AGROjournal Ausgabe 7 | August 2015 AGROjournal Aktuelles aus den landwirtschaftlichen Landesanstalten Schwerpunktthema Agrobiodiversität – Erhaltung von Sorten und Nutztierrassen Agr Journa 11 Bericht der landwirtschaftlichen Landesanstalten im Geschäftsbereich des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz 2 „Eine hohe Agrobiodiversität sichert die Lebensgrundlagen des Menschen“ Sehr geehrte Leserinnen, sehr geehrte Leser, der Verlust der Agrobiodiversität geht uns alle an: Von 6.500 Nutztierrassen sind weltweit bereits 1.000 ausgestorben, jede Woche verschwinden zwei weitere. Auch die Ackerfläche Deutschlands wird zu rund 75 Prozent von nur fünf Kulturen – Weizen, Gerste, Mais, Raps, Roggen – dominiert. Beide Phänomene belegen beispielhaft eine gefährliche Verarmung. Die biologische Vielfalt in der Landwirtschaft ist zunehmend bedroht. Daher ist es so wichtig, eine hohe Agrobiodiversität zu sichern. Denn sie sichert die Stabilität der Agrarlebensräume und macht diese – auch mit Blick auf den Klimawandel – leistungsfähiger. Wir dürfen dem Verlust der Agrobiodiversität nicht tatenlos zusehen. Wir müssen handeln. Denn die Konzentration auf wenige, ertragsstarke Tierrassen und Pflanzensorten birgt langfristig große Risiken, wie eine hohe Anfälligkeit für Krankheiten oder Schädlinge. Die Antwort auf aktuelle und künftige Herausforderungen liegt nicht in wenigen anfälligen Hochleistungssorten und -rassen, sondern in einem möglichst breiten Genpool. Mit anderen Worten: Eine hohe Agrobiodiversität trägt zur Erhaltung der zukünftigen Lebensgrundlagen für uns Menschen bei. Wenn wir von Agrobiodiversität sprechen, sind zwei Aspekte von Bedeutung: Erstens der Erhalt der genetischen Ressourcen von Kulturpflanzen und Nutztierrassen. Zweitens alle weiteren Komponenten der biologischen Vielfalt, die für Ernährung und Landwirtschaft von Bedeutung sind – von Bestäubern, wie Wildbienen über Bodenfruchtbarkeit bis hin zu Nützlingen. Dank des großen Engagements verschiedener Initiativen in unserem Land ist es bereits gelungen, einige Schätze – beispielsweise fast verschwundene Nutzpflanzen, wie die Linsen von der Schwäbischen Alb – zu heben und zu erhalten. Doch dies reicht lange noch nicht aus. Viele alte traditionelle Sorten und Nutztierrassen werden nach wie vor in ihrer Bedeutung verkannt. Das wollen wir ändern. Dafür brauchen wir die Akteurinnen und Akteure vor Ort – die Liebhaber, Pioniere sowie Züchter traditioneller Sorten und Nutztierrassen. Sie sind der Motor des Ganzen. Ebenso wichtig ist es, dass auch möglichst viele Verbraucherinnen und Verbraucher alte Sorten und Nutztierrassen sowie die vielfältigen Lebensmittel, die sich daraus herstellen lassen, wieder neu für sich entdecken. So können sie Produkte aus der Region gezielt unterstützen. Erfahrungsgemäß steht am Anfang jeder Renaissance von alten Sorten und Nutztierrassen die angewandte Forschung. Unsere Landesanstalten sind hier wichtige Ideenund Impulsgeber. Das AGROjournal präsentiert deshalb in seiner neuen Ausgabe eine Auswahl der Forschungsergebnisse unserer Landesanstalten zum Thema „Agrobiodiversität – Erhaltung von Sorten und Nutztierrassen“. Daneben finden Sie viele weitere interessante Beiträge zu anderen Themen im neuen AGROjournal. Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre und viele gute Anregungen. Alexander Bonde Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg 33 Inhaltsverzeichnis Vorwort Minister Alexander Bonde ......................... 3 Wertvolle Pferderassen in Marbach HuL Marbach ................................................................14 Inhaltsverzeichnis ......................................................... 4 Schwerpunktthema „Agrobiodiversität – Erhaltung von Sorten und Nutztierrassen“ Heimische Eiweißpflanzen – ein Beitrag zur Erhöhung der Agrobiodiversität LTZ Augustenberg .........................................................15 Emmer & Einkorn – Alte Weizenarten neu entdeckt Landessaatzuchtanstalt, Universität Hohenheim ............... 16 Gartenmelde – Renaissance einer vergessenen Spinatsorte LVG Heidelberg ..............................................................6 Biodiversität braucht Landwirtschaft. Landwirtschaft braucht Beratung LEL Schwäbisch Gmünd .. ............................................ 1 7 Bienenweidepflanzen – Von der Wiese auf den Balkon LVG Heidelberg ............................................................. 7 Patenschaften für seltene Streuobstsorten Kompetenzzentrum Obstbau Bodensee (KOB) ...................18 Hornlose Hinterwälder gezüchtet LAZBW Aulendorf ........................................................ 8 Alte Sorten schmecken Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg, Abteilung Landwirtschaft .............................................. 21 Forellen – Genetische Vielfalt in Gefahr LAZBW Aulendorf, Langenargen .................................... 9 Interview mit Minister Alexander Bonde ........ 22 Mit alten Rebsorten neue Probleme lösen LVWO Weinsberg ........................................................ 10 Traditionelle Schweinerassen erhalten LSZ Boxberg ................................................................ 26 Rückkreuzung stärkt die Widerstandskraft WBI Freiburg ................................................................11 Muskat-Ottonel – seltene Rebsorte in staatlicher Obhut WBI Freiburg ............................................................... 27 Alternativen zum Energiemais gesucht LTZ Augustenberg .......................................................... 12 Holzrücken mit Pferden – Wiederkehr einer Tradition Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Abteilung Waldwirtschaft, Landesbetrieb ForstBW............................ 13 Mit Wildapfelsorten gegen Schorf und Pilz WBI Freiburg ............................................................... 28 Schere ade – Nolana-Schafzucht in Aulendorf LAZBW Aulendorf ........................................................ 29 Milchziegenreport Baden-Württemberg LEL Schwäbisch Gmünd .. .............................................30 4 Wie lässt sich die Kirschessigfliege eindämmen? WBI Freiburg ............................................................... 3 1 Sorten molekularbiologisch unterscheiden LTZ Augustenberg ........................................................ 3 6 Sommer-Begrünung im Gemüsebau LVG Heidelberg ............................................................ 3 2 Kurzmeldungen aus den Landesanstalten ...... 37 Schweine mögen auch heimisches Eiweiß LSZ Boxberg ................................................................ 3 3 Bekämpfung von Phytoplasmakrankheiten LTZ Augustenberg ........................................................ 3 4 Genomische Zuchtwertschätzung – ein Beitrag zur Erhaltung reiner Schweinerassen LSZ Boxberg ................................................................ 3 5 Ausbildung und Praktika in den Landwirtschaftlichen Landesanstalten ................ 42 Alle Adressen im Überblick Anschriften der Landesanstalten ................................ 43 Impressum .................................................................. 43 Für Ihre Notizen 55 Schwerpunkt „Agrobiodiversität – Erhaltung von Sorten und Nutztierrassen“ Gartenmelde – Renaissance einer vergessenen Spinatsorte von zehn verschiedenen Meldesorten in den Farbspektren grün, hellgrün, gelb, rot bis violett und weiteren Salatbzw. Spinatgemüsen wie Hirschhornwegerich, Baby-Leaf-Salat, Portulak und Neuseeländer Spinat. Geerntet wurde Anfang bis Mitte Mai, so dass im Gewächshaus noch eine Gurkenkultur nachfolgen konnte. Kriterien zur Beurteilung der Sorten waren sowohl der Ertrag als auch die Pflanzengesundheit. Alle geprüften Meldesorten sind zum Anbau geeignet, so lautet das Ergebnis des Sortenscreenings. Grundsätzlich entwickelten sich die gelben und grünen Sortentypen allerdings schneller als die roten. Die Folge war, dass die gelben Sorten der Gartenmelde mit ca. 2 kg/m² doppelt so hohe Erträge erzielten wie die roten Sorten. Spitzenreiter mit 2,1 kg/m² war eine grün-rote gestreifte Sorte. Bei einem Ertragsniveau von 2 kg/m² erzielten die gelben Gartenmelden somit ähnlich hohe Erträge wie Blattsalate. Pflanzenkrankheiten traten während des gesamten Versuchszeitraumes nicht auf. Gartenmelde in verschiedenen Farben A lte Gemüsearten und Sorten erleben derzeit eine Renaissance. Dies gilt auch für die Gartenmelde. Sie wurde als Spinatgemüse vor der Kultivierung des ertragreicheren Blattspinates im europäischen Raum angebaut. Bereits 300 v. Christus beschrieb der griechische Arzt Dioskurides dieses Spinatgemüse und die Gesundheit fördernde Wirkung ihrer Wurzeln. Hoher Gesundheitswert Tatsächlich weist die Gartenmelde im Vergleich zu anderen Blattgemüsearten höhere Gehalte an Eiweiß, Mineralien sowie Vitamin C und Vitamin A auf. Zu den Inhaltsstoffen der Melde gehören auch die Schleimstoffe Saponine, weshalb sie früher zur Milderung von Husten eingesetzt wurde. Außerdem ist in den buntlaubigen, rot- und gelbgefärbten Sorten eine hohe Anzahl 6 Der gesundheitliche Wert der Gartenmelde und der Wunsch, die Vielfalt im Gemüsesortiment zu steigern, waren für die Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt Heidelberg Grund genug, einen Anbauversuch mit verschiedenen alten und neuen Meldesorten zu starten. Ziel war es, den regionalen Gartenbaubetrieben Empfehlungen zu Anbau und Sortenwahl geben zu können. Wie geht es weiter? Der erfolgreiche Versuch im Foliengewächshaus gibt Anlass, den Anbau der Gartenmelde auch in anderen Anbauzeiträumen, wie zum Beispiel den Sommeranbau im Freiland und die Herbstkultur im Folienhaus, zu prüfen. Künftige Forschung will auch herausfinden, wie viele Schnitte bei ähnlichem Ertragsniveau und gleicher Qualität bei nur einer Pflanzung möglich sind. Denn jeder Pflanzvorgang kostet Geld. Und noch eine Frage stellt sich: Sind Farbmischungen aus grünen, gelben und roten Sorten für Verbraucherinnen und Verbraucher attraktiver oder kann es - wegen des höheren Ertrages - bei einer Farbe bleiben? Aber schon jetzt ist klar: Gartenmelden machen das Gemüsesortiment bunter! Zum Anbau geeignet Beim Anbauversuch im Foliengewächshaus erfolgte im März eine Pflanzung Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau, Heidelberg (LVG) von Farbstoffen zu finden, die dem Zellschutz und der Krebsvorbeugung dienen. Last but not least: Im Gegensatz zum gängigen Blattspinat liegt der Oxalsäuregehalt der Gartenmelde deutlich niedriger, so dass auch Gichtkranke dieses traditionelle Spinatgemüse genießen dürfen. Schwerpunkt „Agrobiodiversität – Erhaltung von Sorten und Nutztierrassen“ Bienenweidepflanzen – Von der Wiese auf den Balkon Artenreicher Blumenkasten B ienen füttern liegt im Trend. Einige Marketing-Konzepte nach dem Muster „Bienen- und Schmetterlingspflanzen – direkt vom Gärtner“ greifen das Thema schon auf. Informationen zum Nektar- und Pollenangebot bei züchterisch bearbeiteten Beet- und Balkonpflanzen liegen dagegen nur spärlich vor. So sind im Pflanzenlexikon der Bienen-App nur vier von 128 aufgeführten bienenfreundlichen Pflanzen einjährige Sommerblüher – zum Beispiel Kapuzinerkresse und Ringelblume. Solche Kräuter- und Wildpflanzen sind Trachtpflanzen mit einem sehr guten Bienen-Nahrungsangebot und werden deshalb – zusammen mit vielen weiteren Pflanzen – im Bienenweidekatalog-Baden-Württemberg gelistet. Wildblumen verwenden Meist fehlen noch anschauliche Beispiele, wie Tracht- und Schmuckpflanzen erfolgreich kombiniert werden können. Die Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt Heidelberg stellt deshalb Pflanzkombinationen für Bienenweidekästen zusammen, die bei der Kundschaft gut ankommen und gleichzeitig einen Beitrag zum Erhalt der biologischen Vielfalt leisten. In verschiedenen Versuchen hat sich gezeigt: Für reine Bienenweidekästen eignen sich gebietsheimische Wildblumen am besten. Dazu gehören niedrigwachsende Blütenstauden wie die Großblütige Brunelle, die Knäuelglockenblume, die Tauben-Skabiose oder auch die Gefleckte Taubnessel. Größere Topf-Gefäße können auch höherwachsende Blütenstauden, wie etwa Acker-Witwenblume, Jakobsleiter oder – für die Blüte im Herbst – die Große Fetthenne aufnehmen. Mit bunten Sommerblühern aufpeppen Wildblumenkästen sind zwar nicht so farbenfroh und blühfreudig wie klassische Kästen mit Petunien oder Geranien. Bienenkästen lassen sich aber mit Kräutern und Gemüse, wie etwa Chili, sehr gut aufpeppen. Auch Balkonblumen wie die blühfreudigen Salvia-Arten (Salvia nemorosa) oder die neuen, bunten Zweizahn-Sorten (Bidens triplinervia) bringen Farbe in die Kombination. Wichtig ist, dass im Kasten immer etwas blüht. Sonnige Standorte und regelmäßiges Entfernen verblühter Stiele sorgen für eine reichhaltige Nachblüte. Blumenkästen mit heimischen Wiesenblumen benötigen außerdem weniger Nährstoffe als Kästen mit Erdbeeren und Gemüse. Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau, Heidelberg (LVG) 77 Schwerpunkt „Agrobiodiversität – Erhaltung von Sorten und Nutztierrassen“ Hornlose Hinterwälder gezüchtet buchkühen rund 2.000 Tiere in BadenWürttemberg. Unfallrisiko mindern Neben der Langlebigkeit und Fruchtbarkeit besticht die Vitalität der neugierigen Kühe, die ihr Umfeld stets mit größter Wachsamkeit im Blick haben. Die Kontrolle und das Kennzeichnen der Kälber mit Ohrmarken fordern das ausgeprägte mütterliche Verhalten der Kühe heraus, die mit Argusaugen über ihre Kälber wachen. Die Hörner der Tiere bergen daher für die betreuenden Personen ein erhebliches Unfallrisiko. Jungbulle SILTNAX P blickt selbstbewusst in die Runde (Foto M. Piecha) D ie Rasse Hinterwälder ist mit einer Widerrishöhe von 115 bis 125 cm und einer Lebendmasse von 380 bis 480 kg die kleinste und leichteste regionale Rinderrasse in Baden-Württemberg. Dem im Südschwarzwald anzutreffenden „Hirschvieh“, wie die gelb bis rot gescheckten agilen und trittfesten Hinterwälder auch genannt werden, machen Wind und Wetter nichts aus. Die robusten Rinder fressen auch holzartige Pflanzen und können diese in Leistung umwandeln, was gleichermaßen die Futterkosten und den Aufwand bei der Weidepflege senkt. Hinterwälder haben mit diesen Eigenschaften entscheidend zum heutigen abwechslungsreichen Landschaftsbild des Südschwarzwaldes beigetragen. Sie beweiden die kargen Hanglagen, ohne dass es zu Trittschäden kommt. Das Gras und die Kräuter, die bei der Beweidung gefressen werden, sorgen 8 für einen vergleichsweise hohen Anteil an lebenswichtigen Omega-3-Fettsäuren in Fleisch und Milch. Etwas für Feinschmecker Feinschmecker schätzen das Fleisch dieser anspruchslosen Rinder (Hinterwälder Weiderind), denn es ist zart und aromatisch. Noch Mitte des 19. Jahrhunderts wurden Ochsen aus dem Schwarzwald bis auf Märkte in London exportiert, wo für das Fleisch dieser Rinder im Vergleich zu Rindern anderer Herkunft oft doppelt so hohe Preise bezahlt wurden. Leider ist seit den 1970er Jahren die Zahl der Hinterwälder rückläufig. Die bodenständige Rasse stand sogar kurz vor dem Aussterben. Das Land BadenWürttemberg unterstützt deshalb seit 1972 die Zucht und Erhaltung dieser alten kulturell bedeutsamen Rasse. Aktuell umfasst der Bestand an Herd- Am LAZBW Aulendorf wurde deshalb Ende der 1980er Jahre begonnen, die Mutterkühe der Rasse „Fleckvieh Zuchtrichtung Fleisch“ mit einem hornlosen Bullen derselben Rasse zu decken und erfolgreich auf natürliche Hornlosigkeit zu züchten. Es zeigte sich, dass die Tierhaltung nun wesentlich risikoärmer wurde. Die Hinterwälderkühe der Mutterkuhherde wurden deshalb ebenfalls mit einem hornlosen Bullen der Rasse Fleckvieh Zuchtrichtung Fleisch gedeckt und die Nachkommen mit Hinterwäldern zurückgekreuzt. 