Dänisches Aussenministerium Dänische Themen NOVEMBER 2003 GESCHICHTE Ein diplomatischer Beobachter bei der britischen Gesandtschaft in Kopenhagen schrieb 1939 in einem Bericht über die Dänen: „Nur wenige Jahrzehnte wirtschaftlichen Wohlstands und übermäßiger staatlicher Fürsorge scheinen genügt zu haben, den Geist einer Wikinger-Rasse zu schwächen, die immerhin auf eine 1500jährige Geschichte der Stärke und Unabhängigkeit verweisen kann." In diesem Zitat spiegelt sich die Ansicht des Beamten über die historische Entwicklung Dänemarks und die Verwandlung der Dänen von widerstandsfähigen, frei geborenen Wikingern in ein weichliches und folgsames Völkchen wider. Er führt dabei auch die Gründe an, warum es so gekommen ist: materieller Wohlstand und eine übermäßige Beschützerrolle der Regierung. Es gibt keinen Grund, in der Aussage etwas anderes zu sehen als eine vorschnelle Wertung eines besorgten Diplomaten, aber immerhin deckt dieser damit zwei charakteristische Züge der dänischen Gesellschaft in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts auf, und zwar den zunehmenden wirtschaftlichen Wohlstand und die Entwicklung des Wohlfahrtsstaates. Vorgeschichte Die frühesten erhaltenen Zeugnisse menschlicher Besiedlung in Dänemark stammen aus der Zeit um 12500 v.Chr., gegen Ende der letzten Eiszeit, aus der Reste von Siedlungen eines Jägervolkes erhalten sind. Ackerbau treibende Gemeinwesen im eigentlichen Sinn tauchten erst in der jüngeren Steinzeit um 3800 v.Chr. auf, und Gründungen von Dörfern sind aus den Jahrhunderten vor Christi Geburt überliefert. Erst in der germanischen Eisenzeit (400-750) finden sich Städte im eigentlichen Sinn, wie z.B. Ribe. Eine Vereinigung des Reiches unter einer Zentralgewalt setzte um 700 n.Chr. ein. Im Zuge der Schwächung des fränkischen Reiches entwickelte sich in Dänemark ein stabiles Königtum, das sich aller- dings nicht auf das gesamte dänische Territorium erstreckte, dennoch aber in der Lage war, sich gegen feindliches Eindringen von Süden her zu verteidigen. Vollendet wurde die Einigung des Reiches jedoch erst unter dem Sohn Gorms des Alten, Harald I. Blauzahn (gest. 987), was auf seinem Runenstein in Jelling erwähnt wird. Auf diesem ist das Wort „Danmark" (Dänemark) erstmalig schriftlich belegt, und die Jellingsteine werden daher häufig als Taufschein Dänemarks bezeichnet. Wikingerzeit Im Lauf der Wikingerzeit (800-1100) erstarkte das Königtum, woran u.a. etliche an strategisch wichtigen Punkten angelegte Ringburgen von imponierendem Umfang erinnern. Charakteristisch für diese Epoche waren die häufigen Wikingerzüge, die für eine kurze Übergangszeit im 11. Jahrhundert zur Eroberung Englands führten, und auf denen die marodierenden Wikinger in so ferne Länder wie Irland, Nordfrankreich und Russland gelangten. Auch wenn die Wikinger auf ihren Langschiffen reiche Kriegsbeute mit nach Hause brachten, gelang es den dänischen Wikingerkönigen doch nie, auf der Grundlage der Eroberungen ein dauerhaftes Imperium zu schaffen. Die Tötung Knuds IV. des Heiligen im Jahre 1086 bedeutete das Ende des starken König-tums, das eines der Schlüssel zum Erfolg der siegreichen Wikingerzüge gewesen war. Christentum Zur gleichen Zeit gelangte das Christentum nach Dänemark. Um das Jahr 965 ließ sich Harald I. Blauzahn taufen, und dem neuen Glauben gelang es, schnell Fuß zu fassen. Das Land bekam einen Klerus, der für die weitere Verbreitung des christlichen Glaubens sorgte. In den folgenden Jahrhunderten festigte die katholische Kirche ihren Einfluss; man begann mit dem Bau von Kirchen, und die bäuerliche