Dänische Themen Geschichte

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Dänisches Aussenministerium
Dänische Themen
NOVEMBER 2003
GESCHICHTE
Ein diplomatischer Beobachter bei der britischen Gesandtschaft in Kopenhagen
schrieb 1939 in einem Bericht über die
Dänen: „Nur wenige Jahrzehnte wirtschaftlichen Wohlstands und übermäßiger staatlicher Fürsorge scheinen genügt zu haben,
den Geist einer Wikinger-Rasse zu schwächen, die immerhin auf eine 1500jährige
Geschichte der Stärke und Unabhängigkeit
verweisen kann."
In diesem Zitat spiegelt sich die Ansicht
des Beamten über die historische Entwicklung Dänemarks und die Verwandlung der
Dänen von widerstandsfähigen, frei geborenen Wikingern in ein weichliches und folgsames Völkchen wider. Er führt dabei auch
die Gründe an, warum es so gekommen
ist: materieller Wohlstand und eine übermäßige Beschützerrolle der Regierung.
Es gibt keinen Grund, in der Aussage
etwas anderes zu sehen als eine vorschnelle
Wertung eines besorgten Diplomaten,
aber immerhin deckt dieser damit zwei
charakteristische Züge der dänischen
Gesellschaft in der ersten Hälfte des 20.
Jahrhunderts auf, und zwar den zunehmenden wirtschaftlichen Wohlstand und
die Entwicklung des Wohlfahrtsstaates.
Vorgeschichte
Die frühesten erhaltenen Zeugnisse
menschlicher Besiedlung in Dänemark
stammen aus der Zeit um 12500 v.Chr.,
gegen Ende der letzten Eiszeit, aus der
Reste von Siedlungen eines Jägervolkes
erhalten sind. Ackerbau treibende Gemeinwesen im eigentlichen Sinn tauchten
erst in der jüngeren Steinzeit um 3800
v.Chr. auf, und Gründungen von Dörfern
sind aus den Jahrhunderten vor Christi
Geburt überliefert. Erst in der germanischen Eisenzeit (400-750) finden sich
Städte im eigentlichen Sinn, wie z.B. Ribe.
Eine Vereinigung des Reiches unter
einer Zentralgewalt setzte um 700 n.Chr.
ein. Im Zuge der Schwächung des fränkischen Reiches entwickelte sich in Dänemark ein stabiles Königtum, das sich aller-
dings nicht auf das gesamte dänische Territorium erstreckte, dennoch aber in der
Lage war, sich gegen feindliches Eindringen von Süden her zu verteidigen.
Vollendet wurde die Einigung des Reiches jedoch erst unter dem Sohn Gorms
des Alten, Harald I. Blauzahn (gest. 987),
was auf seinem Runenstein in Jelling erwähnt wird. Auf diesem ist das Wort
„Danmark" (Dänemark) erstmalig schriftlich belegt, und die Jellingsteine werden
daher häufig als Taufschein Dänemarks
bezeichnet.
Wikingerzeit
Im Lauf der Wikingerzeit (800-1100)
erstarkte das Königtum, woran u.a. etliche
an strategisch wichtigen Punkten angelegte
Ringburgen von imponierendem Umfang
erinnern. Charakteristisch für diese Epoche
waren die häufigen Wikingerzüge, die für
eine kurze Übergangszeit im 11. Jahrhundert zur Eroberung Englands führten, und
auf denen die marodierenden Wikinger in
so ferne Länder wie Irland, Nordfrankreich
und Russland gelangten.
Auch wenn die Wikinger auf ihren
Langschiffen reiche Kriegsbeute mit nach
Hause brachten, gelang es den dänischen
Wikingerkönigen doch nie, auf der Grundlage der Eroberungen ein dauerhaftes Imperium zu schaffen. Die Tötung Knuds
IV. des Heiligen im Jahre 1086 bedeutete
das Ende des starken König-tums, das
eines der Schlüssel zum Erfolg der siegreichen Wikingerzüge gewesen war.
Christentum
Zur gleichen Zeit gelangte das Christentum nach Dänemark. Um das Jahr 965
ließ sich Harald I. Blauzahn taufen, und
dem neuen Glauben gelang es, schnell
Fuß zu fassen. Das Land bekam einen
Klerus, der für die weitere Verbreitung des
christlichen Glaubens sorgte. In den folgenden Jahrhunderten festigte die katholische Kirche ihren Einfluss; man begann
mit dem Bau von Kirchen, und die bäuerliche Bevölkerung Dänemarks, die inzwischen auf rund 700.000 Menschen angewachsen war, passte sich christlich geprägten Gesellschaftsnormen an.
