Felsentümpel im Frühling - Nano-Aquarien in der Natur - Bio-WEB

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AQUA
PLANTA
2/2010
Informationen des Arbeitskreises
Wasserpflanzen im VDA
35. Jahrgang
Felsentümpel im Frühling Nano-Aquarien in der Natur
AQUA PLANTA 2/2010 ___________________________________________________________________________________________________________
Felsentümpel im Frühling – Nano-Aquarien in der Natur
Ole Pedersen1,2, Cristina Pulido1, 2, Dion Nicol2, Anders Winkel1 und Renee Tuckett2,3
Übersetzung Harry W.E. van Bruggen Amersfoort (NL)
I
n Felsentümpeln wachsen im Frühling einige
der kleinsten und schönsten Wasserpflanzen.
Diese Felsentümpel können manchmal nicht
mehr als etwa 40 l Wasser enthalten, beherbergen
aber immerhin bis fünf oder mehr aquatische
Pflanzenarten. Die Pflanzen müssen typischerweise ihren ganzen Lebenszyklus innerhalb von
nur etwa vier Monaten abschließen, weil die Tümpel danach vollkommen austrocknen, bis der
nächste Winterregen sie wieder füllt. Diese Tümpel weisen im Frühling auch eine einzigartige
Fauna auf, die gleichermaßen an Perioden von
vollständiger Austrocknung und hohen Temperaturen angepasst sind.
Hier zeigen wir Beispiele von submersen Pflan­
zen aus den flachen Tümpeln auf dem anstehenden
Granit in Western Australia, von denen einige die
ungewöhnlichsten Wasserlandschaften bilden.
Der natürliche Standort
Die Flüsse und Seen sind normalerweise mit
dem regionalen Grundwasserreservoir verbunden.
Durchsickerndes Regenwasser füllt diese Reservoirs, was dazu führen kann, dass das Regenwasser über Bäche, Flüsse und manchmal Seen abfließen kann. Einige dieser Tümpel jedoch befinden sich direkt auf den Granitfelsen und sind ganz
vom Regenwasser abhängig.
Die im Frühjahr auftretenden, aquatischen
Standorte, die hier gefunden werden, stimmen
mit der Definition von Keeley & Zedler (1998)
überein. Die durch jähe Regengüsse gefüllten und
zeitlich begrenzten Feuchtgebiete, die während
bestimmter Perioden überschwemmt werden,
wenn die Temperatur für den Pflanzenwuchs
ausreichend ist, wird gefolgt von einer kurzen
Phase mit feuchter Erde und kulminiert in ex44
trem ausgetrockneten Bodenverhältnissen von
langer Dauer.
Die im Frühling entstehenden Tümpel bzw.
Feucht­­gebiete gibt es an verschiedenen Stellen auf
der Welt (z.B. Chile, Südafrika und Australien),
wobei die kalifornischen die am besten beschriebenen sind (Keeley & Zedler 1998). Diese Tümpel
werden im Frühling mit Wasser gefüllt, wenn die
Sturzregen größer als die Verdunstung sind. In
Western Australia ist dies normalerweise in den
Monaten Mai bis August der Fall.
Diese Frühlingstümpel sind seicht, oft weniger
als 10 cm tief und extremen täglichen Schwankungen in Temperatur, pH-Wert und CO2 -Gehalt
ausgesetzt (Keeley & Zedler 1998).
Manche dieser Tümpel auf dem Granit haben
weniger als einen Meter Durchmesser, sind vielleicht nur fünf Zentimeter tief und können dennoch zwei bis drei aquatische Arten beherbergen.
Sie kommen zusammen mit höchst spezialisierten
Wirbellosen vor, die das Wasser fast algenfrei
halten. Andere Tümpel sind viel größer, bis zu 20
Meter im Durchmesser, aber im Granitgestein
selten tiefer als 10 cm.
Der kleine Wasserinhalt im Verhältnis zur
hohen Biomasse weist also sehr große tägliche
Schwankungen in pH und CO2 auf. Während der
Nacht, wenn der Atmungsprozess große Mengen
CO2 produziert, verringert sich der pH-Wert und
gelöstes CO2 wird im Wasser aufgenommen.
