Astronomische Beobachtungstechniken und -instrumente WS 06/07 G. Wiedemann 6. November 2006 Heute Nützliches und Wichtiges zu Teleskopen .... Rauschen Grundlagen Detektoren Spektroskopie WS0607 Beob 2 Teleskope : wie und wozu ? Teleskope: vergrössern optisch astronomische Objekte sind i.d.R. sehr weit entfernt: von jedem Punkt kommt ein kollimierter Lichtstrahl wird vom Objektiv (Linse, Hauptspiegel) zu einem Bild gebracht Prismenferngläser nützen anamorphischen Effekt aus reelles oder virtuelles Bild für 1/f=1/b+ 1/g gleichwertig Teleskope mit virtuellen Zwischenbildern meist kompakter reelle Zwischenabbildungen erlauben Blenden! (A und Ω ) A: Limitierung auf Teleskopspiegel Ω : Limitierung des Gesichtsfeld Limitierung: zur Unterdrückung von Streulicht oder thermischem Hintergrund WS0607 Beob 3 Wozu brauchen wir Teleskope ? Teleskope: vergrössern optisch Vergrösserung: m = f1/f2 = D1/D2 Probleme beim 'Schauen durch ein großes Teleskop' WS0607 Beob 4 WS0607 Beob f1/f2 = D1/D2 5 Wozu brauchen wir Teleskope ? Teleskope: vergrössern optisch Auflösungsvermögen: ∆ Φ ∼ λ / D, beugungsbegrenzt seeing dominiert i.d.R bei großen Teleskopen gutes Fernglas oft besser Étendueerhaltung ' Lichtmenge' ~ A Ω Étendue ('extent', aber engl. 'grasp', oft 'Eyoméga') A Ω const Phasenraumdichte =const = A: Teleskopfläche; Ω : Öffnungswinkel Étendueerhaltung gilt in jeder Dimension DΦ = const = s f# Strahlkomprimierung ist mit größerer Divergenz verbunden Bei optischem Design z.B. FP zu beachten WS0607 Beob erlaubt Berechnung der Bildgröße, Abbildungsmaßstab 6 Wozu brauchen wir Teleskope ? Berechnung des notwendigen Strahldurchmessers (Grösse der Optik!) in Abh. von D und FOV DΦ = const Bei gegebenem FOV und Abbildungsmaßstab skaliert die Größe der Optik (d oder f#) mit DTel Berechnung des Abbildungsmaßstabes: [arcsec / pixel oder “/mm] Φ /s= f# / D ( = 1 / FL) z.B. OLT mit CCD: D= 1.2 m , FL = 15.6 m, f# =1/13, 24 µ m Pixel ergibt 0.32 arcsec pro pixel, äquiv. 3 pix pro “ 'sampling' WS0607 Beob 7 Wozu brauchen wir Teleskope Ergänzung FOV ? FOV = FOV pro pixel ? x Zahl der Pixel OLT 1024 px x 0.32 arcsec/px = 5 arcmin x 5 arcmin (Mond?) FOV limitiert durch Qualität der opt. Abbildung Beim Entwurf optischer Systeme sind meist Kompromisse zu machen: Auflösung vs FOV, $$ Komplikation: unterschiedliche Bedingungen, z.B. Seeing Ausweg (?): Wechseloptik schlecht für Zuverlässigkeit, Kryo-Betrieb etc. WS0607 Beob 8 1.7 % WS0607 Beob 9 Wozu brauchen wir Teleskope ? 1. Teleskope vergrößern 2. Teleskope sammeln viel Licht wichtige Grösse: Signal/Rauschen :S/N Störende Einflüsse, Streulicht etc. Rauschen Lichtsammelfläche zielt auf Signal wichtig für lichtschwache Objekte wichtig für helle Objekte (wenn grosse Störeinflüsse oder sehr hohe Messgenauigkeit, S/N erforderlich ist) WS0607 Beob Planeten neben Sternen, RV-Messungen, Transitlichtkurven 10 Rauschen Signal-zu-Rauschen Güte einer Messung ~ S/N (signal-to-noise) Rauschen: Fluktuationen