Ludwig-Maximilians-Universität München Executive-Studiengang Philosophie Politik Wirtschaft Masterthesis Das Coaching von Führungskräften – ein Baustein zur Umsetzung von Unternehmensethik Eingereicht von: Andreas Burnhauser Maximiliansplatz 12 B 80333 München Tel. 089/24 28 91 52 (Büro) E-Mail: [email protected] Matrikel-Nr. 35905096 Betreut durch: Prof. Dr. Marina Fiedler Lehrstuhl für Management, Personal und Information Universität Passau München, den 25.05.2012 II INHALTSVERZEICHNIS Abbildungsverzeichnis IV Anhangsverzeichnis V Abkürzungsverzeichnis VI 1 2 Einleitung 1 1.1 Problemstellung 1 1.2 Aufbau 3 Begriffserklärung und Abgrenzung 3 2.1 Unternehmensethik 4 2.1.1 Unternehmensethik als Teil der Wirtschaftsethik 4 2.1.2 Handlungsethik 9 2.2 2.3 2.4 3 Bausteine eines Ethik-/Wertemanagements 10 2.2.1 Corporate Governance 11 2.2.2 Corporate Compliance 15 2.2.3 Code of Conduct/Code of Ethics 17 2.2.4 Corporate Social Responsibility 20 Coaching 23 2.3.1 Der Gegenstand des Coaching 24 2.3.2 Die Person des Coachs 25 2.3.3 Die Herangehensweise beim Coaching 26 Coaching als ein weiterer Baustein eines Ethik-/Wertemanagements 27 Auswirkungen des Coaching 29 3.1 Weiterentwicklung der Führungskräfte 30 3.1.1 Performance/Persönlichkeit 30 3.1.2 Effektivität/Zielerreichung 34 3.1.3 Führungsstil/-verhalten 36 3.1.4 Self-Efficacy /Selbstwahrnehmung 39 3.1.5 Lernerfolg/Fertigkeiten 41 3.1.6 Work-Life-Balance 43 3.2 Auswirkungen auf das Unternehmen 45 3.2.1 Unternehmenserfolg/-Ziele/ROI 45 3.2.2 Unternehmenskultur/-organisation 48 3.2.3 Einfluss auf Mitarbeiter 50 III 3.3 Coaching von Ethik und Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg 54 3.3.1 Ethisch-orientierter Führungsstil und Unternehmenserfolg 54 3.3.2 Ethisches Verhalten von Führungskräften und ihre Auswirkungen auf das Mitarbeiterverhalten 3.3.3 Ethische Führung und ihr Einfluss auf die Attraktivität des Unternehmens als Arbeitgeber 3.4 4 5 6 57 58 Die Bedeutung des Coaching von Führungskräften für mittlere und kleine Unternehmen 59 3.5 Zur Evaluation von Coaching 60 3.6 Diskussion der Ergebnisse 66 Erwartungen und Anforderungen an das Coaching 67 4.1 Aus der Sicht der Führungskräfte 67 4.2 Aus der Perspektive der nachgeordneten Mitarbeiter 72 4.3 In der Wahrnehmung Dritter 74 4.4 Aus dem Blickwinkel der Unternehmenseigner 74 4.5 Zusammenfassung 76 Eigenes Coachingkonzept zur Umsetzung von Unternehmensethik 77 5.1 Ethical and Mindful Leadership 78 5.2 Achtsamkeit 81 5.2.1 Achtsamkeit als heilsamer Geistesfaktor 81 5.2.2 Achtsamkeit in Forschung und Praxis 83 5.3 Implementierung des Coaching 87 5.4 Booklet des Verfassers 88 Fazit / Ausblick 90 Literaturverzeichnis 93 Anhang 100 Ehrenwörtliche Erklärung VIII IV ABBILDUNGSVERZEICHNIS Abb. 1: Abb. 2: Abb. 3: Abb. 4: Abb. 5: Abb. 6: Abb. 7: Abb. 8: Abb. 9: Abb. 10: Abb. 11 Abb. 12: Abb. 13: Abb. 14: Abb. 15: Abb. 16: Abb. 17: ‚Abb. 18: Ethiktypen (Homann und Lütge, 2005, S. 17) 4 Analysedimensionen und Anwendungsbereiche analytischer Unternehmensethik (Küpper, 2006, S. 155) 7 Modelle der Führungsorganisation (Küpper, 2006, S. 160) 12 Systemstruktur der Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensführung (Küpper, 2006, S. 164) 14 The Coaching Cube (Segers et al., 2011, S. 217) 27 Das Bezugssystem nach Levenson (Levenson, 2009, S. 108) 30 Extroversion v. introversion (Beamish, 2005, S. 140) 38 Population comparisons of the four main behavioural types (Beamish, 2005, S. 142) 38 The Basis of Cross-Cultural Competencies (Handin und Steinwedel, 2006, S. 23) 41 Perceived Impact of Coaching (McDermott et al., 2007, S. 33) 49 The realized phenomenon (Wenson, 2010, S. 610) 52 Comparison between ethical leadership and transformational, authentic, and spiritual leadership, Peus et al. (2010a, S. 201) 54 Table 4 Evaluation methodologies… (Ely et al., 2010, S. 595) 62/63 Table 5 Evaluation criteria… (Ely et al., 2010, S. 595) 63 Coaching Approaches (Feldman und Lankau, 2005, S. 839) 72 Four-quadrat Model of Emotional Intelligence, (Luckock, 2008, S. 380) 80 Sieben interdependente didaktische Lernziele (Brinkmann und Steenbuck, 2002, S. 62) 81 Prozessstufen des Wertemanagements nach Wieland (1999, S. 93) 87 V ANHANGSVERZEICHNIS Anhang 1: Auswertung Fragebogen (Stevens, 2005, S. 274, 276) Anhang 2: Übersicht Peus et al., 2010, S. 203-204 Anhang 3: Führungsstile (Kilburg und Donohue, 2011, S. 8-11) Anhang 4: Auswertung der empirischen Studien Anhang 5: Booklet des Verfassers (in Seitentasche hinterer Buchumschlag) VI ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS Abb. = Abbildung AktG = Aktiengesetz vom 06.09.1965 (BGBl. I, S. 1089), zuletzt geändert am 22.12.2011 (BGBl. I, S. 3044) AG = Aktiengesellschaft bzw. = beziehungsweise BGB = Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung vom 02.01.2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), zuletzt geändert am 15.03.2012 (BGBl. I, 2012 II, S. 178) BGH = Bundesgerichtshof BilMoG = Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz) vom 25.05.2009, BGBl. I, S. 1102 BP = British Petroleum CEO = Chief Executive Officer CSR = Corporate Social Responsibility DNWE = Deutsches Netzwerk für Wirtschaftsethik EADS = European Aeronautic Defence and Space Company, N.V. EBSCO = Name einer Datenbank et al. = lateinisch für „und andere“ EVA™ = Economic Value Added f. = folgende ff. = fort folgende GmbH = Gesellschaft mit beschränkter Haftung GPA = Grade Point Average (ein US-amerikanischer Notendurchschnitt) GbR = Gesellschaft bürgerlichen Rechts HGB = Handelsgesetzbuch (BGBl. III, 4100-1, zuletzt geändert am 22.12.2011 (BGBl. I, S. 3044) HR = Human Resources VII Hrsg. = Herausgeber Kap. = Kapitel KonTraG = Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich vom 30.04.1998 (BGBl. I, S. 786) KSchG = Kündigungsschutzgesetz vom 25.08.1969 (BGBl. I, S. 1317), zuletzt geändert am 26.03.2008 (BGBl. I, S. 444) N = Stichprobengröße NASDAQ = National Association of Securieties Dealers (elektronische Börse in USA) NGO = Non Governmental Organization NJW = Neue Juristische Wochenschrift NJW-RR = Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechungsreport OHG = Offene Handelsgesellschaft ROA = Return on assets ROE = Return on equity ROI = Return on investment S. = Seite StGB = Strafgesetzbuch vom 13.11.1998, (BGBl. I, S. 3322), zuletzt geändert am 24.02.2012 (BGBl. I, S. 212) St.Rspr. = ständige Rechtsprechung TransPuG = Gesetz zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanzrechts, zu Transparenz und Publizität vom 19.07.2002 (BGBl. I, S. 2681) u.a. = unter anderem vgl. = vergleiche ZfW = Zentrum für Wirtschaftsethik 1 1 Einleitung In zunehmendem Maße wächst in der Öffentlichkeit das Bewusstsein für das unternehmerische Handeln und seine Folgen. So kann fahrlässiges oder gar vorsätzliches Handeln von Mitarbeitern in Großunternehmen dazu führen, dass enorme Umweltschäden und damit extreme Kosten auf Unternehmen zukommen können, wie die von BP zu verantwortende Umweltkatastrophe (Explosion der Ölförderplattform Deepwater Horizon am 20.04.2010) im Golf von Mexico belegt. Ebenso kann strafrechtlich relevantes Verhalten von Mitarbeitern, etwa Bestechung und Vorteilsgewährung, zu exorbitanten Strafzahlungen führen, wie der Fall Siemens aufzeigte. Der Begriff „Unternehmensethik“ und seine Umsetzung nehmen so mehr und mehr Raum im öffentlichen Diskurs ein. Letztlich geht es dabei um die „Ethisierung“ eines Unternehmens, also darum, ethisches Bewusstsein im Unternehmen zu schaffen, welches von Führungskräften und Mitarbeitern repräsentiert wird. Die „Ethisierung“ des Unternehmens hat die Funktion, unternehmerisches Handeln zu koordinieren, nach bestimmten Kriterien auszurichten, zu legitimieren, also nach außen hin ethisch zu rechtfertigen. Und dient schließlich der Deregulierung: Nämlich staatliche Eingriffe zu verhindern, um im Marktgeschehen seine Kraft und Kreativität frei entfalten zu können. 1.1 Problemstellung Bemerkenswert ist die Überlegung von Lutterodt (2011, S. 38 f.), welche auf die Möglichkeit hinweist, dass Wirtschafts- und Unternehmensethik nicht nur für die Bereiche Corporate Governance und Compliance gelehrt werden sollten, sondern, dass Coaching die Möglichkeit schaffen könnte, tiefer zu gehen, nämlich die Denkweise von Führungskräften zu verwandeln, und somit eine echte kulturelle Veränderung im Unternehmen selbst herbeizuführen. Lutterodt ist zuzustimmen (2011, S. 39), wenn sie solche Veränderungen davon abhängig macht, dass Führungskräfte einen Top-Down-Management-Stil pflegen, der es Mitarbeitern ermöglicht, unbequeme Fragen zu stellen, eigenständige Beiträge zu liefern und mit den Führungskräften in einen authentischen Dialog zu treten. Wobei es wohl so zu sein scheint, dass ethisches Handeln der Führungskräfte 2 auch von ihren jeweiligen persönlichen Stärken und Schwächen abhängt (Lutterodt, 2011, S. 12). Entscheidend für die Außenwirkung von Unternehmen ist die Glaubwürdigkeit ihrer Führungskräfte. Diese sorgen für die Einhaltung der von Unternehmen selbst gesetzten Verhaltenskodizes und repräsentieren überzeugend innerhalb des Unternehmens und in der Öffentlichkeit persönliche Integrität. Es geht also um die Umsetzung von Unternehmensethik innerhalb des Managementprozesses der Unternehmung. Im Rahmen dieses komplexen Prozesses stellt sich die Frage, ob das Coaching von Führungskräften als ein Baustein zur Umsetzung von Unternehmensethik angesehen werden kann und in der Lage ist, zum Unternehmenserfolg einen Beitrag zu leisten. In diesem Zusammenhang stellt sich die weitere Frage, wo in dem komplexen Prozess unternehmerischen Handelns die Fortbildung von Führungskräften in Form des Coachings zu verorten ist, und ob die Kosten hierfür aus ökonomischer Sicht zu rechtfertigen sind. Gegenstand der Untersuchung wird daher sein, ob und wie sich Coaching auf die Persönlichkeit der Führungskräfte, auf den Umgang der Führungskräfte mit den Mitarbeitern, auf die Kultur des Unternehmens sowie auf den Unternehmenserfolg auswirkt. Sie soll schließlich in der Beantwortung der Frage münden, ob durch Coaching von Führungskräften ethisches unternehmerisches Handeln und unternehmerischer Erfolg im Sinne eines „sowohl als auch“ miteinander vereinbar sind (Wieland, 2010, S.243 ff.). Dies ist insofern für die Praxis eine relevante Frage, weil der Einführung konkreter ethischer Standards in Unternehmen häufig mit Skepsis oder Zynismus begegnet wird (Peus et al., 2010b, S.195) Für den Fall, dass dies bejaht werden sollte, wäre schlussendlich zu klären, wie ein solches Coaching im Aufbau und seinem Inhalt nach aussehen könnte. 3 1.2 Aufbau Zunächst sind verschiedene Begriffe zu klären und Sachverhalte voneinander abzugrenzen, um die Untersuchung in einem überschaubaren Rahmen zu halten (2). Der Einfluss und die Wirkungen des Coachings auf Führungskräfte, Mitarbeiter, Unternehmenserfolg sowie die Bedeutung des Coachings von Ethik wird anhand der aktuellen Forschung untersucht und beurteilt (3). Sodann sind die Erwartungen und Anforderungen der Führungskräfte, der Inhaber von Unternehmen, der nachgeordneten Mitarbeiter und Dritter, wie etwa Kunden, an das Coaching zu ermitteln (4). Schließlich wird ein eigenes Konzept zum Coaching von Führungskräften zur Umsetzung von Unternehmensethik hergeleitet und begründet (5), zuletzt wird ein Fazit gezogen und ein Ausblick gewagt (6). 2 Begriffserklärung und Abgrenzung Zum allgemeinen Verständnis ist es erforderlich, auf die Begriffe „Moral“ und „Ethik“ näher einzugehen: Unter „Moral“ wird ein Komplex von Regeln und Normen verstanden, der das Handeln der Menschen bestimmt oder bestimmen soll und zwar in der Weise, wie wir uns zu uns selbst, zu anderen und zur Welt verhalten (Selbst- und Weltverhältnis), wohingegen unter „Ethik“ die wissenschaftliche Theorie der Moral verstanden wird (Homann und Lütge, 2005, S. 12). „Ethik befasst sich mit Normen und Werturteilen, mit denen sich das Handeln bewerten lässt“ (Küpper, 2011, S. 15). Je nachdem, welcher Ausschnitt des menschlichen Lebens im Fokus der Betrachtung der Ethik steht, werden diese Bereiche unterschiedlich bezeichnet. So wird etwa zwischen Individualethik und Sozialethik, Umweltethik und Wirtschaftsethik usw. unterschieden, also je nach Bezugsfeld (Küpper, 2011, S. 38). Der Bereich der Wirtschaftsethik lässt sich wiederum in die Ethik eines Wirtschaftssystems als solches und die Ethik der Wirtschaftspolitik untergliedern (Küpper, ebenda). Begibt man sich bei der Analyse der Wirtschaftsethik auf die Ebene der Akteure des Unternehmensethik erreicht. Marktgeschehens, so ist der Bereich der 4 2.1 Unternehmensethik Innerhalb des Feldes der Unternehmensethik wird zwischen dem Ordnungsrahmen, innerhalb dessen unternehmerisches Handeln stattfindet (Ordnungsethik oder Bedingungsethik), und dem Handeln des Unternehmens, innerhalb der durch die Ordnung selbst geschaffenen Freiräume (Handlungsethik), differenziert (Homann und Lütge, 2005, S.82). Innerhalb der Ethik wird nach den Bereichsethiken und bestimmten Ethiktypen differenziert: Etwa, ob für die Handlung als solche die Gesinnung oder das Motiv, die Erreichung eines Ziels, die Folgen und Konsequenzen oder aber ihr Nutzen maßgeblich sind. Zum leichteren Verständnis wird die folgende Übersicht verwandt: Ethik-Typen Ethische Urteile aufgrund von: Handlung als solche Gesinnung/Motiv deontologische Ethik Naturrechtsethik Ziel(erreichung) Folgen/Konsequenzen/Nutzen teleologische Ethik konsequenzialistische Ethik Gesinnungsethik Utilitarismus • Handlungsutilitarismus • Regelutilitarismus Verantwortungsethik (Max Weber) Abb. 1 Ethiktypen nach Homann und Lütge ( 2005, S. 17) Mit Priddat (2009, S. 341 f.) werden nachfolgend wesentliche Strömungen der Unternehmensethik als Teil der Wirtschaftsethik beschrieben (2.1.1) und schließlich einige Grundsätze der Handlungsethik erörtert (2.1.2). 2.1.1 Unternehmensethik als Teil der Wirtschaftsethik Die Begriffe „Wirtschaftsethik“ und „Unternehmensethik“ werden nicht immer scharf voneinander getrennt, ihre Verwendung spiegelt häufig das Verständnis von Ethik des jeweiligen Autors wider (Küpper, 2011, S. 33): 5 Eine der wesentlichen Strömungen der Wirtschaftsethik im deutschsprachigen Raum wird durch Karl Homanns „ökonomische Ethik“ repräsentiert. Er bestimmt Wirtschaftsethik als „allgemeine Ethik mit ökonomischer Methode“ (Homann und Lütge, 2005, S. 19). Demzufolge ist das Ethische ein eigener Diskurs der Beteiligten, der sich in Rahmenbedingungen wiederzufinden hat, welche wiederum von den verschiedenen Interessengruppen und Bürgern in einem demokratischen Prozess politisch durchzusetzen sind (Priddat, 2009, S. 341). Wesentliches Merkmal der Wirtschaftsethik Homanns ist der Gedanke, dass die individuelle Moral systematisch wirkungslos bleibt, wenn diese nicht in den Rahmenbedingungen geregelt wird. Homann differenziert – ausgehend von J. M. Buchanans Unterscheidung von Spielzügen und Spielregeln – seinerseits zwischen Handlungen und Handlungsbedingungen. Zu den Handlungen zählt er Ziele, Motive, Interessen und Mittel, die der Handlungsbedingungen Handelnde durch selbst kontrollieren natürliche kann, wohingegen Bedingungen, kulturelle, gesellschaftliche und gesetzliche Rahmenordnungen wie Verfassungen, Gesetze repräsentiert werden (Homann und Lütge, 2005, S. 27; Priddat, 2009, S. 342). Er versteht und verwendet Ethik in diesem Zusammenhang allein deskriptiv und nicht normativ (Homann und Lütge, 2005, S. 13). Diesen Überlegungen liegt – unter Bezugnahme auf Erkenntnisse der Spieltheorie – die Annahme zugrunde, dass sich Handelnde in unsicheren Situationen im Zweifel risikoavers verhalten und befürchten müssen, von anderen Teilnehmern – bezogen auf das Marktgeschehen – übervorteilt zu werden, und sie deshalb präventiv defektieren. Dieses Verhalten lässt sich nur durchbrechen, wenn entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen werden, in denen moralische Überlegungen implementiert sind und so für alle Teilnehmer im Markt bindende Regeln vorgeben, innerhalb derer sie in freier Konkurrenz ihren ökonomischen Vorteil suchen können, also kreativ eigene Spielzüge entwickeln dürfen. Nach Homann ist unter den Bedingungen des Wettbewerbs die Ethik zweistufig als Bedingungsethik (qua Wirtschaftsethik) einerseits und als Handlungsethik andererseits zu konzipieren, wobei für ihn Unternehmensethik ein Spezialfall der Handlungsethik ist (Homann und Lütge, 2005, S. 82). 6 Josef Wieland widmet sich mit seinem compliance-ethischen Ansatz einer Unternehmensethik der Entwicklung eines praktischen Instrumentariums zur Umsetzung unternehmensethischer Aspekte (Aßländer, 2009, S. 210). Die Ethik von Wieland zielt auf die Umsetzung im Managementprozess der Unternehmung selbst ab, wobei die Generierung von Gewinnen die unabdingbare Voraussetzung für Unternehmen ist. Die Moral muss im Managementprozess selbst vorkommen, ist dort zu implementieren und umzusetzen (Wieland, 2004, S. 10). Er verweist konkret auf das vom Zentrum für Wirtschaftsethik (ZfW) und dem deutschen Netzwerk für Wirtschaftsethik (DNWE) in Zusammenarbeit mit Unternehmen und Verbänden der Wirtschaft entwickelte WerteManagementSystem. Die moralische Kommunikation innerhalb des WerteManagementSystems selbst ist dabei deutlich von ökonomischer, rechtlicher und anderer Kommunikation zu unterscheiden. Wieland geht es nicht um Rahmenordnungen und Organisationen in Institutionen, sondern um die umfassende Steuerung von Organisationsprozessen (Homann und Lütge, 2005, S. 122 f.; Priddat, 2009, S. 341). Einen anderen Ansatz vertritt Peter Ulrich mit seiner integrativen Wirtschaftsethik: „Ulrich steht in der (aristotelischen) Tradition des Primats der Politik vor der Wirtschaft; er sieht die Rahmenordnung nur als Ort der Moralumsetzung; die Moralbegründung schöpft sich aus der Öffentlichkeit mündiger Bürger, deren Diskurs entscheidet, was moralisch-politisch gelten soll“ (Priddat, 2009, S. 342). Für Peter Ulrich ist öffentliche Ordnung erst dann legitimiert, wenn drei Formen persönlicher Rechte gewahrt sind: Menschenrechte, politische und ökonomische bürgerliche Grundrechte. Die Wahrung der zuletzt genannten Rechte, dient dazu, den Bürgern eine wirtschaftliche Grundsicherung zu gewährleisten (Küpper, 2007, S. 256). Hans-Ulrich Küpper sieht hingegen die Aufgabe darin, nicht bestimmte Werte zu vermitteln, sondern Wertprobleme in Unternehmen zu analysieren (Küpper, 2005, S. 833; Küpper, 2011, S. 165). Er versteht Unternehmensethik als betriebswirtschaftliches Konzept zur Behandlung von Wertkonflikten, wobei er im Gegensatz zu Karl Homann, deskriptive und normative Elemente der Ethik verwendet: 7 „In einem solchen Konzept bildet die explizite Analyse von Wertkonflikten die Basis für den Inhalt ethischer Diskurse, die Anwendung inhaltlich bestimmter Normen und die Ausfüllung moralisch unvollständiger Rahmenordnungen. Hierin liegt ein zentraler Gegenstand für eine Unternehmensethik, die als „analytisch“ bezeichnet werden kann. In ihr geht es um die Untersuchung der bei Unternehmensentscheidung auftretenden ethischen Probleme und die Entwicklung von Mustern zu ihrer Lösung.“ (Küpper, 2011, S. 165). Die Kernaussagen seiner analytischen Unternehmensethik werden in der nachfolgenden Übersicht deutlich, deren Komponenten die in vertikaler Richtung angegebenen Dimensionen der Wirkungs-, Beziehungs-, Konflikt- sowie Begründungsanalyse sind, ohne hierbei an eine feste Reihenfolge gebunden zu sein. Ihnen geht jeweils eine Kennzeichnung des betreffenden Bereichs voraus, in der die wichtigsten in ihm auftretenden ethischen Fragestellungen seiner Meinung nach aufzuzeigen sind. Diese Darstellung gibt einen ersten Überblick über die Komplexität des unternehmerischen Handelns und zeigt die Räume auf, in denen es zu Konflikten von ökonomischen und ethischen Überlegungen kommen kann. Führungssystem Corporate Governance Analysedimensionen Entscheidung und Verantwortung Werte- und Zielsystem Personalführung und Organisation Leistungssystem Unternehmensrechnung Produktion Marketing Investition und Finanzierung Unternehmensethische Fragestellungen Wirkungsanalyse Beziehungs- und Konfliktanalyse Begründungsanalyse Abb. 2: Analysedimensionen und Anwendungsbereiche Unternehmensethik, (Küpper, 2011, S. 179). analytischer Im angelsächsischen Raum ist der Ansatz hingegen ein gänzlich anderer, dort geht es eher um die Entwicklung und den Ausbau von praktischen Konzeptionen, die insbesondere in den Bereichen Corporate Governance, Sustainability 8 Corporate, Corporate Social Responsibility sowie Diversity und Diversity Management angesiedelt sind (Priddat, 2009, S. 343). An späterer Stelle (2.2.1 und 2.2.4) werden einige dieser Begriffe näher erläutert und voneinander, soweit es für diese Untersuchung notwendig ist, abgegrenzt. Zwischenfazit: Unabhängig davon, welches theoretisches Konzept zur Unternehmensethik man sich zu eigen macht, so stellt sich doch für die Führungskraft stets das folgende Problem, auf welches Homann im Rahmen seiner Anwendung „der Theorie der unvollständigen Verträge“ [Hervorhebung durch den Verfasser] hingewiesen hat (Homann und Lütge, 2005, S.86): Keine der Rahmenordnungen kann vollständig sein, weder Unternehmensverfassungen noch Gesetze, da die Lebenssachverhalte zu komplex und zudem ständig im Wandel begriffen sind. Selbst viele zwischen den Teilnehmern des Geschäftsverkehrs geschlossene Verträge sind unvollständig (relationale Verträge), deshalb lässt es die Rechtswissenschaft für einen wirksamen Vertragsschluss ausreichen, wenn sich die Vertragsparteien nur über die wesentliche Inhalte eines Vertrages, die „essentialia negotii“, geeinigt haben (st.Rspr. BGH, NJW 90,1234; BGH NJW-RR 93,139). Führungskräfte sind in der täglichen Praxis mit einer Vielzahl von Situationen konfrontiert, in denen eine Entscheidung zu treffen ist, wo sowohl Moral als auch Ökonomie eine Rolle spielen. Für Homann ist der „systematische Ort der Handlungsmoral die kontrollierte Unvollständigkeit der Verträge“ [Hervorhebung durch den Verfasser] (Homann und Lütge, 2005, S.88). Sowohl theoretisch als auch praktisch stellt sich damit an diese Untersuchung die Herausforderung, zu ermitteln, welche Anforderungen konkret an Führungskräfte gerichtet werden können, also was sie individuell zu leisten vermögen (Priddat, 2009, S. 343). Dies führt hin zur Handlungsethik des einzelnen Akteurs. In modernen, pluralistischen Gesellschaften fehlen einheitliche moral codes, so dass es für Führungskräfte schwierig ist, sich zu orientieren. Nachfolgend werden deshalb einige Grundsätze der Handlungsethik skizziert: 9 2.1.2 Handlungsethik „Heteronome“ Moral bestimmt von außen, was wir tun sollen, wohingegen bei der „autonomen“ Moral das, was vom Individuum zu tun und zu wollen ist, ausschließlich von Individuum selbst bestimmt wird. Vereinfacht ließen sich diese Ethikvorstellungen in eine Sollensethik oder Pflichtenethik und in eine Strebensethik oder autonome Ethik unterscheiden. Was im Einzelfall konkret eine Sollensethik darstellen kann, hängt auch von dem Kulturkreis ab, in dem der Handelnde sozialisiert wurde und in der er lebt. So gibt es religiös geprägte heteronome Sollensethiken, wie den christlichen Dekalog, die von geschlossenen Gesellschaften jeweils entwickelte Moral oder die „goldene Regel“. Eine rein autonome Sollensethik wird etwa von Immanuel Kant und seinem kategorischen Imperativ repräsentiert: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, daß sie ein allgemeines Gesetz werde.