Rechts:
Zwei häufige Gattungen in den
Felsentümpeln: Isoëtes (links) und
Glossostigma trichodes F. Muell. (rechts)
mit dem langen schmächtigen
Blütenstandsstiel.
Die Pflanzen sind winzig und in hohem
Maße an das Leben in diesen flachen
Gewässern angepasst, wo sehr hohe
tägliche Schwankungen in Temperatur,
pH und CO2 die natürliche Umgebung
bestimmen.
Unten:
Dieser acht Zentimeter tiefe
Tümpel zeigt eine ungewöhnliche
Wasserlandschaft, die eine natürliche
Blasenbildung bei Moosen und
Crassula natans infolge intensiver
Photosynthese zeigt.
Fotos: O. Pedersen
Freshwater Biological Laboratory, University of
Copenhagen, Helsingørsgade 51, 3400 Hillerød,
Denmark
2
School of Plant Biology, University of Western
Australia, 35 Stirling Highway, Crawley, 6009 WA,
Australia
3
Kings Park and Botanic Garden, Fraser Avenue,
West Perth, 6005 WA, Australia
1
45
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In den kalifornischen Frühlingstümpeln
verringert sich der pH-Wert bis auf 7, während
der CO2-Gehalt bis auf 200 µmol/l (9 mg/l) ansteigt. Im Gegensatz dazu verbrauchen die
Pflanzen tagsüber das gesamte CO2 , so dass die
CO2-Konzentration auf fast Null fällt, während
der pH-Wert bis 10 ansteigen kann (Keeley &
Zedler, 1998). Die extremen Schwankungen des
pH-Wertes werden hauptsächlich durch CO 2
Unten:
Frühlingstümpel auf zutage tretendem
Granit in der Nähe von Mukinbudin, Western Australia. Die Tümpel sind flach, und
die meisten führen nur weniger als sechs
Monate Wasser. Auf den ersten Blick scheinen sie frei von Pflanzen und Tieren zu
sein, aber bei genauerer Betrachtung sind
ungewöhnliche Nano-Wasserlandschaften
in der Natur zu entdecken.
Foto: O. Pedersen
46
verursacht, das wie eine schwache Säure auftritt;
aber weil das Wasser aus schwach gepuffertem
Regenwasser besteht, sind die Schwankungen
des pH-Wertes enorm.
Als wir die Frühlingstümpel rund um Mukinbudin im August 2009 besuchten, hatten diese in
der vorangehenden Nacht Frost erlebt, aber die
Temperatur des seichten Wassers betrug am spä­
ten Nachmittag immerhin 25 °C. Konsequenterweise zeigen die Wasserpflanzen in dieser extremen Umgebung eine Reihe von speziellen Anpassungen, um den physischen Herausforderungen
gewachsen zu sein.
Die Pflanzen der Felsentümpel
Die Felsentümpel in Western Australia beherbergen im Frühling verschiedene aquatische
Pflanzen mit submersen, schwimmenden und
emersen Blättern. Die Flora dieser Tümpel ent-
Rechts:
Eine Blüte von
Glossostigma drummondii
(zwei Millimeter im
Durchmesser) Seite an
Seite mit Luftblättern von
einer der Isoëtes-Arten,
die auch im Frühling
in den Felsentümpeln
vorkommen.
Foto: O. Pedersen
hält nicht weniger als 22 spezielle Arten, die in keiner anderen
Form von temporären Feuchtgebieten (wie Moore- oder andere Sumpfgebiete) in Western
Australia, zu­sammen mit vielen
weit verbrei­teten bis fast kosmopolitischen Arten, vorkommen.
Beispiele dieser Pflanzen um­
­fassen Arten von Aponogeton,
Isoëtes, Marsilea, Myriophyllum,
Pilularia und nicht einheimische
Callitriche und Crassula.
Endemische Arten sind Di­
ko­t ylen, wie z.B. Glossostigma
und Hydrocotyle, und Monokotylen, wie z.B. Amphibromus,
Ottelia, Schoenus, Trithuria und
Wurmbea.
Für die aquatische Vegetation ist vielleicht
die wichtigste Herausforderung die kurze Dauer
der Überschwemmung. Im Spätherbst fängt es
an zu regnen, und das trockene Substrat schwillt
an und fördert die Keimung vieler Samen und
Sporen. Andere Samen und Sporen keimen erst,
wenn sie vollgesogen oder vollständig untergetaucht sind. Dann folgt eine Periode von vollständiger Überschwemmung, und das Wachstum
der Keimlinge fängt an und am Schluss sind
die kleinen Felsentümpel durch ausgewachsene
Pflan­zen bedeckt.
