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Über Größen und Entfernungen
Astronomische Entfernungsmessungen und der Einfluss auf unsere Weltsicht
Dr. B. Pfeiffer
Astronomische Arbeitsgemeinschaft Mainz,
Astronomische Gesellschaft
• Antike Entfernungsbestimmungen
• Umwälzungen um 1600
- Parallaxe von Kometen 1577 bis 1620
- 3. Keplersches Gesetz
• Messung der Astronomischen Einheit
• Parallaxen von Fixsternen um 1838
• Lage der Sonne in der Milchstrasse
- Periode-Leuchtkraft-Beziehung, Kugelsternhaufen
• Galaxienflucht
• Kosmologische Entfernungen
- Vergangenheit und Zukunft
Volkshochschule Mainz: Besondere astronomische Themen
VHS-Sternwarte im Turm der Anne-Frank-Schule 19.04.2005 19:30
Einleitung
Wenn wir zum Himmel aufschauen,
ob mit dem Auge oder dem größten
Teleskop, meinen wir, dass alle
Objekte in gleicher Entfernung
stehen.
Weltbild der Bronzezeit
Das führte zur Anschauung, dass wir in einem kleinen Universum leben,
als Krone der Schöpfung selbstverständlich im Mittelpunkt.
Es dauerte Jahrtausende bis Astronomen die dritte Dimension, die Entfernung,
bestimmen konnten.
Heute will ich versuchen, Ihnen einen Eindruck von
dem langen und mühseligen Weg zu geben, der von
den obigen Anschauungen letztendlich zur rechts
dargestellten großräumigen Verteilung der Galaxien
führte.
Und der Weg ist nicht zu Ende!
Die Geschichte der Astronomie ist die Geschichte der sich
Edwin Hubble
weitenden Horizonte.
Der kolorierte Holzschnitt links oben ist keine mittelalterliche Darstellung des Weltbildes!
Er stammt von Camille Flammarion um 1880. Er zeigt, wie man sich in der Moderne das Mittelalter vorstellte!
B.P. 2005
Wie bestimmen Astronomen Entfernungen?
Es gibt nicht die Methode!
Je nach Entfernung kommen unterschiedliche Methoden zur Anwendung.
Dabei bauen die verschiedenen Verfahren
wie die Sprossen einer Leiter aufeinander
auf.
Das hat allerdings den Nachteil, dass ein
Fehler in einer Sprosse sich auf alle
weiteren auswirkt.
Heute Abend möchte ich ihnen zeigen,
wie sich im Verlauf der Jahrtausende
das Universum vergrößerte, genauer gesagt
unsere Vorstellung der Größe.
B.P. 2005
Wie alt ist die Astronomie?
Menschen haben schon immer den Himmel beobachtet und
auch früh entdeckt, dass die periodischen Vorgänge als
Grundlage für Zeitmessungen genutzt werden können.
Dafür ist es allerdings unerheblich, wie groß die Himmelskörper sind und welchen Abstand sie von uns haben.
Dank langer Beobachtungsreihen konnten die
„Chaldäer“ Perioden mit lange unübertroffener
Genauigkeit ermitteln und damit die Positionen der
Planeten berechnen. (Die letzten Daten aus dieser Zeit
sollen von der Cassini-Sonde ersetzt werden.)
Im Weltbild blieben sie noch im Mythos gefangen.
Orion in der Steinzeit?
Schwäbische Alb
Goseck, ca. 4900 v. Chr.
Erst die ionischen Naturphilosophen begannen um 600
v.Chr. nach rationalen Ursachen zu fragen. Und legten so
die Grundlagen unserer abendländischen Kultur!
Angeregt durch den Meteoritenfall von Aegos Potamoi 467
v.Chr., lehrte der Naturphilosoph Anaxagoras (500-428
v.Chr.) in Athen, dass die Sonne ein rotglühender Steinball
von der Größe des Peloponnes sei (damit etwa 20000 km
entfernt von der Erde).
Dies führte zu einer Anklage wegen Gottlosigkeit!
B.P. 2005
Mondkalender ???
Homo Erectus
370000 v.Chr.
Thüringen
Nebra, ca. 1600 v. Chr.
36 Dekan-Gestirne zur Zeitmessung
Das Weltbild der Griechen
Die babylonischen Priesterastronomen (wie Nabu-Rimannu und Kidinnu) bestimmten die Planetenpositionen durch algebraische Reihen unabhängig von einem Modell der räumlichen Anordnung.
Die griechischen Astronomen verwandten geometrische Modelle unterschiedlicher Komplexität
als Grundlage sowohl des physikalischen Weltbildes nach Aristoteles als auch der mathematischen
Modelle zur Berechnung der Positionen.
Das führte dann unweigerlich zur Frage der Abstände und Größen!
B.P.
B.P.2005
2005
Aristarchos Bestimmung der Entfernung zu Mond und Sonne
Die ältesten (überlieferten) Entfernungsmessungen wurden von Aristarchos von Samos
(ca. 310 – 230 v.Chr.) beschrieben:
Aristarchos erhielt aus der Dauer
von Mondfinsternissen als Entfernung zum Mond 60 Erdradien
(ca. 380000 km).
Die Idee zur Messung der Entfernung der Sonne ist
genial einfach, doch messtechnisch kaum zu realisieren.
Ergebnisse:
• 20 mal Entfernung Mond (Faktor 20 zu klein)
• Durchmesser Sonne 20 mal Mond, 7 mal Erde
Selbst damit Sonne ca. 250 mal Volumen der Erde:
• Sonne größter Körper
• Seit Anaxagoras bekannt, dass nur Sonne selbst leuchtet
α bei Aristarchos ca. 87°
(Überliefert durch Archimedes im Sandrechner)
statt 89° 50'.
α
Anstoß zu Aristarchos heliozentrischem System?
Posidonius von Apamea schätzte um 90 v.Chr. den Abstand Sonne-Erde zu ca. 63 Mill. km.
Der viel zu kleine Wert für den Abstand zur Sonne wurde erst ca. 2000 Jahre später verbessert!
B.P.
B.P.2005
2005
Hipparchos Bestimmung der Mondentfernung durch Parallaxenmessung
Sonnenfinsternis
14.3.190 v.Chr.
Bei einer totalen Sonnenfinsternis am Hellespont
beobachtete man, dass in Alexandria 20% der Sonne
sichtbar blieb, bei einem Durchmesser von ca. 30‘
entspricht dies etwa 6‘.
Hipparchos bestimmte daraus die Entfernung zu
62 bis 73 Erdradien.
Byzantion
(ca. 394000 bis 464000 km)
Bitte merken für später:
Bei etwa 1000 km Basislänge zeigen Objekte in
Mondentfernung eine Parallaxe von
etwa 6 Bogenminuten.
11.8.1999
B.P. 2005
Alexandria
Alternativ: 20.11.129 v.Chr.
Hipparchos, Über Größen und Entfernungen, überliefert in Pappos, Kommentar zum Almagest
Die Entfernungen wurden relativ bestimmt
• Mondentfernung in Einheiten von Erddurchmessern
• Sonnenentfernung relativ zur Mondentfernung
Messung des Erdumfangs in absoluten Einheiten erforderlich!
Erathostenes wusste damit aber, dass die Sonne weit entfernt ist und somit die
Sonnenstrahlen quasi parallel auf die (kugelförmige) Erde treffen.
Anmerkung:
Historiker sind sich nicht einig,
wie ein “Stadium” in Meter
umzurechnen ist. Es kann auch
zeitliche und örtliche Änderungen
gegeben haben. Wenn man ein
Stadium zu 159 m rechnet, ergibt
sich ein Erdumfang von 39750 km.
Posidonius verwandte ein analoges Verfahren mit dem Stern Canopus von Rhodos und Alexandria aus beobachtet.
Sein Winkel war falsch und die Entfernung Rhodos-Alexandria schlecht bekannt. Er erhielt einen zu kleinen Wert.
Vorschau: Eine chinesische Bestimmung des Erdumfangs von 725 AD werde ich am 16.5.2006 vorstellen.
B.P. 2005
Räumliche Anordnung und Entfernungen der Planeten
Die Abfolge der Planeten wurde nach den Umlaufperioden festgelegt. In der „ Planetenhypothese“ (Hypotheseis ton planomenon)
macht Ptolemäus die Annahme, dass die Epizykeln die Dicke der
Sphären bestimmen und die Sphären direkt aneinander liegen
(Horror Vacui).
