Factsheet WWF / WWF UK Borneo-Orang-Utan (Pongo pygmaeus) Ordnung Herrentiere Primates Familie Grosse Menschenaffen und Menschen Hominidae Gattung Orang-Utan Pongo Art Borneo-Orang-Utan Pongo pygmaeus Factsheet Borneo-Orang-Utan (Pongo pygmaeus) Borneo-Orang-Utan Systematik Der Orang-Utan gehört zur Ordnung der Primaten (Herrentiere) und dort in die Familie der Hominidae (Grosse Menschenaffen und Menschen) und wird in zwei Arten unterteilt: in den Sumatra-Orang-Utan und den Borneo-Orang-Utan. Letzterer wird in drei Unterarten unterteilt: Pongo pygmaeus pygmaeus, P. pygmaeus wurmbii und P. pygmaeus morio. Merkmale Das spärliche Fell des Orang-Utans hat eine charakteristische rötliche Farbe. Der Borneo-Orang-Utan hat generell zwar ein dunkleres Fell als sein Vetter auf Sumatra, doch sind individuelle Farbnuancen häufig. Auch hat der Borneo-Orang-Utan eine eher runde Gesichtsform im Vergleich zu der ovalen seines Verwandten auf Sumatra. Das Gesicht ist unbehaart und bei erwachsenen Tieren schwarz. Jungtiere haben einen rosa Farbton um Augen und Schnauze. Die Männchen werden bis zu 1,40 Meter gross und 85 Kilogramm schwer. zeichnet. Mit ihren langen Armen und den hakenförmigen Greifhänden und –füssen sind die OrangUtans bestens an die Fortbewegung in den Baumkronen angepasst. Sozialverhalten und Fortpflanzung Die erwachsenen Orang-Utans leben im Gegensatz zu den afrikanischen Menschenaffen überwiegend als Einzelgänger. Nur zur Fortpflanzung kommen Männchen und Weibchen kurz zusammen. Wie viele Tiere in einem Gebiet vorkommen, hängt vor allem vom Nahrungsangebot ab. Nur selten gibt es mehr als ein Tier pro Quadratkilometer. Lediglich in Gebieten mit einem hohen Anteil an Fruchtbäumen, wie beispielsweise in Flusstälern und Sumpfwäldern, können bis zu sieben Tiere auf einem Quadratkilometer leben. Ausgewachsene Weibchen haben Streifgebiete von mehreren hundert, Männchen sogar von mehreren tausend Hektar. Meist überlappen sich die Streifgebiete benachbarter Artgenossen. Erst mit etwa zehn Jahren werden Orang-Utans geschlechtsreif. Weibchen bekommen durchschnittlich alle acht bis neun Jahre Junge, bei optimalen Lebensbedingungen können es auch alle fünf Jahre sein. Einzelgeburten sind die Regel, Zwillingsgeburten die seltenen Ausnahmen. Die Jungen bleiben bis zu sieben Jahre bei ihrer Mutter, mit der sie einen engen Kontakt pflegen. Ein erfolgreich Nachwuchs zeugendes Weibchen zieht in seinem Leben wahrscheinlich nicht mehr als vier bis fünf Junge auf. Orang-Utans erreichen in ihrem natürlichen Lebensraum ein maximales Lebensalter von bis zu 40 Jahren. Geographische Verbreitung Borneo-Orang-Utan (Pongo pygmaeus), Alain Compost / WWF-Canon Erwachsene Männchen besitzen ausgeprägte Backenwülste und einen Kehlsack, mit dem sie die charakteristischen Rufe erzeugen, die im Regenwald über mehrere Kilometer zu hören sind. Die Weibchen wiegen etwa 40 Kilogramm und werden durchschnittlich 1,15 Meter gross. Trotz dieser beachtlichen Körpermasse verbringen Orang-Utans die meiste Zeit in den oberen Baumwipfeln und steigen nur sehr selten zum Waldboden hinab. Sie werden daher auch als die grössten echten Baumsäugetiere be2 Die Orang-Utans sind die einzigen heute noch lebenden Grossen Menschenaffen in Asien. Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet erstreckte sich von Java über die Malaiische Halbinsel und Indochina bis nach Südchina. Heute kommen Orang-Utans, deren malaiischer Name „Waldmensch“ bedeutet, nur noch im Nordwesten Sumatras und auf Borneo vor. Lebensraum Orang-Utans leben in den Tieflandregenwäldern und in den Torfmoorwäldern des Flachlands. Sie sind nur manchmal in Höhen über 500 Meter Meereshöhe zu finden. Im Kinabalu-Nationalpark im malaysischen Bundesstaat Sabah kommen sie auch in den Regenwäldern bis zu einer Höhe von 1‘400 Metern vor. Factsheet Borneo-Orang-Utang (Pongo pygmaeus) Nahrung Auf dem Speiseplan der Orang-Utans stehen mehr als 200 Pflanzenarten. Die Nahrung besteht zu 60 Prozent aus Früchten, ausserdem fressen sie junge Blätter und Baumrinde, sogar Ameisen, Termiten und Vogeleier. Bei der Futtersuche bewegen sich die Orang-Utans langsam durch das Kronendach ihres Wohngebiets. Mit geradezu schlafwandlerischer Sicherheit finden sie dabei die ergiebigsten Fruchtbäume. Ganz offensichtlich kennen sie nicht nur die Standorte der einzelnen Bäume in dem von ihnen bewohnten Waldstück ganz genau, sondern wissen auch über den Reifegrad von deren Früchten Bescheid. Studien haben gezeigt, dass die Passage der Samen durch den Darm des Orang-Utans die Keimung bei einigen Arten sogar erleichtern kann. Männlicher Borneo-Orang-Utan (Pongo pygmaeus), Tim Laman / WWF-Canon Orang-Utans sind wichtige Verbreiter von Samen und tragen durch deren Ausscheidung wesentlich zur Verbreitung der verschiedenen Pflanzenarten bei. Insekten sind für sie eine wichtige Proteinquelle, besonders für die schwangeren Weibchen. OrangUtans spielen durch ihre Ernährung eine wichtige Rolle bei der Kontrolle von Insekten, die vor allem die jungen Blätter der Urwaldriesen befallen. Sie helfen dadurch, das Gleichgewicht des Ökosystems, in dem sie leben, zu erhalten. Bestandsgrösse und Gefährdungsstatus Auf Borneo wird der Gesamtbestand des OrangUtans auf 49‘500 Tiere geschätzt (Stand 2008). Das entspricht weniger als einem Drittel des Bestandes zu Beginn der 1990er Jahre. Die Population des Pongo pygmaeus untergliedert sich in drei Unterarten, die in mehr als 300 räumlich getrennten Gebieten leben. Der Borneo-Orang-Utan wird auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion IUCN von 2004 als „stark gefährdet“ eingestuft. Laut dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen CITES (Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora) dürfen Orang-Utans seit 1975 nicht mehr zu kommerziellen Zwecken international gehandelt werden (CITES Anhang I). Bedrohung Lebensraumverlust Der Lebensraum des Borneo-Orang-Utans wurde durch den Menschen in den letzten 20 Jahren vor allem durch die Umwandlung von Regenwald in Ölpalmplantagen und Ackerland (Reisanbau, u.a.) sowie legalen und illegalen Holzeinschlag um fast 60 Prozent verkleinert. In Gebieten mit Holzkonzessionen geht der Einschlag oft unvermindert weiter, bis alle ökonomisch interessanten Bäume gefällt sind. Illegale Abholzung findet häufig auch in Schutzgebieten mit dem Wissen und der Duldung der Behörden statt. Denn die Parks auf Borneo sind