2003 wurde daraufhin beim LAZBW Aulendorf der hornlose Hinterwälderbulle NAXTUS P geboren (P steht für erblich verankerte Hornlosigkeit). Dieser ist der Urvater zweier mischerbig hornloser Besamungsbullen, SILTNAX P und ARINAX P. Beide Bullen sollen nun durch Besamung eine möglichst große Ausbreitung in den Hinterwälder-Zuchtbetrieben des Landes und über die Landesgrenzen hinaus erreichen. Das LAZBW hat damit einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der mit wertvollen Eigenschaften ausgestatteten Hinterwälder und zur Verankerung der genetischen Hornlosigkeit geleistet. Landwirtschaftliches Zentrum Baden-Württemberg (LAZBW) Schwerpunkt „Agrobiodiversität – Erhaltung von Sorten und Nutztierrassen“ Genetische Vielfalt der bewirtschafteten Forellenstämme in Gefahr I n Baden-Württemberg werden jährlich ca. 9.000 Tonnen Forellen produziert. Die Hauptnutzungsarten sind Regenbogen- und Bachforellen. Baden-Württemberg hat hier einen Anteil von mehr als einem Drittel der Forellenerzeugung in Deutschland. Produziert werden die Fische in 110 Vollerwerbsbetrieben und etwa 3.000 Nebenerwerbs- und Hobbyanlagen. Die Schwerpunkte der Forellenzucht liegen im Schwarzwald und in Oberschwaben. Es handelt sich dabei ausschließlich um Familienbetriebe, die zum Teil seit Generationen Fischzucht betreiben. Die Jahrestonnage der Vollerwerbsbetriebe reicht von wenigen Tonnen bis zu 1.000 Tonnen Forellen. Die überwiegende Menge der Speisefische wird regional vermarktet. Hier handelt es sich vor allem um Regenbogenforellen. Der Bachforellenbesatz stützt dagegen die Bestände der freien Gewässer. Von dieser Art wird nur ein kleiner Teil als Speisefische vermarktet. In einem bundesweiten Projekt (Müller-Belecke et al. 2009), an dem die Fischereiforschungsstelle des LAZBW beteiligt war, wurde erhoben, von welchen Fischarten in Aquakulturen Laichfischstämme vorhanden sind, wie ihre genetische Struktur aussieht und ob sie – analog zu anderen Nutztierrassen – besonderen Schutz verdienen. Es zeigte sich, dass bei beiden Forellenarten eine große Vielfalt an Laichfischstämmen vorhanden ist – in Baden-Württemberg zum Beispiel jeweils elf Stämme von Regenbogenund Bachforellen. In Baden-Württem- berg verfügen damit 10 Prozent der Fischzuchtbetriebe über eigene Laichfischstämme. Speisefisch Regenbogenforelle Die Elterntierstämme der Regenbogenforelle weisen eine breite genetische Vielfalt auf. Damit ist für die weitere züchterische Arbeit eine gute Basis vorhanden und es sind große Züchtungsfortschritte möglich. Die Studie ergab aber auch, dass bei Regenbogenforellen die Möglichkeiten der derzeit praktizierten Massenselektion ausgereizt sind und moderne züchterische Methoden, wie zum Beispiel Familienselektion, angewandt werden sollten. Regionale Laichfischstämme haben im Vergleich zu solchen aus entfernten Gegenden deutliche Vorteile für die regionale Forellenproduktion. Leider sind viele Laichfischstämme aufgrund starker europäischer und weltweiter Konkurrenz kaum mehr wirtschaftlich. Sollte diese Entwicklung anhalten, könnten regionale Laichfischstämme unwiederbringlich verschwinden und somit zur genetischen Verbesserung nicht mehr zur Verfügung stehen. Heimische BachforellenLaichfischstämme erhalten Die in Baden-Württemberg natürlich vorkommenden Bachforellen stammen aus dem Donau- und Rheineinzugsgebiet. Anders als bei der Regenbogenforelle, die als Speisefisch genutzt wird, geht es bei der Bachforelle darum, regionalspezifisches Besatzmaterial für die freien Gewässer zu liefern. Die Bachforellen werden nicht weitergezüchtet, um bestimmte Leistungsmerkmale zu verbessern. Ziel ist vielmehr, die ursprünglichen Charakteristika und die genetische Bandbreite zu erhalten. Dementsprechend sind die Bachforellenlaichfischstämme in Form und farblicher Ausprägung deutlich unterschiedlicher als die Regenbogenforellenstämme. Genetische Vielfalt der regionalen Laichfischstämme bedroht Fazit: Die Erhaltung und Zucht regionaler Laichfischstämme ist kein nostalgisches Anliegen, sondern hat eine große Bedeutung. Die Laichfischstämme können allerdings nur so lange erhalten werden, wie sie wirtschaftlich sind. Insbesondere bei den Regenbogenforellen ist dies vor dem Hintergrund der weltweiten genetischen Weiterentwicklung leider nicht mehr überall der Fall. Es besteht daher die Gefahr, dass die regionalen Laichfischstämme der Regenbogenforelle und auch der Bachforelle nach und nach verschwinden. Die Laichfischstämme der Regenbogen- und auch der Bachforellen, die an unsere naturräumlichen Gegebenheiten angepasst sind, sind daher ein kostbares Gut und sollten erhalten werden. Müller-Belecke et. al (2009): Aquatische genetische Ressourcen – Laichfischbestände von Wirtschaftsfischarten in Deutschland. Schriften des Instituts für Binnenfischerei e. V. Potsdam-Sacrow, Bd. 25, 74 S. Landwirtschaftliches Zentrum Baden-Württemberg (LAZBW) Fischereiforschungsstelle Beispiele für verschiedene Bachforellenstämme 99 Schwerpunkt „Agrobiodiversität – Erhaltung von Sorten und Nutztierrassen“ Mit alten Rebsorten neue Probleme lösen der so genannten „Reblauskrise“ im 19. Jahrhundert, die auch die französische Rotweinsorte Carménère betroffen hat, über die Rebflurbereinigungen nach dem Zweiten Weltkrieg bis hin zur derzeitigen Konzentration von Winzern und Verbrauchern auf wenige klassische und neugezüchtete Sorten. Tatsächlich finden sich jedoch viele der alten Keltertrauben in den Stammbäumen moderner, leistungsfähiger Sorten wieder und bilden noch immer deren genetische Basis. Im Blick auf zukünftige Züchtungen ist daher zu erwarten, dass wieder häufiger auf diese alte Sorten zurückgegriffen wird. Carménère – eine traditionelle Rotweinsorte aus Frankreich D ie Bemühungen um den Erhalt genetischer Ressourcen werden weltweit als sehr wichtig angesehen. Auch Deutschland ist Unterzeichnerstaat des Internationalen Abkommens zur Erhaltung wichtiger genetischer Ressourcen und die Deutsche Genbank Reben ist in das Nationale Inventar Pflanzengenetischer Ressourcen eingebunden. Die Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg (LVWO) leistet mit ihrem Rebsortiment einen wesentlichen Beitrag zu diesen Programmen. 570 Rebsorten in Weinsberg Obwohl – je nach Zählweise – weltweit zwischen 8.000 und 30.000 Rebsorten bekannt sind, belegen allein die zehn häufigsten Keltertraubensorten Deutschlands rund 75 Prozent der Anbaufläche in Deutschland. Allein diese Relation macht deutlich, wie groß die Diskrepanz zwischen der vorhandenen genetischen Vielfalt und der praktischen Verwendung ist. Um dieser „Gen-Erosion“ entgegenzuwirken, betreuen in Deutschland sieben 10 staatliche Institutionen eine Vielzahl von Rebsammlungen. Viele seltene Rebsorten finden sich dabei lediglich in ein oder zwei Sammelbeständen im In- oder Ausland. Eines dieser Rebsortimente steht auf Flächen der LVWO Weinsberg. Die LVWO ist bereits 1989 eine Verpflichtung zum Erhalt von genetischen Ressourcen der Rebe eingegangen. Das Rebensortiment der LVWO umfasst insgesamt 570 verschiedene Sorten von 25 der rund 60 weltweit vorkommenden Vitis-Arten. Die Hauptaufgabe des Weinsberger Rebsortiments liegt in der Erhaltung von Landsorten, die in früheren Jahrhunderten eine wichtige Bedeutung hatten, heute aber nur noch vereinzelt zu finden sind. Alte Sorten als genetische Basis Zu den klassischen Landsorten Württembergs zählten einst Rebsorten wie Blauer Affenthaler, Roter Urban und Gelber Ortlieber. Sie sind aber weitgehend in Vergessenheit geraten und haben nur in wenigen Beständen überlebt. Die Gründe für dieses Verschwinden sind vielfältig. Sie reichen von Beispiel Klimawandel Der Klimawandel führt z.B. zu einem immer früheren Austrieb. Die Wetterstatistik zeigt aber auch, dass es keine entsprechende Vorverschiebung der letzten Frostnächte gibt. Daher ist zukünftig mit erhöhten Schäden aufgrund von Spätfrösten zu rechnen. Durch züchterischen Rückgriff auf spät austreibende, alte Sorten kann dem möglicherweise entgegengewirkt werden. Beispiel Kirschessigfliege Ein weiteres Beispiel ist das Vordringen der Kirschessigfliege in den letzten Jahren. Die Kirschessigfliege hat das Potential, neben dem Beerenobst auch den Weinbau dauerhaft zu schädigen. Auch hier besteht die Hoffnung, durch den Rückgriff auf widerstandsfähige Sorten mittelfristig neue Sorten zu erhalten. In einem ersten Screening hat sich bereits gezeigt, dass ein Potential bei widerstandsfähigen Sorten zu finden ist, die im Anbau bisher keine Rolle spielen. Beide Beispiele zeigen: Die Pflege und Erhaltung alter Rebsortimente ist wichtig, um für neue Herausforderungen gewappnet zu sein. Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg (LVWO) Schwerpunkt „Agrobiodiversität – Erhaltung von Sorten und Nutztierrassen“ Rückkreuzung stärkt die Widerstandskraft zentralasiatischen Amurensis-Wildrebe versehen wurden. Diese Wildrebe weist, neben einer sehr guten Pilzwiderstandsfähigkeit gegen Echten und Falschen Mehltau, auch eine höhere Frosthärte auf. Aus solchen Kreuzungen entstanden zum Beispiel die weißen Sorten Solaris, Bronner, Souvignier gris, Muscaris und die roten Sorten Monarch, Cabernet Cortis und Cabernet Cantor. Rückkreuzung zur Qualitätsverbesserung Durch zahlreiche Schritte der Rückkreuzung mit traditionellen Qualitätsweinsorten europäischer Herkunft gelang es in der Folgezeit, die Weinqualität der verfügbaren Neuzüchtungen auf ein Niveau zu steigern, das sich von der Weinqualität der traditionellen Qualitätsweinsorten nicht mehr unterscheidet. Bei der Rückkreuzung ergab sich, dass zum Beispiel die Eltern der Rebsorte Prior Kreuzungen aus Europäersorten (Blauer Spätburgunder und St. Laurent) mit mindestens einer pilzwiderstandsfähigen Hybrid- oder Wildart sind. Dadurch konnte die Pilzwiderstandsfähigkeit der Hybrid- und Wildarten mit der Traubenqualität der Europäersorten verbunden werden. Johanniter – eine pilzwiderstandsfähige Weissweinsorte (Foto WBI) D ie Züchtungsarbeit des Staatlichen Weinbauinstituts Freiburg begann bereits 1917. Seit 1950 wurde die Züchtung von Keltertraubensorten ausschließlich auf die Resistenzzüchtung ausgerichtet. In den ersten Jahrzehnten wurde überwiegend mit Hybriden gekreuzt, die in Frankreich aus der Kreuzung europäischer und amerikanischer Hybriden (Vitis rupestris, Vitis cinerea) entstanden sind. Aus den Kreuzungen dieser Sorten mit europäischen Sorten entstanden pilzwiderstandsfähige Weißweinsorten wie der Johanniter und der Merz- ling, die eine hohe Pilzwiderstandsfähigkeit gegen Echten und Falschen Mehltau aufweisen. Verbesserung der Frosthärte In den 70er und 80er Jahren wurde die Kreuzungs- beziehungsweise Kombinationszüchtung an Ertragsrebsorten zur Schaffung weiterer pilzwiderstandsfähiger Rebenneuzüchtungen weiter intensiviert. Ziel war es nun, die Weinqualität zu verbessern. Neben der Nutzung der Europäer-Amerikaner-Hybriden verwendete man Zuchtstämme aus Osteuropa, die mit dem Erbgut der Viruskrankheiten verhindern Seit 2004 wurde der Muscadinia-Genpool (Vitis rotundifolia, Vitis munsoniana) in die Züchtungsarbeit mit einbezogen. Dieser Genpool zeigt neben einer hohen Pilzwiderstandsfähigkeit gegen Echten und Falschen Mehltau auch eine Resistenz gegenüber Nematoden (Fadenwürmer), die als Überträger von Viruserkrankungen gelten. Die Verminderung der Auswirkung von Viruserkrankungen auf Ertrag und Vitalität der Reben ist eines der Hauptziele der künftigen Rebenzüchtung. Staatliches Weinbauinstitut Freiburg (WBI) 11 11 Schwerpunkt „Agrobiodiversität – Erhaltung von Sorten und Nutztierrassen“ Alternativen zum Energiemais gesucht verhältnisse nicht nutzen und waren deshalb beim Ertrag dem Mais eindeutig unterlegen. Immerhin zeichnet sich für Sorghumhirse ein deutlicher Züchtungsfortschritt ab, der künftig die Wettbewerbsfähigkeit verbessern dürfte. Auf kühlen und feuchten Standorten in Baden-Württemberg sind mit Ganzpflanzengetreide (vor allem Wintertriticale) mittlerweile dieselben Erträge zu erzielen wie mit Mais, so dass in diesen Gebieten weniger „maisbetonte“ Fruchtfolgen möglich sind. Biogas-Blühmischung rechts, Sorghumhirse links (Foto: E.Walter) D ie Energiewende erfordert den Ausbau erneuerbarer Energien. Die Zahl der Biogasanlagen in Deutschland ist deshalb seit 2004 stark angestiegen. Bisher kommt bevorzugt Mais zum Einsatz, der sehr hohe Biogaserträge liefert. Der einseitige Anbau von Mais kann sich jedoch negativ auf die Agrobiodiversität auswirken: Er wird von vielen Menschen als Beeinträchtigung des Landschaftsbildes empfunden und birgt auch Risiken für die Umwelt. Projekt EVA Das bundesweite Projekt EVA (Entwicklung und Vergleich von optimierten Anbausystemen) machte es sich deshalb zur Aufgabe, Alternativen zum Energiemais zu finden, um den negativen Folgen des einseitigen Maisanbaus zu begegnen. Gegenstand der mittlerweile seit über 10 Jahren am Landwirtschaftlichen Technologiezentrum Augustenberg 12 laufenden Arbeiten sind alternative Anbausysteme ohne und auch mit Mais. Untersucht werden sowohl das Biomassepotenzial der verschiedenen Anbausysteme und die längerfristigen Wirkungen auf die Umwelt als auch deren Wirtschaftlichkeit. Sorghumhirse und Ganzpflanzengetreide Als Alternative zu Energiemais wurden in den warmen Regionen des Landes unter anderem Sorghumhirsen geprüft. Sorghumhirsen sind wärmeliebend, aber trockenheitstoleranter als Mais. Sie werden zudem vom Maiswurzelbohrer, einem gefürchteten Schädling, nicht befallen. Das Ergebnis des Vergleichs: Die Hirsen lieferten zwar hohe Methanerträge, sie konnten aber den Vorteil ihrer hohen Trockenheitstoleranz aufgrund der während der Untersuchungsperiode herrschenden günstigen Witterungs- und Standort- Blühende Alternativen tun sich schwer Pflanzen, die blütenbesuchenden Insekten als Nahrungsgrundlage dienen, sind – abgesehen vom Raps – in unseren Kulturlandschaften selten geworden. Deshalb wurden am LTZ auch Luzernegrasgemenge, Gemenge von Erbsen, Wicken und Getreide sowie verschiedene blütenreiche Mischungen auf ihre Eignung als „Biogaspflanzen“ geprüft. Die „blühenden Alternativen“ reichen hinsichtlich der produzierten Biomasse allerdings noch nicht an die Leistung von Mais heran. Entsprechend ungünstig fällt die ökonomische Bewertung aus. Fazit: Mais wird aufgrund seiner Ertragsleistung und Wirtschaftlichkeit vor allem in wärmeren Regionen weiterhin eine tragende Rolle im Energiepflanzenbau spielen. Eine gleichermaßen ökologisch verträgliche und ökonomisch erfolgreiche Alternative zu Energiemais ist noch nicht gefunden. Sorghumhirse, Wintertriticale und Blühmischungen können jedoch durchaus Alternativen darstellen, um die Attraktivität und die Biodiversität in der Agrarlandschaft zu verbessern. Weitere Informationen zu diesem Thema unter www.eva-verbund.de und www.ltz-augustenberg.de Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg (LTZ) Schwerpunkt „Agrobiodiversität – Erhaltung von Sorten und Nutztierrassen“ Holzrücken mit Pferden – Wiederkehr einer Tradition gen. Ein gut ausgebildetes „Team“ kann die angehängte Last vorwärts, rückwärts und seitwärts bewegen. Für Waldbesitzer kann diese Flexibilität wegen der geringeren Anzahl an Rückeschäden den wirtschaftlichen Ausschlag für den Einsatz eines Pferderückers geben, vor allem dann, wenn sie die weiteren Vorteile betrachten: Die höhere Bodenpfleglichkeit, die geringe Umweltbelastung und die hohe Akzeptanz der Waldbesucher. Rückepferd „Domino“ in Aktion (Foto: A. Pfirrmann) N achdem die Mechanisierung der Holzernte in den letzten Jahren weiter fortgeschritten ist, wird der Maschineneinsatz im Wald von Waldbesuchern immer häufiger kritisch betrachtet. Forstmaschinen „stören“ die Erholungsuchenden und Sporttreibenden durch ihre bedrohlich wirkenden Ausmaße, den Arbeitslärm und die Schäden an Wegen und Rückegassen. Ganz anders ist die Wahrnehmung, wenn die Waldbesucherinnen und Waldbesucher auf Rückepferde im Einsatz treffen. Das Pferd ist ein Sympathieträger und ein Hauch von Nostalgie scheint die Arbeitspferde zu umgeben. Erlebt das Holzrücken mit Pferden also eine Renaissance? Nichts für Romantiker Eines gleich vorweg: Es braucht eine besondere Gabe, um Holz mit Pferden zu rücken. Denn es gehört eine Menge Einfühlungsvermögen, Geduld und Enthusiasmus dazu, ein erfolgreiches Team mit seinem Pferd zu werden. Und anders als der Maschinenführer kann der Pferderücker sein Gespann auch nicht einfach nach Schichtende im Wald abstellen, sondern der Feierabend beginnt erst, wenn die Pferde im Stall versorgt sind - und das sieben Tage die Woche, einschließlich Feiertage. Förderung möglich Pferderücker sind Unternehmer, die ihren Betrieb wirtschaftlich führen und sich auf dem freien Markt gegen motorisierte Wettbewerber behaupten müssen. Um die wirtschaftliche Basis der Pferderücker zu verbessern, hat das Land in der laufenden EU-Förderperiode das Rücken mit Pferden als Fördermaßnahme aufgenommen. Grundlage zur Festsetzung des Förderbetrags sind die am Jahresende vom Rückeunternehmen nachgewiesenen Holzmengen. Die Höhe der Zuwendung beträgt etwa zwei Euro pro Erntefestmeter. Es ist festgelegt, dass Holzrückeunternehmen, die ihren Betriebssitz in BadenWürttemberg haben, antragsberechtigt sind. Flexibel, bodenschonend, akzeptiert Rückepferde werden in der Regel zum Vorliefern in Durchforstungen eingesetzt. Die Pferde können dabei im Dauereinsatz etwa ein Fünftel ihres Körpergewichts ziehen. Das Gewicht schwankt je nach Rasse zwischen 500 kg bei den kleineren Rassen, wie z.B. den Schwarzwälder Füchsen, und bis zu 1.000 kg bei den schweren Kaltblütern, z.B. den Ardennern. Im Wald kommen zumeist mittelschwere, wendige Rassen zum Einsatz. Aufklärung tut Not Förderung ist wichtig. Aber ebenso wichtig ist die Akzeptanz dieser „neuen alten Technik“ bei Forstleuten und Waldbesitzenden. Um die Vorteile des Pferderückens herauszustellen, wird der Landesbetrieb ForstBW gemeinsam mit der unteren Forstbehörde Böblingen vom 29. bis 31. Oktober 2015 ein Demonstrationsrücken organisieren. Ziel ist es, den Pferderückern den Rücken zu stärken und zu zeigen, welch wertvolle Arbeit Rückepferde heute leisten können. In geeigneten Beständen können Pferde im Vergleich mit dem Forstseilschlepper ähnliche Leistungen erbrin- Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Abteilung Waldwirtschaft, Landesbetrieb ForstBW 13 13 Schwerpunkt „Agrobiodiversität – Erhaltung von Sorten und Nutztierrassen“ Wertvolle Pferderassen in Marbach alle pferdsportlichen Aktivitäten geeignet. Marbach hält derzeit drei Deckhengste, darunter einen französischen Cob Normand im Zuchtversuch. Schwarzwälder Kaltblutpferd Der Schwarzwälder Fuchs – ein stolzes, gedrungenes, mittelgroßes