NAP 03-62 Erhaltung und Vermehrung von wichtigen Medizinalpflanzen Schlussbericht 2010 Ruth Richter Andreas Ellenberger Hortus officinarum Verein für biologischdynamisches Saatgut von Heilpflanzen www.hortus-officinarum.ch Dieses Projekt wurde im Rahmen des Nationalen Aktionsplans zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der pflanzengenetischer Ressourcen (NAP-PGREL) durch das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) unterstützt. Impressum Projektleitung und –durchführung: Andreas Ellenberger, Ruth Richter (Verein Hortus officinarum) Kontakt: Ruth Richter, Forschungsinstitut am Goetheanum, 4143 Dornach [email protected] Projektperiode: 2009 / 2010 Berichtsperiode: 2010 Druck: Februar 2011, Dornach Fotos: Ruth Richter, Torsten Arncken Auftraggeber: Bundesamt für Landwirtschaft 2 Inhaltsverzeichnis Erhaltung und Vermehrung von wichtigen Medizinalpflanzen Impressum 2 Inhaltsverzeichnis 3 NAP 03-62, Schlussbericht 2010, Zusammenfassung 5 Einleitung 6 Projektziele 6 Projektinhalt 7 Beschreibung der Anbauorte und Kulturmassnahmen 7 1. Parzelle «Froloo» des Heilpflanzenabaus der Weleda Arlesheim 7 2. Parzelle innerhalb der Gärtnerei am Goetheanum 8 3. Anzucht und Kultur der Pflanzen für die Samenernte 2010 8 4. Pflegemassnahmen 9 Herkünfte, Saatgutgewinnung 10 1. Saatguternte 2010 10 2. Saatguternte 2009 10 3. Saatgutgewinnung und -reinigung 11 Dokumentation der Arten und Kulturtypen 12 1. Arctium lappa - die Grosse Klette 13 2. Onopordum acanthium – die Eselsdistel 16 3. Anagallis arvensis – der Ackergauchheil 18 4 Primula veris – Frühlingsschlüsselblume 21 5 Hyoscyamus niger – das Schwarze Bilsenkraut 23 3 6 Solanum dulcamara – der bittersüsse Nachtschatten 28 7 Centaurium erythrea – das Echte Tausendgüldenkraut 30 Literatur 38 Anhang 39 Anhang 1 Parzellenplan Froloo mit Anbauplan 39 Anhang 2 Parzellenplan Beet Goetheanum mit Anbauplan 40 Anhang 3 Bodenproben Froloo 41 Anhang 4 Bodenproben Goetheanum 42 4 Projekt-Nummer NAP 03-62 Schlussbericht 2010 zum im Rahmen des Nationalen Aktionsplanes zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung von pflanzengenetischen Ressourcen durchgeführten Projekt NAP 03-62 Erhaltung und Vermehrung von wichtigen Medizinalpflanzen, die im Rahmen der Phasen I und II nicht erfasst wurden Projektdauer: März 2009 – Februar 2011 Zusammenfassung Im Projekt NAP 03-62 wurden neun Heilpflanzenarten bearbeitet, die im Heilpflanzenanbau der Weleda AG langjährig angebaut und vermehrt und im Rahmen der Phasen I und II des NAP nicht erfasst worden waren. Die Herkünfte wurden nach den Anforderungen der Liste der Aroma- und Medizinalpflanzen der Schweiz beschrieben und für die Nationale Datenbank, sowie für die Samenbank in Changins verfügbar gemacht. Ein Zwischenbericht vom Februar 2010 orientierte über die 2009 durchgeführten Arbeiten. Der hier vorliegende Schlussbericht fasst die wichtigsten Ergebnisse von 2009 und die 2010 durchgeführten Arbeiten zusammen. 5 Erhaltung und Vermehrung von wichtigen Medizinalpflanzen, die im Rahmen der Phasen I und II des NAP nicht erfasst wurden (Projekt 03-62) Einleitung Im Heilpflanzenanbau werden häufig Wildpflanzen in Kultur genommen. Durch Anbau und Vermehrung über mehrere Generationen erfolgt eine Anpassung der betreffenden Akzessionen an Kulturbedingungen und Standort, und die genetische Vielfalt einer Population kann sich bei Fremdbestäubern bei entsprechender Grösse im jahrelangen Anbau erhöhen. Dies ist für die Erhaltung der genetischen Ressourcen vor allem bei Arten von Bedeutung, die in der Schweiz nur selten und als einzige ihrer Gattung wild vorkommen (Beispiele im vorliegenden Projekt : Onopordon acanthium und Hyoscyamus niger). Die Vermehrung über Saatgut impliziert immer eine bescheidene Selektion, kann aber auch bewusst im Sinne züchterischer Bemühungen auf bestimmte Eigenschaften hin vorgenommen werden. Die dabei entstehenden Varietäten erhalten nur selten Sortenstatus und können bei der Aufgabe der Herstellung der entsprechenden Produkte in der Pharmazie oder bei der Umstellung 1 der Beschaffung auf ausländische Quellen innerhalb weniger Jahrzehnte , ja sogar 2 innerhalb weniger Jahre verloren gehen. Die Weleda AG kulitviert seit Jahrzehnten eine Reihe von Heilpflanzenarten im Eigenanbau, da sie hohe Anforderungen an die Qualität ihres pflanzlichen Ausgangsmaterials und die Transparenz bezüglich der Kulturbedingungen stellt. In diesem Projekt wurden in eigener Vermehrung entstandene und in Zusammenarbeit mit anderen schweizerischen Vermehrungsbetrieben entstehende «Varietäten» vermehrt und charakterisiert und der Samenbank in Changins, sowie der Nationalen Datenbank hinzugefügt. Projektziele Ziel des Projekts war, die Erhaltung einer Anzahl von einheimischen Medizinalpflanzenarten sicherzustellen, die sich im Heilpflanzengarten der Weleda AG seit Jahren 1 2 Häner, R., 2009: Schlussbericht NAP 03-05 Siehe Seiten 7/ 8 im Zwischenbericht 09 NAP 03-62 unter „Besonderheiten“ 6 bewährt haben. Die genetischen Ressourcen werden in der Samenbank in Changins eingelagert. Es wurden neun Arten bearbeitet, die den Phasen I und II des NAP nicht erfasst worden waren. Alle weisen eine anerkannte Bedeutung für die Heilmitterherstellung auf. In den geltenden Arzneibüchern liegen entsprechende Monographien vor. Projektinhalt Folgende Arten wurden zur Samengewinnung angebaut und beerntet: • Arctium lappa (Lappa major) • Onopordum acanthium • Anagallis arvensis • Primula veris • Hyoscyamus niger • Solanum dulcamara • Centaurium erythraea • Chelidonium majus • Leonurus cardiaca Beschreibung der Anbauorte und Kulturmassnahmen 1. Parzelle « Froloo » des Heilpflanzenabaus der Weleda Arlesheim Der Anbau der Samenpflanzen erfolgte 2010 auf den gleichen Parzellen wie 2009. Die Parzelle Froloo liegt auf ca. 300 müM auf dem Bruderholzhof (Knospe-Betrieb, in Umstellung auf demeter), Gemeinde Oberwil / BL. Sie umfasst 180 Aren fast ebenes Ackerland mit ganz leichter Neigung gegen den Waldrand im Südosten. Nach Nordwesten ist sie durch eine kleine Naturstrasse vom Waldrand getrennt. Auf dem Land werden seit 2001 bis zu 40 Heilpflanzenarten in wechselnder Fruchtfolge angebaut. Integriert sind Heckenpflanzungen mit Berberis vulgaris und Prunus laurocerasus, sowie ein Schattendach für bestimmte Kulturen. 