im Signal statistisch, nicht reproduzierbar Minimalforderung 3σ , Signal über dem Rauschpegel S/N = S / (SR2 + RBG2+ RON S/N= Psig * t 1/2 / NEP + Rdark2 + Rsys2)1/2 später mehr unterschiedliche Zeitabhängigkeiten 1/2 Strahlungsrauschen: SR ~ S1/2, limit S/N ~N phot ∆ n~n Ziel: Rauschen reduzieren WS0607 Beob 2 ½ allgemeingültig für unabhängige Ereignisse Wenn es aber trotzdem zuviel Rauschen gibt: 11 WS0607 Beob 12 Abhilfen Rauschen abgewöhnen oft an den Grenzen wegen technischer Schwierigkeiten (CCD Messungen : wenige Signalelektronen pro Stunde!) Dark current: Kühlung bis d/dT =0; bei BG unmöglich fundamentales Limit: Fluktuationen im Signal d. Quelle Emission von Photonen = statistischer Prozess, (Bose) mehr Signal ? Quelle heller machen: geht nur im Labor näher zur Quelle : keine Option längere Belichtungszeit: ineffektiv wg t1/2, 1h -1n Grenze (mehrere Teleskope + Ins.) ?? Andere λ ! ; größeres Teleskop! WS0607 Beob 13 Wozu braucht Astronomie Detektoren? (und wieso wird genauso viel Geld für ihre Entwicklung und Konstruktion ausgegeben) Detektoren wandeln Licht in elektrische Signale um besser als das menschliche Auge in allen Wellenlängenbereichen mit vielen Bildpunkten ('Megapixel'), 'Arrays' mit geringen Störungen integrierend Kosten für Detektor und Datenakquisitions-HW sind vergleichbar mit Instrument WS0607 Beob 14 Detektoren: nicht nur CCD arrays Wide Field Imager (WFI) @ ESO 2.2m: 8 CCDs á 2k x 4k, d.h. insgesamt 8k x 8k, d.h. 64 Millionen Pixel! Grössere CCDs nicht sinnvoll wg. CTE Preis: ≈1 Cent pro Pixel (+ controller) 8 FIERA controllers => Auslesezeit nur ca. 20 Sekunden! WS0607 Beob 15 OmegaCam @ VST WS0607 Beob The OmegaCAM mosaic with its 32 2k*4k CCDs (pixel size: 15 16μm) Infrarotdetektoren Nahinfrarot mittleres IR , Wärmebilddetektoren FernIR exotische ... QWIP (nicht mehr sehr exotisch), STJ, E-auflösende CCD, InGaAs, InSb, µ Bol vorhanden WS0607 Beob 17 .. und andere Detektoren UV: ~ wie optisch x-ray: CCD γ -ray, ν : andere WS0607 Beob 18 Back to the Grundlagen: Informationsträger Axionen Gravitationswellen Neutrinos Teilchen Festkörper (Staub; Materie, z.B. Meteoriten) elektromagnetische Strahlung VorlBeob WS06/07 19 Informationsträger Axionen, (die zukünftigen Stars der Astrophysik?) in der Elementarteilchenphysik postuliert schon für viele Prozesse im Kosmos verantwortlich gemacht schwer nachzuweisen erste experimentelle Hinweise führen zu Entdeckungsversuchen B-Feld benötigt Experiment am DESY in Vorbereitung, StWB Mitwirkung Stud. Mitarbeit.... VorlBeob WS06/07 20 Informationsträger Gravitationswellen AR: Beschleunigte Massen erzeugen Gravitationswellen analog zu EM-Wellenerzeugung durch beschleunigte elektrische Ladungen Entdeckung: über Beschleunigung von Probemassen Indizienbeweise: Änderung von Periodizitäten vereinbar mit Energieverlust durch Gravitationswellen VorlBeob WS06/07 21 Resonante Detektion Webersche Aluminium-Zylinder Resonant bei 1.6 kHz = erwarteter