Bevölkerung Dänemarks, die inzwischen auf rund 700.000 Menschen angewachsen war, passte sich christlich geprägten Gesellschaftsnormen an. Der große Jellingstein, errichtet von Harald I. Blauzahn (gest.987). Der Stein ist mit einen Christusbild verziert, und die Runeninscfrift besagt, dass es Harald I. Blauzahn war, der Dänemark zu einen Reich vereinigte und die “Danen” (=Dänen) zu Christen machte. Im Vordergrund der kleine Jellingestein, den Gorm der Alte für seine Frau Königin Thyra, errichten ließ. Foto: Wedigo Ferchland. Es bildeten sich unterschiedliche Stände heraus: ein mächtiger Klerus, ein weltlicher Adel aus Großgrundbesitzern, der gleichzeitig den Kern der Verteidigung des Reiches bildete, ein Bürgertum, das im Zuge des Wachstums der Städte immer größer wurde, und schließlich ein zahlenmäßig starker Bauernstand. Die Kalmarer Union Der Schwarze Tod um 1350 fügte Dänemark erhebliche Bevölkerungsverluste zu, was wiederum zu großen wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen führte. Wichtigstes politisches Ereignis dieser Zeit war die Gründung der Kalmarer Union im Jahre 1397, in der Dänemark, Norwegen und Schweden in Personalunion unter der dänischen Königin Margrete I. zu einem Reich vereint wurden. Die Union hatte solange Bestand, bis Schweden 1523 unter Führung Gustavs I. Vasa austrat. Die Unionsgemeinschaft zwischen Dänemark und Norwegen dauerte bis 1814 an. Die ursprünglich norwegischen Abtretungen dänischen Territoriums im Zeitraum 1600-1800. Quelle: Danmarks Nationalleksikon. Reiches um etwa ein Drittel reduziert, und die Einwohnerzahl sank von 800.000 auf 600.000. Besitzungen im Nordatlantik – Grönland, Island und die Färöer – blieben Teile des dänischen Königreichs, mit Ausnahme von Island, das 1944 seine Unabhängigkeit erklärte. Die Rivalisierung mit Schweden Durch den Bruch mit der römisch-katholischen Kirche im Jahre 1536 nach einem dreijährigen Bürgerkrieg wurde aus der dänischen Kirche eine lutherische Fürstenkirche. Damit stellte sich Dänemark in den langen Religionskriegen, die Europa bis 1648 verwüsteten, auf die protestantische Seite. Auf nationaler Ebene wurde die neue Staatskirche zu einem Werkzeug der erheblich gestärkten Staatsgewalt für die ideologische und moralische Disziplinierung der Bevölkerung. Der Zeitraum 1560-1720 war geprägt durch die verschärfte Rivalität mit dem Nachbarn Schweden um die Stellung als führende Macht im Ostseeraum. Diese Stellung hatte bislang Dänemark geltend gemacht, was symbolisch Ausdruck fand in der Erhebung des Øresund-Zolls, der erst 1857 abgeschafft wurde. Der Konkurrenzkampf hatte sechs Kriege zwischen den beiden Reichen zur Folge (1563-1570, 1611-1613, 16431645, 1657-1660, 1675-1679 und 17091720). Nach der Schwächung Dänemarks infolge der misslungenen Einmischung Christians IV. in den Dreißigjährigen Krieg in den Jahren 1625-1629 entwickelte sich der Konflikt für Dänemark zu einem Existenzkampf, in dessen Verlauf das Reich eine Zeit lang kurz davor war, in ein grosses schwedisches Ostseeimperium einverleibt zu werden. Diesem Schicksal entging Dänemark nur dank des Eingreifens der Niederlande und Englands; der Preis dafür aber war die Abtretung sämtlicher schonischer Provinzen östlich des Ørseunds im Jahre 1658. Damit wurde das Territorium des 2 Absolutismus Die Katastrophe löste eine politische Krise aus, die 1660/61 wiederum zu einer Veränderung der Regierungsform des Landes führte. Das alte, vom Adel dominierte Wahlkönigtum wurde fast wie in einem Staatsstreich durch eine Erbmonarchie ersetzt. Dem neuen Erbfolgekönig Frederik III. und seinen Nachkommen wurde absolutistische Macht zuerkannt. Die uneingeschränkten Machtbefugnisse des Königs wurden nachfolgend im Königsgesetz von 1665 festgeschrieben, das als solches bis zur Abschaffung des Absolutismus im Jahre 1848 und bis zur Verabschiedung der demokratischen Verfassung von 1849 in Kraft blieb. 