Der große Jellingstein, errichtet von Harald I.
Blauzahn (gest.987). Der Stein ist mit einen
Christusbild verziert, und die Runeninscfrift
besagt, dass es Harald I. Blauzahn war, der
Dänemark zu einen Reich vereinigte und die
“Danen” (=Dänen) zu Christen machte. Im
Vordergrund der kleine Jellingestein, den Gorm
der Alte für seine Frau Königin Thyra, errichten
ließ. Foto: Wedigo Ferchland.
Es bildeten sich unterschiedliche Stände heraus: ein mächtiger Klerus, ein weltlicher Adel aus Großgrundbesitzern, der
gleichzeitig den Kern der Verteidigung des
Reiches bildete, ein Bürgertum, das im
Zuge des Wachstums der Städte immer
größer wurde, und schließlich ein zahlenmäßig starker Bauernstand.
Die Kalmarer Union
Der Schwarze Tod um 1350 fügte Dänemark erhebliche Bevölkerungsverluste zu,
was wiederum zu großen wirtschaftlichen
und sozialen Veränderungen führte.
Wichtigstes politisches Ereignis dieser Zeit
war die Gründung der Kalmarer Union
im Jahre 1397, in der Dänemark, Norwegen und Schweden in Personalunion unter
der dänischen Königin Margrete I. zu
einem Reich vereint wurden. Die Union
hatte solange Bestand, bis Schweden 1523
unter Führung Gustavs I. Vasa austrat.
Die Unionsgemeinschaft zwischen Dänemark und Norwegen dauerte bis 1814
an. Die ursprünglich norwegischen
Abtretungen dänischen Territoriums im Zeitraum
1600-1800.
Quelle: Danmarks Nationalleksikon.
Reiches um etwa ein Drittel reduziert,
und die Einwohnerzahl sank von 800.000
auf 600.000.
Besitzungen im Nordatlantik – Grönland,
Island und die Färöer – blieben Teile des
dänischen Königreichs, mit Ausnahme
von Island, das 1944 seine Unabhängigkeit erklärte.
Die Rivalisierung mit Schweden
Durch den Bruch mit der römisch-katholischen Kirche im Jahre 1536 nach einem
dreijährigen Bürgerkrieg wurde aus der
dänischen Kirche eine lutherische Fürstenkirche. Damit stellte sich Dänemark in
den langen Religionskriegen, die Europa
bis 1648 verwüsteten, auf die protestantische Seite. Auf nationaler Ebene wurde
die neue Staatskirche zu einem Werkzeug
der erheblich gestärkten Staatsgewalt für
die ideologische und moralische Disziplinierung der Bevölkerung.
Der Zeitraum 1560-1720 war geprägt
durch die verschärfte Rivalität mit dem
Nachbarn Schweden um die Stellung als
führende Macht im Ostseeraum. Diese
Stellung hatte bislang Dänemark geltend
gemacht, was symbolisch Ausdruck fand
in der Erhebung des Øresund-Zolls, der
erst 1857 abgeschafft wurde.
Der Konkurrenzkampf hatte sechs
Kriege zwischen den beiden Reichen zur
Folge (1563-1570, 1611-1613, 16431645, 1657-1660, 1675-1679 und 17091720). Nach der Schwächung Dänemarks
infolge der misslungenen Einmischung
Christians IV. in den Dreißigjährigen
Krieg in den Jahren 1625-1629 entwickelte sich der Konflikt für Dänemark zu
einem Existenzkampf, in dessen Verlauf
das Reich eine Zeit lang kurz davor war,
in ein grosses schwedisches Ostseeimperium einverleibt zu werden.
Diesem Schicksal entging Dänemark
nur dank des Eingreifens der Niederlande
und Englands; der Preis dafür aber war
die Abtretung sämtlicher schonischer
Provinzen östlich des Ørseunds im Jahre
1658. Damit wurde das Territorium des
2
Absolutismus
Die Katastrophe löste eine politische Krise
aus, die 1660/61 wiederum zu einer Veränderung der Regierungsform des Landes
führte. Das alte, vom Adel dominierte
Wahlkönigtum wurde fast wie in einem
Staatsstreich durch eine Erbmonarchie
ersetzt. Dem neuen Erbfolgekönig Frederik III. und seinen Nachkommen wurde
absolutistische Macht zuerkannt.