Tabelle aus Sacrobosco-Druck von 1516
Im Vergleich mit modernen Werten zwar eine kleine Welt,
doch wesentlich größer als wir uns heute die mittelalterliche Welt vorstellen!
Position von Merkur und Venus sind vertauscht. Antike Astronomen plazierten teilweise Merkur und Venus
jenseits der Sonne, da sie nie einen Transit dieser Planeten vor der Sonnenscheibe beobachtet hatten.
B.P. 2005
Im Vergleich mit modernen Werten zwar eine kleine Welt,
doch wesentlich größer als wir uns heute die mittelalterliche Welt vorstellen!
B.P.
B.P.2005
2005
H.G. Thurm, Ingelheimer Wochenblatt, 20. Jahrgang, Nr. 45, 7.11.2002
Im Artikel wird noch erwähnt:
„Es handelte sich um einen der
berühmtesten Kometen der Neuzeit,
der Anlass zu einer der wichtigsten
astronomischen Erkenntnisse gewesen ist“.
Doch welche Erkenntnis?
Nach langer Suche in astronomieund astrologiegeschichtlichen Artikeln
entstand mit die Idee zu diesem
Vortrag.
B.P. 2005
B. Pfeiffer, “Ein Pfauenschwantz am Himme?”, Mitteilungen 42:1 (2003) 9
© SkyMap Pro 9.
Die Umwälzungen im 15. - 17. Jahrhundert
Bis zum Ende des Mittelalters gab es keinen Fortschritt!
Europa begnügte sich damit, neben römischer Sekundärliteratur (z.B.
„Phainomena“ des Aratos kommentiert von Germanicus) einige Lehrbücher
aus der Zeit um 1200, die in Spanien auf der Basis von Übersetzungen aus
dem Arabischen entstanden waren, abzuschreiben und höchstens neu zu
kommentieren. Statt eigener Beobachtungen verwandte man Tabellen, die alle
auf dem Almagest beruhten, wie die Alfonsinischen Tafeln von ca. 1265.
Das stark bedrängte Byzanz nahm zu Beginn des 15. Jahrhunderts Kontakt
Aratea, ca. 840 (Leidener MS)
zur „lateinischen“ Christenheit auf. Kaiser Johannes VIII Palaiologos nahm
System des Herakleides von Pontus
mit großem Gefolge am Konzil von Ferrara/Florenz 1439 teil. Darunter
waren viele Gelehrte (mit Reiselektüre) wie Bessarion, der später Peurbach/
Regiomontanus mit einem Kommentar zum Almagest beauftragte:
„Epitome in Ptolemai Almagestum“
Ein wahrer Pisa-Schock für das mittelalterliche Europa!
Danach konnte man zurück zu den Quellen, den griechischen Urtexten,
statt nur aus (vorzüglichen) arabischen Übersetzungen hergeleitete lateinische
Lehrbücher, wie das weitverbreitete „Libellum de sphaera“ von Sacrobosco oder
„Theoricae Planetarum“ von Gerard von Cremona zu benutzen.
Kopernikus dagegen hat keine Bedeutung für Entfernungen. Innerhalb des Planetensystems
übernahm er die Angaben aus der „Planetenhypothese“:
Sonne 1142 Erdradien entfernt.
Zur Erklärung der fehlenden Parallaxe musste er einen sehr großen Abstand zur Fixsternsphäre postulieren, mindestens 7,5 Mill. Erdradien.
Nur wenige Zeitgenossen konnten das akzeptieren.
B.P. 2005
Epitome, Venedig 1496
Entfernungen bei Ptolemaeus und Kopernikus
Owen Gingerich: „From Aristarchus to Copernicus“ Sky & Telescope 66 (1983) 410
B.P. 2005
Ein essentieller Mainzer Beitrag – die Buchdruckkunst
Die wieder zugänglichen antiken Werke hätten ihre Wirkung
nicht entfalten können, wenn sie weiterhin mühsam abgeschrieben
worden wären.
Sternbild „Officina Typographica“
Gutenbergs Erfindung des Druckes mit beweglichen Lettern
ermöglichte es, zu günstigen Preisen hohe Auflagen qualitativ
hochwertiger Kopien zu erstellen.
[Das erschwerte auch die Unterdrückung unliebsamer Ideen!]
Kalender und Tabellen astronomisch/astrologischen Inhalts
zählen zu den frühesten Erzeugnissen aus Mainzer Druckereien.
Aderlasskalender für 1457
Johannes Regiomontanus war der erste Astronom, der 1470 eine
Druckerwerkstatt in Nürnberg einrichtete. Als erstes Werk druckte er
das Lehrbuch „Theoricae novae Planetarum“ seines Lehrers Peurbach.
Auf dem Weg nach Rom (wo er 1476 verstarb) gab er in Venedig noch
die „Ephemeriden“ heraus, die auch Kolumbus auf seinen Reisen
mitführte.
Seit etwa 1500 wurden alle bedeutenden astronomischen Werke
(seien es antike oder die schnell wachsende Zahl neuer Bücher)
in kurzer Zeit an vielen Orten aufgelegt.
B.P. 2005
Web-Page zum Sternbild „Officina Typographica“:
http://www.kernchemie.uni-mainz.de/~pfeiffer/officina.htm
„Ephemerides astromomicae“
Johannes Regiomontanus
Kometen und die Autorität des Aristoteles
Nach Aristoteles waren Kometen (Haarsterne) und Meteore (gleicher Wortstamm
wie Meteorologie) atmosphärische Erscheinungen, also sublunar.
Dann müsste allerdings eine Parallaxe zu messen sein, sei es die tägliche
Parallaxe an einem Ort oder gleichzeitige Positionsbestimmungen an weit
auseinander liegenden Orten (wie bei der Sonnenfinsternis des Hipparchos).
Schon Regiomontanus sammelte zu diesem Zweck Beobachtungen am
Großen Kometen von 1472 (C/1471 Y1).
Kometen als böses Omen
Die posthume Auswertung ergab 8000 Meilen Entfernung , in Übereinstimmung mit Aristoteles.
In Europa gab es allerdings keine Tradition astronomischer Beobachtungen.
Die Instrumente waren oft nur grobe Holzstöcke (Jakobsstab), die keine
Präzisionsmessungen erlaubten (Genauigkeit 30‘, bestenfalls 15‘).
In der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts begeisterten sich
neben Gelehrten auch Fürsten für die Himmelsbeobach- Älteste Aufzeichnung einer
Kometenbahn
tung, die mit den nötigen Mitteln versehen die EntwickToscanelli 1449/50
lung neuer Instrumente vorantrieben, wie Landgraf
Wilhelm IV von Hessen-Kassel.
[Auf seine Fürsprache hin erhielt Tycho Brahe die Insel Hven als
Lehen. Dadurch konnte Brahe seine Observatorien (Uraniborg
und Stjerneborg) errichten.]
Su Songs Klepsydra
ca. 1088 A.D.
B.P. 2005
In China dagegen wurde die Astrologie schon immer vom
Staat gefördert. Erwähnenswert ist auch das große Observatorium, das Khan Ulugh Beg 1428 in Samarkand baute.
Mehr zu Uhren am 16.5.2006
P. Apian 1532
Die Großen Kometen 1577 bis 1618
Bei der SN1572 fand Tycho Brahe keine Bewegung relativ zu den Sternen
(De Nova et Nullius Aevi Memoria Prius Visa Stella, 1573).
Also konnte es keine atmosphärische Erscheinung sein, sondern musste Teil der
als auf ewig unveränderlich erachteten Sternensphäre sein.
Ein eklatanter Gegensatz zur Aristotelischen Physik.
Anmerkung: Tychos SN war vom Typ SN1a und hat eine Entfernung von ca. 9100 Lj.
Bei seinen Reisen durch Deutschland ließ sich Tycho erste große Instrumente für sein
neues Observatorium Uraniborg anfertigen, wie den rechts abgebildeten Sextanten
mit einer Genauigkeit von etwa 1 Bogenminute. Als im November 1577 ein großer
Komet erschien, konnte er recht präzise Messungen durchführen.