Kaltblutpferd aus dem südlichen Schwarzwald – zeichnet sich durch besten Charakter, Zähigkeit, sowie schwungvolle raumgreifende Bewegungen aus. Der Pferdezuchtverband Baden-Württemberg betreut bundesweit rund 650 Stuten und 30 Hengste. Marbach stellt in seinem Erhaltungszuchtprogramm 25 zuchtaktive Hengste aller sechs Hengstlinien. Altwürttemberger Hengst Sorano (Foto: Kube) D ie Hebung der Landespferdezucht ist die Mission des Haupt- und Landgestüts Marbach. Der Erhalt der wertvollen Kulturrassen Württemberger Warmblut, Altwürttemberger, Schwarzwälder Kaltblut, Weil-Marbacher Araber und Trakehner spielt in der Arbeit des Landesbetriebes aktuell eine immer größere Rolle. Zu den Aufgaben gehören Zucht, Aufzucht und Bereitstellung geeigneter Deckhengste, Betrieb von Deck- und Besamungsstationen, Anlegen von Samenbanken, Durchführung von Leistungsprüfungen, Zucht- und Haltungsversuche sowie Erprobung neuer Zuchtverfahren. Auch der Wissenstransfer in Berufsausbildung und Fortbildung sowie einige Hochschulkooperationen dienen diesem Ziel. Württemberger Warmblut Marbach hat maßgeblichen Anteil am Umzüchtungsprozess des schwe- 14 ren Warmblutpferdes Württemberger Warmblut zum sportlichen Reitpferd. Nachkommen Marbacher Landbeschäler sind amtierende Olympiasieger, Welt- und Europameister und international nachgefragt. Im Hauptgestüt wird eine Herde von rund 30 Mutterstuten aus wertvollen Stutenfamilien gepflegt. Derzeit befinden sich vier im Hauptgestüt geborene Landbeschäler im Deckeinsatz. Altwürttemberger Pferd Nach der Umzüchtungsphase zum Sportpferd steht auch der Altwürttemberger auf der roten Liste der bedrohten Nutztierrassen. Im Erhaltungszuchtprogramm in Marbach soll diese Pferderasse deshalb als Kulturgut und als vielseitig verwendbares Warmblutpferd erhalten werden. Die Population ist mit rund 50 Stuten und fünf Hengsten äußerst klein. Altwürttemberger sind mittelschwer, genügsam, umgänglich, leistungsbereit und für Trakehner Der Austausch von Zuchtpferden mit dem Hauptgestüt Trakehnen ist eine jahrhundertelange Erfolgsgeschichte, bis hin zur Umzüchtung des Württembergers zum modernen Sportpferd. Marbach trägt zum Erhalt der Rasse für die Weiterentwicklung der Reinzucht und zur Veredelung der Landespferdezucht bei. Weil-Marbacher Vollblutaraber Im Jahr 1817 begann König Wilhelm I. von Württemberg mit Originalarabern seine weltberühmte Zucht im Gestüt Weil. Seit 1932 wird die Herde mit rund 20 Mutterstuten, sechs Hengsten und Nachzucht als Hauptgestütsherde in drei wertvollen Stutenfamilien gepflegt. Die Weil-Marbacher Zucht ist die älteste lückenlos dokumentierte Vollblutaraberzucht der Welt. Der Weil-Marbacher Vollblutaraber ist nicht nur Kulturgut des Landes, sondern anerkannter, konsolidierter Genpool für die weltweite Araberpopulation. Einzelne Hengste erfreuen sich wachsender Beliebtheit mit Blick auf die Veredelung der Landespferdezucht. Haupt- und Landgestüt Marbach (HuL) Schwerpunkt „Agrobiodiversität – Erhaltung von Sorten und Nutztierrassen“ Heimische Eiweißpflanzen – ein Beitrag zur Erhöhung der Agrobiodiversität Dazu gehört die bessere Nährstoffverfügbarkeit für Folgekulturen, die Bindung von Stickstoff aus der Luft, die leichtere Bearbeitbarkeit des Bodens, positive phytosanitäre Wirkungen und – als Folge dieser Faktoren – ein Mehrertrag der Folgefrucht. Eiweißpflanzen bringen zudem Abwechslung in die Fruchtfolge, sie steigern die Bodenfruchtbarkeit und tragen zur Erhöhung der Agrobiodiversität bei. Viele Eiweißpflanzen sind zudem für blütenbesuchende Insekten attraktiv. Alblinse mit Stützfrucht (Foto: S. Michelsburg) E iweißpflanzen spielen in der menschlichen Ernährung, aber auch als Tierfutter eine wichtige Rolle. Eiweißpflanzen sind beispielsweise Ackerbohnen, Futtererbsen, Lupinen, Linsen und Soja. Man nennt sie auch Hülsenfrüchte oder Körnerleguminosen, da die Samen genutzt werden. Das Problem dabei: Sojabohnen und andere Eiweißfuttermittel werden heute EU-weit zu 70 Prozent importiert und stammen nicht selten aus ökologisch sensiblen Regionen. Zum Glück können Eiweißpflanzen aber auch bei uns in Baden-Württemberg erfolgreich angebaut werden. Wie kann man den hohen Sojaimport senken und den heimischen Anbau von Eiweißpflanzen attraktiver gestalten? Dieser Frage geht das Landwirtschaftliche Technologiezentrum Augustenberg (LTZ) im Rahmen des Projekts Eiweißinitiative nach. Die Eiweißinitiative Baden-Württemberg Die Eiweißinitiative der baden-württembergischen Landesregierung läuft seit Juni 2012 bis Dezember 2015. Ziel ist es, den Anbau von Körnerleguminosen zur Nutzung als Futterund Lebensmittel auszudehnen und den Eiweißertrag von Grünland- und Ackerfutterflächen durch eine gezielte Förderung von Futterleguminosen zu steigern. Das LTZ bearbeitet dabei den Bereich der Körnerleguminosen. Die Erforschung von Grünland und Ackerfutter obliegt dagegen dem Landwirtschaftlichen Zentrum Baden-Württemberg in Aulendorf. Vorteile von Eiweißpflanzen Im Vergleich zu den klassischen Ackerkulturen wie Weizen oder Mais haben Eiweißpflanzen einige Vorteile, die sich leider nur schwer quantifizieren und monetär bewerten lassen. Wiederentdeckung der Alblinse Mitte der 1950er Jahre verschwand der Linsenanbau auf der Schwäbischen Alb und damit auch die damaligen Sorten. Das hatte Folgen: Als der Landwirt Woldemar Mammel 1985 wieder mit dem Linsenanbau auf der Alb anfing, gab es kein Saatgut der typischen Sorten Späths Alblinse I und II. Fritz Späth hatte sie zuletzt in den 1930er Jahren gezüchtet. Zum Glück wurden 2006 diese beiden Sorten in der Wawilow-Saatgutbank in St. Petersburg wiederentdeckt, und einige Samen konnten auf die Alb zurückgeholt werden. Die Linsen wurden mithilfe der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen vermehrt und können heute wieder im Anbau genutzt werden. Derzeit gehören 70 Landwirte der Erzeugergemeinschaft „Alb-Leisa“ an, die die Verarbeitung und Vermarktung der Alblinse koordiniert. In Baden-Württemberg werden Linsen wieder auf 340 Hektar angebaut, Eiweißpflanzen sogar auf 8.000 Hektar – Tendenz weiter steigend. Es wird erwartet, dass der Anbau von Eiweißpflanzen durch die Greening-Anforderungen der neuen EU-Agrarförderung weitere Impulse bekommen wird. Mehr Informationen zum Thema unter www.ltz-augustenberg.de und www.eiweiss-initiative-bw.de. Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg (LTZ) 15 15 Schwerpunkt „Agrobiodiversität – Erhaltung von Sorten und Nutztierrassen“ Emmer & Einkorn – Alte Weizenarten neu entdeckt beispielsweise gehören zu den ältesten Kulturpflanzen der Menschheit und sind entfernt verwandt mit unserem heutigen Brotweizen. Die Landessaatzuchtanstalt hat in den letzten 15 Jahren viele hundert Genbankakzessionen von Einkorn und Emmer auf deren Anbaupotential getestet. Ziel ist es, diese alten Kulturarten für einen größerflächigen Anbau attraktiv zu machen - so wie es bereits beim Dinkel gelungen ist. Ähren von Emmer (Foto: B. Habeck) V on den weltweit rund 380.000 Pflanzenarten sind etwa 30.000 essbar. Die deutsche Ackerfläche wird jedoch zu rund 75 Prozent von nur fünf Kulturen – Weizen, Gerste, Mais, Raps, Roggen – dominiert. Die Gründe für den Rückgang der Vielfalt an Pflanzenarten und Sorten sind vielfältig. Vielfältig sind auch die Risiken, wenn nur wenige Kulturen genutzt werden. Etwa das Risiko von Krankheitsepidemien, wie das Auftreten des Gelbrosts im Jahr 2014 zeigte. Die Arbeitsweise der Landessaatzuchtanstalt Die Landessaatzuchtanstalt der Universität Hohenheim (LSA) arbeitet deshalb seit Jahren daran, das Anbauund Marktpotential alternativer Kulturarten abzuschätzen und ggf. durch Entwicklung von Zuchtmaterial zu unterstützen. Einkorn und Emmer 16 Geringe Standfestigkeit und mäßiger Ertrag Die meisten Einkorn- und Emmersorten erreichen eine sehr hohe Wuchshöhe. Das hat zur Folge, dass sie bei starkem Regen oder Gewitter leicht umkippen. Es konnten zwar erste Sorten identifiziert werden, die etwas weniger „lagern“. Dennoch bedeutet dies, dass beim Anbau von Einkorn und Emmer dringend die Standfestigkeit gesteigert werden muss – etwa durch weniger Düngung, einen späteren Fruchtfolgeplatz oder durch den Einsatz von Wachstumsreglern. Um das Anbaupotential von Einkorn und Emmer noch besser abschätzen zu können, hat die Landessaatzuchtanstalt einen großen Spezialversuch unternommen, in dem je 15 Sorten und Zuchtstämme von Einkorn und Emmer an vier Standorten in Deutschland mit 15 Sorten von Dinkel, Hartweizen und Brotweizen verglichen wurden. Das Ergebnis: Der Kornertrag von Einkorn und Emmer lag deutlich unter dem des Weizens. Überraschenderweise konnten jedoch die besten Emmersorten das Ertragsniveau der alten Dinkelsorte „Oberkulmer Rotkorn“ erreichen. Einkorn hingegen hatte mit durchschnittlich 26 Dezitonnen pro Hektar einen sehr geringen Kornertrag. Übrigens sind Einkorn und Emmer sogenannte Spelzweizen, so wie der Dinkel auch. Das bedeutet, dass die Körner fest von einer Hüllspelze umschlossen sind, von der sie erst in der Mühle beim Gerben freigelegt werden. Gesund und wohlschmeckend Einkorn und Emmer haben beide einen hohen Rohproteingehalt. Die Qualität des Proteins ist zwar mäßig, dennoch kann man mit Einkorn und Emmer gute Gebäcke erzeugen, wenn man sich an die Back-Tricks unserer Großeltern erinnert: Mit reduzierter Teigtemperatur (20°C anstelle 30°C) und deutlich geringerem Energieeintrag in den Teig (nur mischen, nicht kneten) sowie Beigabe von Ascorbinsäure oder Acerolakirschsaftpulver lässt sich die mangelhafte Backeignung von Einkorn und Emmer deutlich verbessern. Gut für Augen und Nerven Anhand der genannten Ergebnisse und seiner besonders schönen schwarzen Ähren erscheint vor allem Emmer für eine Markteinführung attraktiv zu sein. Aber auch Einkorn hat Einiges zu bieten: Im Vergleich zu Brotweizen enthält Einkorn fast achtmal so viel Lutein im Korn, was zu tief gelben Gebäcken führt. Lutein ist von zentraler Bedeutung für die Augen und das gesamte zentrale Nervensystem. Außerdem enthält Einkorn im Vergleich zu anderen Weizenarten weit mehr Mineralstoffe (Zink, Eisen, Selen u.a.), ein besseres Fettsäuremuster und höhere Gehalte an weiteren sekundären Inhaltstoffen. Kurzum, Einkorn ist sehr gesund und geschmacksintensiv. Auf einem guten Weg Um die Einführung dieser attraktiven Weizenarten im Markt zu erleichtern, versucht die Landessaatzuchtanstalt nun mit klassischer Pflanzenzüchtung und ohne Nutzung von Gentechnik vor allem die Standfestigkeit und den Ertrag von Emmer und Einkorn zu steigern. Landessaatzuchtanstalt Universität Hohenheim Schwerpunkt „Agrobiodiversität – Erhaltung von Sorten und Nutztierrassen“ Biodiversität braucht Landwirtschaft. Landwirtschaft braucht Beratung Blühstreifen (Foto: M. Hauk) V iele fragen sich: Biodiversität - was ist das? Einfach ausgedrückt: Es geht um den Erhalt der Tier- und Pflanzenwelt, um den Erhalt der Artenvielfalt. Tatsächlich handelt es sich hier um ein ernstes Problem. In Baden-Württemberg sind beispielsweise fast 40 Prozent der Vogelarten, 50 Prozent der Säugetiere, über 60 Prozent der Amphibien und Fische, 70 Prozent der Reptilien und fast 40 Prozent der Pflanzenarten bedroht. Die Erhaltung der biologischen Vielfalt ist damit zu einer zentralen Herausforderung geworden – auch für die Landwirtschaft. Die Landwirtschaft – mitverantwortlich am Artenrückgang Baden-Württemberg ist seit jeher geprägt von einer Vielzahl von Kulturlandschaften mit einer großen Vielfalt an Arten und Biotopen. „Schützen durch Nützen“ – so lautete die For- mel. Aber diese Formel stimmt heute nur noch bedingt. Die intensive Landwirtschaft von heute ist kein Garant mehr für Artenvielfalt, sondern trägt selbst zum Artenrückgang bei. Erfreulicherweise sind viele Landwirtinnen und Landwirte zunehmend sensibel für dieses Thema. Viele stehen zwar der Durchführung von Biodiversitätsmaßnahmen auf dem eigenen Betrieb anfangs oft skeptisch gegenüber. Sobald sie aber erste positive Erfahrungen gesammelt haben, entwickeln sie nicht selten ein vertieftes Interesse an der Erhaltung der Artenvielfalt. Biodiversitätsberatung – ein neues Angebot Um mehr Landwirtinnen und Landwirten zu ermöglichen, einen Beitrag zur Erhaltung der Artenvielfalt zu leisten, braucht es neben ansprechenden Agrarumwelt-Förderprogrammen vor allem auch eine gute Beratung. Landwirt- schaftliche Betriebe in Baden-Württemberg können deshalb nun die vom Land geförderte Gesamtbetriebliche Biodiversitätsberatung in Anspruch nehmen. Für die teilnehmenden Betriebe ergibt sich aus der Biodiversitätsberatung zwar häufig kein unmittelbarer monetärer Vorteil. Je nach betrieblicher Situation profitieren sie dennoch davon, z.B. durch die fachgerechte Umsetzung der Natura 2000- und Greening-Anforderungen oder auch durch die Erschließung eines neuen Geschäftsbereichs Landschaftspflege. Das Themenspektrum der Beratung reicht vom Erhalt extensiver Landnutzungsformen über die Offenhaltung der Landschaft bis hin zur Förderung der Artenvielfalt in intensiv bewirtschafteten Betrieben. Es werden Vorschläge zur Verbesserung der Biodiversität erarbeitet, die arbeitswirtschaftlich, produktionstechnisch und ökonomisch zum jeweiligen Betrieb passen. Das Einstiegsmodul beinhaltet im Wesentlichen die Erarbeitung des betriebsindividuellen Maßnahmenplans. Das Spezialmodul dient dann vor allem der Umsetzung und der Verbesserung der Kenntnisse im Bereich Biodiversität. Die LEL hat – in Zusammenarbeit mit der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg – im Rahmen des Modellprojekts „Gesamtbetriebliche Beratung zur Biologischen Vielfalt“ und durch die Teilnahme am Projekt Fokus-Naturtag wichtige Grundlagenarbeit geleistet. Die Ergebnisse des Modellprojekts fließen nun in die Beraterqualifikation ein. Bleibt zu hoffen, dass viele Interessierte das Beratungsangebot nutzen und sich eine ausreichende Zahl kompetenter Beratungsanbieter findet. Weitere Informationen zur Biodiversitätsberatung finden Sie unter www.beratung-bw.de und www.gbb. lel-bw.de. Landesanstalt für Entwicklung der Landwirtschaft und der ländlichen Räume (LEL) 17 17 Patenschaften für je drei Streuobstsorten übernommen. Initiiert wurden die Streuobst-Patenschaften durch das Kompetenzzentrum Obstbau Bodensee. Die Schwerpunkt „Agrobiodiversität – Erhaltung von Sorten und Nutztierrassen“ Patenschaften sollen auf die große Sortenvielfalt aufmerksam machen, die in den Obstwiesen Baden-Württembergs noch immer vorhanden ist. Einen Eindruck von dem Reichtum an Formen, Farben und Geschmacksrichtungen vermittelt ein Plaka auf dem 32 Sorten vorgestellt werden. Patenschaften für seltene Streuobstsorten E rsinger Frühzwetschge, Wildling von Einsiedel, Nußlocher Kotäckerle - das sind nur einige der 96 Obstsorten, die für das Projekt „Streuobst-Patenschaften“ ausgewählt wurden. 