oft nicht klar abgegrenzt, was die Kontrollen erschwert. Auch der selektive Holzeinschlag schadet den Orang-Utans, wenn dabei Früchte tragende Bäume gefällt werden. Eine weitere ständige Bedrohung sind die in diesem Zusammenhang absichtlich gelegten grossflächigen Waldbrände. Orang-Utans leben aber auch ausserhalb von Schutzgebieten, und zwar in Wäldern, die von Holz-, Palmöl- und Minengesellschaften verwaltet werden. Handel und Wilderei Wegen ihrer Grösse und langsamen Fortbewegung sind Orang-Utans leichte Beute für Holzfäller, Plantagen- oder Minenarbeiter. Üblicherweise wird die Mutter getötet, während das Jungtier häufig im nächsten Dorf verkauft wird. Der illegale Binnenhandel blüht. In Teilen der Oberschicht Indonesiens sind Orang-Utans populäre Haustiere, obwohl die Menschenaffen dort durch die nationale Gesetzgebung seit den 1930er Jahren geschützt sind. OrangUtans zu jagen, zu handeln und zu halten ist streng verboten. Die Einhaltung der nationalen Gesetzgebung wird allerdings von offizieller Seite kaum strafrechtlich verfolgt. Eine von TRAFFIC, dem gemeinsamen Artenschutzprogramm des WWF und der Weltnaturschutzunion IUCN, vorgelegte Studie aus dem Jahr 2005 zeigt, dass allein im indonesischen Teil Borneos pro Jahr zwischen 350 und 1‘200 Tiere der Wildnis entnommen wurden, um die Nachfrage nach den verbotenen Haustieren auf den beiden indonesischen Inseln Java und Bali zu decken. Neuere Studien zeigen, dass immer noch 200 – 500 Orang-Utans pro Jahr als Haustier gehandelt werden. Dies stellt eine ernste Bedrohung für die OrangUtan-Populationen dar, da sie eine äusserst niedrige Reproduktionsrate besitzen. Sogar ihre Körperteile werden in Kalimantan gehandelt. Orang-Utans haben ausserdem eine nicht unbedeutende Rolle als Fleischlieferant in weiten Teilen ihres 3 Factsheet Borneo-Orang-Utan (Pongo pygmaeus) WWF-Engagement Heart of Borneo Auf Initiative des WWF unterzeichneten die drei Borneo-Staaten Indonesien, Malaysia und Brunei Darussalam 2007 die „Heart of Borneo“-Erklärung. Damit verpflichteten sie sich, ein grenzüberschreitendes Gebiet von der Grösse Grossbritanniens im ökologisch intakten Inneren der Insel ausschliesslich nachhaltig zu bewirtschaften und Schutzzonen zu bewahren, zu vernetzen und neue auszuweisen. Daneben beinhaltet der grenzüberschreitende Aktionsplan auch die Entwicklung und Förderung des Ökotourismus. Ungefähr ein Drittel des Orang-UtanLebensraums befindet sich in diesem Gebiet. Der WWF hilft aktiv bei der Umsetzung der Initiative. Der WWF engagiert sich aber bereits seit den 1970er Jahren für den Schutz der Orang-Utans. Er arbeitet gemeinsam mit seinen internationalen und lokalen Partnerorganisationen, Regierungen und Forschern dafür, die verbleibenden Wälder Borneos und ihre aussergewöhnlichen Baumbewohner langfristig zu retten. So setzt sich der WWF beispielsweise für die Vernetzung von Schutzgebieten ein, damit Orang-Utans zwischen ihren Lebensräumen wandern und sich austauschen können. Bei einem weiteren Engagement geht es um die Sicherung eines nachhaltigen Managements von wirtschaftlich genutzten OrangUtan-Lebensräumen. Der WWF hat dazu spezifische Schutz- und Managementpläne für Holz- und Palmöl-Gesellschaften