Der große Komet von 1577 (C/1577 V1) war sehr lange sichtbar und wurde von
vielen Astronomen beobachtet und es erschienen viele Abhandlungen. Aus der
Nichtbeobachtung sowohl einer täglichen Parallaxe als auch einer Parallaxe aus
simultanen Beobachtungen von weit entfernten Orten schloss Tycho Brahe,
dass der Komet mehr als vierfache Mondentfernung hatte.
Diese ersten Messungen wurden von vielen angezweifelt. Doch verbesserten sich
die Ergebnisse mit jedem weiteren Kometen.
Aus seinen Messungen am Kometen von 1585 schloss Wilhelm IV:
„Ergo ist das fundamentum Philosophicum nichtig, das die Cometen in summa
Regione Aeris infra circulos Lunae sollten generirt werden.“
B.P. 2005
Augsburg, ca. 1570
Tychos Beobachtungen von 1577
Im Gegensatz zu den antiken Astronomen, deren Werke
allerhöchstens bruchstückhaft auf verschlungenen Wegen
auf uns kamen, kennen wir von Tycho und seinen Zeitgenossen sogar handschriftliche Aufzeichnungen.
B.P. 2005
Das Tychonische System
Quasi als Anhang an die Beobachtungen der Kometen von
1577 und 1585 veröffentlichte Tycho Brahe sein alternatives
Geo-Heliozentrisches System:
De Mundi Aetherei Recentioribus
Phaenomenis (Uraniborg 1588)
Brahe beschreibt die Kometenbahn als „nicht exakt kreisförmig, wie ein Oval“. Die erste Abkehr vom Dogma
der Kreisbahnen.
Riccioli, SJ: Almagestum Novum, Bologna 1651
Es ähnelt der „Ägyptischen Hypothese“, die schon in der Antike vertreten wurde (Herakleides von Pontus).
(Eine weitere Variante, in der sich die Erde um ihre Achse dreht, wurde zeitgleich von Baer vorgeschlagen.)
Diese Modelle wurden von den meisten Gelehrten dem Kopernikanischen System vorgezogen, insbesondere
verbreiteten die Jesuiten dieses System.
Die historische Bedeutung liegt in einer „Brückenfunktion“, sie erleichterte vielen Gelehrten im Verlauf
des 17. Jahrhunderts den endgültigen Übergang zum Heliozentrischen System.
Galilei erwähnt dieses System nie (wie er auch gegen die Ellipsenbahnen war). Das Ptolemaische
System war längst „aus der Mode“ als Galilei es dem Kopernikanischen gegenüberstellte.
B.P. 2005
Langlebigkeit „falscher“ Theorien
Wie bereits erwähnt, verbreiteten insbesondere
die Jesuiten das Tychonische Modell (das auch
viele Beobachtungen erklären kann).
Die Abbildung rechts ist einem Lehrbuch der
Artistenfakultät der Uni. Mainz entnommen.
Diese unter dem Einfluss der Jesuiten stehende
Periode soll mit die dunkelste in der Universitätsgeschichte sein (geprägt von „finsterem mönchischen Geist“). Die Reform von 1784 im Geist der
Aufklärung kam zu spät.
Jesuiten vermittelten die „europäische“ Astronomie
auch ins Reich der Mitte. Sie vermieden es, die
Ideen des Kopernikus zu lehren. Noch bis ins
19. Jahrhundert lehrte man in China das Tychonische Modell.
Lehrbuch eines unbekannten Jesuiten,
gedruckt 1747
Stadtbibliothek Mainz
Es soll Hinweise darauf geben, dass die Jesuiten in China/Japan im
Gegensatz zu Europa doch das Kopernikanische Modell vorstellten?
B.P. 2005
„Wahrung der Erscheinungen“
Benedetto Castelli, ein ehemaliger Student
Galileis, bemerkte, dass die Phasen der
Venus zur Falsifizierung des Ptolemaischen
System genutzt werden können, da Venus
nie als Vollscheibe beobachtet werden
könnte. Galilei beobachtete dann im Winter
1610 die Phasen der Venus (ohne die
Anregung Castellis zu würdigen).
Obwohl dies das Ptolemaische System
widerlegt, ist es allein genommen kein
Beweis für das Kopernikanische, da auch
das Tychonische diese Beobachtung
beschreibt.
Abb. aus K. Ferguson: Das Maß der Unendlichkeit
B.P. 2005
Zweifel an der Autorität des Aristoteles
Der neue Stern, Kometen jenseits der Mondbahn, Gebirge auf dem Mond, Flecken
auf der Sonne widersprachen den Lehren des Aristoteles. Diese Thesen waren von
der Kirche zur Richtschnur erklärt worden, u.a. da Thomas von Aquin das Dogmengebäude (insbesondere die Transsubstantiationslehre) mit auf die Kommentare zu
Aristoteles des Toledaner Kadi Mohammed ibn Roshd (1126-1198) gegründet hatte.
Aristoteles Autorität anzuzweifeln wurde gefährlich,
es konnte einem recht heiß werden!
Giordano Bruno (1548-1600) lehnte sich gleich gegen 3 „Zwingburgen“ auf:
Die Aristotelische Physik, das Ptolemäische Weltbild und Dogmen
Nikolaus Cusanus folgend forderte er, dass wir
„…statt der vielen Hohlkugeln und so vieler deferierender Bewegungen
nur einen einzigen Raum kennen, in dem sowohl der Stern, den wir
bewohnen, als auch alle übrigen ihre Kreise und Bahnen vollenden.
Das ist das unendliche All, der allumfassende Himmel.“
Und
„Die Annahme eines Ersten Beweglichen nebst 6, 8, 9 oder mehr
Sphären, in denen die Sterne eingelassen, festgenagelt oder eingeCampo dei Fiori
zapft sein sollen, muss beseitigt werden.“
17.2.1600†
Dell' infinito universo e dei mondi, Giordano Bruno, 1584
Auch sein Kampf gegen die Astrologie, der „Knechtschaft der orientalischen Sterngötter“,
gespeist aus pantheistischen Anschauungen, machte ihm keine Freunde.
B.P. 2005
Was machte die „Sprengkraft“ der Kometenentfernungen aus?
Die Kometen rasen quer durch alle Kristallsphären des Aristoteles!
Apianus, Cosmographia (1524)
Die Kristallsphären hatten eine doppelte Funktion,
• zum einen führten sie die Planeten auf den Kreisbahnen und
• zum andern dienten sie als Mechanismus, der die Bewegungen quasi als Uhrwerk von der 9. Sphäre des
„Ersten Bewegers“ (eine Erscheinungsform Gottes) auf die inneren Sphären überträgt.
Damit hatten z.B. „gelehrte“ Astrologen eine Beziehung zwischen der göttlichen Ordnung und Planetenkonstellationen konstruiert, die die Astrologie mit den Lehren der Kirche vereinbar machen sollte.
Das erste Problem wurde durch Newtons Gravitationsgesetz gelöst, die „gelehrte Astrologie“
ging im Zeitalter der Aufklärung unter und es blieben nur Geheimbündler und Scharlatane übrig.
B.P. 2005
Kometen und der Fall Galilei?
Der Professor für Mathematik am Collegium
Romanum, Orazio Grassi, S.J. (alias Lothario
Sarsi) hatte aus Messungen am Großen Kometen
C/1618 W1, die Jesuiten an vielen Orten vorgenommen hatten, klar die „translunaren“ Bahnen bewiesen.
Aus unklaren Beweggründen heraus veranlasste Galilei
einen seiner Studenten (Mario Giuducci) dagegen zu
polemisieren und die alte Aristotelische Ansicht zu vertreten.
(Kepler sah darin einen Affront gegen seinen Mentor Tycho
Brahe, der die ersten Hinweise geliefert hatte.)
Grassi revanchierte sich (höchstwahrscheinlich) mit einer
Anzeige bei der Inquisition:
• nicht wegen astronomischer Thesen sondern
• Lutherischer Häresie in der Eucharistielehre:
Konzil von Trient: Sessio XIII, Canon II
Im „Saggiatore“ vertrat Galilei eine Theorie der Materie, die
an Demokrits Atomlehre erinnerte und im Gegensatz zum Aristotelischen Substanzbegriff stand, der die
Basis der Transsubstantiationslehre bildete, die im o.a. Kanon gegen Luther bekräftigt wurde.