1683 wurde das Königsgesetz durch ein gemeinsames Gesetzbuch für das gesamte Reich, das Dänische Gesetz Christians V. ergänzt. Im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel wurde Dänemark in einen wohlgeordneten Beamtenstaat unter der väterlichen Herrschaft des absolutistischen Königs umgewandelt. Agrarreformen und Englandkriege Die bedeutendste Leistung des Absolutismus waren die großen Agrarreformen Ende des 18. Jahrhunderts. Sie erfolgten aus dem Motiv heraus, die landwirtschaftliche Produktion zu effektivieren, um aus der Hochkonjunktur des 18. Jahrhunderts den größtmöglichen Nutzen zu ziehen. Die Reformen beinhalteten eine Umstellung von ökologischer Bewirtschaftung – d.h. Bewirtschaftung zu natürlichen Bedingungen – auf ökonomische, d.h. Bewirtschaftung zu Marktkonditionen. Die alten Agrar-Gemeinwesen wurden aufgelöst, und die Höfe bekamen zusammengefasste Parzellen. Gleichzeitig wurden die Höfe oft aus den Parzellen selbst umgesiedelt, was auch zur Auflösung der uralten Dorfgemeinschaft führte. Die Reformen brachten auch eine ganz neue Klasse selbständiger Hofbesitzer hervor, die in dem darauf folgenden Jahrhundert zur treibenden Kraft hinter der Volkshoch- schul- und der Genossenschaftsbewegung wurde. In politischer Hinsicht schlossen sich die Hofbesitzer ab dem Ende des 19. Jahrhunderts in der liberalen Partei Venstre zusammen, die 1901 an die Regierung kam. In der Auseinandersetzung zwischen Napoleon und dem übrigen Europa geriet Dänemark rettungslos in die Klemme. Aus Furcht vor Konsequenzen weigerte sich die dänische Regierung, in dem Konflikt Partei zu ergreifen, was zu Angriffen der englischen Flotte auf Kopenhagen in den Jahren 1801 und 1807 und zur Beschlagnahmung der gesamten dänischen Kriegsflotte führte. Durch den Verlust Norwegens 1814 war die ehemalige Doppelmonarchie, die sich bis dahin vom Nordkap bis zur Elbe erstreckt hatte, jetzt auf das eigentliche Mutterland Dänemark sowie die deutschen Herzogtümer reduziert. Demokratie und die Schleswigsche Frage Im Zuge der stärker werdenden Nationalbewegungen wurde die Stellung der Herzogtümer innerhalb der dänischen Monarchie bis 1864 zu einer zentralen Frage. Etwa ein Drittel der Bevölkerung der Monarchie war deutsch. Holstein und Lauenburg waren Mitglieder des Deutschen Bundes, während Schleswig national geteilt war. Die entscheidende Frage der Zugehörigkeit Schleswigs wurde 1848 akut, als die deutschgesinnten Schleswig-Holsteiner eine freie Verfassung und Schleswigs Aufnahme in den Deutschen Bund forderten. Auf der anderen Seite forderten liberale Kreise in Kopenhagen eine demokratische Verfassung für das Königreich und eine Eingliederung Schleswigs, was indes zu einem alten Versprechen der ewigen Zusammengehörigkeit der Herzogtümer im Widerspruch stand. Dies löste einen Aufruhr in den Herzogtümern aus, gerade als Frederik VII. sich in Kopenhagen zum konstitutionellen Monarchen erklärt und damit den Weg für eine demokratische Verfassung frei gemacht hatte, die in der Dänischen Reichsverfassung vom 5. Juni 1849 festgeschrieben wurde. Die Folge war der Historischer Überblick ca. 12500 v.Chr. 3900 v.Chr. 400-700 n.Chr. 866/867 ca.965 1015-1034 1397-1523 1479 1536 Dreijährige Krieg (1848-1851), der mit einem dänischen Sieg endete, und zwar