“ (Kant, GMS, 53 [420-421]). Der kategorische Imperativ Kants wird heute noch als eine mögliche Orientierung für das Handeln in Unternehmen gesehen (Peus et al., 2010b, S. 195). Es lässt sich zusammenfassen, dass es bei der Sollensethik um die Einhaltung von selbstgegebenen Geboten, um Gehorsam und Pflichterfüllung geht. Hiervon unterscheidet sich die Strebensethik, wie etwa die von Aristoteles entwickelte handlungsbezogene und zielorientierte Tugendethik: Nach Aristoteles besteht das höchste Glück des Menschen darin, „von einem guten Geist beseelt zu sein (eudaimonia), was der Mensch durch die Tätigkeit seiner Seele aufgrund ihrer besten und vollkommensten Befähigung – nämlich durch Ausübung seiner Vernunft – und dies ein volles Leben hindurch, erreichen kann“ (Aristoteles, EN I, 2. Kap., 1095a, 18; 6. Kap., 1098a) Dies wiederum gelingt durch die Wahl einer geeigneten Lebensform und der Entwicklung von Tugenden, die das beste Verhalten in den verschiedensten Situationen ermöglichen und sich so in bestimmten, konkreten tugendhaften Handlungen konkretisieren (Höffe, 2006, S. 224-227) 10 Von Aristoteles kennen wir die vier klassischen Charaktertugenden (aretê ethikê): Weisheit (sophia), Tapferkeit (andreia), Besonnenheit (sôphrosynê) und Gerechtigkeit (justitia). Welche der Handlungen tugendhaft sind, bestimmt sich laut Aristoteles nach dem rechten Maß, welches in der Mitte zwischen Übermaß und Mangel liegt. Aristoteles lässt den Menschen stets den Raum, hierüber zu befinden, da das rechte Maß nicht subjektiv unabhängig sein kann: Er geht von der „uns bemessenen Mitte“ aus (Aristoteles, EN II, 3. Kapitel, 1105 b, 3 f). Noch heute könnten sich Führungskräfte an der Ethik des Aristoteles orientieren (Knights und O`Leary, 2006, S. 130, 131), um einen tugendhaften Habitus bei Entscheidungen vorzuleben. Die von Aristoteles beschriebenen Untugenden wie Geltungssucht, Geiz, Verschwendung und Feigheit stellen bis heute ebenso universale Eigenschaften der Menschen dar, wie die Tugenden des Mutes, der Gerechtigkeit und der Besonnenheit. Heteronome Moral führt also im besten Fall zur extrinsischen Motivation, die Unterwerfung unter eine autonome Moral zur intrinsischen Motivation einer Führungskraft, wenn es gilt, moralisch zu handeln. Zwischenfazit: Um es mit Wieland zu sagen: „Die Tugend der einzelnen Person, ihre moralischen Überzeugungen und Werte sind entscheidende Grundpfeiler eines gelingenden Wertemanagements, aber nicht die einzigen. Hinzu kommen muss die moralische Qualität des Unternehmens als Organisation seiner Abläufe, Anreize und Kontrollmechanismen.“ (Wieland, 2004, S. 1). Deshalb werden nachfolgend Elemente eines Ethik-/Wertemanagements und ihre Implementierung in der Organisation des Unternehmens beschrieben und voneinander abgegrenzt: 2.2 Bausteine eines Ethik-/Wertemanagements Mögliche Bausteine zur Implementierung und Umsetzung von Unternehmensethik sind die Schaffung einer Unternehmensverfassung – über Gesellschaftsvertrag, Satzung, Geschäftsordnung hinausgehend –, welche zusammen mit den Gesetzen und Verordnungen des Gesetzgebers einen 11 Ordnungsrahmen für die Leitung und Überwachung eines Unternehmens bilden (2.2.1). Dies nennt man Corporate Governance. Compliance als Teil der Unternehmensverfassung im weiteren Sinne wird heute so verstanden: Ihr Zweck ist es, nicht nur die Einhaltung und Befolgung bestimmter Ge- und Verbote im Sinne von Normen des Gesetzgebers sowie der unternehmensinternen Regeln und Richtlinien sicherzustellen, sondern durch Schaffung einer entsprechenden organisatorischen Struktur (firmenintern und extern) „Maßnahmen zur Risikofrüherkennung und – minimierung“ treffen zu können (Hauschka, 2010, S. 3), Näheres unter 2.2.2. Weiter werden in vielen Unternehmen Regeln zur Unternehmensführung (Codes of Conduct) und/oder ethische Verhaltenskodizes (Codes of Ethics) verfasst. Diese unternehmensintern und nach außen zu kommunizieren, ist eine wichtige Aufgabe der Führungskräfte des Unternehmens (2.2.3). Schließlich kann es zur Kultur eines Unternehmens gehören, soziale Verantwortung im Sinne einer Corporate Social Responsibility (2.2.4) zu übernehmen: 2.2.1 Corporate Governance Rechtsordnungen von Staaten geben mittels einer Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen einen Teil der Unternehmensverfassungen vor, für Deutschland seien das HGB, das AktG, das BGB sowie das GmbHG als die wichtigsten genannt. Gesellschaftsverträge und Satzungen von Gesellschaften geben weitere Teile der Unternehmensverfassungen vor. Ihr Inhalt und ihr Gepräge hängen wiederum von der Rechtsform des Unternehmens ab, mit der sehr unterschiedliche Schwerpunkte, bspw. in den Bereichen Haftung und Steuern, gesetzt werden können: Personalistisch geprägte Gesellschaften werden von den Inhabern direkt repräsentiert, wie z.B. bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) oder einer offenen Handelsgesellschaft (OHG). Hiervon sind Unternehmen zu 12 unterscheiden, die kapitalistisch geprägt sind und von Organen vertreten werden, wie die AG durch den Vorstand oder die GmbH durch ihren Geschäftsführer. Im angloamerikanischen Raum herrschen Zwei-Organ-Gesellschaften vor, wohingegen im deutschsprachigen Raum eher das Drei-Organ-Modell vertreten ist. Bei einem Zwei-Organ-Modell kommt es zu einer Vereinigung von Geschäftsführung und Überwachung in einem Verwaltungsrat oder Board of Directors. Der Vorsitzende der Geschäftsführung oder CEO ist in der Regel auch Chairman of the Board. Bei einem Drei-Organ-Modell bilden die Aktionäre die Hauptversammlung, der Aufsichtsrat kontrolliert den Vorstand, bestellt und ruft diesen ab. Der Vorstand ist gegenüber der Hauptversammlung und dem Aufsichtsrat rechenschafts- und berichtspflichtig. Zur Verdeutlichung möglicher Modelle von Führungsorganisation dient die nachfolgende Übersicht: Vorsitzender Gesellschafterversammlung Geschäftsführung Board of Directors Chairman Gesellschafterversammlung Outside Directors Inside Directors Hauptversammlung (AG, KGaA) DreiOrganModell Leitende Angestellte Vorsitzender Vorsitzender Aufsichtsrat (AG, KGaA) Geschäftsführung (AG-Vorstand, KGaAKomplementär) Arbeitnehmer Abb. 3: Modelle der Führungsorganisation (Küpper, 2011, S. 184) Geschäftsführungsmaßnahmen ZweiOrganModell Gesellschafter(-versammlung) OHG Ein-OrganModell 13 Die weitere Untersuchung beschränkt sich auf Führungskräfte wie Vorstände, Geschäftsführer, Direktoren, Abteilungsleiter und ihnen nachgeordnete Führungsebenen. Am 05.04.2011 hat die EU-Kommission das angekündigte Grünbuch „Corporate Governance: EU-Frame Work“ vorgelegt [KOM (2011) 164/3], dessen leitendes Motiv sich aus der Einleitung ergibt: „Die Kommission hat unlängst ihr Engagement für einen starken und erfolgreichen Binnenmarkt bekräftigt, in dessen Mittelpunkt die Bürger und die Wiedergewinnung ihres Vertrauens stehen [Hervorhebung durch den Verfasser]. Wie es in der Mitteilung der Kommission `Auf dem Weg zu einer Binnenmarktakte´ heißt, ist es von zentraler Bedeutung, dass die europäischen Unternehmen größtmögliche Verantwortung an den Tag legen, sowohl gegenüber ihren Beschäftigten als auch gegenüber ihren Anteilseignern und gegenüber der Gesellschaft insgesamt. Corporate Governance und die soziale Verantwortung [Hervorhebung durch den Verfasser] von Unternehmen sind grundlegende Faktoren, wenn es darum geht, das Vertrauen der Bürger in den Binnenmarkt aufzubauen.“ [(KOM 2011), 164/3, S. 2] Deutschland hat eine eigene Regierungskommission eingesetzt, die den Deutschen Corporate Governance Kodex bearbeitet. Die aktuellste Fassung datiert vom 26.05.2010 (corporate-governance-code.de, 2010). Wie der Deutschen Corporate Governance Kodex rechtlich einzuordnen ist, wird jedoch uneinheitlich beantwortet (Bachmann, ZIP, 2010, S. 1517-1526; Tödtmann/Schauer, ZIP 2009, S. 995-1000): Teilweise gehen von ihm Wirkungen wie von einem Gesetz aus, ohne eines wirklich zu sein. Es fehlt an einer staatlichen Rechtsetzung (Tödtmann, Schauer, 2009, S. 996). Gleichwohl sind Vorstand und Aufsichtsrat nach § 161 Abs. 1 AktG verpflichtet, zu erklären, ob im Unternehmen den Empfehlungen des Kodex entsprochen wurde oder nicht. Andererseits hat der Kodex den Status einer Empfehlung (so die Stellungnahme der Regierungskommission vom 26.02.2002 (corporate-governance-code.de, S. 1). Die Unternehmensverfassung in dem oben beschriebenen Sinn legt die Verteilung der Rechte und Verantwortlichkeiten unter den verschiedenen Stakeholdern-Gruppen ebenso fest, wie die Verfahren zu deren Entscheidungsfindung. Unter dem Begriff „Stakeholder“ werden hier Gruppen, Personen oder Organisationen verstanden, die von Handlungen oder Unterlassungen des Unternehmens berührt werden, und deren Unterstützung zur 14 Sicherung des Unternehmens benötigt wird, wie bspw. Mitarbeiter, Banken, Auftragnehmer, Kunden, Konkurrenten, Kooperationspartner oder Behörden. In den europäischen Ländern werden in den Konzepten der Corporate Governance unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt. Die Bandbreite reicht vom Shareholder-Value-Ansatz (Großbritannien, Schweiz) über Mischungen wie Shareholder Value/Stakeholder Value (Dänemark, Niederlande) bis zum reinen Stakeholder-Value-Ansatz (Deutschland, Frankreich) (Wieland, 2005, S. 83). Die Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensführung (GoF) spalten sich auf in die Unternehmensleitung selbst, die Überwachungsfunktionen sowie die Abschlussprüfungen (Audits). Diese sehen jeweils die Beachtung von allgemeinen und besonderen Grundsätzen vor, wie die nachfolgende Übersicht veranschaulicht: Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensführung GoF Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensleitung GoU Grundsätze ordnungsmäßiger Überwachung GoÜ Grundsätze ordnungsmäßiger Abschlussprüfung GoA Allgemeine Grundsätze • Grundsatz der Zulässigkeit der Unternehmensleitung • Grundsatz der Zweckmäßigkeit der Unternehmensleitung • Grundsatz der Zuträglichkeit der Unternehmensleitung Allgemeine Grundsätze • Grundsatz der Zulässigkeit der Überwachung • Grundsatz der Zweckmäßigkeit der Überwachung • Grundsatz der Zuträglichkeit der Überwachung Allgemeine Grundsätze • Grundsatz der Zulässigkeit der Abschlussprüfung • Grundsatz der Zweckmäßigkeit der Abschlussprüfung • Grundsatz der Zuträglichkeit der Abschlussprüfung Besondere Grundsätze • Handlungsgrundsätze • Systemgrundsätze - Aufgabengrundsätze - Organisationsgrundsätze - Kooperationsgrundsätze - Personalgrundsätze Besondere Grundsätze • Handlungsgrundsätze • Systemgrundsätze - Aufgabengrundsätze - Organisationsgrundsätze - Kooperationsgrundsätze - Personalgrundsätze Besondere Grundsätze • Handlungsgrundsätze • Systemgrundsätze - Aufgabengrundsätze - Organisationsgrundsätze - Kooperationsgrundsätze - Personalgrundsätze Abb. 4: Systemstruktur der Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensführung (Küpper, 2011, S. 188) 15 Zwischenfazit: Mit „Corporate Governance“ ist also nicht nur der gesetzlich geregelte Teil der Unternehmensverfassung gemeint, sondern der gesamte rechtliche und faktische Ordnungsrahmen, der für die Führung des Unternehmens maßgeblich sein soll. Eines ihrer Elemente ist die ordnungsmäßige Überwachung des gesamten unternehmerischen Handelns: 2.2.2 Corporate Compliance Nach Ziffer 4.1.3 des Deutschen Corporate Governance Kodex: „hat der Vorstand für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen und der unternehmensinternen Richtlinien zu sorgen und auf deren Beachtung durch die Konzernunternehmen hin, zu sorgen (Compliance).“ Die Umsetzung dieser Vorgabe erfordert die Schaffung und Einbettung einer eigenen Compliance-Organisation in die Organisationsstruktur des Unternehmens, die, um Teil der Unternehmenskultur werden zu können, von Mitarbeitern und Führungskräften mit Leben zu erfüllen ist. Eine erfolgversprechende Compliance-Strategie sollte (Lampert in: Hauschka, 2010, S. 165) folgende Ziele ansteuern: - Prävention: Vermeidung von Verstößen nehmensrichtlinien. gegen Mittel Gesetze hierzu und Unter- wären etwa: Mitarbeiterhandbuch, Schulungen, Beratungsangebote. - Feststellung von Problemen, bevor sie sich zu Verstößen entwickeln: Identifikation, Analyse und Modifikation von besonders anfälligen Strukturen, wie etwa Bonus-Anreiz-Systeme für Mitarbeiter. - Frühzeitige Aufdeckung Unternehmens von bestehenden vor einem Verstößen, Eingriff innerhalb durch des Behörden (Staatsanwaltschaft, Polizei, Zoll) zur Schadensminimierung. Die Grundelemente einer Compliance-Organisation bilden Risikoanalyse, Kommunikation und Dokumentation sowie das Commitment von Führungskräften und Mitarbeitern innerhalb der Unternehmensorganisation. 16 Ein ernsthaftes Commitment der Führungskräfte kommt nur dadurch zum Ausdruck, dass die Steuerung der Compliance stets in der Geschäftsleitung –, gleich, ob es Geschäftsführer oder Vorstände sind – angesiedelt wird. Aufsichtsgremien wie Aufsichtsrat, Verwaltungsrat, Stiftungsbeirat etc. sollten die Geschäftsleitung insbesondere in den Bereichen Compliance und Rechnungslegung beraten und überwachen, wie es Ziffer 5.3.2 des Deutschen Corporate Governance Kodex empfiehlt. Wesentlich ist, dass die Geschäftsleitung öffentlich und intern ein „Bekenntnis zur Rechtstreue – ein Mission Statement“ abgibt (Lampert in: Hauschka, 2010, S. 169), um ihrer Vorbildfunktion überzeugend gerecht werden zu können. Unternehmensintern ist ein Informationssystem zu schaffen, dass Unternehmensrichtlinien entwickelt und verbessert, den Schulungsbedarf für Mitarbeiter und Führungskräfte einschätzt, ein Meldesystem für Verstöße entwickelt und einen Katalog entwirft, wie bei Beschwerden verfahren werden soll, insbesondere, wenn es um den Kontakt mit Behörden geht. Wenn möglich, sollte – je nach Größe des Unternehmens – ein internes Kontrollsystem geschaffen werden, mit einem Compliance-Beauftragten an der Spitze. Der Corporate Governance Kodex des Unternehmens könnte bei Verstößen Sanktionen vorsehen, was nicht zwingend erforderlich ist, da es eine Vielzahl von arbeitsrechtlichen Sanktionen bereits gibt: - die außerordentliche, fristlose Kündigung gemäß § 626 BGB; - die ordentliche, fristgemäße Kündigung gemäß § 620 ff. BGB, § 1 Abs. 2 KSchG; - Änderungskündigung gemäß § 626 Abs. 1 BGB, § 2 KSchG; - direktionsrechtliche Veränderung der Arbeitsbedingungen; - Abmahnung; - Betriebsbußen; - Vertragsstrafen. Zusätzlich könnten bei der Verletzung von arbeits-, dienst- und werkvertraglichen Pflichten Schadensersatzansprüche durch das Unternehmen gegenüber 17 Mitarbeitern und Führungskräften geltend gemacht werden (Reichert und Ott, 2009, S. 2173, 2179). Empfohlen werden die regelmäßige Befragung von Mitarbeitern (Audits), die Durchführung regelmäßiger Schulungen der Mitarbeiter und die Dokumentation derartiger Maßnahmen (Lampert in: Hauschka, 2010, S. 175) zu Beweiszwecken. Da Unternehmen ab einer bestimmten Größe auch international tätig sind, empfiehlt es sich, die Dokumentation nach der ISO 15489, einer internationalen Norm, auszurichten. Sie regelt die Schriftgutverwaltung im Bereich Information und Dokumentation. Wichtig erscheint insbesondere die Einrichtung einer Hotline (whistle-blowing), bei der Mitarbeiter (whistle-blower) Verstöße anonym melden können. Nach Ansicht des Verfassers ist es unerlässlich, dass die Unternehmen eine sie rechtlich bindende Selbstverpflichtung in ihren Corporate Governance Kodex aufnehmen, wonach Arbeitnehmer die berechtigterweise Verstöße melden, nicht mit arbeitsrechtlichen oder sonstigen Sanktionen zu rechnen haben. Es ist nämlich nicht einzusehen – wie in der Vergangenheit in Deutschland oft geschehen –, dass solche Mitarbeiter von der Unternehmensführung etwa mittels einer Kündigung bestraft werden. Zwischenfazit: Die Corporate Compliance beschreibt einen laufenden Prozess, der deshalb der ständigen Anstrengung von Mitarbeitern und Führungskräften bedarf, um erfolgreich umgesetzt werden zu können. Eine laufende Fort- und Weiterbildung sowie interne und externe Beratung hierzu sind notwendig (Lampert in: Hauschka, 2010, S. 172 f. und 175). Über ein bloßes Bekenntnis zur Rechtstreue hinaus – was eigentlich selbstverständlich ist – wird nun auch die Entwicklung und Kommunikation von definitiven ethischen Statements von Unternehmen verlangt (Hurn, 2008, S.354). 2.2.3 Code of Conduct/Code of Ethics Im angloamerikanischen Raum werden durch Gesetze, wie den Sarbanes-OxleyAct von 2002 für die USA, oder andere externe Regelwerke, wie die NASDAQ 18 Rules für an der New Yorker Börse gelistete Unternehmen, bestimmte konkrete Anforderungen an unternehmensinterne Kodizes (Codes of Conduct/Codes of Ethics) gestellt, die implementiert und überwacht werden müssen (Peterson Kramer und Johnson III, 2010, S. 39, S. 41 f.). In Deutschland sind dies das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich vom 30.04.1998, kurz: KonTraG (BGBl. I, S. 786), das Gesetz zur weiteren Reform des Aktienund Bilanzrechts zu Transparenz und Publizität vom 19.07.2002, kurz: TransPuG (BGBl. I, S. 2681) sowie das Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechtes vom 25.05.2009, kurz BilMoG (BGBl. I, S. 1102). Ethische Kodizes (Codes of Conduct, Codes of Ethics) sind schriftliche Verlautbarungen des Managements in Bezug auf die Erwartungshaltung hinsichtlich des Verhaltens von Mitarbeitern, Geschäftspartnern und Kunden. Sie beinhalten Handlungsgrundsätze (Normen), denen moralische Relevanz und Unternehmensverbindlichkeit zukommen soll (Talaulicar, 2007, S. 752). Nach Talaulicar lassen sich unternehmensethische Kodizes anhand ihres Inhaltes als regelbasiert oder prinzipienbasiert einordnen: Regelbasierte Kodizes enthalten überwiegend Ge- oder Verbote. Sie sollen den Vorrang bei konkreten umfangreichen Konflikten regeln. Sie sind entweder zu befolgen, weil die Regel einschlägig ist oder nicht, wenn das Gegenteil der Fall ist. Prinzipienbasierte Kodizes hingegen beschreiben als Ideal einen bestimmten Zustand. Sie machen nicht eine bestimmte Entscheidung notwendig, sondern sie geben vielmehr Gründe an, welche auf einen Entscheidungsprozess einwirken sollen, um die Entscheidung in eine bestimmte Richtung zu lenken. Im Rahmen eines Entscheidungsprozesses ist also eine Gewichtung vorzunehmen, die die Prinzipien des Kodex berücksichtigt. Prinzipienbasierte und regelbasierte Kodizes unterscheiden sich nicht nur hinsichtlich ihrer Zielsetzung, sondern auch in der Form ihrer Anwendung: Die Anwendungsform bei Regeln ist die Subsumtion. Unter Subsumtion wird der Vergleich eines Lebenssachverhaltes mit den Tatbestandsmerkmalen einer Norm 19 oder einer Regel verstanden: Immer wenn der Tatbestand „T“ in einem konkreten Sachverhalt „S“ verwirklicht ist, gilt für „S“ die Rechtsfolge „R“, man könnte dies auch den Syllogismus der Rechtsfolgebestimmung nennen (Larenz, 1983, S. 260 f.). Ein wichtiges Beispiel für eine derartige Regel, die in vielen Kodizes von Unternehmen vorkommt, ist das Verbot der Bestechlichkeit, geregelt in § 332, Abs. 1 StGB: „Ein Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter, der einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er eine Diensthandlung vorgenommen hat oder künftig vornehmen und dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat oder verletzten würde, wird … bestraft.“ Die Prinzipien kennzeichnende Form der Anwendung hingegen ist die der Abwägung (Talaulicar, 2007, S. 757). Die Abwägungsbedürftigkeit führt dazu, dass die Entscheidungen, die getroffen werden, sich dem Ideal nur annähern, also die Möglichkeit beinhalten, mehr oder weniger einem Prinzip zu entsprechen. Es kann nur darum gehen, „Ideale zu approximieren“ (Talaulicar, 2007, S. 757), wie etwa bei der Beantwortung der Frage, ob ein Fall eines Interessenkonfliktes vorliegt: Hier wird die Abwägung grundsätzlich nicht abstrakt, sondern nur unter Einbezug der tatsächlichen konkreten Umstände erfolgen. Ein Beispiel hierfür kann dem EADS Ethik-Kodex (EADS Ethic-Kodex, 2010, S. 13) entnommen werden. „Was ist ein Interessenkonflikt? Ein Interessenkonflikt besteht, wenn wir durch persönliche Interessen tatsächlich oder scheinbar in unserer Fähigkeit beeinträchtigt sind, unsere Aufgaben unvoreingenommen im besten Interesse der Gruppe zu erfüllen. So kann ein Interessenkonflikt etwa dann auftreten, wenn wir selbst oder ein Familienangehöriger eine direkte oder indirekte persönliche Beteiligung an einem Kunden, Zulieferer, Partner oder Mitbewerber von EADS halten.“ Wegen der Komplexität des Geschäftslebens, der zu beurteilenden und zu entscheidenden Sachverhalte reichen in einem Unternehmen regelbasierte Kodizes als Entscheidungshilfe nicht aus; sie sind durch prinzipienbasierte Kodizes zu ergänzen. 20 Es ist sinnvoll, zur Ethisierung des Unternehmens Verhaltenskodizes einzuführen, da sie auf Mitarbeiter positiv einwirken (Knyphausen-Aufseß und Picot, 2010, S. 11). Zwischenfazit: Das Vorhandensein gesetzlicher Normen, eines Corporate Governance Kodex und Verhaltenskodizes wie Codes of Conduct, Codes of Ethics reichen für eine wirkliche Ethisierung eines Unternehmens nicht aus. Wie der Skandal um Enron (2001) zeigte, hinderte deren Code of Ethics (Enron Code of Ethics, 2000,) ihre Führungskräfte nicht daran, sich unethisch oder gar kriminell zu verhalten. Entsprechendes gilt für den Umgang der Führungskräfte mit den Audits der Steuer- und Wirtschaftsprüfer, der schließlich zur Insolvenz von WorldCom (2002) führte. Dass in Unternehmen ein Bedürfnis nach Ausbildung und Training erkannt wird, ergibt sich schon daraus, dass in Ethik-Kodizes Erläuterungen zu bestimmten Tatbeständen explizit aufgenommen werden: etwa „Was ist Bestechung“ [EADS Ethic-Kodex, 2010, S. 16]). Häufig handelt es sich um juristische Fragen, die dem Anwender – meist ein Nichtjurist –, erläutert werden sollten, um jeden Zweifel auszuräumen. Die mit den Kodizes verfolgten Ziele können nur dann mit Erfolg angestrebt werden, wenn es ein Zusammenspiel zwischen der Führung des Unternehmens und den Mitarbeitern gibt, eine Kontrolle durch interne und externe Prüfer gewährleistet und eine entsprechende Ausbildung und wiederholtes Training sichergestellt ist (Peterson Kramer und Johnson III, 2010, S. 40f.). Das ethische Verhalten der Führungskräfte selbst bleibt aber stets der entscheidende Faktor. 