DV Arbeit 050917

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Schulfach Musik
DV- Arbeit
Pädagogische Hochschule
Institut Sekundarstufe
SF Musik - Disziplinäre Vertiefung
Ein moderner Weg zu komponieren
„Instant composing“
Lehmann Eva
Basel, 30.09.2005
Betreuung: Markus Cslovjecsek
Inhaltsverzeichnis
1
Einleitung ............................................................................................................................ 2
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2.1
Definition .................................................................................................................... 3
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2.3
Komponieren historisch betrachtet ............................................................................. 4
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2.3.2
Kompositionsstudium bei Mozart und Brahms .................................................. 5
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Frühere Theorien über den „geniale Augenblick“. ............................................. 6
2.4.1
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2.4.2.1
Kommunikationstheoretisches Modell ........................................................... 7
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2.5
Neue Formen zu komponieren.................................................................................... 8
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2.5.1.1
Improvisierte Komposition? ........................................................................... 9
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3
Meine Komposition .......................................................................................................... 11
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4
Bibliographie .................................................................................................................... 13
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4.2
Ungedruckt Literatur ................................................................................................ 13
1
1
Einleitung
Seit meinem fünfzehnten Lebensjahr schreibe ich eigene Lieder. Ich schrieb eigene Texte auf
Deutsch oder auf Englisch, nahm meine Gitarre nach vorne und spielte einige Akkorde. Dazu
versuchte ich eine wohlklingende Musik zu finden indem ich einfach dazu sang. Ich notierte
anschliessend die Akkorde über den Text, die Melodie behielt ich im Kopf. Ich kenne keine
andere Methode zu komponieren. Die Leitfrage meiner Arbeit könnte man hinunter brechen
auf: Wie komponiert man?
Im ersten Teil meiner Arbeit widme ich mich der Komposition im Allgemeinen. Was bedeutet
Komposition damals und heute? Anschliessend möchte ich die Methoden, wie komponiert
wurde und wird herausarbeiten. Ich möchte also nicht analysieren, warum Mozart im Kopf
„hörte“, wie seine notierte Partitur klang. Es beschäftigen mich Fragen wie: Sass Brahms am
Klavier und probierte alle möglichen Melodien aus und schrieb schliesslich die BestKlingende auf oder schrieb er Note an Note und komponierte im Kopf ohne die Töne
akustisch zu hören? Wie entwickelte Alicia Keys die Melodie des Welthits Fallin’?
Jede Variante zu komponieren hat ihre Teilschritte, welche oft auch definiert werden können.
Ein Aspekt dieses theoretischen Teils werden dem zu folge auch die verschiedenen Prozesse
sein, welche beim Komponieren ablaufen können und wie unterschiedlich diese sein können.
Der Schluss des Theorie Teils wird den Übergang darstellen zur praktischen Phase. Ich
möchte dabei auf meine Art zu komponieren eingehen und diese in den Kontext zu den
anderen gefundene Methoden stellen.
Bereits beim Suchen von Literatur musste ich feststellen, dass Komponier- Methoden
eigentlich nicht dokumentiert wurden. Notation, Musiklehre und unterschiedliche Formen
sind Thema der musikalischen Geschichtsschreibung. Die wenigen Angeben, welche ich
dennoch gefunden habe stützen sich auf das Kompendium „Die Musik in Geschichte und
Gegenwart (MGG)“ und einige Internetrecherchen. Zusätzlich habe ich noch einen
befreundeten Amateurkomponist Simon Baumann zu seinen Kompositionsmethoden befragt.
Meine Ausgangslage in der Praxis bezogenen Phase wird ein von mir verfasster Text sein, an
zwei bis drei Strophen und einem Refrain. Zusätzlich werde ich im Voraus undokumentiert
zwei Akkordketten kreieren, eine für den Refrain und eine weiter für die Strophen. Ich
möchte dann auf der Grundlage von diesen Akkordketten spontane Melodieeinfälle
aufnehmen und diese weiter entwickeln zu einem Song. Die Aufnahme wird jeweils auf dem
Computer gemacht. Diesen Prozess werde ich schriftlich dokumentieren und die „spontanen
Melodieeinfälle“ werden dabei zur Illustration verwendet.