Aus der geringen Tiefe des Wassers folgt, dass
diese Pflanzen sehr klein sind, aber auch das
Substrat ist oft sehr flach (manchmal weniger
als zwei Zentimeter tief) und bietet wenig Unterstützung für das Verankern der Pflanzen. Das
flache Wasser und das Substrat zusammen fördern einen Bonsai-Wuchs von Pflanzen, die auch
andere Lebensräume besiedeln – nur bleiben sie
hier viel kleiner.
Nach wenigen Monaten der Überflutung über­
trifft die Verdunstung den Niederschlag in hohem Maße, und die Tümpel fangen an auszutrock­
nen. Manche Pflanzen blühen während dieser
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Periode, während andere bereits verblüht sind. Am
Schluss aber trocknen die Tümpel völlig aus, und
weitere ruhende Samen und Sporen erwarten die
nächste Regenperiode. Keine der höheren Pflanzen,
die in den Felsentümpeln gefunden werden, sind
ausdauernd. Sie sind alle einjährige Pflanzen und
in der Lage, ihren ganzen Lebenszyklus innerhalb
der wenigen Monate der Überflutung zu vollenden.
Es gibt nur eine Ausnahme: Amphibromus nervosus
Hook. f., ein ausdauerndes Gras, das in einigen
dieser Tümpeln lebt und jeden Winter wieder
austreibt.
Während der Periode kompletter Überflutung
unterliegen die submersen Pflanzen anderen Herausforderungen, so z.B. benötigen sie genügend CO2
für ihre Unterwasserphotosynthese. Grundsätzlich
gibt es drei Quellen von anorganischem Kohlenstoff,
die aquatische Pflanzen verwenden können: 1) die
Aufnahme von im Wasser gelöstem CO2 über die
submersen Blätter, 2) die Aufnahme von CO2 aus der
Luft durch schwimmende oder emerse Blätter mit
ihren Spaltöffnungen oder 3) die Aufnahme von aus
Links oben:
Eine Kaulquappe vom Burrowing-Frosch
ruht zwischen Pflanzen von Isoëtes australis. Die Kaulquappen erscheinen manchmal in großen Mengen und sind dann in
der Lage, die gesamte aquatische Vegetation abzuweiden. In diesem Tümpel können sich die Kaulquappen von Algen und
Bioschichten ernähren, ohne auf Isoëtes
australis zu weiden.
Links unten:
Riesenformen der Muschelkrebse (Ostracoda) filtern das seichte Wasser und weiden am Boden sowie an den Pflanzenober­
flächen. Diese Muschelkrebse messen fast
zwei Zentimeter im Durchmesser und
kommen nur im Wasser ohne Fische vor,
weil sie für sie eine leichte Beute bilden.
Fotos: O. Pedersen
48
dem Sediment stammenden CO2 , das von den Wurzeln durch molekulare Diffusion aufgenommen
wird.
Alle Pflanzen in diesen Felsentümpeln benutzen im Frühling wahrscheinlich das in der Wassersäule gelöste CO2 bis zu einem gewissen Grade, aber
durch die riesige Biomasse in Verhältnis zur geringen Wassersäule genügt diese CO2-Quelle nur für
eine beschränkte Zeit am Morgen; danach fällt das
CO2 dann fast bis zum Nullpunkt (Keeley & Zedler
1998). Andererseits produziert die hohe Biomasse
während der Nacht CO2 aus der Atmung, das im
Wasser gelöst wird, so dass es zweifellos anorganischen Kohlenstoff gibt, der während der frühen
Morgenstunden genutzt werden kann. Was geschieht aber, wenn dieser Vorrat von anorganischem
Kohlenstoff verbraucht ist?
