Über Größen und Entfernungen Astronomische Entfernungsmessungen und der Einfluss auf unsere Weltsicht Dr. B. Pfeiffer Astronomische Arbeitsgemeinschaft Mainz, Astronomische Gesellschaft • Antike Entfernungsbestimmungen • Umwälzungen um 1600 - Parallaxe von Kometen 1577 bis 1620 - 3. Keplersches Gesetz • Messung der Astronomischen Einheit • Parallaxen von Fixsternen um 1838 • Lage der Sonne in der Milchstrasse - Periode-Leuchtkraft-Beziehung, Kugelsternhaufen • Galaxienflucht • Kosmologische Entfernungen - Vergangenheit und Zukunft Volkshochschule Mainz: Besondere astronomische Themen VHS-Sternwarte im Turm der Anne-Frank-Schule 19.04.2005 19:30 Einleitung Wenn wir zum Himmel aufschauen, ob mit dem Auge oder dem größten Teleskop, meinen wir, dass alle Objekte in gleicher Entfernung stehen. Weltbild der Bronzezeit Das führte zur Anschauung, dass wir in einem kleinen Universum leben, als Krone der Schöpfung selbstverständlich im Mittelpunkt. Es dauerte Jahrtausende bis Astronomen die dritte Dimension, die Entfernung, bestimmen konnten. Heute will ich versuchen, Ihnen einen Eindruck von dem langen und mühseligen Weg zu geben, der von den obigen Anschauungen letztendlich zur rechts dargestellten großräumigen Verteilung der Galaxien führte. Und der Weg ist nicht zu Ende! Die Geschichte der Astronomie ist die Geschichte der sich Edwin Hubble weitenden Horizonte. Der kolorierte Holzschnitt links oben ist keine mittelalterliche Darstellung des Weltbildes! Er stammt von Camille Flammarion um 1880. Er zeigt, wie man sich in der Moderne das Mittelalter vorstellte! B.P. 2005 Wie bestimmen Astronomen Entfernungen? Es gibt nicht die Methode! Je nach Entfernung kommen unterschiedliche Methoden zur Anwendung. Dabei bauen die verschiedenen Verfahren wie die Sprossen einer Leiter aufeinander auf. Das hat allerdings den Nachteil, dass ein Fehler in einer Sprosse sich auf alle weiteren auswirkt. Heute Abend möchte ich ihnen zeigen, wie sich im Verlauf der Jahrtausende das Universum vergrößerte, genauer gesagt unsere Vorstellung der Größe. B.P. 2005 Wie alt ist die Astronomie? Menschen haben schon immer den Himmel beobachtet und auch früh entdeckt, dass die periodischen Vorgänge als Grundlage für Zeitmessungen genutzt werden können. Dafür ist es allerdings unerheblich, wie groß die Himmelskörper sind und welchen Abstand sie von uns haben. Dank langer Beobachtungsreihen konnten die „Chaldäer“ Perioden mit lange unübertroffener Genauigkeit ermitteln und damit die Positionen der Planeten berechnen. (Die letzten Daten aus dieser Zeit sollen von der Cassini-Sonde ersetzt werden.) Im Weltbild blieben sie noch im Mythos gefangen. Orion in der Steinzeit? Schwäbische Alb Goseck, ca. 4900 v. Chr. Erst die ionischen Naturphilosophen begannen um 600 v.Chr. nach rationalen Ursachen zu fragen. Und legten so die Grundlagen unserer abendländischen Kultur! Angeregt durch den Meteoritenfall von Aegos Potamoi 467 v.Chr., lehrte der Naturphilosoph Anaxagoras (500-428 v.Chr.) in Athen, dass die Sonne ein rotglühender Steinball von der Größe des Peloponnes sei (damit etwa 20000 km entfernt von der Erde). Dies führte zu einer Anklage wegen Gottlosigkeit! B.P. 2005 Mondkalender ??? Homo Erectus 370000 v.Chr. Thüringen Nebra, ca. 1600 v. Chr. 36 Dekan-Gestirne zur Zeitmessung Das Weltbild der Griechen Die babylonischen Priesterastronomen (wie Nabu-Rimannu und Kidinnu) bestimmten die Planetenpositionen durch algebraische Reihen unabhängig von einem Modell der räumlichen Anordnung. Die griechischen Astronomen verwandten geometrische Modelle unterschiedlicher Komplexität als Grundlage sowohl des physikalischen Weltbildes nach Aristoteles als auch der mathematischen Modelle zur Berechnung der Positionen. Das führte dann unweigerlich zur Frage der Abstände und Größen! B.P. B.P.2005 2005 Aristarchos Bestimmung der Entfernung zu Mond und Sonne Die ältesten (überlieferten) Entfernungsmessungen wurden von Aristarchos von Samos (ca. 310 – 230 v.Chr.) beschrieben: Aristarchos erhielt aus der Dauer von Mondfinsternissen als Entfernung zum Mond 60 Erdradien (ca. 380000 km). Die Idee zur Messung der Entfernung der Sonne ist genial einfach, doch messtechnisch kaum zu realisieren. Ergebnisse: • 20 mal Entfernung Mond (Faktor 20 zu klein) • Durchmesser Sonne 20 mal Mond, 7 mal Erde Selbst damit Sonne ca. 250 mal Volumen der Erde: • Sonne größter Körper • Seit Anaxagoras bekannt, dass nur Sonne selbst leuchtet α bei Aristarchos ca. 87° (Überliefert durch Archimedes im Sandrechner) statt 89° 50'. α Anstoß zu Aristarchos heliozentrischem System? Posidonius von Apamea schätzte um 90 v.Chr. den Abstand Sonne-Erde zu ca. 63 Mill. km. Der viel zu kleine Wert für den Abstand zur Sonne wurde erst ca. 2000 Jahre später verbessert! B.P. B.P.2005 2005 Hipparchos Bestimmung der Mondentfernung durch Parallaxenmessung Sonnenfinsternis 14.3.190 v.Chr. Bei einer totalen Sonnenfinsternis am Hellespont beobachtete man, dass in Alexandria 20% der Sonne sichtbar blieb, bei einem Durchmesser von ca. 30‘ entspricht dies etwa 6‘. Hipparchos bestimmte daraus die Entfernung zu 62 bis 73 Erdradien. Byzantion (ca. 394000 bis 464000 km) Bitte merken für später: Bei etwa 1000 km Basislänge zeigen Objekte in Mondentfernung eine Parallaxe von etwa 6 Bogenminuten. 11.8.1999 B.P. 2005 Alexandria Alternativ: 20.11.129 v.Chr. Hipparchos, Über Größen und Entfernungen, überliefert in Pappos, Kommentar zum Almagest Die Entfernungen wurden relativ bestimmt • Mondentfernung in Einheiten von Erddurchmessern • Sonnenentfernung relativ zur Mondentfernung Messung des Erdumfangs in absoluten Einheiten erforderlich! Erathostenes wusste damit aber, dass die Sonne weit entfernt ist und somit die Sonnenstrahlen quasi parallel auf die (kugelförmige) Erde treffen. Anmerkung: Historiker sind sich nicht einig, wie ein “Stadium” in Meter umzurechnen ist. Es kann auch zeitliche und örtliche Änderungen gegeben haben. Wenn man ein Stadium zu 159 m rechnet, ergibt sich ein Erdumfang von 39750 km. Posidonius verwandte ein analoges Verfahren mit dem Stern Canopus von Rhodos und Alexandria aus beobachtet. Sein Winkel war falsch und die Entfernung Rhodos-Alexandria schlecht bekannt. Er erhielt einen zu kleinen Wert. Vorschau: Eine chinesische Bestimmung des Erdumfangs von 725 AD werde ich am 16.5.2006 vorstellen. B.P. 2005 Räumliche Anordnung und Entfernungen der Planeten Die Abfolge der Planeten wurde nach den Umlaufperioden festgelegt. In der „ Planetenhypothese“ (Hypotheseis ton planomenon) macht Ptolemäus die