Die uneingeschränkten Machtbefugnisse des Königs wurden nachfolgend im
Königsgesetz von 1665 festgeschrieben,
das als solches bis zur Abschaffung des
Absolutismus im Jahre 1848 und bis zur
Verabschiedung der demokratischen
Verfassung von 1849 in Kraft blieb. 1683
wurde das Königsgesetz durch ein gemeinsames Gesetzbuch für das gesamte Reich,
das Dänische Gesetz Christians V. ergänzt.
Im Rahmen der zur Verfügung stehenden
Mittel wurde Dänemark in einen wohlgeordneten Beamtenstaat unter der väterlichen Herrschaft des absolutistischen
Königs umgewandelt.
Agrarreformen und Englandkriege
Die bedeutendste Leistung des Absolutismus waren die großen Agrarreformen
Ende des 18. Jahrhunderts. Sie erfolgten
aus dem Motiv heraus, die landwirtschaftliche Produktion zu effektivieren, um aus
der Hochkonjunktur des 18. Jahrhunderts
den größtmöglichen Nutzen zu ziehen.
Die Reformen beinhalteten eine Umstellung von ökologischer Bewirtschaftung –
d.h. Bewirtschaftung zu natürlichen
Bedingungen – auf ökonomische, d.h.
Bewirtschaftung zu Marktkonditionen.
Die alten Agrar-Gemeinwesen wurden
aufgelöst, und die Höfe bekamen zusammengefasste Parzellen. Gleichzeitig wurden die Höfe oft aus den Parzellen selbst
umgesiedelt, was auch zur Auflösung der
uralten Dorfgemeinschaft führte. Die
Reformen brachten auch eine ganz neue
Klasse selbständiger Hofbesitzer hervor,
die in dem darauf folgenden Jahrhundert
zur treibenden Kraft hinter der Volkshoch-
schul- und der Genossenschaftsbewegung
wurde. In politischer Hinsicht schlossen
sich die Hofbesitzer ab dem Ende des 19.
Jahrhunderts in der liberalen Partei Venstre
zusammen, die 1901 an die Regierung
kam.
In der Auseinandersetzung zwischen
Napoleon und dem übrigen Europa geriet
Dänemark rettungslos in die Klemme. Aus
Furcht vor Konsequenzen weigerte sich die
dänische Regierung, in dem Konflikt Partei
zu ergreifen, was zu Angriffen der englischen Flotte auf Kopenhagen in den Jahren
1801 und 1807 und zur Beschlagnahmung
der gesamten dänischen Kriegsflotte führte.
Durch den Verlust Norwegens 1814 war
die ehemalige Doppelmonarchie, die sich
bis dahin vom Nordkap bis zur Elbe
erstreckt hatte, jetzt auf das eigentliche
Mutterland Dänemark sowie die deutschen Herzogtümer reduziert.
Demokratie und
die Schleswigsche Frage
Im Zuge der stärker werdenden Nationalbewegungen wurde die Stellung der Herzogtümer innerhalb der dänischen Monarchie bis 1864 zu einer zentralen Frage.
Etwa ein Drittel der Bevölkerung der
Monarchie war deutsch. Holstein und
Lauenburg waren Mitglieder des Deutschen Bundes, während Schleswig national geteilt war.
Die entscheidende Frage der Zugehörigkeit Schleswigs wurde 1848 akut, als die
deutschgesinnten Schleswig-Holsteiner
eine freie Verfassung und Schleswigs
Aufnahme in den Deutschen Bund forderten. Auf der anderen Seite forderten
liberale Kreise in Kopenhagen eine demokratische Verfassung für das Königreich
und eine Eingliederung Schleswigs, was
indes zu einem alten Versprechen der ewigen Zusammengehörigkeit der Herzogtümer im Widerspruch stand.
Dies löste einen Aufruhr in den Herzogtümern aus, gerade als Frederik VII.
sich in Kopenhagen zum konstitutionellen
Monarchen erklärt und damit den Weg
für eine demokratische Verfassung frei
gemacht hatte, die in der Dänischen
Reichsverfassung vom 5. Juni 1849 festgeschrieben wurde. Die Folge war der
Historischer Überblick
ca. 12500 v.Chr.
3900 v.Chr.
400-700 n.Chr.
