1 6.4 P-fast sichere Konvergenz von unendlichen Reihen ∞ ∑ var( X Sei (Xn) eine Folge von unabhängigen ZV'en in L und sei n )< ∞. n= 1 ∞ Dann ist ∑ (X n =1 n − E ( X n )) P-f.s. konvergent. 6.5 Lemma von Kronecker ∞ Seien (xn) und (bn) Folgen in ú mit 0 < bn84, und sei xn ∑b n= 1 n konvergent. Dann gilt: 26 1 n→ ∞ b n lim n ∑x j =1 j = 0. 6.6 Konvergenzkriterium von Kolmogorov ∞ var( X n ) < ∞ n2 n =1 Sei für n0ù Sn := X1 + ... + Xn. Dann gilt: lim n1 ( S n − E ( S n )) = 0 P-f.s. Sei (Xn) eine Folge von unabhängigen ZV'en in L und gelte ∑ n→ ∞ Bemerkungen: 1) Falls sogar für ein festes :0ú E(Xn) = : für alle n0ù, so ist lim n1 ( X 1 + ... + X n ) = μ f.s.. n→ ∞ 2) (Xn) i.i.d mit X10L², dann gilt: lim n1 ( X 1 + ... + X n ) = μ f.s.. n→ ∞ ∞ 3) Für alle m0ù gilt: 1 ∑n n= m 2 < 2 . m 6.7 Das starke Gesetz der großen Zahlen (Kolmogorov) Sei (Xn) eine Folge von unabhängigen, identisch verteilten, integrierbaren Zufallsvariablen Sn = E ( X 1 ) P-f.s.. und sei für n0ù Sn := X1 + ... + Xn. Dann gilt: lim n→ ∞ n 6.8 Korollar: Satz von Borel Sei A0A und sei (Xn) eine Folge von unabhängigen Bernoullivariablen, wobei jedes Xn wie1A verteilt sei. Sn = X1 + ... + Xn kann dann als die Häufigkeit des Eintretens des Ereignisses A unter den ersten n unabhängigen Wiederholungen des zugrundeliegenden Zufallsexperiments interpretiert werden, und hn := Sn/n als die zugehörige relative Häufigkeit. Wegen 6.7 gilt: hn 6 P(A) für n64 P-f.s.. 6.9 P-stochastische Konvergenz Sei (Xn) eine Folge in Z und sei X0Z. Xn 6 X für n64 P-stochastisch (P-st.; nach Wahrscheinlichkeit P) :] lim P( | X n − X | > ε ) = 0 für alle ,>0. n→ ∞ Bemerkungen: 1)Wenn (Xn) gegen X P-f.s. konvergiert, so konvergiert (Xn) gegen X auch Pstochastisch. 2) Sei (Xn) eine Folge in Z und seien X, X' 0Z. Falls Xn 6 X P-stoch. und Xn 6 X' P-stoch., so ist X = X' f.s.. 6.10 Schwaches Gesetz der großen Zahlen Sei (Xn) eine Folge in L 2(S, A, P) und seien die Xn paarweise unkorreliert, also cov(Xn, Xm) = 0 für n…m. Falls 1 n 6.10.1 lim 2 ∑ var( X i ) = 0 , n→ ∞ n i =1 erfüllt die Folge (Xn) das schwache Gesetz der großen Zahlen, d.h. es gilt n 1 n ∑ (X i =1 i − E ( X i )) 6 0 P-stoch. für n64. Bemerkung: Die Bedingung 6.10.1 ist insbesondere dann erfüllt, wenn die Folge der 27 Varianzen (var(Xn): n0ù) nach oben beschränkt ist. 6.11 Kriterien für P-stochastische Konvergenz 6.11.1 Sei (Xn) eine Folge in Z und sei X0Z. Dann gilt: Xn 6 X P-stoch. ] zu jeder Teilfolge (Xn') von (Xn) existiert eine weitere Teilfolge (Xn'') von (Xn') mit Xn'' 6 X P-f.s.. 6.11.2 Sei (Xn) eine Folge in Z. Dann gilt: › X0Z mit Xn 6 X P-stoch. ] lim sup P(| X n − X m | > ε ) = 0 für alle ,>0. m→ ∞ n ≥ m Bemerkung: Sei k0ù und für i=1,...,k seien (Xn(i): n0ù) eine Folge in Z und X(i) 0 Z mit Xn(i) 6 X(i) P-stoch. für n64; ferner sei f: úk 6 ú stetig. Dann folgt: f(Xn(1), ..., Xn(k)) 6 f(X(1), ..., X(k)) P-stoch. für n64. 