32 Landkreise in Baden-Württemberg haben darin Patenschaften für je drei Streuobstsorten übernommen. Initiiert wurden die Streuobst-Patenschaften durch das Kompetenzzentrum Obstbau Bodensee. Die Patenschaften sollen auf die große Sortenvielfalt aufmerksam machen, die in den Obstwiesen Baden-Württembergs noch immer vorhanden ist. Einen Eindruck von dem Reichtum an Formen, Farben und Geschmacksrichtungen vermittelt ein Plakat, auf dem 32 Sorten vorgestellt werden. Ausgewählt wurden die Sorten von den Obstbauberatern der Landkreise und der Sortenerhaltungszentrale BadenWürttemberg. Viele dieser Sorten tragen den Herkunftsort oder die Region bereits in ihrem Namen. Neben sehr anpassungsfähigen und robusten Sorten finden sich auch Liebhabersorten mit besonderen Anforderungen an den Standort oder mit speziellen Verwertungseigenschaften. Regionale Sorten als Kulturgut erhalten Traditionelle Obstsorten sind ein Kulturgut. Sie sind häufig eng mit der Ulmer Butterbirne 18 Sorte Ulmer Butterbirne Böblinger Straßenapfel, Rosenapfel vom Schönbuch Salemer Klosterapfel, Sipplinger Klosterbirne Kiechlinsberger Kracher Landkreis Alb-Donau-Kreis Böblingen Effringer Kurzstiel, Rotfelder Kurzstiel Birkenfelder Hakenbirne, Renette aus Serres, Ersinger Frühzwetschge Linsenhofer Sämling Börtlinger Weinapfel, Göppinger Musch, Gingener Luiken Brettacher Schlacken, Frankenbacher Dauerapfel, Zabergäurenette Öhringer Blutstreifling, Masselbacher Mostbirne, Kirchensaller Mostbirne Eggener Schwarze Eberdinger Sämling Dundenheimer Schätzler, Hofstetter Lorcher Sämling Wintersdorfer Haferapfel, Auer Straßenapfel Oberländer Himbeerapfel, Doppelter Roter Bellefleur (Schussentäler) Weissacher Glaserle, Schorndorfer Dornbirne Reutlinger Streifling, Ermstaler Knorpelkirsche, Betzinger Grünapfel Schöner aus Wiesloch, Nußlocher Kotäckerle Wildling von Einsiedel, Nehrener Kernapfel Säckinger Birne Bodenseekreis BreisgauHochschwarzwald Calw Enzkreis Esslingen Göppingen Heilbronn Hohenlohekreis Lörrach Ludwigsburg Ortenaukreis Ostalbkreis Rastatt Ravensburg Rems-Murr-Kreis Reutlingen Rhein-Neckar-Kreis Tübingen Waldshut Tabelle: Sorten, die nach Ort oder Region benannt wurden Nußlocher Kotäckerle Böblinger Straßenapfel Wildling von Einsiedel Schwerpunkt „Agrobiodiversität – Erhaltung von Sorten und Nutztierrassen“ aus Ulm, einem Ortsteil von Renchen im Ortenaukreis. Der Ortspolizist Otto Sutterer hatte ihn einst von Rumänien nach Ulm mitgebracht. Die ’Birkenfelder Hakenbirne‘ gab sogar einer Narrenzunft den Namen. Weil das Klima in Birkenfeld im Enzkreis nicht für den Weinanbau geeignet war, wurde stattdessen Obst angebaut. Darunter war auch die „Hakenbirne“ oder „Hogebier“ mit dem charakteristischen, hakenförmigen Stiel. Sie eignet sich besonders gut zum Mosten. Daher lautet der Schlachtruf der Narrenzunft „Hogebier – Moscht i mir“. ‘Birkenfelder Hakenbirne‘ und Holzlarve der Narrenzunft Region verbunden, in der sie gefunden oder gezogen wurden. Früher trugen sie wesentlich zur Sicherung der Ernährung bei. Die Herstellung von Most und das Einkochen bzw. Dörren von Obst hatte damals eine große Bedeutung für die Vorratshaltung. Durch die Veränderungen der Ernährungsgewohnheiten verloren die Obstsorten allerdings zunehmend an Bedeutung. Zum Glück konnten viele regionale und lokale Sorten gerade noch rechtzeitig vor dem endgültigen Verschwinden bewahrt werden. Ulmer Polizeiapfel Nägelesbirne Sorten mit besonderer Geschichte Manche Sorte mit lokaler Bezeichnung entpuppt sich allerdings bei näherer Prüfung als altbekannte Sorte mit größerem Verbreitungsgebiet. Eine sorgfältige Prüfung der Sorten ist deshalb sehr wichtig. Einen wesentlichen Beitrag hat dazu die Sortenerhaltungszentrale Baden-Württemberg mit dem Pomologen Eckhart Fritz geleistet. Die robuste und lange lagerfähige Apfelsorte ‘Ulmer Polizeiapfel‘ zum Beispiel kommt, im Gegensatz zur ‘Ulmer Butterbirne‘, nicht aus Ulm an der Donau, sondern Weissacher Glaserle Der ‘Palmapfel‘ (‘Synonym ‘Nägeliapfel‘) wurde für den Landkreis Lörrach ausgewählt. Er ist vor allem in den Streuobstwiesen des Hochrheingebietes noch immer verbreitet und auch in der Schweiz beheimatet. Der kleine bis mittelgroße, kugelige Apfel zeigt an besonnten Stellen eine markante rote Färbung. Außerdem ist er lange haltbar. Er eignete sich gut für das Schmücken von Palmwedeln, die in katholischen Gegenden noch heute am Palmsonntag verwendet werden. Alte Apfelsorten mit gefragten Eigenschaften Alte Obstsorten weisen eine sehr breite genetische Vielfalt auf. Ihre speziellen Eigenschaften, zum Beispiel Krankheitsresistenzen, können daher für den Obstbau der Zukunft von großer Bedeutung sein. So hat sich beispielsweise der ‘Böblinger Straßenapfel‘ als Sülibirne 19 19 Schwerpunkt „Agrobiodiversität – Erhaltung von Sorten und Nutztierrassen“ besonders feuerbrandrobust erwiesen. Dieser starkwachsende, robuste Wirtschafts- und Mostapfel ist über die Böblinger Region hinaus anzutreffen. Das ’Weissacher Glaserle‘ hat schon einen weiteren Schritt zur neuen Nutzung geschafft. Diese Sorte wird nicht nur erhalten, sondern für ein Apfeldestillat verwendet, das zu besonderen Anlässen von der Gemeinde Weissach im Tal verschenkt wird. Landschaftsprägende Wirtschaftsbirnen Neben der Obstverwertung sollte auch die Bedeutung der alten Obstsorten für das Landschaftsbild nicht vergessen werden. Unter den ausgewählten Birnensorten finden sich z.B. einige Wirtschaftsbirnen, deren mächtige Kronen die Landschaft prägen können. Dazu zählen die ‘Bayerische Weinbirne‘, ‘Guntershauser Mostbirne‘, ‘Palmischbirne‘, ‘Nägelesbirne‘, ‘Karcherbirne‘, ‘Kirchensaller Mostbirne‘, ‘Sülibirne‘, ‘Wildling von Einsiedel‘. Auch hier wäre es wünschenswert, wenn sie für die Herstellung von Most, Destillaten oder Dörrbirnen wieder verwendet und nachgepflanzt würden. Weitere Informationen Eine Übersicht der ausgewählten Sorten gibt ein Flyer, der - wie auch das Plakat - kostenlos bei den Landratsämtern erhältlich ist. Die Informationen dazu sind auch ins Internet eingestellt. Dort können von allen Obstsorten Kurz- porträts abgerufen werden (www. kob-bavendorf.de - Arbeitsbereich - Streuobst - Sortenpatenschaften). Das Projekt der Streuobst-Patenschaften konnte nur dank der Unterstützung der Stiftung Naturschutzfonds BadenWürttemberg und der Förderung durch die Glücksspirale durchgeführt werden. Kompetenzzentrum Obstbau Bodensee (KOB) Ulmer Butterbirne Jakob Fischer Salemer Klosterapfel Böblinger Straßenapfel Landele Raafs Liebling Champagner Renette Birkenfelder Hakenbirne Landkreis Alb-Donau-Kreis Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald Landkreis Biberach Landkreis Calw Landkreis Bodenseekreis Landkreis Emmendingen Landkreis Böblingen Landkreis Enzkreis Streuobstvielfalt in Baden-Württemberg Linsenhofer Sämling Transparent aus Croncels Börtlinger Weinapfel Brettacher Schlacken Öhringer Blutstreifling Winterprinzenapfel Sülibirne Eggener Schwarze Häckerapfel Schwaikheimer Rambur Goldparmäne Ulmer Polizeiapfel Maiersapfel Wintersdorfer Haferapfel Josef Musch Sonnenwirtsapfel Reutlinger Streifling Schöner aus Wiesloch Berner Rosenapfel Wahlsche Schnapsbirne Ontario Wildling von Einsiedel Säckinger Birne Weidenblättrige Herbstbirne Landkreis Esslingen Landkreis Hohenlohekreis Landkreis Ludwigsburg Ein Projekt des Kompetenzzentrums Obstbau-Bodensee zur Erhaltung der Obstvielfalt. Landkreise in BadenWürttemberg übernehmen die Patenschaft für Streuobstsorten. Nähere Informationen finden Sie unter www.kob-bavendorf.de. Mit Unterstützung der Stiftung Naturschutzfonds gefördert aus zweckgebundenen Erträgen der Glücksspirale. Landkreis Ostalbkreis Landkreis Reutlingen Landkreis Sigmaringen 20 Landkreis Freudenstadt Landkreis Karlsruhe Landkreis Main-Tauber-Kreis Landkreis Rastatt Landkreis Rhein-Neckar-Kreis Landkreis Tübingen Landkreis Göppingen Landkreis Konstanz Landkreis Neckar-Odenwald-Kreis Landkreis Ravensburg Landkreis Rottweil Landkreis Waldshut Landkreis Heilbronn Landkreis Lörrach Landkreis Ortenaukreis Landkreis Rems-Murr-Kreis Landkreis Schwäbisch Hall Landkreis Zollernalbkreis Schwerpunkt „Agrobiodiversität – Erhaltung von Sorten und Nutztierrassen“ Alte Sorten schmecken Wirtschaftlichkeit für die Erzeuger und der Forderung nach ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit bewegt. Kulinarische Spurensuche Anlässlich des 2. Genussgipfels, der unter dem Motto „Alte Sorten für neue Zeiten – Genuss und Verantwortung“ im Oktober 2014 stattfand, wurden die Baden-Württemberger zu einer kulinarischen Spurensuche aufgerufen, deren Ergebnisse auf dem Genussgipfel vorgestellt wurden. Die kulinarische Spurensuche hat zum Ziel, aus dem kulinarischen Erbe Baden-Württembergs alte Sorten und Agrarerzeugnisse, regionale Rezepte und traditionelle Zubereitungsund Verarbeitungsverfahren, die in Vergessenheit geraten waren, zu bergen und vorzustellen. Die eingereichten Rezepte, zum Beispiel Badische Grünkernsuppe, Gerstensuppe, Schwarzkrut und Balmischbirahutzl, spiegeln die Bedeutung dieser alten Sorten in der Alltagsküche vor ca. 100 Jahren wider und finden heute wieder vermehrten Anklang. Filderspitzkraut (Foto: MBW Marketinggesellschaft) D er Anbau alter Sorten macht es erforderlich, dass es für die entsprechenden Agrarerzeugnisse auch eine Nachfrage gibt. Da einem Großteil der Verbraucherinnen und Verbraucher der Begriff und die Bedeutung von Agrobiodiversität nicht oder kaum bewusst ist, gilt es zuerst Interesse und Verantwortungsbewusstsein zu wecken, um eine vermehrte Nachfrage zu erreichen. Sensibilisierung der Verbraucher Die Sensibilisierung von Konsumenten gelingt erfahrungsgemäß unter Verweis auf spezielle Vorzüge von Produkten: Geschmack, regionale Erzeugung sowie Transparenz und Heimatbewusstsein. Auch die Erlebbarkeit regionaler Wertschöpfungsketten in der Land- und Ernährungswirtschaft und der Hinweis auf die große Bedeutung der Agrobiodiversität sind sehr wichtig. Erste Erfolge sind bereits erkennbar. Viele Verbrau- cherinnen und Verbraucher entdecken wieder den Wert alter Sorten und Kulturen: Kürbis und Quitte zum Beispiel finden wieder reges Interesse. Auch Apfelchips aus alten Streuobstsorten, Alblinsen, der Fränkische Grünkern, Dinkel, Emmer und Einkorn stoßen auf wachsende Nachfrage. Genussgipfel Das Land Baden-Württemberg versteht sich als Genießerland. Um die heimische Lebensmittelkultur zu unterstützen, startete daher das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz im Jahr 2012 - zusammen mit der Marketinggesellschaft Baden-Württemberg, der TMBW und der Dualen Hochschule Baden-Württemberg - die Veranstaltungsreihe Genussgipfel. Im Mittelpunkt des Gipfels steht die heimische Lebensmittelkultur, die sich heute im Spannungsfeld zwischen den Wünschen der Verbraucher, der erforderlichen Unter dem Motto „Alte Sorten für neue Zeiten“ wird künftig in Baden-Württemberg schrittweise die Vernetzung aller Akteure entlang der gesamten Wertschöpfungskette vorangetrieben und mit den Instrumenten des Agrarmarketings unterstützt. Zu den Akteuren gehören die regionale Gastronomie, die Land- und Ernährungswirtschaft, Slow Food, die landwirtschaftlichen Landesanstalten und Hochschulen sowie das Forum Kulinarisches Erbe BadenWürttemberg. Der Erfolg der Alblinsen, der Höri Bülle, des Filderspitzkrauts, des Fränkischen Grünkerns und der Streuobstbirnen (als Obstbrand veredelt) zeigt es ganz deutlich: Agrobiodiversität ist nicht nur nützlich für Natur und Landwirtschaft. Agrobiodiversität schmeckt auch! Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg, Abteilung Landwirtschaft 21 21 Ministerinterview Schwerpunkt „Agrobiodiversität – Erhaltung von Sorten und Nutztierrassen“ (Foto: N. Haber) „Die Erhaltung einer Vielzahl von Sorten und Nutztierrassen ist eine wichtige Zukunftsaufgabe“ Interview mit Alexander Bonde, Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg AGROjournal: Warum ist die Erhaltung der biologischen Vielfalt so wichtig? Minister Bonde: Weil die biologische Vielfalt weltweit dramatisch bedroht ist, auch bei uns in Baden-Württemberg. Die Ursachen dafür sind vielfäl- Limpurger Rind 22 tig: Oft ist es schlicht fehlendes Wissen um ökologische Zusammenhänge, oft sind es aber auch knallharte wirtschaftliche Interessen, die auf biologische Vielfalt wenig Rücksicht nehmen. Die Folgen sind unabsehbar, denn mit dem Aussterben von Pflanzen- und Tierarten gehen wertvolle genetische Ressourcen unwiederbringlich verloren. Wir gefährden damit eine wichtige Lebensgrundlage künftiger Generationen. AGROjournal: Was meint eigentlich der Begriff Agrobiodiversität? Bonde: Agrobiodiversität hat zwei Dimensionen, die eng miteinander zusammenhängen: Zum einen die Vielfalt der unmittelbar genutzten Tierarten und -rassen sowie Kulturarten und Sorten unserer Pflanzen. Und zum anderen die Erhaltung der Tiere und Pflanzen, die zwar selbst nicht genutzt werden, die aber Teil der Naturkreisläufe sind und wichtige Aufgaben erfüllen (etwa Wildbienen oder Schlupfwespen). Im Laufe der Jahrhunderte wurden viele Pflanzensorten und Tierrassen gezüchtet, die an die jeweiligen regionalen Gegebenheiten optimal angepasst waren. So entstanden in Deutschland Hunderte Getreide-, Kartoffel- und Apfelsorten. Auch Ministerinterview Baden-Württemberg hat einen reichen biologischen Schatz an regionalen Besonderheiten wie Alblinse, Dinkel oder das Hinterwälder Rind. Weil aber in den vergangenen 100 Jahren vor allem Ertrag und Leistung im Mittelpunkt der Nahrungsmittelerzeugung standen, ist auch bei uns ein Rückgang der Agrobiodiversität zu beklagen. AGROjournal: Wozu brauchen wir noch alte Sorten und traditionelle Nutztierrassen? Bonde: Nehmen wir das Beispiel der Kulturpflanzen: Von den weltweit bekannten knapp 300.000 Pflanzenarten wurden im Verlauf der Menschheitsgeschichte etwa 7.000 Arten genutzt. Heute spielen global nur noch etwa 150 Arten eine größere Rolle. Die großen drei – Mais, Weizen und Reis – haben inzwischen allein schon einen Anteil von über 50 Prozent. Wir müssen diese Verengung dringend stoppen, denn eine hohe Agrobiodiversität ist und bleibt auch in Zukunft das Fundament neuer, erfolgreicher Züchtungen. Unter veränderten Umweltbedingungen, zum Bei- Schaugarten (Foto: J. Jenrich) AGROjournal: Welche Aktivitäten gibt es im Land zum Erhalt der Agrobiodiversität? Bonde: Im Zuge der jüngsten Agrarreform der EU sind die landwirtschaftlichen Betriebe nun verpflichtet, drei Greening-Anforderungen zu erfüllen: Anbaudiversifizierung, Erhalt des willigen Maßnahmen eingeführt, die häufig auf die Erhaltung der biologischen Vielfalt abzielen. Das Landwirtschaftliche Technologiezentrum Augustenberg begleitet die Umsetzung der ÖVF- und FAKT-Maßnahmen im Ackerbau, verbunden mit Versuchstätigkeiten und gezielten Informationen zu Eiweißpflanzen, Zwischenfrüchten und Blühmischungen. Außerdem fördert das Land ein Beratungsmodul zur gesamtbetrieblichen Biodiversitätsberatung. AGROjournal: Welche konkreten Maßnahmen zum Erhalt der Kulturpflanzenvielfalt gibt es in BadenWürttemberg? Bonde: Ich kann Ihnen einige Beispiele nennen: Die Landessaatzuchtanstalt in Hohenheim nutzt eine Vielzahl von alten Sorten, um alte Getreidearten wie Emmer, Einkorn und Dinkel weiterzuentwickeln. Emmer und Einkorn wurden bereits vor 10.000 Jahren angebaut und bestimmten den Kulturartenvielfalt (Foto: J. Laible) spiel bei längeren Trockenzeiten, werden alte Sorten und ihr genetisches Erbe wieder sehr wichtig werden. Schon jetzt gewinnen bei der Erhaltung der vielfältigen Kulturlandschaften in BadenWürttemberg alte, robuste Weidetierrassen wieder an Bedeutung. bestehenden Dauergrünlandes und die Bereitstellung von Ökologischen Vorrangflächen (ÖVF). Zeitgleich hat das Land Baden-Württemberg mit dem neuen Förderprogramm Agrarumwelt, Klimaschutz und Tierwohl (FAKT) ein umfangreiches Angebot an frei- Schwarzwälder Kaltblut (Foto: Kube) 23 23 Ministerinterview am Kompetenzzentrum Obstbau in Bavendorf angesiedelte Sortenerhaltungszentrale identifiziert landesweit alte Obstsorten und stellt sicher, dass diese erhalten bleiben. Daneben gibt es noch zahlreiche regionale und überregionale Initiativen, die alte Streuobstsorten bewahren. Dinkel (Foto: E. Unterseher) Speiseplan unserer frühen Vorfahren. Demonstrationsparzellen, Versuche sowie die Herstellung von Brot und Gebäcken in engagierten Bäckereien tragen nun dazu bei, diese Vielfalt wieder zum Leben zu erwecken. Das ist vor allem auch für den Ökolandbau sehr interessant. Zweites Beispiel: Das Landwirtschaftliche Technologiezentrum Augustenberg (LTZ) bearbeitet das vom Bund geförderte Projekt Sojanetzwerk und – zusammen mit dem Landwirtschaftlichen Zentrum Baden-Württemberg Aulendorf – die Eiweißinitiative des Landes Baden-Württemberg. Um die Kulturpflanzenvielfalt zu erhöhen, konzentrieren sich die Aktivitäten dabei nicht nur auf Sojabohne, Erbse, Ackerbohne oder Luzerne und Klee, sondern beziehen auch weniger bekannte Arten wie Lupine, Linse und Platterbse ein. Unser Ziel ist es, durch die Wiederbelebung heimischer Leguminosen unsere von Getreide, Mais oder Raps dominierten Fruchtfolgen zu bereichern und gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zur Eiweißversorgung von Mensch und Tier zu leisten. Als drittes Beispiel möchte ich die artenreichen Wiesen nennen, von denen es in Baden-Württemberg noch etwa 100.000 Hektar gibt und die wegen ihres breiten Blütenangebots eine wichtige Rolle bei der Ernährung von Bienen spielen. Das LAZBW beschäf- 24 tigt sich seit vielen Jahren mit dem Erhalt dieser artenreichen Wiesen. Die Kopplung der Agrarförderung an den Erhalt der biologischen Vielfalt ist ein neuer Ansatz, der entscheidend vom LAZBW mit entwickelt wurde und der mittlerweile auch in anderen Bundesländern verfolgt wird. So fällt die Agrarförderung höher aus, wenn nicht mehr nur vier, sondern sechs Kennpflanzenarten auf der Wiese vorhanden sind. Aktuell werden am LAZBW auch Methoden zur Wiederherstellung ehemals artenreicher Wiesen erforscht. Eine große Sortenvielfalt gilt es auch beim Streuobst zu bewahren. Die Kornblumen im Gerstenfeld (Foto: S. Michelsburg) AGROjournal: Und welche Maßnahmen unternimmt das Land für die Erhaltung gefährdeter Nutztierrassen? Bonde: Auch dazu einige Beispiele: Die Schweinezucht mit lokalen Schweinerassen wurde über viele Jahrzehnte in bäuerlichen Züchtervereinigungen betrieben. Inzwischen findet die Schweinezucht jedoch zunehmend in großen, meist internationalen Zuchtunternehmen über Hybridzuchtprogramme statt. Der Bestand an reinrassigen Tieren ging daraufhin stark zurück und viele Rassen mit ihren rassentypischen Merkmalen sind mittlerweile in ihrem Bestand bedroht. Das Problem dabei: Das Wissen über die speziellen Merkmale dieser Rassen geht zunehmend verloren. Das könnte langfristig dazu führen, dass die genetischen Veranlagungen für künftige Anpassungen an sich verändernde Umweltsituationen wie den Klimawandel oder neue Krankheitserreger schlicht nicht mehr zur Verfügung stehen. Die Erhaltung von gefähr- Ministerinterview deten Schweinerassen, zu denen neben dem Schwäbisch Hällischen Schwein auch das Deutsche Edelschwein und die Deutsche Landrasse zählen, ist uns daher ein wichtiges Anliegen. Das Land Baden-Württemberg unterstützt die Reinzucht traditioneller Rassen in bäuerlichen Züchtervereinigungen, indem es unter anderem den Züchtern an der Landesanstalt für Schweinezucht in Boxberg die Leistungsprüfungen auf Station und im Feld ermöglicht. Dort werden unter standardisierten Umweltbedingungen Daten der Mast- und Schlachtleistung sowie aktuell gefragte Kriterien zu