Vor einigen Jahren fand man diese Anzeige in den Akten der Inquisition. Dieser Vorwurf wurde
bis heute nicht verhandelt. Einige Historiker vermuten, dass die Kirche auch deshalb Galilei
noch immer nicht voll rehabillitiert hat.
B.P. 2005
….mirabilem illam et singularem conversionem totius
substantiae panis in corpus et totius substantiae vini in
sanguinem, manentibus dumtaxat speciebus panis et vini.
Conc. Oecum. Trid., Sessio XIII, Canones II, 11 octobris 1551
Die Sessio XIII bestätigte die katholische Eucharistielehre der Transsubstantiation. Die
verschiedenen reformatorischen Auslegungen werden explizit verworfen:
• Canones I - Zwingli
• Canones II - Luther
• Canones III - Calvin
Dies galt als „heilsnotwendig“. Galilei wäre bei dieser Anklage nicht mit Hausarrest
davongekommen.
Dank des „Schauprozesses“ wegen Kopernikanismus konnte Galilei seine Forschungen
fortführen, die die Mechanik entgegen den alten Vorstellungen Aristoteles auf neue
Grundlagen stellten und die Arbeiten Newtons vorbereiteten. Sein Hauptwerk wurde von
Freunden nach Holland geschmuggelt und in Leiden 1638 von Elsevier publiziert.
B.P. 2005
Keplersche Gesetze
In „Mysterium Cosmographicum“ (1596) zeigt
Kepler rechte Abbildung, die die Vorstellungen der
vergangenen 2000 Jahre zeigt. Abstände der
Planeten werden durch Epizykeln festgelegt.
Kepler versuchte im gleichen Werk mit
geringem Erfolg, die Abstände durch
ineinander verschachtelte Platonische
Körper zu erhalten.
Platonische Körper
Nach dem Tod Brahes verwandte Kepler dessen präzise
Marsdaten, um seine Gesetze der Planetenbahnen abzuleiten
(heute 1. und 2. Keplersches Gesetz):
„Astronomia Nova“, Anno aerae Dionysianae 1609
B.P. 2005
Tycho hatte jahrelange Beobachtungen durchgeführt um die Parallaxe des Mars zu messen, da
Mars im Kopernikanischen System der Erde näher kommt als im Ptolemaischen.
3. Keplersches Gesetz
Kepler war im Gefolge von Pythagoras/Plato überzeugt, dass Gott (als Architekt)
für die Planetenbahnen harmonische Proportionen wählte, und betrachtete das
Auffinden dieser mathematischen Regeln als eine Art Gottesdienst.
In „Harmonici Mundi“ (1619) nahm er seine frühen Überlegungen wieder auf und
fand nach langem Probieren einen Zusammenhang zwischen Halbachsen und Perioden
der Planeten.
Die neue Gesetzmäßigkeit galt auch für die gerade erst von Galilei entdeckten Monde
des Jupiter.
Die physikalische Ableitung der Keplerschen Gesetze gelang Isaak Newton 1687.
Bible Moralisée
13. Jahrhundert
Betrag Gravitationsfeldstärke = Betrag Zentripetalbeschleunigung
Damit waren die relativen Abstände im Sonnensystem bekannt, denn die
Perioden hatten schon die Chaldäer bestimmt.
Für absolute Entfernungen muss jedoch mindestens ein Abstand hinreichend
genaugemessen werden. (Ptolemäus war um einen Faktor 20 zu klein.)
Um Kepler die umfangreichen Berechnungen für die „Rudolfinischen Tafeln“ zu erleichtern, erfand
Wilhelm Schickard in Tübingen 1623 eine Rechenmaschine, die jedoch kurz vor ihrer Vollendung
verbrannte. Die Astronomie hat schon immer die Mathematik vorangetrieben!
B.P. 2005
Interstellares Intermezzo:
Entfernung zum Sirius im 17. Jahrhundert
Im 17. Jahrhundert waren die meisten Astronomen überzeugt, dass unsere Sonne auch nur ein
Stern ist. Man wusste allerdings nicht, was ein Stern eigentlich ist, insbesondere war unklar,
ob/weshalb Sterne verschieden hell sind. Eine Annahme war, dass alle Sterne gleiche
(intrinsische) Helligkeit haben, der Unterschied also durch die Entfernungen bedingt wird.
• Christiaan Huygens beobachtete die Sonne durch verschiedene Lochblenden und bestimmte
die Entfernung zum Sirius zu 27664 AE (≈ ½ LJ). Veröffentlicht 1698.
• James Gregory verglich die Helligkeit des Sirius mit Jupiter und erhielt eine Entfernung von
83190 AE (≈ 1¼ LJ). Geometriae pars universalis 1668
• Isaac Newton verwandte 1686 den Saturn. Mit weiteren Annahmen über das von Saturn
rückgestrahlte Sonnenlicht (den Albedo) fand er 1 Mill. AE (≈16 LJ).
Posthum publiziert 1730 in System of the World.
Damit ergab sich allerdings, dass eine eventuelle jährliche Parallaxe der Fixsterne sehr klein
sein muss (etwa in der Größenordnung von Winkelsekunden).
Viel zu klein für die damaligen (und erst recht den antiken) Messinstrumenten!
Im 18. Jahrhundert wurden diese Messungen wieder aufgenommen, so von Pierre Boudet und Rev. John Michell
(der 1784 schon Schwarze Löcher vorhersagte).
1 LJ entspricht 63000 AE
Mit den modernen Kenntnissen der intrinsischen Helligkeiten folgt für
Huygens Werte ein Abstand von 5 LJ statt 8,6 LJ. Alle Achtung!
B.P. 2005
Bestimmungen der AE Ende des 17. Jahrhunderts
Die geringe Entfernung des Mars zur Opposition am 9.9.1672 wurde auf
2 Arten genutzt:
•G.D. Cassini und J. Richer beobachteten den Mars gleichzeitig von Paris und
Cayenne aus, um eine große Basislinie zu erreichen.
Marsopposition 9.9.1672
•J. Flamsteed nutzte den praktischen Stillstand am 6.10., um die tägliche
Parallaxe ohne Eigenbewegung messen zu können.
„Stillstand“ am 6.10.
inmitten heller Sterne
Aus diesen Messungen ergab sich die erste präzise Bestimmung der AE zu 139 Mill. km.
B.P. 2005
Endlichkeit der Lichtgeschwindigkeit
Ole Roemer bemerkte 1676 in Paris, dass das Auftauchen der
Monde aus dem Jupiterschatten von der Entfernung zum
Jupiter abhängt, für 2 AE etwa 20 Minuten Differenz.
1672 hatten Cassini-Richer mit einer Marsparallaxen-Messung
mit der Basis Paris-Cayenne die AE zu 138 Mill. km bestimmt.
Daraus ergab sich die Lichtgeschwindigkeit zu
c ≈ 250000 km/s
Dieses Ergebnis fand jedoch keine allgemeine Anerkennung!
Damit waren Entfernung und Lichtlaufzeit von einem Objekt
miteinander verbunden (Rückschauzeit). Das Objekt musste
dann aber auch ein Alter zumindest der Laufzeit haben.
Für religiös verankerte Wissenschaftler konnte es je nach
Auslegung der Genesis Probleme geben.
James Bradley entdeckte 1728 bei der Suche nach der Parallaxe
die Aberration, den ersten experimentellen Beweis für die
Bewegung der Erde.
Neben einem genaueren Wert für die Lichtgeschwindigkeit fand er
keine Parallaxe für γ Draconis, d.h. die Fixsterne haben
Entfernungen größer als 400000 AE (≈6,3 LJ).
B.P. 2005
HIPPARCOS: γ Dra Parallaxe 0.022‘ ≡ (148 ± 3) LJ
Venustransits und die Astronomische Einheit (AE)
Aus der Antike liegen keine Berichte über Transits von Merkur oder Venus vor.
Manche Astronomen nahmen daher an, dass diese beiden Planeten jenseits der
Sonne liegen. Erste Beobachtungen erfolgten erst nach Erfindung des Teleskops.
J. Kepler sagte mit seinen Rudolfinischen Tafeln zwei Transits voraus:
•P. Gassendi konnte den Merkurtransit am 7.11.1631 beobachten,
der Venustransit am 6.12. war in Paris nicht sichtbar.