7 Die Niederschlagsmenge liegt im Schnitt bei ca.1000 mm, der mittelschwere Boden (Löss-Lehm) hat ein gutes Wasserhaltevermögen, so dass Bewässerung nur vereinzelt in extrem heissen Sommern nötig ist. Der kalkhaltige Jura-Boden eignet sich nicht für kalkfliehende Arten (Anbauplan 2009 siehe Anhang 1). 2. Parzelle innerhalb der Gärtnerei am Goetheanum Der Gartenpark am Goetheanum in Dornach liegt auf 370 müM, ist 11 ha gross und umfasst verschiedenste Gestaltungselemente wie Streuobstwiesen und Waldstücke, Beerenobst, Ziersträucher und Hecken. Ausserdem sind Schaugärten zu den Themen Gemüse, Heilpflanzen, Duftpflanzen, Färberpflanzen und Schnittblumen angelegt. Für einzelne Kulturen aus dem SKEK-Projekt standen zwei im Gemüse- und Schnittblumenteil gelegene Beete von 30 m Länge zur Verfügung (Anhang 2). Der mittelschwere Lehmboden, der seit ca. 20 Jahren als Gartenboden bearbeitet wird, ist ebenfalls für Kalkflieher ungeeignet. Die Niederschlagsmenge beträgt ca. 700 mm jährlich. Der Boden ist in einem sehr guten Nährstoffzustand (siehe die Bodenproben in Anhang 4). Der Anbau untersteht in beiden Betrieben in allen Phasen den Anforderungen der biologisch-dynamischen Anbau-Richtlinien und der entsprechenden Zertifizierung. Entsprechend werden keine chemisch-synthetischen Dünger, Pflanzenschutz- oder Unkrautvertilgungsmittel eingesetzt. 3. Anzucht und Kultur der Pflanzen für die Samenernte 2010 3.1. Einjährige Kulturen Anagallis arvensis ist ein Kulturbegleiter und keimt am besten bei Direktsaat im Feld, die am 20.4.2010 auf der Parzelle Froloo durchgeführt wurde (ca. 24 qm). Die Pflanze wurde in Absprache mit C. Eigenmann anstelle von Urtica urens als einjährige Kultur in das Projekt aufgenommen (laut Ergänzungsvertrag vom 10.3.2010), weil das für das Projekt vorgesehene, langjährig kultivierte Saatgut der Weleda von Urtica urens nicht 8 mehr verfügbar war und 2009 kein Saatgut schweizerischer Herkunft gefunden werden konnte. Hyoscyamus niger wurde im April 2010 in Schalen ausgesät, in 6x6 cm Töpfen in Multitopfplatten pikiert und im Mai auf die Parzelle am Goetheanum gepflanzt (ca. 10 qm). Die Kultur erhielt als einzige eine Zusatzdüngung mit Mistkompost. Es mussten während des Aufwuchses wiederholt manuell Kartoffelkäfer (Leptinotarsa decemlineata) und ihre Larven entfernt werden. 3.2. Zwei und mehrjährige Kulturen Von der zweijährigen Eselsdistel Onopordum acanthium wurde Ende Juli 2009 eine Reihe von 120 Laufmeter direkt ausgesät. Die Samen wurden nach einer Kulturdauer von einem Jahr geerntet. Bei den übrigen mehrjährigen Kulturen Arctium lappa (Lappa major), Solanum dulcamara, Centaurium erythraea, Chelidonium majus und Leonurus cardiaca wurden die 2009 angelegten Bestände beerntet. Sie waren im April 2009 ausgesät und in 6x6 cm Töpfen in Multitopfplatten, bzw. in 8 cm Töpfe pikiert worden. Nach ca. 6 Wochen unter Glas erfolgte die Pflanzung nach einer Abhärtungsphase im offenen Kasten. Bei Chelidonium majus erfolgte die Aussaat im Mai. Von Primula veris wurden in den neunziger Jahren in der Weleda Arlesheim Jungpflanzen aus einheimischem Saatgut gezogen, die auf verschiedenen Magerwiesen im Kanton Baselland in Ergänzung zum natürlichen Bestand erfolgreich angesiedelt wurden, u.a. auf dem Demeter-Betrieb der Familie Goll in Buus. Diese Bestände werden regelmässig gepflegt, und es werden jährlich Blüten geerntet. 2010 konnten an diesen Pflanzen Samen geerntet werden; im Frühling 2010 wurden ca. 100 Pfl. zur weiteren Vermehrung auf das Goetheanumgelände verpflanzt. 4. Pflegemassnahmen Alle Kulturen wurden mehrfach von Hand, bzw. mit dem Hackgerät von Konkurrenzpflanzen befreit. Eine Bewässerung war nicht nötig. Bei Hyoscyamus niger und Solanum dulcamara mussten gelegentlich manuell Schädlinge abgesammelt werden. 9 Herkünfte, Saatgutgewinnung 1. Saatguternte 2010 Bei folgenden Kulturen (Herkünfte) wurde 2010 Saatgut geerntet : Anagallis arvensis (Weleda CH 09) Arctium lappa (Weleda CH 05, 08) Centaurium erythrea (Weleda CH 07) Chelidonium majus (Weleda CH 08) Hyoscyamus niger (Weleda CH 09) Leonurus cardiaca (Willi 2005) Primula veris (Weleda CH / Buus) Onopordon acanthium (Weleda CH 08) Solanum dulcamara (Weleda CH 08) 2. Saatguternte 2009 Von bestehenden Kulturen folgender Herkünfte wurden 2009 Samen geerntet : Centaurium erythrea (Sativa und Weleda CH 2007) Onopordum acanthium (Weleda CH 2008) Solanum dulcamara (Weleda CH 2008) Die Herkunft Willi stammt aus der Wildstaudengärtnerei Patricia Willi, 6274 Eschenbach LU, die Herkunft Sativa aus der Sativa AG in Rheinau ZH. Beide Betriebe liefern nur Saatgut, dessen Anbau den Anforderungen der biologischen oder der biologisch-dynamischen Anbau-Richtlinien und der entsprechenden Zertifizierung untersteht. 10 3. Saatgutgewinnung und -reinigung Abb. 2: Parzelle Froloo: Im Vordergrund: Calendula officinalis, Mitte: GärtnerInnen bei der Schafgarbenernte, dahinter blühende Eselsdisteln. Es standen in der Regel 50 - 80 Samenträgerpflanzen zur Verfügung. Die Ernte erfolgte meist bei sonnigem Wetter. Es wurden vorwiegend nahezu ausgereifte Samenstände geerntet und 2 bis 3 Wochen an der Luft nachgetrocknet. Das Saatgut wurde von Hand vorgereinigt. Zur weiteren Reinigung konnten wir in beiden Jahren die Einrichtungen der Sativa AG benutzen. Das Ausreiben der Samen erfolgte mit einer Bürstmaschine (Firma Westrup, Dänemark). Danach wurden die Samen im Steigsichter (air/screen cleaner, Firma Westrup) durch Aspiration gereinigt, d.h. alles, was leichter bzw. schwerer ist als die Samen, wurde abgetrennt. Dabei werden leichtere, meist sterile Samen oder Kümmersamen entfernt. Danach wurde – wenn nötig – nochmals mit verschiedenen Siebgrössen von Hand gereinigt. Keimtests wurden bei der Sativa AG in den meisten Fällen mit 6 Tagen Vorkühlung durchgeführt. Die Proben wurden in geschlossenen Petrischalen im Wärmeschrank bei Wechseltemperatur 20°C/30°C bei 16 Stunden Licht pr o Tag gehalten. 