in dem Sinne, dass die Herzogtümer nach der Schlichtung durch die Großmächte im dänischen Gesamtstaat verblieben, ohne dass man jedoch eine zufriedenstellende Lösung für die grundlegende Konfliktfrage gefunden hatte. Die Abtretung der Herzogtümer 1863 verabschiedete der Dänische Reichstag die Novemberverfassung, durch die Holstein und Lauenburg defacto aus dem Reich ausgegliedert wurden, Schleswig dagegen eingegliedert wurde, was einen eindeutigen Bruch der Abkommen mit den Großmächten bedeutete. Daraufhin erklärte der preußische Kanzler Otto von Bismarck im Namen des Deutschen Bundes Dänemark den Krieg. Das Ergebnis war eine demütigende Niederlage Dänemarks 1864 und die Abtretung aller drei Herzogtümer. Damit hatte das Königreich wiederum rund ein Drittel seines Territoriums und seiner Bevölkerung eingebüßt. Gleichzeitig verblieben etwa 200.000 Dänen südlich der neuen Grenze, die erst nach der Volksabstimmung im Jahre 1920 wieder zu dänischen Staatsbürgern wurden. Hoffnung auf Wiederaufbau Mit dem Verlust der Herzogtümer war Dänemark auf die im Laufe seiner Geschichte bislang geringste Flächenausdehnung geschrumpft. Von diesem Nullpunkt aus setzte ein nationaler Wiederaufbau ein. Die Devise lautete: Was nach außen hin verloren worden war, sollte nach innen gewonnen werden. Die Kultivierung der Heideflächen kam in Schwung, und mit Hilfe der Genossenschaftsbewegung gelang der Landwirtschaft eine groß angelegte Umstellung von der Herstellung vegetarischer Erzeugnisse auf tierische Produkte. Auch die Industrialisierung erlebte einen Aufschwung, und in den Städten entstand eine Arbeiterklasse. 1884 wurden erstmals Abgeordnete der Sozialdemokraten (Socialdemokratiet) in das dänische Parlament (Folketinget) gewählt. Die Zahl der Mandate der Partei wuchs in der 1660/1661 1666 1917 1807 1814 1848 1849 1864 1901 1914-1918 1915 1920 1940-1945 1945 1949 1973 1993 Einwanderung der ersten jäger Ackerbau und viehzucht Beginnende Urbanisierung Eroberung der englischen Stadt York durch die Wikinger Einführung des Christentums England unter dänischer Oberherrschaft Kalmarer Union mit Norwegen und Schweden Gründung der Universität Kopenhagen Reformation. Norwegen wird in das Königreich Dänemark eingegliedert Einfürung des Absolutismus Dänische Kolonien in der Karibik Die englische Flotte bombardiert Kopenhagen Austritt Norwegens aus der Union mit Dänemark Abschaffung der Absolutismus Erste freie Verfassung, die sog. Juni-Verfassung Verlust der deutschen Herzogtümer Einfürung des Parlamentarismus Dänemark bleibt im ersten Weltkrieg neutral Verfassungsreform. Frauen erhalten das allgemeine Wahlrecht Nortdschleswig stimmt für Wiedervereinigung mit Dänemark Dänemark unter deutscher Besetzung Dänemark wird Gründungsmitglied der Vereinten Nationen Beitritt zur NATO Dänemark wird Mitglied der EG Beitritt zur Europäischen Union Folgezeit von Jahr zu Jahr. 1905 trennten sich die Sozialliberalen (Det Radikale Venstre) von den Liberalen und bildeten eine selbständige Partei, der sich insbesondere intellektuelle Kreise in den Städten und Kleinbauern anschlossen. Damit war eine Parteienlandschaft entstanden, die für die dänische Politik bis 1973 dominierend bleiben sollte. Charakteristisch für diese war, dass keine der Parteien allein die Mehrheit erreichen konnte, so dass der Kompromiss zu einer Grundbedingung dänischer Politik wurde. Auch heute noch ist diese Konsenshaltung ein charakteristischer Zug der politischen Kultur Dänemarks. Neutralität und Besetzung Im Zuge eines vorsichtigen Neutralitätskurses mit deutscher Zustimmung als Folge der