2
2 Komposition früher und heute
Spricht man von „Kompositionsgeschichte“ ist diese praktisch identisch mit der
abendländischen Musikgeschichte. Selbst im ausführlichen Sachteil des Werkes „Die Musik
in Geschichte und Gegenwart“ findet man zu Komposition vor allem Merkmale der
verschiedenen Epochen. Es bildet sich heraus, dass Komponieren stark gebunden ist an das
epochale, kulturelle Umfeld. Ebenfalls war stets der musiktheoretische Wissenstand von
grosser Bedeutung. Banal gesagt: Erst seit der Entwicklung der Notenschrift kann man Musik
klar notieren und erst seit dem Wissen über die Musiklehre kann man diese direkt anwenden.
In den folgenden Teilkapiteln versuche ich zu präzisieren, was man unter Komposition bzw.
Komponieren versteht oder verstand. Des Weitern betrachte ich verschiedene KompositionsArten und analysiere deren unterschiedliche Teilprozesse.
2.1 Definition
„Meyers Taschenlexikon Musik“ von 1984 definiert Komposition wie folgt: „ [von lat.
compositio „Zusammensetzen“], gedanklich konzipiertes und ausgearbeitetes, schriftlich
festgehaltenes und auf Grund des Notentextes klanglich reproduzierbares Musikstück…“.
(Eggebrecht 1984, S. 175) Laut dieser Definition findet der Prozess - Die Komposition oder
das Zusammensetzen- im Wesentlichen auf der kognitiven Ebene statt und wird dann durch
die Notation fixiert und reproduzierbar. Die neuere Formulierung aus dem „Wörterbuch
Musik“ von 2000 ergänzt diese Definition. Komposition sei ein „Schriftlich oder heute auch
auf Tonträger oder elektronisch fixiertes und in seinen Details weitergehen festgelegtes
Musikstück, das unabhängig von seinem Autor, dem Komponisten, klanglich reproduzierbar
ist.“(Dieter 2000, S.159) In der heutigen Zeit wird also das Komponieren nicht gleichgesetzt
mit der Notation. Wichtig bleibt aber, dass es reproduzierbar ist. Der Schülerduden für Musik
macht dazu noch eine wichtige Klammerbemerkung, die Komposition sei ein ausgearbeitetes
Werk, dass „(im Gegensatz zur Improvisation) i.d.R. tonschriftlich fixiert“(Duden 2000,
S.195) sei. Dadurch wird der Unterschied zur Improvisation verdeutlicht, welche nicht fixiert
wird und so nur einmalig gespielt werden kann oder klar an den Improvisator gebunden ist,
was bereits der zitierten Definition des „Wörterbuch Musik“ widerspricht.
Eine Komposition ist also ein schriftlich oder elektronisch fixiertes Musikstück, das so von
allen reproduzierbar wird.
2.2 Früherer Wortgebrauch
Komposition war nicht immer ein explizit musikalischer Begriff. Abgeleitet vom klassischen
Latein [componere: zusammensetzte, zusammenstellen, zusammenlegen] (Finscher 1996,
3
S.506) beschrieb die Komposition „ein Gebilde mit Kunstanspruch“ (Finscher 1996, S.506),
dies konnte sich auf verschiedene Aspekte beziehen: “1. die Herstellung dieses Gebildes, die
schöpferische Tätigkeit als solche, das `Komponieren`; 2. das Ziel und Ergebnis dieser
Tätigkeit, das jeweils einzelne ‚Werk’; 3. das Gesamtgebiet des künstlerischen Schaffens und
des bereits (historisch) Geschaffenen sowie die dazu führende oder daraus resultierende
`Lehre`“(Finscher 1996, S.506)
Die erwähnten Aspekte widersprechen nicht der bereits festgehaltenen Definition der
musikalischen Komposition. Wichtig erscheint mir aber die differenzierte Betrachtung der
Kunstformen bzw. Kunstgebilde. Der Komponist einer Plastik produziert etwas in sich
Geschlossenes, das unveränderbar ist. In der Poesie und in der Musik stellt sich das Problem
der „Doppelexistenz“ (Finscher 1996, S.506). Der Poet oder der Musiker hält einerseits sein
Werk schriftlich fest, anderseits wird es von anderen lebendig vorgetragen. Die Komposition
ist also nur bedingt fixiert und lässt Interpretationsfreiheiten offen.