11 Dokumentation der Arten und Kulturtypen Während der Blütezeit wurden bei allen Kulturen morphologische Charakteristika wie Wuchshöhe, Habitus, Blätter, Blüten und Samenstände durch die Erhebung ausgewählter Parameter aus der Deskriptorenliste der Kategorie Heil- und Aromapflanzen der AG PLAM erfasst. Die relevanten morphologischen Kriterien sind je nach Pflanzenart verschieden und werden jeweils angepasst. Nach Möglichkeit sind zusätzlich fallweise produktionsrelevante und analytische Parameter beigesteuert. Die in diesem Projekt bearbeiteten Akzessionen stammen von Wildpflanzen oder adventiv als Kulturbegleiter zugewanderten Arten ab und sind nicht allgemein als Kulturpflanzen bekannt. Bei der Inkulturnahme von Wildpflanzen treten in vielen Fällen artspezifische Probleme auf, weil das Überleben am Naturstandort Eigenschaften gefördert hat, die unter Kulturbedingungen ungünstig sein können. Ein Beispiel hierfür ist die artspezifische Ausbildung der Keimruhe (Dormanz), deren genetische Komponente ein bestimmtes Fenster von Reaktionsmöglichkeiten auf Umweltbedingungen bereit stellt. Dies kann je nach Art die Keimung der Samen von einem flexiblen oder definierten Zeitraum zwischen Reife und Keimung, von spezifischen Umgebungsreizen wie z.B. Licht, Wärme oder Feuchtigkeit und von der Auslösung bestimmter physiologischer Abläufe (wie z.B. die Verminderung der Abszisinkonzentration im Samen) abhängig machen. Die Dormanz als life-history Merkmal spielt in der Populationsgenetik eine wichtige Rolle. Diese natürliche Keimverzögerung stellt in Wildartenpopulationen eine Art Versicherungssystem dar. Durch eine breite Fächerung des «Wartens» auf für die Keimung günstige Umgebungsbedingungen wird erreicht, dass die Population erhalten bleibt. Dieses Merkmal der zeitlich versetzten und somit unregelmässigen Keimung stellt unter Kulturbedingungen einen Nachteil dar. Einer der ersten Schritte der Anpassung an die Kultivierung ist die Selektion auf relativ gleichzeitige Keimung des Bestandes. Aber Keimhemmungen können auch auf unerkannte fehlende komplexe Umweltreize zurückgehen. Einige solcher wildartentypischer Probleme treten bei den hier zur Verfügung gestellten Akzessionen an den Standorten nicht mehr auf, auf denen sie sich über mehrere Generationen an die Kulturbedingungen angepasst haben. Sie können aber 12 an einem neuen Standort in modifizierter Form wieder aktuell werden. Deshalb ist eine Kenntnis der natürlichen Standortbedingungen der jeweiligen Arten für die Inkulturnahme relevant. Aus diesen Gründen wurde hier für jede Art ein Kurzportrait erstellt, das Botanik, natürliche Verbreitung und Standortverhältnisse, sowie Erfahrungen mit Problemen bei der Kultur umfasst. Spezifische morphologische, produktionsrelevante und analytische Eigenschaften der in der Samenbank eingelagerten Akzessionen sind, soweit erfasst, in einer Tabelle zusammengefasst. 1. Arctium lappa - die Grosse Klette Die Grosse Klette (Arctium lappa) Verbreitung, Standort und Botanik Der botanische Name Arctium (von Griechisch arktion = borstig) spielt auf eine für die Verbreitung der Art wichtige und gleichzeitig die bekannteste Eigenschaft der Pflanze an: Die äusseren Hüllblätter des kugeligen Blütenstandes laufen in einen kurzen, nach 13 aussen hakig gekrümmten Stachel aus, der dafür sorgt, dass sich die Blütenköpfchen, bzw. Samenstände bei der leisesten Berührung an Haare, Kleider und Fell von tierischen oder menschlichen Passanten anheften und auf diese Weise weit herum verstreut werden (epizoochore Ausbreitung). Die eurasiatische Art gehört zu den röhrenblütigen Asteraceae und ist in der Schweiz vor allem auf der kollinen und montanen Stufe verbreitet. Sie wächst auf nährstoffreichen lehmigen Böden, auf Schuttplätzen und Wiesen, an Flussufern und Wegrändern und kann als Nährstoffzeiger gelten. Die zweijährige Pflanze wird 1 bis 1,5 m hoch. Der längsfurchige Stängel verzweigt sich ästig und läuft in doldenartige Rispen aus, an denen die Blütenstände sitzen. Die Blätter sind gestielt, herz-eiförmig und nehmen gegenüber den sehr grossen Rosettenblättern zur Blüte hin stark an Grösse ab. Die Blattunterseite ist graufilzig behaart. Die purpurnen Blüten sitzen in einem von Hüllblättern umgebenen kugeligen Körbchen. Als Frucht wird eine trockene Nuss pro Blüte ausgebildet. Kultur Es empfiehlt sich, die harte Fruchtwand vor der Aussaat mit Bürste oder Schmirgelpapier leicht anzurauhen. Geerntet wird die fleischige, bis 60 cm lange Wurzel, deren üppige Ausbildung eine gute Bodenbearbeitung voraussetzt. Die Wurzelernte erfolgt im Herbst oder im der Aussaat folgenden Frühjahr, bevor die Rosetten im zweiten Jahr in die Blüte gehen. Ein Problem bei der Samengewinnung von Arctium lappa ist die unkontrollierte Ausbreitung. Um diese zu vermeiden, ist darauf zu achten, dass die Samen unmittelbar nach der Reife geerntet und alle nachkommenden Samenstände entfernt werden. Heilwirkung Die Klettenwurzel findet vor allem in Haarwassern oder –ölen zur Behandlung von schuppiger und trockener Kopfhaut Verwendung. In der Homöopathie wird sie gegen Akne und trockene Ekzeme eingesetzt. In der anthroposophisch erweiterten Medizin ist sie Bestandteil des Venentonikums « Venadoron ». 14 Deskriptoren Arctium lappa Anbauort: Weleda Schweiz, Froloo Habitus und Population 1.1. 1.1.1.1 Pflanzenhöhe in cm (Mittelwert aus 10 Pflanzen) 1.1.2. Variabilität des Bestandes hoch (sehr heterogen) mittel (relativ homogen) klein (homogen) Anzahl Triebe pro Pflanze (MW aus 10 Pflanzen) 1.2. Distanz zw. Boden und erster Infloreszenz (MW aus 30 1.2.2 Pfl.) 1.2.3. Behaarung der Triebe keine schwach mittel (relativ homogen) stark Blätter (Mittelwert von 30 Blättern) 1.3. Länge in cm (Stiel und Spreite, Haupttrieb: Tragblatt 6. 1.3.1. Seitentrieb von oben) 1.3.2. Länge Spreite 1.3.3. max. Breite Spreite 1.3.4. Behaarung der Blattoberfläche keine schwach mittel (relativ homogen) stark 1.3.5. Behaarung der Blattunterfläche keine schwach mittel (relativ homogen) stark 1.3.6. Behaarung der Blattnervatur keine schwach mittel (relativ homogen) stark Blüten ( Mittelwert von 30 Blüten, jeweils am 6. Seitentrieb von oben) 1.4. 1.4.1 Blütendurchmesser in mm 1.4.2 Länge der Kronblätter in mm 1.4.3 Länge des Kelches in mm 1.4.4 Anzahl Blüten pro Blütenstand Samen 1.5. 1.5.1 Tausendkorngewicht 1.5.2. Grösse oder Durchmesser in mm 1.5.3. Form 1.5.4. 1.5.5. 1.5.6. 1.5.7. Oberfläche Termin Samenernte 2010 Keimfähigkeit Keimdauer 15 Erhebungsdatum 26.7.2010 MW STABW 211.0 26.54 hoch 15.6 3.10 29.1 20.7 25.5 3.57 2.08 2.42 15.8 5.4 20.3 6.5 1.62 0.98 1.36 1.72 schwach keine mittel mittel 11.3 0.18 6 x 2.5 Langsam auslaufender Kegel, unregelm. vertiefte Querrippen glänzend grün-grau 18.8.