Niederlage von 1864 blieb Dänemark im Ersten Weltkrieg neutral, und die dänische Wirtschaft verdiente an der Kriegskonjunktur nicht schlecht. An dieser Linie hielt man auch fest, als sich nach Hitlers Machtergreifung in Deutschland 1933 die Wolken wiederum zusammenzogen. Man glaubte, den Sturm abwettern zu können, was jedoch nicht gelang. Am 9. April 1940 rückten deutsche Truppen in Dänemark ein, um das Land „friedlich zu besetzen". Die sozialdemokratisch-sozialliberale Regierung unter Thorvald Stauning be- schloss nachzugeben, und begann notgedrungen, mit der Besatzungsmacht zusammenzuarbeiten. Nach und nach aber nahm der von England unterstützte Widerstand der Bevölkerung gegen die Besatzungsmacht einen solchen Umfang an, dass die Kooperationspolitik im August 1943 scheiterte. Die Regierung trat zurück, und das parlamentarische Leben kam zum Erliegen. Die Fiktion einer „friedlichen Besetzung" zerbrach, und die letzten anderthalb Jahre des Krieges standen im Zeichen wachsenden bewaffneten Widerstands gegen die Deutschen und deren immer brutaleren Gegenmaßnahmen. Am Ende des Krieges zählte die Widerstandsbewegung 50.000 Mitglieder. Allianz und Wohlfahrtsstaat Trotz seiner nicht eindeutigen Haltung war Dänemark aufgrund des Einsatzes der Widerstandsbewegung von den Westalliierten gegen Ende des Krieges de facto der Status eines Alliierten zuerkannt worden, und so wurde das Land 1945 auch Gründungsmitglied der Vereinten Nationen. Wie Norwegen trat auch Dänemark 1949 der NATO bei und gab damit definitiv die Neutralitätspolitik auf, die seit 1864 ein wesentliches Element dänischer Sicherheitspolitik dargestellt hatte. Mit dem Marshallplan von 1948 wurde ein gewaltiger Modernisierungs-prozess in der dänischen Landwirtschaft eingelei- 3 Geschichte Dänische Themen. Herausgegeben vom Dänischen Außenministerium Adresse: Asiatisk Plads 2, DK-1448 Kopenhagen K, Dänemark. Telefon: (+45) 3392 0000. Telefax: (+45) 3254 0533. E-mail: [email protected]. Internet: www.um.dk. Redaktion: Flemming Axmark. tet, und ab Mitte der 1950er Jahre gelang der Industrialisierung der endgültige Durchbruch. 1963 übertraf der Wert der Ausfuhr industrieller Waren und Güter erstmalig den des Agrarexports. Gleichzeitig erfolgte eine systematische Gesetzgebung auf dem Wohlfahrtssektor, die auf dem Prinzip basierte, dass alle Bürger das Recht auf soziale Leistungen innerhalb des Rahmens der Gesetzgebung haben. Damit war das dänische Modell des durch Steuern finanzierten Wohlfahrtsstaates geschaffen. Charakteristisch für diesen waren und sind ein gut ausgebautes soziales Sicherheitsnetz und eine hohe Steuerbelastung. Veränderung der politischen Landschaft Mit den 1968 beginnenden Studentenunruhen und den zunehmenden Protesten gegen die hohe Steuerbelastung brach jedoch die traditionelle Parteienstruktur zusammen. Bei den Erdrutschwahlen des Jahres 1973 sank der Anteil der Wählerstimmen für die vier „alten“ Parteien von 84% auf nur rund 58%, und mehrere neue Protestparteien – die Fortschrittspartei (Fremskridtspartiet), die Zentrumsdemokraten (Centrum-Demokraterne) und die Christliche Volkspartei (Kristeligt Folkeparti) – betraten die parlamentarische Bühne. Die Folketingswahlen im November 2001 führten zu erheblichen Verschiebungen innerhalb der parlamentarischen Landschaft. Erstmals seit 1920 bekamen die Liberalen mehr Stimmen als die Sozialdemokraten. Gleichzeitig konnte die Dänische Volkspartei (Dansk Folkeparti), die sich die Einwandererpolitik auf ihre Fahnen geschrieben hat, einen Zuwachs an Wählerstimmen verzeichnen. Dagegen schieden die Fortschrittspartei