Um nun auch Poesie und Musik zu unterscheiden wird in „Die Musik in Geschichte und
Gegenwart“ R. Hammerstein zitiert: „Die Schreibschrift birgt mehr an Sprache als die
Notenschrift an Musik. Geschriebene Dichtung hat einen viel höheren Realitätsgrad als
geschriebene Musik.“ Hammerstein stellt hier nun die Fixierung von Musik durch Notation
im Bezug auf die Reproduzierbarkeit in Frage. Dadurch wird klar, dass eine musikalische
Komposition eigentlich nur oberflächlich schriftlich fixiert werden kann. Die Dichtung ist
explizit an die Sprach und Schreibsprache gebunden und so ursprungsnaher reproduzierbar.
2.3 Komponieren historisch betrachtet
Laut der in unter 2.1 festgehaltene Definition von Komposition, welche in den folgenden
Kapiteln nun gilt, muss das Musikstück fixiert sein. Die festgehaltenen Musikstücke werden
historisch verfolgt. Mein Interesse würde aber mehr dem Prozess und den Methoden nicht
dem Produkt gelten. Einen historischen Bericht über Kompositions-Methoden konnte ich aber
nicht finden. (suche im Internet unter „Kompositionsmethoden“; da gibt es einiges) Ich
versuche nun in den folgenden Teilkapiteln an Beispielen aus zwei Epochen zu zeigen,
welche Informationen man übers Komponieren hat und welche Interpretationen zur
Kompositions-Methode und den verschiedenen Prozessen möglich sind. Ich stütze mich dabei
auf die Angaben aus „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“.
2.3.1 Neumennotation
Im westeuropäischen Raum kann man seit dem 9. Jahrhundert n. Chr. von Kompositionen
sprechen, durch die Neumennotation wurden einstimmige, gregorianische Choräle
festgehalten. Diese älteste Form der Notation lässt aber viel Interpretationsfreiheit zu. Die
Choräle haben zwar klare Grundmerkmale, dennoch blieb innerhalb dieser Grenzen ein
4
enormer Spielraum. Die gregorianischen Choräle gibt es nicht erst seit dem 9. Jahrhundert, sie
wurden also erst nach der eigentlichen Kompositionsleistung notiert. Der Komponist hat sein
fertiges Werk den Sängern mündlich vermitteln müssen oder das Werk ist während dem
gemeinsamen Singen entstanden. Dasselbe Produkt könnte aus erstaunlich unterschiedlicher
Entstehungsmethode entsprungen sein. Bezogen auf die bereits unter 2.1 zitierte Definition,
wäre die erst genannte Möglichkeit in Betracht zu ziehen. Ein einzelner Komponist hat eine
fertige Melodie im Kopf, natürlich geprägt durch seine geistesgeschichtliche, politische und
gesellschaftliche Situation. Die andere Methode würde improvisatorisch und akustisch
dominiert sein.
2.3.2 Kompositionsstudium bei Mozart und Brahms
Es gibt nur wenige authentische Zeugnisse über Kompositionsstudien bei grossen Meistern.
„Die Musik in Geschichte und Gegenwart“ erwähnt zwei solche Beispiele. (Finscher 1996,
S.534).