-3.9 97% 10 -13 Tage 2. Onopordum acanthium – die Eselsdistel Verbreitung, Standort und Botanik Die Eselsdistel, ebenfalls eine eurasiatische Asteracee mir Röhrenblüten, ist vor allem in Südeuropa und Westasien verbreitet, nordwärts – von der Schweiz bis Südskandinavien - kommt sie nur zerstreut und in warmen Lagen an steinigen, unbebauten Stellen und Wegrändern vor. Sie liebt trockene, aber nährstoffreiche, neutrale oder basische tonhaltige Böden. Onopordon acanthium gilt nach der Flora Helvetica in der Schweiz als gefährdete Art und kommt nur selten und zerstreut vor. Die Wuchshöhe wird in der Flora Helvetica mit 0,5 - 1,5 m angegeben. In Kultur kann sie bei Direktsaat über 3 m hoch werden (siehe Deskriptorentabelle). Stängel und Blätter sind weissfilzig behaart, die Blätter der sich im ersten Jahr nach der Aussaat bildenden Rosette können wie bei der Grossen Klette riesig werden. Sie sind fleischig und fiederteilig. Die Blattrippen durchstossen dornig den verhärtenden Blattrand, so dass gewellte, stachelspitzige Buchten das Blatt dreidimensional, wie aufgebläht erscheinen lassen. Darauf und auf die durch mehrzellige Haare graugrün wirkende Färbung bezieht sich wohl der botanische Name Onopordon von griech. onos = Esel und porde = Blähung. Im zweiten Jahr breitet sich die Rosette noch fülliger aus, bis im Frühsommer eine reich verzweigte Gestalt emporwächst. Die Blätter verschmelzen jeweils über zwei Knoten mit dem Stängel, der so nach allen Seiten mit breit dreieckigen, stachelig gezähnten Flügeln besetzt ist. Jeder Trieb endet mit einem 16 einzeln stehenden stacheligen Blütenkorb aus Hüllblättern, die aus breitem Grund in einen harten Stachel verschmälert sind. Daraus ragen die purpurnen Röhrenblüten hervor. Kultur Im ersten Jahr während dem Rosettenwachstum wird vor allem eine Pfahlwurzel gebildet. Wie alle Pflanzen mit Pfahlwurzel gedeiht die Eselsdistel am besten bei Direktsaat, weil diese bei Voranzucht beim Umpflanzen verletzt wird. Bei der Samenernte besteht eine starke Konkurrenz mit Distelfinken und anderen Vögeln. Zur Vorbeugung vor Verlusten können die Samenstände bei beginnender Reife geerntet und als Ganzes nachgetrocknet werden. Bei der Blüten- und Samenernte sind dicke Handschuhe zu empfehlen. Heilwirkung Die Eselsdistel wird in der allgemeinen Kräuterliteratur selten und nur noch als altes Volksheilmittel bei Gallebeschwerden und Herzschwäche aufgeführt. Die letztgenannte Anwendung wurde in der anthroposophischen Medizin neu aufgegriffen. Die Blüten der Eselsdistel werden hier mit Primelblüten und Bilsenkraut zu einem ausgleichenden und aufbauenden Herzpräparat verarbeitet. Geerntet werden auch Blätter, die für ein Monopräparat gegen Leber-Galle-Funktionsstörungen verwendet werden. 17 Deskriptoren Onopordum acanthium DATUM Anbauort: Weleda Schweiz, Froloo Habitus und Population 1.1. 1.1.1.1 Pflanzenhöhe in cm (Mittelwert aus 30 Pflanzen) 1.1.2. Variabilität des Bestandes hoch (sehr heterogen) mittel (relativ homogen) klein (homogen) Anzahl Triebe pro Pflanze (MW aus 10 Pflanzen) 1.2. 1.2.2 Distanz zw. Boden und erster Infloreszenz (MW aus 30 Pfl.) 1.2.3. Behaarung der Triebe keine schwach mittel (relativ homogen) stark Blätter (Mittelwert von 30 Blättern) 1.3. 1.3.1. Länge in cm (Stiel und Spreite, Stängelblatt) 1.3.2. Länge Spreite 1.3.3. max. Breite Spreite 1.3.4. Behaarung der Blattoberfläche keine schwach mittel (relativ homogen) stark 1.3.5. Behaarung der Blattunterfläche keine schwach mittel (relativ homogen) stark 1.3.6. Behaarung der Blattnervatur keine schwach mittel (relativ homogen) stark Blüten ( Mittelwert von 30 Blüten, jeweils 2. Blüte von oben) 1.4. 1.4.1 Blütendurchmesser in mm 1.4.2 1.4.3 1.4.4 1.5. 1.5.1 1.5.2. 1.5.3. 1.5.4. 1.5.5. 1.5.6. 1.5.7. 2. 2.2 2.3 Länge der Kronblätter in mm Länge des Kelches in mm Anzahl Blüten pro Blütenstand Samen Tausendkorngewicht in g (je 5x200 Korn gezählt) Grösse oder Durchmesser in mm Form Oberfläche: wellige Einbuchtungen, Termin Samenernte 2010 Keimfähigkeit Keimdauer Chemische Eigenschaften Digestio Flos recens, 20% Alkohol pH-Wert Trocknungsrückstand 18 MW ERHEBUNG 30.06.2010 STABW 275.50 20.31 sehr heterogen 19.70 66.70 11.79 19.84 homogen, mittel 41.87 26.77 17.77 7.19 6.48 4.22 mittel stark homogen, mittel 38.00 9.13 24.53 24.26 4.77 3.79 4.29 1.85 12.29 4–5x3 Walzig ovaler Zylinder silbergrau mit schwarz 27.7 62% 17 Tage 5.70 0.02 0.68 3. Anagallis arvensis – der Ackergauchheil Fotos : Torsten Arncken Verbreitung, Standort und Botanik Anagallis arvensis gehört traditionellerweise zu den Primelgewächsen und ist fast auf der ganzen Erde als Kulturbegleiter verbreitet. Als Ursprungsgebiet wird der Mittelmeerraum vermutet, was das relativ zu anderen Ackerwildkräutern grosse Wärmebedürfnis erklären würde. In den Ackerwildkräutergesellschaften von Getreide und Hackfrüchten, die als neutrale bis basische Böden bevorzugende Nährstoffzeiger gelten, weist Anagallis als Trennart auf besonders hohe pH-Werte und sehr gute Nährstoffverhältnisse hin. Der Ackergauchheil kommt aber auch mit neutralen bzw. mageren Standorten gut zurecht und kann auch salzhaltige Böden in Meeresnähe besiedeln Die Pflanze ist einjährig und hat eine dünne Pfahlwurzel. Der vierkantig geflügelte Stängel ist zunächst aufsteigend und prall, bleibt aber ohne verhärtende Strukturen, so dass sich bei zunehmender Länge der Triebe ein kriechender Wuchs ergibt. Unter guten Nährstoffbedingungen bildet Anagallis im Laufe des Sommers bodendeckende Polster. Die Verzweigung des Sprosses erfolgt aus den Knoten der kreuzgegenständigen Blätter. Letztere sind 1-2 cm lang, oval und ganzrandig gezähnt und prall glänzend. Die Pflanze zeigt sukkulente Tendenzen. Die Blüten stehen in den Laubblattachseln einzeln auf Stielen, die bis zweieinhalbmal länger als die Blätter sind und sich zur Fruchtzeit mit den kugeligen Samenkapseln rückwärts biegen. Die Blütenkronen stehen tellerförmig kurz über schmalen Kelchzipfeln und sind ziegelrot oder blau. Die blühenden Triebe setzten ihr Wachstum nach aussen fort, während im Inneren des Polsters Samenreife und Absterbeprozesse begonnen haben. 19 Kultur Die Keimfreudigkeit der Anagallis-Samen ist stark jahreszeitabhängig. Bis März kann die Keimung im Gewächshaus oder in Keimtests über einen Monat dauern oder sogar ganz ausbleiben. Bei Freilandaussaat benötigt Anagallis eine sehr gute Bodenbearbeitung mit feinkrümeliger Struktur und keimt erst bei einsetzender Bodenwärme. Die Jugendentwicklung wird durch ein feuchtes und halbschattiges Milieu begünstigt. Bei späten Aussaaten ab Mai geht die Pflanze unter Vernachlässigung der vegetativen Entwicklung schnell in Blüten- und Samenbildung über. Mehrfaches Schneiden der Bestände regt Neubewurzelung und vegetatives Wachstum an. Heilwirkung Anagallis ist seit dem 19. Jahrhundert aus den Pharmakopöen verschwunden und wird wegen seiner leichten Giftigkeit auch in der Volksmedizin nicht mehr verwendet. In der anthroposophisch erweiterten Medizin werden homöopathische Zubereitungen bei Spasmen des Magendarmtraktes und gegen postoperative Übelkeit eingesetzt. 