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DCG-Informationen 32 (2): 39-42, 2001
Mein Traum vom Tanganjikasee-Aquarium
Florian-Timo Ludwig
Cyprichromis leptosoma - Foto: Schulz
Nachdem ich 1997 beim Jugendförderpreis der DCG den zweiten und dritten Platz
belegt hatte, mußte ich in den vergangenen drei Jahren wegen Raum- und
Geldmangel leider die Aquaristik einschränken. Mit den Geldgeschenken zum
achtzehnten Geburtstag ließ sich nun ein seit meiner Kindheit gehegter Traum, ein
Zweimeter-Becken, erfüllen. Die zwei Wochen bis zur Lieferung des Aquariums mit
den Maßen 200 x 50 x 50 Zentimeter vergingen mit Planung und Fertigstellung des
Unterbaus. Die Wahl von Filterung (zwei Filter; eine Powerhead-pumpe mit
Filterkorb und ein Motorinnenfilter) und Heizung (300-Watt-Stabheizer) erfolgte
rasch; die Frage der Beleuchtung war aus finanziellen Gründen etwas schwieriger
zu lösen. Somit war „Do it yourself" angesagt. Es zeigte sich, daß die Lichtstärke
einer Tritonröhre (150 Zentimeter) zur Ausleuchtung des Beckens vollkommen
ausreichte; ihr etwas rötlicher Farbton läßt die Fische in den schönsten Farben
erstrahlen. Wie aber sollte der Fischbesatz aussehen? In meinen bisherigen zwölf
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Aquarianerjahren hatte ich bereits Cichliden aus fast allen Herkunftsgebieten
gepflegt; für das neue Becken setzte ich den Schwerpunkt jedoch auf Afrika. Nach
Diskussionen mit Fachhändlern sowie eigenen Überlegungen entschied ich mich
für einen Besatz mit Tanganjikasee-Cichliden; sie erschienen mir für die
angestrebte Beobachtungen am interessantesten zu sein. Die Einrichtung sollte
demnach einem Tanganjikasee-Biotop entsprechen, in dem eine
bodenbewohnende und eine freischwimmende Art leben sollten. Als Bodengrund
verwendete ich feinen weißen Sand, aus dem große Sandsteinbrocken
säulenförmig herausragen, die bis zur Oberkante des Beckens reichen.
Die Aufbauten wurden spärlich mit Anubias barteri var. nana bepflanzt. An den
linken Randbereich pflanzte ich zwei Vallisnerien als kleine Schutzzone. So sind
genügend freie Bodenfläche und freier Schwimmraum vorhanden, andererseits gibt
es auch ausreichend Versteckplätze zwischen den Steinen. Nach einer Einlaufzeit
von etwa 14 Tagen kam unverhofft die erste Cichlidenart in mein neues Aquarium.
Xenotilapia ochrogenys ochrogenys - Foto: Herrmann
Von meinem Vater erhielt ich ein Pärchen Altolamprologus compressiceps „Golden
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Sambia". Nach meiner Ansicht ist das eine Art, die den geplanten Besatz gut
ergänzen konnte. Das Paar, das nur aufgrund der Geschlechtsunterschiede
zusammen gestellt wurde, verstand sich auf Anhieb gut und bewohnte die gleiche
Höhle. Das Männchen mißt ungefähr neun Zentimeter, das Weibchen ist mit fünf
Zentimeter deutlich kleiner. Beide Fische sind kräftig ockergelb gefärbt und zeigen
braune Körperstreifen. Das Weibchen trägt eine weitaus dunklere Grundfarbe,
besonders in der Balzzeit. Der Anfang war also gemacht, ich besaß nun ein
eingerichtetes Tanganjikasee-Aquarium mit den ersten Fischen. Doch der „richtige"
Besatz sollte noch folgen.
Nach Durchstöbern von allerlei Fachliteratur entschied ich mich schließlich für
folgende Arten: Cyprichromis leptosoma und Xenotilapia ochrogenys. Beide Arten
wurden mir hauptsächlich durch mehrere Artikel in den DCG-Informationen
schmackhaft gemacht. Anläßlich eines Besuches bei „Blubb Bunte Barsche" stellte
ich erfreut fest, daß beide Arten hier als juvenile Tiere in wohlgenährtem Zustand
und zu erschwinglichen Preisen vorhanden waren. C. leptosoma wurde in der
Variante „Utinta" angeboten, X. ochrogenys lief unter der Bezeichnung „Zaire".
Zunächst erwarb ich eine Sechser-Gruppe C. leptosoma, die aus drei Männchen
und drei Weibchen bestand. Während die Fische sich unmittelbar nach dem
Einsetzen noch hinter einem Felsbrocken versteckten, schwammen sie bereits am
nächsten Morgen nach Anschalten des Lichtes zu meiner Freude erstmals im
Freiwasser. Im einfallendem Sonnenlicht zeigten sie sofort ihre schimmernden
Farben. Die Männchen präsentierten sich wahrlich wie ein Feuerwerk.