Annahme, dass die Epizykeln die Dicke der Sphären bestimmen und die Sphären direkt aneinander liegen (Horror Vacui). Tabelle aus Sacrobosco-Druck von 1516 Im Vergleich mit modernen Werten zwar eine kleine Welt, doch wesentlich größer als wir uns heute die mittelalterliche Welt vorstellen! Position von Merkur und Venus sind vertauscht. Antike Astronomen plazierten teilweise Merkur und Venus jenseits der Sonne, da sie nie einen Transit dieser Planeten vor der Sonnenscheibe beobachtet hatten. B.P. 2005 Im Vergleich mit modernen Werten zwar eine kleine Welt, doch wesentlich größer als wir uns heute die mittelalterliche Welt vorstellen! B.P. B.P.2005 2005 H.G. Thurm, Ingelheimer Wochenblatt, 20. Jahrgang, Nr. 45, 7.11.2002 Im Artikel wird noch erwähnt: „Es handelte sich um einen der berühmtesten Kometen der Neuzeit, der Anlass zu einer der wichtigsten astronomischen Erkenntnisse gewesen ist“. Doch welche Erkenntnis? Nach langer Suche in astronomieund astrologiegeschichtlichen Artikeln entstand mit die Idee zu diesem Vortrag. B.P. 2005 B. Pfeiffer, “Ein Pfauenschwantz am Himme?”, Mitteilungen 42:1 (2003) 9 © SkyMap Pro 9. Die Umwälzungen im 15. - 17. Jahrhundert Bis zum Ende des Mittelalters gab es keinen Fortschritt! Europa begnügte sich damit, neben römischer Sekundärliteratur (z.B. „Phainomena“ des Aratos kommentiert von Germanicus) einige Lehrbücher aus der Zeit um 1200, die in Spanien auf der Basis von Übersetzungen aus dem Arabischen entstanden waren, abzuschreiben und höchstens neu zu kommentieren. Statt eigener Beobachtungen verwandte man Tabellen, die alle auf dem Almagest beruhten, wie die Alfonsinischen Tafeln von ca. 1265. Das stark bedrängte Byzanz nahm zu Beginn des 15. Jahrhunderts Kontakt Aratea, ca. 840 (Leidener MS) zur „lateinischen“ Christenheit auf. Kaiser Johannes VIII Palaiologos nahm System des Herakleides von Pontus mit großem Gefolge am Konzil von Ferrara/Florenz 1439 teil. Darunter waren viele Gelehrte (mit Reiselektüre) wie Bessarion, der später Peurbach/ Regiomontanus mit einem Kommentar zum Almagest beauftragte: „Epitome in Ptolemai Almagestum“ Ein wahrer Pisa-Schock für das mittelalterliche Europa! Danach konnte man zurück zu den Quellen, den griechischen Urtexten, statt nur aus (vorzüglichen) arabischen Übersetzungen hergeleitete lateinische Lehrbücher, wie das weitverbreitete „Libellum de sphaera“ von Sacrobosco oder „Theoricae Planetarum“ von Gerard von Cremona zu benutzen. Kopernikus dagegen hat keine Bedeutung für Entfernungen. Innerhalb des Planetensystems übernahm er die Angaben aus der „Planetenhypothese“: Sonne 1142 Erdradien entfernt. Zur Erklärung der fehlenden Parallaxe musste er einen sehr großen Abstand zur Fixsternsphäre postulieren, mindestens 7,5 Mill. Erdradien. Nur wenige Zeitgenossen konnten das akzeptieren. B.P. 2005 Epitome, Venedig 1496 Entfernungen bei Ptolemaeus und Kopernikus Owen Gingerich: „From Aristarchus to Copernicus“ Sky & Telescope 66 (1983) 410 B.P. 2005 Ein essentieller Mainzer Beitrag – die Buchdruckkunst Die wieder zugänglichen antiken Werke hätten ihre Wirkung nicht entfalten können, wenn sie weiterhin mühsam abgeschrieben worden wären. Sternbild „Officina Typographica“ Gutenbergs Erfindung des Druckes mit beweglichen Lettern ermöglichte es, zu günstigen Preisen hohe Auflagen qualitativ hochwertiger Kopien zu erstellen. [Das erschwerte auch die Unterdrückung unliebsamer Ideen!] Kalender und Tabellen astronomisch/astrologischen Inhalts zählen zu den frühesten Erzeugnissen aus Mainzer Druckereien. Aderlasskalender für 1457 Johannes Regiomontanus war der erste Astronom, der 1470 eine Druckerwerkstatt in Nürnberg einrichtete. Als erstes Werk druckte er das Lehrbuch „Theoricae novae Planetarum“ seines Lehrers Peurbach. Auf dem Weg nach Rom (wo er 1476 verstarb) gab er in Venedig noch die „Ephemeriden“ heraus, die auch Kolumbus auf seinen Reisen mitführte. Seit etwa 1500 wurden alle bedeutenden astronomischen Werke (seien es antike oder die schnell wachsende Zahl neuer Bücher) in kurzer Zeit an vielen Orten aufgelegt. B.P. 2005 Web-Page zum Sternbild „Officina Typographica“: http://www.kernchemie.uni-mainz.de/~pfeiffer/officina.htm „Ephemerides astromomicae“ Johannes Regiomontanus Kometen und die Autorität des Aristoteles Nach Aristoteles waren Kometen (Haarsterne) und Meteore (gleicher Wortstamm wie Meteorologie) atmosphärische Erscheinungen, also sublunar. Dann müsste allerdings eine Parallaxe zu messen sein, sei es die tägliche Parallaxe an einem Ort oder gleichzeitige Positionsbestimmungen an weit auseinander liegenden Orten (wie bei der Sonnenfinsternis des Hipparchos). Schon Regiomontanus sammelte zu diesem Zweck Beobachtungen am Großen Kometen von 1472 (C/1471 Y1). Kometen als böses Omen Die posthume Auswertung ergab 8000 Meilen Entfernung , in Übereinstimmung mit Aristoteles. In Europa gab es allerdings keine Tradition astronomischer Beobachtungen. Die Instrumente waren oft nur grobe Holzstöcke (Jakobsstab), die keine Präzisionsmessungen erlaubten (Genauigkeit 30‘, bestenfalls 15‘). In der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts begeisterten sich neben Gelehrten auch Fürsten für die Himmelsbeobach- Älteste Aufzeichnung einer Kometenbahn tung, die mit den nötigen Mitteln versehen die EntwickToscanelli 1449/50 lung neuer Instrumente vorantrieben, wie Landgraf Wilhelm IV von Hessen-Kassel. [Auf seine Fürsprache hin erhielt Tycho Brahe die Insel Hven als Lehen. Dadurch konnte Brahe seine Observatorien (Uraniborg und Stjerneborg) errichten.] Su Songs Klepsydra ca. 1088 A.D. B.P. 2005 In China dagegen wurde die Astrologie schon immer vom Staat gefördert. Erwähnenswert ist auch das große Observatorium, das Khan Ulugh Beg 1428 in Samarkand baute. Mehr zu Uhren am 16.5.2006 P. Apian 1532 Die Großen Kometen 1577 bis 1618 Bei der SN1572 fand Tycho Brahe keine Bewegung relativ zu den Sternen (De Nova et Nullius Aevi Memoria Prius Visa Stella, 1573). Also konnte es keine atmosphärische Erscheinung sein, sondern musste Teil der als auf ewig unveränderlich erachteten Sternensphäre sein. Ein eklatanter Gegensatz zur Aristotelischen Physik. Anmerkung: Tychos SN war vom Typ SN1a und hat eine Entfernung von ca. 9100 Lj. Bei seinen Reisen durch Deutschland ließ sich Tycho erste große Instrumente für sein neues Observatorium Uraniborg anfertigen, wie den rechts abgebildeten Sextanten mit einer Genauigkeit von etwa 1 Bogenminute. Als im November 1577 ein großer Komet erschien, konnte er recht präzise Messungen durchführen. Der große Komet von 1577 (C/1577 V1) war sehr lange sichtbar und wurde von vielen Astronomen beobachtet und es erschienen viele Abhandlungen. Aus der Nichtbeobachtung sowohl einer täglichen Parallaxe als auch einer Parallaxe aus simultanen Beobachtungen von weit entfernten Orten schloss Tycho Brahe, dass der Komet mehr als vierfache Mondentfernung hatte. Diese ersten Messungen wurden von vielen angezweifelt. Doch verbesserten sich die Ergebnisse mit jedem weiteren Kometen. Aus seinen Messungen am Kometen von 1585 schloss Wilhelm IV: „Ergo ist das fundamentum Philosophicum nichtig, das die Cometen in summa Regione Aeris infra circulos Lunae sollten generirt werden.