2.2.4 Corporate Social Responsibility Inzwischen ist den Führungsspitzen vieler Unternehmen klar, von welcher ökonomischen Bedeutung der Ruf und die Reputation des Unternehmens ist. Manche Unternehmen sind so groß, dass allein ihr Name nicht nur Marke, sondern schon einer Institution gleichkommt, so dass bei Fehlverhalten einzelner 21 oder mehrerer Mitarbeiter und Manager diese Unternehmen nicht nur enorme Reparationen leisten und Schadensersatz zahlen müssen, sondern ihr Name auf längere Zeit mit einem Makel behaftet ist, wie der Korruptionsskandal bei Siemens oder die schweren Versäumnisse der verantwortlichen Führungskräfte im Zusammenhang mit der Katastrophe der BP Ölförderplattform Deepwater Horizon unlängst verdeutlicht haben. Durch die Übernahme von sozialer Verantwortung (Corporate Social Responsibility [CSR]) und deren Kommunikation nach außen, versuchen viele Unternehmen daher ihre Reputation zu verbessern. Was genau unter „CSR“ zu verstehen ist, ist umstritten. Ein Hinweis findet sich im Grünbuch „Europäische Rahmenbedingungen für die soziale Verantwortung der Unternehmen“ der Kommission der Europäischen Gemeinschaft vom 18.07.2001: Es definiert CSR als ein „Konzept, das den Unternehmen als Grundlage dient, auf freiwilliger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit und in die Wechselbeziehung mit Stakeholdern zu integrieren“ (KOM 2011, 16/3, S. 7, Ziffer 21). Fraglich ist, was an CSR wirklich ethisch ist, um es als Teil einer Ethisierungsstrategie von Unternehmen ansehen zu dürfen, denn es spricht einiges dafür, CSR als eine von außen herangetragene Abwälzung von Lasten auf die Unternehmen zu sehen: Porter und Kramer (2006, S. 81 ff.) haben vier für Unternehmen vorherrschende Gründe, sich im Bereich CSR zu engagieren, herausgearbeitet: - Die Gesellschaft im Allgemeinen und viele Unternehmen im Besonderen sind der Ansicht, dass Unternehmen eine moralische Verpflichtung hätten, sich bei Projekten, die dem Gemeinwohl dienen, einzubringen. - Die Idee der Nachhaltigkeit verlangt von den Unternehmen, Verantwortung für die Umwelt und die Gemeinschaft zu übernehmen. - Die Notwendigkeit einer Erlaubnis für das unternehmerische Handeln selbst – „license to operate“ –, welche Regierung und Gesellschaft stillschweigend oder ausdrücklich voraussetzen, und schließlich: 22 - Die Reputation eines Unternehmens könnte sich durch gesellschaftlich/sozial verantwortliches Verhalten vermehren. Oder mit Porter und Kramer (2006, S. 82) kurzgefasst: „(…) it will improve a company`s image, strengthen its brand, enliven morale, and even raise the value of its stock.” Eine der Herausforderungen für Führungskräfte liegt darin, auf CSR bezogenes Handeln von anderen Formen des unternehmerischen Handelns abzugrenzen: So ist eine innovative, menschenfreundliche und leistungsgerechte Personalpolitik nicht ohne weiteres unter den Begriff „Corporate Social Responsibility“ zu subsumieren (Hemel in: Beckmann et al., 2011, S. 7). Möglicherweise könnte aber die Einrichtung eines Betriebskindergartens oder die Gewährleistung von Unterstützung bei der Pflege kranker Familienmitgliedern schon als ein „CSR“–Engagement angesehen werden (Hemel, ebenda). Die Abgrenzungsschwierigkeit weist auf das grundlegende Problem hin, warum ein Unternehmen überhaupt gesondert eine soziale Verantwortung übernehmen soll: Früher wurde die eigentliche Anforderung der Gesellschaft an die Unternehmen dahingehend beantwortet, dass „es Sache der Wirtschaft sei, Geschäfte zu treiben“ (Hemel, ebenda, zit. Milton Friedman). Da die Anforderungen an das sozialverträgliche Handeln der Unternehmen von Jahr zu Jahr in der Öffentlichkeit einen breiteren Raum einnehmen, droht den Unternehmen, wenn sie den Forderungen verschiedener Stakeholder im Namen von Moral und Nachhaltigkeit nicht nachkommen, ihre gesellschaftliche Akzeptanz, ihre „License to operate“ zu verlieren (Lin-Hi in: Beckmann et al., 2011, S. 21). Damit Unternehmen ihre eigentliche Aufgabe, Gewinne zu erzielen, noch erfüllen können, ist scharf abzugrenzen, was Stakeholder berechtigterweise von Unternehmen verlangen können und wofür sie nicht mehr verantwortlich zeichnen. Die Grenzen der CSR sind jedenfalls dort zu sehen, wo das Kerngeschäft des Unternehmens gefährdet wird (Suchanek und Lin-Hi, 2007, S.559), denn durch die unternehmerische Tätigkeit als solche übernimmt das Unternehmen bereits soziale Verantwortung, da es Arbeitsplätze bereitstellt, 23 Dienstleistungen und Güter produziert, die der Gesellschaft zugutekommen (LinHi in: Beckmann et al., S. 24; Porter und Kramer, 2006, S.91). CSR darf also nicht als grundsätzliches Argument gegen die Gewinnerzielung von Unternehmen ins Feld geführt werden, denn dies würde unternehmerisches Handeln ad absurdum führen (Lin-Hi in: Beckmann et al., 2011, S. 22 f.). Zwischenfazit: Bei allen Aspekten der Ethisierung von Unternehmen und allen bisher untersuchten Bausteinen eines Ethik-/Wertemanagements, ist den Wertvorstellungen der Führungskräfte ein entscheidender Einfluss zuzumessen. Folgt man Homann, wonach der „systematische Ort der Handlungsmoral die kontrollierte Unvollständigkeit der Verträge ist“ [Hervorhebung durch Verfasser] (Homann und Lütge, 2005, S.88), stellt sich somit die Frage, ob und gegebenenfalls wie die Wertvorstellungen der Führungskräfte und damit ihr moralisches Handeln durch Coaching beeinflusst werden können. Zunächst ist zu untersuchen, ob das Coaching von Führungskräfte an sich Auswirkungen hat, und falls dies bejaht werden kann, welche konkret ausgemacht werden können. Erst daran kann sich die weitere Untersuchung anschließen, die sich mit dem Coaching von Unternehmensethik für Führungskräfte und ihren Auswirkungen befasst. 2.3 Coaching Zum weiteren Verständnis ist es notwendig den Begriff „Coaching“ von anderen Begriffen wie „Psychotherapie“, „Training“ und „Mentoring“ abzugrenzen: Für diese Untersuchung wird Coaching definiert als „eine intensive und systematische Förderung von Individuen oder Gruppen durch den Gebrauch von einer Vielzahl von Verhaltenstechniken und –methoden, diese zu unterstützen, mit sich selbst vereinbar gehaltene Ziele oder eine bewusste Änderung ihrer selbst zu erreichen, mit dem Zweck, ihr berufliches Leistungsvermögen, ihr persönliches Wohlbefinden und als Folge davon, ihre Effektivität innerhalb einer Organisation zu verbessern (Segers et al., 2011, S. 204). 24 Coaching und Psychotherapie unterscheiden sich in ihrer Zielsetzung: Psychotherapie zieht auch Aspekte mit ins Kalkül, die nicht mit der Berufswelt des Einzelnen zu tun haben und zielt auf die Behandlung psychischer und psychosomatischer Krankheiten, Leidenszustände oder Verhaltensstörungen (Bluckert, 2005, S. 91 und 93 f; Strotzka, 1978, S. 4). Training ist im Gegensatz zu Coaching ein rigiderer, von außen bestimmter Prozess (Evers, Brouwers, Tomic, 2006, S. 174). Ein Mentor ist in Abgrenzung zu einem Coach jemand mit einem größeren Wissen, der in einem bestimmten Bereich auftritt und andere Personen mit geringeren Fachkenntnissen anleitet (Evers, Brouwers, Tomic, ebenda). Angesichts einer Fülle von Einsatzmöglichkeiten des Coaching, ist zwischen dem, was Gegenstand des Coaching sein soll (2.3.1), wer als Coach auftritt (2.3.2) und welche Herangehensweise gewählt wird (2.3.3) weiter zu unterscheiden: 2.3.1 Der Gegenstand des Coaching Ein Ziel des Coaching kann es sein, bestimmte Fähigkeiten und Fertigkeiten wie etwa das „Aktive Zuhören“, das Geben von Feedback, zu erlernen. Davon ist das Coaching zu unterscheiden, dass den Coachee lehrt, Ziele zu setzen, Hindernisse zu überwinden sowie die eigene Performance zu analysieren und zu beobachten (Wasylyshyn, 2003, S. 100). Hierzu gehört bei Führungskräften etwa einen eigenen Führungsstil zu entwickeln oder diesen zu ändern (Wasylyshyn, 2003, S. 100), Gruppen anzuleiten, zu führen und deren Performance und Effizienz zu verbessern. Schließlich lässt sich Coaching auch auf die persönliche Entwicklung und Lebensführung der Führungskraft beziehen. Was hierunter zu verstehen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Der Bogen spannt sich von der Beantwortung von Fragen, die die berufliche Entwicklung und Karriere betreffen, bis hin zur elementaren Entscheidungen in Bezug auf die eigene Lebensführung (Segers et al., 2011, S. 205; Wasylyshyn, 2003, S. 101). 25 2.3.2 Die Person des Coachs Jeder kann sein eigener Coach sein, indem er sich selber weiterbildet und entwickelt. Die Mittel hierzu sind vielfältig, beginnend mit dem Studium von Literatur bis hin zu Selbsterfahrungsgruppen mit Feedback oder Beantwortung von ins Internet gestellten Onlinebefragungen. Im Unternehmen können entweder direkte Vorgesetzte mit Linienfunktionen die Aufgabe eines Coachs wahrnehmen oder aber interne Coaches, etwa aus der Abteilung für Personalentwicklung oder einer sonstigen HR-Abteilung, welche in der Regel als Stabsabteilungen in der Organisationsstruktur des Unternehmens eingeordnet sind. Häufig werden aber auch externe Coaches für die Arbeit mit Gruppen oder Einzelpersonen zur Bewältigung einer bestimmten Aufgabe herangezogen. Jede dieser Personen vereinigt in sich Vor- und Nachteile (Wasylyshyn, 2003, S. 99): Der direkte Vorgesetzte kennt mögliche Defizite seiner nachgeordneten Mitarbeiter bezogen auf deren Verhalten und deren Fähigkeiten aus direktem Erleben. Mitarbeiter offenbaren sich gegenüber Vorgesetzten aus verschiedensten Gründen nur eingeschränkt, etwa weil sie für sich Nachteile befürchten. Der firmeninterne Coach genießt im Vergleich zu einem Vorgesetzten schon deshalb größeres Vertrauen. Er hat den Vorteil, die Unternehmenspolitik und kultur sowie die Zielvorgaben der Führungskräfte zu kennen, kämpft aber mit dem Problem der „Betriebsblindheit“. Das größte Maß an Vertraulichkeit kann zwischen dem Coachee und dem externen Coach aufgrund dessen Betriebsfremdheit entstehen. Dem externen Coach sind Feinheiten der betrieblichen Strukturen, der Unternehmenspolitik und -kultur sowie die Zielvorgaben der Führungskräfte naturgemäß weniger vertraut. Ihm hilft die Außenperspektive, neue Wege und Entwicklungsmöglichkeiten aufzuzeigen (Segers et al., 2011, S. 206). 26 Der Coach muss kein Experte auf dem Fachgebiet des Coachees sein, wesentlich ist es, dass er aufgrund seiner persönlichen und fachlichen Qualifikation in der Lage ist, die Performance des Coachee zu maximieren (Evers, Brouwers, Tomic, 2006, S. 174). 2.3.3 Die Herangehensweise beim Coaching Die Methoden und Techniken, die ein Coach zur Bewältigung seiner Aufgabe einsetzt, hängen von der Persönlichkeit des Coaches, der „Schule“, der er angehört, sowie von der Aufgabenstellung ab. So wurden mehr als 250 verschiedene Herangehensweisen festgestellt (Segers et al., 2011, S. 207, zit. Wampold [2001]). Segers et al. greifen unter der Berücksichtigung, dass Coaching und Psychotherapie auf vergleichbaren theoretischen Konstrukten beruhen, auf das von L'Abate, Frei und Wagner entwickelte ERAAwC-Modell zurück (Segers et al., 2011, S. 207), um die beim Coaching angewandten Methoden zu strukturieren: Das „Emotionality-Rationality-Activity-Awareness-Context (ERAAwC) Model” unterscheidet die verschiedenen Schulen anhand der von ihnen in den Bereichen Emotionalität, Rationalität, Aktivität, Bewusstheit und Systemik unterschiedlich gesetzten Schwerpunkte: - Der humanistische Ansatz oder die Schule der Emotionalität: Hier wird die Bedeutung von phänomenologischen Erfahrungen und persönlichen Gefühlen hervorgehoben, prominente Vertreter sind z.B. C.R. Rogers, A. H. Maslow. - Der psychodynamische Ansatz oder die Schule der Rationalität: Hier wird der Schwerpunkt auf eine realitätsbezogene Herangehensweise, die Analyse logischer und geistiger Prozesse gesetzt. Bekannte Vertreter sind Sigmund Freud und C. G. Jung. - Die Aktivitätsschule oder der behavioristische Ansatz: Hier werden Belohnungs- und Bestrafungsmuster, die Beobachtung von Verhaltensänderungen berücksichtigt, wie z.B. bei dem Modell des Behaviorismus. Bekannte Vertreter sind B. F. Skinner und A. Bandura. 27 - Die Schule der Bewusstheit: Hierunter zählen östliche Philosophien oder die Gestalttherapie nach Fritz Perls. - Die „Kontextschule“ oder der systemische Ansatz: Hier wird ein besonderes Augenmerk auf den sozialen und familiären Kontext gerichtet, innerhalb dessen agiert wird. Bekannte Vertreter sind Virginia Satir und Paul Watzlawick. Für den Überblick wird auf die Darstellung von Segers et al. Bezug genommen: Who: coach Self Linemanager Internal External Emotionality H o Rationality w : Activity s ch Awareness oo l Context Skills Performance Development/ Life What: agenda Abb. 5: The Coaching Cube (Segers et al., 2011, S. 217) 2.4 Coaching als ein weiterer Baustein eines Ethik-/Wertemangements Wie bereits aufgezeigt, können jegliche Rahmenordnungen, seien es Gesetze, Verordnungen, Unternehmensverfassungen, Kodizes oder Compliance- Richtlinien, schon nach der Theorie der unvollständigen Verträge nie vollständig sein. Es sind daher häufig Entscheidungen im Einzelfall zu treffen, die in den Rahmenordnungen keine ausdrückliche Berücksichtigung gefunden haben. 28 Zudem besteht die Notwendigkeit, Kodizes und Richtlinien zu entwickeln und sodann laufend fortzuschreiben. Damit sie Wirksamkeit entfalten können, ist es erforderlich, dass Führungskräfte und Mitarbeiter diese „leben“. Dies wiederum setzt voraus, dass Führungskräfte und Mitarbeiter Wertvorstellungen gelernt haben und ethisches Verhalten in verschiedenen Situationen üben. „Persönliches Vorbildverhalten und Engagement auf allen Ebenen der Führung einer Organisation sind Voraussetzungen für den Erfolg eines Wertemanagementsystems.“ (Wieland, 2004, S. 15) Führungskräfte sind immer wieder bei ihren Entscheidungen mit Eigeninteressen wie Karrierechancen oder Loyalitätskonflikten in Bezug auf verschiedene Stakeholder konfrontiert. Zur Vermeidung von Fehlentscheidungen sind ethische Analysen aller Entscheidungsparameter geeignet (Kreuzhof und Hacker, 2009, S. 6). Der Ansatz von Kreuzhof und Hacker besteht in einem integrativen Konzept zur Entwicklung von moralischer Kompetenz, in dessen Zentrum die Erweiterung von Handlungsspielräumen durch Ethik-Workshops und Coaching mit Feedback zur individuellen Unterstützung steht (Kreuzhof und Hacker, 2009, S. 7). „Spezifische Trainingsmaßnahmen in Hinblick auf die jeweiligen Arbeitsbereiche und Tätigkeitsfelder der Mitarbeiter sind erforderlich“ (Wieland, 2004, S. 15, Ziffer 4), gleiches gilt erst recht aufgrund ihrer Vorbildfunktion für die Führungskräfte. Badura sieht die Notwendigkeit eines „intensiven Coachings“ zur Umsetzung von Unternehmensethik bei einem prinzipienorientierten Beratungsansatz (Badura, 2002, S. 345). Dies bestätigen Lunau und Streiff in ihrem Koreferat zu Badura (Lunau und Streiff, 2002, S. 352). Sie vertreten darüber hinaus die Ansicht, dass ein intensives Coaching auch bei anderen Beratungsansätzen sinnvoll wäre. Um neue Sichtweisen kennenzulernen, werden beispielsweise philosophische Beratungsgespräche als empfehlenswert angesehen. Sei es in Form von Einzelgesprächen, Workshops oder Diskussionsrunden, nach dem Motto „Was wäre eigentlich, wenn…?“, „Was verstehe ich eigentlich unter…?“ (Schmidt, 2008, S. 433 f.). Geht man also davon aus, dass Coaching ein möglicher Baustein zur Umsetzung von Unternehmensethik sein könnte, so wäre zunächst zu untersuchen, ob und 29 wie sich Coaching bei Führungskräften auswirkt. Sollte Coaching signifikante Folgen haben, wäre zu untersuchen, ob ethisches Verhalten von Führungskräften im Unternehmen von Relevanz ist. Erst für diesen Fall käme der Beantwortung der Frage, ob Coaching von Führungskräften ein Baustein zur Umsetzung von Unternehmensethik sein könnte, weitere Bedeutung zu. 3 Auswirkungen des Coaching Das Coaching von Führungskräften findet in einer komplexen Umgebung statt: Sie sind in ein Netz von Beziehungen eingebunden, in dem eine Vielzahl von Personen unterschiedliche Führungskräfte sind daher Interessen vielfältiger repräsentieren. Natur. Die Aufgaben Führungskräfte der werden in mehrfacher Hinsicht aus- und fortgebildet, so dass es schwerfällt, die Auswirkungen des Coachings von den Einflüssen anderer Maßnahmen der Personalentwicklung abzugrenzen oder gar zu messen. Die Messbarkeit von Coaching hängt davon ab, wie der Wert dieser Maßnahme gemessen wird, und wer die Kosten dafür trägt (Hansen und Mühlemeyer, 2010, S. 40). Hansen und Mühlemeyer empfehlen zur Erleichterung der Evaluation und in der Folge der Messung des Erfolgs eine klare Zielvereinbarung, die Durchführung des Coachings zu gliedern und am Ende des Prozesses zu prüfen, ob die Ziele erreicht wurden (Hansen und Mühlemeyer, ebenda). So einsichtig diese Überlegungen auf ersten Blick erscheinen, so wenig werden sie der Tatsache gerecht, dass Coaching von Führungskräften immer auch Auswirkungen auf die Organisation des Unternehmens als solches haben dürfte, da sie nicht isoliert agieren. So kann bereits eine einzige Verhaltensveränderung der Führungskraft in einer Hinsicht einen signifikanten Einfluss auf eine Vielzahl von Mitarbeitern haben. Aufgrund des Multiplikatoreffektes kann dies zu einer erheblichen Veränderung der Performance des ganzen Unternehmens führen. Levenson (2009, S. 103) hat eine Übersicht entwickelt, innerhalb der die unterschiedlichen wirksamen Faktoren miteinander in Beziehung gesetzt werden. Dieses Bezugssystem wird in dieser Arbeit vorangestellt, um den Vorgang des Coaching im Unternehmen, seinen Einfluss und die daraus folgenden 30 Wechselwirkungen im Umfeld des Unternehmens verständlicher zu verorten und darzustellen zu können: Manager level factors ! Skills ! Motivation ! Job fit/career fit HR/Human Capital initiatives ! Team building ! Rewards ! Performance management ! Coaching Group/unit factors ! Composition ! Collaboration ! Leadership (manager) Process improvements ! Costs/margins ! Quality/innovation ! Customer satisfaction ! Learning/knowledge Strategic performance ! Market share/growth ! New products ! Brand awareness ! Customer retention Financial performance ! Stock price ! Profit/cash flow ! ROA/ROE ! EVA Abb. 6: Das Bezugssystem nach Levenson (2009, S. 108) 3.1 Weiterentwicklung der Führungskräfte Eine frühe Literaturübersicht verfassten Kampa-Kokesch und Anderson (2001, S. 205-228): Sie stellten Auswirkungen des Coachings auf die Performance von Führungskräften selbst und auf die Performance des Unternehmens fest (Kampa-Kokesch und Anderson, 2001, S. 205, 209 und 223) ebenso wie auf Self-Efficacy1 und Selbstwahrnehmung der Manager (Kampa-Kokesch und Anderson, 2001, S. 216). 3.1.1 Performance/Persönlichkeit Bowles et al. (2007, S. 388-408) untersuchten in einer empirischen Langzeitstudie (12 Monate), an der 59 Rekrutierungsmanager der US-Armee teilnahmen, die Auswirkungen eines Coachingsprogramms zur Verbesserung 1 Auf den Begriff „Self-­‐Efficacy“ wird an späterer Stelle noch näher eingegangen. Vergleiche Anhang 1. 2 3 Die Fragen 1 bis 10 werden mit Q1 bis Q10 wiedergegeben, die Überschrift enthält jeweils die 31 ihrer Performance. Ihre Befunde ergaben eine deutliche Erhöhung der erzielten Rekrutierungszahlen (Bowles et al., 2007, S. 401) im Vergleich zu den Werten ihrer nicht gecoachten Kollegen der Rekrutierungsabteilungen. Diese Langzeitstudie ist einer der ganz wenigen empirischen Untersuchungen, die mit konkreten Zahlen zur Evaluierung arbeiteten. In einer Voruntersuchung (Bowles und Picano, 2006, S. 232-239) mit 19 Rekrutierungsmanagern über einen Zeitraum von nur sechs Monaten konnte hingegen nur ein geringer Zusammenhang zwischen Coaching und der Performance festgestellt werden, was Bowles und Picano unter anderem auf den kurzen Untersuchungszeitraum und die zu geringe Frequenz des Coaching zurückführten (2006, S. 238 f.). Olivero, Bane und Kopelman hatten 1997 in einer beachtenswerten Studie – insoweit beachtenswert, weil sie ebenfalls Zahlen konkret verglichen – eine signifikante Steigerung der Performance festgestellt. An ihr nahmen 31 Manager einer im öffentlichen Bereich tätigen Agentur teil. Sie erhielten ein achtwöchiges, in Form der Dyade geführtes Coaching (Olivero et al., 1997, S. 461-469). Olivero et al. verwendeten als Messgrößen die Anzahl von vollständig und erfolgreich erledigten Aufgaben binnen einer vorgegebenen Zeit. Sie konnten einen deutlich höheren Steigerungseffekt für den Fall eruieren, dass Coaching mit einem laufenden Training zur Verbesserung der Performance verbunden worden war. (Olivero et al., 1997, S. 466). Olivero et al. setzten in ihrem Coachingprogramm folgende Schwerpunkte: • Sich Ziele setzen • Lösen von Problemen, die bei Zusammenarbeit entstehen • Übungen • Feedback lernen • Einbindung der Vorgesetzten der Führungskräfte • Evaluation der Resultate • öffentliche Präsentation des Erreichten (Olivero et al., 1997, S. 466) Teilweise wird von den Autoren diverser Studien der Begriff „Persönlichkeit“ verwandt, wenn es darum geht, Einflüsse des Coaching zu untersuchen: 32 Robie, Komar und Brown (2010, S. 446 f.) meinen mit „personality“ das Konzept der „Big Five“. Es beschreibt fünf Komponenten der Persönlichkeit: Extroversion, Verträglichkeit, Pflichtbewusstsein, Neurotizismus und Offenheit (Robie et al., 2010, S. 454). Robie et al. konnten einen deutlichen Effekt auf diese Komponenten bei den Führungskräften selbst und einen erheblichen Effekt gegenüber den Standardabweichungen nicht gecoachter Personen ermitteln, was sie darauf zurückführten, dass die Coachinginterventionen standardisiert und tiefgehender geführt worden waren und die Coachees die Gelegenheit zum Üben und für Feedback (Robie et al., 2010, S. 459) hatten. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob, und gegebenenfalls in welchem Maß, die unterschiedliche Persönlichkeit von Führungskräften unter Berücksichtigung der „Big Five“ Auswirkungen auf den Erfolg des Coachings haben könnte: Stewart, Palmer, Wilkin und Kerrin (2008, S. 32 ff.) ließen 110 Teilnehmer, darunter 85 Führungskräfte – vom Juniormanager bis zum CEO, an einem Coachingprogramm mit unterschiedlicher Dauer (mindestens drei Monate, durchschnittlich acht Monate, maximal 18 Monate) teilnehmen. Sie stellten lediglich eine positive Korrelation zwischen Coaching und Pflichtbewusstsein, Offenheit, emotionaler Stabilität und Self-Efficacy fest, meinten aber, dass die Magnitude der Korrelation zu gering sei (Stewart et al., 2008, S. 39), um Personen mit bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen im Sinne des „Big Five“, vom Coachingprozess auszuschließen. Bei Entscheidungen im Unternehmen, wer gecoacht werden soll und wer nicht, sollte daher die Persönlichkeit im Sinne der „Big Five“ keine Entscheidungsrelevanz haben (Stewart et al., 2008, S. 40). Eine andere Herangehensweise bei der Untersuchung, wie sich die Persönlichkeit von Führungskräften auswirken könnte, wählten Smither, London und Richmond (2005b, S. 181-210) bei ihrer Langzeitstudie: 33 Sie befassten sich mit der Beziehung zwischen der Persönlichkeit der Führungskräfte und ihren Reaktionen gegenüber dem „Multisource Feedback“, einem anderen Instrument der Personalentwicklung. Unter einem „Multisource (360°) Feedback“ wird hier die Evaluation von Aussagen und Beurteilungen verstanden, die über eine Person von anderen Personen getätigt werden, wobei diese zu der im Fokus stehenden Person in einer bestimmten Beziehung stehen. Hierzu zählen etwa Vorgesetzte, Kollegen, nachgeordnete Mitarbeiter, interne Kunden, externe Kunden, Verkäufer und Lieferanten. Auch die Selbstbeurteilung der zu evaluierenden Person wird zur Auswertung hinzugezogen (Smither et al., 2005b, S. 181). Die so erhobenen Daten können sehr umfangreich sein, so arbeiteten Smither et al. (2005b, S. 189) in der bereits erwähnten Studie mit 180 unterschiedlichen Evalutionsitems. Vertreter des Human Resource Management sehen das Multisource Feedback als eigenes Instrument der Personalentwicklung (Nowack, 2009, S. 280-297; Hooijberg und Lane, 2009, S. 483-493; Smither, London und Reilly, 2005a, S. 33-66) an, welches vom Coaching zu unterscheiden ist. Es ist aber für die hiesige Untersuchung gleichwohl von Bedeutung: Zum einen spielt im Coachingprozess das Feedback eine entscheidende Rolle, dies beginnt schon häufig mit der Datensammlung über den Klienten vor Beginn des eigentlichen Coachingprozesses, um Ziele festlegen zu können (Thach, 2002, S. 206). Dies setzt sich fort mit dem laufenden Feedback des Coaches gegenüber seinem Klienten und findet seinen Abschluss bei der Erfolgskontrolle nach Ende des Coaching (Thach, 2002, S. 209). Hinzu kommt, dass in der Praxis häufig Coaching und Multisource Feedback gemeinsam eingesetzt werden (Thach, 2002, S. 205). Smither, London und Richmond (2005a, S. 181-210) fanden unter anderem heraus, dass Führungskräfte, die offen für neue Erfahrungen sind, Feedback positiv gegenüberstehen. Diejenigen unter ihnen, die emotional stabiler sind als ihre Kollegen, konnten leichter motiviert werden, die so gefundenen Ergebnisse zu nutzen. Die Führungskräfte, die sich verantwortlich fühlten und offen für neue Erfahrungen waren, nahmen die Notwendigkeit, sich an einem Feedback zu 34 orientieren, eher wahr als ihre Kollegen, die andere Persönlichkeitsmerkmale aufwiesen (Smither et al., 2005b, S. 202 f.). 