Schwanzflossen und Übergangsbereiche zwischen Schwanzflosse und
Körperflanken sind zitronengelb gefärbt; Kopf und oberer Bereich der Flanken
sowie Rückenflosse schimmern blau violett. Im hinteren Bereich der Rückenflosse
besitzen sie einen zitronengelben Flecken, der einem Eiflecken gleicht. Der untere
Flankenbereich sowie die Afterflosse sind rotbraun gefärbt. Die grauen
Bauchflossen tragen am hinteren Ende hellgelbe Eiatrappen. Die Farbe der
Weibchen ist einheitlich graubraun. Zu meinem Erstaunen begannen die Fische
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bereits wenige Tage nach dem Einsetzen in mein Traumaquarium mit der Balz.
Eines der drei Männchen schwamm aus dem Schutz des Felsbrockens ins freie
Wasser und präsentierte in Richtung der sich am Felsen aufhaltenden Weibchen
unter heftigem Flossenzittern seine Flanken. Ein Weibchen folgte ihm und ließ sich
auf den Balztanz ein: Das Männchen zitterte mit seinen intensiv gefärbten Flossen,
legte diese dann an und schwamm in Y-Stellung auf das Weibchen zu. Dabei
näherte es sich dem Weibchen von oben und machte über dessen Kopf rasche
Mundbewegungen. Dieses Verhalten löste beim Weibchen Schnappbewegungen
nach den farblich abgesetzten Spitzen der Bauchflossen des Männchens aus. In
dieser Phase endete stets die Balz. Das Weibchen entfernte sich vom Balzplatz
und wurde daraufhin sofort vom Männchen vertrieben. Erst nach etwa zwei
Monaten wurde zum ersten Mal abgelaicht, und die Eiabgabe (ungefähr acht Eier)
erfolgte unmittelbar an das Schnappen des Weibchens.
Nach der Abgabe eines Eies dreht sich das Weibchen blitzschnell und nimmt das Ei
ins Maul. Dieses Verhalten bei den gar nicht scheuen Tieren zu beobachten war
das „Highlight" in meiner bisherigen „Aquarianerkarriere". Leider gelang es mir
nicht, die Jungfische aufzuziehen. Beim ersten Versuch setzte ich das Weibchen
mit den bereits deutlich durch den Kehlsack sichtbaren Jungen in ein
Aufzuchtbecken, in das es die Brut auch erwartungsgemäß entließ. Beim zweiten
Mal verblieb das Weibchen im großen Becken, in dem dann auch die Jungen
freigelassen wurden. In beiden Fällen starben die Jungfische jedoch in einer Größe
von etwa einem Zentimeter aus ungeklärten Gründen. Nun hoffe ich auf mehr
Erfolg bei den folgenden Bruten.
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Xenotilapia ochrogenys - Foto: Kranemann
Um meine Vision über den optimalen Fischbesatz des Aquariums umzusetzen,
erwarb ich wie vorgesehen die bodenbewohnenden Xenotilapia ochrogenys „Zaire".
Die noch jugendlichen, farblosen und etwa drei bis vier Zentimeter großen Fische
ermöglichten mir, die Entwicklung bis zur Geschlechtsreife zu beobachten.
Aufgrund ihrer geringen Körpergröße waren noch keine Geschlechtsunterschiede
zu erkennen, und so erwarb ich auf gut Glück fünf Fische. Auch die kleinen X.
ochrogenys überstanden entgegen allen Befürchtungen, die in vielen Berichten
zum Ausdruck kommen, sowohl den Transport als auch die ersten Tage im neuen
Becken ohne Probleme. Sie fraßen sofort gut und waren recht vital. Zu meiner
Enttäuschung verhielten sie sich jedoch so, als ob ich einen deutlichen
Männchenüberschuß hätte. Die vier größeren Exemplare drohten frontal und
imponierten einander mit gespreizten Kiemendeckeln.
Zu allem Überfluß starb dann auch noch der kleinste und zurückhaltendste Fisch,
den ich als Weibchen angesehen hatte. So blieb mir nichts anderes übrig als
abzuwarten.
Nach einigen Wochen sah ich eines Morgens zu meinem Erstaunen den Balztanz
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zweier X. ochrogenys. Das Männchen war nun unverwechselbar durch seine
schimmernden Farben zu erkennen. Das andere vermeintliche Männchen stellte
sich als Weibchen heraus. Eine wie in der Literatur beschriebene relativ kleine
Laichgrube mit vier kleinen Sandtürmchen wurde gebuddelt und es wurde heftig im
Kreis „getanzt". Zu einem Ablaichen kam es jedoch bisher nicht. Vermutlich sind die
Fische noch zu jung. Zumindest kann ich nun mit Sicherheit sagen, daß unter den
verbliebenen Fischen mindestens ein Weibchen ist.
Mein Tanganijkasee-Aquarium steht nun seit mehr als einem halben Jahr. Neben
Ärger und Enttäuschungen aufgrund von Todesfällen und mißlungenen
Nachzuchten, erlebte ich mit den strahlenden Farben und dem herrlichen Balz
verhalten meiner Cichliden viel Erfreuliches. Mit meinem Bericht möchte ich die
sicher überwiegend positiven Erfahrungen eines jungen Aquarianers den Lesern
etwas näher bringen.
X. papilio "Tembwe II" - Foto: Fischer
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