•Der Venustransit 8 Jahre später am 4.12.1639 (24.11. Julianisch) wurde von J.
Horrox vorausberechnet und von ihm und seinem Freund W. Crabtree dann
beobachtet. Die Kenntnis der Venusbahn wurde erheblich verbessert. Die AE
wurde von Horrox zu 96 Mill. km abgeschätzt .
Horrocks Gesetz: Alle Planeten außer Mars erscheinen
von der Sonne aus unter 28”. AE dann ca. 15000 Planetenradien oder 96 Mill. km.
Nachdem E. Halley am 7.11.1677 auf St. Helena als erster einen kompletten Merkurtransit beobachten
konnte, schlug er zur Bestimmung der AE Beobachtungen der Venustransits 1761/9 von weit entfernten
Positionen vor (ebenfalls nach Anregung von James Gregory):
A new Method of determining the Parallax of the Sun, or his Distance of the Earth
Phil. Trans. XXIX (1716) 454
Alle bedeutenden europäischen Staaten sandten Expeditionen in die ganze Welt aus.
Die Expeditionen sollten sogar von den Kriegshandlungen im Rahmen des Siebenjährigen Krieges
ausgenommen werden (teilweise nur ein frommer Wunsch).
Am 6. Juni 1761 beobachteten dann fast 200 Astronomen an 120 Orten.
Die Astronomie wurde damit die erste „globale“ Wissenschaft, die nationenübergreifend koordinierte
Messkampagnen durchführte.
B.P. 2005
Venustransit 24.11.1639 (julianisch)
Schon früh verwandten Astronomen zur Sonnenbeobachtung die Camera Obscura (Lochkamera).
Mit einem Teleskop konnten auch Transits von
Venus und Merkur beobachtet werden.
Horrocks konnte nur einen Teil des Transits
beobachten, da er zwischendurch seinen Pflichten
als Pfarrer nachkommen musste. Crabtree (16101644) musste lange auf eine Wolkenlücke warten.
Der Tuchhändler William Crabtree 1639 in Manchester
Horrox verwandte die „Tabulae motum coelestum“ von Philip von Lansberge. Er lehnte die elliptischen Bahnen
ab und seine Tafeln sollten Kopernikus gegen Kepler unterstützen. Seine Voraussage war besser als diejenige
nach Keplers Tafeln, trotzdem bewegen sich die Planeten auf Ellipsenbahnen.
B.P. 2005
Philip von Lansberge (1561-1632) „Tabulae motum coelestium“ 1632
?
Lansberge sagte im Gegensatz zu
Kepler den Venustransit 1639
voraus. Horrox stützte seine Berechnungen auf diese Tafeln ergänzt
durch eigene Beobachtungen.
Anmerkung: Owen Gingerich schrieb ein Computer-Programm nach
den Rudolfinischen Tafeln und findet einen Venustransit etwa 9 Stunden früher als beobachtet.
Kepler (†1630) bestimmte die Ephemeriden nur bis 1636. Seit 250 Jahren kopieren Historiker die
Behauptung, Keplers Tafeln wären zu ungenau gewesen.
Es sei anzumerken, dass Lansberge das heliozentrische System akzeptierte, jedoch nicht
Keplers Ellipsen.
B.P. 2005
James Cooks 1. Forschungsreise 1768 - 1771
Bekannt ist die Beobachtung des Venustransits am 3.
Juni 1769 auf Tahiti, die allerdings auch nicht die
erhoffte Genauigkeit erreichte. Bedingt durch den
„Schwarzen Tropfen“ wichen die Zeiten dreier
Beobachter stark voneinander ab.
Allerdings war dies nicht die Hauptaufgabe der Reise. So sollte
endlich die Frage nach der Existenz des von den antiken Geografen als „Gegengewicht“ zu Eurasia hypothetisierten Kontinents „Terra Australis Incognita“ geklärt werden, der auf vielen
Karten verzeichnet war.
Allerdings war zumindest der Nordteil des heutigen Australien den
Chinesen schon seit Jahrhunderten bekannt. Der Venezianer N. da
Conta war um 1420 mit einer chinesischen Flotte dort und hatte die
Serenissima, den Vatikan und Portugals Kronprinzen (?) informiert.
K1: Kendalls
Kopie der H4
Getestet auf
Cooks 2. Reise
Essentiell für lange Seefahrten waren weitere
Untersuchungen:
•Methoden zur Bestimmung der Position,
insbesondere der geographischen Länge.
•Maßnahmen gegen Skorbud (Vitamine):
- Sauerkraut
- Zitronensaft
(Trotzdem kehrte nur die halbe Mannschaft zurück!)
B.P. 2005
Benjamin Martins Wandkarte zur
Veranschaulichung des Transits in
einem Londoner Gasthaus 1769
Bedingt durch die Atmosphäre der Venus und
den „Schwarze Tropfen Effekt“ wichen die
Beobachtungszeiten um bis zu 42 Sekunden
voneinander ab.
Observations made by appointment of the Royal
Society at King George's Island in the South Sea
by Mr. Charles Green, formerly assistant at the
Royal Observatory at Greenwich, and Lieutenant
James Cook of His Majesty's ship the Endeavour.
B.P. 2005
Philosophical Transactions of the Royal Society,
Vol. 61, p. 410, 1771.
Moderne AE Bestimmungen
•Die Venusdurchgänge erfüllten letztendlich nicht
die in sie gestellten Erwartungen.
•Die genauesten optischen Messungen wurden 1941
am 1898 entdeckten Amor-Asteroiden (433) Eros
durchgeführt.
(433) Eros von NEAR fotografiert
Die genauesten Messungen lieferten Radar-Reflexe an Planeten: 149.597.836 km.
Die AE wurde auf 149,6 Mill. km festgelegt.
B.P. 2005
Sonnenparallaxe und Astronomische Einheit
Die Angabe der Entfernung Sonne-Erde
als Parallaxe statt km in der gerade gezeigten
Tabelle ist historisch zu sehen.
Im Almagest wurde die Parallaxe zu 3‘ (Bogenminuten) = 180“ (Bogensekunden) angenommen,
entsprechend den Messungen von Aristarchus/
Hipparchus, die einen um den Faktor 20 zu
geringen Abstand fanden (ca. 8 Mill. km).
Dieser Wert hatte Bestand durch das ganze
Mittelalter, auch Kopernikus arbeitete damit.
Johannes Kepler z.B. vermutete, dass er zu groß
sei und verwandte einfach 1,5‘.
Parallax
Earth-Sun Distance AU
8.00000''
164,448,000 km
8.50000''
154,775,000 km
8.60000''
152,975,000 km
8.70000''
151,217,000 km
8.79415''
149,597,836 km
8.80000''
149,498,000 km
8.90000''
147,819,000 km
9.00000''
146,176,000 km
9.50000''
138,483,000 km
10.0000''
131,559,000 km
10.5000''
125,294,000 km
Mit den zur Verfügung stehenden Instrumenten
war keine Messung der Sonnenparallaxe möglich. Der viel
nähere Mond hat eine (tägliche) Parallaxe von 58‘, die auch mit einfachen Instrumenten
messbar ist. Die Nichtbeobachtung am neuen Stern von 1572 und am Kometen von 1577
zeigte, dass sich diese Phänomene jenseits des Mondes abspielten.
B.P. 2005
Amateuraufnahmen der letzten Transits von Vereinsmitgliedern
Ort: Paul-Baumann-Sternwarte Klein-Winternheim
Merkur
Sonnenflecken
Venustransit 8. Juni 2004
Aufnahme P. Kirchgessner
Im Rahmen eines internationalen Programms
ergaben 4550 Kontaktzeiten von 1510 Beobachtern
als Wert der Astronomischen Einheit
1 AU = (149.608.708 ± 11.835) km,
10.838 km mehr als der Wert aus Radarmessungen.
Merkurtransit am 7. Mai 2003
Aufnahme U. Rieth
B.P. 2005
Philosophisches Intermezzo
Um 1750 gab es weit verbreitete Spekulationen über ein sehr großes
oder sogar unendliches Universum, wie Thomas Wrights
An Original Theory or New Hypothesis of the Universe.