Th. Attwoods hatte nach seinem Kompositionsstudium in Neapel die Möglichkeit 1785 bei
Mozart zu studieren. Mozart liess ihn das zu dieser Zeit dominierende Kontrapunktstudium
absolvieren. Später durfte er Menuette, Rondos usw. schreiben. Mozart korrigiert das
Verfasste und durch die genauen Vorgaben waren die Werke nahe denen des Meisters. Jedoch
über das wahre Komponieren, Zusammenstellen von Melodien wird nicht berichtet. Es gab zu
Weilen epochal bedingt Vorgaben wie die Kontrapunkte, an welchen sich die Autoren
orientierten. Ob Attwoods die Menuette, wie man es von Mozart sagt, schon im Kopf fertig
erstellte oder ob das praktische Ausprobieren ein Teil des Entstehungsprozesses war, bleibt
offen. Im Gegensatz zu den Chorälen des 9. Jahrhunderts hatte Attwoods die Möglichkeit
seine Werke mit einer bereits weit entwickelten Notation nieder zu schreiben.
Weiterer Literatur konnte ich entnehmen, dass sich Mozart nicht auf die Notation seiner Werk
versteifte, sondern es wagt nur mit einer Skizze seines Klavierpart der Sonate KV 454 vor
dem Kaiser Josef II zu spielen und seiner spontanen Kreativität freien Lauf lies. Dieser
Bericht stellt bei präzisem Betrachten in Frage, ob hier von einer Komposition gesprochen
werden kann. Er zeigt aber auch auf, dass durchaus auch in der Klassik das Improvisieren
möglich war.
Gustav Jenner absolvierte 1903 bei Brahms ein Kompositionsstudium. Überliefert wurde von
dieser Ausbildung vor allem Brahms harsche mündliche Kritik. Er empfahl Jenner
schliesslich Werke von „Mozart oder Beethoven „nachzukomponieren“, um ein sicheres
Gefühl für die Einheitlichkeit des Modulationverlauf zu erlangen. „Geht Beethoven von CDur nach E-Dur, so thun Sie desgleichen; so habe ich es früher auch gemacht“.“ (Finscher
1996, S.534). Obwohl hier sehr detailliert über den Prozess gesprochen wird, geht lediglich
5
daraus hervor, dass man nach Modellen suchte und dies versuchte nach zu kopieren. Ob man
sich die Werke anhörte und nach den Konzerten begann selber zu schreiben oder ob sogar das
notierte Werk als Hilfe genommen wurde, kann den Beschreibungen nicht entnommen
werden. Festzustellen ist, dass man wiederum klare musikalische Gesetzte hatte oder gar ein
Modell hatte und diese weiterzuentwickeln versuchte. Welche Rolle das Ausprobieren und
akustische Hören spielte ist nicht erläutert.
2.4 Komponieren, ein kreativer Prozess
Komponieren ist wie künstlerische Kreativität etwas Mythisches, Unerklärbares. Zwar hat die
Komposition zur Bedingung, dass sie fixiert wird, dennoch ist der Entstehungsprozess, die
Inspiration rational nicht festhaltbar. Man hat Ende des letzten Jahrhunderts versucht durch
die so genannte Kreativitätspsychologie, kreative Prozesse zu analysieren. S. Preiser
beispielsweise entwickelte 1976 ein „Modell zum Prozess kreativer Problemlösung im
Person-Umwelt-Bezug“(Finscher 1996, S.546). Dieses Modell ermöglicht das
Systematisieren und Interpretieren von „Komponistenaussagen über musikalische Inspiration
und deren Verifikation in Abhängigkeit von persönlichen und zeitbedingten
Variablen“(Finscher 1996, S.545).
Anfangs des Jahrhundert war die Idee vorherrschend, Komponieren sei ein „Geniestreich“
dennoch gab es gegen Theorien welche das „`Komponistengenie` auf den Boden der Realität“
(Finscher 1996, S.546) stellten. Beide Pole sind Inhalt der folgenden Abschnitte.