Vielleicht ist die auffallendste Anpassung an
den niedrigen CO2-Vorrat während des Tages die
Entwicklung der CAM-Photosynthese bei einigen
der submersen Pflanzen, die in diesen Tümpeln
leben. CAM wurde zum ersten Male in der Familie
der Crassulaceae beschrieben, und weil es organische Säure als Speicher für das CO 2 benutzt,
wurde es “Crassulacean Acid Metabolism” oder
CAM genannt. Land-CAM-Pflanzen bewohnen oft
trockene Gebiete, wo Wasser in hohem Maße das
Pflanzenwachstum begrenzt. CAM-Pflanzen öffnen
ihre Spaltöffnungen jedoch hauptsächlich während
der Nacht, wenn die Temperatur niedriger und die
relative Feuchte höher ist. CO2 kann dann während
der Nacht aus der Luft aufgenommen werden, ohne
im Wasser einen großen Verlust zu verursachen.
Weil es aber dunkel ist, kann die Photosynthese kein
CO2 zu Zucker assimilieren, und CO2 muss tagsüber
vorübergehend in organischer Säure gebunden
werden. Malat ist die häufigste organische Säure in
CAM Pflanzen, und die täglichen Schwankungen
von Malat werden wie ein Anzeiger der CAMPhotosynthese benutzt. Submerse Pflanzen in
diesen Felsentümpeln jedoch leiden im Frühling
nicht unter Mangel an Wasser, und hier wird die
CAM-Photosynthese nicht als eine Anpassung der
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Wasserersparnis betrachtet, sondern eher um
während der Nacht CO2 aufzunehmen, wenn es in
hohen Konzentrationen vorhanden ist.
Wir fanden wenigstens zwei Arten in diesen
Tümpeln, von denen bekannt ist, dass sie CAMPhotosynthese betreiben. Eine davon, Crassula
natans Thunb., gehört sogar zu den Crassulaceae,
während die andere, Isoëtes australis S. Williams,
ein aquatisches Brachsenkraut ist. Crassula natans
ist nicht heimisch in Western Australia, wurde
aber aus Südafrika eingeschleppt. Die Gattung
Crassula ist durch C. aquatica (L.) Schönl. auch in
den gut untersuchten Frühlingstümpeln in Kalifornien vertreten. Abgesehen von der CAM-Photosynthese bildet Crassula natans auch Schwimmblätter. Die Schwimmblätter ermöglichen es der
Pflanze, den reichen Vorrat an CO2 in der Atmo­­­s­phäre anzuzapfen und sie bieten auch eine gute
Stütze für die Blüten, die in der Luft auf der
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schwimmenden Rosette gebildet werden. Im Gegensatz dazu wird Isoëtes australis nur in diesen
Felsentümpeln in Australien gefunden. Diese Art
hat eine CAM-Photosynthese (Keeley 1983) und ist
einjährig.
Von Isoëtes-Arten ist auch bekannt, dass sie
CO2 für die Photosynthese dem Boden entziehen,
aber ob Isoëtes australis bezüglich der CAMPhotosynthese auch dem Boden entzogenes CO2
Unten:
Kiemenfüße (Anostraca) treten im Frühling auch häufig in den Felsentümpeln
auf; hier ein Einzeltier. Eier der beiden
Krebse (Ostracoda und Anostraca) sind
sehr tolerant gegenüber Austrocknung,
was ihnen ermöglicht, diese Felsentümpel
Jahr für Jahr im Frühling zu bevölkern.
Foto: O. Pedersen
Oben:
Koloniebildende Cyanobakterien (Nostoc
sp.) werden zerstreut zwischen großen
Mengen von Sämlingen von Crassula na­­tans
gefunden. Nostoc-Arten haben eine andere Strategie als die einjährigen Pflanzen
entwickelt. Nostoc ist ein Kolonie bildendes
Cyanobakterium (oft als Blaualge bezeichnet), das recht häufig in ephemeren Teichen
gefunden wird. Anstatt zu versuchen, den
kompletten Lebenszyklus in einer kurzen
Wuchssaison zu vervollständigen, ist es in
der Lage, extreme Austrocknung zu überleben. Es überdauert in Perioden, wenn die
Tümpel vollständig austrocknen, und sogar
ein leichter Sprühregen reicht aus, um die
trockene Kolonie zu aktivieren. Nach wenigen Minuten der Durchtränkung ist es in der
Lage, Photosynthese zu betreiben. Herbarexemplare von Nostoc commune Vaucher,
die fast 100 Jahre ausgetrocknet waren,
sind in der Lage gewesen, Photosynthese
zu betreiben, nach­dem sie wieder benässt
wurden. Diese merkwürdige Anpassung
macht Nostoc extrem ausdauernd und fähig,
an trockenen Standorten zu überleben, wo
Wasser nur zeitweise vorhanden ist.