entwickelt, um den Orang-Utans auch in bewirtschafteten Wäldern ein Überleben zu ermöglichen (selektiver Holzeinschlag, Erhalt der Obstbäume, etc.). Ausserdem arbeitet der WWF mit Regierungen, Gemeinden und Plantagenbesitzern zusammen, um Konflikte zwischen Menschen und Orang-Utans zu verringern. Er zeigt praktische Methoden auf, wie Orang-Utans von den Plantagen ferngehalten werden können. Andererseits soll eine regionale Landnutzungsplanung dafür sorgen, dass neue Nutzungsgebiete weit genug von Orang-Utan-Lebensräumen entfernt entstehen. Verbessertes Schutzgebietsmanagement Im Betung Kerihun-Nationalpark auf Borneo, der mit einer Fläche von 8‘000 Quadratkilometern zu den grössten Schutzgebieten Indonesiens zählt, erhebt der WWF mit der Nationalparkverwaltung regelmässig Daten, die Auskunft über die Bestands-Entwicklung der Orang-Utans liefern. Der WWF unterstützt die lokale Bevölkerung bei der Entwicklung von Alternativen zum illegalen Holzeinschlag als Einkommensquelle (z.B. verbesserte Landwirtschaftspraktiken und Ökotourismus). Schutz ausserhalb von Schutzgebieten In Sabah, dem malaysischen Teil Borneos, ist der Lebensraum der Orang-Utans, der Wald, massiv durch die Umwandlung in Ölpalmplantagen und intensive, nicht nachhaltige Holzwirtschaft bedroht. Hier hat der WWF zum Beispiel in einem Forstreservat, in welchem etwa 5‘000 Orang-Utans leben, ein durch Holzeinschlag geschädigtes Waldgebiet mit Nahrungsbäumen aufgeforstet. Das Gebiet gehört zum rund 240.000 Hektar grossen Ulu SegamaMalua-Wald, der von der Sabah-Forstbehörde und Yayasan Sabah mit Unterstützung des WWF geschützt wird. Bis 2017 besteht im gesamten Waldgebiet mit 240’00o Hektar ein Einschlagstopp. Danach darf Holz nur noch nachhaltig nach den strengen Kriterien des Forest Stewardship Council (FSC) genutzt werden Gegen den illegalen Handel WWF und TRAFFIC bekämpfen den illegalen Handel an mehreren Fronten. Durch vom WWF finanzierte Studien weiss man, dass pro Monat 30 bis zu 40 Tiere von Borneo nach Java und Bali transportiert und dort auf den lokalen Märkten für 200 bis 1‘000 Euro pro Individuum verkauft werden. Für jeden verkauften jungen Orang-Utan müssen bis zu sechs Tiere bei der Jagd und dem Fang sterben. Hauptabnehmer der Menschenaffen sind neben Privatleuten vor allem verschiedene Einrichtungen der Tourismus- und Unterhaltungsindustrie, in denen die Tiere als Attraktionen zur Schau gestellt werden. Um diese illegalen Aktivitäten zu bekämpfen, schult der WWF Polizisten, Förster, Staatsanwälte und Richter, damit diese den Handel mit Orang-Utans und anderen bedrohten Arten erkennen und bekämpfen. Der WWF unterstützt die Regierungen und spezialisierte Organisationen bei der Befreiung der Orang-Utans aus den Händen von Händlern und illegalen Tierhaltern. WWF Schweiz Hohlstrasse 110 Postfach 8010 Zürich Tel.: +41 (0) 44 297 21 21 Fax: +41 (0) 44 297 21 00 E-Mail: [email protected] www.wwf.ch 4 © 1986 Panda Symbol WWF ® «WWF» ist eine vom WWF eingetragene Marke natürlichen Verbreitungsgebietes. Archäologische Funde aus Sarawak zeigen, dass die Tiere bereits vor etwa 35‘000 Jahren bejagt wurden. Heute wird das Fleisch von Orang-Utans noch in Kalimantan und Sabah gegessen