Er stützt sich auf die Entfernungsmessungen zum Sirius und gibt
(in der Tradition der Zeit) Flugzeiten für Kanonenkugeln, Adler und
Seelen, sieht jedoch interstellare Reisen sehr skeptisch:
„We can hardly conceive, how any Being can pass from Syrius to the Sun,
by natural Laws in their proper State.“
Immanuel Kant las eine Rezension dieses Werkes und
verarbeitete sie 1755 in seiner „Allgemeinen Naturgeschichte“,
in der er von einem unendlichen, ewigen Universum
ausgeht (mit bewohnten Welten).
Wenig Resonanz erhielt W. Herschel, der 1800/2 die Reichweite seiner
Großteleskope abschätzte und vermutete, Nebel in 2 Mill. LJ
Entfernung sehen zu können.
Da damit das biblische Weltalter von 6000 Jahren bei weitem übertroffen wurde, ignorierten klerikal gebundene Astronomen diese
Vorstellung.
Selbst Geologen und Darwin, die eine „uralte“ Erde postulierten,
bezogen sich anscheinend nicht darauf.
B.P. 2005
B.P. 2005
Hypothese der Inselwelten
Immanuel Kant
Allgemeine Naturgeschichte
und
Theorie des Himmels
oder
Versuch von der Verfassung und dem mechanischen
Ursprung des ganzen Weltgebäudes nach
Newtonischen Grundsätzen abgehandelt
Königsberg, 1755 (Anonym)
„…werden nicht mehr Sonnensystemata , und so reden, mehr Milchstrassen entstanden sein, die in dem
grenzenlosen Felde des Weltraums erzeuget worden? Wir haben mit Erstaunen Figuren am Himmel
erblickt, welche nicht anders, als solche auf einen gemeinschaftlichen Plan beschränkte Fixsternensystemata, solche Milchstrassen, wenn ich mich so ausdrücken darf, sind, die in verschiedenen
Stellungen gegen das Auge, mit einem, ihrem unendlichen Abstande gemäß geschwächten Schimmer,
elliptische Gestalten darstellen;….“
Zweiter Theil. Siebentes Hauptstück: „Von der Schöpfung im ganzen Umfange ihrer Unendlichkeit,
sowohl dem Raume, als der Zeit nach“
Der Begriff „Weltinseln“ wurde 1850 von Alexander von Humboldt geprägt.
B.P. 2005
Aberration des Sternlichts
• Seit der Antike Suche nach der Parallaxe der Fixsterne.
• 1669 beobachtete R. Hooke an γ Draconis eine kleine Verschiebung.
• Deshalb baute er ein Zenit-Teleskop in ein Londoner Monument ein.
• Zur Überprüfung baute Bradley ein Teleskop in sein Haus ein.
• Er fand 1725 eine jährliche Ellipsenbewegung, die er 1728 als
Aberration des Sternlichts erkannte.
Monument to the
Great Fire of London
Samuel Molyneux verband sich mit Bradley,
um Hookes Beobachtung zu wiederholen.
Auch sie bauten ein verbessertes Zenitteleskop
in ein Haus ein, befestigt am Kamin.
Sie wählten einen Stern im Zenit, um dem
Problem der Beugung in der Atmosphäre zu
entgehen.
Der Stern γ Draconis steht auf der
Breite von London im Zenit.
B.P. 2005
Parallaxe - „Experimentis crucis“ für heliozentrisches System
Die Entdeckung der Aberration bewies, dass die Erde sich um die Sonne bewegt!
Damit mussten die Fixsterne eine jährliche Parallaxe zeigen, einen Effekt, den die
Astronomen seit Aristarchus vergeblich gesucht hatten.
Jedoch waren sehr kleine Winkeldifferenzen zu messen, die die Fortentwicklung der
Techniken weit über den Stand von 1728 erforderten, und das auf allen Gebieten.
• Der kleine Effekt erfordert Winkelabstände zu fernen Sternen, die keine Parallaxe aufweisen.
Beim Aufstellen von Katalogen enger Sternpaare erkannte man bald, dass viele Paare tatsächlich
umeinander kreisende Doppelsterne sind, damit nicht geeignet für Parallaxenmessung.
• Alle Einflüsse auf die Position der Sterne müssen genau bekannt sein:
• Refraktion in der Atmosphäre
• Aberration
• Nutation der Erdachse (Einfluss des Mondes). Auch von Bradley entdeckt.
• Eigenbewegung
• Verbesserung der Messapparaturen
Im Laufe des 19. Jahrhunderts ergaben sich bedeutende Fortschritte sowohl in der
Glasherstellung als auch in der Feinmechanik. Als Beispiel sei Fraunhofer genannt.
Als die Zeit reif war, wurden innerhalb eins bis zwei Jahren unabhängig von drei Astronomen
reproduzierbare Parallaxen von drei Sternen veröffentlicht!
Die Katholische Kirche nahm „De revolutionibus…“ zu dieser Zeit vom Index.
B.P. 2005
Trigonometrische Parallaxe von Fixsternen
Mit von Fraunhofer gebauten Heliometern konnten F.G.W. Struve in
Dorpat und F.W. Bessel 1838 die Parallaxen von Vega und 61Cyg
messen. Gleichzeitig fand Thomas Henderson in Kapstadt mit α Cen
den der Sonne nächsten Stern.
Entscheidend war die Auswahl der Sterne, nicht die hellsten
sondern diejenigen mit der größten Eigenbewegung.
Moderne Werte: Vega
0,129 Bogensekunden
61 Cyg 0,287
α Cen 0,742
Unsere unmittelbare Nachbarschaft
Königsberger Heliometer
Fraunhofer 1826
B.P. 2005
Astrometrie
250 LJ um die Sonne
Die Astrophysik hatte nach 1860 die
klassische „Positionsastronomie“ –
Astrometrie - in den Hintergrund verdrängt.
Eine Wiederbelebung erfolgte mit dem
(trotz falschem Orbit) außerordentlich
erfolgreichen HIPPARCOS-Satelliten
der ESA (1989-1993).
Für ein nationales Folgeprojekt – DIVA –
fanden sich im Bundesetat nicht mal etwa
40 Millionen DM, alles Geld wird für die
ISS sinnlos verpulvert.
Um 2010 will die ESA als Nachfolger den
Satelliten GAIA starten, der Positionen,
Parallaxen und Eigenbewegungen von
etwa 1 Mrd. Sternen bis in große Entfernungen
(mit geringerer Genauigkeit vielleicht bis zu den
Magellanschen Wolken) bestimmen soll.
260000 Sterne
Nebenbei soll er auch noch genauere Daten von Asteroiden bestimmen
und von der Erde aus schwer beobachtbare Atens-Erdbahnkreuzer aufspüren.
B.P. 2005
Periode-Leuchtkraft-Beziehung
Henrietta Swan Leavitt
(1868-1921)
Bei dieser Arbeit entdeckte
Leavitt 1912 die P-L-Beziehung, die in der Folgezeit der
Ausgangspunkt für radikale
Änderungen unserer Sicht des
Kosmos werden sollte.
Periode-Leuchtkraft Beziehung
Min. / Max. Leuchtkraft
Um 1900 befassten sich viele Astronomen mit
veränderlichen Sternen. Da man keine physikalische
Theorie hatte, untersuchte man möglichst viele Objekte
und hoffte durch Aufstellen von Systematiken einer
Erklärung näher zu kommen.
Das Harvard-Observatorium hatte eine Außenstelle in
Arequipa (Peru) mit Blick auf die Magellanschen Wolken.
Die Photoplatten wurden in den USA von jungen (oft
unbezahlten) Damen ausgewertet, von denen einige wenige
als Astronomen Anerkennung fanden.
Log. Periode in Tagen
Es gibt keine nahen Cepheiden in der Milchstrasse. Selbst für den HIPPARCOS Satelitten waren nur
einige gerade so mit großem Fehler messbar. Mit statistischen „Tricks“ lässt sich eine Eichung
gewinnen. Mit dem geplanten GAIA Satelliten wird eine saubere Kalibrierung möglich sein
B.P. 2005
Kalibration der Periode-Leuchtkraft-Beziehung durch Stromparallaxe
Harlow Shapley gelang es als erstem eine halbwegs richtige Kalibration mit Hilfe der Eigenbewegung von
Sternen in nahen Sternhaufen (wie den Hyaden) zu machen. Davor war Hertzsprung ein Komma verrückt,
er erhielt 3000 LJ als Entfernung zur SMC.