20 Deskriptoren Anagallis arvensis Datum der Erhebung Anbauort: Weleda Schweiz, Froloo 6.7.2011 (volle Blüte) Habitus und Population Pflanzenhöhe: Länge des Erst-Triebes (Mittelwert aus 10 1.1.1.1 Pflanzen) 1.1.2. Variabilität des Bestandes hoch (sehr heterogen) mittel (relativ homogen) klein (homogen) Anzahl Triebe aus dem ersten Knoten (MW aus 10 Pflanzen) 1.2. 1.2.2 Distanz zw. Boden und erster Infloreszenz (MW aus 30 Pfl.) 1.2.3. Behaarung der Triebe keine schwach mittel (relativ homogen) stark Blätter (Mittelwert von 30 Blättern) 1.3. Länge Spreite (Blätter sitzend, Tragblatt 2. Verzweigung am 1.3.2. Haupttrieb) 1.3.3. max. Breite Spreite 1.3.4. Behaarung der Blattoberfläche keine schwach mittel (relativ homogen) stark 1.3.5. Behaarung der Blattunterfläche keine schwach mittel (relativ homogen) stark 1.3.6. Behaarung der Blattnervatur keine schwach mittel (relativ homogen) stark Blüten ( Mittelwert von 30 Blüten) 1.4. 1.4.1 Blütendurchmesser in mm 1.4.2 Länge der Kronblätter in mm 1.4.3 Länge des Kelches in mm Samen 1.5. 1.5.1 Tausendkorngewicht in g 1.5.2. Grösse oder Durchmesser in mm 1.5.3. Form 1.5.4. Oberfläche 1.5.5. Termin Samenernte 2010 1.5.6. Keimfähigkeit 1.5.7. Keimdauer Produktionseigenschaften 2. 2.1. Ernte Frischgewicht in Gramm pro Pfl (Mittelwert aus 12 Pfl) 2.2 Trockengewicht in Gramm pro Pfl (Mittelwert aus 12 Pfl) 2.3 Trocknungsverlust in % 1.1. 21 MW STABW 15.55 1.86 3.30 0.82 1.65 1.09 0.21 0.18 10.33 4.87 3.57 0.96 0.63 0.63 0.33 0.8 x 1.1 dreikantiger ovaler Konus stark aufgerauht, rötlich-du.braun 27.7. - 9.8. nicht erhoben Freiland (Saatgut 09): 20 -28 Tage 0.01 2.98 0.81 72.44 0.93 0.22 3.87 mittel alle Triebe blütentragend keine keine keine keine 4 Primula veris – Frühlingsschlüsselblume Verbreitung, Standort und Botanik Auch die Frühlings-Schlüsselblume zählt zur Familie der Primulaceae. Die Art ist in Mitteleuropa auf der kollinen, montanen und subalpinen Stufe verbreitet. Sie liebt wechselfeuchte, lichte Standorte mit leicht basischen und mageren Böden. Durch Düngung wird die stickstoff-fliehende Pflanze von Wiesen vertrieben. Als Hemikryptophyt überwintert die mehrjährige krautige Pflanze mit bodennahen Knospen, die einem kurzen walzlichen Wurzelstock entspringen. Das langsame Jugendwachstum schliesst im ersten Jahr mit einer Rosette aus länglich-eiförmigen, wellig gerandeten Blättern ab. Im zweiten Jahr erhebt sich eine blattlose Blütenstandsachse bis 20 cm hoch. Sie trägt eine vielblütige Dolde aus gestielten Einzelblüten. Der aus fünf Blättern verwachsene Kelch ist grünlich gelb und erscheint glockenförmig aufgeblasen. Die Kronröhre ragt mit einem in fünf konkave Lappen geteilten Saum glockenförmig aus dem Kelch heraus. Die Blüte ist – im Gegensatz zum hellen Schwefelgelb der Waldschlüsselblume – dottergelb und wohlriechend. Der Fruchtknoten entwickelt sich zu einer ovalen Samenkapsel. Kultur Ein Hauptproblem der Kultur liegt in der Dormanz der Samen, die in der Regel nur durch eine mehrwöchige Kälteperiode gebrochen wird. Nach mehreren Generationen unter Kulturbedingungen kann sie verschwinden. Manche Firmen bieten vorbehandeltes Saatgut an, das zuverlässig keimt. Die Keimdauer kann mehrere Wochen betragen, gefolgt von einer langsamen Jugendentwicklung, so dass sich eine frühe Voranzucht empfiehlt. Verwendet werden der Wurzelstock oder Blüten. Für die Blütengewinnung bietet die Beetkultur den Vorteil, dass sich die Sammelzeit gegenüber der Wildsammlung mindestens um die Hälfte verringert. Heilwirkung Der getrocknete Wurzelstock oder die Blüten werden als Hustenmittel gegeben. In der anthroposophischen Medizin wird aus Primula- und Onopordumblüten und blühendem Kraut von Hyoscyamus – wie oben erwähnt - ein ausgleichendes Herzmittel hergestellt. 22 Deskriptoren Primula veris 1.1. 1.1.1. 1.1.2. 1.2. 1.2.3. 1.3. 1.3.1. 1.3.2. 1.3.3. 1.3.4. 1.3.5. 1.3.6. 1.4. 1.4.1 1.4.2a 1.4.2b 1.4.3 1.4.4 1.5. 1.5.1 1.5.2. 1.5.3. 1.5.4. 1.5.5. 1.5.6. 1.5.7. Habitus und Population Pflanzenhöhe (Mittelwert aus 29 Pflanzen) Variabilität des Bestandes hoch (sehr heterogen) mittel (relativ homogen) klein (homogen) Anzahl Triebe pro Pflanze (MW aus 29 Pflanzen) Behaarung der Triebe schwach mittel (relativ homogen) stark Blätter (Mittelwert von 29 Blättern) Länge in cm (Stiel und Spreite) Länge Spreite max. Breite Spreite Behaarung der Blattoberfläche keine schwach mittel (relativ homogen) stark Behaarung der Blattunterfläche schwach mittel (relativ homogen) stark Behaarung der Blattnervatur schwach mittel (relativ homogen) stark Blüten ( Mittelwert von 30 Blüten) Blütendurchmesser in mm Gesamtlänge der sympetalen Krone in mm Länge oberer Kronenbereich in mm Länge des Kelches in mm Anzahl Blüten pro Blütenstand Samen Tausendkorngewicht Grösse oder Durchmesser in mm Form Oberfläche Termin Samenernte 2010 Keimfähigkeit Keimdauer 23 Standort: Goetheanum Datum der Aufnahme: 19.4.2010 Mittelwert STABW 15.10 2.66 sehr heterogen 4.00 1.44 mittel 8.21 1.84 3.26 0.80 keine mittel mittel 11.07 18.86 10.21 16.24 10.79 2.45 2.03 2.19 1.96 4.25 1.15 1.5-2.0 x 1.2-1,4 unregelmässig eckig, weichkantig wie mit Sandkristallen bestreut, braun 6.7. keine Daten keine Daten 0.17 Primula veris, die Echte Schlüsselblume. Oben: Kronröhren Unten von links nach rechts: Beetpflanzung, in voller Blüte, Samenstand 5. Hyoscyamus niger – das Schwarze Bilsenkraut Verbreitung, Standort und Botanik Schon in Shakespeares Hamlet erwähnt, taucht das Bilsenkraut in der Literatur immer wieder als todbringende Giftpflanze auf. Wie die verwandten Arten Stechapfel, Tollkirsche und Alraune bildet es Tropanalkaloide aus, deren Zusammensetzung in der Pharmazeutik bei jeder eingehenden Charge von Pflanzenmaterial kontrolliert wird (siehe Chemische Eigenschaften, S. 27). 