“ B.P. 2005 Augsburg, ca. 1570 Tychos Beobachtungen von 1577 Im Gegensatz zu den antiken Astronomen, deren Werke allerhöchstens bruchstückhaft auf verschlungenen Wegen auf uns kamen, kennen wir von Tycho und seinen Zeitgenossen sogar handschriftliche Aufzeichnungen. B.P. 2005 Das Tychonische System Quasi als Anhang an die Beobachtungen der Kometen von 1577 und 1585 veröffentlichte Tycho Brahe sein alternatives Geo-Heliozentrisches System: De Mundi Aetherei Recentioribus Phaenomenis (Uraniborg 1588) Brahe beschreibt die Kometenbahn als „nicht exakt kreisförmig, wie ein Oval“. Die erste Abkehr vom Dogma der Kreisbahnen. Riccioli, SJ: Almagestum Novum, Bologna 1651 Es ähnelt der „Ägyptischen Hypothese“, die schon in der Antike vertreten wurde (Herakleides von Pontus). (Eine weitere Variante, in der sich die Erde um ihre Achse dreht, wurde zeitgleich von Baer vorgeschlagen.) Diese Modelle wurden von den meisten Gelehrten dem Kopernikanischen System vorgezogen, insbesondere verbreiteten die Jesuiten dieses System. Die historische Bedeutung liegt in einer „Brückenfunktion“, sie erleichterte vielen Gelehrten im Verlauf des 17. Jahrhunderts den endgültigen Übergang zum Heliozentrischen System. Galilei erwähnt dieses System nie (wie er auch gegen die Ellipsenbahnen war). Das Ptolemaische System war längst „aus der Mode“ als Galilei es dem Kopernikanischen gegenüberstellte. B.P. 2005 Langlebigkeit „falscher“ Theorien Wie bereits erwähnt, verbreiteten insbesondere die Jesuiten das Tychonische Modell (das auch viele Beobachtungen erklären kann). Die Abbildung rechts ist einem Lehrbuch der Artistenfakultät der Uni. Mainz entnommen. Diese unter dem Einfluss der Jesuiten stehende Periode soll mit die dunkelste in der Universitätsgeschichte sein (geprägt von „finsterem mönchischen Geist“). Die Reform von 1784 im Geist der Aufklärung kam zu spät. Jesuiten vermittelten die „europäische“ Astronomie auch ins Reich der Mitte. Sie vermieden es, die Ideen des Kopernikus zu lehren. Noch bis ins 19. Jahrhundert lehrte man in China das Tychonische Modell. Lehrbuch eines unbekannten Jesuiten, gedruckt 1747 Stadtbibliothek Mainz Es soll Hinweise darauf geben, dass die Jesuiten in China/Japan im Gegensatz zu Europa doch das Kopernikanische Modell vorstellten? B.P. 2005 „Wahrung der Erscheinungen“ Benedetto Castelli, ein ehemaliger Student Galileis, bemerkte, dass die Phasen der Venus zur Falsifizierung des Ptolemaischen System genutzt werden können, da Venus nie als Vollscheibe beobachtet werden könnte. Galilei beobachtete dann im Winter 1610 die Phasen der Venus (ohne die Anregung Castellis zu würdigen). Obwohl dies das Ptolemaische System widerlegt, ist es allein genommen kein Beweis für das Kopernikanische, da auch das Tychonische diese Beobachtung beschreibt. Abb. aus K. Ferguson: Das Maß der Unendlichkeit B.P. 2005 Zweifel an der Autorität des Aristoteles Der neue Stern, Kometen jenseits der Mondbahn, Gebirge auf dem Mond, Flecken auf der Sonne widersprachen den Lehren des Aristoteles. Diese Thesen waren von der Kirche zur Richtschnur erklärt worden, u.a. da Thomas von Aquin das Dogmengebäude (insbesondere die Transsubstantiationslehre) mit auf die Kommentare zu Aristoteles des Toledaner Kadi Mohammed ibn Roshd (1126-1198) gegründet hatte. Aristoteles Autorität anzuzweifeln wurde gefährlich, es konnte einem recht heiß werden! Giordano Bruno (1548-1600) lehnte sich gleich gegen 3 „Zwingburgen“ auf: Die Aristotelische Physik, das Ptolemäische Weltbild und Dogmen Nikolaus Cusanus folgend forderte er, dass wir „…statt der vielen Hohlkugeln und so vieler deferierender Bewegungen nur einen einzigen Raum kennen, in dem sowohl der Stern, den wir bewohnen, als auch alle übrigen ihre Kreise und Bahnen vollenden. Das ist das unendliche All, der allumfassende Himmel.“ Und „Die Annahme eines Ersten Beweglichen nebst 6, 8, 9 oder mehr Sphären, in denen die Sterne eingelassen, festgenagelt oder eingeCampo dei Fiori zapft sein sollen, muss beseitigt werden.“ 17.2.1600† Dell' infinito universo e dei mondi, Giordano Bruno, 1584 Auch sein Kampf gegen die Astrologie, der „Knechtschaft der orientalischen Sterngötter“, gespeist aus pantheistischen Anschauungen, machte ihm keine Freunde. B.P. 2005 Was machte die „Sprengkraft“ der Kometenentfernungen aus? Die Kometen rasen quer durch alle Kristallsphären des Aristoteles! Apianus, Cosmographia (1524) Die Kristallsphären hatten eine doppelte Funktion, • zum einen führten sie die Planeten auf den Kreisbahnen und • zum andern dienten sie als Mechanismus, der die Bewegungen quasi als Uhrwerk von der 9. Sphäre des „Ersten Bewegers“ (eine Erscheinungsform Gottes) auf die inneren Sphären überträgt. Damit hatten z.B. „gelehrte“ Astrologen eine Beziehung zwischen der göttlichen Ordnung und Planetenkonstellationen konstruiert, die die Astrologie mit den Lehren der Kirche vereinbar machen sollte. Das erste Problem wurde durch Newtons Gravitationsgesetz gelöst, die „gelehrte Astrologie“ ging im Zeitalter der Aufklärung unter und es blieben nur Geheimbündler und Scharlatane übrig. B.P. 2005 Kometen und der Fall Galilei? Der Professor für Mathematik am Collegium Romanum, Orazio Grassi, S.J. (alias Lothario Sarsi) hatte aus Messungen am Großen Kometen C/1618 W1, die Jesuiten an vielen Orten vorgenommen hatten, klar die „translunaren“ Bahnen bewiesen. Aus unklaren Beweggründen heraus veranlasste Galilei einen seiner Studenten (Mario Giuducci) dagegen zu polemisieren und die alte Aristotelische Ansicht zu vertreten. (Kepler sah darin einen Affront gegen seinen Mentor Tycho Brahe, der die ersten Hinweise geliefert hatte.) Grassi revanchierte sich (höchstwahrscheinlich) mit einer Anzeige bei der Inquisition: • nicht wegen astronomischer Thesen sondern • Lutherischer Häresie in der Eucharistielehre: Konzil von Trient: Sessio XIII, Canon II Im „Saggiatore“ vertrat Galilei