und die Zentrumsdemokraten ganz aus dem Folketing aus. Als Konsequenz aus der Wahlniederlage trat die bisherige Koalitionsregierung aus Sozialdemokraten und Sozialliberalen zurück und wurde von einer Regierung, bestehend aus den Liberalen und der Konservativen Volkspartei (Det Konservative Folkeparti), unter Führung des Libe- 4 Übersetzung: Bernd Kretschmer. Design: Ole Jensen - ojdesign. Wiedergabe des Textes mit oder ohne Quellenangabe gestattet. Erschienen: November 2003. ISBN 87-7964-582-8 ralen Anders Fogh Rasmussen abgelöst. Bei ihrer parlamentarischen Arbeit wird die neue bürgerliche Regierung von der Dänischen Volkspartei und der Christlichen Volkspartei unterstützt. Dänemark und Europa Im Zuge der europäischen Integration hat auch in der Wirtschaft Dänemarks eine zunehmende Internationalisierung stattgefunden. An den Verhandlungen, die 1957-1959 zur Bildung des gemeinsamen europäischen Marktes (EG) führten, nahm das Land nicht teil, sondern schloss sich statt dessen zusammen mit Großbritannien, dem zu der Zeit wichtigsten dänischen Exportmarkt, 1960 der Europäischen Freihandelszone (EFTA) an. Erst 1973 trat Dänemark, zusammen mit Großbritannien, der EG bei. Das Verhältnis zur EG – seit 1993 EU – ist seitdem ein heiß diskutierter innenpolitischer Streitpunkt geblieben, der die Bevölkerung in zwei nahezu gleich große Lager spaltet. Das dänische Referendum zum Maastrichter Vertrag über die erweiterte Integration im Jahre 1992 ergab eine knappe Mehrheit der Nein-Stimmen. Eine Zustimmung konnte daher erst durch eine weitere Volksabstimmung verabschiedet werden, nachdem Dänemark einige Ausnahmeregelungen erreicht hatte. Die Dänen sind in dieser Hinsicht – wie in anderen – etwas zögerliche Europäer. Das historische Erbe Dänemarks heutige Form und Ausdehnung sind die Folge wiederholter Landabtretungen aufgrund der exponierten geographischen Lage des Landes an den Zugangswegen zur Ostsee. Bis vor nicht allzu langer Zeit waren die Dänen ein ungewöhnlich homogenes Volk, was sich dem Umstand zuschreiben lässt, dass Randgebiete des Königreichs im Lauf der Geschichte weggefallen sind. Das traditionell hohe Maß an Gleichartigkeit und Konsens in der dänischen Gesellschaft hängt jedoch auch eng zusammen mit etlichen, oben angeführten historischen Umständen – mit dem disziplinierenden Einfluss der lutherischen Staatskirche, der Gleichschaltung der breiten Bevölkerung durch den Absolutismus, der späten Industrialisierung, die erst spät eine zahlenmäßig starke städtische Unterschicht entstehen ließ, sowie dem mangelnden Erfolg der politischen Parteien, jeweils allein eine absolute Mehrheit zu erreichen, was den Kompromiss zu einer politischen Lebensform gemacht hat. So waren es auch wohl eher derartige historische Erfahrungen – und weniger Schlaffheit und Wohlleben, wie der dänische Diplomat 1939 meinte – die für die Entwicklung des modernen dänischen Nationalcharakters bestimmend waren. Knud J.V. Jespersen Professor, dr.phil. Weitere Informationen Dänemarks offizielle Website www.denmark.dk Nationalmuseet (Nationalmuseum) Ny Vestergade 10 DK-1471 Kopenhagen K (+45) 3313 4411 www.natmus.dk [email protected] Tøjhusmuseet (Zeughausmuseum) Frederiksholms Kanal 29 DK-1220 Kopenhagen K (+45) 3311 6037 www.thm.dk [email protected] Det Nationalhistoriske Museum (Nationalhistorisches Museum) Frederiksborg Slot DK-3400 Hillerød (+45) 4826 0439 www.frederiksborgmuseet.dk (nur in dänischer Spradhe) [email protected] Frilandsmuseet (Freilichtmuseum) Kongevejen 100 DK-2800 Kongens Lyngby (+45) 3313 4411 www.frilandsmuseet.dk [email protected]