Seite 1/4 42 01635 Der Ameisenstaat: Die Brutbiologie der Kleinen Roten Waldameise VHS 42 01635 12 min Der Ameisenstaat Die Brutbiologie der Kleinen Roten Waldameise Im Film sind die wesentlichen Aspekte der Fortpflanzung der Kleinen Roten Waldameise (Formica polyctena FÖRST.) zu sehen. Der Hochzeitsflug, die Begattung, das Abwerfen der Flügel, die Eiablage der Königinnen, die Pflege der Eier, Larven und Puppen durch die Arbeiterinnen sowie das Schlüpfen der Jungameisen werden in ungewöhnlich informativen Bildern gezeigt. Lernziele Die Fortpflanzung der Kleinen Roten Waldameise kennen lernen. Zum Inhalt Der Film beginnt mit einem Überblick über ein Nest der Kleinen Roten Waldameisen. Das scheinbare Chaos umhereilender Tiere wird kontinuierlich entwirrt. Hierzu benutzt der Film die Technik der Makrofotografie. Man sieht einige geflügelte Königinnen in Großaufnahme: Sie sind größer als Arbeiterinnen und haben einen auffallend dicken Hinterleib. Bevor sie zum Hochzeitsflug starten, klettern sie auf ihr Nest, auf Gräser oder Zweige. In einem anderen Nest – es liegt im Schatten und ist deshalb kühler – haben sich ausschließlich geflügelte Männchen entwickelt. Man erkennt sie an ihrem schlanken Hinterleib. Auch sie bereiten sich auf den Hochzeitsflug vor. Durch Duftstoffe (Pheromone) wird die Bereitschaft zur Begattung signalisiert. Die Kamera verfolgt ihren Flug bis in die Wipfelregionen der Bäume. Die Begattung – sie findet nicht nur im Flug, sondern auch auf der Nestkuppe statt – ist in eindrucksvollen Aufnahmen zu sehen: Ruckartige, fast tänzerische Bewegungen der Weibchen gehen der Samenübertragung voraus. Man erkennt deutlich, wie sich schließlich ihre Hinterleibsenden mit denen der Männchen berühren. Bald darauf werfen die zukünftigen Königinnen ihre Flügel ab. Die Männchen sterben und werden von speziellen Arbeiterinnen zu abseits gelegenen Plätzen befördert. Die meisten Königinnen gehen nun in ihr eigenes Nest zurück, manche in Nachbarnester. Dort leben sie dann bei einer ziemlich konstanten Temperatur von ca. 20 bis 25°C und werden ständig von Arbeiterinnen gefüttert. Die ungewöhnliche Filmtechnik erlaubt es auch, in Großaufnahmen zu beobachten, wie die Eier austreten und zur Lagerung weggetragen werden. Durch das Einspeicheln verkleben viele Eier zu Klümpchen, die dann als Ganzes versorgt werden. Häufiges Umlagern garantiert die jeweils optimale Entwicklungstemperatur. Auch Schutz vor dem gefährlichen Pilzbefall gibt es nur durch ständige Pflege. Auf dem weiteren Gang durch das Nest sieht man prall gefüllte Eikammern, dicht darüber Ansammlungen von Junglarven, dann Altlarven und weiter oben die Kammern mit den jungen und schließlich älteren Puppen. Der jeweilige Lagerplatz entspricht immer den individuellen Temperaturund Feuchtigkeitsansprüchen der verschiedenen Entwicklungsstufen. Die Larven haben einen ständigen Futterbedarf. Arbeiterinnen sind hierauf spezialisiert: Nahrung wird zum Nest gebracht, von Pflegeameisen übernommen und an die Larven © FWU Institut für Film und Bild 42 01635 Der Ameisenstaat: Die Brutbiologie der Kleinen Roten Waldameise Seite 2/4 verfüttert. Sind diese voll ausgewachsen, spinnen sie sich in eine feste Puppenhülle. Hierin findet innerhalb von zwei bis drei Wochen die Umwandlung zur Imago statt. Helfende Arbeiterinnen sind dann wieder beim Verlassen des Kokons zur Stelle. Die unausgefärbte Jungameise ist honiggelb. Sofort beginnt sie sich zu pflegen und bald darauf für die Gemeinschaft zu arbeiten. Der Film schließt den Kreis, indem er