2.4.1 Frühere Theorien über den „geniale Augenblick“.
Der intensivste, kreativste Prozess des Komponierens ist der Wissenschaft nach wie vor
verborgen. Ende des 19. Jahrhundert begannen sich Wissenschaftler mit dem verborgenen
Teilaspekt des Komponierens zu beschäftigen. Fr. von Hauseggers Theorie sagt 1897: „Der
„geniale Augenblick“, dem ein Kunstwerk entspringt, sei „natürlicher Ausdruck“ von starken
Persönlichkeiten, die sich der „Geheimnissen in tiefer Werkstätten des Lebens“ bedienen.“
(Finscher 1996, S.544) Auch nach Richard Wagner ist es der Künstler, welche das
Unbewusste und das Seelenleben kennt und es in Musik transformiert. Die Kompetenz ist klar
auf die Persönlichkeit fixiert und führte zur Gleichschaltung von Genie und Krankheitsfall,
„…der Wahnsinn zum Preis genialer Schöpfungen (E. N. Neumann 1986).“ (Finscher 1996,
S.544)
1920 entwickelte Gr. Wallas die „Vier-Phasen-Theorie“ (Finscher 1996, S.544)
zum Ablaufs eines kreativen Prozesses. Folgende Phasen werden unterschieden: „1.
Vorbereitung (Problem-/Aufgabenstellung), 2. Illumination (Einfall) und 4. Verifikation
(Verwirklichung in Bezug zur konkreten Produktionssituation).“
6
In den Dreissiger Jahren führt J. Bahle Untersuchungen durch zu den Prozessen beim
Komponieren. Er liess dazu Komponisten ein Gedicht vertonen und sie mussten nach
bestimmten Kriterien einen Fragebogen zum Kompositionsvorgang ausfüllen. Danach war es
Bahle möglich über Inspiration, „Entstehungsbedingte musikalische Einfälle“ (Finscher 1996,
S.545) und Rationalität beim Komponieren Aussagen zu treffen. Daraus entwickelte er das
„Inspirationsgesetz“, diesem Gesetzt wird aber nicht viel Aussagekraft angerechnet. Bahn hat
sich einerseits nur mit den Kompositionsprozessen des 18. und 19. Jahrhundert befasst,
anderseits wird in Frage gestellt, ob die Introspektion, die richtige Methode für die
Untersuchung von kreativen Prozessen sei. Dazu wird Hausegger zitiert, welcher 1903 diese
Problematik wie folgt beschrieb: „Wer bürgt dafür, dass der Künstler, der ja seinem Beruf
gemäss in Einbildung lebt und webt, sich nun, wo es sich um Mitteilungen über seine
Erlebnisse und Erfahrungen handelt, nicht auch von Einbildung täuschen lässt?“(1903, S.419
nach Finscher 1996, S.545)
2.4.2 „Modell musikalischer Produktionshandlungen“ (Finscher 1996, S.543)
„Die Musik in Geschichte und Gegenwart“ beschreibt zwei Modelle, welche ich hier dem
„Geniestreich“ entgegensetze.
2.4.2.1 Kommunikationstheoretisches Modell
Diese Theorie besagt, dass kompositorische Vorgänge sich in einem Bedingungssystem
gesellschaftlich vermittelter Faktoren abspielt. Die Komposition ist also zwangsläufig in
dieses Bedingungssystem einbezogen. Komposition wird so zum Teil einer kommunikativen
Handlung. Nach M. Bense ist diese „generative“ Sphäre die Voraussetzung für die Entstehung
von Musik, welche durch die musikalischen Strukturen konkretisiert wird, und diese sind die
Grundlagen der musikbezogenen „Wirkungssphäre“. Dem zu Folge ist die kompositorische
Kompetenz in dem hier beschriebenen Modell: „…die Fähigkeit, Musik und soziokulturelles
Umfeld in einen als sinnvoll erkannten, auf Akzeptanz stossenden Zusammenhang zu
bringen.“(Finscher 1996, S.543)
2.4.2.2 Handlungsbezogenes Modell
R. Grossmann hat die Theorie über das Komponieren als „gesellschaftliches
Handlungssystem“ präzisiert. Er hält fest, dass ein Komponist als Erzeuger „musikalischer
Kommunikation“ über eine Fülle von Voraussetzungen mit persönlichen und allgemeinen
Bedingungen verfügt. „In Abhängigkeit von einer bestimmten Produktionssituation (z.B.