eine Theorie der Materie, die an Demokrits Atomlehre erinnerte und im Gegensatz zum Aristotelischen Substanzbegriff stand, der die Basis der Transsubstantiationslehre bildete, die im o.a. Kanon gegen Luther bekräftigt wurde. Vor einigen Jahren fand man diese Anzeige in den Akten der Inquisition. Dieser Vorwurf wurde bis heute nicht verhandelt. Einige Historiker vermuten, dass die Kirche auch deshalb Galilei noch immer nicht voll rehabillitiert hat. B.P. 2005 ….mirabilem illam et singularem conversionem totius substantiae panis in corpus et totius substantiae vini in sanguinem, manentibus dumtaxat speciebus panis et vini. Conc. Oecum. Trid., Sessio XIII, Canones II, 11 octobris 1551 Die Sessio XIII bestätigte die katholische Eucharistielehre der Transsubstantiation. Die verschiedenen reformatorischen Auslegungen werden explizit verworfen: • Canones I - Zwingli • Canones II - Luther • Canones III - Calvin Dies galt als „heilsnotwendig“. Galilei wäre bei dieser Anklage nicht mit Hausarrest davongekommen. Dank des „Schauprozesses“ wegen Kopernikanismus konnte Galilei seine Forschungen fortführen, die die Mechanik entgegen den alten Vorstellungen Aristoteles auf neue Grundlagen stellten und die Arbeiten Newtons vorbereiteten. Sein Hauptwerk wurde von Freunden nach Holland geschmuggelt und in Leiden 1638 von Elsevier publiziert. B.P. 2005 Keplersche Gesetze In „Mysterium Cosmographicum“ (1596) zeigt Kepler rechte Abbildung, die die Vorstellungen der vergangenen 2000 Jahre zeigt. Abstände der Planeten werden durch Epizykeln festgelegt. Kepler versuchte im gleichen Werk mit geringem Erfolg, die Abstände durch ineinander verschachtelte Platonische Körper zu erhalten. Platonische Körper Nach dem Tod Brahes verwandte Kepler dessen präzise Marsdaten, um seine Gesetze der Planetenbahnen abzuleiten (heute 1. und 2. Keplersches Gesetz): „Astronomia Nova“, Anno aerae Dionysianae 1609 B.P. 2005 Tycho hatte jahrelange Beobachtungen durchgeführt um die Parallaxe des Mars zu messen, da Mars im Kopernikanischen System der Erde näher kommt als im Ptolemaischen. 3. Keplersches Gesetz Kepler war im Gefolge von Pythagoras/Plato überzeugt, dass Gott (als Architekt) für die Planetenbahnen harmonische Proportionen wählte, und betrachtete das Auffinden dieser mathematischen Regeln als eine Art Gottesdienst. In „Harmonici Mundi“ (1619) nahm er seine frühen Überlegungen wieder auf und fand nach langem Probieren einen Zusammenhang zwischen Halbachsen und Perioden der Planeten. Die neue Gesetzmäßigkeit galt auch für die gerade erst von Galilei entdeckten Monde des Jupiter. Die physikalische Ableitung der Keplerschen Gesetze gelang Isaak Newton 1687. Bible Moralisée 13. Jahrhundert Betrag Gravitationsfeldstärke = Betrag Zentripetalbeschleunigung Damit waren die relativen Abstände im Sonnensystem bekannt, denn die Perioden hatten schon die Chaldäer bestimmt. Für absolute Entfernungen muss jedoch mindestens ein Abstand hinreichend genaugemessen werden. (Ptolemäus war um einen Faktor 20 zu klein.) Um Kepler die umfangreichen Berechnungen für die „Rudolfinischen Tafeln“ zu erleichtern, erfand Wilhelm Schickard in Tübingen 1623 eine Rechenmaschine, die jedoch kurz vor ihrer Vollendung verbrannte. Die Astronomie hat schon immer die Mathematik vorangetrieben! B.P. 2005 Interstellares Intermezzo: Entfernung zum Sirius im 17. Jahrhundert Im 17. Jahrhundert waren die meisten Astronomen überzeugt, dass unsere Sonne auch nur ein Stern ist. Man wusste allerdings nicht, was ein Stern eigentlich ist, insbesondere war unklar, ob/weshalb Sterne verschieden hell sind. Eine Annahme war, dass alle Sterne gleiche (intrinsische) Helligkeit haben, der Unterschied also durch die Entfernungen bedingt wird. • Christiaan Huygens beobachtete die Sonne durch verschiedene Lochblenden und bestimmte die Entfernung zum Sirius zu 27664 AE (≈ ½ LJ). Veröffentlicht 1698. • James Gregory verglich die Helligkeit des Sirius mit Jupiter und erhielt eine Entfernung von 83190 AE (≈ 1¼ LJ). Geometriae pars universalis 1668 • Isaac Newton verwandte 1686 den Saturn. Mit weiteren Annahmen über das von Saturn rückgestrahlte Sonnenlicht (den Albedo) fand er 1 Mill. AE (≈16 LJ). Posthum publiziert 1730 in System of the World. Damit ergab sich allerdings, dass eine eventuelle jährliche Parallaxe der Fixsterne sehr klein sein muss (etwa in der Größenordnung von Winkelsekunden). Viel zu klein für die damaligen (und erst recht den antiken) Messinstrumenten! Im 18. Jahrhundert wurden diese Messungen wieder aufgenommen, so von Pierre Boudet und Rev. John Michell (der 1784 schon Schwarze Löcher vorhersagte). 1 LJ entspricht 63000 AE Mit den modernen Kenntnissen der intrinsischen Helligkeiten folgt für Huygens Werte ein Abstand von 5 LJ statt 8,6 LJ. Alle Achtung! B.P. 2005 Bestimmungen der AE Ende des 17. Jahrhunderts Die geringe Entfernung des Mars zur Opposition am 9.9.1672 wurde auf 2 Arten genutzt: •G.D. Cassini und J. Richer beobachteten den Mars gleichzeitig von Paris und Cayenne aus, um eine große Basislinie zu erreichen. Marsopposition 9.9.1672 •J. Flamsteed nutzte den praktischen Stillstand am 6.10., um die tägliche Parallaxe ohne Eigenbewegung messen zu können. „Stillstand“ am 6.10. inmitten heller Sterne Aus diesen Messungen ergab sich die erste präzise Bestimmung der AE zu 139 Mill. km. B.P. 2005 Endlichkeit der Lichtgeschwindigkeit Ole Roemer bemerkte 1676 in Paris, dass das Auftauchen der Monde aus dem Jupiterschatten von der Entfernung zum Jupiter abhängt, für 2 AE etwa 20 Minuten Differenz. 1672 hatten Cassini-Richer mit einer Marsparallaxen-Messung mit der Basis Paris-Cayenne die AE zu 138 Mill. km bestimmt. Daraus ergab sich die Lichtgeschwindigkeit zu c ≈ 250000 km/s Dieses Ergebnis fand jedoch keine allgemeine Anerkennung! Damit waren Entfernung und Lichtlaufzeit von einem Objekt miteinander verbunden (Rückschauzeit). Das Objekt musste dann aber auch ein Alter zumindest der Laufzeit haben. Für religiös verankerte Wissenschaftler konnte es je nach Auslegung der Genesis Probleme geben. James Bradley entdeckte 1728 bei der Suche nach der Parallaxe die Aberration, den ersten experimentellen Beweis für die Bewegung der Erde. Neben einem genaueren Wert für die Lichtgeschwindigkeit fand er keine Parallaxe für γ Draconis, d.h. die Fixsterne haben Entfernungen größer als 400000 AE (≈6,3 LJ). B.P. 2005 HIPPARCOS: γ Dra Parallaxe 0.022‘ ≡ (148 ± 3) LJ Venustransits und die Astronomische Einheit (AE) Aus der Antike liegen keine Berichte über Transits von Merkur oder Venus