Peak in Energieverteilung bei SN-Kollaps Empfindlichkeit: 10−15 Im Mittel ca. 1 Signal pro Jahr detektiert, aber konnte von anderen Gruppen nicht reproduziert werden Unwahrscheinlich, dass so starke Signale existieren (s.o.). WS0607 Beob 22 Informationsträger Neutrinos 1930 von W. Pauli postuliert 1956 erstmalig entdeckt SN 1987 A: 3 Neutrinos heute etabliert aber kaum direkte industrielle Anwendungen VorlBeob WS06/07 23 Informationsträger Teilchen mit m ≠ 0 e-, p, n, (Sonnenwind) v= x00 km/sec : Lokalnachrichten VorlBeob WS06/07 24 Informationsträger Materie Staub, Festkörper Kometenmaterie Meteoriten Mondgestein VorlBeob WS06/07 25 Informationsträger Testfrage: Welcher Informationsträger war das? VorlBeob WS06/07 26 Elektromagnetische Strahlung fast alle astronomisch wichtige Information kommt über EM Strahlung Dualität Wellencharakter : Interferenz Teilchencharakter: photoelektrischer Effekt beide Aspekte wichtig für die Beobachtung VorlBeob WS06/07 Spektroskopie: Wellenlängenmessung Detektion mit Bolometer : Energie hc/λ Detektion mit Photoleiter: WW hν mit e- 27 Elektromagnetische Strahlung EM – Strahlung: gekoppelte elektrische und magnetische Felder Beschreibung durch Maxwell-Gleichungen Prüfung: “Wie alle Felder werden natürlich auch e.-mag. Felder durch Quellen und Wirbel beschrieben“ Divergenz und Rotation Keine Ladungen und Ströme : -> Wellengleichungen Ausbreitungsgeschwindigkeit = c Photonenruhemasse 0 Wichtig für Diplomprüfung E-dynamik Bau von astronomischen Instrumenten VorlBeob WS06/07 28 Elektromagnetische Strahlung Für Wellen gilt c = λ ν für EM Wellen im Vakuum gilt: c = Lichtgeschwindigkeit ν in Hz (Hertz = sec-1) λ in cm, nm, m , 1 Å = 0.1 nm Laserphysik, IR Spektroskopie : 1 Wellenzahl = 1 Kayser = 1 cm-1, ν ∼ = 1/ λ , wichtig im IR 1µ m entspricht 10000 cm-1 10 µ m entspricht 1000 cm-1 VorlBeob WS06/07 29 Messbare Grössen: alle wichtig! Strahlungsstrom S VorlBeob WS06/07 30 Das elektromagnetische Spektrum: Definition der Wellenlängenbereiche λ E Anmerkung: In Astronomie Bezeichnungen der Wellenlängenbereiche nicht immer identisch mit Lehrbuchkategorien; Übergänge oft durch instrumentelle Bedingungen gegeben (Detektoren; Reflektivität und Transmissivität optischer Elemente, etc.). Beispiel: 780-1000nm früher Nahinfrarot, heute optisch. VorlBeob WS06/07 31 Das ans Sichtbare grenzende EMSpektrum Nah-IR Infrarot 780 nm: für das Auge nicht mehr sichtbar 1.1 µ m : Si-CCD Grenze 2.5 µ m (5 µ m): Atmosphäre, Thermische Strahlung, HgCdTe(= MCT) Detektoren UV 300 nm : Atmosphärengrenze 380 nm: Augenempfindlichkeit VorlBeob WS06/07 32 Empfindlichkeitsbereiche von Detektoren: Si CCD (0.x – 1.1 µ m), Ge-CCD ? InGaAs 0.9 – 1-7 µ m, ungekühlt HgCdTe 1-2.5 µ m 273 – 77K InSb 1-5 µ m, 30 K Si:As 3-28 µ m Mikrobolometer 7 – 14 µ m ungekühlt Photoemulsion VorlBeob WS06/07 33 Das elektromagnetische Spektrum: Definition der Wellenlängenbereiche überall Astronomie, 'sichtbarer' Bereich klein, aber