Arbeitsplatz, Zeitdruck) entwickelt er Produktionsstrategien (Handlungsplan,
Arbeitstechniken), deren Resultat das Werk ist.“ (Finscher 1996, S.544) Durch das Spielen
bzw. Vermitteln wird das Produkt „Gegenstand von Rezeption und Bewertung“(Finscher
7
1996, S.544), dies kann so weit gehen, dass der Rezipient zum Komponist wird, wie bei J.
Cages 4´33“
2.5 Neue Formen des Komponierens (oder einfach: Neue
Kompositionsmethoden)
Im Kapitel über die historischen Methoden des Komponierens, mache ich Aussagen zum
„klassischen“ Kompositionsprozess, welcher im Wesentlichen im Kopf stattfindet und auf
dem Papier festgehalten wird. Komponieren hier Synonym für das Setzen und
Zusammenfügen von Klängen und Tönen zu einer in sich geschlossenen Form ist eng
gebunden an das Werk der abendländischen Musik. Jazz hingegen, ein weit aus jüngerer
Musikstil, hat seine Ursprünge in der Improvisation, welche diametral der definierten
Komposition gegenübersteht. Improvisation, wo die spontane musikalische Erfindung und die
klangliche Realisierung zusammenfallen, und die Komposition, welche klare strukturiert und
festgehalten ist, sind gerade in den letzten Jahren näher aneinander gerückt. Durch neue
Technik kann Improvisation fixiert werden und wird so zur Komposition.
Musiker und Komponisten verschiedenster Musikrichtungen suchten neue
Kompositionsformen oder Methoden? Komponieren, nicht nur im Prozess auch in der
Fixierung.
Immer mehr verläuft dieser kreative Prozess weitgehend durch das Ausprobieren von Klängen
und Klangfolgen. Die amerikanische Souldiva Alicia Keys beschreibt ihre ersten
Kompositionsversüche wie folgt: „Als ich dann älter wurde, kam ich auf die Idee, zur
Untermalung der Texte ein wenig auf dem Klavier zu spielen. Und das klappte sehr gut.“
(http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/24/0,1872,1004312,00.html). Die Sängerin und Songwriter
Heather Nova trägt jeweils ein Diktiergerät mit sich, um spontane Melodieeinfälle
festzuhalten. Diese Form der „improvisierten Komposition“ widme ich mich im folgenden
Abschnitt.
2.5.1
„Instant composing“
„Instant composing“, „Im Moment Komponieren“, beschreibt der Jazzmusiker Frank
Gratkowski als einen „…Prozess des Komponierens, nur eben einer, der direkt im Augenblick
geschieht.“ (http://www.einseitig.info/html/content.php?txtid=311). Harry Pepl ein
österreichischer Jazzmusiker und Komponist sagt, dass das Prinzip des real-time composing
oder eben instant composing darin bestehe „…, dass der Komponist, ohne von reflexiven
Methoden geleitet zu sein, (instrumental) aufzeichnet, was sich im Moment des
schöpferischen Vorgangs in seinem musikalischen Bewusstsein befindet - sich
"abspielt".(http://alt.mica.at/person/person_detail.asp?clr=5&iID=69084)
8
Das „Instant composing“ ist ein neuer Begriff dennoch muss ich annehmen, dass JazzKompositionen im Wesentlich darauf beruhen. In der Gegenwart sind Jazz-Komposition und
„Instant composing“ klar verbunden. Googelt man „Instant composing“ sind von 615
Einträgen gleich die Hälfte der ersten Zehn Erscheinungen direkt verbunden mit Jazzmusik.
Auch sind die von mir gefundenen Interviews mit Musiker, welche „instant composing“
machen und diesen Begriff verwenden, Jazzmusiker.