866/867
ca.965
1015-1034
1397-1523
1479
1536
Dreijährige Krieg (1848-1851), der mit
einem dänischen Sieg endete, und zwar in
dem Sinne, dass die Herzogtümer nach
der Schlichtung durch die Großmächte
im dänischen Gesamtstaat verblieben,
ohne dass man jedoch eine zufriedenstellende Lösung für die grundlegende Konfliktfrage gefunden hatte.
Die Abtretung der Herzogtümer
1863 verabschiedete der Dänische Reichstag die Novemberverfassung, durch die
Holstein und Lauenburg defacto aus dem
Reich ausgegliedert wurden, Schleswig
dagegen eingegliedert wurde, was einen
eindeutigen Bruch der Abkommen mit
den Großmächten bedeutete. Daraufhin
erklärte der preußische Kanzler Otto von
Bismarck im Namen des Deutschen Bundes Dänemark den Krieg.
Das Ergebnis war eine demütigende
Niederlage Dänemarks 1864 und die
Abtretung aller drei Herzogtümer. Damit
hatte das Königreich wiederum rund ein
Drittel seines Territoriums und seiner
Bevölkerung eingebüßt. Gleichzeitig verblieben etwa 200.000 Dänen südlich der
neuen Grenze, die erst nach der Volksabstimmung im Jahre 1920 wieder zu dänischen Staatsbürgern wurden.
Hoffnung auf Wiederaufbau
Mit dem Verlust der Herzogtümer war
Dänemark auf die im Laufe seiner Geschichte bislang geringste Flächenausdehnung geschrumpft. Von diesem Nullpunkt
aus setzte ein nationaler Wiederaufbau
ein. Die Devise lautete: Was nach außen
hin verloren worden war, sollte nach innen gewonnen werden. Die Kultivierung
der Heideflächen kam in Schwung, und
mit Hilfe der Genossenschaftsbewegung
gelang der Landwirtschaft eine groß angelegte Umstellung von der Herstellung
vegetarischer Erzeugnisse auf tierische
Produkte.
Auch die Industrialisierung erlebte
einen Aufschwung, und in den Städten
entstand eine Arbeiterklasse. 1884 wurden
erstmals Abgeordnete der Sozialdemokraten (Socialdemokratiet) in das dänische
Parlament (Folketinget) gewählt. Die Zahl
der Mandate der Partei wuchs in der
1660/1661
1666 1917
1807
1814
1848
1849
1864
1901
1914-1918
1915
1920
1940-1945
1945
1949
1973
1993
Einwanderung der ersten jäger
Ackerbau und viehzucht
Beginnende Urbanisierung
Eroberung der englischen Stadt York durch die Wikinger
Einführung des Christentums
England unter dänischer Oberherrschaft
Kalmarer Union mit Norwegen und Schweden
Gründung der Universität Kopenhagen
Reformation. Norwegen wird in das Königreich Dänemark
eingegliedert
Einfürung des Absolutismus
Dänische Kolonien in der Karibik
Die englische Flotte bombardiert Kopenhagen
Austritt Norwegens aus der Union mit Dänemark
Abschaffung der Absolutismus
Erste freie Verfassung, die sog. Juni-Verfassung
Verlust der deutschen Herzogtümer
Einfürung des Parlamentarismus
Dänemark bleibt im ersten Weltkrieg neutral
Verfassungsreform. Frauen erhalten das allgemeine Wahlrecht
Nortdschleswig stimmt für Wiedervereinigung mit Dänemark
Dänemark unter deutscher Besetzung
Dänemark wird Gründungsmitglied der Vereinten Nationen
Beitritt zur NATO
Dänemark wird Mitglied der EG
Beitritt zur Europäischen Union
Folgezeit von Jahr zu Jahr. 1905 trennten
sich die Sozialliberalen (Det Radikale
Venstre) von den Liberalen und bildeten
eine selbständige Partei, der sich insbesondere intellektuelle Kreise in den Städten
und Kleinbauern anschlossen. Damit war
eine Parteienlandschaft entstanden, die für
die dänische Politik bis 1973 dominierend
bleiben sollte. Charakteristisch für diese
war, dass keine der Parteien allein die Mehrheit erreichen konnte, so dass der Kompromiss zu einer Grundbedingung dänischer Politik wurde. Auch heute noch ist
diese Konsenshaltung ein charakteristischer Zug der politischen Kultur Dänemarks.