wichtig: (stellar)astronomisch und beobachtungstechnisch VorlBeob WS06/07 34 Absorption durch die Erdatmosphäre h: Höhe, in der eintreffende Strahlung um 50% geschwächt ist. Testfragen: x-ray Astronomie, γ , FIR, NIR, Radio, Ballon, HE vom Boden? VorlBeob WS06/07 35 Einige astrophysikalische Grundlagen Leuchtkraft und Helligkeit Strahlungsrauschen Grenzen der Beobachtbarkeit Auswirkungen der Erdatmosphäre Weltraumteleskope VorlBeob WS06/07 36 Helligkeit etc LEUCHTKRAFT: Die gesamte ausgestrahlte Energie pro Zeiteinheit Glühbirne: 100 W Sonne: 4*1026W Sonne in 10 pc Entfernung : ? VorlBeob WS06/07 37 Helligkeit etc Spektralverteilung: Die gesamte Abstrahlung ist i.d.R. über viele Wellenlänge kontinuierlich verteilt: Spektrum wichtiger Fall : Planckverteilung : Intensität (λ -spezifisch) durch nur 1 Parameter charakterisiert: T Planckfunktion gibt die pro Zeitintervall, Fläche, Raumwinkelelement und Spektralelement abgestrahlte Energie VorlBeob WS06/07 38 Helligkeit etc:Gesamtintensität kugelsymmetrische Strahlungsquelle mit Radius R, z.B. Hohlraumstrahler (schwarzer Körper) mit Temperatur T. Intensität I: I =B T =∫ B ν T dν ist Mass für die abgestrahlte Leistung pro Fläche und Raumwinkel. Für reale Objekte ist I = I (θ ,φ). VorlBeob WS06/07 39 Leuchtkraft und Strahlungsstrom(fluss, 'flux') Durch Integration über θ ,φ „nach aussen“ erhält man die Oberfächenhelligkeit (Strahlungsfluss an der OF) π /2 2π 4 F = ∫ ∫ I dθ dφ=π B T =σ T . 0 0 Integration über die Oberfläche liefert die Gesamtstrahlungsleistung (Leuchtkraft): 2 2 L=4π R F =4π R σ VorlBeob WS06/07 T und Teff 4 T eff . 40 Leuchtkraft und Strahlungsstrom Ein Beobachter in Entfernung r misst den Strahlungsstrom S (engl. flux): 2 L R S= =F =I dω. 2 2 4π r r θ θ Gleichungen genauso gültig für monochromatische Grössen. Verknüpfung von Sν und Sλ : c S ν dν=S λ dλ und λ= . ν VorlBeob WS06/07 41 Einheiten Jansky VorlBeob WS06/07 42 Die astronomische Magnitudenskala Neben Strahlungsstrom ist ein zweites System gebräuchlich, vor allem in der optischen Astronomie. Geht zurück auf Hipparch: hellste Sterne = 1. Grösse (<=> Magnitude oder kurz „mag“); schwächste = 6. Grösse. Physiologische Rechtfertigung: Auge hat „logarithmische Wahrnehmungsskala“. D.h. konstante Verhältnisse S1/S2 => Differenzen m1−m2. Definition: m1 −m2 =−2 .5×log 10 S1 S2 S1 −0 . 4 m 1−m2 =10 S2 Die magnitude ist als log eines Verhältnisses definiert: dimensionslose Grösse! VorlBeob WS06/07 43 Die astronomische Magnitudenskala Die magnitude ist als log eines Verhältnisses definiert: Der Nullpunkt der Skala muss festgelegt werden Nullpunkt der Magnitudenskala per Konvention: Für α Lyrae (Wega) gilt m ≡ 0. (V)Wega: α = 18h36m56.3, δ = 38d47m01.3 ÜA: wo finde ich was? und wann? 5 mag entsprechen Faktor 100 D.h. m = 25 mag bedeutet, dass Strahlungsstrom um den Faktor 10−0.4 × 25 = 10−10 geringer ist als der von Wega. VorlBeob WS06/07 44 Beispiel für Schätzung von Photonenströmen VorlBeob WS06/07 45 Photonenzahl Umrechnung von Strahlungsstrom in Anzahl Quanten pro Fläche und Zeiteinheit (=> Photonenstrom Γ ): S Sλ Γ= = hν hc Beispiel: Quelle mit Sλ = 2 × 10−20 W m−2 nm−1 im visuellen Spektralbereich (entspricht etwa V = 23 mag). Photonenenergie bei λ = 500nm: hν ≈ 2 eV = 4 × 10−19 J. => Photonenstrom: Γ λ=0 . 