Fleischqualität und Fruchtbarkeit erhoben und anschließend zu Zuchtwerten verrechnet. Auf dieser Grundlage können dann für die einzelnen Rassen fundierte züchterische Entscheidungen getroffen werden. Vergleichbares gilt auch für die Hinterwälder, eine alte, bodenständige und wehrhafte Rinderrasse, die sich durch Vitalität, Genügsamkeit und Robustheit auszeichnet. Die leichtfüßigen und trittfesten Rinder sind bestens an die Beweidung der schwierigsten Lagen des Hochschwarzwaldes angepasst. Auch hier hat die geringere Leistung an Milch und Fleisch zu einem Rückgang der Rasse geführt - obwohl Hinterwälder über eine hervorragende und besondere Fleischqualität verfügen. Das Land Baden-Württemberg unterstützt den Erhalt dieser bedrohten Rasse über das Förderprogramm FAKT. Denn für die Pflege und Offenhaltung der Landschaft in der Fremdenverkehrsregion Schwarzwald ist die Mutterkuhhaltung mit Hinterwälder geradezu prädestiniert. Einen unschätzbaren Beitrag zur Erhaltung alter Geflügel- und Hauskaninchenrassen leisten auch die zahlreichen Mitglieder der Kleintierzuchtvereine im Land, die vom Land für ihr ehrenamtliches Engagement unterstützt werden. AGROjournal: Welche Aktivitäten gibt es zum Erhalt der Vielfalt der genetischen Ressourcen im Saatgutbereich? Bonde: Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft arbeitet derzeit ein nationales Fachprogramm zur Erhaltung und nachhal- tigen Nutzung genetischer Ressourcen aus. Schädlinge und vor allem deren Gegenspieler sollen systematisch untersucht werden, um deren genetische Ressourcen besser nutzbar zu machen. An der Ausarbeitung dieses Fachprogrammes ist auch das LTZ Augustenberg beteiligt. Das gilt insbesondere für die molekulare Bestimmung von Schädlingen und Nützlingen, das sogenannte Barcoding. Das LTZ setzt diese Methode bei der Bestimmung von Quarantäneschaderregern und deren Gegenspielern ein. Dieses Barcoding wird mit Blick auf die Erhaltung der Agrobiodiversität sicherlich noch an Bedeutung gewinnen. region bedeutsam ist. Bisher wurden so in Baden-Württemberg sechs Weizen-, zwei Dinkel- und eine Senfsorte zugelassen. AGROjournal: Erhalt der Artenvielfalt in der Landwirtschaft klingt gut. Aber rechnet sich das für unsere landwirtschaftlichen Betriebe? Bonde: Nicht zuletzt durch die Initiative von engagierten Mitbürgerinnen und Mitbürgern ist es gelungen, vom Aussterben bedrohte Pflanzenarten, -sorten oder Tierrassen zu einer Renaissance zu verhelfen. Im Falle des Dinkels, der Alblinse oder des Schwäbisch Hällischen Schweins ist dieses Engagement auch wirtschaft- Blaue Lupinen (Foto: S. Michelsburg) AGROjournal: Welche Probleme gibt es bei den traditionellen Landsorten? Bonde: Alte, traditionelle Landsorten leisten ohne Zweifel einen wichtigen Beitrag zur Agrobiodiversität. Im Rahmen des geltenden Saatgutrechts ist es jedoch nicht möglich, solches Saatgut in Verkehr zu bringen. Auch sind die Kosten für ein Zulassungsverfahren beim Bundessortenamt sehr hoch. Deshalb hat die EU die Zulassung und das Inverkehrbringen von Landsorten erleichtert. Die Saatgutanerkennungsstelle im LTZ bescheinigt nun gegenüber dem Bundessortenamt, dass es sich bei einer Landsorte um eine Sorte handelt, deren Erhaltung als pflanzengenetische Ressource in der Ursprungs- lich ein Erfolg geworden. Der Erhalt von alten Sorten und Nutztierrassen sollte sich für die landwirtschaftlichen Erzeuger auch wirtschaftlich lohnen. Hier liegt eine große Chance für unsere – im Vergleich zu anderen Ländern – eher kleinräumig strukturierte Agrarlandschaft und die bäuerlichen Familienbetriebe. Das Land wird solche Initiativen gerne unterstützen, etwa durch Absatzförderung. Das Qualitätszeichen Baden-Württemberg und das Bio-Zeichen BadenWürttemberg sind hier ganz wichtige Instrumente. Schmeck den Süden heißt der Slogan des Genießerlandes Baden-Württemberg. Und da gehören Dinkel, Alblinse und Schwäbisch Hällisches Schwein unbedingt dazu. 25 25 Schwerpunkt „Agrobiodiversität – Erhaltung von Sorten und Nutztierrassen“ Traditionelle Schweinerassen erhalten Durchführung von Leistungsprüfungen und Zuchtwertschätzungen für die in Baden-Württemberg ansässigen Züchtervereinigungen sowie mit Aufgaben der Zuchtleitung beauftragt. Die Ergebnisse der Leistungsprüfung und Zuchtwertschätzung werden den Züchtervereinigungen zur Verfügung gestellt. Deutsche Landrasse D ie Schweinehaltung in Deutschland hat sich in den vergangenen Jahrzehnten enorm verändert. Die Schweinefleischerzeugung erfolgt heute überwiegend in leistungsfähigen, spezialisierten Mastbetrieben mit Beständen von mehreren hundert bis mehreren tausend Tieren. Ausgelöst wurde diese Entwicklung insbesondere durch die Forderungen der Schlachtindustrie und des Lebensmittelhandels nach großen einheitlichen Partien mit definierten Produkteigenschaften - zu einem günstigen Preis. Rückgang der Schweinerassen Diese Entwicklung blieb nicht ohne Folgen für das Rassespektrum innerhalb der Schweinezucht. Lokale Rassen, die traditionell in bäuerlichen Züchtervereinigungen unter Erhaltung rassetypischer Besonderheiten züchterisch weiterentwickelt wurden, verloren an Bedeutung. Inzwischen konzentriert sich die wirtschaftliche Erzeugung von einheitlichen Schweinefleischqualitäten auf wenige international verbreitete Rassen und Zuchtlinien. Seit wenigen Jahren zeichnet sich in vielen europäischen Ländern aber auch ein Gegentrend ab. Neben den standardi- 26 sierten, preisgünstigen Produkten entwickelt der Lebensmittelsektor ein Interesse an mehr Vielfalt und an Schweinen mit regionalem Bezug. Damit erfahren auch Initiativen zur Erhaltung und Kultivierung lokaler Nutztierrassen eine kleine Renaissance. Neues Interesse am Schwäbisch Hällischen Schwein Paradebeispiel für die neue Wertschätzung und Wiederbelebung beinahe ausgestorbener Nutztierrassen ist das Schwäbisch Hällische Schwein. Die Fleischprodukte vom Schwäbisch Hällischen Schwein finden im PremiumSektor des Lebensmitteleinzelhandels und der Gastronomie immer mehr Anklang. Grundlage dieses Erfolgs war der Wiederaufbau einer leistungsfähigen bäuerlichen Züchtervereinigung, verbunden mit Zuchtprogramm, Leistungsprüfung und Zuchtwertschätzung. Aufgaben der Landesanstalt für Schweinezucht Die Landesanstalt für Schweinezucht (LSZ) in Boxberg ist vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg mit der Gemeinsames Engagement Nach wie vor wird die Zucht reiner Rassen in bäuerlichen Zuchtbetrieben durchgeführt. In Baden-Württemberg sind zwei Züchtervereinigungen mit bundesweiter Ausdehnung anerkannt, die Reinzuchtprogramme umsetzen. Der Schweinezuchtverband BadenWürttemberg e.V. betreut die Rassen Deutsche Landrasse, Deutsches Edelschwein und Piétrain, die Züchtervereinigung Schwäbisch Hällisches Schwein e.V. betreut das Schwäbisch Hällische Schwein. Der Schweinezuchtverband BadenWürttemberg hat im Rahmen länderübergreifender Kooperationsvereinbarungen außerdem zahlreiche Schweinezüchter aus anderen Bundesländern aufgenommen, da dort kaum noch funktionsfähige Züchtervereinigungen existieren und somit eine Reinzucht nicht mehr betrieben werden kann. Die LSZ erfasst deshalb Leistungsdaten von reinrassigen Zuchtschweinen aus dem gesamten Bundesgebiet. Leider werden neben dem Schwäbisch Hällischen Schwein inzwischen auch das Deutsche Edelschwein und die Deutsche Landrasse vom „Fachbeirat Tiergenetische Ressourcen“ als gefährdet eingestuft. Dem Engagement der LSZ Boxberg und der Züchtervereinigungen zur Erhaltung reiner Schweinerassen kommt damit eine noch größere Bedeutung zu. Denn auch in Zukunft bleibt die Erhaltung reiner Rassen eine wichtige Grundlage für eine nachhaltige und erfolgreiche Schweinezucht. Bildungs- und Wissenszentrum Boxberg (LSZ) Schwerpunkt „Agrobiodiversität – Erhaltung von Sorten und Nutztierrassen“ Muskat-Ottonel – seltene Rebsorte in staatlicher Obhut D ie traditionelle Rebsorte Muskat-Ottonel wird heute noch in Deutschland, Österreich, Luxemburg und im Elsass angebaut. In Baden hat sie allerdings mit einer Anbaufläche von 5 Hektar nur noch einen Anteil von 0,03 Prozent der Rebfläche und auch in Deutschland insgesamt sind es lediglich 9 Hektar. Gutes Aroma Die mittelgroße Traube MuskatOttonel ist dicht gepackt und das Beerenfleisch hat einen feinen Muskatgeschmack. Die Rebe stellt aber hohe Ansprüche an die Lage, ist sehr empfindlich in der Blüte und verrieselt häufig. Der Ertrag ist dadurch unregelmäßig und oft recht niedrig, weshalb die Rebsorte keine größere Verbreitung gefunden hat. Der Wein hat aber von allen Muskat-Sorten das vornehmste Aroma. Reife Weine sind daher gesuchte Spezialitäten. Engagement des Weinbauinstituts Freiburg Das Staatliche Weinbauinstitut Freiburg (WBI) ist bundesweit der einzige Erhaltungszüchter für diese seltene Rebsorte. Das WBI kümmert sich um die Erhaltung der Leistungsfähigkeit der fünf derzeit beim Bundessortenamt gelisteten Klone. Klone sind mit der Mutterpflanze genetisch identisch. Um Klone zu bewahren, sind aufwändige visuelle Kontrollen der Mutterrebenbestände und Virusuntersuchungen der Mutterpflanzen notwendig. Die finanziellen Aufwendungen können zum Teil aus den Erlösen aus Züchterlizenzen und Edelreisverkäufen gedeckt werden. Die fünf Klone sind unterschiedliche vegetative Vermehrungen von Einzelpflanzen und stammen zum größten Teil vom 1991 aufgelösten Weinbauversuchsgut in Karlsruhe-Durlach. Dort wurde diese Rebsorte über viele Jahrzehnte gepflegt. Muskat-Ottonel Traube (Foto: J. Schmid) Muskat-Ottonel sehr geschätzt Im Staatsweingut Freiburg des WBI wird derzeit eine Fläche von rund 30 Ar mit der traditionellen Rebsorte MuskatOttonel angebaut. Der Wein wird von einer ausgewählten Kundschaft sehr geschätzt und entsprechend hochpreisig vermarktet. Die Nachfrage nach bukettierten Weinen mit Muskateller-Aroma ist in den letzten Jahren sogar weiter angestiegen. Dieser Umstand und das Bemühen um Artenvielfalt sind für das Staatliche Weinbauinstitut Freiburg weiterhin Ansporn, diese seltene Rebsorte zu erhalten und zu pflegen. Staatliches Weinbauinstitut Freiburg (WBI) 27 27 Schwerpunkt „Agrobiodiversität – Erhaltung von Sorten und Nutztierrassen“ Mit Wildapfelsorten gegen Schorf und Pilz wie z.B. dem Kompetenzzentrum für Obstbau in Bavendorf (KOB), findet daher seit einigen Jahren ein Sortenscreening hinsichtlich der Robustheit von Streuobstsorten und ihrer Eignung für züchterische Zwecke statt. Dort hat sich gezeigt: Besonders robuste Sorten aus dem Streuobstsegment sind zum Beispiel Prinz Albrecht von Preußen, Seestermüher Zitronenapfel, Champagner Renette und Antonowka. Summercrisp – eine pilzwiderstandsfähige Apfelsorte Die LVWO Weinsberg züchtet seit 1997 auch pilzwiderstandsfähige Apfelsorten im frühen Reifesegment. Die Zuchtziele sind ein sehr früher Erntezeitpunkt (zwei bis drei Wochen vor Reife der Hauptsorte Delbarestivale), gute Fruchtqualität, Ertragssicherheit und eine hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber den wichtigsten pilzlichen Schaderregern Apfelschorf und Mehltau. Apfelsorte Summercrisp I m Laufe der letzten Jahre wurde durch die gängige züchterische Praxis die genetische Basis unserer Apfelsorten stark eingeengt. Fast alle Sorten, die in den vergangenen sieben Jahrzehnten gezüchtet worden sind, stammen von den drei Ahnensorten Golden Delicious, Cox Orange und Jonathan ab – so zum Beispiel der Elstar- und Gala-Apfel. Geringe genetische Vielfalt birgt Probleme Je geringer die genetische Vielfalt, desto größer ist jedoch die Gefahr von Krankheiten und die Anfälligkeit gegenüber Schädlingen sowie Resistenzbildungen bei Krankheitserregern und Schädlingen. Auch die massenhafte, weltweite Verwendung des Resistenzgens aus der Wildapfelsorte Malus floribunda 28 gegenüber Apfelschorf stellt eine genetische Verarmung dar: Nach 100 Jahren züchterischer Verwendung dieses Gens wurde die Resistenz mittlerweile europaweit durchbrochen. Mit Wildapfelsorten gegen Apfelschorf In der Apfelzüchtung hat daher ein Umdenken eingesetzt. Derzeit versuchen Züchter, verschiedene Resistenzgene von Wildapfelsorten miteinander zu kombinieren und die Robustheit von geeigneten alten Streuobstsorten in die Züchtungsprogramme zu integrieren. Manche der alten Apfelsorten verfügen über eine polygene Resistenz, die besser vor Apfelschorf schützt als die heutigen Resistenzzüchtungen und die sich bei einigen Sorten bereits über Jahrhunderte bewährt hat. In den Sortenerhaltungszentralen des Landes, Im Rahmen dieser Züchtung entstand die neue Apfelsorte Summercrisp, die seit 2014 beim Bundessortenamt zum Zweck des Sortenschutzes angemeldet ist und die sich seit 2015 im Handel befindet. Summercrisp ist eine Mehrfach-Kreuzung aus (Nela x Rebekka) x Delbarestivale. Von den Muttersorten Nela und Rebekka hat Summercrisp die Schorftoleranz geerbt und vereint damit die monogene Resistenz der Wildapfelsorte Malus floribunda 821 mit der Toleranz der alten europäischen Streuobstsorte Antonowka. Von der Vatersorte Delbarestivale stammt der hervorragende Geschmack. Der Erntetermin liegt zwei bis drei Wochen vor Delbarestivale. Summercrisp hat bisher jeder neuen Schorfrasse getrotzt, die seit nunmehr zehn Jahren in der mittleren Neckarregion den Resistenzdurchbruch geschafft hat und dort große Probleme im biologischen Apfelanbau verursacht. Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg (LVWO) Agrarforschung Schere ade – Nolana-Schafzucht in Aulendorf Nolana-Jungschafe bei der Entwollung (Foto: Jilg) D as Schafscheren ist für die meisten Schafhalter, vor allem für diejenigen mit kleinen Herden, ein wirtschaftliches Verlustgeschäft. Am Landwirtschaftlichen Zentrum Aulendorf wird deshalb seit 1998 an der züchterischen Entwicklung einer Schafrasse ohne Scherbedürfnis gearbeitet. Nolana bedeutet „ohne Wolle“. „Nolana“-Schafe stoßen im Frühsommer ihre Wolle ab wie andere Tiere ihr Winterfell. Hohe Fruchtbarkeit und gute Mastleistung Nolana-Schafe sind eine Kreuzung aus Merinolandschafen und WiltshireSchafen – mit mindestens 75 Prozent Wiltshire-Blutanteil. Sie haben von der Wiltshire-Rasse das saisonale Brunstverhalten geerbt und die Anzahl geborener Lämmer ist mit 1,54 auf hohem Niveau. Die Lämmer sind vital und der Anteil an Mehrlingsgeburten liegt aktuell bei 60 Prozent. Das Nolana-Kreuzungsprogramm Grundlage der Zuchtaktivitäten in Aulendorf sind Merinolandschafe und Wiltshire-Horn Schafe. Wiltshire-Schafe sind behornte Schafe mit einer weißen Kurzwolle und einem saisonalen Brunstzyklus. Sie stammen ursprünglich aus der Grafschaft Wiltshire in England, aber es gibt seit langem auch Populationen in den Niederlanden, Australien, in den USA und in Norddeutschland. Merinolandschafe sind dagegen eine hornlose, bodenständige Rasse mit guter Fruchtbarkeit. Das Zuchtprogramm in Aulendorf verfolgt daher zwei Ziele: Selektion auf selbständige Entwollung und auf Hornlosigkeit. Die Mastendgewichte der Bocklämmer lagen im Versuch bei 43 Kilogramm, die der weiblichen Lämmer bei 39 Kilogramm. Die Gewichtszunahmen der Lämmer lagen 2008 bei 230 bis 240 Gramm pro Tag, im Jahrgang 2014 bei 220 Gramm pro Tag. Die so genannte „Ausschlachtung“ ist vergleichbar mit der von Merinolandschafen. Die Mastdauer liegt bei unter sechs Monaten. Damit ist das Nolana-Lammfleisch als Fleisch von sehr jungen Lämmern einzuordnen. Resistent gegen die Traberkrankheit Zum Selektionsprogramm des LAZBW gehört auch eine Genotypisierung im Hinblick auf Scrapieresistenz. Bei Scrapie, auch Traberkrankheit genannt, handelt es sich um eine Erkrankung des Gehirns, welche ein potentielles Risiko für die menschliche Ernährung darstellt. Scrapie ist daher eine anzeigepflichtige Tierseuche. Die ScrapieResistenz wird in 5 Klassen eingeteilt. Erwünscht sind die Resistenzklassen G1 und G2. Im Jahr 2008 wurden 94 Prozent der NOLANA-Lämmer in die Genotypklasse G1 und G2 eingestuft. Lämmer mit den unerwünschten Genotypklassen G3 und G5 waren dagegen nicht vorhanden. Nolana-Schafe mit Zukunft Die Zucht von Nolana-Schafen hat bei den derzeitigen niedrigen Wollpreisen durchaus Zukunft. Das zeigt auch das Interesse ausländischer Züchter. Wenn es jetzt noch gelingt, gutes Wachstum mit selbständiger Entwollung und Hornlosigkeit zu kombinieren, werden sich Nolana-Schafe in der Koppelschafhaltung allgemein etablieren. Langfristig ist auch daran zu denken, NolanaMütter mit Böcken von fleischbetonten Rassen zu paaren, um die Schlachtkörperqualität weiter zu verbessern. Landwirtschaftliches Zentrum Baden-Württemberg (LAZBW) 29 29 Agrarforschung Milchziegenreport Baden-Württemberg Weiße Milchziegen (Foto: P. Herold) D er Betriebszweig Milchziegenhaltung erlebt in BadenWürttemberg erst seit Ende der 1980er Jahre einen Aufschwung. Bisher lagen für diesen Sektor aber nur wenige betriebswirtschaftliche und produktionstechnische Daten vor. Aus diesem Grund initiierten der Ziegenzuchtverband Baden-Württemberg e.V., die Bioland-Beratung GmbH und die LEL Schwäbisch Gmünd ein Projekt zur umfassenden Erhebung von Daten zur Milchziegenhaltung, um Informationen für eine qualifizierte Beratung der Erwerbsmilchziegenhalter zu gewinnen. Milchleistung je Ziege sehr unterschiedlich Insgesamt nahmen 18 Betriebe am Projekt teil, davon elf Ökobetriebe. Ebenfalls