2.5.1.1 Improvisierte Komposition?
Schwer scheint es zu differenzieren, was ist „instant composing“ im Vergleich zu „normaler“
Improvisation. Harry Pepl sagt: „Mein Anliegen ist, eine Synthese zu leisten zwischen dem
Besonderen, der subjektiven Freiheit - der Zeitlichkeit - und dem Allgemeinen, der objektiven
Gesetzmäßigkeit des gelungenen Kunstwerkes - der Überzeitlichkeit. Wesentlich für das
Gelingen der Synthese aus Zeitlichem und Überzeitlichem ist nur der erfüllte Augenblick: Ein
Augenblick wird ihm umso erfüllter - und damit umso unwiederbringbarer -, je mehr er etwas
schafft, das in Dauer bestehen kann.“
(http://alt.mica.at/person/person_detail.asp?clr=5&iID=69084)
Pepl zeigt hier auch die Widersprüchlichkeit auf, wenn Improvisation zur Komposition wird.
Pepl unterstreicht aber, dass es bei dieser Form genau das braucht, dass sich die Musik im
Augenblick (Improvisation) und die danach fixierte Musik (Komposition) qualitativ
Verstärken. Eine Komposition ist gut wenn sie aus einem subjektiven Moment entsteht und
der musikalische Augenblick ist wertvoll, wenn er als objektives Werk auf Dauer bestehen
kann. Der Kompositionsprozess ist hier das Musizieren selbst. Spinnt man diese Idee weiter,
wird bewusst, dass vor der Notenschrift nur so musiziert werden konnte. Laut Definition kann
zwar so nicht von Komposition gesprochen werden. Gehe ich nun aber mal davon aus, dass
wie in 2.3.1 auch beschrieben gregorianische Choräle durch das Musiziere- gemeinsamem
Singen- entstanden sind, kann man hier auch von „instant composing“ sprechen. Somit wird
klar, dass diese Kompositionsform, wohl die älteste Art ist und die Komposition in
Abhängigkeit mit der schriftlichen Notation erst später in der abendländischen
Musikgeschichte auftauchte.
2.5.2 Simons „Instant composing“
Weder Harry Pepl, noch Frank Gratkowski machen in ihren Interviews Angaben dazu, auf
welcher Basis, mit welchen Abmachungen sie in ihrer Gruppe improvisiert oder eben „Im
Moment komponieren“. Ich gehe hier nun mal davon aus, dass Harmonien abgesprochen
werden und so die Basis Akkordfolgen sind. Je mehr Musiker, je schwerer wird das
gemeinsame Improvisieren oder Komponieren. Die wohl einfachste Form des „instant
composing“ ist, wenn es nur ein Akkordinstrument gibt und ein Sänger oder eine Sängerin.
9
Simon Baumann schreibt seit vielen Jahren seine eigenen Songs. Wenn er alleine komponiert
beginnt er mit einer Akkordkette. Er erprobt auf der Gitarre immer wieder neue Akkorde und
kombiniert diese anders. Hat er eine für ihn gut klingende Akkordfolge gefunden, ist der
weitere Schritt das rhythmische Schlagen. Die Schlagart prägt schliesslich auch den Styl des
entstehenden Songs. Es werden Rhythmen ausprobiert, dazu versucht er bereits eine Melodie
zu singen. Der Text ist jetzt noch sekundär, er begnügt sich in dieser Phase mit dem Singen
von Vokalen oder einzelnen englischen Ausdrücken. Langsam findet sich so einen
Schlagrhythmus und es entstehen Melodiefetzen. Simon „pröbelt“ jeweils weiter bis er eine
Melodie gefunden hat, die im gefällt. Der erste so entstandene Teil eines Songs ist meist der
Refrain. Simon erzählt, dass er manchmal Monate lang einfach eine Refrain Melodie immer
wieder spiele und langsam einen Text dafür schreibe. Eine lange Zeit später erst kann es sein,
dass derselbe Prozess durchlaufen wird und so die Strophen entstehen. Er komponiere in
Schüben, sagt Simon von sich. Manchmal habe er auch eine Blitzidee für einen Text, verfasst
diesen und sucht Akkordkette und Singstimme passend zum Text. Simon spielt in einer
Heavy Metal Band, welche ihre Songs selber komponieren. Der Komponierprozess sei in
einer Gruppe komplexer, meint Simon, dennoch verlaufen die Teilschritte ähnlich. Meist
kommt einer der beiden Gitarristen mit einem von ihm zusammengestelltem Riff bzw.