darauf hinweist, dass die erste Brut des Jahres fast ausschließlich aus geflügelten Geschlechtstieren besteht. Der Film wurde 1983 bis 1985 zusammen mit dem Film „Der Ameisenstaat – Das Jahr der Kleinen Roten Waldameise“ gedreht. Die meisten Nahaufnahmen sind zeitgedehnt. Nur so lässt sich das rasche Geschehen auf so kleinem Raum verfolgen. Ein Teil der Aufnahmen entstand mit einem am Markoobjektiv angebrachten Glasfaserlicht. Für Szenen, die auf diese Weise nicht in einem natürlichen Nest gedreht werden konnten, wurde Nestmaterial zwischen zwei Glasscheiben gebracht und die Rückseite stark beleuchtet. Da Ameisen sehr lichtscheu sind, transportieren sie ihre Eier, Larven und Puppen auf die dunklere Frontseite, wo die Aufnahmekamera stand. Mit hochempfindlichem Filmmaterial entstanden dann dort eindrucksvolle Makroaufnahmen. Weitere Informationen Staatenbildung und Arbeitsteilung Im Frühjahr erwacht das Ameisenvolk aus der winterlichen Kältestarre. Steigen die Nesttemperaturen auf über 16°C, beginnen die Königinnen mit der Eiablage. Kühle Nester (16 bis 20°C) produzieren fast ausschließlich geflügelte Männchen. Möglicherweise ist dies darauf zurückzuführen, dass bei dieser Temperatur die „Spermienpumpe“ des Receptaculum seminis der Königin noch ruht. Die Eier werden nicht befruchtet (haploid), es entstehen Männchen. Sie leben nur kurze Zeit. Nester auf wärmeren Standorten bringen Weibchen hervor, denn die Eier werden hier befruchtet (diploide Zygote). Der Reichtum dieser Frühjahrseier an Polplasma setzt eine Entwicklung zu neuen Königinnen in Gang. Dabei spielt aber auch eine besondere Fütterung der eierlegenden Königin eine Rolle. Die Jungköniginnen werden größer als Arbeiterinnen und haben Flügel wie Männchen. Man erkennt sie am dicken Hinterleib. Bei bestimmten Witterungsbedingungen strömen Tausende von Geschlechtstieren aus den Nestern. Treffen Königin und Männchen auf einer Nestkuppe zusammen, kann es dort zur Kopulation kommen. Der Hochzeitsflug geht zu hochgelegenen Stellen des Geländes, wie z.B. in die Wipfelregionen der Bäume oder auf einen Hügel, wo sich die Geschlechtstiere aus verschiedenen Nestern treffen. Dadurch wird nicht nur Inzucht vermieden, sondern auch die Verbreitung gefördert. Durch wiederholte Begattung kann es ein Weibchen beim Hochzeitsflug auf einige Hundert Millionen Spermien bringen, die dann für ein bis zwei Jahrzehnte Lebensdauer ausreichen. Eine Königin kann in einer Brutperiode in polygynen Nestern etwa 15 bis 20 Eier pro Tag legen. Sie wird dabei ständig von Arbeiterinnen umsorgt, die sie füttern, säubern und ihr die Eier abnehmen. Da die Arbeiterinnen ausschließlich im Frühjahr in ihren Labialdrüsen Futter für die Larven entwickeln, entsteht nur in dieser Zeit die Geschlechtsbrut. Bei späteren Brutperioden füttern sie aus dem Magen. Deshalb können sich aus diesen befruchteten Eiern nur noch Arbeiterinnen entwickeln. Auf welche Weise die Differenzierung der Arbeiterinnen in Innen- und Außendienst, Wächter, Bauarbeiterinnen und Sammlerinnen erfolgt und wie lange derartige Tätigkeiten beibehalten werden , ist noch weitgehend unbekannt. © FWU Institut für Film und Bild 42 01635 Der Ameisenstaat: Die Brutbiologie der Kleinen Roten Waldameise Seite 3/4 Die Brutfürsorge Die Eier sind 0.61 bis 0,73 mm lang, walzenförmig und mit einer chitinigen Hülle umgeben. Zur Eiablage streckt sich die Königin und hebt ihren Hinterkörper etwas an. Eine Arbeiterin betastet ihn mit ihren Fühlern, nimmt das austretende Ei mit den Mandibeln ab, beleckt es und