3.1.2 Effektivität/Zielerreichung Zwar ist häufig das primäre Ziel des Coachings bei Führungskräften, Verhaltensänderungen und Lernerfolge hervorzurufen, gleichwohl erwarten Unternehmen, dass Coaching die Effektivität des Handelns der Führungskräfte verbessert: Levenson (2009, S. 103-121) verfasste eine Literaturübersicht, in der er sich mit früheren Studien befasste: So konnten Peterson (1993) und Young und Dixon (1996) Verbesserungen der Effektivität der Führungskräfte durch Coaching feststellen (Levenson, 2009, S. 105). Die Ergebnisse der Studien basieren auf den Bewertungen von Teilnehmern des Coaching, deren Managern sowie der Coaches selbst. Die Befunde der Langzeitstudie von Thach (2002, S. 205-214) ergaben eine signifikante Steigerung der Effektivität bei Führungskräften von bis zu 60 % (Thach, 2002, S. 210). Sie wies darauf hin, dass die Wirkungen des Coaching von denen eines gleichzeitig eingesetzten Multisource Feedbacks nicht voneinander getrennt werden könnten (Thach, 2002, S. 212). Sie konnte belegen, dass jedenfalls die Kombination beider Instrumente definitiv erfolgreich war, die Effektivität zu verbessern (Thach, ebenda). Smither, London, Flantt, Vargas und Kucine (2003, S. 23-44) stellten sich im Wesentlichen folgende Fragen: • Kann Coaching Führungskräfte eher in die Lage versetzen, sich konkrete Ziele zu setzen und Vorgesetzte zu bitten, ihnen Vorschläge für Verbesserungen zu nennen? • Verbessern sich durch das Coaching die Beurteilungen im Rahmen eines Multisource Feedbacks? 35 Ihre Methode bestand in einer quasi-experimentellen Untersuchung, an der 1.361 Senior Manager teilnahmen. Diese erhielten ein Multisource Feedback, danach arbeiteten 404 von ihnen mit einem Coach, die übrigen bildeten die Kontrollgruppe. Sechs Monate später wurde eine Umfrage gestartet, um zu untersuchen, ob Führungskräfte die Ziele erreicht hatten, die sich nach dem ersten Multisource Feedback gesetzt hatten. Schließlich wurde nach weiteren sechs Monaten ein weiteres Multisource Feedback eingeholt (Smither et al., 2003, S. 29). Dieses hatte zum Ergebnis, dass es zwischen dem Coaching und dem Setzen von Zielen einen, wenn auch kleinen, positiven Effekt gab. Zwischen der Effektivität des Coaching, dem Feedback und dem Einfordern von Verbesserungsvorschlägen der Führungskräfte gegenüber ihren Vorgesetzten wurde eine positive Relation gefunden. So zeigte sich, dass die gecoachten Führungskräfte im Multisource-Feedback-Verfahren besser beurteilt wurden als die der Kontrollgruppe (Smither et al., 2003, S. 35 und 38 f.). Lernen die Führungskräfte – wie in der Studie festgestellt – sich besser Ziele zu setzen, so verbessert sich deren Performance, denn die klare Definition eines Zieles ist die erste Voraussetzung dafür, es auch zu erreichen. Auch wenn der Effekt nur klein war, kann man nicht annehmen, Coaching würde sich nicht für das Unternehmen auszahlen. Schließlich können kleine Veränderungen bei Führungskräften auch größere Auswirkungen bei der Performance des ganzen Unternehmens zur Folge haben, wie Waldman (2003, S. 146 ff.) zur Studie von Smither et al. (2003) anmerkte. Wasylyshyn (2003, S. 94-106) befragte von ihr gecoachte Führungskräfte zu den Indikationen, die für ein erfolgreiches Coaching sprechen würden. 45 % ihrer Klienten gaben daraufhin an, durch Coaching effektiver führen zu können [mehr Vertrauen; gewonnene motivationale Fähigkeiten; bessere Ergebnisse; mehr Zuversicht in die Zukunft], (Wasylyshyn, 2003, S. 102). Schließlich zeigte Wasylyshyn (2005, S. 57) anhand eines Einzelfalles (die Führungskraft sollte den vorhandenen CEO ersetzen, der zudem Inhaber des Unternehmens war) auf, wie Coaching konkret die Effektivität des Handelns einer Führungskraft verbessern konnte. 36 Eine neuere Untersuchung von Moen und Skaalvik (2009, S. 31-49) bestätigte die bisherigen Befunde in Bezug auf die erreichte Verbesserung bei der Zielsetzung durch den Einsatz externer Coaches (Moen und Skaalvik, 2009, S. 39 und 42) im Vergleich zu einer Kontrollgruppe. 3.1.3 Führungsstil/-verhalten Orenstein (2006, S. 106-116) belegt anhand einer Fallstudie, dass sich die Auswirkungen des Coaching mittels eines speziellen Fragebogens („Emphatic Organic Questionnaire“) messen lassen, im konkreten Fall eine positive Veränderung des Führungsverhaltens (Orenstein, 2006, S. 112). Diesen Befund bestätigten Evers, Brouwers und Tomic (2006, S. 174-182) mit ihren Ergebnissen einer größeren Fallstudie (41 Manager) unter Verwendung einer Kontrollgruppe (Evers et al., 2006, S. 176 und 179). Levenson (2009, S. 107) befasste sich mit Studien, deren Unter- suchungsgegenstände dem Prozess des Coachings zwar nicht gleichzustellen sind, aber eine Nähe hierzu aufweisen oder Elemente eines Coachings enthalten. Deshalb werden ergänzend einige Studien herangezogen, die Levenson in seinem Review erwähnt: • Walker und Smither (1999) stellen fest, dass von nachgeordneten Mitarbeitern gegenüber Führungskräften abgegebenes Feedback Verhaltensänderungen bei diesen Führungskräften hervorrief (Levenson, 2009, S. 107). • Seifert, Yukl und McDonald (2003) verglichen die Effektivität eines Multisource Feedback durch nachgeordnete Mitarbeiter, Kollegen und Vorgesetzten gegenüber einem reinen Workshop, den Führungskräfte besucht haben. Sie gelangten zu dem Ergebnis, dass das Feedback von den Führungskräften, Kollegen und Mitarbeiter als nützlicher angesehen wurde, als die aufgrund eines Workshops erworbenen Erkenntnisse (Levenson, 2009, S. 107). • Der Befund von Barling, Weber und Kelloway (1996) ergab, dass Training für transformationelles Führungsverhalten Auswirkungen auf die Einstellung und Haltung der Führungskräfte sowie auf finanzielle Ergebnisse des 37 Unternehmens haben kann: Sie konnten eine Verbesserung von zwei branchenspezifischen Leistungsmerkmalen in finanzieller Hinsicht feststellen (Levenson, 2009, S. 107). Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass dem Training eine viermonatige Phase folgte, in der Feedback bezogen auf die Verhaltensänderung der Manager von direkt untergebenen und nachgeordneten Mitarbeitern eingeholt wurde. Dies ist für die hiesige Untersuchung insofern von Belang, als Feedbackgeben und nehmen als ein typisches Element sowohl eines Coaching selbst, als auch einer Coachingkultur im Unternehmen anzusehen ist. Die Wichtigkeit des Führungsverhalten in Bezug auf die Entwicklung von Stress haben Rowold und Heinitz (2008, S. 129-140) untersucht und einen positiven, d.h. stressreduzierten Zusammenhang auf längere Sicht bei transformationalem Führungsstil gefunden. Nicht zuletzt gibt es einen positiven Zusammenhang zwischen transformationalen Führungsstil und objektiven Kriterien (Verkaufszahlen), worauf Felfe hinweist (Felfe, 2006, S. 168). Beamish (2005, S. 138-144) befasste sich damit, wie Führungskräfte an der Spitze („chief executives“) lernen und welches Verhalten sie von anderen Mitgliedern der Bevölkerung unterscheidet. Teilnehmer waren ausschließlich Mitglieder eines Forums für Spitzenmanager im öffentlichen Sektor in Nordirland (Chief Executive Forum [CEF] und dem „Institute of Directors“ [IoD]). Er verwandte für seine Untersuchung das „DISC-Profil“, welches sich mit dem Verhalten und Gefühlen von Personen befasst. Dieses Profil wurde bereits bei fünfzig Millionen Menschen angewandt und ist daher sehr verlässlich (Beamish, 2005, S. 139). Das DISC-Profil befasst sich mit vier Faktoren: • Dominance („D“): „Direkt und entscheidungsfreudig“: Derartige Personen sind willensstark, schätzen Herausforderungen, sind aktiv und erhalten sofortige Ergebnisse. • Influence („I“): „Optimistisch und kontaktfreudig“: Solche Menschen sind teamfähig, teilen Ideen und unterhalten andere. 38 • Steadiness („S“): „Sympathisch und kooperativ“: Hier handelt es sich um Personen, welche im Hintergrund arbeiten. Sie verhalten sich auf konsistente und vorhersehbare Weise und sind gute Zuhörer. • Conscientiousness („C“): „Ernsthaft und korrekt“: Derartige Menschen stehen für Qualität, planen gerne im Voraus, gehen systematisch an eine Sache heran. Die Befunde ergaben im Vergleich zur Gesamtbevölkerung bemerkenswerte Unterschiede: Extroversion v. introversion Group General population Sample Chief Executive Forum (CEF) CEF male CEF female Institute of Directors (IoD) IoD male All female Extroversion (%) 46 66 64 58 83 67 69 77 Introversion (%) 54 34 36 42 17 33 31 23 Abb. 7: (Beamish, 2005, S. 140). Population comparisons of the four main behavioural types Behavioural type D (%) I (%) General population 18 28 Combined study 30 36 Chief Executive Forum 30 34 CEF male 33 25 CEF female 24 59 Institute of Directors 29 40 IoD male 29 40 All female 22 52 S (%) 40 20 26 29 17 13 13 17 C (%) 14 14 10 13 0 18 18 9 Abb. 8: (Beamish, 2005, S. 142) Die an der Studie teilnehmenden Führungskräfte schienen mehr daran interessiert zu sein, „was“ zu tun, als „wie“ etwas getan werden könnte (Beamish, 2005, S. 140). Die vorgenannten Charakteristika wurden mit Daten von CEO`s nachgeordneten Managern verglichen, wobei die gefundenen Unterschiede zu diesen Managern sich größtenteils mit der Häufigkeit der Befunde in der Gesamtbevölkerung 39 spiegelten. Da es aber nicht möglich war, die Größe der vergleichbaren Population für Manager zu bestimmen, konnte keine echte Signifikanz festgestellt werden (Beamish, 2005, S. 143). Abgesehen von der fehlenden Signifikanz, kommt den Befunden zumindest eine Indizwirkung zu, die beim Coaching von Führungskräften Beachtung finden sollte: Nimmt man an, dass die untersuchten Merkmale gelernt werden, ergeben sich Ansatzpunkte für das Coaching von bestimmten Verhalten bei Führungskräften. Vertritt man hingegen die Auffassung, diese Merkmale seien Teil der Persönlichkeit, so lassen sie sich identifizieren und im Unternehmen in Coachingprozessen zumindest berücksichtigen (Beamish, 2005, S. 144). 3.1.4 Self-Efficacy /Selbstwahrnehmung Für die weitere Untersuchung wird der Begriff „Self-Efficacy“ beibehalten, weil die deutsche Übersetzung „Selbstwirksamkeitserwartung“ zum besseren Verständnis wenig beiträgt. Mit„Self-Efficacy“ ist die Erwartung gemeint, aufgrund eigener Kompetenz gewünschte Handlungen erfolgreich ausführen zu können (Moen und Skaalvik, 2009, S. 31). Die Auswirkungen des Coachings von Führungskräften auf deren „perceived Self-Efficacy“ sind in mehreren Studien untersucht und bestätigt worden [KampaKokesch und Anderson, 2001, S. 216 mit Hinweis auf die Studie von Gegner, (1997)]. Moen und Skaalvik (2009, S. 31-49) arbeiteten mit einem Pretest-, PosttestControl-Groupdesign über einen Zeitraum von fast einem Jahr mit 144 Managern (Moen und Skaalvik, 2009, S. 37 f.) zusammen: Zwanzig der Führungskräfte nahmen an einem externen Coachingprogramm teil, 124 an einem auf Coaching basierten Führungs-programm. Ihr Befund ergab einen signifikanten Effekt des Coachings auf die Variable „Self-Efficacy“ (Moen und Skaalvik, 2009, S. 42). Moen veröffentlichte diese Studie zusammen mit Allgood noch anderweitig (Moen und Allgood, 2009, S. 69-81). 40 Levenson äußerte sich zu dieser Frage in seinem Review (Levenson, 2009, S. 103-121) über die Erhebungsmethoden diverser Studien im Zeitraum bis 2009 kritisch. Er vermisste den Einsatz von Kontrollgruppen (Levenson, 2009, S. 106) und erhob deshalb die Arbeit von Smither et al. (2003, S. 23-44) positiv hervor. Im Gegensatz zur Annahme von Levenson (Levenson, 2009, S. 106) haben aber auch Evers, Brouwers und Tomic (2006, S. 176) mit einer Kontrollgruppe gearbeitet. Sie stellten fest, dass die Annahmen der Coachees zur Selbstwirksamkeit bei der Setzung von Zielen höher war als in der Kontrollgruppe (Evers, Brouwers, Tomic, 2006, S. 180). Ob Levenson bei Fertigung seines Reviews die Arbeit von Moen und Skaalvik respektive Allgood bekannt war, kann diesseits nicht geprüft werden. Schließlich sei zum Faktor „Selbstwahrnehmung“ nochmals die bereits erwähnte Befragung von Wasylyshyn (2003, S. 94-100) genannt: 48 % der von ihr befragten, früher von ihr gecoachten Klienten erwähnten ein erhöhtes Verständnis ihrer selbst [Wahrnehmung der eigenen Motivation; genauere Selbstwahrnehmung; Verständnis, dass es zur Erreichung der Karriereziele notwendig ist, Eigeninitiative zu ergreifen] (Wasylyshyn, 2003, S. 103). Wie wichtig ein möglichst hohes Maß an Selbstwahrnehmung (self-awareness) für Führungskräfte sein kann, soll stellvertretend für viele andere Wirkungszusammenhänge an folgendem Beispiel veranschaulicht werden: In einer globalisierten Welt wird erfolgreiche unternehmerische Tätigkeit durch interkulturelles Verständnis der maßgebliche Führungskräfte begünstigt (Handin und Steinwedel, 2006, S. 18-28). Eine Voraussetzung hierfür ist eine entsprechende Selbstwahrnehmung oder Selbsterkenntnis der Manager, damit Wissbegierde auf andere Kulturen entsteht, also „ethnorelatives Verhalten“ möglich wird (Handin und Steinwedel, S. 23). Handin und Steinwedel haben die aus ihrer Sicht relevanten Verhaltensweisen in überzeugender Weise zusammengestellt: 41 Ethnorelative Behaviors Curiosity Cultivation Collaboration Competencies Inquiry skills Listening skills Self-awareness Self-development Discernment Understanding others (needs, customs, values) • Patience • Optimism • • • • • • • Relationship building • Agility (flexibility, adaptability, facilitation) • Motivation others • Personal disclosure Knowledge • One’s own culture • Other cultures Underlying Values • Learning • Knowledge • The other (what you want to grow and what “it” requires for growth) • How to request and invite rather than tell or sell • Personal strengths • The other’s skills, knowledge, capability, etc. • Integration as opposed to conversion • Love • Pleasure • Self-worth Qualities • Respect • Appreciation • Humility • Achievement • Learning • Developing relationships • Other’s ideas/perspectives Abb. 9: The Basis of Cross-Cultural Competencies (Handin und Steinwedel, 2006, S. 23) 3.1.5 Lernerfolg/Fertigkeiten Wasylyshyn (2003, S. 94-106) untersuchte bei ehemaligen, von ihr gecoachte Führungskräfte die Nachhaltigkeit der Lernfähigkeit und der erreichten Verhaltensänderungen: Auf einer Nachhaltigkeitsscala von 1 bis 10 gaben mehr als die Hälfte der Befragten ein erreichtes Niveau von 6 bis 8, über ein Drittel ein Niveau von 9 bis 10 an. Dieses Ergebnis veranlasste Wasylyshyn zu erneuten Analyse der Daten. Sie kam zu der Annahme, dass die befragte Gruppe sich aus Personen zusammensetzt, die gut qualifiziert und hoch motiviert waren (Wasylyshyn, 2003, S. 104). Die Befunde von Wasylyshyn, Gronsky und Haas (2006, S. 65-81) zeigen sowohl nachhaltige Lernerfolge als auch nachhaltige Verhaltensänderung von Führungskräften durch Coaching: Gegenstand des von ihnen als „VISTA“ benannten und ihrer Ansicht nach anerkannten Coachingprogrammes waren drei Hauptthemen: (1) Verbesserung der emotionalen Kompetenz (Wasylyshyn et al. ziehen den Begriff „emotionale Kompetenz“ dem der „emotionalen Intelligenz“ vor [2006, S. 65], (2) ein besseres Verständnis davon, welchen Einfluss sie – die 42 Führungskräfte – auf andere haben, sowie (3) ein effektiveres Karrieremanagement (Wasylyshyn et al., 2006, S. 73). Die untersuchte Personengruppe bestand aus Managern, die das „VISTA“Coachingprogramm absolviert hatten. Über 52 % der Teilnehmer beschrieben eine hohe Nachhaltigkeit des erreichten Lernerfolges und der erzielten Verhaltensänderungen (Wasylyshyn et al., 2006, S. 74). Auffallend ist, dass sich die Teilnehmer – gefragt nach Verbesserungsvorschlägen für ein zukünftiges Coaching – ein größeres Maß an Selbstwahrnehmung und einen tieferen Einblick darin, wie ihr Verhalten auf andere Menschen wirkt, wünschten (Wasylyshyn et al., 2006, S. 74). Festzuhalten ist, dass Wasylyshyn et al. hier nicht mit einer Kontrollgruppe gearbeitet haben. Robie, Komar und Brown (2010, S. 446-467) konnten belegen, dass ihre Annahme, Coaching würde eine der „Big Five“ Faktoren, nämlich die „general cognitive ability“, (Robie et al., 2010, S. 454) im Vergleich zur Kontrollgruppe verbessern, durch die aufgefundenen Daten unterstützt wird (Robie et al., 2010, S. 459). Styhre und Josephson (2007, S. 1295-1304) ermittelten einen positiven Zusammenhang zwischen Coaching, der Verbesserung der Kommunikation und dem Erlernen von Kenntnissen zur Bewältigung der Führungsaufgaben der Coachees (Styhre und Josephson, 2007, S. 1301 ff.). Jones, Rafferty und Griffin (Jones et al., 2006, S. 584-596) untersuchten, ob Coaching die Flexibilität des Handelns von Führungskräften erhöhen kann. Flexibilität ist eine wichtige Fertigkeit für Manager, sich an Veränderungen möglichst rasch und effektiv anpassen zu können (Jones et al., 2006, S. 585). Sie verwendeten zur Ermittlung ein 360° Multisource Feedback (Jones et al., 2006, S. 586) und teilten die 67 Manager, welche sich an der Studie beteiligten, in drei Gruppen auf: Gruppe 1 begann mit dem Coachingprogramm unmittelbar nach dem Feedback, Gruppe 2 startete vier Monate später, Gruppe 3 stellte die Kontrollgruppe dar. 43 Jones et al. fanden ihre Hypothese bestätigt, es stellte sich ein signifikanter, linearer Trend heraus, wonach die Flexibilität des Handelns zunahm (Jones et al., 2006, S. 592). Wie Thach (2002) erkannten sie, dass die Wirkung des Coaching von denen des 360° Multisource Feedback schwer zu trennen waren (Jones et al., 2006, S. 593 f.). Abschließend sei noch die Studie von Perkins erwähnt (Perkins, 2009, S. 298318), welche die bisherigen Befunde der positiven Auswirkungen des Coaching auf den Lernerfolg und auf Verhaltensänderungen von Führungskräften – hier Verbesserung der Effizienz von Besprechungen – bestätigte (Perkins, 2009, S. 311 ff.). 3.1.6 Work-Life-Balance Die Ausgewogenheit von Arbeit und Erholung ist essentiell für die Gesundheit und damit die Leistungsfähigkeit von Mitarbeitern und Führungskräften. Hughes verweist für Großbritannien auf Untersuchungen, die zum Ergebnis hatten, dass der britischen Volkswirtschaft jährlich Kosten von etwa 12 Milliarden Pfund durch Krankheiten von Arbeitnehmern entstehen, die direkt mit ihrer Arbeit und den damit verbundenen Umständen zu tun haben (Hughes, 2007, S. 281). Die Zahl derartiger Erkrankungen nimmt in Deutschland inzwischen sogar stark zu, wie unlängst die Mitteilungen der Bundesagentur für Arbeit in 2012 zeigten. Die richtige Ausgewogenheit zwischen Arbeit und Erholung ist für Führungskräfte, die in der Regel einer hohen Arbeitsbelastung unterworfen sind, besonders wichtig: Wasylyshyn (2003, S. 94-106) befragte von ihr gecoachte Klienten unter anderem zu den Indikatoren, die für ein erfolgreiches Coaching sprechen würden. Zu dem Bereich „Work-Life-Balance“ gaben 63 % der Befragten an, dauerhafte Verhaltensänderungen (Verlagerung des Schwerpunktes auf die Herstellung von Beziehungen; bessere Integration von Beruf und Familie) bei sich festgestellt zu haben (Wasylyshyn, 2003, S: 103). Bowles et al. (2007, S. 388-408) konnten in der bereits erwähnten Studie zur Steigerung der Performance von 59 Rekrutierungsmanagern der US-Army 44 belegen, dass diese durch Coaching in einem hohen Maße die von ihnen gesteckten Ziele (Bowles et al., 2007, S: 396), nämlich • Verbesserung von physischem, mentalem Wohlbefinden • mehr Zeit für Kinder und Ehepartner erreichen konnten (Bowles et al., 2007, S. 397 f. und 402). Einen ähnlichen positiven Zusammenhang zwischen Coaching und dem Maß an Lebenszufriedenheit konnten Bowles und Picano (Bowles und Picano, 2006, S. 236) in der bereits erwähnten Vorstudie mit 19 Rekrutierungsmanagern feststellen. Styhre und Josephson (2007, S. 1295-1304) verfassten eine Langzeitstudie von einem Jahr, an der Führungskräfte aus der Industrie mitwirkten (Styhre und Josephson, 2007, S. 1297). Sie übermittelten ihre Ergebnisse, die während der Studie gewonnen wurden, an eine Referenzgruppe von Managern eines vergleichbaren Industrieunternehmens. Diese erhielten die Gelegenheit, Vorschläge zu unterbreiten, wie Coaching effektiv eingesetzt werden könnte (Styhre und Josephson, 2007, S: 1299). Die gecoachten Manager gaben an, dass ihre Fähigkeiten, über ihre gesamte Arbeits-/Lebenssituation besser reflektieren zu können, gewachsen seien (Styhre und Josephson, 2007, S. 1301). Intensiv haben sich Lyness und Judiesch (2008, S. 789-805) mit der Frage auseinandergesetzt, ob es Führungskräften möglich wäre, eine Karriere zu verfolgen und daneben noch Zeit für Partnerschaft und Familie zu haben. In ihrer Untersuchung berücksichtigten sie die Ergebnisse von Selbstbeurteilungen und Multisource Feedbacks von Kollegen der Manager und deren Vorgesetzten (Lyness und Judiesch, 2008, S. 789). Ihrer Studie lagen Angaben von 9.627 Managern aus 33 Ländern zugrunde (Lyness und Judiesch, 2008, S. 792 f.): Es stellte sich heraus, dass zwischen der Ausgewogenheit von Arbeit und Erholung und der positiven Entwicklung der angestrebten Karriere eine Relation angenommen werden kann. 45 3.2 Auswirkungen auf das Unternehmen Gibt es, wie in Ziffer 3.1 beschrieben, bislang eine überschaubare Anzahl von empirischen Studien zu den Auswirkungen des Coaching auf die Entwicklung der Führungskräfte, so sind es noch weniger Untersuchungen, die sich mit den Auswirkungen des Coaching von Führungskräften auf das Unternehmen als Ganzes befassen. Empirische Datenerhebungen finden sich kaum und besonders schwierig wird es, Erhebungen zu finden, die sich mit dem ROI des Coaching unter Berücksichtigung von unternehmerischen Kennzahlen befassen. Wie noch zu zeigen sein wird, werden zum ROI von Coachingleistungen bloße Behauptungen aufgestellt, ohne diese durch Vorlage von konkreten Daten zu untermauern. Jedenfalls scheinen die Unternehmen, die Coachingleistungen in Auftrag geben, ihre diesbezüglichen Zahlen zum ROI zurückzuhalten, wobei damit unterstellt wird, sie hätten eigene Erhebungen, was diesseits nicht geprüft werden konnte. 