vor. Manche Astronomen nahmen daher an, dass diese beiden Planeten jenseits der Sonne liegen. Erste Beobachtungen erfolgten erst nach Erfindung des Teleskops. J. Kepler sagte mit seinen Rudolfinischen Tafeln zwei Transits voraus: •P. Gassendi konnte den Merkurtransit am 7.11.1631 beobachten, der Venustransit am 6.12. war in Paris nicht sichtbar. •Der Venustransit 8 Jahre später am 4.12.1639 (24.11. Julianisch) wurde von J. Horrox vorausberechnet und von ihm und seinem Freund W. Crabtree dann beobachtet. Die Kenntnis der Venusbahn wurde erheblich verbessert. Die AE wurde von Horrox zu 96 Mill. km abgeschätzt . Horrocks Gesetz: Alle Planeten außer Mars erscheinen von der Sonne aus unter 28”. AE dann ca. 15000 Planetenradien oder 96 Mill. km. Nachdem E. Halley am 7.11.1677 auf St. Helena als erster einen kompletten Merkurtransit beobachten konnte, schlug er zur Bestimmung der AE Beobachtungen der Venustransits 1761/9 von weit entfernten Positionen vor (ebenfalls nach Anregung von James Gregory): A new Method of determining the Parallax of the Sun, or his Distance of the Earth Phil. Trans. XXIX (1716) 454 Alle bedeutenden europäischen Staaten sandten Expeditionen in die ganze Welt aus. Die Expeditionen sollten sogar von den Kriegshandlungen im Rahmen des Siebenjährigen Krieges ausgenommen werden (teilweise nur ein frommer Wunsch). Am 6. Juni 1761 beobachteten dann fast 200 Astronomen an 120 Orten. Die Astronomie wurde damit die erste „globale“ Wissenschaft, die nationenübergreifend koordinierte Messkampagnen durchführte. B.P. 2005 Venustransit 24.11.1639 (julianisch) Schon früh verwandten Astronomen zur Sonnenbeobachtung die Camera Obscura (Lochkamera). Mit einem Teleskop konnten auch Transits von Venus und Merkur beobachtet werden. Horrocks konnte nur einen Teil des Transits beobachten, da er zwischendurch seinen Pflichten als Pfarrer nachkommen musste. Crabtree (16101644) musste lange auf eine Wolkenlücke warten. Der Tuchhändler William Crabtree 1639 in Manchester Horrox verwandte die „Tabulae motum coelestum“ von Philip von Lansberge. Er lehnte die elliptischen Bahnen ab und seine Tafeln sollten Kopernikus gegen Kepler unterstützen. Seine Voraussage war besser als diejenige nach Keplers Tafeln, trotzdem bewegen sich die Planeten auf Ellipsenbahnen. B.P. 2005 Philip von Lansberge (1561-1632) „Tabulae motum coelestium“ 1632 ? Lansberge sagte im Gegensatz zu Kepler den Venustransit 1639 voraus. Horrox stützte seine Berechnungen auf diese Tafeln ergänzt durch eigene Beobachtungen. Anmerkung: Owen Gingerich schrieb ein Computer-Programm nach den Rudolfinischen Tafeln und findet einen Venustransit etwa 9 Stunden früher als beobachtet. Kepler (†1630) bestimmte die Ephemeriden nur bis 1636. Seit 250 Jahren kopieren Historiker die Behauptung, Keplers Tafeln wären zu ungenau gewesen. Es sei anzumerken, dass Lansberge das heliozentrische System akzeptierte, jedoch nicht Keplers Ellipsen. B.P. 2005 James Cooks 1. Forschungsreise 1768 - 1771 Bekannt ist die Beobachtung des Venustransits am 3. Juni 1769 auf Tahiti, die allerdings auch nicht die erhoffte Genauigkeit erreichte. Bedingt durch den „Schwarzen Tropfen“ wichen die Zeiten dreier Beobachter stark voneinander ab. Allerdings war dies nicht die Hauptaufgabe der Reise. So sollte endlich die Frage nach der Existenz des von den antiken Geografen als „Gegengewicht“ zu Eurasia hypothetisierten Kontinents „Terra Australis Incognita“ geklärt werden, der auf vielen Karten verzeichnet war. Allerdings war zumindest der Nordteil des heutigen Australien den Chinesen schon seit Jahrhunderten bekannt. Der Venezianer N. da Conta war um 1420 mit einer chinesischen Flotte dort und hatte die Serenissima, den Vatikan und Portugals Kronprinzen (?) informiert. K1: Kendalls Kopie der H4 Getestet auf Cooks 2. Reise Essentiell für lange Seefahrten waren weitere Untersuchungen: •Methoden zur Bestimmung der Position, insbesondere der geographischen Länge. •Maßnahmen gegen Skorbud (Vitamine): - Sauerkraut - Zitronensaft (Trotzdem kehrte nur die halbe Mannschaft zurück!) B.P. 2005 Benjamin Martins Wandkarte zur Veranschaulichung des Transits in einem Londoner Gasthaus 1769 Bedingt durch die Atmosphäre der Venus und den „Schwarze Tropfen Effekt“ wichen die Beobachtungszeiten um bis zu 42 Sekunden voneinander ab. Observations made by appointment of the Royal Society at King George's Island in the South Sea by Mr. Charles Green, formerly assistant at the Royal Observatory at Greenwich, and Lieutenant James Cook of His Majesty's ship the Endeavour. B.P. 2005 Philosophical Transactions of the Royal Society, Vol. 61, p. 410, 1771. Moderne AE Bestimmungen •Die Venusdurchgänge erfüllten letztendlich nicht die in sie gestellten Erwartungen. •Die genauesten optischen Messungen wurden 1941 am 1898 entdeckten Amor-Asteroiden (433) Eros durchgeführt. (433) Eros von NEAR fotografiert Die genauesten Messungen lieferten Radar-Reflexe an Planeten: 149.597.836 km. Die AE wurde auf 149,6 Mill. km festgelegt. B.P. 2005 Sonnenparallaxe und Astronomische Einheit Die Angabe der Entfernung Sonne-Erde als Parallaxe statt km in der gerade gezeigten Tabelle ist historisch zu sehen. Im Almagest wurde die Parallaxe zu 3‘ (Bogenminuten) = 180“ (Bogensekunden) angenommen, entsprechend den Messungen von Aristarchus/ Hipparchus, die einen um den Faktor 20 zu geringen Abstand fanden (ca. 8 Mill. km). Dieser Wert hatte Bestand durch das ganze Mittelalter, auch Kopernikus arbeitete damit. Johannes Kepler z.B. vermutete, dass er zu groß sei und verwandte einfach 1,5‘. Parallax Earth-Sun Distance AU 8.00000'' 164,448,000 km 8.50000'' 154,775,000 km 8.60000'' 152,975,000 km 8.70000'' 151,217,000 km 8.79415'' 149,597,836 km 8.80000'' 149,498,000 km 8.90000'' 147,819,000 km 9.00000'' 146,176,000 km 9.50000'' 138,483,000 km 10.0000'' 131,559,000 km 10.5000'' 125,294,000 km Mit den zur Verfügung stehenden Instrumenten war keine Messung der Sonnenparallaxe möglich. Der viel nähere Mond hat eine (tägliche) Parallaxe von 58‘, die auch mit einfachen Instrumenten messbar ist. Die Nichtbeobachtung am neuen Stern von 1572 und am Kometen von 1577 zeigte, dass sich diese Phänomene jenseits des Mondes abspielten. B.P. 2005 Amateuraufnahmen der letzten Transits von Vereinsmitgliedern Ort: Paul-Baumann-Sternwarte Klein-Winternheim Merkur Sonnenflecken Venustransit 8. Juni 2004 Aufnahme P. Kirchgessner Im Rahmen eines internationalen Programms ergaben 4550 Kontaktzeiten von 1510 Beobachtern als Wert der Astronomischen Einheit 1 AU = (149.608.708 ± 11.835) km, 10.838 km mehr als der Wert aus Radarmessungen. Merkurtransit am 7. Mai 2003 Aufnahme U. Rieth B.P. 2005 Philosophisches Intermezzo Um 1750 gab es weit verbreitete Spekulationen über ein sehr großes oder sogar unendliches Universum, wie Thomas Wrights An Original Theory or New Hypothesis of the Universe. Er stützt sich auf die Entfernungsmessungen zum Sirius und gibt (in der Tradition der Zeit) Flugzeiten für Kanonenkugeln, Adler und Seelen, sieht jedoch interstellare Reisen sehr skeptisch: „We can hardly conceive, how any Being can pass from Syrius to the Sun, by natural Laws in their proper State.