Neutralität und Besetzung
Im Zuge eines vorsichtigen Neutralitätskurses mit deutscher Zustimmung als
Folge der Niederlage von 1864 blieb
Dänemark im Ersten Weltkrieg neutral,
und die dänische Wirtschaft verdiente an
der Kriegskonjunktur nicht schlecht. An
dieser Linie hielt man auch fest, als sich
nach Hitlers Machtergreifung in Deutschland 1933 die Wolken wiederum zusammenzogen. Man glaubte, den Sturm
abwettern zu können, was jedoch nicht
gelang. Am 9. April 1940 rückten deutsche Truppen in Dänemark ein, um das
Land „friedlich zu besetzen".
Die sozialdemokratisch-sozialliberale
Regierung unter Thorvald Stauning be-
schloss nachzugeben, und begann notgedrungen, mit der Besatzungsmacht zusammenzuarbeiten. Nach und nach aber nahm
der von England unterstützte Widerstand
der Bevölkerung gegen die Besatzungsmacht einen solchen Umfang an, dass die
Kooperationspolitik im August 1943 scheiterte. Die Regierung trat zurück, und das
parlamentarische Leben kam zum Erliegen.
Die Fiktion einer „friedlichen Besetzung"
zerbrach, und die letzten anderthalb Jahre
des Krieges standen im Zeichen wachsenden bewaffneten Widerstands gegen die
Deutschen und deren immer brutaleren
Gegenmaßnahmen. Am Ende des Krieges
zählte die Widerstandsbewegung 50.000
Mitglieder.
Allianz und Wohlfahrtsstaat
Trotz seiner nicht eindeutigen Haltung
war Dänemark aufgrund des Einsatzes der
Widerstandsbewegung von den Westalliierten gegen Ende des Krieges de facto der
Status eines Alliierten zuerkannt worden,
und so wurde das Land 1945 auch Gründungsmitglied der Vereinten Nationen.
Wie Norwegen trat auch Dänemark 1949
der NATO bei und gab damit definitiv
die Neutralitätspolitik auf, die seit 1864
ein wesentliches Element dänischer
Sicherheitspolitik dargestellt hatte.
Mit dem Marshallplan von 1948 wurde ein gewaltiger Modernisierungs-prozess
in der dänischen Landwirtschaft eingelei-
3
Geschichte
Dänische Themen. Herausgegeben vom Dänischen Außenministerium
Adresse: Asiatisk Plads 2, DK-1448 Kopenhagen K,
Dänemark. Telefon: (+45) 3392 0000. Telefax: (+45) 3254 0533.
E-mail: [email protected]. Internet: www.um.dk.
Redaktion: Flemming Axmark.
tet, und ab Mitte der 1950er Jahre gelang
der Industrialisierung der endgültige
Durchbruch. 1963 übertraf der Wert der
Ausfuhr industrieller Waren und Güter
erstmalig den des Agrarexports. Gleichzeitig erfolgte eine systematische Gesetzgebung auf dem Wohlfahrtssektor, die auf
dem Prinzip basierte, dass alle Bürger das
Recht auf soziale Leistungen innerhalb des
Rahmens der Gesetzgebung haben. Damit
war das dänische Modell des durch Steuern
finanzierten Wohlfahrtsstaates geschaffen.
Charakteristisch für diesen waren und sind
ein gut ausgebautes soziales Sicherheitsnetz
und eine hohe Steuerbelastung.
Veränderung der politischen
Landschaft
Mit den 1968 beginnenden Studentenunruhen und den zunehmenden Protesten
gegen die hohe Steuerbelastung brach
jedoch die traditionelle Parteienstruktur
zusammen.
Bei den Erdrutschwahlen des Jahres
1973 sank der Anteil der Wählerstimmen
für die vier „alten“ Parteien von 84% auf
nur rund 58%, und mehrere neue Protestparteien – die Fortschrittspartei (Fremskridtspartiet), die Zentrumsdemokraten
(Centrum-Demokraterne) und die Christliche Volkspartei (Kristeligt Folkeparti) –
betraten die parlamentarische Bühne.
Die Folketingswahlen im November
2001 führten zu erheblichen Verschiebungen innerhalb der parlamentarischen
Landschaft. Erstmals seit 1920 bekamen
die Liberalen mehr Stimmen als die Sozialdemokraten.
Gleichzeitig konnte die Dänische Volkspartei (Dansk Folkeparti), die sich die Einwandererpolitik auf ihre Fahnen geschrieben hat, einen Zuwachs an Wählerstimmen verzeichnen.
Dagegen schieden die Fortschrittspartei
und die Zentrumsdemokraten ganz aus
dem Folketing aus.