3.2.1 Unternehmenserfolg/-Ziele/ROI Levenson (2009, S. 111) konzipierte seine eigene Untersuchung als eine Sammlung von einzelnen Fallstudien: Er interviewte zwölf als Direktoren oder höher einzustufende Führungskräfte von Großunternehmen aus den Bereichen produzierendes Gewerbe, Finanzdienstleistungen und Gesundheitswesen sowie deren jeweilige Coaches. Sein Befund ergab, dass in keiner der Fälle Coaching einen von anderen Interventionen klar abzugrenzenden, direkten Einfluss auf konkrete Geschäftsergebnisse hatte. In den meisten Fällen waren seiner Meinung nach die durch das Coaching angestrebten Verhaltensziele zu weit von den Hindernissen entfernt, die einem messbaren Geschäftserfolg entgegenstanden (Levenson, 2009, S. 115). In diesen Fällen spielte Coaching neben weiteren Maßnahmen, die getroffen wurden, eine wichtige Rolle (Levenson, 2009, S. 116). Levenson fand weiter heraus, dass in einer kleineren Anzahl der von ihm ausgewerteten Fälle, Coaching allein einen positiven, wenn auch schwierig zu 46 quantifizierbaren Effekt auf den Geschäftserfolg des Unternehmens ausübte (Levenson, S. 116). Wheeler (2011, S. 1-15) befasste sich mit der Fragestellung, ob die Übernahme von Coaching-Techniken durch Manager mit Linienfunktion einen Beitrag zur Erreichung von Unternehmenszielen leisten kann. Sie setzte Fragebögen bei den nachgeordneten Mitarbeitern ein und führte mit den Managern nicht strukturierte Interviews (Wheeler, 2011, S. 5). Vier Niederlassungen mit vergleichbar großen Teams, aber unterschiedlich guter Performance im Verkauf, traten gegeneinander an. Aufgrund der erhaltenen Resultate konnte Wheeler belegen, dass die Manager Coaching-Verhalten annahmen (Wheeler, 2011, S. 6). Sie setzten folgende Techniken ein: Sie versorgten ihre Mitarbeiter mit Informationen, leiteten Mitarbeiter an, Verantwortung zu übernehmen, agierten als Vorbild und verwendeten Elemente einer vorteilhaften Kommunikation wie „Aktives Zuhören“ und ermunterten Mitarbeiter, sich Feedback zu holen (Wheeler, 2011, S. 6-10). Manche Manager stellten bestimmte Fragen, um die Mitarbeiter zu Perspektivenwechsel zu veranlassen (Wheeler, 2011, S. 9). Wheeler gelangte unter anderem zu der Erkenntnis, dass die Verwendung von Coaching-Techniken durch Linienmanager dazu beiträgt, Unternehmensziele zu erreichen und Coaching ebenfalls dazu beitragen kann, das Verhaltensrepertoire von Mitarbeitern gegenüber den Kunden zu verbessern (Wheeler, 2011, S. 14). Wheeler verglich die Erfolgsquoten der beteiligten Niederlassungen vor und nach dem Programm (Wheeler, 2011, S. 10): Bei drei von vier Niederlassungen steigerten sich die Erfolgsquoten, bei einer Niederlassung blieben sie gleich, worin sie weiteren Forschungsbedarf erkannte (Wheeler, 2011, S. 11). Xanthopoulou et al. (2009, S. 183-200) fanden nur einen indirekten Beleg dafür, dass Coaching geeignet sein könnte, die Einnahmen eines Unternehmens zu erhöhen: Es ist jedoch hervorzuheben, dass hier nicht Führungskräfte gecoacht wurden, sondern die Führungskräfte selbst ihre Mitarbeiter täglich coachten (Xanthopoulou et al., 2009, S. 187). 47 Selbst da gelang es nicht, einen direkten Nachweis zu führen, denn Self-Efficacy, OSBE (Organizational-based self-esteem) und Optimismus spielten als Prozessvariablen im Verhältnis von Autonomie der Mitarbeiter, Coaching und Arbeitsklima im Team auf der einen Seite und Arbeitsmoral auf der anderen Seite (Xanthopoulou et al., 2009, S. 196) eine Rolle. Sie fanden jedoch einen gewissen Zusammenhang zwischen Arbeitsmoral, den „job resources“ und den Einnahmen des Unternehmens (Xanthopoulou 2009, S. 196). Jedenfalls hoben sie die Bedeutung des täglichen Coaching und seine Auswirkungen auf die Arbeitsmoral hervor, stellten also somit einen indirekten Zusammenhang zwischen Coaching und den Einnahmen her (Xanthopoulou, 2009, S. 197). Wie eingangs unter 3.2 erwähnt, sind aussagekräftige Studien zum Thema Coaching und return on investment nicht auffindbar. Coaches oder Coachingfirmen machen Werbung, anstatt prüffähige Daten zu liefern: Anderson (2005, S. 10): „the ROI of Coaching is often about 700 percent“, ohne dies zu erklären und zu belegen. Oder: Anderson (2010): Eine amerikanische Coachingfirma (Metrixglobal/Cylient) befragte – im Auftrag eines Großunternehmens, das nach Angabe nicht genannt werden wollte – telefonisch nach vorheriger E-Mail-Kontaktaufnahme, 43 Führungskräfte aus den verschiedensten Bereichen der Wirtschaft (Anderson, 2010, S. 3): „Coaching produced a 529 % return on investment and significant intangible benefits to the business.“ Zwar wurden anschließend von Anderson weitere Angaben gemacht, wie etwa: Die Mitarbeiterzufriedenheit habe um 43 %, die Kundenzufriedenheit um 53 %, der „work output“ um 30 % zugenommen, diese Angaben sind so jedoch nicht prüffähig. Wie sich der Betrag von 529 % zusammensetzen soll, war nicht festzustellen. Es wurden keine weiteren Angaben gemacht, eine derartige Aussage ist ebenfalls nicht prüffähig. Parker-Wilkins (2006, S. 122-127) bezog sich auf 26 Führungskräfte, die von Metrixglobal/Cylient befragt wurden. Danach sei insgesamt ein „ROI of USD 3.268.325 (689 percent)“ ermittelt worden. Auch hier fehlen nähere Angaben, Aussage ebenfalls nicht prüffähig. 48 Whitley (2009, S. 28-32) erwähnt eine Fallstudie (Fragebogenaktion und Geschäftsergebnisse wurden zugrunde gelegt), danach soll Coaching dazu geführt haben, dass 18 % weniger Fehlzeiten bei den Mitarbeitern zu verzeichnen wären, die Mitarbeiterbindung sich um 26 % erhöht haben soll und die Profite um 4 % bis 11 % gestiegen sein sollen (Whiteley, 2009, S. 32). Auch hier fehlen genauere Angaben. Ebenso wenig liefert die Fallstudie über British Telecommunications auswertbare Daten (Brumwell und Reynolds, 2006, S. 20 ff.): So sollen Kapazität und Produktivität um 12 % gestiegen sein, was einer jährlichen Kostenersparnis von 20 Millionen britischen Pfund entspräche (Brumwell und Reynolds, 2006, S. 23). Hier ist ein großes Forschungsdefizit festzustellen. Es sollte versucht werden, von Unternehmen oder Unternehmensverbänden Daten zum Thema Coaching und direktem ROI zu erhalten und diese auszuwerten, wobei die Unternehmen selbst anonymisiert werden könnten. 3.2.2 Unternehmenskultur/-organisation Mc Dermott, Levenson und Newton (2007, S: 30-37) befragten 55 Unternehmen. Ansprechpartner waren regelmäßig Direktoren, Vizepräsidenten von HRAbteilungen oder von Abteilungen für Unternehmensentwicklung. 80 % der befragten Unternehmen waren international tätig, generierten (2003) jährlich in Mittel 18,5 Milliarden USD und verfügten über durchschnittlich 34.000 Mitarbeiter. Die Unternehmen hatten ihren Hauptgeschäftssitz in Europa, überwiegend jedoch in den USA (McDermott et al., 2007, S. 31). Es wurden folgende Fragen an die Führungskräfte gestellt: (1) Bis zu welchem Ausmaß beeinflusst Coaching die Ressourcen eines Unternehmens, einschließlich Teamarbeit und Durchführung, Kommunikation, Motivation der Mitarbeiter, die Unternehmenskultur und die Unternehmenswerte? (2) Erzielen Unternehmen, die Coaching verstärkt einsetzen, eine größere Effektivität? 49 (3) Sind interne Coaches im Gegensatz zu externen Coaches eher geeignet, bestimmte Ergebnisse zu erzielen? (4) In welchem Maß steuern die Unternehmen den Coachingprozess und messen die Auswirkungen? (McDermott, 2007, S. 31). Es zeigte sich, dass die Beauftragung von externen Coaches von der Position der Führungskraft im Unternehmen abhängig ist, das heißt: Je höher die Position, desto eher wird ein externer Coach beauftragt (McDermott, 2007, S. 32). Die Befunde zu den positiven Auswirkungen des Coaching sind aufschlussreich, sie werden deshalb nachfolgend detailliert dargestellt: Perceived Impact of Coaching „How effective overall is the coaching that takes place in your organization?” Mean = 3.4 Scale: 1 = Not At All Effective; 2 = Slightly Effective; 3 = Moderately Effective; 4 = Effective; 5 = Highly Effective “Please indicate the extent to which coaching has a positive Mean % Indicating impact on each of the following in your organization: “Large” or Scale: 1 = Not at all; 2 = Slight; 3 = Moderate; 4 = Large; 5 = “Extremely Large” Extremely Large” 1. My organization`s ability to execute its business strategy 3.1 33,3% 2. Alignment and teamwork among our senior leadership team Teamwork at levels below the senior leadership team 3.2 37,0% 3.2 30,2% 3.0 27,8% 5. The effectiveness of my management processes Development of future leaders 3.8 53,7% 6. The effectiveness of or change management efforts 3.0 29,6% 7. Our senior manager´s use of appropriate leadership behaviors The motivation or engagement level of our employees/team The improvement of individual employee`s performance 3.6 51,9% 3.0 25,9% 3. 4. 8. 9. organization`s talent 3.5 48,2 % 10. Organizational culture and values 3.1 27,8% 11. The perception that management is responsive to workplace issues 12. The notion that development is important in this organization 13. Communication of important but sensitive messages 2.6 11,3% 3.7 55,6% 2.8 33,3% Abb. 10: Perceived Impact of Coaching (McDermott et al., 2007, S: 33) Auffallend ist, dass nur ein Drittel der internen und externen Coachings von den Unternehmen hinsichtlich ihrer Effektivität evaluiert wurden (McDermott et al., 2007, S. 36). Weniger als 40 % von diesem Drittel haben die Auswirkungen des 50 Coachings durch ein 360° Multisource Feedback prüfen lassen (McDermott ebenda). Besonders bemerkenswert, wenn auch – wegen des in der Psychologie allgemein bekannten Phänomens des Widerstandes – wenig verwunderlich, ist die folgende Erkenntnis dieser Studie: „Too often, coaching is judged solely by whether the coachees felt good about the process rather than whether they were challenged by it.” (McDermott, 2007, S. 36) Die Studie gelangt für die Zukunft zu dem Ergebnis, dass Coaching für die Effektivität des Unternehmens von Bedeutung ist, falls es auf systematische und strategische Art und Weise angewandt wird. Erforderlich sind dafür: eine klare Führung an der Spitze des Unternehmens, die Disziplin, klare Verhaltensziele zu setzen und den Erfolg zu messen, Coaching und andere zur Entwicklung von Führungsqualitäten durchgeführte Programme zu integrieren sowie das Management von internen und externen Coaches zu zentralisieren (McDermott, 2007, S. 36). 3.2.3 Einfluss auf Mitarbeiter Agarwal, Angst und Magni (2009, S. 2110-2134) untersuchten den Effekt von Coaching über mehrere Hierarchieebenen hinweg: In die Studie waren 32 Führungskräfte, 114 Manager, die diesen Führungskräften nachgeordnet waren, sowie 328 Verkäufer, welche den Managern direkt unterstellt waren, involviert. Agarwal et al. konnten zwar bestätigen, dass durch Coaching der mittleren Manager die Arbeitszufriedenheit der Verkäufer positiv beeinflusst wurde, das Coaching der Führungskräfte sich auf die Zufriedenheit der Verkäufer hingegen kaum auswirkte (Agarwal et al., 2009, S. 2125). Interessanterweise war auch der Effekt des Coachings der mittleren Manager auf die Verkäufer deutlich stärker, als der Einfluss des Coachings der Führungskräfte auf die Manager der mittleren Ebene (Agarwal et al., 2009, S. 2126 f.). Die Anwendung von CoachingTechniken durch die Führungskräfte hat also die Intensität des Coachings insgesamt nicht erhöht (Agarwal et al., 2009, S. 2125). Es war kein Transfer von 51 Coachingeffekten durch die Hierarchieebenen hindurch, erkennbar (Agarwal et al., 2009, S. 2128). Dieses Ergebnis führt zu der Erkenntnis, dass es mehr Sinn macht, nicht ein Coachingmodell für alle Hierarchieebenen anzuwenden, sondern jeweils eines für jede Hierarchieebene „maßzuschneidern“ (Agarwal et al., 2009, S. 2128). McGuffin und Obonyo (2010, S. 141-149) ermittelten in einer Fallstudie innerhalb eines multinationalen amerikanischen Unternehmens, ob und auf welche Weise Coaching aus der Sicht von Mitarbeitern nützlich und wirkungsvoll sein kann. Sie versandten Fragebogen an die Angestellten des Unternehmens, von denen 52 schließlich für die Auswertung zur Verfügung standen. 24 Personen hatten an keinem Coachingprogramm teilgenommen, 32 Mitarbeiter nahmen in einem Zeitraum von 2000 – 2006 an einem solchen teil. Unter den Angestellten, die an keinem Programm teilgenommen hatten, waren Projektmanager, Projektingenieure, Betriebschefs usw. In der Vergleichsgruppe Führungspositionen inne, hatten waren 66 % CEOs, der gecoachten Direktoren, Mitarbeiter stellvertretende Abteilungsleiter usw. (McGuffin und Obonyo, 2010, S. 145). Es zeigten sich signifikante positive Auswirkungen des Coachings bei den Mitarbeitern in den Bereichen: • Lebensfreude • Privatleben • Freundschaft • geschäftliche Beziehungen • Bewältigung täglicher Aufgaben • Entscheidungsfindung (McGuffin und Obonyo, 2010, S. 146). Zusammengefasst kann gesagt werden, dass Coaching Einfluss auf das Wachstum im persönlichen und beruflichen Bereich nehmen konnte (McGuffin und Obonyo, 2010, S. 147). Wenson (2010, S. 607-616) interviewte im Rahmen einer Fallstudie zwanzig Mitarbeiter von vier Führungskräften, die zuvor ein Coaching erhalten hatten (Wenson, 2010, S. 608). 52 Zunächst wird eine Übersicht der Ergebnisse präsentiert und diese anschließend erläutert: Coaching Validation Information Participation Time Counseling Feedback Personal Relationships Theme 2: Effects of Management Creating Safety Theme 1: Theme 3: Management Tools Resulting in a Motivated Environment Dept of Communication Innovation Creativity Teamwork Theme 4: Phenomenon Presents itself Abb. 11: The realized phenomenon (Wenson, 2010, S. 610) Zum Thema 1 „Motivation“: Wichtig war den Mitarbeitern, von den Managern wahrgenommen, informiert und ermutigt zu werden, was zu einer Steigerung ihres Selbstwertgefühls führte (Wenson, 2010, S. 611). 95 % der Teilnehmer erklärten, wenn ihre Manager ihre Arbeit bewerteten (Wenson, 2010, S. 614), seien sie mehr motiviert. Zum Thema 2 „Sicherheit“: Coaching half den Managern, ein Teamgefühl entstehen zu lassen. Wichtig war den Mitarbeitern, dass sie das Gefühl hatten, darüber informiert worden zu sein, ob sie sich bei ihren Projekten auf dem richtigen oder falschen Weg befanden (Wenson, 2010, S. 612). Zum Thema 3 „Kommunikation“: Die Anzahl der Gespräche mit den Führungskräften häufte sich, sie erkundigten sich bei Mitarbeitern nach deren persönlichen Befinden und sind auf Schwierigkeiten der Mitarbeiter bei der 53 Bewältigung von Arbeitsaufgaben unterstützend eingegangen (Wenson, 2010, S. 613). Und schließlich als zentrales Thema 4 „Selbstreflexion“: Mitarbeiter nahmen wahr, dass sich die Führungskräfte über Veränderungen im Umgang mit ihnen ernsthafte Gedanken machten (Wenson, 2010, S. 613 f.). Eine Vielzahl von Führungskräften bejahen die Notwendigkeit in den Unternehmen, eine Coachingkultur zu implementieren, wobei sie selbst als Coaches ihrer Mitarbeiter fungieren wollen (Anderson, Frankovelgia und HernezBroome, 2009, S. 20 ff.). Aus diesem Grund ist die Studie von Liu und Batt (2010, S. 265-298) hier von Belang: Liu und Batt untersuchten, wie Führungskräfte durch Coaching die Performance ihrer Mitarbeiter und damit ihres Unternehmens verbessern können. Die Studie ist auch deshalb bemerkenswert, weil die Mitarbeiter eine sehr homogene Gruppe darstellten, da sie gleiche Funktionen (Telefonservices) ausübten (Liu und Batt, 2010, S. 275). Es nahmen 2.327 Mitarbeiter teil. Liu und Batt konnten eine starke und signifikante Auswirkung des Coaching auf die persönliche Performance der Mitarbeiter festmachen, ebenso, dass die Art und Weise, wie die Manager ihre Abteilungen führten, Einfluss auf die individuelle Performance hatte (Liu und Batt, 2010, S. 286 ff.). Zwischenfazit: Von den bisher gefundenen Ergebnissen seien die Bedeutung des Coaching für die Erhöhung der Ausgewogenheit Selbstwahrnehmung von Arbeit und (self-awareness) Erholung und für (Work-Life-Balance) die der Führungskräfte hervorgehoben. Ebenso ist von Belang, dass Coaching so die Effektivität des Unternehmens erhöht, wenn es auf systematische Art und Weise angewandt wird. Ein klares Defizit weist der bisherige Forschungsstand bei der Untersuchung des Verhältnisses zwischen dem Einsatz von Coachingprogrammen für Führungskräfte und einen mittels unternehmerischer Kennzahlen konkret ermittelbaren return on investment. 54 3.3 Coaching von Ethik Unternehmenserfolg und Auswirkungen auf 3.3.1 Ethisch-orientierter Führungsstil und Unternehmenserfolg den Peus, Kerschreiter, Frey und Traut-Mattausch (2010a, S. 198-212) untersuchten den Zusammenhang zwischen einem ethisch-orientiertem Führungsstil und objektiv messbarem Unternehmenserfolg. Sie erstellten einen Review über insgesamt elf Studien und werteten deren Ergebnisse aus. Hinsichtlich der Auswertung im Detail wird auf die Darstellung von Peus (2010, S. 203 f.) verwiesen2. Ihrer Auffassung nach ist der ethisch-orientierte Führungsstil geprägt durch: - das Bestreben der Führungskräfte in Übereinstimmung mit ethischen Grundsätzen zu handeln, diese ethischen Grundsätze ihren Mitarbeitern zu kommunizieren dass den Führungskräften andere Menschen ein Anliegen sind (Peus et al., 2010, S. 198 f). Es sind in den letzten Jahren diverse Führungsstile konzipiert worden, die eine ethische Perspektive aufweisen, auf die Unterscheidung von Peus et al. (2010a, S. 201) wird für diese Untersuchung Bezug genommen: _______________________________________________________________________________________ Key similarities with ethical leadership Key differences from ethical leadership _____________________________________________________________________________________________________ Transformational leadership - Concern for others - Ethical decision making - Integrity - Role modeling - Ethical leaders emphasize ethical standards, and moral management (more transational) - Transformational leaders emphasize vision, values, and intellectual stimulation Authentic leadership - Concern for others - Ethical decision making - Integrity - Role modeling - Ethical leaders emphasize moral management (more transactional) and “other” awareness - Authentic leaders emphasize authenticity and self-awareness Spiritual leadership - Concern for others - Ethical leaders emphasize moral management - Integrity - Spiritual leaders emphasize visioning, hope/ - Role modeling faith; work as a calling _____________________________________________________________________________________________________ Abb. 12 Comparison between ethical leadership and transformational, authentic, and spiritual leadership [(adapted from Brown & Treviño, 2006), Peus et al., 2010a, S. 201]. 2 Vergleiche Anhang 1. 55 Diese Führungsstile sind in den elf ausgewerteten Studien enthalten und werden inhaltlich unterschieden, jedoch nicht in Bezug auf die von ihnen verursachten, gemessenen ökonomischen Effekte. Von den elf ausgewerteten transformationalem/transaktionalem Studien befassen Führungsstil, je sich eine mit sieben mit ethischem, authentischem und spirituellem Führungsstil. In der beschränkten Anzahl der gefundenen Studien ergibt sich einerseits die so beschränkte Aussagekraft, andererseits der weitere Forschungsbedarf. Insgesamt lässt sich die Annahme rechtfertigen, dass ethisch-orientierter Führungsstil folgende ökonomische Effekte erzielt (Peus et al., 2010a, S. 209): • MacKenzie et al., (2001): für einen signifikanten positiven Zusammenhang in Bezug auf persönliche Verkaufszahlen • Barling et al. (1996); Clapp-Smith et al., (2009); Fry Matherly, (2006): dafür, dass Ziele der Organisation/des Unternehmens erreicht wurden • Howell & Avolio, (1993); Peterson et al., (2009): dafür, dass ein bestimmter Prozentsatz von Zielen erreicht wurde • Geyer & Steyrer, (1998): fanden eine Verbesserung in verschiedensten Produktkategorien im Verhältnis zu den Kunden und dem Marktpotential • Rowold & Heinitz, (2007): in Bezug auf den Profit der Branche • Keller, (2006): eine Erhöhung der Profitabilität von Produkten, die von Forschungs- und Entwicklungsteams entwickelt wurden • De Hoog et al., (2004): eine Erhöhung der Profitabilität ganzer Unternehmen. Peus et al. (2010a) wagten es nicht, eine Kausalität zwischen den Resultaten der Studien und einem ethisch-orientierten Führungsstil aufgrund der kleinen Anzahl der Studien herzuleiten. Gleichwohl fanden sie die Annahme gerechtfertigt, dass eher ein Einfluss des ethisch-orientierten Führungsstil auf die Messergebnisse anzunehmen ist, als umgekehrt. Forschungsbedarf sehen sie für Untersuchungen im Bereich des ethischen, authentischen und spirituellen Führungsstils bei der Untersuchung weiterer Variablen, die eine Beziehung zwischen ethisch-orientierten Führungsstil und 56 Geschäftsergebnissen beschreiben könnten, den Einfluss nationaler Kulturen auf diesen Führungsstil sowie in einem systematischen Vergleich von verschiedenen Industrien unter der Anwendung dieses Führungsstils (Peus et al., 2010a, S. 211 f.). Eine aufschlussreiche Studie legte Schönborn vor (2010, S. 234-242): An einer Online-Befragung nahmen 2.273 Personen aus 46 deutschen Unternehmen teil. Die Resultate belegen, dass das Profil der Variablen der Unternehmenskultur von erfolgreichen Unternehmen von dem Profil von Unternehmen abweicht, die weniger erfolgreich sind. Zu den Variablen zählt der Fokus auf Kompetenz, Engagement und Jobzufriedenheit bei den Mitarbeitern im Vergleich zu weniger erfolgreichen Firmen. Mitarbeiter scheinen zufriedener und motivierter zu sein, auf ihre Gesundheit wird mehr geachtet. Im Gegensatz dazu tendieren die weniger erfolgreichen Firmen, mehr Wert auf eine höhere Formalisierung von Prozessen und Diversität im Unternehmen zu legen (Schönborn, 2010, S. 240). Hieraus schließt Schönborn auf einen Zusammenhang zwischen der Kultur des Unternehmens und dem Erfolg des Unternehmens (ebenda). Schließt man sich Schönborns Befunden an, so könnte mit der gebotenen Vorsicht folgender Schluss gezogen werden: Wenn Coaching von Führungskräften Auswirkungen auf die Unternehmenskultur hat (siehe Ziffer 3.2.2 der Thesis) und eine bestimmte Unternehmenskultur – etwa mitarbeiterorientiert – Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg, so kann ein Zusammenhang von Coaching der Führungskräfte auf den Unternehmenserfolg bejaht werden: Werden also bestimmte Werte einer Unternehmenskultur erfolgreicher Unternehmen im Sinne der von Schönborn festgestellten Variablen gecoacht, ändern die Führungskräfte dadurch die Firmenkultur entsprechend, und so kann sich der Unternehmenserfolg verbessern. Wie sehr sich unterschiedliche Wertvorstellungen von Führungskräften auf ihren Führungsstil und sich auf ihre Bereitschaft auswirken, im Bereich CSR tätig zu 57 werden, zeigt eine aufschlussreiche Studie von Groves und La Rocca (2011, S. 511 und 520). Sie konnten einen Zusammenhang nachweisen, wonach Führungskräfte, für die Altruismus, die universalen Menschenrechte und Kant`sche Prinzipien maßgeblich sind, einen transformationalen Führungsstil pflegen, eher bereit sind, sich für CSR-Initiativen einzusetzen. Im Gegensatz dazu stehen die Führungskräfte, die sich an dem Konzept des Utilitarismus orientieren. Diese bevorzugen einen transaktionalen Führungsstil und stehen CSR – die Vertreter des Handlungsutilitarismus mehr, die Vertreter des Regelutilitarismus weniger – eher ablehnend gegenüber (Groves und La Rocca, 2011, S. 520 ff.). 