Foto: O. Pedersen
benutzt, muss noch geprüft werden. Die Morphologie und Anatomie weisen nicht darauf hin, dass
dem Boden entzogenes CO2 keine wichtige Rolle
spielen sollte, und dies macht Isoëtes australis zu
einer der meist spezialisierten Wasserpflanzen.
Die nächsten vierzehn Untersuchungsmonate
hier an der Universität von Western Australia
werden zeigen, ob diese Annahme stimmt.
Eine letzte Herausforderung, die die aquati­
sche Vegetation bewältigen muss, ist die nährstoffarme Umgebung. Soweit wir wissen, hat
noch niemand das Vorhandensein von Nährstoffen in diesen Felsentümpeln in Western Australia untersucht. Weil die Tümpel von Niederschlägen abhängig sind, hat das Wasser keinen hohen
Nährstoffwert. Deshalb muss das Substrat fast
alle Nährstoffe für die Pflanzen liefern, aber der
Boden besteht hauptsächlich aus grobkörnigem
Kies, der durch Verwitterungsprozesse des Granits gebildet wurde.
In dieser nährstoffarmen Umgebung könnten
Mykorrhiza-Pilze möglicherweise eine wichtige
Rolle bei der Nährstoffaufnahme spielen. Mykorrhiza ist eine Symbiose zwischen Pilzen und den
51
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Wurzeln der Pflanzen, wobei die Pflanze dem Pilz
organischen Kohlenstoff (Zucker und Aminosäuren) liefert, während der Pilz über seine Hyphen
eine große Menge Substrat nutzt, indem er organischen Phosphor aufnimmt, den er im Tausch für
organischen Kohlenstoff an die Pflanze abgibt. Wir
nehmen an, dass die Mykorrhiza eine wichtige
Rolle bei der Aufnahme von Nährstoffen in dieser
äußerst nährstoffarmen Umgebung spielt, weshalb
wir vorhaben, Isoëtes-, Glossostigma- und CrassulaArten auf Mykorrhiza-Symbiose zu untersuchen.
Die Frühlingstümpel in Western Australia
beherbergen eine Anzahl seltener und bedrohter
Arten, einschließlich Myriophyllum lapidicola A.
E. Orchard, das nur von ein paar anstehenden
Granitfelsen im nördlichen Weizengürtel von
Western Australia bekannt ist. Diese besondere
Art mit ihren runden Schwimmblättern unterscheidet sich morphologisch sehr von den typischen Myriophyllum-Arten mit ihren fiederschnittigen Blättern, wie man diese bei den
meis­ten Myriophyllum-Arten sieht. Weiter ist die­
se besondere Art auf einen typischen, seltenen
Typ von diesen Felsentümpeln beschränkt. Während die meisten Tümpel flach und seicht sind,
kommt M. lapidicola nur in tieferen Tümpeln vor,
die an steilen Hängen eines Granitinselbergs gebildet werden. Diese speziellen Tümpel sind
jährlich während längerer Zeit (bis zu 10 Monaten
im Jahre 2008) mit Wasser gefüllt und haben einen
tieferen Bodengrund, was wohl einige der physischen Eigenschaften dieser Art sind, um sie auf
solche wenige Standorte zu beschränken, obwohl
bis jetzt keine Untersuchung dies bestätigt hat.
Die Tiere der Felsentümpel
Die Wirbellosen unter den Wassertieren, die
diese Tümpel bevölkern, begegnen den gleichen
Hauptanforderungen wie die Pflanzen: der kurzen
Dauer der Überflutung, wonach eine längere Periode der Austrocknung folgt (Bayly 1997). Eine
der am besten für diese Anforderung angepassten
Tiere ist wahrscheinlich der Muschelkrebs (Os52
tracoda). Diese Muschelkrebse (Ostrakoden) sind
seitlich abgeflachte Krebstiere und geschützt
durch zwei Klappen, drehbar um ein Gelenk auf
dem Rücken des Tieres. Sie gehören mit zu den
ersten Tieren, die in einem neuen Aquarium erscheinen. Ihre Eier sind äußerst tolerant gegen
Austrocknung und fast überall vorhanden. In
diesen Tümpeln erscheinen im Frühling manchmal Riesenarten dieser Muschelkrebse, weil es
keine Fische oder andere Räuber gibt, die sie
bejagen. Die Tümpel bei Mukinbudin bildeten
keine Ausnahme; im Grunde genommen haben
alle Tümpel eine entsprechende Population von
Riesen-Muschelkrebsen, die sich hauptsächlich
von Algen und Wimpertierchen ernähren.