Als Konsequenz aus der Wahlniederlage trat die bisherige Koalitionsregierung
aus Sozialdemokraten und Sozialliberalen
zurück und wurde von einer Regierung,
bestehend aus den Liberalen und der
Konservativen Volkspartei (Det Konservative Folkeparti), unter Führung des Libe-
4
Übersetzung: Bernd Kretschmer.
Design: Ole Jensen - ojdesign.
Wiedergabe des Textes mit oder ohne
Quellenangabe gestattet.
Erschienen: November 2003.
ISBN 87-7964-582-8
ralen Anders Fogh Rasmussen abgelöst.
Bei ihrer parlamentarischen Arbeit
wird die neue bürgerliche Regierung von
der Dänischen Volkspartei und der Christlichen Volkspartei unterstützt.
Dänemark und Europa
Im Zuge der europäischen Integration
hat auch in der Wirtschaft Dänemarks
eine zunehmende Internationalisierung
stattgefunden. An den Verhandlungen, die
1957-1959 zur Bildung des gemeinsamen
europäischen Marktes (EG) führten,
nahm das Land nicht teil, sondern schloss
sich statt dessen zusammen mit Großbritannien, dem zu der Zeit wichtigsten dänischen Exportmarkt, 1960 der Europäischen Freihandelszone (EFTA) an.
Erst 1973 trat Dänemark, zusammen
mit Großbritannien, der EG bei. Das
Verhältnis zur EG – seit 1993 EU – ist
seitdem ein heiß diskutierter innenpolitischer Streitpunkt geblieben, der die
Bevölkerung in zwei nahezu gleich große
Lager spaltet.
Das dänische Referendum zum Maastrichter Vertrag über die erweiterte Integration im Jahre 1992 ergab eine knappe
Mehrheit der Nein-Stimmen. Eine Zustimmung konnte daher erst durch eine weitere Volksabstimmung verabschiedet werden, nachdem Dänemark einige Ausnahmeregelungen erreicht hatte. Die Dänen
sind in dieser Hinsicht – wie in anderen –
etwas zögerliche Europäer.
Das historische Erbe
Dänemarks heutige Form und Ausdehnung sind die Folge wiederholter Landabtretungen aufgrund der exponierten
geographischen Lage des Landes an den
Zugangswegen zur Ostsee. Bis vor nicht
allzu langer Zeit waren die Dänen ein
ungewöhnlich homogenes Volk, was sich
dem Umstand zuschreiben lässt, dass
Randgebiete des Königreichs im Lauf der
Geschichte weggefallen sind.
Das traditionell hohe Maß an Gleichartigkeit und Konsens in der dänischen
Gesellschaft hängt jedoch auch eng zusammen mit etlichen, oben angeführten
historischen Umständen – mit dem disziplinierenden Einfluss der lutherischen
Staatskirche, der Gleichschaltung der breiten Bevölkerung durch den Absolutismus,
der späten Industrialisierung, die erst spät
eine zahlenmäßig starke städtische Unterschicht entstehen ließ, sowie dem mangelnden Erfolg der politischen Parteien,
jeweils allein eine absolute Mehrheit zu
erreichen, was den Kompromiss zu einer
politischen Lebensform gemacht hat.
So waren es auch wohl eher derartige
historische Erfahrungen – und weniger
Schlaffheit und Wohlleben, wie der dänische Diplomat 1939 meinte – die für die
Entwicklung des modernen dänischen
Nationalcharakters bestimmend waren.
Knud J.V. Jespersen
Professor, dr.phil.
Weitere Informationen
Dänemarks offizielle Website
www.denmark.dk
Nationalmuseet
(Nationalmuseum)
Ny Vestergade 10
DK-1471 Kopenhagen K
(+45) 3313 4411
www.natmus.dk
[email protected]
Tøjhusmuseet
(Zeughausmuseum)
Frederiksholms Kanal 29
DK-1220 Kopenhagen K
(+45) 3311 6037
www.thm.dk
[email protected]
Det Nationalhistoriske Museum
(Nationalhistorisches Museum)
Frederiksborg Slot
DK-3400 Hillerød
(+45) 4826 0439
www.frederiksborgmuseet.dk (nur in dänischer
Spradhe)
[email protected]
Frilandsmuseet
(Freilichtmuseum)
Kongevejen 100
DK-2800 Kongens Lyngby
(+45) 3313 4411
www.frilandsmuseet.dk
[email protected]
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