B.P. 2005
Was sind Nebel und wo sind sie?
„Der Leviathan von Parsontown“
W. Parsons, Earl of Rosse, baute ein
Spiegelteleskop von 72 Inch ø.
Birr Castle, Irland
(Wieder errichtet.)
•Insel-Welten: Vermutung von Kant 1756
•W. Herschel meinte 1801, dass sie weit entfernt seien
M51, Lord Rosse 1845: 1. Spiralnebel
Rechts M51 und M99 (1850)
•Die meisten Astronomen hielten sie für einen Teil
unserer Milchstrasse, die das ganze Universum ist.
•Darüber hinaus war man davon überzeugt, dass,
wenn schon die Erde nicht mehr im Mittelpunkt
steht, dann wenigstens unser Sonnensystem das
Zentrum der Milchstrasse darstellt.
Dieser alte „Geo“zentrismus wurde durch
Herschels Sternstatistiken bestärkt.
Harlow Shapley wandte die Per.-Leuchtkr.Beziehung auf 69 Kugelsternhaufen an und
vermutete, dass das Zentrum der Galaxis
in Richtung Sagittarius in recht großem
Abstand liegt.
B.P. 2005
PASP 30, 42 (1918)
The Scale of the Universe
William Ellery Hale Foundation,
Washington, 26.4.1920
(„Die große Debatte“)
Harlow Shapley
Bulletin of the National Research Council 2,
pp. 171 – 217 (1921)
H. Shapley:
• Milchstrasse ca. 300.000 LJ
• Sonnensystem ca. 50.000 LJ vom
Zentrum entfernt
• Spiralnebel Teil der Milchstrasse
Heber D. Curtis
H.D. Curtis:
• Milchstrasse kleiner als 30.000 LJ
• Sonne im Zentrum
• Spiralnebel extragalaktisch
• Universum 10 – 100 Millionen LJ
http://antwrp.gsfc.nasa.gov/htmltest/gifcity/cs_nrc.html
Anmerkung: Vorschlag, über Allgem. Relativitätstheorie zu debattieren, wurde verworfen:
• Kann keiner mehr hören, da kommt keiner zum Vortrag.
• Ohnehin bis dahin sicher längst widerlegt.
Ironie der Geschichte: Einstein war bei der Diskussion anwesend!
Eddingtons Messungen zur Ablenkung von Licht am Sonnenrand:
• Totale Sonnenfinsternis am 29. Mai 1919
• Ergebnis am 6.11.1919 von der Royal Society bekannt gegeben.
B.P. 2005
Lösung des Problems
Für zusätzliche Verwirrung hatte 1885 Hartwigs
Beobachtung einer Nova in M31 gesorgt, die dafür sprach,
dass M31 zur Milchstrasse gehört (Supernovae kannte man
noch nicht!).
Mit neuen Großgeräten gelang es, Cepheiden in nahen
Galaxien wie der Andromeda-Galaxis (M31) nachzuweisen.
Zu aller Überraschung stellte E. Hubble fest, dass sich
(weit) entfernte Galaxien von uns fortbewegen.
Es gibt keine stabile statische
Anordnung der Galaxien, sie
müssen entweder expandieren
oder kontrahieren.
100“ Hooker Teleskop
Daraufhin verwarf Einstein seine
Kosmologische Konstante
(Größte Eselei meines Lebens.).
Doch alles kehrt
irgendwann wieder.
Einstein und Hubble auf
dem Mount Wilson
Hubbles Originalschaubild
B.P. 2005
Neue Kalibration der P-L-Beziehung
Mit einem Interferometer aus 2 VLT-Teleskopen konnten
die Pulsationen von Cepheiden-Veränderlichen direkt
gemessen und die P-L-Relation kalibriert werden.
B.P. 2005
Sternstrom- und Spektroskopische Parallaxe
Nachdem die Astronomen die Entfernungen zu nahen Sternhaufen
wie den Hyaden (allgemein Sternenströme) mittels der
Sternstromparallaxe bestimmt hatten, ließen sich weiter entfernte
Sterne durch die Methode der Spektroskopischen Parallaxe
erfassen:
Vergleich Helligkeit von entfernten Sternen mit nahen
Sternen bekannter Entfernung und ähnlichem Spektrum
Offener Sternhaufen Hyaden
(Melotte 25) in TAURUS
Entfernung: (46,34 ± 0,27) pc
m scheinbare Helligkeit
M absolute Helligkeit
(in 10 pc Entfernung)
m-M Entfernungsmodul
Mit diesem Verfahren lassen sich Entfernungen in der Milchstrasse bestimmen.
Distanzen zu benachbarten Galaxien lassen sich mit der Cepheidenmethode ermitteln.
Prinzip der
Standardkerzen
Dieses Verfahren gehört zur Gruppe der Entfernungsbestimmungen vermittels
„Standardkerzen“
Allen bekannt ist ein Teil des Bärenstroms (Ursa Major Bewegungsgruppe): fünf Sterne des Großen Wagens.
Dieser auch Collinder 285 genannte Sternenstrom umfasst an die Hundert Sterne über den gesamten Himmel
verteilt, ist also ein sich auflösender Sternhaufen.
B.P. 2005
Moderne Verfahren: Tully-Fisher-Beziehung
Beziehung zwischen absoluter Helligkeit und Rotationsgeschwindigkeit von Galaxien
Kalibriert an Cepheiden in Galaxien des Virgo-Haufens
Andromeda: Falschfarbenbild 21 cm Linie
Bedingt durch Rotation entfernen sich rote Teile
von uns, während blaue auf uns zu kommen.
Insgesamt bewegen sich die Milchstrasse und M31 aufeinander zu. Der Abstand
verringert sich pro Stunde um ca. 500000 km.
B.P. 2005
Sonderfall: Laser-Entfernungsmessungen
Die Laufzeit von Laser-Impulsen gestattet hochpräzise Entfernungsmessungen. 3 Apollo- und 2 Lunochod-Missionen hinterließen auf dem
Mond Retroreflektoren. Zur Zeit kann die Entfernung zum Mond auf
1,7 cm genau bestimmt werden.
• Bahnparameter des Erde-Mond-Systems
• Test des Gravitationsgesetzes für Abstände um 400000 km
• Änderungen der Erdform (mit Reflektoren auf Satelliten), Kont.-Drift
• Bestimmung der Love-Zahl des Mondes: noch plastisch
• Beiträge zu fundamentalen physikalische Größen, teilweise nur
hiermit zu erhalten.
Problem geringe Nachweiswahrscheinlichkeit: nur 1 von 1019 Photonen
Zur Überprüfung des Äquivalenzprinzips als Basis
der Allgemeinen Relativitätstheorie „Fallversuch“
Erde/Mond Richtung Sonne.
Dazu Genauigkeit von 1-2 mm notwendig.
Projekt APOLLO verwendet 3,5 m Teleskop statt 0,72 m bisher.
Erwartet wird Lichtausbeute 5 aus 1017 und Zeitauflösung von Picosekunden (10-12 s).
Bei Fallversuchen mit Atomen (Rb-85 und Rb-87) konnte das Prinzip mit eiener Genauigkeit von 2 zu 10 Millionen bestätigt werden.
Das Glas wurde von Haeraeus-Schott Glasschmelze Hanau hergestellt, siehe
Dr. J. Steiner „Glas auf dem Mond“ Schottinfo No. 90, 11 (1989)
B.P. 2005
Sonderfälle: „First principles“
Winkel- und Zeitmessungen
Entfernungsmessungen mit Cepheiden werden an die Große
Magellansche Wolke angehängt, deren Entfernung (163000 Lj)
wiederum über Offene Sternhaufen kalibriert wurde.
Die Supernova SN1987a gestattete nun eine unabhängige Messung:
Gamma-Strahlung von der Explosion bringt den älteren Sternwind
zum Leuchten. Der Durchmesser des Rings ergibt sich aus der Zeit
seit der Explosion und der Winkel wurde von Hubble gemessen.
Daraus ergibt sich der Abstand zu 169000 Lj, frei von Modellannahmen.