Ein anderer häufiger Wirbelloser in diesen
Tümpeln ist der Kiemenfuß (Anostraca). Die Kie­
menfüße schwimmen verkehrt herum, während
sie das Wasser für kleineres Zooplankton und
Phy­toplankton filtern, obwohl einige dieser Kreb­
se Räuber sind, die sich von anderen Kiemenfüßen (Anostraken) ernähren. Die Eier der Kiemenfüße sind auch äußerst widerstandsfähig gegen
Austrocknung, aber aus den Eiern einiger Arten
schlüpfen Junge bereits nach 24 Stunden. Genau
wie Samen von aquatischen Pflanzen machen
manche Eier verschienene Zyklen von Durch­näs­
sung und Austrocknung durch, bevor sie schlüp­
fen. Auf diese Weise wird das Überleben der
Kiemenfüße garantiert, auch wenn die Periode
von Überflutung zu kurz ist, um ihren ganzen
Lebenszyklus zu vollenden.
Wir beobachteten zwei verschiedene Farbvarianten von Kiemenfüßen in den Felsentümpeln um
Mukinbudin, aber wir wissen nicht, ob dies zwei
verschiedene Arten sind oder nur Varianten (z.B.
Männchen und Weibchen) derselben Spezies.
Möglicher Gebrauch von Pflanzen aus
den Felsentümpeln in Nano-Aquarien
Die Pflanzen, die in den Felsentümpeln in
Western Australia leben, sind wirklich hübsch,
aber ob sie alle für Nano-Aquarien geeignet sind,
ist unsicher. Ihr Bonsai-Format ist ideal für
Nano-Aquarien, und sie wachsen in seichtem,
nährstoffarmem Wasser. Ihr natürlicher Standort
jedoch ist sehr hell mit direktem Sonnenlicht,
und das flache Wasser reduziert das Licht kaum,
weshalb alle an sehr starkes Licht angepasst sind.
Ob sie das wirklich für ihr Wachstum brauchen,
ist nicht wirklich bekannt, aber sie werden nicht
durch intensives Sonnenlicht geschädigt.
Um ein vollkommen anderes Bild zu geben: Isoëtes
australis ist vielleicht die Pflanze mit der größten An­
wen­dungsmöglichkeit für bepflanzte Aquarien. Die
Gattung Isoëtes hat viele Arten, die unter sehr gemäßigten Lichtbedingungen – fast ebenso gemäßigt wie
einige aquatische Moose – gedeihen.
Isoëtes lacustris L. zum Beispiel wächst hauptsächlich im tieferen Wasser von Lobelia-Tümpeln,
die in der nördlichen Hemisphäre gefunden wer-
Oben:
Isoëtes australis hat eine merkwürdige
Morphologie. Diese Art sieht mit ihren
Blättern wie ein chinesischer Fächer aus,
ausgerichtet in einer zweidimensionalen
Ebene. Das verhältnismäßig große
Wurzelsystem bildet eine Symbiose
mit Pilzen, um Nährstoffe aus dem
nährstoffarmen Boden aufzunehmen.
Foto: O. Pedersen
den. Nicht, weil sie kein starkes Licht mag, sondern
eher, weil sie so eine schwache Konkurrentin ist,
kommt sie nur in Tiefen mit wenig Licht vor; dort
leben keine anderen Pflanzen, die damit konkurrieren können. Isoetes australis wird jedoch in
direktem Sonnenlicht in seichtem Wasser gefunden und hat wahrscheinlich hohe Lichtbedürfnisse. Andererseits bildet diese Art oft Monokulturen in diesen Tümpeln, so dass eine Konkurrenz
anderer Pflanzen fehlt. Die Zeit wird uns lehren,
53
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ob diese einzigartige kleine Pflanze ihren Weg in
die Liebhaberei von bepflanzten Aquarien finden
wird.