05 s −1 −2 m −1 nm Grenze für: kleine Tel., kurze Belichtungen, hohe λ -Auflösung VorlBeob WS06/07 46 Beispiel für Schätzung von Photonenströmen Vorsicht!: Intensitätsskala oft in ADU angegeben Umrechnungsfaktor e- / ADU notwendig! VorlBeob WS06/07 47 Beispiel für Schätzung eines Photonenstroms VorlBeob WS06/07 Definition der ROI ! 48 Photonenzahl Beispiel: Beobachtung mit dem ESO 2.2m-Teleskop; Filter 450−550nm, CCD-Detektor und Kamera haben zusammen ca. 50% Quantenausbeute. Dann werden im Mittel (!) pro Sekunde k =0 .05×π 1 .1 2 ×100×0 .5≈10 Photonen registriert. Für gegebenen Strahlungsstrom: Je höher die Frequenz (E pro Photon) , desto kleiner die Photonenzahl: IR Vorteil mit Quantendetektoren! im Röntgenbereich ist Registrierung einzelner Photonen der Normalfall! Im MIR ist Breitband Imaging bei 108-10 Phot/sec schwierig VorlBeob WS06/07 49 Wie sähe das im MIR aus? Demo bald! VorlBeob WS06/07 50 Grenzen der Beobachtbarkeit von: Positionen Bildschärfe Helligkeiten Spektralverteilungen Timing VorlBeob WS06/07 51 Grenzen der Beobachtbarkeit Die Genauigkeit von astronomischen Beobachtungen werden begrenzt durch: Umgebungseinflüsse: Absorption und Turbulenz in der Atmosphäre; Streustrahlung unerwünschter Quellen (siehe nächster Abschnitt), Thermische Emission Technische Limits: Z.B. Auflösungsvermögen der Apertur; Verfügbarkeit geeigneter Detektoren; begrenzte Genauigkeit in der Kalibration instrumenteller Effekte (z.B. Flatfields); Verstärkung und Diskretisierung des Signals (z.B. Ausleserauschen eines CCDs). Mehr dazu u.a. in der Vorlesung über Detektoren. Fundamentales Limit: Statistische Fluktuationen im Strahlungsfeld. VorlBeob WS06/07 52 Poisson-Modell für Quantenrauschen Betrachte Urne mit Ns schwarzen und Nw weissen Kugeln. Gesamtzahl der Kugeln sei N. A-priori-Wahrscheinlichkeit für das Ziehen einer schwarzen Kugel ist somit p= NS N = NS N S N W Wie gross ist die Wahrscheinlichkeit, dass beim Ziehen von n Kugeln k schwarz sind? Antwort: Binomialverteilung! n−k n k p k ∣n = p 1− p k Erwartungswert: 〈 k 〉 =n⋅p Varianz: σ 2k =np 1− p VorlBeob WS06/07 Rest in WEB version 53 Auswirkungen der Erdatmosphäre Absorption, Streuung Emission thermisch nicht-thermisch ('airglow) Refraktion Szintillation VorlBeob WS06/07 54 Absorption und Streuung Streuung an Wasserdampf: Für Tröpfchengrösse a >> λ unabhängig von Wellenlänge => Wolken Elektronische Übergänge und Ionisation von Luftmolekülen: Relevant für λ < 320 nm => Atmosphäre völlig undurchsichtig für UV- und Röntgenstrahlung Anregung von Rotations- und Schwingungsübergängen: Vor allem H2O, CO2. Relevant für IR-Bereich. Streuung an