“ Immanuel Kant las eine Rezension dieses Werkes und verarbeitete sie 1755 in seiner „Allgemeinen Naturgeschichte“, in der er von einem unendlichen, ewigen Universum ausgeht (mit bewohnten Welten). Wenig Resonanz erhielt W. Herschel, der 1800/2 die Reichweite seiner Großteleskope abschätzte und vermutete, Nebel in 2 Mill. LJ Entfernung sehen zu können. Da damit das biblische Weltalter von 6000 Jahren bei weitem übertroffen wurde, ignorierten klerikal gebundene Astronomen diese Vorstellung. Selbst Geologen und Darwin, die eine „uralte“ Erde postulierten, bezogen sich anscheinend nicht darauf. B.P. 2005 B.P. 2005 Hypothese der Inselwelten Immanuel Kant Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels oder Versuch von der Verfassung und dem mechanischen Ursprung des ganzen Weltgebäudes nach Newtonischen Grundsätzen abgehandelt Königsberg, 1755 (Anonym) „…werden nicht mehr Sonnensystemata , und so reden, mehr Milchstrassen entstanden sein, die in dem grenzenlosen Felde des Weltraums erzeuget worden? Wir haben mit Erstaunen Figuren am Himmel erblickt, welche nicht anders, als solche auf einen gemeinschaftlichen Plan beschränkte Fixsternensystemata, solche Milchstrassen, wenn ich mich so ausdrücken darf, sind, die in verschiedenen Stellungen gegen das Auge, mit einem, ihrem unendlichen Abstande gemäß geschwächten Schimmer, elliptische Gestalten darstellen;….“ Zweiter Theil. Siebentes Hauptstück: „Von der Schöpfung im ganzen Umfange ihrer Unendlichkeit, sowohl dem Raume, als der Zeit nach“ Der Begriff „Weltinseln“ wurde 1850 von Alexander von Humboldt geprägt. B.P. 2005 Aberration des Sternlichts • Seit der Antike Suche nach der Parallaxe der Fixsterne. • 1669 beobachtete R. Hooke an γ Draconis eine kleine Verschiebung. • Deshalb baute er ein Zenit-Teleskop in ein Londoner Monument ein. • Zur Überprüfung baute Bradley ein Teleskop in sein Haus ein. • Er fand 1725 eine jährliche Ellipsenbewegung, die er 1728 als Aberration des Sternlichts erkannte. Monument to the Great Fire of London Samuel Molyneux verband sich mit Bradley, um Hookes Beobachtung zu wiederholen. Auch sie bauten ein verbessertes Zenitteleskop in ein Haus ein, befestigt am Kamin. Sie wählten einen Stern im Zenit, um dem Problem der Beugung in der Atmosphäre zu entgehen. Der Stern γ Draconis steht auf der Breite von London im Zenit. B.P. 2005 Parallaxe - „Experimentis crucis“ für heliozentrisches System Die Entdeckung der Aberration bewies, dass die Erde sich um die Sonne bewegt! Damit mussten die Fixsterne eine jährliche Parallaxe zeigen, einen Effekt, den die Astronomen seit Aristarchus vergeblich gesucht hatten. Jedoch waren sehr kleine Winkeldifferenzen zu messen, die die Fortentwicklung der Techniken weit über den Stand von 1728 erforderten, und das auf allen Gebieten. • Der kleine Effekt erfordert Winkelabstände zu fernen Sternen, die keine Parallaxe aufweisen. Beim Aufstellen von Katalogen enger Sternpaare erkannte man bald, dass viele Paare tatsächlich umeinander kreisende Doppelsterne sind, damit nicht geeignet für Parallaxenmessung. • Alle Einflüsse auf die Position der Sterne müssen genau bekannt sein: • Refraktion in der Atmosphäre • Aberration • Nutation der Erdachse (Einfluss des Mondes). Auch von Bradley entdeckt. • Eigenbewegung • Verbesserung der Messapparaturen Im Laufe des 19. Jahrhunderts ergaben sich bedeutende Fortschritte sowohl in der Glasherstellung als auch in der Feinmechanik. Als Beispiel sei Fraunhofer genannt. Als die Zeit reif war, wurden innerhalb eins bis zwei Jahren unabhängig von drei Astronomen reproduzierbare Parallaxen von drei Sternen veröffentlicht! Die Katholische Kirche nahm „De revolutionibus…“ zu dieser Zeit vom Index. B.P. 2005 Trigonometrische Parallaxe von Fixsternen Mit von Fraunhofer gebauten Heliometern konnten F.G.W. Struve in Dorpat und F.W. Bessel 1838 die Parallaxen von Vega und 61Cyg messen. Gleichzeitig fand Thomas Henderson in Kapstadt mit α Cen den der Sonne nächsten Stern. Entscheidend war die Auswahl der Sterne, nicht die hellsten sondern diejenigen mit der größten Eigenbewegung. Moderne Werte: Vega 0,129 Bogensekunden 61 Cyg 0,287 α Cen 0,742 Unsere unmittelbare Nachbarschaft Königsberger Heliometer Fraunhofer 1826 B.P. 2005 Astrometrie 250 LJ um die Sonne Die Astrophysik hatte nach 1860 die klassische „Positionsastronomie“ – Astrometrie - in den Hintergrund verdrängt. Eine Wiederbelebung erfolgte mit dem (trotz falschem Orbit) außerordentlich erfolgreichen HIPPARCOS-Satelliten der ESA (1989-1993). Für ein nationales Folgeprojekt – DIVA – fanden sich im Bundesetat nicht mal etwa 40 Millionen DM, alles Geld wird für die ISS sinnlos verpulvert. Um 2010 will die ESA als Nachfolger den Satelliten GAIA starten, der Positionen, Parallaxen und Eigenbewegungen von etwa 1 Mrd. Sternen bis in große Entfernungen (mit geringerer Genauigkeit vielleicht bis zu den Magellanschen Wolken) bestimmen soll. 260000 Sterne Nebenbei soll er auch noch genauere Daten von Asteroiden bestimmen und von der Erde aus schwer beobachtbare Atens-Erdbahnkreuzer aufspüren. B.P. 2005 Periode-Leuchtkraft-Beziehung Henrietta Swan Leavitt (1868-1921) Bei dieser Arbeit entdeckte Leavitt 1912 die P-L-Beziehung, die in der Folgezeit der Ausgangspunkt für radikale Änderungen unserer Sicht des Kosmos werden sollte. Periode-Leuchtkraft Beziehung Min. / Max. Leuchtkraft Um 1900 befassten sich viele Astronomen mit veränderlichen Sternen. Da man keine physikalische Theorie hatte, untersuchte man möglichst viele Objekte und hoffte durch Aufstellen von Systematiken einer Erklärung näher zu kommen. Das Harvard-Observatorium hatte eine Außenstelle in Arequipa (Peru) mit Blick auf die Magellanschen Wolken. Die Photoplatten wurden in den USA von jungen (oft unbezahlten) Damen ausgewertet, von denen einige wenige als Astronomen Anerkennung fanden. Log. Periode in Tagen Es gibt keine nahen Cepheiden in der