3.3.2 Ethisches Verhalten von Führungskräften Auswirkungen auf das Mitarbeiterverhalten und ihre Tanner, Brügger, van Schie und Lebherz (2010, S. 225-233) entwickelten zur Untersuchung des ethischen Verhaltens von Führungskräften einen „Ethical Leadership Behavior Scale“ (ELBS) (Tanner et al., 2010, S. 229). Mittels des ELBS ließen sie in einem ersten Schritt das ethische Verhalten von Führungskräften durch 592 Angestellte in 110 Arbeitsgruppen beschreiben und in einem zweiten Schritt die Haltung der Angestellten und deren Arbeitsergebnisse ermitteln (Tanner et al., 2010, S. 228). Wie angenommen, konnten durch ELBS positive Vorhersagen zur Arbeitszufriedenheit, Bekenntnis zur Arbeit (affective commitments) und Arbeitseinsatz getroffen werden. Hingegen gab es keinen direkten Zusammenhang zwischen ethischem Führungsverhalten und Gesundheitsproblemen und emotionaler Erschöpfung der Mitarbeiter, aber indirekte Auswirkungen über verschiedene Variablen zum Thema „Einstellung zur Arbeit“ (Tanner et al., 2010, S. 231 f.). Das ethische Verhalten der Führungskräfte hatte in jedem Fall einen direkten Einfluss auf die Häufigkeit von Absenz von Mitarbeitern (Tanner et al., 2010, S. 232). Das von Tanner et al. entwickelte ELBS kann sowohl als diagnostisches Instrument zur Messung des ethischen Verhalten von Vorgesetzten als auch zum 58 Training von ethischem Verhalten eingesetzt werden (Tanner et al., 2010, S. 232). 3.3.3 Ethische Führung und ihr Einfluss auf die Attraktivität des Unternehmens als Arbeitgeber Strobel, Tumasjan und Welpe (2010, S. 213-224) befassen sich mit der Frage, ob und auf welche Weise sich ethischer Führungsstil auf die Attraktivität eines Unternehmens aus der Sicht der Mitarbeiter auswirken könnte. Hierbei setzten sie das von Tanner et al. entwickelte ELBS (Strobel et al., 2010, S. 216) in zwei Studien ein. In der ersten Studie, an der 85 Studenten zweier deutscher Universitäten einen Fragebogen auszufüllen hatten, wurden für fünf Faktoren signifikante Auswirkungen ermittelt (Strobel et al., 2010, S. 216): • • • • • Generelle Attraktivität des Unternehmens Ansehen des Unternehmens Interesse an der Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses Fähigkeit der Führungskraft, eine Vision aufzuzeigen und diese zu formulieren Innovationsfreudigkeit der Unternehmen In der zweiten Studie, einer Online-Befragung von 617 Studenten einer großen deutschen Universität, wurde wiederum das ELBS eingesetzt. Die Teilnehmer hatten das ethische Verhalten anhand eines hypothetischen Szenarios zu bewerten. Die Ergebnisse bestätigten den Befund der ersten Studie, ergänzt um den Faktor „persönlicher Stress“, bei dem ebenfalls ein positiver Zusammenhang mit der ethischen Führung von Führungskräften festgestellt werden konnte (Strobel et al., 2010, S. 218). Zwischenfazit: Auffallend ist, dass die Untersuchung von Peus et al. (2010a, S. 198-212) – wie viele andere auch – sich zwar mit dem ethischen Verhalten von Führungskräften und seinen Auswirkungen befasst, aber nicht damit, wie dieses Verhalten gelernt, gefördert, trainiert und ausgebildet werden kann. Soweit ersichtlich, gibt es keine empirische Studie zu den möglichen Effekten des Coaching von Ethik bei Führungskräften auf sie selbst und das Unternehmen. Hier tut sich ein weiteres Feld für die zukünftige Forschung auf. 59 3.4 Die Bedeutung des Coaching von Führungskräften für mittlere und kleinere Unternehmen Die bislang untersuchten Studien bezogen sich – soweit dies anhand des untersuchten Materials feststellbar war – auf große Unternehmen und Organisationen. Zu untersuchen, ob die gefundenen Untersuchungsergebnisse in jeder Hinsicht auf mittlere und kleine Unternehmen zutreffen, würde für diese Arbeit zu weit führen. Wegen der Bedeutung der Frage sollen zumindest zwei Untersuchungen nicht unerwähnt bleiben: Peel (2008, S. 1-18) weist zurecht daraufhin, dass es nach Angaben der Europäischen Kommission in Europa ca. 20,5 Millionen Unternehmen gibt, die 122 Millionen Menschen beschäftigen [Stand 2003]. 99,8 % von diesen Firmen sind mittlere und kleine Unternehmen (Peel, 2008, S. 1 f.). Die Europäische Kommission versteht unter kleineren und mittleren Unternehmen solche, die weniger als 250 Mitarbeiter beschäftigen und einen Umsatz von weniger als 50 Millionen englische Pfund erzielen (Peel, 2008, S. 2). Die Besonderheit derartiger Firmen liegt unter anderen darin, dass sie nicht etwa große Firmen im Kleinen abbilden, sondern jeweils einzigartig sind (Peel, 2008, S. 3). Peel verweist auf Voruntersuchungen, die keinen Zusammenhang zwischen Training und einer Performanceverbesserung bezogen auf Überleben am Markt, Anstieg der Verkaufszahlen und Profitabilität finden konnten (Peel ebenda). Dies wird zum einen auf die fehlende Forschung, zum anderen auf die schiere Anzahl der Variablen zurückgeführt, die Untersuchungen hierzu erschweren oder gar unmöglich machen. Hinzu kommt die Besonderheit, dass das Management in kleinen Firmen nicht von der Motivation und Handlungen der Eigner getrennt werden kann, zudem sei der Führungsstil häufig „autocratic, egocentric, impulsive and often unpredictable“ (Peel, 2008, S. 4). Peel untersuchte zehn Unternehmen (Peel, 2008, S. 10): Soweit in diesen Firmen Vorbehalte gegen Coaching gefunden wurden, wurden sie mit den beschränkten finanziellen Möglichkeiten und mit Zweifeln daran, dass Coaching zu einem ROI führen kann, begründet (Peel, 2008, S. 9/10). Hier bedarf es 60 offensichtlich noch erheblicher Aufklärung über die Vorteile von Coaching und Training zur Steigerung der Produktivität in den Unternehmen: Würde es durch Coaching und Training zu einer Steigerung von nur 1 % der Produktivität kommen, so wäre angesichts der großen Zahl dieser Unternehmen die Auswirkungen auf die Volkswirtschaft enorm, was Peel`s Rechenexemplar für Großbritannien veranschaulicht (Peel, 2008, S. 11). Bei der zweiten, hier vorgestellten Studie handelt es sich um die von Ling, Simsek, Lubatkin und Vega. Sie untersuchte den Einfluss von CEO´s mit transformationalem Führungsstil auf die Performance von kleineren und mittleren Unternehmen (Ling et al., 2008, S. 923-934) bei 121 Unternehmen. Sie konnten einen signifikanten positiven Effekt auf die Performance des Unternehmens objektiv feststellen (Ling et al., 2008, S. 928 ff.). 3.5 Zur Evaluation von Coaching Wie unterschiedlich die Ansätze zur Evaluation von Coaching in der Forschung bislang waren, belegen die in Kapitel 3 vorgestellten Studien. Zusätzlich sind wegen der feststellbaren Schwierigkeiten bei der Evaluation folgende ergänzende Anmerkungen angebracht: Levenson (2009, S. 106 f.) nimmt die Untersuchungen von Olivero et al. (1997, S. 461-469) und Bowles et al. (2007, S. 388-408) zum Anlass, festzustellen, dass der Erfolg von Coaching auch anhand von harten Messgrößen direkt ermittelbar ist und nicht nur indirekt, wie die meisten Studien zeigten. Nach Levenson (2009, S. 105) leiden fast alle Studien an dem Mangel, dass ihnen keine echten Feldversuche unter randomisierten Bedingungen zugrunde gelegt waren, so dass nicht entschieden werden könne, ob die festgestellten Änderungen auf das Coaching selbst oder aber auf andere Einflüsse wie Trainings, Performance Management, Teambuilding-Prozesse und ähnliche Maßnahmen der Personalentwicklung zurückzuführen sind. Levenson weist in seiner Studie (2009, S. 103-121) ausdrücklich darauf hin, dass bisherige Untersuchungen zu den Auswirkungen des „Coaching“ – im Gegensatz zu den Untersuchungen für die Bereiche „Job und Team-Design“ – die 61 Rollenkomplexität und Interdependenz zu wenig berücksichtigt hätten, was aber – wie seine Untersuchungen zeigten – erforderlich gewesen wäre: „What is important for coaching impact measurement is that the context within which the executive operates dictates their behaviors necessary for the executive to positively impact business results. Including information on the business context and the associated actions and behaviors as part of the measurement approach is recommended for future evaluation efforts.” (Levenson, 2009, S. 117). Unter dem Vorbehalt, die durch die geringe Fallzahl eingeschränkte Aussagekraft seiner Studie, gelangt er zu folgenden Ergebnissen (Levenson, 2009, S. 118): - Ein direkter Einfluss des Coaching auf den Geschäftserfolg kann in den Fällen angenommen werden, in denen Führungskräfte unmittelbar auf Gruppenprozesse einwirken, um so vorgegebene Geschäftsziele zu erreichen. - In den Fällen, in denen kein direkter Zusammenhang zwischen Coaching und möglichen Auswirkungen auf den Geschäftserfolg gefunden werden konnten, diente Coaching mehr dem Zweck der persönlichen Entwicklung der Führungskraft, als dem Ziel, bestimmte Geschäftsergebnisse zu erreichen. - Die Erweiterung der Handlungsmöglichkeiten der Führungskraft könnte sich positiv auf den Erfolg auswirken, wenn es darum geht, zukünftig neue Rollen zu besetzen und auszufüllen. In diesen Fällen könnte eine indirekte Auswirkung des Coaching auf Geschäftsergebnisse bejaht werden (Levenson, ebenda). - Es sei zu berücksichtigen, dass die von ihm herangezogenen Daten auf Selbstbeobachtungen der interviewten Personen beruhten, so dass die Gefahr von Wahrnehmungsverzerrungen (biases) der Interviewpartner bestünden. - Analysen, die nur „harte Fakten“ heranzögen, hätten hingegen Schwierigkeiten, einen validen statischen Zusammenhang zwischen Coaching und Geschäftsergebnissen herzustellen. 62 - Es sei deshalb sinnvoller, sowohl „harte Fakten/harte Zahlen“ als auch Berichte in Form von Selbstbeobachtungen bei der Evaluation und Validierung von Coaching heranzuziehen (Levenson ebenda). Noch vertiefender befassen sich anderen Autoren mit der Problematik: Ely et al. (2010, S. 585-599) nahmen die aktuelle Diskussion über die geeigneten Methoden zur Evaluation zum Anlass und erstellten einen Review hierüber. Sie untersuchten insgesamt 49 empirische Studien (Ely et al., 2010, S. 593), die bis auf drei zum Untersuchungszeitpunkt veröffentlicht waren. Die veröffentlichten Studien wurden über die Datenbanken PsycInfo und ProQuest aufgefunden (Ely et al., ebenda). Da im Rahmen dieser Thesis sämtliche Studien über die Datenbanken Business Source Complete, PsycINFO, PsycARTICLES, PsycBOOKS, PSYNDEX und Business Source Premier eruiert worden sind, wird daraus geschlossen, dass diese Studien von dem Review von Ely et al. erfasst wurden. Ely et al. haben die von ihnen begutachteten Studien nicht in einer namentlichen Liste erfasst (Ely et al., ebenda). Unter ihnen fanden sich zwanzig Studien, die peer-reviewed waren, sechs Studien, die nicht peer-reviewed waren sowie zweiundzwanzig Dissertationen und eine Konferenzpräsentation (Ely et al., 2010, S. 594). Deren Methoden zu Evaluation, die Datenquellen, die Art der Datenerfassung und das Design werden in der folgenden Übersicht deutlich: Table 4 Evaluation methodologies, datasources, data analysis approach and experimental designed used in leadership coaching studies __________________________________________________________________ Frequency Percentage Evaluation methodology Case study 7 14% Interview 24 49% Survey 33 67% Data source Self-report Subordinates Peers Superiors Coach 48 10 8 12 6 98% 20% 16% 24% 12% 63 __________________________________________________________________ Frequency Percentage Data analysis approach Interpretational anaylsis 23 47% Descriptive statistics 34 69% Inferential statistics 16 33% Experimental design Pre/post comparison 14 29% Control group 7 14% __________________________________________________________________ Note. Percentages are based on total number of studies (N=49) Abb. 13: Evaluation methodologies (Ely et al., 2010, S. 595) Es zeigt sich, dass die Umfragen mit 67 %, die Selbstbeurteilungen mit 98 % herausragen. Der Vorhalt Levensons (2009, S. 103-121) wird bestätigt: In nur 14 % der Studien wurde mit Kontrollgruppen gearbeitet. Die Arbeit von Ely et al. (2010, S. 595) belegte den in der Thesis in Ziffer 3.2.1 erwähnten Mangel an Studien zum „Return on Investment“ von Coaching: Hinsichtlich der einzelnen Auswertung der in der Thesis vorgestellten Studien wird auf die tabellarische Übersicht in Anhang 3 verwiesen. Table 5 Evaluation criteria assessed in leadership coaching studies __________________________________________________________________ Frequency Percentage Trainee reactions Satisfaction with coaching 13 27% Perceived coaching effectiveness 24 49% Cognitive learning Self-awareness Cognitive flexibility 11 3 22% 7% Affective learning Self-efficacy Job satisfaction 11 5 22% 10% Behavior Assessment of goal progress Self-report Other-report Engagement in key behaviors Self-report Other-report 20 20 5 42 40 14 41% 41% 10% 86% 82% 29% Results Retention 2 4% ROI 5 10% ________________________________________________________________ Note. Percentages are based on total number of studies (N=49) Abb. 14: Evaluation criteria (Ely et al., 2010, S. 595) 64 Ely et al. (2010, S. 596 f.) geben folgende Empfehlungen ab, denen sich angeschlossen wird: • Die Bemühungen um Evaluation sollen die Daten von mehreren Quellen berücksichtigen. Insbesondere sollten bei der Beurteilung von Verhaltensänderungen Multisource Daten von Mitarbeitern, Kollegen und Vorgesetzten verwendet werden (was hier als 360° Multisource Feedback verstanden wird), um die Auswirkungen auf den Geschäftserfolg besser beurteilen zu können. • Führung wird als sozialer Einfluss verstanden, der die Berücksichtigung der Mehrperspektivität der Coachingeffekte erfordert, was unter anderem Veränderungen der Einstellung und der Performance der Beteiligten zum Inhalt hat. • Die Evaluation sollte berücksichtigen, dass sich manche Coachingeffekte erst nach Monaten oder gar nach Jahren zeigen (Ely et al., 2010, S. 596 f.). Schreyögg (2011, S. 89-96) schließt sich der Kritik von Ely et al. an und vertritt die Ansicht, dass „letztlich nur solche Effekte in Organisationen solide erfasst werden, die umfassend standardisierbar sind, bei den Ausgangs- und Endzustand sowie die Transformationsschritte technologisiert und damit genau zu bestimmen sind“ (Schreyögg, 2011, S. 94). Abgesehen davon, dass Schreyögg nicht genau ausführt, was sie mit Anfangsund Endzustand genau meint, stellt sich allerdings die Frage, ob die „Technologisierung“ unbedingt erforderlich ist: Schließlich belegen die im 3. Kapitel der Thesis besprochenen Studien zumindest indirekt regelmäßig positive Effekte, was nach der hier vertretenen Ansicht auch für die ethischen Maßnahmen im Unternehmen gilt. Priddat (2009, S: 341-357) meint dazu zu Recht, dass der „net profit“ ethischer Konzepte nicht wirklich darstellbar sei, und es doch nicht allein darum gehen kann, die Kosten vor dem Controlling zu rechtfertigen (Priddat, 2009, S. 344). 65 Was die Evaluation von Coaching noch zusätzlich erschwert, ist folgender Umstand: Viele der Studien, die sich mit Multisource Feedback als Personalentwicklungsinstrument befassen oder Multisource Feedback zur Evaluation zur Ermittlung von Coachingeffekten einsetzen, sehen Multisource Feedback zu unkritisch: Etwa Smither et al., (2005a, S. 58), Hooijberg und Lane (2009, S. 486/488, 491) oder Jones, Rafferty und Griffin (2006, S. 586): „The use of 360-degree feedback is one of the best methods to promote increased selfawareness of skill strengths and deficiencies“. Dies wird von Koonce (2010, S. 21 ff.), Schreyögg (2011, S. 91) und insbesondere Nowack (2009, S. 280-297) kritisch gesehen, denn es können zum Coaching Umstände eintreten, die beinflussende Faktoren sind, wie der Eintritt neuer Mitarbeiter oder parallel durchgeführte Maßnahmen der Personalentwicklung, wie Training und spezielle Fortbildungen. Zwischenfazit: Die Schwierigkeiten der Evaluation sind kein starkes Argument gegen den Einsatz von Coaching, sondern eine Herausforderung, hier weiter zu forschen, wobei im Zweifel der Ansicht von Priddat der Vorzug gegeben werden sollte: Denn nicht alles was Wirkung zeigt, kann gemessen werden. Es ist Levenson (2009, S. 119) zuzustimmen, vorab die Gründe zu analysieren, die auf die Performance der Führungskraft und deren Abteilung einwirken, um entscheiden zu können, ob - Coaching zur Behebung des Problems ungeeignet ist, - Coaching mit anderen Interventionen der Personal- und/oder Organisationentwicklung eingesetzt werden sollte oder aber, ob - Coaching als das Mittel der Wahl gilt, weil in ihm das größte Potential innewohnt, die Lösung des anstehenden Problems anzugehen. Da es nicht der Alltagserfahrung entspricht, dass Führungskräfte ausschließlich gut qualifiziert und hoch motiviert sind, nennt Wasylyshyn (2003, S. 104) die aus 66 ihrer Sicht maßgeblichen Kategorien für die Entscheidung von Unternehmen, wer gecoacht werden sollte: • Erfolgreiche Führungskräfte und andere Mitarbeiter mit hohem Potential. Diese Personen haben in der Regel keine Performanceprobleme, sie sind generell an ihrer eigenen Entwicklung und der Fortentwicklung als Führungskraft interessiert. Sie schätzen den Wert einer offenen Kommunikation mit dem Coach und wüschen kontinuierliches Feedback. Hier empfiehlt Wasylyshyn ein kundenorientiertes 1:1 Führungs- kräftecoaching. • Führungskräfte, die „möglicherweise aus dem Ruder laufen“. Hier gibt es im Bereich der Performance Schwierigkeiten, die jedoch nicht so schwerwiegend sind, dass Vorgesetzte und das Personalmanagement der Ansicht sind, dass man sich über den Erhalt der Führungskraft im Unternehmen Gedanken machen sollte. Hier würde es sich eventuell anbieten, als Instrument besser ein Performancemanagement einzusetzen. • Führungskräfte, die „bereits aus dem Ruder gelaufen sind“. Wegen der in diesen Fällen häufig anzutreffenden, vom Coach nicht zu lösenden negativen Schwierigkeiten im Grundeinstellung Auftritt, bietet der es Führungskraft sich eher an, und über deren eine Ausscheidensvereinbarung zu verhandeln und sich von dieser Führungskraft zu trennen (Wasylyshyn, 2003, S. 105). 3.6 Diskussion der Ergebnisse Das von Levenson (2009, S. 108) entwickelte und zu Anfang des Kapitel 3 vorgestellte Bezugssystem (vgl. Abb. 6) kann nicht nur zur Darstellung der Wechselwirkungen des Coaching in der komplexen Struktur eines Unternehmens verwandt werden, sondern zudem, um gezielt innerhalb dieser Struktur auftretende Defizite zu ermitteln und damit Coaching gezielt zu deren Behebung einzusetzen (Levenson, 2009, S: 109). 67 Zusammenfassend lässt sich statuieren, dass Coaching von Führungskräften auf sie selbst, auf Mitarbeiter und Unternehmen positive Auswirkungen hat (vgl. Ziffer 3.1 und 3.2). Ebenso ist belegbar, dass ethisches Verhalten von Führungskräften im Unternehmen von Relevanz ist (vgl. Ziffer 3.3) und Schwierigkeiten bei der Evaluation des Coaching (vgl. Ziffer 3.5) kein starkes Argument sind, die gegen den Einsatz von Coaching sprechen. Vorbehalte von Inhabern und Chefs kleiner und mittlerer Unternehmen könnten durch Information und Aufklärung überwunden werden (vgl. Ziffer 3.4). Es bleibt noch zu untersuchen, ob die verschiedenen Stakeholder unterschiedliche Erwartungen und Anforderungen an das Coaching haben: 4 Erwartungen und Anforderungen an das Coaching So unterschiedlich die Aufgaben sind, welche mit Hilfe des Coaching besser bewältigt werden sollen, so unterschiedlich sind auch die Anforderungen, die an das Coaching von Führungskräften gestellt werden. Mit dem Wechsel der Perspektive ändert sich in der Regel auch die entsprechende Erwartungshaltung der Beteiligten und damit auch die Anforderungen, die an das Coaching gestellt werden: Nachfolgend werden die Erwartungen aus der Sicht der Führungskräfte (4.1), aus der Perspektive der nachgeordneten Mitarbeiter (4.2), in der Wahrnehmung Dritter (4.3) sowie aus dem Blickwinkel der Unternehmenseigner (4.4) untersucht und die Ergebnisse festgehalten (4.5): 4.1 Zur Aus der Sicht der Führungskräfte Beurteilung kräften wird herangezogen, zunächst die eine das Befragung Center for von 3.400 Creative FührungsLeadership (ccl.org/leadership/research/history/index.aspx), eine Nonprofit-Einrichtung in den USA, und Cylint, eine amerikanische Coachingfirma, durchführen ließen: Anderson, Frankovelgia und Hernez-Broome (2009, S. 20 ff.) werteten diese Untersuchung aus und ermittelten fünf Schwerpunkte in folgender Rangfolge: 68 (1) Einsatz von Führungskräften als Vorbilder zur Implementierung einer Coachingkultur im Unternehmen: 69 % der Befragten empfehlen, Führungskräfte und Manager in Coaching selbst auszubilden. 72 % empfehlen den Einsatz dieser so ausgebildeten Kräfte, um im Unternehmen einen Kaskadeneffekt auszulösen, da derartige Führungskräfte als Vorbilder im Unternehmen fungieren könnten. 35 % der Befragten wünschen sich, dass Führungskräfte individuell gecoacht werden. (2) 51 % der Befragten befürworten, dass die Coachingkultur im Unternehmen mit dessen strategischen und taktischen Zielen abgestimmt werden sollte. (3) 46 % der Befragten empfehlen, ihre Führungsmannschaften zur Frage der Umsetzung in der Unternehmenskultur selbst zu coachen. (4) Für 43 % war es wichtig, dass gelerntes Coaching-Verhalten im Unternehmen explizit wahrgenommen und belohnt werden sollte, um so die Nachhaltigkeit einer implementierten Coachingkultur zu gewährleisten. (5) Coaching sollte nach Ansicht von 43 % mit anderen Lern-, Entwicklungs- und Managementprozessen integriert werden. Die befragten Führungskräfte versprachen sich von einem derartigen Einsatz folgenden intangiblen Nutzen: • • • • • • • • • Höheres Engagement der Mitarbeiter Höhere Zufriedenheit mit der Arbeit als solche und mehr Moral Verbesserte Zusammenarbeit Verbessere Teamarbeit Besserung der Arbeitsverhältnisse im Allgemeinen Mehr Gemeinschaftsgeist Verbesserte Fähigkeit, Strategien umzusetzen Stärkere Mitarbeiterbindung an das Unternehmen Erhöhung der Anpassungsfähigkeit bei Change-Prozessen (Anderson, Frankovelgia und Hernez-Broome, 2009, S. 22). 69 Einen anderen Ansatz hat Stevens gewählt (2005, S. 274 und 276), der sieben Topmanager (CEO`s) ausführlich interviewte. Das Ergebnis seiner Befragung wird nachfolgend auszugsweise wiedergegeben.3 „Q1: Definition/purpose of EC To help the CEO and/or president… • Gain a deeper, broader, clearer understanding of the issues they contend with in their role; • Shape and set the tone or ethos of the organization [Hervorhebung durch den Verfasser]; and • Say and do necessary but difficult things in the right way. Q2: Why engage in EC • To have a sounding board that challenges and sharpens one`s thinking; • For self-improvement; to strengthen one´s ability to meet the responsibilities of the position; and Q3: “Ingredients” of an effective EC engagement Coach-centered: • Authentic, genuine, and ethical in personal character [Hervorhebung durch den Verfasser]; respectful in demeanor; possessing a smart, insightful perspective; and • Capable of listening to what is said and to what is meant. Executive-centered: • Willingness to consider issues from a different point of view; • Openness to influence; willingness to be helped; • Capable of trusting another person and engaging in honest, open dialogue; and • Psychologically mature and healthy. Context-centered: Q10: Training and preparation of the coach • Needs a theoretically sound foundation in human psychology and social systems; • Needs a familiarity and comfort with the business environment and context; • Needs a ability to see and work with organization design/structure problems; and • Needs to have a real-world understanding. Dies zeigt, dass es um die Frage des ethischen Handelns in Unternehmen geht (vgl. Frage Q1) und darum, einen Gesprächspartner zu finden, der intellektuell ebenbürtig (vgl. Frage Q2) sowie authentisch und unverfälscht ist. Er sollte über einen ethischen Habitus verfügen sowie in der Lage sein, die Dinge aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Schließlich sollte der Coach über 3 Die Fragen 1 bis 10 werden mit Q1 bis Q10 wiedergegeben, die Überschrift enthält jeweils die Definition und den Zweck des Executive Coaching (EC), der komplette Frageboten ist im Anhang 2 wiedergegeben. 