24 Das Schwarze Bilsenkraut kommt von Asien bis Europa, von Nordafrika bis Skandinavien an trockenen bis mässig feuchten und warmen Standorten vor. Es ist ein „indirekter“ Kulturbegleiter in dem Sinne, dass es vom Menschen gestörte, aber vernachlässigte, besonders stickstoffreiche Stellen wie Schuttplätze, aufgeschüttete Mulden oder die Umgebung von Kompostplätzen besiedelt. Die ein- bis zweijährige, aufrechte Pflanze wird bis 80 cm hoch. Aus einer Rosette mit drüsig behaarten gezackten Blättern richtet sich zunächst ein Spross mit einer Blüte auf. Um die erste zentrale Blüte wachsen aus Blattachseln Seitentriebe schräg nach oben, zusammengesetzt aus aufeinander folgenden Sprossgenerationen, die alle aus Blatt, Sprossanteil und Blüte bestehen. Die Blütenknospen sind dicht an dicht spiralig eingerollt. Mit dem Aufblühen entrollt sich die Spirale allmählich und es ragen meist drei Achsen trichterförmig nach oben, die dicht mit Samenkapseln besetzt sind. Die Blüten sind aussen schwefelgelb, vom innersten tief violetten Schlund zieht sich ein Netz von feinen Adern über die ganze Krone. Hyoscyamus niger, das Schwarze Bilsenkraut. Von links nach rechts: Beetkultur, streng rythmischer Sprossaufbau, oben Knospe, unten Blüte. 25 Kultur Wird ein Wachstumsfaktor unter Kulturbedingungen nur kurzzeitig eingeschränkt, reagiert Hyoscyamus schnell mit Notblüte, und es wird nur ein kurzer samentragender Trieb gebildet. Gut entwickelte Exemplare setzen ein grosses Raum- und Nährstoffangebot voraus. Deshalb ist eine Direktsaat nicht ratsam. In der Voranzucht kann kurz nach der Keimung pikiert werden, damit die Pflänzchen jederzeit genügend Licht und Nährstoffe haben, ausserdem kann die wärmeliebende Pflanze früh angezogen werden. Bei der Pflanzung ist auf ausreichende Stickstoffdüngung und grosse Abstände zu achten. Im Jugendstadium sind die Pflanzen ein von Schnecken stark bevorzugtes Objekt und müssen geschützt werden. Später tritt in Gebieten mit Kartoffelanbau die Larve des Kartoffelkäfers (Leptinotarsa decemlineata) als Hauptschädling auf. Die Tiere müssen regelmässig abgesammelt oder es muss mit Bt-Toxin behandelt werden, da sonst die Ernte schnell vernichtet wird. Geerntet wird das blühende Kraut im Stadium der beginnenden Samenbildung. Heilwirkung Hyoscyamus ist ein bei Husten, Krämpfen und Schlaflosigkeit häufig verwendetes Homöopathikum. In der anthroposophischen Medizin kommt es in einem Herzheilmittel zur Verwendung (siehe Primula veris). Links: Hyoscyamus niger, Samenstände. Die Pflanzen nehmen eine trichterförmige Gestalt an. 26 Deskriptoren Hyoscyamus niger 1.1. 1.1.1 1.1.2. 1.2. 1.2.2 1.2.3. 1.3. 1.3.2. 1.3.3. 1.3.4. 1.3.5. 1.3.6. 1.4. 1.4.1 1.4.2 1.4.3 1.5. 1.5.1 1.5.2. 1.5.3. 1.5.4. 1.5.5. 1.5.6. 1.5.7. 2. 2.1. 2. 2.1. 2.2 2.3 Datum Erhebung Anbauort: Goetheanum 29.6.2010 (volle Blüte) Habitus und Population Mittelwert STABW Pflanzenhöhe, höchster Seitentrieb (Mittelwert aus 30 Pflanzen) 56.60 6.25 Variabilität des Bestandes hoch (sehr heterogen) mittel (relativ homogen) mittel klein (homogen) Anzahl Triebe pro Pflanze (MW aus 12 Pflanzen) 4.25 1.60 Distanz zw. Boden und erster Infloreszenz (MW aus 30 Pfl.) 27.50 3.67 Behaarung der Triebe keine schwach mittel (relativ homogen) stark stark Blätter (Mittelwert von 30 Blättern) Länge Spreite (Blätter sitzend, Tragblatt 1. Infloreszenz) 9.85 1.97 max. Breite Spreite 8.23 1.68 Behaarung der Blattoberfläche keine schwach mittel (relativ homogen) mittel stark Behaarung der Blattunterfläche keine schwach mittel (relativ homogen) stark stark Behaarung der Blattnervatur keine schwach mittel (relativ homogen) stark stark Blüten ( Mittelwert von 30 Blüten) Blütendurchmesser in mm 36.63 2.71 Länge der Kronblätter in mm 35.67 2.52 Länge des Kelches in mm 19.28 1.62 Samen Tausendkorngewicht in g 0.81 0.006 Grösse oder Durchmesser in mm 1.8 x 1.5 Form tropfenförmig, abgeflacht Oberfläche wabenförmig vertieftes Netz hellbraun Termin Samenernte 2010 9. - 24.8. Keimfähigkeit 85% Keimdauer 17 Tage Produktionseigenschaften Ernte Frischgewicht in Gramm (2.+3. ST) pro Pfl (Mittelwert aus 12 Pfl) 24.26 4.76 Chemische Eigenschaften Herba, 10%ige Lösung (D1): Trockenrückstand 0.30% Alkaloidgehalt (Bestimmung mit HPLC, Gerätetyp MARA) 0.0005% Scopolamin-Anteil 41% 27 6 Solanum dulcamara – der bittersüsse Nachtschatten Verbreitung, Standort und Botanik Solanum dulcamara, Jungpflanzen Der bittersüsse Nachtschatten ist ein mehrjähriger, basal verholzender Halbstrauch. Seine langen Zweige ranken an Waldrändern, Uferböschungen und Hecken auf feuchten oder wechselfeuchten, nährstoffreichen Böden in eurasiatisch-submediterranem Klima. Auch bei diesem Nachtschattengewächs sind die Triebe aus aufeinander folgenden Sprossgenerationen aufgebaut wie das Bilsenkraut. Diese sind aber weit auseinander gezogen, jede von ihnen hat sechs bis neun Laubblätter. Weil der Blütenstand im weiteren Triebwachstum zur Seite gedrängt wird, sehen die Ranken aus wie durchgehende Zweige. Die Blätter sind gestielt, eiförmig lanzettlich und zuweilen am Grunde geöhrt mit 1-2 Seitenblättchen. Die Blütenstände sind wickelig verzweigt und tragen bis zu 20 violette Blüten mit kurzer Röhre und fünf spitzen zurückgeschlagenen Saumzipfeln. Die leuchtend gelben Staubbeutel sind zu einer Röhre verwachsen. Die keinen Blüten öffnen sich am gleichen Blütenstand nacheinander und auch die ovalen Beerenfrüchte reifen zeitlich versetzt, wobei sich ihre Farbe von grün über orange zu einem leuchtenden Rot verändert. Kultur Geerntet werden bei Solanum dulcamara die Triebspitzen (Stipites) und Blüten vor Beginn der Fruchtreife. Häufiges Pflücken regt die Blütenbildung an. Um eine Verschmutzung der Triebe zu vermeiden, wird die Kultur spalierartig an Drähten gezogen. 28 Die Vermehrung kann vegetativ erfolgen. Ca. 30 cm lange Triebstücke aus ein- bis zweijährigem Holz bewurzeln in Erde problemlos und ergeben kräftigere Pflanzen als die Aussaat. Heilwirkung Die Pflanze enthält wie alle Solanum-Arten vor allem in den grünen Beeren giftige Steroidalkaloide, die sich in abnehmender Menge auch in Blättern und Sprossachse finden. Bei den Triebspitzen wird jede Charge mittels HPLC (Hochleistungsflüssigkeitschromatographie) auf Alkaloidgehalt und –zusammensetzung geprüft (siehe unten, hier auf Berberin und Tomatin). Die Droge gilt als stoffwechselanregend und ist Bestandteil einiger Rheumatees. Ausserdem wird sie in der Therapie stoffwechselbedingter Ekzeme verwendet. Die Blüten sind Teil eines anthroposophischen Haut-Heilmittels. Zwei HPLC Tests an Solanum dulcamara, Triebspitzen 29 Deskriptoren Solanum dulcamara Datum der Erhebung Anbauort: Froloo Weleda CH 1.7. Habitus und Population MW 1.1. STABW 1.1.1.1 Schlingpflanze, längster Seitentrieb (Mittelwert aus 11 Pflanzen) 180.45 24.44 1.1.2. Variabilität des Bestandes hoch (sehr heterogen) sehr heterogen mittel (relativ homogen) klein (homogen) Anzahl Triebe pro Pflanze Ø > 0,8 cm (MW aus 10 Pflanzen) 1.2. 