Milchstrasse. Selbst für den HIPPARCOS Satelitten waren nur einige gerade so mit großem Fehler messbar. Mit statistischen „Tricks“ lässt sich eine Eichung gewinnen. Mit dem geplanten GAIA Satelliten wird eine saubere Kalibrierung möglich sein B.P. 2005 Kalibration der Periode-Leuchtkraft-Beziehung durch Stromparallaxe Harlow Shapley gelang es als erstem eine halbwegs richtige Kalibration mit Hilfe der Eigenbewegung von Sternen in nahen Sternhaufen (wie den Hyaden) zu machen. Davor war Hertzsprung ein Komma verrückt, er erhielt 3000 LJ als Entfernung zur SMC. B.P. 2005 Was sind Nebel und wo sind sie? „Der Leviathan von Parsontown“ W. Parsons, Earl of Rosse, baute ein Spiegelteleskop von 72 Inch ø. Birr Castle, Irland (Wieder errichtet.) •Insel-Welten: Vermutung von Kant 1756 •W. Herschel meinte 1801, dass sie weit entfernt seien M51, Lord Rosse 1845: 1. Spiralnebel Rechts M51 und M99 (1850) •Die meisten Astronomen hielten sie für einen Teil unserer Milchstrasse, die das ganze Universum ist. •Darüber hinaus war man davon überzeugt, dass, wenn schon die Erde nicht mehr im Mittelpunkt steht, dann wenigstens unser Sonnensystem das Zentrum der Milchstrasse darstellt. Dieser alte „Geo“zentrismus wurde durch Herschels Sternstatistiken bestärkt. Harlow Shapley wandte die Per.-Leuchtkr.Beziehung auf 69 Kugelsternhaufen an und vermutete, dass das Zentrum der Galaxis in Richtung Sagittarius in recht großem Abstand liegt. B.P. 2005 PASP 30, 42 (1918) The Scale of the Universe William Ellery Hale Foundation, Washington, 26.4.1920 („Die große Debatte“) Harlow Shapley Bulletin of the National Research Council 2, pp. 171 – 217 (1921) H. Shapley: • Milchstrasse ca. 300.000 LJ • Sonnensystem ca. 50.000 LJ vom Zentrum entfernt • Spiralnebel Teil der Milchstrasse Heber D. Curtis H.D. Curtis: • Milchstrasse kleiner als 30.000 LJ • Sonne im Zentrum • Spiralnebel extragalaktisch • Universum 10 – 100 Millionen LJ http://antwrp.gsfc.nasa.gov/htmltest/gifcity/cs_nrc.html Anmerkung: Vorschlag, über Allgem. Relativitätstheorie zu debattieren, wurde verworfen: • Kann keiner mehr hören, da kommt keiner zum Vortrag. • Ohnehin bis dahin sicher längst widerlegt. Ironie der Geschichte: Einstein war bei der Diskussion anwesend! Eddingtons Messungen zur Ablenkung von Licht am Sonnenrand: • Totale Sonnenfinsternis am 29. Mai 1919 • Ergebnis am 6.11.1919 von der Royal Society bekannt gegeben. B.P. 2005 Lösung des Problems Für zusätzliche Verwirrung hatte 1885 Hartwigs Beobachtung einer Nova in M31 gesorgt, die dafür sprach, dass M31 zur Milchstrasse gehört (Supernovae kannte man noch nicht!). Mit neuen Großgeräten gelang es, Cepheiden in nahen Galaxien wie der Andromeda-Galaxis (M31) nachzuweisen. Zu aller Überraschung stellte E. Hubble fest, dass sich (weit) entfernte Galaxien von uns fortbewegen. Es gibt keine stabile statische Anordnung der Galaxien, sie müssen entweder expandieren oder kontrahieren. 100“ Hooker Teleskop Daraufhin verwarf Einstein seine Kosmologische Konstante (Größte Eselei meines Lebens.). Doch alles kehrt irgendwann wieder. Einstein und Hubble auf dem Mount Wilson Hubbles Originalschaubild B.P. 2005 Neue Kalibration der P-L-Beziehung Mit einem Interferometer aus 2 VLT-Teleskopen konnten die Pulsationen von Cepheiden-Veränderlichen direkt gemessen und die P-L-Relation kalibriert werden. B.P. 2005 Sternstrom- und Spektroskopische Parallaxe Nachdem die Astronomen die Entfernungen zu nahen Sternhaufen wie den Hyaden (allgemein Sternenströme) mittels der Sternstromparallaxe bestimmt hatten, ließen sich weiter entfernte Sterne durch die Methode der Spektroskopischen Parallaxe erfassen: Vergleich Helligkeit von entfernten Sternen mit nahen Sternen bekannter Entfernung und ähnlichem Spektrum Offener Sternhaufen Hyaden (Melotte 25) in TAURUS Entfernung: (46,34 ± 0,27) pc m scheinbare Helligkeit M absolute Helligkeit (in 10 pc Entfernung) m-M Entfernungsmodul Mit diesem Verfahren lassen sich Entfernungen in der Milchstrasse bestimmen. Distanzen zu benachbarten Galaxien lassen sich mit der Cepheidenmethode ermitteln. Prinzip der Standardkerzen Dieses Verfahren gehört zur Gruppe der Entfernungsbestimmungen vermittels „Standardkerzen“ Allen bekannt ist ein Teil des Bärenstroms (Ursa Major Bewegungsgruppe): fünf Sterne des Großen Wagens. Dieser auch Collinder 285 genannte Sternenstrom umfasst an die Hundert Sterne über den gesamten Himmel verteilt, ist also ein sich auflösender Sternhaufen. B.P. 2005 Moderne Verfahren: Tully-Fisher-Beziehung Beziehung zwischen absoluter Helligkeit und Rotationsgeschwindigkeit von Galaxien Kalibriert an Cepheiden in Galaxien des Virgo-Haufens Andromeda: Falschfarbenbild 21 cm Linie Bedingt durch Rotation entfernen sich rote Teile von uns, während blaue auf uns zu kommen. Insgesamt bewegen sich die Milchstrasse und M31 aufeinander zu. Der Abstand verringert sich pro Stunde um ca. 500000 km. B.P. 2005 Sonderfall: Laser-Entfernungsmessungen Die Laufzeit von Laser-Impulsen gestattet hochpräzise Entfernungsmessungen. 3 Apollo- und 2 Lunochod-Missionen hinterließen auf dem Mond Retroreflektoren. Zur Zeit kann die Entfernung zum Mond auf 1,7 cm genau bestimmt werden. • Bahnparameter des Erde-Mond-Systems • Test des Gravitationsgesetzes für Abstände um 400000 km • Änderungen der Erdform (mit Reflektoren auf Satelliten), Kont.-Drift • Bestimmung der Love-Zahl des Mondes: noch plastisch • Beiträge zu fundamentalen physikalische Größen, teilweise nur hiermit zu erhalten. Problem geringe Nachweiswahrscheinlichkeit: nur 1 von 1019 Photonen Zur Überprüfung des Äquivalenzprinzips als Basis der Allgemeinen Relativitätstheorie „Fallversuch“ Erde/Mond Richtung Sonne. Dazu Genauigkeit von 1-2 mm notwendig. Projekt APOLLO verwendet 3,5 m Teleskop statt 0,72 m bisher. Erwartet wird Lichtausbeute 5 aus 1017 und Zeitauflösung von Picosekunden (10-12 s). Bei Fallversuchen mit Atomen (Rb-85 und Rb-87) konnte das Prinzip mit eiener Genauigkeit von 2 zu 10 Millionen bestätigt werden. Das Glas wurde von Haeraeus-Schott Glasschmelze Hanau hergestellt, siehe Dr. J. Steiner „Glas auf dem Mond“ Schottinfo No. 90, 11 (1989) B.P. 2005 Sonderfälle: „First principles“ Winkel- und Zeitmessungen Entfernungsmessungen mit Cepheiden werden an die Große Magellansche Wolke angehängt, deren Entfernung (163000 Lj) wiederum über Offene Sternhaufen kalibriert wurde. Die Supernova SN1987a gestattete nun eine unabhängige Messung: Gamma-Strahlung von der Explosion bringt den älteren Sternwind zum Leuchten. Der Durchmesser des Rings ergibt sich