70 fundierte Kenntnisse (vgl. Frage Q10) der menschlichen Psychologie und über eine realistische Weltsicht verfügen. Spitzenmanager von 55 Unternehmen – überwiegend aus den USA und teilweise aus Europa – beantworteten die Fragen von McDermott et al. (2007, S. 236) nach den von ihnen gewünschten Eigenschaften eines Coaches: Sie messen auf einer Skala von 1 – 7 [1 weniger wichtig – 7 sehr wichtig] die größte Bedeutung einer eigenen früheren Führungserfahrung seitens des Coaches (6.2) zu. Fast den gleichen Stellenwert hatte die allgemeine Erfahrung im Wirtschaftsleben (6.1), gefolgt von früheren Coachingerfahrungen im eigenen Unternehmen (5.8). Weniger Wert wurde auf einen Universitätsabschluss in Psychologie seitens des Coaches gelegt (4.8) (McDermott et al., 2007, S. 36). Wasylyshyn (2003, S. 94-106) sieht das etwas anders, sie hält eine Promotion in Psychologie für indiziert (2003, S. 105). Hier stellt sich die Frage, ob dies nicht damit zusammenhängt, dass Wasylyshyn Doktor der Psychologie ist. Ein Bias? Wohl ja: Diese Überlegungen werden gestützt durch die Ermittlungen von Feldman und Lankau (2005, S. 832 f.) unter Hinweis auf den Review von Garman, Whiston und Zlatoper [2000], (Feldman und Lankau, 2005, S. 833) sowie von den Befunden von Bono et al., (2009, S. 361-404). Die Auswertungen von Stevens (2005, S. 274 ff.) und McDermott et al. (2007, S. 36) zeigen, welche Prioritäten Manager bei den Anforderungen an einen Coach setzen: • Erfahrung • „Critical thinking“ • Authentizität • Fähigkeit zum Perspektivenwechsel • kompetenter Gesprächspartner zu sein • ethischer Charakter 71 Dabei ist die Dauer und Qualität der Beziehung, die zwischen Coach und Führungskraft im Coachingprozess entsteht, eine moderierende Variable: Je besser die Arbeitsbeziehung ist, desto höher ist die Self-Efficacy der Führungskraft, wie Baron und Morin (2009, S. 85-106) anlässlich einer empirischen Untersuchung anhand von 31 dyadischen Coach-Coachee Paarungen feststellen konnten. Überraschenderweise sind für den Erfolg eines Coaching eher die von den Führungskräften verlangten Eigenschaften und Fähigkeiten eines Coaches und die Qualität der Arbeitsbeziehung maßgeblich, als die vom Coach gewählte Herangehensweise oder Technik (Kilburg, 2004, S. 203-213). Kilburg zieht hier das Verhältnis von Therapeut und Klienten betreffend, einen Vergleich zu den empirischen Erkenntnissen aus dem Bereich der Psychotherapie: „I find it somewhat ironic, intellectually puzzling, and paradoxically reassuring that after a century of trying to specify the effectiveness of psychotherapy, the field now finds itself dealing with the major empirical conclusion that the differences between approaches would appear to be nil but nevertheless positive for patients across problem conditions.” (Kilburg, 2004, S. 207) Es gibt keine Anhaltspunkte, die darauf schließen lassen, dass dies im Verhältnis zwischen Coach und Coachee anders sein sollte (Kilburg, 2004, S. 210). Aus der Sicht des Verfassers – der über 20 Jahre Erfahrung in der Beratung von Mandanten verfügt – ist es erstaunlich, dass in den beiden Studien von Stevens (2005, S. 274 ff.) und McDermott et al. (2007, S. 36) der Begriff „Vertrauen“ nicht auftaucht. Zwar ist von Vertraulichkeit (vgl. Frage Q6, S. 275 bei Stevens) die Rede, was an sich schon selbstverständlich ist, nicht jedoch von „Vertrauen“, was als Basis für einen gelingenden Coachingprozesses dient. Möglicherweise ist dies für die Führungskräfte eine so offensichtliche Voraussetzung, dass es keiner ausdrücklichen Erwähnung von ihnen bedarf. Was die unterschiedliche Methodik des Coaching betrifft, so wird zunächst auf die Ausführungen in Ziffer 2.3.3 der Thesis und den Artikel von Segers et al. (2011, S. 216 f.) verwiesen. Feldman und Lankau (2005, S. 839) wählen demgegenüber einen etwas anderen Ansatz, was der Vollständigkeit wegen erwähnt wird: 72 Summary of Coaching Approaches ___________________________________________________________________________________________________ Approach to Coaching Focus Elements of Intervention Criteria for Evaluation ___________________________________________________________________________________________________ Psychodynamic Client`s unconscious Psychoanalysis-uncovering gap Increased self-awareness approach thoughts and interbetween ideal „ego“ and reality; of thoughts, feelings, nal psychological defense mechanisms; transferand reactions states ence; counterfransference; family dynamics Behaviorist Client`s observable Behavioral principles-intrinsic Increased understanding approach behaviors and extrinsic reinforcement; priof antecedents and mary and secondary reinforceconsequences of ment; positive and negative reinbehavior; behavior forcement; punishment change Person-centered Client`s self-underCreating a trusting and empathic Personal growth and approach standing without therapeutic relationship change direct intervention by coach Cognitive therapy Client`s conscious Cognitive therapy-identification New thinking that leads approach thinking of distorted thinking and irratioto positive feelings and nal thoughts effective behavior Systems-oriented Individual, group Data gathering and analysis of cliImproved job, group, and approach and organizational ent`s interactions with other inorganizational effecinfluences on clidividuals; requirements of role, tiveness ent`s behavior group, and intergroup relations; direct intervention within the organization ___________________________________________________________________________________________________ Abb. 15: Coaching Approaches (Feldman und Lankau, 2005, S. 839) Die feineren Unterschiede zwischen dem Modell von Segers et al. und Feldman/Lankau herauszuarbeiten, würde hier zu weit führen. 4.2 Aus der Perspektive der nach geordneten Mitarbeiter Karnes (2009, S. 189, 194) zeigt unter Bezugnahme auf frühere Untersuchungen auf, dass Mitarbeiter sich echte Beziehungen, echte Netzwerke und wirkliche Führungskräfte wünschen. Aus ihrer Sicht sollten Führungskräfte über emotionale und soziale Intelligenz verfügen, wodurch ein Arbeitsklima geschaffen wird, in dem Informationen geteilt, Vertrauen entsteht, ein gesundes Maß an Risikofreude herrscht und Lernen möglich ist (Karnes, ebenda). Dies würde dazu führen, dass Unternehmen nicht nur über bloß zufriedene, sondern über hoch motivierte Mitarbeiter verfügen könnten (Karnes, ebenda). Karnes verweist an dieser Stelle auf eine Untersuchung von Sirota et al. (2005 b), welche zu der Empfehlung gelangt, den Mitarbeitern „das zu geben, was sie wollen“ (zit. Sirota et al. 2005 b), „weil es häufig mit dem übereinstimmt, was Unternehmen wollen“ (Karnes, 2009, S. 194). 73 Die von Karnes erwähnte Studie von Sirota et al. (2005 b) gelangte zu der Erkenntnis, dass es vier Gründe für Mitarbeiter gäbe, auf ihr Unternehmen stolz zu sein: • • • • auf den finanziellen Erfolg des Unternehmens auf die Effizienz, mit der im Unternehmen gearbeitet wird auf die Produkte des Unternehmens, deren Nützlichkeit, Besonderheit und Qualität auf die Beschaffenheit der Moral im Unternehmen (Karnes, ebenda). Mitarbeiter wünschen sich darüber hinaus, dass • • • sie gleich und damit gerecht behandelt werden, was die grundsätzlichen Arbeitsbedingungen angeht (Bezahlung, Vergünstigungen, Sicherheit des Arbeitsplatzes, respektvolle Behandlung), von ihnen erreichte Leistungen im Unternehmen erkannt und anerkannt werden, zwischen ihnen untereinander warmherzige, wechselseitig interessierte und von Kooperation geprägte Beziehungen herrschen (Karnes, 2009, S. 195; Groves und LaRocca, 2011, S. 513). Cacioppe, Forster und Fox (2008) zeigen auf, dass die Überzeugungen von Führungskräften bezogen auf die Ethik des Unternehmens einen direkten Einfluss auf Mitarbeiter und deren ethische Einstellungen ausüben. Dies betrifft etwa Ehrlichkeit, Respekt und Vertrauen. Das geht schließlich so weit, dass das ethische Verhalten und die Haltung der oberen Führungskräfte maßgeblich das ethische Klima des ganzen Unternehmens und seiner Mitarbeiter beeinflussen (Cacioppe, Forster, Fox, 2008, S. 684 f.). Dieser Befund wurde von Groves und LaRocca bestätigt. Führungskräfte, die einen transformationalen Führungsstil pflegen, beeinflussen die Wertvorstellung ihrer Mitarbeiter und steuern einen Wechsel im Unternehmen, wenn sie Werte wie Ehrlichkeit, Loyalität und Fairness fördern und damit hervorheben, dass Gerechtigkeit, Gleichheit und die Wahrung der Menschenrechte letztendlich maßgeblich sind (Groves und LaRocca, 2011, S. 514). 74 4.3 In der Wahrnehmung Dritter Eine unmittelbare Erwartung Dritter, wie Kunden oder Investoren, an das Coaching von Führungskräften, ist schwerlich feststellbar. Es entstehen aber zunehmende Erwartungen von Kunden an das ethische Verhalten von Unternehmen selbst. Führt man sich die soeben aufgezeigten Auswirkungen des ethischen Verhaltens und der ethischen Einstellung der Führungskräfte auf die Mitarbeiter und damit auf das Unternehmen erneut vor Augen, so wird der Zusammenhang deutlicher. Cacioppe et al. (2008, S. 685, zit. Roddick) identifizieren einen neuen Typ von Kunden:„Someone who is acting more like an ethical watchdog than a hungry consumer.“ Eine vergleichbare Entwicklung stellen Cacioppe et.al. unter Hinweis auf Paine [Paine, 2003, S. 112] fest, wonach Investoren nicht nur auf die Rendite des von ihnen eingesetzten Kapitals (ROI) Wert legen, sondern zunehmend auch auf folgende Faktoren: - 4.4 Transparenz rechtzeitige Information faire Behandlung verlässliche Vorhersagen (Cacioppe et. al., 2008, S. 686). Aus dem Blickwinkel der Unternehmenseigner Coaching verursacht dem Unternehmen Kosten, gleich ob interne oder externe Coaches eingesetzt werden. Das Coaching von Führungskräften macht aus Sicht des Unternehmens Sinn, wenn diese dadurch eher in die Lage versetzt werden, die vorgegebenen unternehmerischen Ziele umzusetzen. Die unternehmerischen Ziele können vielfältig sein; drei dieser Ziele wurden bereits unter Ziffer 4.2 bei den Erwartungen der Mitarbeiter an das Unternehmen selbst festgestellt: • • finanzieller Erfolg des Unternehmens, die Effizienz mit der im Unternehmen selbst gearbeitet wird, 75 • die Herstellung von nützlichen Produkten, die sich durch ihre Besonderheit und Qualität auszeichnen (Karnes, 2009, S. 194). Hinzu kommen weitere Ziele des Unternehmens, wie sie bereits bei dem Einsatz von CSR ausgemacht wurden, also mit denen identisch sind: • • • • • größerer Zugang zum Kapital, Verbesserung des Image der Marke, Verbesserung der Reputation des Unternehmens, Attraktivität des Unternehmens für qualifizierte Arbeitskräfte und deren Bindung an das Unternehmen, sowie Entwicklung und Fortbildung der Führungskräfte (Cacioppe, Forster und Fox, 2008, S. 688 f.). Ergänzend lassen sich die Verbesserung der Stellung des Unternehmens im Markt und die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit anführen, wobei der Katalog der Ziele der Unternehmen aufgrund ihrer Vielgestaltigkeit naturgemäß nicht vollständig sein kann. Die Anforderungen der Führungskräfte, die Erwartungen der Mitarbeiter und schließlich die Vorstellung der Kunden und Investoren haben einen entscheidenden Einfluss auf das Unternehmen. Ohne deren angemessene Berücksichtigung lassen sich demzufolge die Ziele des Unternehmens nicht realisieren. Hieraus resultiert, dass der Umsetzung und Implementierung der Unternehmensethik eine entscheidende ökonomische Bedeutung zukommt. So zeigt die Untersuchung von Cacioppe et al. (2008, S. 696), dass zukünftige Führungskräfte Vorbehalte haben, Aktien von Unternehmen zu erwerben, die unethisch oder sozial unverantwortlich handeln. Banken und Versicherungen machen ethisches Verhalten von Unternehmen, gelebte CSR und die Übernahme der Verantwortung der Umwelt gegenüber mehr und mehr zur Grundlage ihrer Anlageentscheidungen (Cacioppe et al., ebenda). Wenn es aber wie bereits angemerkt so entscheidend auf das ethische Verhalten von Führungskräften ankommt, dann stellt sich die Frage, welche Variablen für die ethische Einstellung ausgeschlossen werden könnten: 76 Joseph, Berry und Despande (2009, S. 539-546) untersuchten Einflüsse auf das ethische Verhalten von 293 Studenten aus vier amerikanischen Universitäten und gelangten zu dem Ergebnis, dass weder Alter, „Rassenzugehörigkeit“, Geschlecht oder ein bestimmter Notendurchschnitt (GPA) der Studenten relevant sind, sondern ausschließlich die emotionale Intelligenz. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die einer Übertragung dieser Ergebnisse auf Führungskräfte entgegenstünden, zumal eine Vielzahl von Führungskräften ebenfalls über eine universitäre Ausbildung verfügen. 4.5 Zusammenfassung Die Erwartungen und Anforderungen an das Coaching zeigen die Tendenz, dass Coaching von Ethik aus der Sicht der Manager relevant ist -„Shape and set the tone or ethos of the organization“-, der Coach über einen ethischen Habitus/Charakter verfügen soll, Mitarbeiter auf faire Behandlung durch ihre Führungskräfte Wert legen (Karnes [2009], Groves und LaRocca [2011]) und Dritte gesteigerte Anforderungen an das ethische Verhalten von Unternehmen stellen. Letzteres trifft in zunehmenden Maße auch für Investoren und damit die zukünftigen Eigner von Unternehmen zu. Schließlich lässt sich erkennen: Unternehmensethik und Unternehmenserfolg schließen einander nicht aus, sondern stehen in positiver Relation. Das Coaching von Führungskräften ist effektvoll und positiv für die Manager und den Unternehmenserfolg. Also stellt sich die Frage, wie Führungskräfte durch Coaching in ihrem ethischen Handeln unterstützt werden können: Es gibt in der Wissenschaft vermehrt Ansätze, die eine Ethikausbildung an den Universitäten für zukünftige Führungskräfte verlangen oder zumindest erörtern (etwa: Aßländer [2009, S. 203-217]; Knyphausen-Aufseß und Picot [2010, S. 391-421]). Einen aktuellen Review zu den Ethikausbildungen gibt Lau (2010, S. 565-584). 77 Was aber ist mit der Ethikausbildung der bereits als Führungskräfte tätigen Menschen? Hier wäre folgender grundlegender Gedanke hilfreich: Es ist ein sozialer Diskurs über die Moral zu führen, an dem sich Wirtschaft, Gesellschaft und Recht beteiligen sollen: „Moral leistet die Achtsamkeit, dass Menschen nicht vergessen, sich als Menschen zu begegnen. Aber sie leistet deswegen allein keine bessere Gesellschaft oder Wirtschaft. Das muss übersetzt, als Gesellschaft oder Wirtschaft konfiguriert werden. Wirtschaftsethik kann deshalb als humanisierender Impuls gelten, als eine konstruktive Störung der Systeme ad hominem. Nicht aber selber als System.“ (Priddat, 2009, S. 354). Das Coaching von Unternehmensethik – als Teil der Wirtschaftsethik – kann demzufolge als Teil des zu führenden sozialen Diskurses gesehen werden. Führungskräfte können mit dem Coach diesen Diskurs in einer vertrauensvollen, offenen Form führen, der eine realistische Weltsicht zugrunde liegt und in der Offenheit für Neues und „critical thinking“ wirkliche Optionen sind. Es wird deshalb ein eigenes Konzept zur Führung dieses Diskurses vorgestellt: 5. Eigenes Coachingkonzept Unternehmensethik zur Umsetzung von Grundlage der Überlegungen ist die „Theorie der unvollständigen Verträge“ (Homann und Lütge, 2005, S. 86). Mit Homann wird angenommen, dass der „systematische Ort der Handlungsmoral die kontrollierte Unvollständigkeit der Verträge ist“ (Homann und Lütge, 2005, S. 88) [Hervorhebung durch den Verfasser]. Wie in Kapitel 2.2 dargelegt, gibt es zur Umsetzung von Unternehmensethik diverse Bausteine eines Ethik-/Wertemanagement, wie etwa Corporate Governance, Corporate Compliance und die Implementierung von Regelwerken, wie Codes of Conduct/Codes of Ethics. Da keine dieser Rahmenordnungen vollständig sein können, ist es entscheidend, wie die Führungskräfte diese Elemente des Wertemanagement mit Leben erfüllen. Das heißt, welche Werte für sie selbst maßgeblich sind, und wie sie diese nach außen kommunizieren und repräsentieren. 78 Damit eröffnet sich der Raum für die Handlungsethik, wie sie in Kapitel 2.1.2 der Thesis skizziert wurde. Jede Führungskraft wird von den äußeren Umständen gezwungen, ihre Entscheidungen auch ethisch abzuwägen. Hier wird die Ansicht vertreten, dass jede Handlung, jede Entscheidung stets auch eine ethische Abwägung in sich trägt, unabhängig davon, ob sich die Führungskraft dessen immer bewusst ist. Schließlich findet das Handeln der Führungskräfte nicht isoliert, sondern in der Regel interaktiv, also in Bezug auf andere Menschen statt, gleich welche Interessen sie repräsentieren. Somit wird die Handlungsmoral der Führungskraft zum mitentscheidenden Faktor, wenn es um die tatsächliche Umsetzung von Unternehmensethik geht. Wegen der dargelegten Bedeutung der Wertvorstellungen der Führungskräfte und der Außenwirkung ihres moralischen Handelns, ist Unternehmensethik qua Handlungsethik im Sinne eines Top-Down-Prozesses zu gestalten. Das konkrete moralische Handeln der Führungskraft kommt in seinem Führungsstil zum Ausdruck: 5.1 Ethical and mindful Leadership Auch wenn man die Ansicht vertreten kann, es gäbe so viele verschiedene Führungsstile, wie es unterschiedliche Führungskräfte gibt, so haben sich in der Wissenschaft doch einige Führungsstile herauskristallisiert: Einen Überblick zu den verschiedenen Theorien zum Führungsverhalten haben Kilburg und Donohue (2011, S. 6-25) erstellt.4 Hier wird der Ansatz eines ethischen und achtsamen Führungsstils vertreten, weil wie noch nachgewiesen werden wird, dieser besonders geeignet ist, moralisches Handeln der Führungskraft glaubhaft nach außen treten zu lassen. Was einen ethischen Führungsstil charakterisiert, ist Gegenstand aktueller Diskussion (Kilburg und Donohue, 2011, S. 11; Tanner et al., 2010, S. 225-233). 4 Dieser Überblick ist im Anhang 3 wiedergegeben. 79 So wird ethisches Führungsverhalten wie folgt beschrieben: „(a) ethical awareness and adherence to morally upright values, (b) the ability to act in accordance with those values over varying settings, and doing so (c) despite the risk of unpleasant consequences.” (Tanner et al., 2010, S. 226), vergleichbar äußern sich hierzu (Den Hartog und De Hoogh, 2009, S. 201 ff.). Kilburg und Donohue (2011, S. 11) betonen unter anderem folgende Kriterien: „Ethical leaders are expected to transcend their own self-interests in the performance of their assigned duties and responsibilities….Traditionally, ethical leaders respect and serve others, demonstrate justice, behave honestly, and create community within organization“. Was die Auswirkungen der Wertvorstellungen der Führungskräfte und ihr großer Einfluss auf das Unternehmen angeht, so wird ihre Bedeutung mehr und mehr wahrgenommen: „Ethical systems and levels of moral reasoning can have dramatic effects on how leadership is enacted by individual and groups and in turn can create significant impacts on performance of an enterprise“ (Kilburg und Donohue, 2011, S. 13). Übereinstimmung besteht wohl darin, dass die Führungskraft auch nach außen demonstriert, welche Werte für sie maßgeblich sind: Tanner et al., 2010, S. 226): „The question is not so much about what a leader values, but what a leader actually does to demonstrate his or her values“. Ähnlich argumentieren Den Hartog und De Hoogh (2009, S. 201-203). Welche Handlungsethik im Einzelfall für einen ethischen Führungsstil gewählt wird, ist nicht so entscheidend: Knights und O’Leary (2006, S. 131 ff.) beschreiben verschiedene Ansätze hierzu. Mehrere Handlungsethiken wurden in Kapitel 2.1.2 erwähnt, wie etwa die Sollensethik von Immanuel Kant und die Tugendethik des Aristoteles. 80 Ein ganz wichtiger Aspekt des ethischen Führungsverhaltens ist die Authentizität der Führungskraft. Sie ist die Voraussetzung dafür, die Führungskraft dauerhaft glaubwürdig erscheinen zu lassen. Aus der Erfordernis der Authentizität einen eigenen Führungsstil („Authentic leadership“) herzuleiten, erscheint jedoch zu weitgehend (so aber Khan, 2010, S. 167-172). Fehlende Authentizität führt nämlich – gleich welcher Führungsstil praktiziert wird – zur Inkongruenz von Einstellung und tatsächlichem Verhalten, was auf Dauer von den Stakeholdern zunächst als irritierend empfunden und schließlich aufgedeckt wird. Um den Anforderungen eines ethisch geprägten Führungsverhalten gerecht werden zu können, bedarf es nach der hier vertretenen Ansicht zusätzlich der Achtsamkeit - daher der Begriff „Mindful Leadership“. Die Studie von Joseph, Berry und Despande (2009, S. 539-546) zeigte die Bedeutung von emotionaler Intelligenz für ethisches Verhalten. Emotionale Intelligenz wiederum hat „Self-Awareness“ und „Other Awareness“ zur Voraussetzung. Auf die Bedeutung von „Self-Awareness“ für Führungskräfte haben viele Studien hingewiesen, exemplarisch sei die von Segers et al. (2011, S. 204) genannt. Das von Luckcock verwendete „Four-quadrat Model“ stellt die Bedeutung von „Awareness“ für die emotionale Intelligenz überzeugend dar: Self Other Self-Awareness • Emotional Self-awareness • Accurate Self-awareness • Self-confidence Other-Awareness • Empathy • Organizational Awareness • Service Orientation Self-Management • Emotional Self-control • Transparency • Adaptability • Achievement Orientation • Initiative • Optimism Relationship Management • Developing others • Inspirational Leadership • Influence • Change Catalyst • Conflict Management • Teamwork & Collaboration Abb. 16: Four-quadrat Model of Emotional Intelligence (Luckock, 2008, S. 380, [derived from Goleman et al, 2002]) 81 Die Bewusstheit, “awareness“, der Führungskraft ist essentiell für das ethische Entscheidungsverhalten und als Gegenstand des Coaching von Ethik von Führungskräften Teil von erstrebten Lernzielen: know thyself moral courage responsibility moral awareness Critical attitude motivation towards the curriculum moral moral sharing judgement Abb. 17: Sieben interdependente didaktische Lernziele (Brinkmann und Steenbuck, 2002, S. 62 [zit. Brinkmann und Sims 2001]) 5.2 Achtsamkeit Zentrales Element des eigenen Coachingkonzeptes ist die Schulung von Achtsamkeit zur Entwicklung von Bewusstsein von Führungskräften, um sie so zu ermutigen und zu unterstützen, einen ethischen und achtsamen Führungsstil zu pflegen. Zunächst wird „Achtsamkeit“ und der Grund für seine Schulung erläutert (5.2.1), sodann die aktuelle Forschung und die Anwendung in der Praxis hierzu skizziert (5.2.2): 5.2.1 Achtsamkeit als heilsamer Geistesfaktor In Kapitel 2.3.3 wurden verschiedene Herangehensweisen des Coaching unter Hinweis auf Segers et al. (2011, S. 217) beschrieben. Der eigene Coachingansatz gehört zur Schule der Bewusstheit („Awareness“), vgl. Abb. 5, S. 26 der Thesis. 