elf Betriebe verarbeiten und vermarkten ihre Milch selbst, vier liefern ihre Milch an Molkereien ab. Drei Betriebe befinden sich noch im Aufbau. Die Milchleistung je Ziege lag zwischen 368 und 758 kg im Jahr, die erzeugte Milch pro Betrieb zwischen 11.614 und 108.450 kg. Die Flächenausstattung der einzelnen Betriebe lag zwischen 12 und 63 Hektar, davon 10 bis 34 Hektar Grünland. Milchziegenbetriebe sind in 30 aller Regel grünlandbetont, Ackerfutter spielt nur bei wenigen Betrieben eine Rolle. Die Ergebnisse des Ziegenreports zeigen, dass in der Grundfutterleistung noch deutliche Reserven liegen. Es gibt Betriebe, die 500 kg Milch aus Grundfutter erzeugen, bei anderen sind es weniger als 100 kg Milch je Ziege und Jahr. Vollkostenkalkulation Bei Vollkostenkalkulationen konnte ein kostendeckender Erlös von durchschnittlich 0,94 Euro je kg Milch brutto bzw. 18,02 Euro je kg Käse errechnet werden. Daraus ergibt sich, dass ein Milchpreis von mindestens 0,90 bis 1,00 Euro/kg brutto notwendig ist, um eine annähernd kostendeckende Ziegenmilchproduktion zu gewährleisten. Die Buchführungsauswertung von neun Milchziegenbetrieben zeigt einen Gewinn von durchschnittlich 49.453 Euro je Betrieb – bei hoher Schwankungsbreite. Im Vergleich zu anderen Betriebsformen erreichen die Ziegenbetriebe eine sehr hohe Flächenverwertung (1.545 Euro Gewinn/ha LF). Zudem ist ein deutlich geringerer Anteil der Prämien am Gewinn (30 Prozent) festzustellen. Milchziegenhaltung hat Zukunft Das Fazit des Ziegenreports lautet: Die Milchziegenhaltung bietet durchaus eine Einkommensalternative – insbesondere für kleine und mittlere Betriebe. Sowohl in der Milch- als auch in der Grundfutterleistung stecken allerdings noch erhebliche Reserven. Leider ist eine Vollkostendeckung in den Betrieben derzeit nicht gegeben, da der am Markt zu erzielende Erzeugerpreis unter dem notwendigen kostendeckenden Milchpreis liegt. Staatliche Prämien sind demnach unverzichtbar. Grundfutter- und Arbeitskosten machen den größten Teil der Betriebskosten aus. Die Wirtschaftlichkeit wird zudem durch die hohen Kosten der Kitzaufzucht und deren schwierige, in der Regel nicht kostendeckende Vermarktung beeinträchtigt. Die Beratung wird daher an folgenden Punkten ansetzen müssen: Verbesserung der Grundfutterqualität, effizienteres Fütterungsmanagement im Stall sowie eine leistungsangepasste Kraftfutterzuteilung. Landesanstalt für Entwicklung der Landwirtschaft und der ländlichen Räume (LEL), Ziegenzuchtverband Baden-Württemberg e.V., Bioland-Beratung GmbH Agrarforschung Wie lässt sich die Kirschessigfliege eindämmen? D ie Kirschessigfliege (Drosophila suzukii) wurde im Jahr 2011 erstmalig in Deutschland nachgewiesen. Die Schäden, die die Weibchen beim Ablegen ihrer Eier verursachen, konnten erstmals im Jahr 2014 – vor allem im Obstbau – nachgewiesen werden. Rote, weichschalige Früchte wie beispielsweise Himbeeren, Brombeeren, Kirschen oder auch Holunder werden bevorzugt zur Eiablage genutzt, aber auch bestimmte Rebsorten sind mögliche Wirtspflanzen der Kirschessigfliege. Symposium in Offenburg Um Wein- und Obstbauern möglichst gut über den Schädling Kirschessigfliege und den aktuellen Forschungstand in Ländern, die bereits Erfahrung mit der Kirschessigfliege haben, zu informieren, hat das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg am 20. Februar 2015 in Offenburg ein internationales Symposium zur Kirschessigfliege ausgerichtet. Das Symposium wurde vom Ministerium gemeinsam mit dem Staatlichen Weinbauinstitut Freiburg (WBI), dem Landwirtschaftlichen Technologiezentrum Augustenberg, der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg und dem Kompetenzzentrum Obstbau-Bodensee veranstaltet. Milde Winter und feuchte Sommer Bereits im Frühjahr 2014 zeichnete sich ab, dass in diesem Jahr mit einer deutlich höheren Population der Kirschessigfliege zu rechnen war als in den vorangegangenen Jahren. Die Vermutung, dass vor allem der milde Winter ausschlaggebend gewesen ist für das frühe und starke Auftreten der Kirschessigfliege, bestätigte Prof. Dr. Peter Shearer von der Oregon State University (USA), der verschiedene Studien zum Überwinterungsverhalten der Fliegen durchgeführt hatte. Neben dem milden Winter standen 2014 erste Früchte für die Eiablage auch sehr frühzeitig zur Verfügung und das Fruchtangebot während des weiteren Jahresverlaufs war immens. Auch der eher feuchte, nicht allzu warme Sommer 2014 lieferte dem Schädling ideale Bedingungen, um sich stark vermehren zu können. Einige Rebsorten wurden dabei besonders gerne befallen, andere Sorten hingegen wurden nur bei Vorschädigungen der Beerenhaut mit Eiern belegt. Neben der Sorte ist auch die Umgebung der Obst- beziehungsweise Rebanlagen von großer Bedeutung. In Randlagen mit Hecken oder in Waldnähe ist oftmals ein stärkerer Befall zu beobachten. Kombination von Bekämpfungsverfahren erforderlich Der alleinige Einsatz von Insektiziden ist für eine erfolgreiche Bekämpfung nicht ausreichend. Vielmehr müssen direkte und indirekte Bekämpfungsverfahren kombiniert werden. Kirschessigfliegen haben bei guten Bedingungen einen Entwicklungszyklus von nur 10 bis 14 Tagen. Der Einsatz von Insektiziden müsste daher sehr oft erfolgen, was neben einem großen Aufwand auch die Gefahr der Resistenzbildung in sich birgt. Verschie- dene Versuche im Weinbau zeigen, dass Hygienemaßnahmen, wie etwa die gute Entblätterung der Anlagen sowie das Niedrighalten der Vegetation im Unterstockbereich, die Kirschessigfliege eindämmen können. Auch im Obstbau sind das Entfernen und Entsorgen befallener oder überreifer Früchte aus der Anlage wichtige Voraussetzungen für die Eindämmung des Befalls. Die wichtigsten Maßnahmen zur Bekämpfung der Kirschessigfliege liegen daher im Bereich der Vorbeugung. Die im Obstbau bisher wirksamste Methode, die in Südtirol erfolgreich betrieben wird, ist das Einnetzen ganzer Anlagen mit engmaschigen Insektenschutznetzen. Auch an alternativen Verfahren, wie beispielsweise Köderverfahren und Massenfang, wird mit Hochdruck geforscht. Leider ist es noch nicht gelungen, Köder zu entwickeln, die die Fliegen von der Frucht weglocken. Auch die erfolgreiche Bekämpfung durch natürliche Gegenspieler, wie beispielsweise parasitoide Schlupfwespen, ist bisher weder in Europa noch in den USA gelungen. Staatliches Weinbauinstitut Freiburg (WBI) Kirschessigfliege (Foto: M. Breuer) 31 31 Agrarforschung Sommer-Begrünung im Gemüsebau bis 330 dt ha-1, während Phacelia empfindlich auf vorherrschende Bodenverdichtung reagierte. Die Mischung SZB 100 konnte - bedingt auch durch den hohen Anteil an Leguminosen – in acht Wochen Kulturzeit 100 kg N ha-1 für die Folgekultur bereitstellen. SZB 100 - eine Mischung mit hohem Leguminosenanteil I m intensiven Gemüseanbau ist im Sommer – aufgrund von Absatzschwierigkeiten – der Anbau einer neuen Gemüsekultur ökonomisch nicht attraktiv. Die Flächen bleiben dann häufig ohne Bewuchs. In dieser Zeit besteht dann die Gefahr, dass der Boden austrocknet, an Struktur verliert, von unerwünschten Wildkräutern erobert wird oder der Erosion ausgesetzt ist. Bei Regen können Nährstoffe zudem leicht in untere Bodenschichten oder sogar ins Grundwasser ausgewaschen werden. Um dies zu verhindern, kam die Idee der Sommer-Begrünung auf. Anforderungen an die Begrünungen Der Gemüsebau stellt besondere Anforderungen an die Begrünungen: Eine gute Wildkrautunterdrückung der Zwischenfrüchte kann z.B. den Ein- 32 satz von Herbiziden in der Folgekultur deutlich reduzieren. Die Begrünung sollte auch frei sein von Arten aus der Pflanzenfamilie Brassicaceae, damit die Übertragung unerwünschter Krankheiten vermieden wird. Verschiedene Zwischenfrüchte im Test In einem Projekt zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie, welches das Ziel verfolgt, die Stickstoffausnutzung im Gemüsebau zu verbessern, wurden im Jahr 2013 fünf Begrünungsarten im gefährdeten Grundwasserkörper Rhein-Neckar auf ihre Eignung untersucht. Ergebnis: Voraussetzung für die gute Frischmasse-Entwicklung der Begrünungen war die Beregnung gleich nach der Aussaat. Ramtillkraut erzielte mit 490 dt ha-1 den höchsten Ertrag. Die Begrünungsmischungen AquaPro, SZB 100 und SolaRigol schafften 230 Die Stickstoffaufnahme der anderen Arten lag bei 60 bis 70 kg N ha-1. Die Bodenbearbeitung vor Aussaat der Begrünung hatte zwar zunächst einen Anstieg der Stickstoffgehalte im Boden auf ein Niveau von 65 bis 75 kg N ha-1 zur Folge. Die Begrünungen konnten aber innerhalb von acht Wochen den Stickstoffgehalt im Boden auf unter 20 kg N ha-1 reduzieren. Auf der nicht begrünten Vergleichsfläche verblieben dagegen 50 Prozent des Stickstoffs unterhalb von 30 cm Bodentiefe und konnten von der Nachfolgekultur nicht aufgenommen werden. In der Beikrautunterdrückung war Ramtillkraut aufgrund schneller Jugendentwicklung und dichtem Bestand am effektivsten. Auch AquaPro, SZB 100 und SolaRigol zeigten eine wirksame Beikrautunterdrückung, nur bei Phacelia war sie unbefriedigend. Gute Aussichten im Gemüsebau für eine Sommer-Begrünung Fazit: Die Begrünungen Terralife ‘SolaRigol‘, Terralife ‚AquaPro‘, SZB 100 und Ramtillkraut konnten hinsichtlich Stickstoffaufnahme, Stickstoff-Entleerung des Bodens und Beikrautunterdrückung überzeugen. Die Ausnahme bildete Phacelia. Diese BegrünungsMaßnahmen finden mittlerweile hohe Akzeptanz in der Praxis und werden auch im Grundwasserkörper RheinNeckar erfolgreich umgesetzt. Eine Übertragung auf andere Anbaugebiete und gefährdete Grundwasserkörper ist wünschenswert und kann über die Wasserschutzberatung in BadenWürttemberg umgesetzt werden. Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau Heidelberg (LVG) Agrarforschung Schweine mögen auch heimisches Eiweiß F utterrationen für Schweine bestehen in Süddeutschland zum überwiegenden Teil aus eigenbetrieblich erzeugtem Getreide, das als Energielieferant dient. Als Eiweißkomponente wird aber auch in großem Umfang Sojaschrot eingesetzt. Da der Bedarf an Eiweiß aus heimischer Produktion bei weitem nicht gedeckt werden kann, wird dieses Sojaschrot vor allem aus Nord- und Südamerika importiert. Dabei handelt es sich vorwiegend um Sojaschrot, das aus gentechnisch veränderten Pflanzen gewonnen wird. Dieser Import von Sojaschrot wird vor dem Hintergrund der Forderung nach einer nachhaltigen Lebens- und Futtermittelproduktion und aufgrund zunehmender Bedenken der Verbraucher gegenüber gentechnisch veränderten Futtermitteln zunehmend kritisch hinterfragt. Damit rücken neuerdings heimische Eiweißfuttermittel wieder in den Mittelpunkt des Interesses. Ackerbohnen, Erbsen, Rapsprodukte und Sojabohnen Derzeit stehen dazu in Baden-Württemberg im wesentlichen Ackerbohnen, Erbsen sowie Rapsprodukte, andere Ölsaaten und Sojabohnen aus heimischem Anbau zur Verfügung. Im Vergleich zu importiertem Sojaschrot haben diese heimischen Futtermittel jedoch geringere Gehalte an Protein und an essentiellen Aminosäuren, und auch die Verdaulichkeit ist geringer. Darüber hinaus weisen heimische Eiweißfuttermittel sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe auf, die die Futteraufnahme und die Verdaulichkeit der Nährstoffe herabsetzen können und damit den Einsatz in Schweinerationen begrenzen. Import-Soja durch heimisches Eiweiß ergänzen Heimische Eiweißfuttermittel können daher als alleinige Proteinträger Sojaschrot nicht vollständig ersetzen, wenn eine bedarfs- und leistungsgerechte Versorgung der Schweine sichergestellt sein soll. Bei geschick- Erbse (Foto: S. Michelsburg) ter Kombination und Ergänzung mit synthetischen Aminosäuren sind die heimischen Eiweißfuttermittel dennoch geeignete Komponenten, um den Einsatz von importiertem Sojaschrot bei der Fütterung von Schweinen in gewissem Umfang zu begrenzen. erbsofit Im Rahmen der Eiweißinitiative BadenWürttemberg wurde vom Kraichgau Raiffeisen Zentrum eG (KRZ) das Proteinfuttermittel „erbsofit“ konzipiert, das aus heimischen Körnerleguminosen besteht (60 Prozent Erbsen / 40 Prozent Sojavollbohnen, getoastet). In Zusammenarbeit mit dem KRZ wurden an der LSZ Boxberg Rationen für Mastschweine entwickelt, in denen Sojaschrot teilweise durch erbsofit ersetzt wird. 6 Prozent Sojaschrot in der Vormast und 5 Prozent in der Endmast wurden jeweils durch 10 Prozent erbsofit ersetzt. Insgesamt 250 Mastschweine erhielten in Boxberg dieses Futter. Die Tiere wurden anschließend im eigenen Schlachthaus geschlachtet und die Mast- und Schlachtleistung sowie die Fleischqualität der beiden Fütterungsvarianten verglichen. Dabei zeigte sich: Der Einsatz von erbsofit hat keinen negativen Einfluss auf die Mast- und Schlachtleistung und die Fleischqualität. Derzeit werden deshalb – zusammen mit dem KRZ und weiteren Beteiligten - weitere Proteinergänzer konzipiert, die Sojaschrot in größerem Umfang ersetzen sollen. Dazu werden mehrere heimische Proteinfuttermittel kombiniert und mit synthetischen Aminosäuren ergänzt. Die Versuche sind bereits angelaufen. Erste Ergebnisse werden im Laufe des Jahres 2015 erwartet. Bildungs- und Wissenszentrum Boxberg (LSZ) 33 33 Agrarforschung Bekämpfung von Phytoplasmakrankheiten Reiserschnittbäume. Obwohl keine resistenten Edelsorten zur Verfügung stehen, kann die Verwendung solcher resistenter Unterlagen den Phytoplasmenbefall des Obstbaumes dennoch vermindern. Das geschieht auf folgende Weise: Infolge der besonderen Schaderregerbiologie können Phytoplasmen den Winter nur in der Unterlage bzw. Wurzel überdauern. Von dort aus findet im Frühjahr eine Neubesiedlung der oberirdischen Pflanzenteile statt. Bei einem hohen Resistenzgrad der Unterlage kann dieser Prozess jedoch gehemmt bzw. stark verzögert werden, so dass eine deutliche Minderung der Schadwirkung zu erwarten ist. Rotverfärbung durch Birnenverfall (Foto: M. Petruschke) D ie Obstbestände Süd- und Südwestdeutschlands sind zunehmend durch Phytoplasmen (bakterienähnliche Schaderreger) gefährdet – zum Beispiel der Apfelanbau durch die Apfeltriebsucht und der Birnenanbau durch den Birnenverfall. Betroffen ist vor allem der Streuobstbau, aber auch Erwerbsobstanlagen, Baumschulen sowie Reiserschnittgärten sind bereits befallen. Bei letzteren kommt erschwerend hinzu, dass die Phytoplasmen Schaderreger als sogenannte „Quarantäneschadorganismen“ eingestuft sind, was besondere pflanzenschutzrechtliche Anforderungen für den Vertrieb von Anbau- und Vermehrungsmaterial mit sich bringt. Viele Streuobstsorten reagieren mit Ertragseinbußen und Kleinfrüchtigkeit, Birnenbäume auch mit Absterben. Eingeschränkte Bekämpfungsmöglichkeiten Phytoplasmen sind nicht direkt durch Pflanzenschutzmittel bekämpfbar. Die 34 Bekämpfung ihrer Überträger (verschiedene Blattsaugerarten) mit chemischen Mitteln ist im Streuobstanbau ebenfalls keine realistische Option. Auch in Reiserschnittgärten können die Blattsauger mit den verfügbaren Pflanzenschutzmitteln nur eingeschränkt bekämpft werden. Die Verwendung von zertifiziertem, gesundem Anbauund Vermehrungsmaterial ist zwar eine wichtige prophylaktische Maßnahme beim Aufbau von Obstanlagen. Dies alleine ist jedoch nicht ausreichend, um die Bestände längerfristig gesund und ertragreich zu halten, da jederzeit Infektionen hineingetragen werden können. Nutzung von Resistenzen Was also tun? In langjährigen Untersuchungen des Julius Kühn-Instituts wurden verschiedene Selektionen bzw. Wildformen gefunden, die nur eine sehr geringe Anfälligkeit bezüglich Phytoplasmen aufweisen. Aufgrund ihrer Wuchsstärke eignen sich diese jedoch nur als Unterlagen für Streuobst- und Besenwuchs beim Apfel (Foto: M. Petruschke) Im Rahmen eines vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz unterstützten Kooperationsprojektes des Landwirtschaftlichen Technologiezentrums Augustenberg mit dem Kompetenzzentrum Obstbau Bodensee und der Reiserschnittgarten BadenWürttemberg GmbH & Co. KG wird derzeit untersucht, wie sich bestimmte resistente Selektionen als Unterlagen in Kombination mit verschiedenen Edelsorten für die Anbaupraxis eignen. Erste Ergebnisse werden für 2016 erwartet. Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg (LTZ) Agrarforschung Genomische Zuchtwertschätzung – ein Beitrag zur Erhaltung reiner Schweinerassen E ine umfassende Leistungsprüfung ist Voraussetzung für eine korrekte und aussagestarke Zuchtwertschätzung. Bei der Schweinerasse Piétrain wird dies durch eine Kombination von Nachkommenprüfung auf Station und im Feld erreicht. Die Datenerhebung im Feld erfolgt beim Schweinezuchtverband Baden-Württemberg. Die Auswertung, also die Zuchtwertschätzung, ist Aufgabe des Bildungsund Wissenszentrums Schweinehaltung und Schweinezucht in Boxberg. Die Prüfung der Reinzuchttiere hat zum Ziel, die optimalen Elterntiere für die Weiterentwicklung der Rasse Piétrain zu finden. Die Prüftiere stammen von Herdbuchzuchtbetrieben, die Prüfung wird an den Stationen Boxberg, Haus Düsse, Quakenbrück und Futterkamp durchgeführt. Auf diesen Stationen werden Daten der Mast- und Schlachtleistung und der Fleischqualität detailliert ermittelt. Zwei Formen der Zuchtwertschätzung Die Zuchtwertschätzung für die Piétrain ist eine so genannte „genomische Zuchtwertschätzung“, da nicht nur die Daten der Leistungsprüfungen auf Station und im Feld, sondern auch die Genotypisierungsergebnisse verwendet werden. Genotypisierung heißt: Das Erbmaterial wird an vielen charakteristischen, über die gesamte Erbsubstanz verteilten Stellen untersucht. Für die Auswertung dieser Ergebnisse müssen zuerst Tiere mit einem sicher geschätzten BLUP-Zuchtwert (Beste Lineare Unverzerrte Vorhersage; Schätzung) untersucht werden, damit zwischen dem Genotyp und dem Zuchtwert eine Beziehung hergestellt werden kann. Im Anschluss kann die ermittelte Relation auf den Genotyp junger Tiere übertragen werden. Auf diese Weise kann ein sichererer geschätzter Zuchtwert erreicht werden, als dies bei der bloßen BLUP-Zuchtwertschätzung der Fall ist. Bei der bloßen BLUP-Zuchtwertschätzung wird der Zuchtwert eines Tieres ohne Eigen- und Nachkommenleistung als arithmetisches Mittel der Elternzuchtwerte gebildet. Dies führt dazu, dass Vollgeschwister denselben Zuchtwert erhalten, ohne dass die Unterschiede bei der Vererbung zwischen den Geschwistern berücksichtigt werden können. Vorgehensweise Bei der Umsetzung der genomischen Zuchtwertschätzung werden zuerst vorhandene Leistungsdaten zusammengeführt und dann für die einzelnen Merkmale naturale BLUP-Zuchtwerte berechnet. Nach der BLUP-Zuchtwertschätzung folgt anschließend die Auswertung der Genotypisierungsdaten. Genotypisierungsergebnisse liegen mittlerweile für ca. 3.200 Jungtiere vor - überwiegend Eber. Im Gegensatz zur BLUP-Zuchtwertschätzung, bei der jedes Leistungsdatum die Zuchtwerte aller Verwandten des Leistungstiers beeinflusst, hat das Genotypisierungsergebnis Einfluss auf den genomischen Zuchtwert jedes betroffenen Tieres. Das Ergebnis dieses Verarbeitungsschrittes ist der Direkte genomische Wert (DGV). Abschließend werden der BLUP-Zuchtwert und der direkte genomische Wert dann zum genomisch optimierten Zuchtwert (gZW) zusammengeführt. Vorteil der genomischen Zuchtwertschätzung Leistungsprüfung und Zuchtwertschätzung sind für Zuchtprogramme der Züchtervereinigungen von elementarer Bedeutung. Der Vorteil der genomischen Zuchtwertschätzung liegt in erster Linie darin, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Zuchteinsatz eines Tiers ein sicherer Zuchtwert vorliegt. Die Zuchtauswahl wird somit auf eine verlässlichere Basis gestellt. Die rasche Umsetzung der wissenschaftlichen Erkenntnisse in die Routinearbeit des Bildungsund Wissenszentrums Boxberg bildet somit die Grundlage für eine neutrale, objektiv ermittelte Information über die Merkmalsausprägung von reinen Schweinerassen. Bildungs- und Wissenszentrum Boxberg (LSZ) Schweinerasse Piétrain 35 35 Agrarforschung Sorten molekularbiologisch unterscheiden Ansetzen von PCR-Reaktionen im molekularbiologischen Labor (Foto: W. Wagner) D ie Vielfalt an heimischem Obst, Gemüse und Getreide ist ein wertvolles Gut. Diese Vielfalt ist nicht nur Folge natürlicher Selektion. Dahinter steckt auch eine langjährige, akribische, züchterische Arbeit. Bei manchen Kulturarten ist es jedoch selbst für Fachleute schwer, einzelne Sorten zu identifizieren, weil es oft nur geringe, manchmal auch gar keine optische Unterschiede zu anderen Sorten gibt. Für die Landwirtschaft ist eine eindeutige Sortenbestimmung jedoch von zentraler Bedeutung, denn die Eigenschaften bestimmter Sorten entscheiden darüber, ob sie für den Anbau in einer bestimmten Region geeignet sind, welchen Ertrag sie erbringen, über welche Resistenzen sie verfügen, wann der richtige Erntezeitpunkt ist und mit welchem Geschmack zu rechnen ist. Wenn sich Sorten äußerlich nicht unterscheiden lassen, hilft der genetische Fingerabdruck. Die molekularbiologische Methode erkennt Erbinformationen der DNA, die sich von Sorte zu Sorte geringfügig unterscheiden. Mit dieser Technik lassen sich Sorten eindeutig identifizieren. Das Landwirtschaftliche Technologiezentrum Augustenberg verfügt inzwischen über reichlich Erfahrungen und technische Möglichkeiten 36 zur molekularbiologischen Sortenbestimmung: Die zentralen Werkzeuge im Labor sind die Polymerase-Kettenreaktion (PCR) und deren Abwandlungen. Sie dienen der Analyse von sogenannten Mikrosatelliten. Vom Sortenpass zum molekularbiologischen Steckbrief Erste molekularbiologische Untersuchungen zur Sortenbestimmung führte das LTZ Augustenberg bei Topinambur durch. Diese mit der Sonnenblume verwandte Pflanze wird seit dem 17. Jahrhundert in Deutschland angebaut und weist ein breites Nutzungsspektrum auf: als Lebens- oder Futtermittel, als Festbrennstoff oder als Grundsubstanz zur Herstellung von Branntwein oder Biogas. Seit 1994 kultiviert das LTZ Augustenberg 24 TopinamburSorten, deren unterschiedliche Eigenschaften in Sortenpässen beschrieben wurden. Neuerdings werden die Sortenpässe durch molekularbiologische Steckbriefe ergänzt, die für jede Sorte das charakteristische DNA-Profil festhalten. Dieses Profil ist insbesondere in den Fällen wertvoll, in denen eine zweifelsfreie Sortenbestimmung mit herkömmlichen Methoden nicht möglich ist. Der Umstand, dass bei der Sortenbestimmung alle Pflanzenteile und jedes Entwicklungsstadium herangezogen werden kann, ist ein weiterer Vorteil der molekularbiologischen Methode. Zweifelsfreie Sortenbestimmung bei Mais Ein Beispiel: Das LTZ Augustenberg überprüft seit langem bei Mais die Sortenechtheit, die Homogenität und die Hybridqualität des Saatgutes. Dies erfolgt auf biochemischem Wege mittels Proteinanalytik. Einige Sorten können allerdings auch hier nur im Anbau oder eben molekularbiologisch unterschieden werden. 43 Maissorten wurden deshalb mit der PCR-Methode untersucht und können nun zweifelsfrei identifiziert werden. Eine Methode mit Zukunft Mit der PCR-Methode hat das LTZ Augustenberg ein Sortenidentifizierungssystem etabliert, das im Bedarfsfall auf neue Varietäten innerhalb einer Kulturart angepasst werden kann. Auch die Sortendifferenzierung bei Sojabohnen und verschiedenen Getreidearten wäre damit möglich. Dem LTZ Augustenberg steht somit eine Untersuchungsmethode zur Verfügung, die für viele Fragestellungen geeignet ist. Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg (LTZ) Kurzmeldungen Informationsportal „Bio aus Baden-Württemberg“ Tabletnutzer auf „Bio aus Baden-Württemberg“ Seit dem Sommer 2014 können sich Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Erzeugerinnen und Erzeuger online über den Ökologischen Landbau Baden-Württembergs informieren. Das Portal www.bio-aus-bw.de wurde an der LEL Schwäbisch Gmünd entwickelt. Ziel des Portals ist es, das Informationsangebot zum Ökolandbau in BadenWürttemberg zu bündeln. Gleichzeitig können sich Interessierte über die Aktivitäten der Landesregierung und den Aktionsplan Bio aus Baden-Württemberg informieren. Das Portal greift zentrale Themen rund um den Ökolandbau in Baden-Württemberg auf: - Was kennzeichnet den ökologischen Landbau? - Welche Förderung gibt es? - Was bedeuten die verschiedenen Biosiegel? Das Portal erläutert auf leicht verständliche Weise die Hintergründe und Zusammenhänge der ökologischen Produktionsweise. Über Verlinkungen gelangt man zu weiteren fachspezifischen Angeboten im Infodienst und auf die Webseiten der landwirtschaftlichen Landesanstalten in Baden-Württemberg. Neuerdings gibt es auch eine Veranstaltungsübersicht und aktuelle Bio-Meldungen aus Baden-Württemberg. Das Portal ist unter www.bio-aus-bw.de abrufbar. Landesanstalt für Entwicklung der Landwirtschaft und der ländlichen Räume (LEL) Wildschweine senden SMS Jagdliche Einschränkungen in Schutzgebieten können beim Schwarzwild immer wieder zu Konflikten führen: Die für Wildschäden ersatzpflichtigen Jäger befürchten, dass sich die Tiere einer effektiven Bestandsregulierung entziehen könnten. Die Landwirtschaft wiederum befürchtet eine Zunahme der Schwarzwildschäden im Umfeld von Schutzgebieten. Das Projekt „Schwarzwildproblematik im Umfeld von Schutzgebieten“, das von der Wildforschungsstelle des Landwirtschaftlichen Zentrums Baden-Württemberg (LAZBW) in Aulendorf durchgeführt wird, soll helfen, diese Konflikte zu lösen. Projektpartner sind die Universität Freiburg, die Geschäftsstelle des Biosphärengebiets (BG) Schwäbische Alb, die Forstämter Ravensburg und Reutlingen sowie der Bundesforst. Besenderte Bache In drei Untersuchungsgebieten mit unterschiedlichem jagdlichem Management (Altdorfer Wald, BG Schwäbische Alb und NSG Wurzacher Ried) wurden über 50 Wildschweine mit GPS-GSMSatelliten-Halsbandsendern ausgestattet. Die Sender erfassen 36 mal am Tag den Standort der Tiere und senden die Koordinaten per SMS an den Rechner der Wildforschungsstelle. Ziel ist es, das Raum-Zeit-Verhalten der Tiere genau zu untersuchen, um daraus Rückschlüsse für die landwirtschaftliche Nutzung und für die Jagdstrategie ziehen zu können. Landwirtschaftliches Zentrum Baden-Württemberg (LAZBW) Halbtrockenrasen mulchen und wenig düngen Kalkmagerrasen haben eine herausragende Bedeutung für die Artenvielfalt von Pflanzen und Tieren und stehen deshalb unter Naturschutz. Das LAZBW Aulendorf untersucht daher seit 31 Jahren in einem Langzeitprojekt, erstens, wie sich Mulchen im Vergleich zu Mähen, und zweitens, wie sich unterschiedliche Düngermengen auf den Halbtrockenrasen Artenreichtum eines Kalkmagerrasens auf der Schwäbischen Alb auswirken. Es zeigte sich, dass alle geprüften Varianten im Zeitverlauf hinsichtlich ihrer Vegetationszusammensetzung einer gewissen Dynamik unterworfen waren. Mulchen führte zu einem Bestand, der der ungedüngten Variante sehr ähnlich ist. Beide Varianten scheinen am besten zur Erhaltung von Orchideen und Enzianen geeignet. Die Artenvielfalt insgesamt und die Vielfalt der für diesen Lebensraum typischen Arten wurden jedoch am besten in den Parzellen mit geringer Phosphor/Kalium- bzw. Stickstoff/Phosphor/Kalium-Düngung (10/16 bzw. 10/10/16 kg/ha/a) erhalten. Landwirtschaftliches Zentrum Baden-Württemberg (LAZBW) Asiatische Hornisse und Bläulingszikade im Vormarsch Im September 2014 wurde in Waghäusel bei Karlsruhe erstmals in Deutschland die Asiatische Hornisse Vespa velutina entdeckt. Sie ist etwa 2 cm groß, sehr dunkel, gelbbeinig und baut große, runde Nester in Baumkronen. Die Einschleppung nach Europa erfolgte 2004 über Bordeaux/Frankreich. Seitdem hat Bläulingszikade sie sich schneller als erwartet ausgebreitet. Das Landwirtschaftliche Technologiezentrum Augustenberg (LTZ), das unter anderem für die Forschung an Quarantäne-Schadorganismen zuständig ist, untersucht die Genetik der Asi- 37 37 Kurzmeldungen atischen Hornisse, um sie mit den französischen Populationen zu vergleichen. Die Risikobewertung der Asiatischen Hornisse fällt international noch sehr unterschiedlich aus. Die Bewertungen reichen von „harmlos“ bis hin zu einem „potenziellen Bienenschädling“. Auch die Bläulingszikade Metcalfa pruinosa ist in Baden-Württemberg und in Rheinland-Pfalz von vier Befallsstellen bekannt. Das LTZ Augustenberg hat mittlerweile 66 Wirtspflanzen aus 38 Familien von Kräutern und Gehölzen dokumentiert, was auf ein großes Schadpotenzial dieses neuen invasiven Tieres hindeutet. Zum Glück wurde auch eine spezielle Zikadenschlupfwespe nachgewiesen, die in Europa bereits als natürlicher Gegenspieler der Bläulingszikade eingesetzt wurde. Derzeit werden deshalb Möglichkeiten einer integrierten biologischen Bekämpfung der eingeschleppten Bäulingszikade geprüft. Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg (LTZ) Schafreport 2014 Die Zahl der schafhaltenden Betriebe in Baden-Württemberg geht seit Jahren kontinuierlich zurück. Der Erhalt einer ausreichend großen Zahl an Schäfereien ist jedoch sehr wichtig, insbesondere für die Nutzung der vielen extensiven Grünlandflächen im Land. Die Hüteschafhaltung ist unverzichtbar für die Kulturlandschaftspflege. Die LEL Schwäbisch Gmünd hat deshalb gemeinsam mit dem Landes- schafzuchtverband und dem Beratungsbüro Dr. Wagner & Partner 30 Haupterwerbsschäfereien in BadenWürttemberg auf ihre ökonomischen und produktionstechnischen Ergebnisse hin untersucht. Die untersuchten Betriebe halten im Durchschnitt 722 Mutterschafe und bewirtschaften 38 224 Hektar Land, davon weit überwiegend extensiv bewirtschaftetes Grünland. Die Auswertung der Vollkosten erbrachte nur in wenigen Betrieben eine Deckung der Produktionskosten. Es zeigte sich, dass für eine wirtschaftliche Schafhaltung die staatlichen Ausgleichsleistungen, die im Rahmen von Flächenprämien und Agrarumweltmaßnahmen an die Schäfereien ausgezahlt werden, überaus wichtig sind. Die ausgewerteten Daten sind im Schafreport 2014 zusammengefasst. Landesanstalt für Entwicklung der Landwirtschaft und der ländlichen Räume (LEL) Schulung zur Verbesserung des Tierwohls Am Bildungs- und Wissenszentrum Boxberg werden regelmäßig Sachkundeschulungen zu Fragen des guten Stallklimas und der Tränkewasserversorgung in der Schweinehaltung durchgeführt. Diese Sachkundeschulung wird vor allem für Personen angeboten, die sich bei der Trägergesellschaft „Initiative Tierwohl“ als sachkundiges Personal (Stallklimaexperten) registrieren lassen wollen. Das Bildungs- und Wissenszentrum Boxberg ist eine von mehreren eingetragenen Schulungseinrichtungen, die eine solche Ausbildung zum Stallklimaexperten durchführen kann. In der Schulung wird fachliches Wissen über die Grundlagen der Lüftungstechnik, die Handhabung von Lüftungscomputern sowie NotfallAlarmierungsvorkehrungen vermittelt und praktisch angewandt. Außerdem werden unterschiedliche Wasserleitungssysteme, Tränke-Techniken sowie die korrekte Wasserprobenentnahme vorgestellt. Die Teilnehmer erhalten am Ende der Schulung ein Zertifikat, das ihnen die erworbenen Fachkenntnisse und Fertigkeiten bescheinigt. Bildungs- und Wissenszentrum Boxberg (LSZ) Prickelnder a-Apfelsecco Am Staatsweingut Weinsberg konnte durch intensive Zusammenarbeit der Fachbereiche Obstbau, Frucht- und Brennereitechnologie, Kellerwirt- schaft und Marketing ein neuartiges, hoch innovatives Produkt entwickelt werden. Verschiedene Apfelsorten wurden verarbeitet und sortenrein zu Apfel-Fruchtweinen veredelt. Die alkoholische Gärung wurde dabei entsprechend den Anforderungen der modernen Weißweinbereitung durchgeführt. Durch Mostvorklärung und gezügelte Gärführung mit anschließendem Feinhefelager entstanden feingliedrige Apfel-Fruchtweine mit ausgeprägtem Sortencharakter. Aus den Apfelsorten Topaz, Rubinette, Gold Rush, Golden Delicious und Bittenfelder wurden edle und fein abgestimmte Cuvee zusammengestellt. Die Eigenschaften der Apfelsorten ergänzen sich hervorragend. a-Apfelsecco regt an und ist sehr erfrischend - ideal geeignet als Aperitif und Essensbegleiter zu leichten Gerichten. Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg (LVWO) Gemeinsame Lernplattform im Milchsektor 2014 haben sich das Berufliche Schulzentrum Wangen, das Landwirtschaftliche Zentrum Baden-Württemberg – Milchwirtschaft Wangen und die milchverarbeitenden Ausbildungsbetriebe das Ziel gesetzt, eine gemeinsame Kommunikations- und Lernplattform aufzubauen. Für die beiden Ausbildungsberufe „Milchwirtschaftliche/r Laborant/in“ und „Milchtechnologe/in“ sollte eine Plattform geschaffen werden, in der die Kommunikation der drei Akteure gebündelt und ein Lernangebot eingerichtet wird, das die einzelnen Aus- Kurzmeldungen bildungsabschnitte (Blockunterricht) von Berufsschule und überbetrieblicher Lehrwerkstätte in Wangen verbindet. Als Lernplattform wurde das so genannte OpenOLAT ausgewählt, welches verschiedene Formen von webbasiertem Lernen, Lehren und Moderieren unterstützt. Der Produktname OLAT steht für Online Learning And Training – OpenOLAT. Es wird seit 2006 vom SpinOff-Unternehmen frentix entwickelt und basiert auf einem Studienprojekt der Universität Zürich. Unterstützt wird das Vorhaben von der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau (LVG) Heidelberg. Die LVG Heidelberg befasst sich schon seit 2002 sehr erfolgreich mit dem Thema E-learning und OpenOLAT und erhielt dafür 2014 den E-learning Award. An einer gemeinsamen Fortbildungsveranstaltung im März 2015 konnten sich die Lehrkräfte des Beruflichen Schulzentrums Wangen und des LAZBW über die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten der Lernplattform informieren. Holger Strunk von der LVG Heidelberg stellte verschiedene Lernanwendungen vor und erläuterte die technischen Details von OpenOLAT. Im zweiten Teil der Veranstaltung durften die Lehrkräfte Kursbausteine, Tests und Aufgaben am Rechner selbst erstellen. Die Lernplattform wird voraussichtlich mit Beginn des neuen Ausbildungsjahrs 2015/2016 online gehen. Landwirtschaftliches Zentrum Baden-Württemberg (LAZBW) 500 Jahre Gestüt Marbach Das Haupt- und Landgestüt Marbach feierte 2014 sein 500-jähriges Jubiläum. Höhepunkte waren ein großes Festwochenende mit offiziellem Festakt und Tag der offenen Tür sowie die Konzertveranstaltung Marbach Classics Open Air. Zum offiziellen Festakt empfing das Gestüt Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Landwirtschaftsminister Alexander Bonde, die in ihren Ansprachen die Bedeutung des Gestüts herausstellten. Zum Tag der offenen Tür kamen über 20.000 Besucher auf die drei Gestütshöfe. Die Besucher bekamen Einblicke in die Arbeit des Ge- stüts und vielseitige Programmpunkte geboten, wie etwa die Schauprogramme mit der Quadrille der deutschen Landgestüte in Marbach oder die Kutschfahrten in St. Johann. Auch die Konzertveranstaltung Marbach Classics Open Air war im Jubiläumsjahr ein ganz besonderes Ereignis: An zwei Veranstaltungsabenden bot die Arena Platz für 6.000 Zuschauer unter freiem Himmel. Über 80 Pferde aus zwölf Nationalgestüten und acht Ländern präsentierten zu Klängen der Württembergischen Philharmonie Reutlingen die klassische Reit- und Fahrkultur und eine Vielzahl von Pferderassen der europäischen Staatsgestüte. 