Luftmolekülen: Für simple 2-atomige Moleküle ist Streuquerschnitt σ ~λ -4 (Rayleigh-Streuung); relevant für optischen Bereich. => Atmosphärische Extinktion, am stärksten in nahem UV (=> blauer Taghimmel, roter Sonnenuntergang)..Demo? Beob. Absorption durch freie Elektronen: Für Wellenlängen > 30m (ν < 10 MHz) ist Ionosphäre total reflektierend. Genaue Frequenzgrenze abhängig von Elektronendichte, d.h. variabel mit Tag/Nacht und Sonnenaktivität. VorlBeob WS06/07 55 Airmass (Luftmaß?) Wegen Absorption durch Erdatmosphäre hängen beobachtete Strahlungs– bzw. Photonenströme von der Weglänge durch die Erdatmosphäre ab => airmass. Beobachtete Grössen werden daher auf Zenitdistanz z = 0° normiert. Lichtquelle (z.B. Stern) Erdatmosphäre Planparalle Näherung, gültig für kleine z siehe ÜA : 1 airmass≡ X ≈ =sec z VorlBeob WS06/07 cos z 56 Streuung Im visuellen Spektralbereich(!): Tageshimmel dominiert durch gestreutes Sonnenlicht. Konsequenz: Beobachtungen (meist) nur auf der Nachtseite möglich! Ausnahme: helle Sterne, z.B. für Zeitbestimmung Welche Objekte befinden sich wo zu gegebener Jahreszeit? ÜA Objekte 'gegenüber der Sonne', in RA stehen um Mitternacht am höchsten, sind am längsten beobachtbar VorlBeob WS06/07 57 Emission/visueller Bereich Nachthimmel ist nicht völlig dunkel: Streuung terrestrischer Quellen (Stadtlicht, etc.) gestreutes Mondlicht Emissionslinien aus Hochatmosphäre, angeregt vor allem durch Sonnenwind (OH airglow, vor allem im IR) (Lichtquelle für Nachtsichtgeräte) Die entsprechenden Photonen müssen aus den Beobachtungenherausreduziert werden. Das Rauschen kann nicht weggerechnet werden! Beides vermindert die Messgenauigkeit. Poissonstatistik mit Beitrag des Himmels: VorlBeob WS06/07 Γ ∝k Q ± k Q 2⋅k H k Q : Anzahl Photonen von der beobachteten Quelle k H : Anzahl Photonen vom Himmel 58 Helligkeit des Nachthimmels bei optischen Wellenlängen Typische Werte für Helligkeit des Nachthimmels an dunklen Standorten (z.B. Chile): Helligkeit des Nachthimmels [mag arcsec–2] Tage nach U Neumond B V R I 0 22.0 22.7 21.8 20.9 19.9 3 21.5 22.4 21.7 20.8 19.9 7 19.9 21.6 21.4 20.6 19.7 10 18.5 20.7 20.7 20.3 19.5 14 17.0 19.5 20.0 19.9 19.2 VorlBeob WS06/07 59 Helligkeit des Nachthimmels bei optischen Wellenlängen Typische Werte für Helligkeit des Nachthimmels an dunklen Standorten (z.B. Chile): Helligkeit des Nachthimmels [mag arcsec–2] Tage nach U Neumond B V R I 0 22.0 22.7 21.8 20.9 19.9 3 21.5 22.4 21.7 20.8 19.9 7 19.9 21.6 21.4 20.6 19.7 10 18.5 20.7 20.7 20.3 19.5 14 17.0 19.5 20.0 19.9 19.2 VorlBeob WS06/07 60 Konsequenzen Beispiel: Photometrie Ein Stern habe eine Helligkeit von V = 20.0 mag Seeing = 0.56 arcsec FWHM (wieso ist das wichtig?) Radius der Apertur, über die integriert wird, sei FWHM des Seeing-Profils Dann ist Helligkeit des Himmels innerhalb der Apertur bei Vollmond 20.0 mag => Innerhalb einer gegebenen Zeit werden genau so viele Photonen von der Quelle detektiert wie vom Himmel! ⇒ Reduzierung der Messgenauigkeit VorlBeob WS06/07 61 Konsequenzen II mehr Arbeit beim Einreichen eines Beobachtungszeitantrags: 'dark time' reserviert für FOC, FOS, Extragalaktik Begründung des gewünschten Zeitraums erforderlich VorlBeob WS06/07 62 Emission/Infrarot Thermische Eigenemission der Atmosphäre relevant. Wegen T ≈300K ist λ max≈ 10µ m, steiler Abfall zu kürzeren λ , wird irrelevant für λ < 2µ m (Spektroskopie ca 1.7 µ m) Dieser Unterschied ist von großer technischer und $$ Bedeutung ! (Entspricht Übergang NIR -> mittleres IR; auch thermisches IR genannt.) Im mittleren IR: Himmel ist immer 'hell', Sonnenstreulicht irrelevant (da λ max≈ 500nm) => Tagesbeobachtungen ohne Einschränkungen möglich. (Nein!, Sonne und seeing) (KPNOG) Spezielle Beobachtungstechniken erforderlich zur genauen Himmelserfassung und –subtraktion. Signaldetektion mit kQ VorlBeob WS06/07 63 ≈ 10-4 kH möglich! Refraktion Brechungsindex von Luft ≠ 1 (typisch: nL ≈ 1.0003). Richtungsänderung von Lichtstrahlen nach Brechungsgesetz: sin z 0=n L sin z ⇒ z 0 −z≈ n L −1 tan z 0 z .B .: z 0 −z≈1' für z 0 =45° in Näherung planparalleler Atmosphäre und für kleine Zenitdistanzen z. Einfach zu merkende Näherung: z 0 −z =tan z [ arcmin ] VorlBeob WS06/07 64 Differentielle Refraktion Refraktion wellenlängenabhängig, d.h. nL = nL (λ )! => differentielle Refraktion. Konsequenzen: Bei Abbildungen mit breiter Wellenlängenüberdeckung verschmiert das Bild senkrecht zum Horizont. Bei Spektroskopie ist Zentrierung des Objekts im Spalt wellenlängenabhängig! Bei grosser Zenitdistanz dramatisch... VorlBeob WS06/07 65 Differentielle Refraktion z = 25° z = 34° z = 44° VorlBeob WS06/07 66 Differentielle Refraktion Bei Spaltspektroskopie (Was ist das, FOV?) : Spalt senkrecht zum Horizont, d.h. nach dem parallaktischen Winkel, ausrichten. Rotes Bild des Sterns Blaues Bild des Sterns Spaltausrichtung Nord-Süd VorlBeob WS06/07 Spalt im parallaktischen Winkel 67 Differentielle Refraktion Änderung d. parallaktischen Winkels mit dem Stundenwinkel: VorlBeob WS06/07 => Bei Spektroskopie ist es in der Regel vorteilhaft, Objekte nicht im Meridian zu beobachten, weil sich dort der parallaktische Winkel am schnellsten ändert. Besser ist es, bei einem Stundenwinkel von 2-3 Stunden zu beobachten. 68 Def. Positionswinkel „Von Norden über Osten“ VorlBeob WS06/07 69 Szintillation und Seeing Man unterscheidet: Richtungs-Szintillation (oder Seeing). Ursache: Brechungsindex von Luft ist nicht räumlich konstant, wg. Turbulenzen in Erdatmosphäre. Folge: Ursprünglich planparallele Wellenfronten erreichen das Teleskop aus unterschiedlichen Richtungen. Beispiel für ähnlichen Effekt: Flimmernde Luft über heissem Asphalt. Kann nicht nur in hohen Luftschichten, sondern auch in Bodennähe oder sogar im Teleskopgebäude entstehen (=> „Dome seeing“) Intensitäts-Szintillation (oder einfach Szintillation). Entsteht durch Dichtefluktuationen. VorlBeob WS06/07 70 Seeing Folge der Richtungs-Szintillation (<=> Seeing): Punktquellen werden zu „Seeing-Scheibchen“ verschmiert. Zentraler Bereich kann i.d.R. gut durch Gaussfunktion modelliert werden; Flügel aber breiter (=> Moffat-Funktion) VorlBeob WS06/07 71 Typische Seeing-Werte Calar Alto VorlBeob WS06/07 Paranal 72 Seeing und Winkelauflösung Folge des Seeings: Räumliches Auflösungsvermögen von optischen bodengebundenen Teleskopen ab ca. 1m begrenzt durch Seeing, nicht durch Apertur! VorlBeob WS06/07 73 Szintillation Folge der Intensitäts-Szintillation: Sehr kurze Belichtungszeiten (t < 1 Sekunde) nicht sinnvoll für Photometrie oder Spektrophotometrie, weil Messung möglicher Weise systematisch verfälscht. VorlBeob WS06/07 74 Astronomische Beobachtungen ausserhalb der Erdatmosphäre Wenn Erdatmosphäre so viele Probleme mit sich bringt, warum dann nicht vom Weltraum aus beobachten? Weltraumteleskope sind extrem teuer! Beispiel: HST (d=2.4m, Fläche=4.5m2) hat 1.5 Milliarden US-$ gekostet (ohne COSTAR), d.h. ca. 300 Mio. Euro pro m2 Spiegelfläche; ESO-VLT (d=4x8.2m, Fläche=211m2) „nur“ 0.5 Milliarden Euro, d.h. 2.4 Mio Euro pro m2 Spiegelfläche! Wartung (in der Regel) nicht möglich Eine der wenigen Ausnahmen ist HST (COSTAR; Service Missions) VorlBeob WS06/07 75 Astronomische Beobachtungen ausserhalb der Erdatmosphäre Einige historische Meilensteine: 1949 Detektion solarer Röntgenstrahlung (V2-Rakete; Friedmann) 1962 Entdeckung von Scorpius X-1 (Aerobee rocket; Giacconi) 1970 UHURU: Erster Röntgen-Satellit 1978 International Ultraviolet Explorer (IUE): UV-Spektroskopie 1990 ROSAT: Erste vollständige Himmelsdurchmusterung im Röntgenbereich 1990 Hubble Space Telescope (HST) VorlBeob WS06/07 76 ENDE VorlBeob WS06/07 77 Aerobee-Rakete mit Röntgendetektor VorlBeob WS06/07 78 ROSAT VorlBeob WS06/07 79 Hubble Space Telescope VorlBeob WS06/07 80 Lichtverschmutzung VorlBeob WS06/07 81 HimmelsEmissionsspektrum VorlBeob WS06/07 m(AB) = –2.5 log (f) – 48.60, where f is in cgs units, i.e., erg s–1 cm–2 Hz–1 82 Poisson-Modell für Quantenrauschen Wenn n sehr gross, p sehr klein, aber np = a = const., geht Binomialverteilung über in Poissonverteilung: k −a a e k! Erwartungswert: 〈 k 〉 =a Varianz: σ 2k =a p k ∣n = VorlBeob WS06/07 83 Poisson-Modell für Quantenrauschen Umgekehrte Frage: Die unbekannte sei p, und sie soll mit n Ziehungen „gemessen“ werden. k gezogene Kugeln seien schwarz. Dann ist a k ± k p= ≈ n n Detektion von Photonen ist ähnliches Problem. VorlBeob WS06/07 84 Poisson-Modell für Quantenrauschen Beobachtungen im Urnenmodell: Belichtungszeit t sei unterteilt in n Abschnitte Δt « t. Wenn Δt klein genug ist, gibt es für jeden Abschnitt nur zwei Zustände: „Photon registriert“, oder „kein Photon registriert“. Insgesamt werden k Photonen innerhalb von t registriert. Für den Photonenstrom folgt somit: k k± k Γ≈ = n Δt t Zu beachten: k/t ist nur eine Schätzung für Γ ! D.h. erst für t → ∞ geht k/t → Γ . VorlBeob WS06/07 85 Photonenrauschen VorlBeob WS06/07 86