3.60 1.84 1.2.3. Behaarung der Triebe keine keine schwach mittel (relativ homogen) Blätter (3.äusserstes Blatt,apikaler Trieb, Mittelwert von 30 Blättern) 1.3. 1.3.1. Länge in cm (Stiel) 2.69 0.65 1.3.2. Länge Spreite 7.33 1.77 1.3.3. max. Breite Spreite 5.28 1.79 1.3.4. Behaarung der Blattoberfläche keine keine schwach mittel (relativ homogen) stark 1.3.5. Behaarung der Blattunterfläche keine keine schwach mittel (relativ homogen) 1.3.6. Behaarung der Blattnervatur keine keine schwach mittel (relativ homogen) Blüten ( Mittelwert von 30 Blüten) 1.4. 1.4.1 Blütendurchmesser in mm 21.30 1.76 1.4.2 Länge der Kronblätter in mm 10.07 0.83 1.4.3 Länge des Kelches in mm Kelch unscheinbar 1.4.4. Anzahl Blüten pro Blütenstand 10.60 3.98 Samen 1.5. 1.5.1 Tausendkorngewicht 1.41 0.016 1.5.2. Grösse oder Durchmesser in mm Ø2 1.5.3. Form leicht oval-rundlich, abgeflacht 1.5.4. Oberfläche 1.5.5. Termin Samenernte 2010 25.8. 1.5.6. Keimfähigkeit 2009: 96, 2010 keine Angaben 1.5.7. 2. 2.1. Keimdauer Chemische Eigenschaften Dulcamara stipites (Triebspitzen) Asche Vergleich mit Substanzreferenzen Berberin und Tomatin (links) und Referenzprobe (DC) 2009: ca 10 Tage, 2010 keine Angab. 2.2 kristallig 30 glänzendes Netz, hell gelb-braun 5.60% siehe vorige Seite 7 Centaurium erythrea – das Echte Tausendgüldenkraut Verbreitung, Standort und Botanik Das ein- bis zweijährige Tausendgüldenkraut gehört zu den Enziangewächsen und kommt auf trockenen oder wechselfeuchten Böden auf der kollinen und montanen Stufe vor. Bevorzugte Standorte sind Waldlichtungen, an hellen, buschigen Hängen oder Riedwiesen. In Bezug auf den pH-Wert neutral, wächst es auf kalkarmen, wie auch auf kalkreichen Böden. Aus einer Pfahlwurzel bildet sich zunächst eine kleine Rosette, dann wächst ein vierkantiger, nur zuoberst verzweigter Stängel empor. Die Stängelblätter sind kreuzgegenständig angeordnet, länglich-eiförmig oder lanzettlich und mit Längsadern versehen. Von den oberen Blattpaaren gehen in gabeliger Verzweigung rispig aufgebaute Blütenstände ab, die wie kleine Dolden aussehen – daher stammt der früher verwendete botanische Name Centaurium umbellatum (von lat. Umbellum = Schirm). Die endständigen Blütenstände sind meist in mehrere « Döldchen » unterteilt. Aus einem fünfzipfeligen Kelch ragen knapp die fünf rosafarbenen Zipfel der Kronröhre hervor. Die Blüten öffnen sich nur bei Sonne. Die spindelförmige, zweifächerige Frucht enthält Tausende von winzigen Samen (TKG um 0,03g). Kultur Wegen der sehr langsamen Jugendentwicklung ist es günstig, das Tausendgüldenkraut im März des Jahres vor der Ernte unter Glas anzuziehen, damit die Pflanzung ca. im Juni erfolgen kann. So bilden sich bis zum Winter kräftige Rosetten aus. Geerntet wird das blühende Kraut im Juni/Juli des Folgejahres. Heilwirkung Centaurii herbae gehört zu den Bittermitteln der Gruppe Amara tonica und hat einen 3 Bitterwert von mindestens 2000 (Europäisches Arzneibuch ). Die Droge wird bei Appetitlosigkeit und Magenschwäche angewendet. In der Volksmedizin wird sie auch als Tonikum und zur allgemeinen Kräftigung eingesetzt. 3 4. Ausgabe 2002, Deutscher Apothekerverlag Stuttgart 31 Deskriptoren Centaurium erythrea Datum Erhebung (volle Blüte) 06.07.2011 MW STABW 53.5 4.9 1.4.4 1.5. 1.5.1 1.5.2. 1.5.3. 1.5.4. Anbauort Weleda CH, Froloo Habitus und Population Pflanzenhöhe (Mittelwert aus 10 Pfl.) Variabilität des Bestandes hoch (sehr heterogen) mittel (relativ homogen) klein (homogen) Behaarung der Triebe keine schwach mittel (relativ homogen) stark Blätter (Mittelwert von 30 Blättern) Länge Spreite (Blätter sitzend) max. Breite Spreite Behaarung der Blattoberfläche keine schwach mittel (relativ homogen) stark Behaarung der Blattunterfläche keine schwach mittel (relativ homogen) stark Behaarung der Blattnervatur keine schwach mittel (relativ homogen) stark Blüten ( Mittelwert von 30 Blüten) Blütendurchmesser in mm Länge der Kronblätter in mm Länge des Kelches in mm Anzahl Blüten pro Blütenstand (mittl. Teilblütenstand) Samen Tausendkorngewicht Grösse oder Durchmesser in mm Form Oberfläche 0.03 (Lit.) Ø 0,3 unregelmässig rundlich-flach netzartig mit Vertiefungen, hellbraun 1.5.5. 1.5.6. Termin Samenernte 2010 Keimfähigkeit 17.8. 70% 1.5.7. 2. 2.1. 2.2 2.3 Keimdauer Chemische Eigenschaften Trocknungsverlust in % Asche Bitterwert 21 Tage 1.1. 1.1.1.1 1.1.2. 1.2.3. 1.3. 1.3.2. 1.3.3. 1.3.4. 1.3.5. 1.3.6. 1.4. 1.4.1 1.4.2 1.4.3 hoch keine 2.9 1.1 0.3 0.2 11.3 5.0 5.0 1.0 0.6 0.7 13.9 4.9 keine keine keine 4,8 0.040 > 2000 32 Centaurium erythrea, das Tausendgüldenkraut 8 Chelidonium majus – das Schöllkraut Verbreitung, Standort und Botanik Das Schöllkraut ist ein ausdauerndes Mohngewächs mit kurzem Rhizom, das bis zu 80 cm hoch werden kann. Es wächst auf lockeren, nährstoffreichen lehmigen Böden auf Schuttplätzen, an Wegrändern, Mauern und Gebäuden. In Bezug auf Feuchtigkeit und Licht scheint die Art indifferent, sie siedelt sich auch an trockenen Plätzen ohne direktes Sonnenlicht an. Der Stängel ist aufrecht und verzweigt, die Zweige enden in 2 – 8-blütigen Dolden. Die Blätter sind unregelmässig fiederteilig oder gefiedert, unterseits graugrün und zerstreut behaart. Die Rosettenblätter sind länglich und gestielt, die oberen sitzend. Die gelben, ovalen Kronblätter sind ca. 1cm lang, die Frucht ist eine einfächerige, 2 - 5-cm lange Schote, die zur Reifezeit der Samen bei Berührung längsseitig aufspringt. Die schwarzen Samen werden häufig von Ameisen verbreitet. Die Pflanze führt in allen Teilen einen gelb-orangen, stark färbenden Milchsaft. 33 Kultur Anzucht im März unter Glas und Pflanzung im Sommer ergibt Pflanzen, die mit kräftiger Rosette in den Winter gehen. Wurzel und Rhizom können im folgenden Frühjahr geerntet werden. Jungpflanzen müssen vor Schnecken geschützt werden. Heilwirkung Aus dem Schöllkraut wurden über 30 Alkaloide isoliert. Im Tierversuch ergab sich eine leicht einschläfernde und krampflösende Wirkung. Chelidonium findet sich in Zubereitungen zur Behandlung von Störungen der Gallebildung und –ausscheidung. Als Homöopathikum gilt es als gutes Galle- und Lebermittel, wird aber auch bei Bronchitis, Lungenentzündung und Asthma gegeben. In der anthroposophisch erweiterten Medizin werden auch die Blüten in einem Mittel gegen Störungen der Schilddrüsenfunktion verwendet. 34 Deskriptoren Datum der Erhebung 29.04.2010 STABW Chelidonium majus 1.1. 