2014 gaben noch viele weitere Veranstaltungen Gelegenheit, die 500-jährige Gestütsgeschichte zu beleuchten: Die Internationale Marbacher Vielseitigkeit, die Kinderuni in der Marbacher Reithalle, das Bundesjungzüchterfestival, das Blasmusikfest, der Herbstgold-Auftakt und das Kartoffelfest in St. Johann lockten viele kleine und große Besucher ins älteste staatliche Gestüt Deutschlands. Und auch außerhalb der historischen Mauern präsentierten die „Marbacher“ mit ihren Pferden die große Tradition, die in Marbach gepflegt und erhalten wird: Bei der Messe Pferd Bodensee, beim Mannheimer Maimarkt, beim Sinsheimer Fohlenmarkt, bei der Messe Eurocheval in Offenburg, beim Bundespferdefestival in Ellwangen und schließlich, als krönenden Abschluss des Jubiläumsjahres, beim Landwirtschaftlichen Hauptfest in Stuttgart. Haupt- und Landgestüt Marbach (HuL) Gestüt Marbach auf dem Rad erkunden Pünktlich zum Jubiläumsjahr 2014 wurde der Gestütsradweg des Hauptund Landgestüts Marbach fertiggestellt. Der Radweg wurde mit den bestehenden Radwegen im Landkreis Reutlingen verbunden und führt im Herzen des Biosphärengebiets Schwäbischen Alb an den drei historischen Gestütshöfen und den vier Vorwerken des Gestüts Marbach entlang. Der neue Radweg wurde auf Antrag der Gemeinde Gomadingen mit Unterstützung des Biosphärengebiets und „Mythos Schwäbische Alb“ unter Leitung des Haupt- und Landgestüts Marbach umgesetzt. Entlang der 60 km langen Route informieren Übersichts- und Thementafeln über das älteste staatliche Gestüt Deutschlands, über Naturschutzthemen wie Flora und Fauna auf Pferdeweiden und über andere Besonderheiten. Der Gestütsradweg wurde anlässlich der 500-Jahr-Feierlichkeiten im Mai 2014 von Vertretern der kommunalen Politik und des Haupt- und Landgestüts Marbach eröffnet. Haupt- und Landgestüt Marbach (HuL) Gerüttelt, nicht gespritzt Nur die wenigsten Blumenliebhaber wissen wohl, dass ihre Petunie oder ihr Weihnachtsstern mit Wuchshemmstoffen behandelt wurden. Grund der Behandlung: Erzeuger, Handel und auch Kunden wünschen möglichst kompakte Pflanzen. Doch es geht auch anders, wie das Forschungsprojekt „Thigmo“ – eine Kooperation zwischen der LVG Heidelberg und der Universität Hohenheim – auf der Internationalen Grünen Woche im Januar 2015 in Berlin zeigte. Die Behandlung erfolgt hierbei nicht durch Spritzen von Wuchshemmstoffen, sondern per 39 39 Kurzmeldungen Luftstrom. „Der Luftstrom tut den Pflanzen gut – sie reagieren, indem sie den Abstand zwischen den Blättern verkürzen und stabiler wachsen“, erklärt Yasemin Tasdemir von der Universität Hohenheim. Je starrer die Pflanzen sind, desto stärker muss der Luftstrom sein, 80 bis 120 Mal pro Tag setzen sich die Düsen des Luftwagens in Bewegung. Das System hat denselben Effekt wie die chemische Behandlung, ist aber wesentlich umweltfreundlicher und zudem für den biologischen Pflanzenbau geeignet. Woher kam die Idee? Man hat einfach der Natur auf die Finger geschaut. In windigen Lagen sind die Pflanzen schließlich auch viel kompakter. Das Projekt wird gefördert durch das Bundesprogramm Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN). Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau Heidelberg (LVG) Mehr als nur Wetterdaten Die Agrarmeteorologie Baden-Württemberg, die vom Landwirtschaftlichen Technologiezentrum Augustenberg koordiniert wird, hat ihren Internetauftritt neu gestaltet. Unter www.wetter-bw.de stehen Wetterdaten und wichtige In- formationen zur Pflanzenproduktion für Landwirtschaft, Garten-, Obst- und Weinbau sowie für alle Wetterinteressierten zur Verfügung. Das bisherige Angebot wurde um landesweite Wettervorhersagen und Wetterwarnungen für die über 100 Wetterstationen im Netz erweitert. Hinzugekommen sind auch historische und aktuelle Daten von mehr als 50 Wetterstationen des Deutschen Wetterdienstes, die regional einen 40 Blick auf die Klimaentwicklung der letzten Jahrzehnte ermöglichen. Beratung und Praxis finden damit ein vielseitiges Angebot mit direktem Zugriff auf Prognosemodelle für die einzelnen Kulturgruppen. Ebenfalls neu sind spezielle Informationen für Imkerinnen und Imker, wie z. B. das „Varroawetter“. Damit ist www.wetter-bw.de ein wichtiger Baustein im integrierten Pflanzenschutz und für den sachgerechten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg (LTZ) „Clickern“ im Weinbauinstitut Im Rahmen der Weiterbildung des Kellerpersonals veranstaltet das Staatliche Weinbauinstitut Freiburg (WBI) alljährlich Seminare zum Thema „Kellerwirtschaft und Sensorik“. Die Palette reicht dabei von oenologischen und mikrobiologischen Themen bis hin zu jahrgangsspezifischen Fragen und aktuellen Weinstilen. Didaktisches Mittel sind die von der WBI-Versuchskellerei zu jedem Thema eigens ausgebauten Wein-Varianten. Aufgabe der Seminarteilnehmer ist es, die einzelnen Wein-Varianten in eine bewertende Rangfolge zu bringen. Neuerdings werden die individuellen Voten dieser Rangordnungsprüfungen mittels elektronischer Abstimmgeräte („Clicker“) erfasst, automatisch verrechnet und mittels PowerPoint unmittelbar nach der Verkostung graphisch sichtbar gemacht. Die Vorteile dieser interaktiven Abstimmgeräte liegen auf der Hand: Die Teilnehmer werden ak- „Clicker“ erfassen die Voten tiv einbezogen, sie erhalten in Echtzeit ein Feedback und für die Veranstalter entfällt das nachträgliche Erfassen von mehreren hundert Verkostungslisten. Staatliches Weinbauinstitut (WBI Freiburg) Fortbildungskatalog für Beratungskräfte Die landwirtschaftlichen Landesanstalten haben ein neues Kapitel in der Unterstützung der Beratung in Baden-Württemberg aufgeschlagen. Der gemeinsame Fortbildungskatalog für Beratungskräfte 2015, der unter Federführung der LEL entstanden ist, spricht erstmals alle Beratungskräfte im Agrarbereich an. Den Impuls dazu gab die Neuausrichtung der Beratungsförderung. Künftig müssen geförderte Beratungskräfte eine regelmäßige Fortbildung nachweisen. Der neue Katalog enthält deshalb neben vielfältigen fachlichen Fortbildungen auch die verpflichtenden methodischen und fachrechtlichen Qualifizierungen. Die meisten Fortbildungen sprechen sowohl externe Berater als auch die Offizialberatung an. Download des Fortbildungskatalogs unter www.fortbildung.lel-bw.de. Landesanstalt für Entwicklung der Landwirtschaft und der ländlichen Räume (LEL) Dem Chlorat auf der Spur 2014 wurden vom Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) Stuttgart verschiedene Lebensmittel pflanzlichen Ursprungs in- und ausländischer Herkunft einem ChloratMonitoring unterzogen. Chlorate sind Salze der Chlorsäure, die beispielsweise in chloriertem Wasser enthalten sind. In ca. 25 Prozent der Proben fand das CVUA Chlorat-Rückstände. Um die Ursachen und Eintrittswege der Chlorat-Rückstände zu ergründen, hat das LTZ Augustenberg sowohl eine Vor-Ort-Fundaufklärung in einzelnen Betrieben als auch einen eigenen Versuch im Forschungsgewächshaus an Salat und Basilikum durchgeführt. Dabei wurden verschiedene Substrate sowie Gießwasser mit verschiedenen Chlorat-Konzentrationen verwendet. Kurzmeldungen Aussagen darüber, ob Proben gentechnisch veränderte Bakterien enthalten und ob diese noch lebensfähig sind. Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg (LTZ) Chlorosen an einem Basilikumblatt Es zeigte sich dabei, dass das Chlorat nahezu vollständig von der Pflanze aufgenommen und nicht im Boden angereichert wurde. Pflanzen, die mit hoch chlorathaltigem Wasser gegossen wurden, zeigten dagegen Chlorosen und andere Schädigungen. Als mögliche Eintragspfade in Gemüsekulturen wurden Düngemittel, Produktionswasser, belastete Jungpflanzen und Desinfektionsanlagen identifiziert. Eine unsachgemäße Anwendung von Chlorat als Pflanzenschutzmittelwirkstoff wurde jedoch in keinem Fall nachgewiesen. Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg (LTZ) Vitamin B 2 als Zusatzstoff für Futtermittel Vitamin B 2 wird in Fermentern mit Hilfe von Bakterien gewonnen, die gentechnisch so verändert sind, dass sie vermehrt Vitamin B 2 produzieren. Als Zusatzstoff für Futtermittel darf das so gewonnene Vitamin B 2 allerdings keine Bakterien oder deren DNA mehr enthalten. Die Erzeugung von Vitamin B 2 ist daher bislang sehr aufwändig. Mitte des Jahres 2014 bekam das LTZ Augustenberg im Rahmen der amtlichen Futtermittelkontrolle den Auftrag, Proben des Zusatzstoffes Vitamin B 2 auf gentechnisch veränderte Organismen zu untersuchen. Das LTZ entwickelte dazu eine neue Methode, in der mikrobiologische und molekularbiologischen Untersuchungsmethoden gekoppelt werden. Die neue Methode erlaubt jetzt konkrete Erhöhte Vitamin B 2-Produktion färbt das Nährmedium gelb Internationale und heimische Rebsorten im Vergleich Die LVWO Weinsberg hat bereits 2008 ein Rebensortiment mit international bekannten Rebsorten angepflanzt. Die LVWO geht seitdem zwei Fragen nach: Welchen Einfluss hat der Klimawandel auf unsere traditionellen Rebsorten? Und wie steht es um die Wettbewerbsfähigkeit internationaler Rebsorten in Württemberg? In diesem Zusammenhang wird auch eine neue Generation von pilzwiderstandsfähigen Rebsorten (PIWI) getestet. Am Weinsberger Schemelsberg Nebbiolo werden die klassische Rebsorte Lemberger und die neuen Rebsorten Cabernet Cubin sowie PIWI-Rebsorten mit den internationalen Rebsorten Syrah, Tempranillo, Malbec, Nebbiolo, Sangiovese und Pinotage untersucht und verglichen. Alle Rebsorten werden in einem der wirtschaftlichen Praxis entsprechenden Flächenumfang angebaut, um Aussagen zur strategischen Rebsortenentwicklung treffen zu können. Mit ersten Ergebnissen wird noch im Jahr 2015 gerechnet. Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg (LVWO) Wellness im Schweinestall Am Bildungs- und Wissenszentrum Boxberg wird derzeit zur Verbesserung des Tierwohls der Einsatz von verschiedenen organischen Beschäftigungsmaterialien bzw. Einstreu für Schweine untersucht. Zur Ausbringung dieser Materialien steht eine „Spotmix-Welfare-Anlage“ der Firma Schauer Agroto- nic GmbH zur Verfügung. Diese Anlage ist Bestandteil des neu errichteten Aufzucht- und Maststalls in Boxberg und kann organische Materialien, wie z.B. trockenes Stroh oder Maissilage, unter Eingabe von definierten Zeiten und Mengen pneumatisch fördern. Über ein Ventil gelangt dann das Material in die einzelnen Stallabteile. Im Rahmen weiterer Untersuchungen geht es neben der Ausdosierungstechnik im Stall primär um die tatsächlich vom Tier benötigten Mengen an Beschäftigungs- und Einstreumaterialien. Die Untersuchungsergebnisse sollen Aussagen zu Kriterien des Tierwohls und damit zur Verbesserung des Tierwohls ermöglichen. Bildungs- und Wissenszentrum Boxberg (LSZ) Mehr Bewegungsfreiheit für Schweine Am Bildungs- und Wissenszentrum Boxberg werden in den Stallungen der konventionellen Schweinehaltung derzeit neue, auf dem Markt erhältliche Buchtensysteme zur Abferkelung mit nur zeitweiser Fixierung der Sau (sogenannte Bewegungsbuchten) sowie Buchten mit vollständig freier Abferkelung installiert. Die Stallungen der alternativen Schweinehaltung sind bereits seit einigen Jahren mit solchen freien Abferkelbuchten ausgestattet. Nun sollen auch in den Stallungen der konventionellen Haltung mit diesen Buchtensystemen Erfahrungen gesammelt werden. Im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung werden darüber hinaus Fragen der optimalen Bodengestaltung in den Buchtensystemen sowie weitere Möglichkeiten zur Steigerung des Wohlbefindens der Tiere und der Funktionalität der Haltungssysteme untersucht. Bildungs- und Wissenszentrum Boxberg (LSZ) 41 41 Ausbildung Ausbildung und Praktika in den Landwirtschaftlichen Landesanstalten Haupt- und Landgestüt Marbach (HUL) • Auszubildende: – Landwirt: 2 – Pferdewirt/in: 40 – Hufschmied-Praktikant: 1 • Praktikant/innen: 50 Landwirtschaftliches Zentrum für Rinderhaltung, Grünlandwirtschaft, Milchwirtschaft, Wild und Fischerei Baden-Württemberg (LAZBW) • Auszubildende: – Landwirtschaft: 4 –Milchwirtschaftliche Laboranten/innen: 14 – Milchtechnologen: 3 – Hauswirtschaft: 3 – Bachelor of Arts (B.A.), Studiengang Soziale Arbeit: 4 – Bachelor of Science (B.Sc.), Studiengang Agrarwirtschaft: 1 • Praktikant/innen: 6 Landesanstalt für Entwicklung der Landwirtschaft und der Ländlichen Räume (LEL) • Praktikant/innen: 5 Bildungs- und Wissenszentrum Boxberg – Schweinehaltung, Schweinezucht – (LSZ) • Auszubildende: – Landwirte/Tierwirte: 4 • Praktikant/innen: 10 Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau Heidelberg (LVG) • Auszubildende: – Gärtner/in: 11 – Fachinformatiker/in: 1 • Studentische Praktikanten: 13 • Schulpraktikanten: 8 42 Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg (LTZ) Staatliches Weinbauinstitut Freiburg (WBI) • Auszubildende: –Gärtner/in Fachrichtung Obstbau: 6 – Landwirtin: 1 – Chemielaborant/in: 6 – Biologielaborant/in: 6 • Praktikant/innen: 40 (9 Schüler/ innen; 31 Studenten/innen) • Auszubildende: – Winzer/in: 14 – Weinküfer/in: 1 –Einzelhandelskaufmann/ -kauffrau: 1 – Studiengang Weinbau und Oenologie: 5 – Studiengang BWL – Handel und Dienstleistungsmanagement: 2 –Hauswirtschafterin/ Hauswirtschafter: 1 –Einzelhandelskaufmann/ -kauffrau: 1 Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg (LVWO) • Auszubildende: 22 • Praktikant/innen: 31 • Praktikant/innen: 62 Langfristige Praktika (Studienpraktika): 5 Kurzpraktika (BOGY, BORS u.a.): 57 Alle Adressen im Überblick Anschriften der Landesanstalten HUL Marbach Haupt- und Landgestüt Marbach 72532 Gomadingen-Marbach, Kreis Reutlingen Telefon: 07385 9695-0 Fax: 07385 9695-10 E-Mail: [email protected] Internet: www.gestuet-marbach.de LAZBW Landwirtschaftliches Zentrum für Rinderhaltung, Grünlandwirtschaft, Milchwirtschaft, Wild und Fischerei Baden-Württemberg Atzenberger Weg 99 88326 Aulendorf Telefon: 07525 942-300 Fax: 07525 942-333 E-Mail: [email protected] Internet: www.lazbw.de LEL Schwäbisch Gmünd Landesanstalt für Entwicklung der Landwirtschaft und der ländlichen Räume Oberbettringer Str. 162 73525 Schwäbisch Gmünd Telefon: 07171 917-100 Fax: 07171 917-101 E-Mail: [email protected] Internet: www.lel-bw.de LSZ Boxberg Bildungs- und Wissenszentrum Boxberg Schweinehaltung, Schweinezucht Seehöfer Str. 50 97944 Boxberg-Windischbuch Telefon: 07930 9928-0 Fax: 07930 9928-111 E-Mail: [email protected] Internet: www.lsz-bw.de LTZ Augustenberg Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg Neßlerstr. 25 76227 Karlsruhe Telefon: 0721 9468-0 Fax: 0721 9468-112 E-Mail: [email protected] Internet: www.ltz-augustenberg.de LVG Heidelberg Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau Heidelberg Diebsweg 2 69123 Heidelberg Telefon: 06221 7484-0 Fax: 06221 7484-13 E-Mail: [email protected] Internet: www.lvg-heidelberg.de LVWO Weinsberg Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg Traubenplatz 5 74189 Weinsberg Telefon: 07134 504-0 Fax: 07134 504-133 E-Mail: [email protected] Internet: www.lvwo-weinsberg.de WBI Freiburg Staatliches Weinbauinstitut Merzhauserstrasse 119 79100 Freiburg Telefon: 0761 40165-0 Fax: 0761 40165-70 E-Mail: [email protected] Internet: www.wbi-freiburg.de Impressum Herausgeber: Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg Kernerplatz 10, 70182 Stuttgart Tel. 0711/126-0; [email protected] Konzeption, Text und Redaktion: Landwirtschaftliche Landesanstalten, Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Abteilung Landwirtschaft Grafik und Gestaltung: PR Presseverlag Süd GmbH, Weberstraße 18, 71063 Sindelfingen Druck: studiodruck, Talstraße 68, 72622 Nürtingen Bildquellen: Landwirtschaftliche Landesanstalten, www.fotolia.de Drucknummer: 33-2015-20 Verteilerhinweise: Diese Broschüre wird von der Landesregierung im Rahmen ihrer verfassungsmäßigen Verpflichtung zur Unterrichtung der Öffentlichkeit herausgegeben. Sie darf weder von Parteien noch von deren Kandidaten oder Helfern während eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Untersagt ist auch die Weitergabe an Dritte zur Verwendung bei Wahlwerbung. Diese Beschränkungen gelten unabhängig vom Vertriebsweg, auf dem die Broschüre den Empfängerinnen und Empfängern zugestellt worden ist. Erlaubt ist den Parteien, diese Broschüre für die Unterrichtung ihrer Mitglieder zu verwenden. 43 = Sitz der Landesanstalt LSZ Boxberg LVG Heidelberg LVWO Weinsberg LTZ Augustenberg LEL Schwäbisch Gmünd HUL Marbach WBI FREIBURG LAZBW Aulendorf Die landwirtschaftlichen Landesanstalten im Geschäftsbereich des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz. www.mlr-bw.de Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR) · Kernerplatz 10 · 70182 Stuttgart Telefon: +49(0)711/126-0 · Telefax: +49(0)711/126-2255 · www.mlr-bw.de 44