trägt es zum Eilager. Dies alles findet in den tieferen Regionen des Nestes statt. Die Eier werden bei hoher Luftfeuchtigkeit und Temperaturen von 21 bis 25°C gelagert. Durch Belecken und Einspeicheln bleiben sie feucht und klumpen zusammen. Aufgrund der wechselnden klimatischen Bedingungen in den verschiedenen Bereichen des Nestes müssen die Eier häufig umgelagert werden. Nach etwa zehn Tagen schlüpft die madenförmige Larve. Ähnlich wie das Ei wird sie feucht gehalten, mit den Mandibeln vorsichtig aufgenommen und an die für sie jeweils optimalen Lagerungsplätze im Nest getragen. Zur Fütterung werden ihrer Mundöffnung immer wieder Nahrungstropfen zugeführt. Innerhalb von 14 Tagen häutet sie sich mehrmals und wächst dabei zur vollen Größe heran. Dann spinnt sich die Made in einen Puppenkokon ein. (Die Spinndrüse hat ihren Ausführgang an der Unterlippe der Larve.) Auch der Puppenkokon muss nun ständig gewartet und umgelagert werden. Noch tagelang werden die honiggelben Jungtiere versorgt. Jedes Entwicklungsstadium benötigt sein spezifisches Mikroklima: Eiablage: 20 bis 22°C, Eientwicklung: 20 bis 25°C, Junglarve: 25 bis 28°C, Altlarve: 28 bis 30°C, Puppe: 29 bis 31°C. Entsprechend den Temperaturgradienten ergibt sich daraus im Nest die bekannte Schichtung von unten nach oben. Die Puppen lagern bei ihrem Bedürfnis nach großer Wärme und Lufttrockenheit häufig direkt unter der Deckschicht der Nestkuppe. Dort fallen sie jedoch auch am leichtesten Räubern, wie z.B. Spechten oder Menschen (die sie als Fischfutter einsammeln), zum Opfer. Sind nach langen Regenperioden die oberen Neststockwerke durchfeuchtet und abgekühlt, werden die Puppen bei den erste Sonnenstrahlen für kurze Zeit zum Trocknen und Erwärmen nach außen getragen. Dieses Sonnen der Puppen wird im Film nicht gezeigt. Zur Verwendung Die Filme „Der Ameisenstaat – Das Jahr der Kleinen Roten Waldameise“ und „Der Ameisenstaat – Die Brutbiologie der Kleinen Roten Waldameise“ ergänzen sich gegenseitig, sind aber auch einzeln als in sich geschlossene Einheiten zu verwenden. Der vorliegende Film vermittelt einen Einblick in die Brutpflege: Füttern der Larven und der Königinnen; Umlagern der Eier, Larven und Puppen zum Schutz vor Verpilzungen. Er zeigt, wie gut organisiert der Ameisenstaat ist (Instinktverhalten, optimale Temperatur und Feuchtigkeit für die Entwicklung der einzelnen Stadien). Er informiert über den Sinn von starren, angeborenen Verhaltensweisen und Informationsmustern. Durch seine Bilder ermöglicht der Film einen emotionalen Zugang zu der uns sonst verborgenen Welt im Innern eines Ameisennestes. Auf diese Weise motiviert er zum Schutz von Ameisen und ihren Nestern. Produktion Helmuth Barth Filmproduktion, Sulmingen, im Auftrag des FWU Institut für Film und Bild, 1986 (16-mm-Film 32 03721 / VHS 1993) Buch, Regie und Kamera Helmuth Barth Fachberatung Prof. Dr. Daniel Cherix © FWU Institut für Film und Bild Seite 4/4 42 01635 Der Ameisenstaat: Die Brutbiologie der Kleinen Roten Waldameise Begleitkarte StD Hubert Schmidt Pädagogischer Referent im FWU Marion Barthold Verleih durch Landes-, Kreis- und Stadtbildstellen/Medienzentren Verkauf durch FWU Institut für Film und Bild, Grünwald Nur Bildstellen/Medienzentren: öV zulässig © 1993 FWU Institut für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht gemeinnützige GmbH Geiselgasteig Bavariafilmplatz 3 D-82031 Grünwald Telefon (089) 6497-1 Telefax (089) 6497-300 E-Mail [email protected] [email protected] Internet http://www.fwu.de © FWU Institut für Film und Bild