1.1.1. 1.1.2. 1.2. 1.2.3. 1.3. 1.3.1. 1.3.2. 1.3.3. 1.3.4. 1.3.5. 1.3.6. 1.4. 1.4.1 1.4.4 1.5. 1.5.1 1.5.2. 1.5.3. 1.5.4. 1.5.5. 1.5.6. 1.5.7. Standort: Weleda Schweiz Habitus und Population Mittelwert Pflanzenhöhe (Mittelwert aus 30 Pflanzen) Variabilität des Bestandes hoch (sehr heterogen) mittel (relativ homogen) mittel klein (homogen) Anzahl Triebe pro Pflanze (MW aus 30 Pflanzen) Behaarung der Triebe keine schwach mittel (relativ homogen) stark Blätter (Mittelwert von 30 Blättern) Länge in cm (Stiel und Spreite, Rosettenblatt) Länge Spreite, sitzendes Blatt unter Blütenstand max. Breite Spreite, sitzendes Blatt unter Blütenstand Behaarung der Blattoberfläche keine schwach mittel (relativ homogen) stark Behaarung der Blattunterfläche keine schwach mittel (relativ homogen) stark Behaarung der Blattnervatur keine schwach mittel (relativ homogen) stark Blüten ( Mittelwert von 30 Blüten) Blütendurchmesser in mm Anzahl Blüten pro Blütenstand Samen Tausendkorngewicht Grösse Form Oberfläche Termin Samenernte 2010 Keimfähigkeit Keimdauer 35 63.37 6.34 3.27 1.44 20.97 4.94 4.72 1.24 8.08 1.66 28.13 6.83 4.54 1.23 0.89 0.05 heterogen teilweise schwach vorwiegend stark keine schwach stark 1.3 x 1 Oval bohnenförmig mit weissen Anhängseln Netzartig glänzend schwarz oder rau, braun Mitte bis Ende Juni 65% nicht erhoben 9. Leonurus cardiaca – das Herzgespann Verbreitung, Standort und Botanik Herzgespann wächst auf Schutt, an Hecken und bei Kompostplätzen auf stickstoffreichen lehmigen Böden und kann bei guten Nährstoffverhältnissen bis 1,5 m hoch werden. Der wärmeliebende Lippenblütler kommt hauptsächlich auf der kollinen Stufe an sonnigen Standorten vor. Leonurus ist ausdauernd mit unterirdischem, stark wurzelndem Stängel. Oberirdisch ist der Stängel aufrecht und endet mit reichblütigen Scheinquirlen, die dicht übereinander sitzen und sich zu 15 bis 30 cm langen beblätterten Scheinähren vereinigen. Diese ragen wie Kerzen aus dem Blattbereich heraus. Die Blattformen sind im unteren Bereich rundlich herzförmig und in drei bis sieben grob gezähnte Lappen geteilt, nach oben hin schmaler mit drei auslaufenden Spitzen, im Blütenbereich schliesslich fast ungeteilt und schmal lanzettlich. Die Einzelblüten sind bis zu 8 mm lang, fleischfarben mit braunrot gezeichneten Lappen und zottig behaart. Kultur Bei früher Anzucht unter Glas (März) gelangt Leonurus im gleichen Jahr zur Samenreife. Geerntet wird das blühende Kraut. Heilwirkung Der Name „Herzgespann“ deutet auf die Anwendung bei nervösen Herzbeschwerden. Die entspannende Magenblähungen Wirkung bei durch (Roemheld-Syndrom) Angstzustände beschleunigtem oder auch Herzschlag und durch bei Klimakteriumsbeschwerden wird in der europäischen Volksmedizin wie auch in der anthroposophisch erweiterten Medizin genutzt. 36 Deskriptoren Leonurus cardiaca 1.1. 1.1.1. 1.1.2. 1.2. 1.2.3. 1.3. 1.3.1. 1.3.2. 1.3.3. 1.3.4. 1.3.5. 1.3.6. 1.4. 1.4.2 1.4.3 1.4.4 1.5. 1.5.1 1.5.2. 1.5.3. 1.5.4. 1.5.5. 1.5.6. 1.5.7. 2. 2.1. 2.2 2.3 2.4 Habitus und Population Pflanzenhöhe (Mittelwert aus 30 Pflanzen) Variabilität des Bestandes hoch (sehr heterogen) mittel (relativ homogen) klein (homogen) Anzahl Triebe pro Pflanze (MW aus 11 Pflanzen) Behaarung der Triebe keine schwach mittel (relativ homogen) stark Blätter (Mittelwert von 30 Blättern) Länge in cm (Stiel und Spreite, unterstes Blatt der Infloreszenz) Länge Spreite max. Breite Spreite Behaarung der Blattoberfläche keine schwach mittel (relativ homogen) stark Behaarung der Blattunterfläche keine schwach mittel (relativ homogen) stark Behaarung der Blattnervatur keine schwach mittel (relativ homogen) stark Blüten ( Mittelwert von 30 Blüten) Länge der Kronblätter in mm (erster offen blühender Knoten apikal) Länge des Kelches in mm Anzahl Blüten pro Tragblatt Samen Tausendkorngewicht Grösse Form Oberfläche Termin Samenernte 2010 Keimfähigkeit Keimdauer Produktionseigenschaften Ernte Frischgewicht in Gramm pro Pflanze Ernte Trockengewicht in Gramm pro Pflanze Ausbeute in % Trocknungsverlust in % 37 Standort: Goetheanum Datum der Aufnahme: 23.9.2010 Mittelwert STABW 74.10 12.78 sehr heterogen 3.27 1.01 8.21 6.57 5.64 0.95 0.72 0.87 10.57 3.10 7.47 0.57 0.31 0.78 0.81 0.07 mittel mittel keine stark 2.5 x 1.2-1.5 4-kantiger Konus, Grundfläche einseitig flach glänzend du-braun, fast glatt, Grundfl. behaart 27.7.-24.8. 88% 7 Tage 95.46 30.70 32.15 67.88 57.28 18.42 1.26 1.26 Literatur Für die Pflanzenporträts wurde neben eigenen Arbeiten folgende Literatur verwendet: Boerner, F. (1989): Taschenwörterbuch der botanischen Pflanzennamen. Verlag Paul Parey, Berlin und Hamburg. Braun, H., Frohne, D. (1994) : Heilpflanzenlexikon. Gustav Fischer Verlag Stuttgart, Jena, New York. Ebert, K. (1982): Arznei- und Gewürzpflanzen. Ein Leitfaden für Anbau und Sammlung. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart. Frohne, D., Pfänder, H.J. (1997) : Giftpflanzen. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart. Göbel, T. (1985): Zum Herzheilmittel Cardiodoron : Metamorphoseprinzipien im Pflanzenreich und die Primelgewächse. In: Tycho-de-Brahe Jahrbuch für Goetheanismus. Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart. Hess, H.E., Landolt E., Hirzel, R. (1972): Flora der Schweiz und angrenzender Gebiete. Band 1 3. Birkhäuser Verlag, Basel und Stuttgart. Lauber, K., Wagner, G. (1996): Flora Helvetica. Haupt, Bern, Stuttgart, Wien. Pahlow, M., (1997) : Das grosse Buch der Heilpflanzen. Gräfe und Unzer GmbH, München. Mandera, R. (1985) : Nachtschattengewächse und Durchdringungsprinzip. In: Tycho-de-Brahe Jahrbuch für Goetheanismus. Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart. Schramm, H. (2009): Heilmittel in der anthroposophischen Medizin. Urban & Fischer Verlag, München. Wichtl, M. (2002): Teedrogen und Phytopharmaka. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart. Bemerkungen : Wir danken den MitarbeiterInnen der Gärtnereien der Weleda Aresheim und am Goetheanum für ihre Unterstützung und Kooperation. Ausserdem gilt unser Dank den MitarbeiterInnen der Arbeitsgruppes SKEK für die freundliche Beratung und dem Bundesamt für Landwirtschaft für die finanzielle Förderung der Erhaltungsarbeit. 38 Anhang Anhang 1 Parzellenplan Froloo mit Anbauplan 2010 39 Anhang 2 Parzellenplan Beet Goetheanum mit Anbauplan 2010 40 Anhang 3 Bodenproben Froloo (relevant ist Spalte 1) 41 Anhang 4 Bodenproben Goetheanum (relevant ist Spalte 3) 42