82 Der Ursprung der Schule der Bewusstheit und damit der Übung von Achtsamkeit ist die buddhistische Philosophie. Um Achtsamkeit zu verstehen, wie sie hier gemeint ist, bedarf es einiger grundsätzlicher Erläuterungen: Der Buddhismus kennt verschiedene Geistesfaktoren. Es seien die fünf „allgegenwärtigen“ Faktoren, genannt, die jeden Bewusstseinszustand begleiten. Diese sind: 1. „Empfindung: das Erleben von Glück, Leid oder Indifferenz Hier ist die Empfindung nicht das Objekt, das empfunden wird, sondern das Bewusstsein, das empfindet; 2. Unterscheidung: die Unterscheidung von Objekten [durch das Erfassen ihrer besonderen Merkmale], so dass man erkennt „Dieses ist das und das, jenes ist das und das“; 3. Wille: der Faktor, der den Geist auf das Objekt hin bewegt; 4. Aufmerksamkeit: der Faktor, der das Objekt in das Bewusstsein bringt; 5. Berührung: der Faktor, der das Objekt als etwas Angenehmes, Unangenehmes oder Neutrales ins Bewusstsein aufnimmt“ (Dalai Lama, 1993, S. 94). Es werden elf heilsame Geistesfaktoren benannt: Vertrauen, Schamgefühl, Gewissensscheu, Begierdelosigkeit, Haßlosigkeit, Verblendungslosigkeit, Tatkraft, Beweglichkeit, Achtsamkeit, Gleichmut und Gewaltlosigkeit (Dalai Lama, 1993, S. 96). Die Achtsamkeit wird auch als Selbstprüfung bezeichnet (ebenda) und sollte Teil der täglichen Praxis sein. „Achtsamkeit besteht darin, die gesamte Aufmerksamkeit voll und ganz auf die Gegenwart, das Hier und das Jetzt, zu richten“ (Mangalo in: Berchholz und Chödzin, 1996, S. 163). Taucht ein Objekt durch unsere fünf Sinne oder in unserer Vorstellung auf, so wird es angenommen, wie es ist, ohne Beurteilung. Es wird weder abgelehnt, noch willkommen geheißen: Gedanken, Gefühle, Körperwahrnehmungen und Sinneseindrücke kommen und gehen. Die wahre Bedeutung des „mittleren 83 Weges“ im Buddhismus ist daher folgende: Wir erkennen jedes auftauchende Objekt mit einem Geist, der „wach, voll bewusst und achtsam ist, an nichts haftet und nichts ablehnt“ (Mangalo in: Berchholz und Chödzin, 1996, S. 164). Achtsamkeit wird durch analytische und konzentrative Meditationen geübt, sie zu erwerben stellt einen dauernden Prozess dar. Bei der analytischen Meditation wird die Aufmerksamkeit auf ein für den Geist heilsames Objekt gerichtet - etwa die entfaltete Empathie, das Mitgefühl bei der Wahrnehmung des Zustandes eines anderen Menschen. Entsprechendes gilt für die geistige Tätigkeit (Reflexion) über Themen wie Liebe, Mitgefühl, Güte und die Vermeidung von Hass, Gier etc. einschließlich der Schulung innerer und äußerer Aufmerksamkeit hierüber. Konzentrativ wird die Meditation dann genannt, wenn der gewöhnliche Geist seine Aufmerksamkeit auf einen Punkt fokussiert, etwa auf das bloße Ein- und Ausströmen des Atemstromes am Eingang der Nase oder durch Visualisierung eines Objektes (Rabten, 2004, S. 34). Dies findet in der Regel im Rahmen einer Sitzmeditation statt. Es besteht aber auch die folgende Möglichkeit Achtsamkeit zu üben: Etwa täglich alle zwei Stunden für 2-3 Minuten innehalten und sich beobachten ohne zu bewerten: Welche Gedanken erscheinen, welche Gefühle tauchen auf, welche Körperempfindungen werden wahrgenommen? 5.2.2 Achtsamkeit in Forschung und Praxis Hier beschränken sich die Anmerkungen auf den westlichen Kulturkreis: Zwischenzeitlich wird die Bedeutung der Achtsamkeit als universale menschliche Eigenschaft wesentlich besser verstanden. Kabat-Zinn (2009, S. 12) hat seit 1991 bei schwerkranken Patienten Meditation mit Erfolg z.B. zur Schmerzreduzierung eingesetzt. In der Psychotherapie hat man erkannt, dass die durch Meditation geübte Achtsamkeit dazu führt, dass Depressionen (Michalak et al., 2012, S. 13-21) besser behandelt werden können, und Meditation wesentlicher Bestandteil eines 84 „Mind-Based-Stress-Reduction-Programs“ (MBSR) sein kann (Sauer et al., 2011, S. 7). Es wird empfohlen, „Awareness-Programme“ als dauerende Einrichtung in Unternehmen zu übernehmen (Hurn, 2008, S. 353), „Awareness“ wird als fundamentales Prinzip des Coaching erkannt (Bresser, 2011, S. 45) und „SelfAwareness“ als grundlegenden Faktor eines spirituellen Führungsstil (Luckock, 2008, S. 387). In Coachingprozessen werden Berichte von Klienten, die mit Achtsamkeits-/Aufmerksamkeitsübungen gearbeitet haben, verwendet. So berichtet eine Führungskraft (De Haan et al., 2010, S. 612): „Through an awareness exercise looking at plusses and minuses of my current role I became aware of critical factors that I had faken for granted about my role. Once I became aware of them and discusses their importance I realised that the decision I was just about to take was the wrong one.” Good, Yeganeh und Yeganeh (2010, S. 18-23) schlagen in ihrem Ansatz eines „Cognitive Behavioral Executive Coaching“ vor: „The coach and client work collaboratively to assess current belief systems, again awareness of the connections between situations, feeling states, and automatic thoughts and behaviors. Automatic thoughts represent the discours of unintentional self-talk we all have in response to ongoing life events. Automatic behaviors represent the unintentional corresponding actions” (Good, Yeganeh und Yeganeh, 2010, S. 20). Genau das wird mit der Übung von Achtsamkeit bezweckt: Dem Klienten zusätzliche Informationen zu beschaffen, um seine Handlungs- und Entscheidungsspielräume zu erweitern, Perspektivenwechsel einzuleiten und sein Verhalten anderen Stakeholdern gegenüber zu analysieren, verifizieren und gegebenenfalls zu modifizieren und zu variieren. Boyatzis, Smith und Blaize (2006, S. 8-24) schlagen unter Bezugnahme auf neuere Erkenntnisse in den Neurowissenschaften vor, Führungskräften Mitgefühl („Compassion“) zu lehren, weil es ihren Stresslevel senkt und es zu nachhaltigen Verbesserungen in ihrer Performance führt (Boyatzis, Smith und Blaize, 2006, S. 18), was befürwortet wird: 85 Anderen Menschen mit Mitgefühl zu begegnen, ist zentrales Thema buddhistischer Philosophie. Coachen Führungskräfte ihre Mitarbeiter mit Mitgefühl, so wirkt sich dies auf die ganze Unternehmenskultur aus. Eine weitere Untersuchung von Simsek, Heavey und Veiga (2010, S. 110-119) befasst sich mit der inneren Selbstbewertung und Analyse von Führungskräften: Je stärker Führungskräfte durch Introspektion in der Lage sind, eine Selbstevaluation vorzunehmen, desto stärker ist der positive Effekt auf die Ausrichtung des Unternehmens (Simsek, Heavey und Veiga, 2010, S. 116 f.). Steigt das Maß an Achtsamkeit der Führungskraft an, erhöht sich im gleichen Maß die Fähigkeit zur Selbstevaluation und damit der Einfluss auf die Ausrichtung des Unternehmens. Fehlende Achtsamkeit und als ihre Folge zu geringe Selbstwahrnehmung kann bei Führungskräften zu einer Fehlgewichtung von Arbeit und Leben – „Work – Life – Balance“ – und damit zu einer Selbstausbeutung führen. Schließlich sei noch eine aktuelle Studie von Wissenschaftlern der LudwigMaximilians-Universität Verfassers nicht nur München stützt, erwähnt, sondern die auch den Coachingansatz belegt, dass des achtsamere Führungskräfte auch leistungsfähigere Führungskräfte sind: Sauer et al. (2011, S: 339-349) bestätigen, dass das Training von Achtsamkeit den Stress von Führungskräften senkt (2011, S. 339 f.). Die Effekte von Achtsamkeit lassen sich auch auf neuronaler Ebene im limbischen System nachweisen (Sauer Achtsamkeitstraining et die al., 2011, S. 341). Informationsverarbeitung Sie bei erwähnen, dass Führungskräften verbessert (Sauer et al., 2011, S. 342). Die Fähigkeit „aktiv zuzuhören“ nimmt zu, die Interaktion mit Mitarbeiter wird vertieft und differenzierter und es kommt zum Abbau narzisstischer Tendenzen bei den Führungskräften, was sich auf die Qualität der Führung von Mitarbeitern auswirkt (Sauer et al., 2011, S. 343). Ziel des eigenen Coachingkonzeptes ist es unter anderem, bei den Klienten die Wahrnehmung und das Verstehen der Persönlichkeit ihres Gegenübers, insbesondere von Mitarbeitern, zu verbessern. Wichtig ist, dass Führungskräfte ihnen anvertrauten Mitarbeitern gegenüber Wertschätzung und Anerkennung 86 zum Ausdruck bringen. Ein wichtiger weiterer Aspekt des eigenen Konzeptes ist es, Führungskräften – soweit noch nicht vorhanden – zu der Einsicht zu verhelfen, dass Menschen grundsätzlich gleichwertig sind, trotz unterschiedlicher Rollen und Aufgaben in hierarchisch strukturierten Unternehmen und Organisationen. Ein vorzüglich geeignetes Instrument hierfür ist der Gebrauch von „Gewaltfreier Kommunikation“ nach Rosenberg (2004), die zu den wesentlichen Bestandteilen des eigenen Coachingmodells gehört. Hier wird mit dem Klienten auf sprachlicher Ebene Achtsamkeit geübt. Im Diskurs mit dem Klienten werden ethische Konflikte aufgedeckt, reflektiert und Handlungsperspektiven aufgezeigt. Sauer et al. (2011, S. 344) vertreten die Ansicht, dass Achtsamkeit „harten Entscheidungen“ entgegenstehen kann. Diese Auffassung wird nicht geteilt. Die Annahme von Sauer et al. ist möglicherweise wohl auf ein unzureichendes Verständnis von Achtsamkeit zurückzuführen: Je stärker Achtsamkeit ausgeprägt ist, desto klarer wird nämlich auch der Verstand, da er sich nicht mit Gedankenreisen in die Vergangenheit und Zukunft befasst, sondern präsent ist, um in der Gegenwart seine Aufgabe zu erfüllen. Achtsamkeit führt zu größerer Präsenz und innerer Klarheit. Stehen konkrete Entscheidungen an, und ist die Führungskraft achtsam und klar, kann sie abwägen, welche Entscheidung die richtige für das Unternehmen ist. Dies kann etwa eine Kündigung des Mitarbeiters sein. Welche Folgen die Kündigung für einen Mitarbeiter hat, ob diese tatsächlich nur negativ sind oder den Mitarbeiter etwa veranlassen, eine Tätigkeit auszuüben, die den eigenen Neigungen mehr entspricht, ist eine Frage, die sich erst ex post beantworten lässt. Zwischenfazit: Die Übung von Achtsamkeit führt zu einer größeren inneren Distanz des Übenden zu seinen Gedanken, Gefühlen und Körperwahrnehmungen. Er identifiziert sich immer weniger damit und erkennt, was das äußere Geschehen in ihm auslöst. Durch die gesteigerte Wahrnehmung und Bewusstheit versteht er seinen Mitmenschen besser. Damit nimmt das Maß an „Other Awareness“ zu 87 (vgl. Abb. 16). Es verstärkt sich seine geistige und emotionale Intelligenz, die für den ethischen, achtsamen Führungsstil so entscheidend ist. 5.3 Implementierung des Coaching Das Coaching von Führungskräften wird dyadisch geführt, um ein hohes Maß an Vertraulichkeit zu gewährleisten. Der Führungskraft soll so Raum für einen möglichst offenen, authentischen Diskurs gegeben werden. Der Einsatz von Achtsamkeit ist nicht nur ein sehr wirksames Mittel, sondern auch ein sehr intensives Instrument, das Führungskräfte wirklich fordert: Neue Sichtweisen führen zu vorübergehenden Unsicherheiten, bis sich neue Verhaltensweisen etabliert haben. Durch den Coachingprozess kommt es zum Aufgeben von eingefahrenen Gewohnheiten und Verhalten, was ebenfalls zu Veränderungen in der Person des Coachee und damit in seinem Umfeld führt. Um dem Stellenwert der Ausbildung von Führungskräften für die Umsetzung von Unternehmensethik ausreichend Rechnung zu tragen, wären vom Unternehmen entsprechende Gelder Coachingprogramme zur im Verfügung Unternehmen zu zu stellen. integrieren Sinnvoll und mit wäre es, anderen Werkzeugen der Personalentwicklung – wie etwa Training – abzustimmen. Um die Kosten für das Coaching von Ethik zu rechtfertigen, bedarf es eines klaren, eindeutig systematischen positiven und Statements strategischen der Unternehmensführung, Einsatzes der eines Coachingprogramme, angepasst auf die jeweilige Führungsebene. Verhaltensziele wären zu definieren und der Erfolg des Coaching – soweit wie möglich – zu evaluieren. Bei der Evaluation ist zu berücksichtigen, dass sich die Folgen von Coaching häufig erst über einen längeren Zeitraum zeigen, empfehlenswert wären Intervalle von 6 – 18 Monaten. Neben der Möglichkeit, dass die Führungskraft einen ethischen und achtsamen Führungsstil pflegt, könnten im Unternehmen Ethikworkshops für Mitarbeiter eingerichtet und Ethik-Audits durchgeführt werden. Im Unternehmen könnten so auch Seminare für Mitarbeiter angeboten werden, in denen diese die Bewältigung von Ethikkonflikten durch Ethik-Simulationen üben (Srnka, 2002, S. 378-405). 88 Schließlich wird vorgeschlagen, eine Struktur, wie Wieland sie entwickelt hat, im Unternehmen zu implementieren, um ein ethisches Wertemanagement nicht nur organisatorisch, sondern auch nachhaltig umzusetzen: Abb. 18: Prozessstufen des EthikManagementSystem nach Wieland (2007, S. 99) 5.4 Booklet des Verfassers Der Verfasser entwickelte ein Booklet5 zur Präsentation seines eigenen Coachingkonzeptes. Das Booklet spielt mit offenen Fragen, wie etwa: Wofür? Wo? Wie? Wohin? Das Format, das Layout, die Leporellofaltung und das „Logo“ stammen von Herrn Axel Bürgler, Jägerweg 30, 82110 Germering. Die Texte, die Idee und das Coachingkonzept sind eine Entwicklung des Verfassers. 5 89 Diese Fragen sollen den Interessenten anregen, sich seinerseits solche Fragen zu diversen Situationen zu stellen, wobei eine wichtige Frage bewusst vorangestellt ist: Wofür? Die Fragen werden im Coachingprozess in unterschiedlichen Fragekategorien eingesetzt, beispielsweise: • • • • • • • Sachverhaltsorientiert Problemorientiert Wahrheitsorientiert Zyklisch Systemisch Zielorientiert Interessenorientiert Das angeschnittene W auf den Bookletseiten symbolisiert den Charakter der offenen Fragen; die offenen Fragen werden in den Überschriften des Booklets nochmals wiederholt. Es folgt die Vorstellung der eigenen Person und der Qualifikation, unter Hinweis auf den interdisziplinären Ansatz des Coachingkonzeptes, bis hin zur Motivation des Verfassers. Die Fragestrukturen dienen dazu, bisherige Annahmen, Verhaltensweisen, bislang für richtig erachtete Ziele des Klienten einer Prüfung zu hinterziehen, also die eigene Wahrnehmung zu erweitern. Ergänzend zu Achtsamkeitsübungen wird der Coachingprozess in Schritten beschrieben, beginnend mit der Istanalyse. Der Istanalyse kommt eine große, häufig unterschätzte Bedeutung zu: Die Erfahrung des Verfassers aus vielen Jahren Beratungspraxis zeigt, dass Menschen dazu neigen, eine bestimmte Menge und Qualität an Informationen ihren Entscheidungen zugrunde zu legen – in der unzutreffenden Annahme, diese Informationen seien vollständig, zutreffend, relevant und ausreichend („fixed pie“). Immer wieder entstehen so bei Klienten Gefühle von Hilf- und Ausweglosigkeit, bei Führungskräften der Eindruck, ihre Entscheidungen seien „alternativlos“. 90 Diese Annahme wird im Coachingprozess daher regelmäßig hinterfragt: Ist dies tatsächlich so? Wissen Sie das genau ...? Ziel des Coaching ist es, dass der Klient durch vermehrte Achtsamkeit einen intensiven, authentischen inneren Kontakt erhält, seine Entscheidungsspielräume erweitert. Schließlich wird der Klient darauf aufmerksam gemacht, dass Veränderungen Konsequenzen nach sich ziehen können und dass es wesentlich ist, zu beobachten, ohne sogleich zu bewerten. Das Booklet spricht bewusst keine bestimmten Probleme oder mögliche Fragen an, da die der Klienten individuell sind. Dies soll auch die Unvoreingenommenheit des Verfassers widerspiegeln. 6. Fazit und Ausblick Es gibt ausreichend Belege, die die Annahme rechtfertigen, dass Coaching von Führungskräften als solches positive Effekte auslöst. Stellvertretend für die vielen untersuchten Wirkungen seien die Verbesserung der eigenen Performance und der „Self-Efficacy“ genannt. Coaching von Führungskräften führt bei Mitarbeitern zu erhöhter Arbeitszufriedenheit und geringeren Ausfallzeiten. Nicht verhehlt werden soll, dass Studien fehlen, welche die Auswirkung des Coaching von Führungskräften als solches anhand von Unternehmenskennzahlen untersuchen. Hier wäre viel Raum für Forschungen. Die Frage, ob den Kosten für das Coaching von Führungskräften ein entsprechender return on investment gegenüber steht, konnte daher nur indirekt beantwortet werden. Empirische Studien, die sich explizit mit dem Coaching von Ethik für Führungskräfte und den daraus resultierenden konkreten Effekten befassen, wurden – soweit zugänglich – nicht aufgefunden. Auch hier ergäbe sich weiterer Forschungsspielraum. Ebenso bietet es sich im Bereich des ethischen und achtsamen Führungsstils unter Berücksichtigung diverser Variablen an, seine Auswirkungen auf konkrete Geschäftsergebnisse zu untersuchen. 91 Es zeigte sich, dass Coaching von Führungskräften ein Baustein zur Umsetzung von Unternehmensethik sein könnte, wenn diese offen sind, ihre bisherigen Einsichten und gezeigten Verhalten wahrzunehmen, ohne sie zugleich zu bewerten. Die übrigen Bausteine einer Unternehmensethik, wie etwa Corporate Governance und Corporate Compliance, genügen, allein für sich gesehen, für eine ausreichende Ethisierung von Unternehmen nicht. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass dem Markt gesetzte Rahmenbedingungen und Unternehmensverfassungen aufgrund der „Theorie der unvollständigen Verträge“ nie vollständig sein können, bedarf es zwingend eines moralischen Handelns von Führungskräften, wenn Unternehmensethik nicht zu einer leeren Worthülse verkommen soll. Auch aus ökonomischer Sicht ist ethisches Verhalten von Führungskräften sinnvoll, da es sich positiv auf deren eigene Performance, auf die der Mitarbeiter und deren Arbeitszufriedenheit auswirkt. Die Bindung von qualifizierten und hoch motivierten Mitarbeitern an das Unternehmen ist eine der zentralen Aufgaben von Führungskräften. Schließlich trägt dies zu einem nachhaltig wirtschaftlichen Erfolg des betreffenden Unternehmens bei. Die erfolgreiche Ethisierung eines Unternehmens stellt sich zunehmend als Wettbewerbsvorteil dar. Die in den letzten Jahren sich offenbarenden Fehlleistungen von Führungskräften haben dramatische ökonomische Folgen für die ihnen anvertrauten Unternehmenswerte und Mitarbeiter gehabt – teilweise auch extreme Umweltschäden verursacht, ja ganze Volkswirtschaften gefährdet. Die von Beamish (2005, S. 138-144) beschriebene kompetitive Ausrichtung des Verhaltens von Führungskräften mit Fokussierung auf die eigene Karriere reicht nicht mehr aus, um den Anforderungen von verschiedenen Stakeholdern gerecht zu werden. Führungskräfte, die sich nicht dem sozialen Diskurs in der Gesellschaft und im Unternehmen stellen, werden feststellen, dass nicht die Mitarbeiter und die Gesellschaft von ihnen anhängig sind, sondern sie von ihnen. Führungskräfte, die kein ausreichendes ethisches Führungsverhalten vorleben und keine Vision einer Unternehmenskultur haben, die auf Nachhaltigkeit unternehmerischen Handelns gerichtet ist, werden von der sich weiter 92 entwickelnden Zivilgesellschaft auf Dauer nicht mehr hingenommen werden. Sie wären auch ungeeignet, Unternehmen auf lange Sicht ökonomisch erfolgreich zu führen. Um mit John Whitmore (2004, S. 5) zu schließen: „Something Really Has to Change: ‘Change Management’ as an Imperative rather than a Topic.” 93 LITERATURVERZEICHNIS Agarwal, Ritu; Angst, Corey M.; Magni, Massimo (2009): The performance effects of coaching: A multilevel analysis using hierarchical linear modeling, in: The International Journal of Human Resource Management 20 (10), S. 2110–2134. Anderson, Merrill C. (2005): ROI of coaching, in: Leadership Excellence, 22 (5) S. 10. Anderson, Merrill C. (2010): Executive Briefing: Case study on the Return on Investment of Executive Coaching, www.metrixglobal.net; www.cylient.com/wp-content/uploads/ 2010/08/metrixglobal_exec_brief_roi_km.pdf: zuletzt gesehen am 06.05.2012 Anderson, Merrill C., Frankovelgia, Candice; Hernez-Broome, Gina (2009): Business Leaders Reflect on Coaching Cultures, in: Leadership in Action, S. 20-22. Aristoteles, Nikomachische Ethik. Übersetzt von Rolfes, Eugen (1985). Hrsg: Günther Bien, Hamburg, Meiner Verlag, 4. 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München, 25.05.2012 102 Anhang 1 Antwort auf Fragebogen (N=7) von Stevens (2005, S. 274, 276).6 „Q1: Definition/purpose of EC To help the CEO and/or president… • Gain a deeper, broader, clearer understanding of the issues they contend with in their role; • Comprehend and cope with increasing degrees of complexity and ambiguity; • Shape and set the tone or ethos of the organization (Hervorhebung durch den Verfasser); and • Say and do necessary but difficult things in the right way. Q2: Why engage in EC • To have a sounding board that challenges and sharpens one`s thinking; • For self-improvement; to strengthen one´s ability to meet the responsibilities of the position; and • To ameliorate or address potential shortcomings in how one carriers out the role of CEO or president. Q3: “Ingredients” of an effective EC engagement Coach-centered: • Interested in the success of the executive and his or her organization; invested in the work; • Comfortable with and grounded in the executive`s contextual framework ; highly credible; • Authentic, genuine, and ethical in personal character; respectful in demeanor; possessing a smart, insightful perspective; and • Capable of listening to what is said and to what is meant. Executive-centered: • Willingness to consider issues from a different point of view; • Openness to influence; willingness to be helped; • Capable of trusting another person and engaging in honest, open dialogue; and • Psychologically mature and healthy. Context-centered: • A mutual interest in the relationship and in the value of the work; • A prevailing climate of trust in the organization; and • A goal-orientation; clarity around why, what, and how. Q4: Benefit from EC • Judgments and actions more measured and considered; • Better choices and decisions giving rise to more of the right actions; • Better self-restraint in handling power, status, and adulation; • More clarity and focus on role responsibility as the anchor for conduct and action; and • More personal satisfaction from the role of leader. Q5: “Pitfalls” to keep in mind • Seeing the executive coach as an “answer person”. 6 Die Fragen 1 bis 10 werden mit Q1 bis Q10 wiedergegeben, die Überschrift enthält jeweils die Definition und den Zweck des Executive Coaching (EC). 103 • Thinking that its all about “you” rather than you in relation to the organization`s agenda; and • Engaging with a coach who is ill-prepared for this work or of questionable character. Q6: Confidentiality • It is paramount to the relationship and to the success of the endeavor; and • Having and adhering to clear, professionally crafted guidelines is necessary and important. Q7: Feedback to the organization • Appropriate and respectful feedback is necessary and legitimate; • Parameters should be clarified and agreed to up-front; • The executive coach should not ferry information or messages to or from people; and • It requires the highest level of skill and sophistication to effectively balance the demand for both confidentiality and feedback. Q8: All team members in EC • Executives need to engage willingly and for their own reasons; • Demanding for forcing them to engage in EC diminishes the potential value of it; and • Coaching an individual divorced from his or her context delimits EC`s effectiveness. Q9: Considerations regarding team members in EC • CEO president sets the tone or conditions that influences willingness to participate; • No standardized approach; one size will not fit all; and • Make the parameters and process clear up-front. Q10: Training and preparation of the coach • Needs a theoretically sound foundation in human psychology and social systems; • Needs a familiarity and comfort with the business environment and context; • Needs a ability to see and work with organization design/structure problems; and • Needs to have a real-world understanding. Q11: Outside or inside coach • An outside coach has numerous potential advantages and represents a greater potential value to the executive and/or organization; and • A coach form the inside may be OK only if the organization is very large.” 104 Anhang 2 105 Anhang 3: Führungsstile Kilburg und Donohue (2011, S. 8-­‐11) 106 107 108 109 Anhang 4 110 111 112 113 114 115 116 117 118 119 120 121