aus der Zeit seit der Explosion und der Winkel wurde von Hubble gemessen. Daraus ergibt sich der Abstand zu 169000 Lj, frei von Modellannahmen. Mit die wichtigste Aufgabe des Hubble-Teleskops war das H0-Key Project: Bestimmung der HubbleKonstanten aus Entfernungsmessungen zu den Galaxien im Virgo-Haufen mittels Cepheiden. Einen Tag vor Bekanntgabe des Resultates stellten Radioastronomen eine unabhängige Messmethode für die Entfernung zu M106 (NGC4258) vor. Mit dem „Very Long Baseline Array“ (Radioteleskope von Hawaii bis zu den Virgin Islands) beobachteten sie Wasserdampf-Maser in Akkretionsscheibe um zentrales Schwarzes Loch von 36 Mill. Sonnenmassen. Aus Kepler-Gesetzen und Winkelmessungen berechneten sie einen Abstand von (23,8 ± 1,3) MLj in Diskrepanz zu „Hubble-Key Project“ aus Cepheiden von 27 – 29 MLj. Leider ist dies ein besonderer Glücksfall, vielleicht das einzige Beispiel. Sollte sich dieses Ergebnis bestätigen, müssten viele davon abhängige Verfahren neu kalibriert werden. Es hat Einfluss auf Hubble-Konstante und damit auch das Alter des Weltalls. B.P. 2005 Entfernung zu den Plejaden (M45) Offene Sternhaufen sind 1. Sprosse auf Entfernungsleiter • Hyaden durch Parallaxenmessungen • Plejaden durch Farben-Helligkeits-Diagramme von Hauptreihensternen an Hyaden angeschlossen („Main-sequence fitting“) Parallaxenmessungen mit HIPPARCOS ergaben jedoch einen niedrigeren Wert: DHipparcos = (118 ± 4) pc Atlas im Siebengestirn wurde 1974 bei Okkultation durch den Mond von Amateuren als Doppelstern erkannt. Hinweis: Nächsten Dienstag berichtet Herr Gabel über Sternbedeckungen. Mit Interferometer-Prototypen konnten die Komponenten aufgelöst und die Bahnen genau vermessen werden. Aus der Helligkeit ergaben sich die Massen und mit Keplers 3. Gesetz die Ellipsenachsen. Der Vergleich mit dem Sichtwinkel ergibt die Entfernung. Nature 427 (2004) 326 Mark III und Palomar Testbed optische Interferometer 133 pc < DAtlas< 137 pc Die Entfernung zum Bedeckungsveränderlichen HD23642 wurde unabhängig zu (132±2) pc bestimmt. B.P. 2005 Diese Werte sind unabhängig von den anderen Messmethoden und bestätigen die Sternmodelle. Wo befinden wir uns im All? Milchstraße Neue Infrarotaufnahmen lassen vermuten, dass es noch einen weiteren Arm geben könnte, der weit außen liegt und alte rote Sterne enthält. Oder es liegt ein Torus um die ganze Milchstrasse. Die SagDEG (Sagittarius Dwarf Elliptical Galaxy) wurde erst 1994 in 88 kLj Entfernung entdeckt. Ob der schon 1780 von Messier beschriebene Kugelsternhaufen M54 den Kern der SagDEG bildet, wird noch diskutiert. Entfernungen sind fast gleich, doch noch zu große Fehler. B.P. 2005 Anfang November 2003 wurde die noch nähere Canis Major Zwerggalaxie entdeckt (25 kLj). Benachbarte Superhaufen B.P. 2005 Großräumige Verteilung der Materie Seit etwa 20 Jahren wird die Materieverteilung im Raum untersucht, sei es über die Rotverschiebung von Galaxien (2dF GRS, Sloan DSS) oder die Absorption von Licht ferner Quasare durch Wasserstoffwolken: Die leuchtende (und dunkle) Materie formt einen „Schwamm“ mit großen Hohlräumen ohne Galaxien. „Geller-Huchra-Keil“ Lyman-α-Wald: Wasserstoffwolken im Halo von Galaxien und Clustern Schwammartige Verteilung der Materie B.P. 2005 Was bringt die Zukunft? Beschleunigte Expansion! Bei Doppelsternen aus Weißem Zwerg und Rotem Riesen strömt Materie auf den Zwergstern, bis er die Chandrasekhar-Masse erreicht und in einer SNIa-Explosion endet. Diese Explosionen haben alle die gleiche Helligkeit (sind also ideale Standardkerzen) und können über kosmologische Entfernungen beobachtet werden. Beschleunigte Expansion Abgebremste Expansion (Normale Materie) B.P. 2005 Expansion in verschiedenen kosmologischen Modellen - Messungen ΩM = 0.3 ΩΛ = 0.7 Kosmischer Skalenfaktor a ΩM = 0 ΩM = 1 ΩM > 1 −14 −9 −7 Heute Zeit (Milliarden Jahre) Angepasst nach einer Vorlage von Bruno Leibundgut B.P. 2005 G. Raffelt Frühjahrstagung DPG, Mainz 31.03.2004 Doch wie groß ist das All nun eigentlich? Antwort: Irgendwo zwischen „etwas größer als unsere Teleskope blicken können“ (ca. 156 GLJ) und unendlich. Die Antwort wird erschwert durch unsere Unkenntnis der Struktur (mathematisch Topologie) des Raums. Die Topologie kennt höchstkomplexe, beliebig unanschauliche Arten der Verbindung weit entfernter Raumteile. In Wiederbelebung Platonischer Vorstellungen wurde von J.-P. Luminet vorgeschlagen, der Raum sei ein relativ kleiner, in sich geschlossener Dodekaeder (vulgo Fußball). Diese Form wurde schon um 1900 von Henri Poincaré untersucht. Im Fall geschlossener Räume müssten „Spiegelbilder“ beobachtbar sein, z.B. identische Strukturen in der Hintergrundstrahlung. Erste Auswertungen der WMAP-Daten konnten keine Bilder finden. Dies schließt geschlossene Universen mit einem Durchmesser kleiner als 156 GLJ aus. [Die Hintergrundstrahlung wurde vor ca. 14 GJ ausgesandt. Die Raumexpansion hat diese Entfernung auf 78 GLJ gedehnt.] Engere Grenzen werden die Daten des geplanten Planck-Satelliten gestatten, der die Hintergrundstrahlung mit höherer Auflösung untersuchen wird. B.P. 2005 Doch man kann es auch anders sehen! The Flat-Earth Society Zu allen Zeiten gibt es Menschen, die von den wissenschaftlichen „Standard-Modellen“ abweichende Meinungen haben. Im religiös und antiwissenschaftlichen Milieu der USA gedeiht im Zusammenhang mit den „Creationisten“ so manche Sumpfblüte. Die „Flat-Earth-Society“ (aus der englischen „Universal Zetetic Society“ des 19. Jahrhunderts hervorgegangen) glaubt, dass die Erde flach ist, den Nordpol als Zentrum hat und außen von einem 150 m hohen Wall aus Eis umgeben ist. Sonne und Mond sind etwa 32 Meilen groß und laufen am Äquator um. Die Sterne sind am Himmel befestigt, etwa in einem Abstand von 4000 Meilen. Die ganze Raumfahrt ist natürlich eine Verschwörung der Regierung in Washington. Ich hoffe, dass meine Ausführungen heute Abend sie vom Gegenteil überzeugen konnten. B.P. 2005 Das Weltbild der „Flat-Earther“ Als Beweis lässt sich selbst die Flagge der UN heranziehen! Nächster Vortrag Dienstag 3. Mai 2005 um 19:30 ! t Sternbedeckungen l l ä f t n e Alfons g Gabel a tr Arbeitsgemeinschaft Astronomische r o V Mainz Stattdessen Der Einfluss der Mythen auf Astronomie(en)? Dr. Bernd Pfeiffer Okkultation des Sterns 43Tau durch Asteroiden (345)Tercidina am 17. Sept. 2002. Ein Teil der Daten wurde nahe Freiburg von Mitgliedern der AAG Mainz ermittelt. Volkshochschule Mainz: Besondere astronomische Themen VHS-Sternwarte im Turm der Anne-Frank-Schule 03.05.2005 19:30