Glossostigma elatinoides Benth. ex Hook. f.,
die auch aus Australien kommt, wird bereits in
bepflanzten Aquarien verwendet, aber sie ist als
schwierig zu pflegen bekannt. Sie verlangt viel
bis sehr viel Licht und gedeiht nur in weichem
Wasser (www.tropica.com). Die Tümpel, die wir
besuchten, zeichneten sich durch extrem weiches
Wasser (10-90 µS/cm) aus, weil sie hundertprozentig vom Regenwasser abhängig sind und auf
Granit vorkommen, der keine Alkalinität aufweist. Wir wissen aber nicht, ob die Arten, die
hier gefunden werden, ebenso anspruchsvoll wie
Glossostigma elatinoides sind.
Crassula natans Thunb. schließlich ist eine
hübsche, kleine Stängelpflanze, die auch in der
Natur bei intensiver Photosynthese viele Gasbläschen bildet. Sogar unter viel Licht besitzt
Crassula natans verhältnismäßig lange Internodien, die die Pflanze etwas weniger attraktiv
machen, aber in Kombination mit niedrigen
bodenbedeckenden Glossostigma-Arten, könnte
sie einen schönen Kontrast im Becken bilden.
Weil die Pflanzen in den Felsentümpeln so
klein und unscheinbar sind, könnte man zur
unrichtigen Schlussfolgerung kommen, dass
die­s e Pflanzen weniger konkurrenzfähig sind
und keine Gefahr als invasive Pflanzen darstellen.
Glossostigma cleistanthum W. R. Barker (früher als G. diandrum Kuntze betrachtet) hat jedoch durch ihre Verbreitung in Nordamerika
ge­­­zeigt, dass sie in der Lage ist, die natürliche
Vegetation in ursprünglichen Gewässern zu
über­wuchern (Les et al. 2006). Es ist eine der
we­nigen bekannten Beispiele, wo eine invasive
Art oligotrophe Verhältnisse verlangt, um eine
Gefahr für die einheimische Vegetation zu bilden. So sollte man – wie immer – vorsichtig sein,
Pflanzen in einer nicht natürlichen Umgebung
aus­zusetzen.
54
Zum Schluss: Die Felsentümpel von Western
Australia beherbergen im Frühling phänomenale Wasserlandschaften, gebildet von Pflanzen,
die sich sehr gut an die physikalischen Bedingungen der veränderlichen Umgebung angepasst haben.Manche der Pflanzen, die hier beschrieben wurden, könnten vielleicht in NanoAquarien und in bepflanzten Becken verwendet
werden, obwohl, ausgehend von ihren natürlichen Standorten, erwartet wird, dass sie viel
Licht benötigen.
Danksagung
Die Autoren danken Harry W. E. van Bruggen für die Übersetzung dieses Textes. Es war
seine letzte Arbeit für die Aquaristik und die
AQUA PLANTA. Er wird für uns unvergesssen
bleiben.
Literatur
Bayly, I.A.E. (1997): Invertebrates of temporary
waters in gnammas on granite out crops in Western
Australia. Journal of the Royal Society of Western
Australia 80: 167-172.
Beardsley, P.M. & Barker W.R. (2005): Patterns of
evolution in Australian Mimulus and related genera (Phrymaceae/Scrophulariaceae): a molecular
phylogeny using chloroplast and nuclear sequence
data. Australian Systematic Journal 18: 61-73.
Keeley, J.E. (1983): Report of diurnal acid metabolism in two aquatic Australian species of Isoëtes.
Australian Journal of Ecology 8: 203-204.
Keeley, J.E. & Zedler, P.H. (1998): Characterization
and global distribution of vernal pools. pp. 1-14. In
C.W. Witham, E.T. Bauder, D. Belk, W.R. Ferren, Jr.,
and R. Ornduff (eds), Conservation and Management of Vernal Pool Ecosystems. Proceedings from
a 1996 Conference. California Native Plant Society,
Sacramento.
Les, D.H., Capers, R.S. & Tippery, A.P. (2006): Introduction of Glossostigma (Phrymaceae) to North
America: a taxonomic and ecological overview.
American Journal of Botany 93: 927-939.