6.12 Schwache Konvergenz Sei Cb(ú) die Menge aller stetigen und beschränkten Funktionen f: ú 6 ú. 1. Sei (Qn: n0ù) eine Folge von W-Maßen auf (ú,B) und sei Q ein weiteres W-Maß auf (ú,B). (Qn) konvergiert schwach gegen Q : ] Qn → Q schwach :] If dQn → If dQ für alle n→ ∞ n→ ∞ f0C (ú). 2. Sei (Xn) eine Folge von reellen Zufallsvariablen (die nicht notwendig auf demselben WRaum definiert sein müssen) und sei X eine weitere reelle ZV. (Xn) konvergiert schwach gegen X :] Xn → X schwach :] die Folge der Verteilungen ( PX n ) der Xn konvergiert b n→ ∞ schwach gegen die Verteilung PX von X. Bemerkungen: 1) Seien Xn, n0ù, X wie in 6.12.2. Dann gilt: Xn → X schwach ] n→ ∞ E(f(Xn)) → E(f(X)) für alle f0C b(ú). n→ ∞ 2) Seien (S, A, P) ein W-Raum, (Xn) eine Folge in Z (S, A, P) und sei X0Z (S, A, P). Falls Xn 6 X P-stoch., so folgt Xn 6 X schwach. 6.13 Charakterisierung der schwachen Konvergenz Seien Xn, n0ù, X wie in 6.12.2. Für n0ù sei Fn die Verteilungsfunktion von Xn, und F sei die Verteilungsfunktion von X. C 2(ú)* bezeichne die Menge aller beschränkten Funktionen f: ú 6 ú , die zweimal differenzierbar sind und eine gleichmäßig stetige und beschränkte 2.Ableitung besitzen. Dann sind äquivalent: (1) Xn 6 X schwach; (2) lim Fn ( x ) = F ( x ) in jedem Stetigkeitspunkt x der Funktion F; n→ ∞ (3) E(f(Xn)) → E(f(X)) für alle f0C 2(ú)*. n→ ∞ Bemerkungen: 1) Seien a, b, c, d 0 ú mit a<b. Dann existiert ein f 0 C 2(ú)* mit f(x) = c für x#a, f(x) = d für x$b und min(c,d) # f(x) # max(c,d) für alle x0ú. 2) Falls F auf ganz ú stetig ist, folgt aus 6.13 (1) die gleichmäßige Konvergenz der Folge (Fn) gegen F, also lim sup| Fn ( x ) − F ( x )| = 0 (ohne Beweis). n→ ∞ x 6.14 Zentraler Grenzwertsatz Sei (Xn) eine Folge in L 2(S, A, P), wobei die Xn unabhängig und identisch verteilt seien; ferner sei var(X1)>0. Setze ::= E(X1), F²:= var(X1). Dann gilt: 28 1 σ n n ∑ (X i =1 i − μ ) → ξ schwach, wobei >~N(0,1). n→ ∞ n Bemerkung: Seien für n0ù S n = ∑X S n − nμ , S n* = = Sn − E ( Sn ) . Sn* heißt var( S n ) standardisierte Summe. Für die Verteilungsfunktion Fn* von Sn* gilt also wegen 6.14 und Bemerkung 2 zu 6.13: lim sup| Fn* ( x ) − Φ ( x )| = 0 . n→ ∞ i =1 i σ n x 6.15 Korollar: Satz von deMoivre-Laplace Sei p 0 <0, 1>, und sei (Xn) n0ù eine unabhängige Folge von Bernoullivariablen, wobei für alle n0ù Xn ~ B(1,p). Da E(X1) = p und var(X1) = p(1-p), folgt nach 6.14 n ∑X i =1 i − np np(1 − p) ⎯⎯⎯ ∞ → N ( 0,1) schwach. n→ ⎯ Dabei ist S n = n ∑X i =1 i ~ B(n,p) und S n* = Für n0ù, k=0,1,...,n folgt: bn , p ( k ): = k ⎛ n⎞ S n − np np(1 − p) ∑ ⎜⎝ i ⎟⎠ p (1 − p) i ⎯⎯⎯ ∞ → N ( 0,1) schwach. n→ ⎯ n−i i=0 = P(Sn # k) = k − np k − np ) . Φ( ). np(1 − p) np(1 − p) Ersetzt man im letzten Term k durch k+1/2 (sogenannte Stetigkeitskorrektur), so erhält man für große n, k0ù0, a1, a2 0 ù0 mit a1 < a2: k + 21 − np ); 6.15.1 bn , p ( k ) ≈ Φ ( np(1 − p) = P( S n* ≤ 6.15.2 P(a1 ≤ S n ≤ a 2 ) = bn , p (a 2 ) − bn , p (a1 − 1) . Φ ( a2 + 1 2 − np )− Φ( a1 − 1 2 − np np(1 − p) np(1 − p) Die Näherungsformeln 6.15.1 und 6.15.2 beinhalten die Normalapproximation der Binomialverteilung (mit Stetigkeitskorrektur). ).