Akkordfolge. Es wird vorgespielt und kritisiert, gefällt es den anderen Bandmitglieder,
werden die Akkorde transparent gemacht und Schlagzeuger, Basis und der besagte Gitarrist
versuchen das Riff zusammenzuspielen. Jeder der Instrumentalisten hält sich zwar an das
Grundschema, hat aber gewisse Improvisationsfreiheiten. Der Schlagzeuger übernimmt hier
die Führung in dem er Beginn, Übergänge und Schluss markiert. Der Riff wird so noch ein
paar Mal durchgespielt, bis sie den Vorstellungen der Bandmitglieder entspricht. Dies ist
jedoch erst ein Teil eines Songs. Ist aber mal ein Riff „im Kasten“ entstehen durch kleine
Abänderungen die weiteren Riffs und so setzt sich das Puzzle langsam zusammen. Immer
wieder werden diese einzelnen Teile gespielt Neues ausprobiert, Übergänge entworfen und
das Best-Klingenden behält man. Simons Band hat die nötige Technik in ihrem Übungsraum,
um die neu entstandenen Songs aufzunehmen, diese wird auch manchmal gemacht. Es kommt
aber auch oft vor, dass jedes Mitglied sich kurz etwas notiert zu der Abfolge und zu den
einzelnen Riffs. Simon betont aber, dass dies persönliche Notizen seien und nicht
interpretierbar oder sogar reproduzierbar für andere. Obwohl Simons Band diesen Begriff
nicht kennen, ist ihre praktizierte Komposition- Art klar „instant composing“. Um nicht
unpräzis zu werden, muss ich hier betonen, dass erst von Komposition gesprochen werden
darf, wenn die Songs aufgenommen worden sind. Notieren sich die Bandmitglieder in eigener
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Art den Ablauf und die Spielart ist diese, wie Simon sagt nicht reproduzierbar und kann als
solches nicht Komposition genannt werden.
Das Produkt des Alleinigen- Komponieren von Simon, kann ebenfalls erst als Komposition
und so mit als Produkt von „instant composing“ betitelt werden, wenn er die Lieder
aufgezeichnet hat. Simon notiert zwar zu seinen eigenen Liedern jeweils die Akkordfolgen
und den Text, die Melodiestimme ist aber nur in seinem Kopf memorisiert. Dem zur Folge für
andere so noch nicht reproduzierbar und keine Komposition.
3 Meine Komposition
Im folgenden praktischen Teil meiner Arbeit möchte ich nun einen von mir durchgeführten
Kompositionsprozess dokumentieren. Es würde den Rahmen dieser Arbeit springen, wenn ich
mit einer Gruppe komponieren würde, auch würde eine Dokumentation über das Schaffen
eines ganzen Werkes einen zu grossen Aufwand bedeuten. Ich beschränke so meinen
dokumentierten Teil auf das komponieren einer Singstimme. Bewusst wähle ich hier eine
leicht starre Ausgangslage um das Dokumentieren zu vereinfachen, worauf ich im folgenden
Abschnitt gleich eingehe.
3.1 Ausgangslage
In den letzten Wochen habe ich einen englischen Songtext verfasst, der aus zwei Strophen
und einem Refrain besteh. Ich werde es mir aber erlauben, diesen Text falls nötigt
unbegründet und nur knapp dokumentiert zu verändern. Des Weiteren habe ich im Vorfeld,
wie ich das in 2.5.2 am Beispiel von Simon dokumentiert habe, zwei Akkordfolgen erstellt:
eine Akkordfolge für den Refrain und eine weiter für die Strophen. Diese Akkordfolgen
werden während des Prozesses nicht verändert. Diese unveränderbare Akkordfolge sind
bedingt durch die Form, welche ich als einfachste zu dokumentierende deklariere:
Komponieren auf Basis von Akkordketten.
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4 Bibliographie
4.1 Gedruckte Literatur
4.2 Ungedruckt Literatur

http://www.gotomidori.com/german/musicnote-200302/musicnote-26mozart.html

http://www.denhoff.de/jazzkomposition.htm
13
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