Harry W. E. van Bruggen
6. Dezember 1927 - 8. Februar 2010
Nachruf von Dr. Josef Bogner, Gersthofen
I
m Alter von über 82 Jahren verstarb Harry van
Bruggen in Amersfoort (Niederlande). Er war
uns allen als Harry van Bruggen bekannt und
hat sich auch immer so bezeichnet, aber sein offizieller Name war Heinrich Wilhelm Eduard van
Bruggen. Er erlag einem Schlaganfall, der nachts
zu Hause eintrat und er dabei ins Koma fiel. Harry
wurde dann ins Krankenhaus überführt, wo er aber
das Bewusst­sein nicht wieder erlangte und einige
Tage später dort verstarb.
Zu seinem 80. Geburtstag würdigten wir Harry
van Bruggen ausführlich in der AQUA PLANTA 42007 und beschrieben seinen Lebensweg.Wir möch­
ten deshalb auf eine Wiederholung seines Lebenslaufes verzichten und verweisen auf den dortigen
Beitrag. Bei der Tagung der ECS (European Cryptocoryne Society) in den Niederlanden im Jahre 2007
besuchte er uns noch und konnte dort viele alte
Freunde begrüßen, mit denen er über Jahrzehnte in
Kontakt stand. Es war jedenfalls für uns ein interessantes, lehrreiches, sehr freundliches sowie angenehmes Treffen, das uns lange in Erinnerung bleiben
wird; natürlich haben wir dort auch über Aponogeton diskutiert. Ich kannte Harry seit über 42 Jahren
und kam mit ihm in Kontakt über Aponogeton-Arten
aus Madagaskar. Kurze Zeit später trafen wir uns
dann in den Niederlanden persönlich. Da wir uns
vorher nicht persönlich begegnet waren, holte er
mich damals am Bahnhof in Beverwijk ab; das Erkennungszeichen war ein Heft von „Het Aquarium“,
das er in der Hand hielt. Danach entwickelte sich
eine lange Zusammenarbeit zwischen uns, meist
ging es natürlich um die Gattung Aponogeton. Zwei
neue Aponogeton-Arten wurden nach ihm benannt:
Aponogeton bruggenii und A. vanbruggenii.
Harry van Bruggen verfasste auch viele Artikel
über Wasserpflanzen, nicht nur über Aponogeton,
und ist unseren Lesern wohl bekannt. Vor allem in
den letzten Jahren schrieb er vie­
­le Beiträge über
heimische Was­
serpflanzen, und
wenn wir einmal
knapp an Texten
Foto: L. van Bruggen-Bakker
waren, lieferte er
immer schnell etwas. Er besprach auch im Literaturbericht die Wasserpflanzenbeiträge der niederländischen Zeitschrift „Het Aquarium“. Den meisten
Aquarianern wird das Aponogeton-Sonderheft bekannt sein, das besonders für Freunde der Aquarienpflanzen geschrieben wurde. Kurz vorher veröffentlichte er seine große wissenschaftliche Monographie der Gattung Aponogeton, der regionale Re­
visionen der Aponogeton-Arten von Madagaskar,
Asien, Australien und Afrika vorausgingen. Eine
niederländische Serie „Het genus Aponogeton“ ist
über mehrere Jahre in der Zeitschrift „Het Aquarium“ erschienen. Harry kultivierte im Laufe seines
Lebens die meisten Aponogeton-Arten, alle die lebend erhältlich waren, und machte Beobachtungen
an lebenden Pflanzen; damit konnte er die Angaben
bzw. Beschreibugen von Herbarbelegen ergänzen.
In den Tropen ist er nie gewesen, um AponogetonArten zu sammeln, und dies ist wohl auf seine früh
angegriffene Gesundheit zurückzuführen. Jedoch
sandten ihm viele Personen lebende Pflanzen für
seine wissenschaftlichen Studien. Er übersetzte
auch zahlreiche Artikel für unsere Zeitschrift ins
Deutsche und war viele Jahre im Redaktionsbeirat
aktiv tätig.
Wir verlieren mit Harry van Bruggen einen
liebenswerten und fröhlichen Menschen, der Außergewöhnliches für die Aquaristik geleistet hat.
Sein zweites wichtiges Hobby waren die europäischen Erdorchideen.
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