Mit die wichtigste Aufgabe des Hubble-Teleskops war das H0-Key Project: Bestimmung der HubbleKonstanten aus Entfernungsmessungen zu den Galaxien im Virgo-Haufen mittels Cepheiden.
Einen Tag vor Bekanntgabe des Resultates stellten Radioastronomen eine unabhängige Messmethode
für die Entfernung zu M106 (NGC4258) vor. Mit dem „Very Long Baseline Array“ (Radioteleskope von
Hawaii bis zu den Virgin Islands) beobachteten sie Wasserdampf-Maser in Akkretionsscheibe um zentrales
Schwarzes Loch von 36 Mill. Sonnenmassen.
Aus Kepler-Gesetzen und Winkelmessungen berechneten sie einen Abstand
von (23,8 ± 1,3) MLj in Diskrepanz zu „Hubble-Key Project“ aus Cepheiden
von 27 – 29 MLj.
Leider ist dies ein besonderer Glücksfall, vielleicht das einzige Beispiel.
Sollte sich dieses Ergebnis bestätigen, müssten viele davon abhängige
Verfahren neu kalibriert werden.
Es hat Einfluss auf Hubble-Konstante und damit auch das Alter des Weltalls.
B.P. 2005
Entfernung zu den Plejaden (M45)
Offene Sternhaufen sind 1. Sprosse auf Entfernungsleiter
• Hyaden durch Parallaxenmessungen
• Plejaden durch Farben-Helligkeits-Diagramme von Hauptreihensternen an Hyaden angeschlossen („Main-sequence fitting“)
Parallaxenmessungen mit HIPPARCOS ergaben jedoch einen niedrigeren Wert:
DHipparcos = (118 ± 4) pc
Atlas im Siebengestirn wurde 1974 bei Okkultation durch den Mond von Amateuren als Doppelstern erkannt.
Hinweis: Nächsten Dienstag berichtet Herr Gabel über Sternbedeckungen.
Mit Interferometer-Prototypen konnten die
Komponenten aufgelöst und die Bahnen
genau vermessen werden.
Aus der Helligkeit ergaben sich die Massen
und mit Keplers 3. Gesetz die Ellipsenachsen.
Der Vergleich mit dem Sichtwinkel ergibt die
Entfernung.
Nature 427 (2004) 326
Mark III und Palomar Testbed
optische Interferometer
133 pc < DAtlas< 137 pc
Die Entfernung zum Bedeckungsveränderlichen HD23642 wurde unabhängig zu (132±2) pc bestimmt.
B.P. 2005
Diese Werte sind unabhängig von den anderen Messmethoden
und bestätigen die Sternmodelle.
Wo befinden wir uns im All?
Milchstraße
Neue Infrarotaufnahmen
lassen vermuten, dass es
noch einen weiteren Arm
geben könnte, der weit
außen liegt und alte rote
Sterne enthält. Oder es
liegt ein Torus um die
ganze Milchstrasse.
Die SagDEG (Sagittarius Dwarf Elliptical Galaxy) wurde erst 1994 in 88 kLj Entfernung entdeckt.
Ob der schon 1780 von Messier beschriebene Kugelsternhaufen M54 den Kern der SagDEG bildet,
wird noch diskutiert. Entfernungen sind fast gleich, doch noch zu große Fehler.
B.P. 2005
Anfang November 2003 wurde die noch nähere Canis Major Zwerggalaxie entdeckt (25 kLj).
Benachbarte Superhaufen
B.P. 2005
Großräumige Verteilung der Materie
Seit etwa 20 Jahren wird die Materieverteilung
im Raum untersucht, sei es über die Rotverschiebung von Galaxien (2dF GRS, Sloan DSS)
oder die Absorption von Licht ferner Quasare
durch Wasserstoffwolken:
Die leuchtende (und dunkle) Materie formt einen
„Schwamm“ mit großen Hohlräumen ohne
Galaxien.
„Geller-Huchra-Keil“
Lyman-α-Wald: Wasserstoffwolken
im Halo von Galaxien und Clustern
Schwammartige Verteilung der Materie
B.P. 2005
Was bringt die Zukunft?
Beschleunigte Expansion!
Bei Doppelsternen aus Weißem Zwerg und Rotem
Riesen strömt Materie auf den Zwergstern, bis er die
Chandrasekhar-Masse erreicht und in einer SNIa-Explosion endet. Diese Explosionen haben alle die
gleiche Helligkeit (sind also ideale Standardkerzen)
und können über kosmologische Entfernungen
beobachtet werden.
Beschleunigte
Expansion
Abgebremste Expansion
(Normale Materie)
B.P. 2005
Expansion in verschiedenen kosmologischen Modellen - Messungen
ΩM = 0.3
ΩΛ = 0.7
Kosmischer
Skalenfaktor a
ΩM = 0
ΩM = 1
ΩM > 1
−14
−9 −7
Heute
Zeit (Milliarden Jahre)
Angepasst nach einer Vorlage von Bruno Leibundgut
B.P. 2005
G. Raffelt Frühjahrstagung DPG, Mainz 31.03.2004
Doch wie groß ist das All nun eigentlich?
Antwort: Irgendwo zwischen „etwas größer als unsere Teleskope blicken können“
(ca. 156 GLJ) und unendlich.
Die Antwort wird erschwert durch unsere Unkenntnis der Struktur
(mathematisch Topologie) des Raums. Die Topologie kennt
höchstkomplexe, beliebig unanschauliche Arten der Verbindung
weit entfernter Raumteile.
In Wiederbelebung Platonischer Vorstellungen wurde von J.-P. Luminet
vorgeschlagen, der Raum sei ein relativ kleiner, in sich geschlossener
Dodekaeder (vulgo Fußball). Diese Form wurde schon um 1900 von
Henri Poincaré untersucht.
Im Fall geschlossener Räume müssten „Spiegelbilder“ beobachtbar sein,
z.B. identische Strukturen in der Hintergrundstrahlung.
Erste Auswertungen der WMAP-Daten konnten keine Bilder finden. Dies
schließt geschlossene Universen mit einem Durchmesser kleiner als
156 GLJ aus. [Die Hintergrundstrahlung wurde vor ca. 14 GJ ausgesandt.
Die Raumexpansion hat diese Entfernung auf 78 GLJ gedehnt.]
Engere Grenzen werden die Daten des geplanten Planck-Satelliten gestatten,
der die Hintergrundstrahlung mit höherer Auflösung untersuchen wird.
B.P. 2005
Doch man kann es auch anders sehen!
The Flat-Earth Society
Zu allen Zeiten gibt es Menschen, die von den wissenschaftlichen „Standard-Modellen“ abweichende Meinungen
haben. Im religiös und antiwissenschaftlichen Milieu
der USA gedeiht im Zusammenhang mit den
„Creationisten“ so manche Sumpfblüte.
Die „Flat-Earth-Society“ (aus der englischen „Universal
Zetetic Society“ des 19. Jahrhunderts hervorgegangen)
glaubt, dass die Erde flach ist, den Nordpol als Zentrum
hat und außen von einem 150 m hohen Wall aus Eis
umgeben ist. Sonne und Mond sind etwa 32 Meilen groß
und laufen am Äquator um. Die Sterne sind am Himmel
befestigt, etwa in einem Abstand von 4000 Meilen.
Die ganze Raumfahrt ist natürlich eine Verschwörung
der Regierung in Washington.
Ich hoffe, dass meine Ausführungen heute Abend sie
vom Gegenteil überzeugen konnten.
B.P. 2005
Das Weltbild der „Flat-Earther“
Als Beweis lässt sich selbst die
Flagge der UN heranziehen!
Nächster Vortrag
Dienstag 3. Mai 2005 um 19:30
!
t
Sternbedeckungen
l
l
ä
f
t
n
e
Alfons
g Gabel
a
tr Arbeitsgemeinschaft
Astronomische
r
o
V Mainz
Stattdessen
Der Einfluss der Mythen auf Astronomie(en)?
Dr. Bernd Pfeiffer
Okkultation des Sterns 43Tau durch Asteroiden (345)Tercidina
am 17. Sept. 2002. Ein Teil der Daten wurde nahe Freiburg von
Mitgliedern der AAG Mainz ermittelt.
Volkshochschule Mainz: Besondere astronomische Themen
VHS-Sternwarte im Turm der Anne-Frank-Schule 03.05.2005 19:30
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