Gottesdienstentwurf Weihnachten – Ein Fest der Familie Predigt - 1. Joh 3,1-2 24. Dezember 2012 Sitz Greifswald Bahnhofstraße 35-36 17489 Greifswald www.nordkirche.de Bischofskanzlei Greifswald, Bahnhofstraße 35-36, 17489 Greifswald Bischof Dr. Hans-Jürgen Abromeit An alle, die am Heiligen Abend Gottesdienste leiten Durchwahl Fax E-Mail +49 (0)3834 554 785 +49 (0)3834 554 766 [email protected] www.kirche-mv.de Unser Zeichen Datum Greifswald, 30. November 2012 Liebe Schwestern und Brüder, in wenigen Wochen ist es wieder soweit und Weihnachten steht vor der Tür. Dieses Jahr möchte ich Ihnen einen Gottesdienstentwurf empfehlen, der sich dem Thema „Weihnachten – Ein Fest der Familie“ widmet. Über den Gedanken der Familie Gottes werden die Themenfelder Weihnachten und Taufe miteinander verbunden. Wir bieten verschiedene Materialien an, mit denen Sie Ihre Weihnachtsgottesdienste gestalten können. Jeder sei jedoch frei darin, sich einfach nur von den Materialien inspirieren zu lassen oder auch größere Teile komplett zu übernehmen. Meditation „Weihnachten – Taufe – Familie Gottes“ (Pfn. Dr. Nicole Chibici-Revneanu) Gottesdienst zum Heiligen Abend – Ein Fest der Familie (Pfr. Martin Wiesenberg) Predigt zu 1. Joh 3,1-2 „Wir sollen Gottes Kinder heißen“ (Bischof Dr. Hans-Jürgen Abromeit) Kopiervorlage Gottesdienstblatt zum Gottesdienst – Ein Fest der Familie Geschenk für die Gottesdienstbesucher: Spiegel mit Aufdruck „Gottes Kind“ Ein zentraler Gedanke im Gottesdienst wird die Gotteskindschaft sein. Jedem Menschen kommt sie als Geschöpf Gottes zu. Besonders jedoch in der Taufe wird sie uns zugesprochen und wir werden zu Brüdern und Schwestern Jesu Christi, Gottes erstgeborenen Sohnes. Um diesen Gedanken den Besucherinnen und Besuchern der Heiligabend-Gottesdienste mit auf den Weg geben zu können, haben wir kleine Spiegel anfertigen lassen. Diese können mitgegeben werden und erinnern hoffentlich noch lange an diesen Gottesdienst. Auf der Außenseite wird aufgedruckt sein: Gottes Kind. Klappt man den Spiegel auf, dann … 2 Sitz Greifswald Bahnhofstraße 35-36 17489 Greifswald www.nordkirche.de Wir können Ihnen den Spiegel für 25 Cent pro Stück anbieten. 5000 Stück haben wir in Auftrag gegeben. Wer zuerst bestellt, wird zuerst beliefert. Für die Bestellung der Spiegel wenden Sie sich bitte an Pfr. Martin Wiesenberg (0160 96 93 52 63 / [email protected]). Für Ihre Weihnachtsgottesdienste wünsche ich Ihnen eine gute Vorbereitung und Gottes Segen. Es kommt darauf an, dass Menschen die gute Nachricht von Jesus Christus hören und ihr Leben hell wird als Kinder Gottes. Oder wie Martin Luther singt: „Das ewig Licht geht da herein, gibt der Welt ein´ neuen Schein; es leucht wohl mitten in der Nacht und uns des Lichtes Kinder macht. Kyrieleis.“ (EG 23,4) Ihnen allen eine gesegnete Adventszeit Ihr Dr. Hans-Jürgen Abromeit Bischof 3 Meditation „Weihnachten – Taufe – Familie Gottes“ Was hat die Taufe mit dem Weihnachtsfest zu tun? Auf den ersten Blick wenig – außer, dass bei beiden Anlässen die Gemeinde meist etwas anders zusammengesetzt ist als üblich und im Mittelpunkt ein kleines Kind steht. Vorausgesetzt, wir denken von der Kindertaufe her. Spätestens da liegt dann aber schon der Haken dieser Assoziation: Jesus, das Neugeborene in der Weihnachtskrippe, ist nämlich nicht als Kind getauft worden. Als Kind jüdischer Eltern wurde er rechtmäßig am achten Lebenstag beschnitten. Aber getauft – getauft wurde Jesus von Nazareth erst als erwachsener Mann. Ganz zufällig ist es trotzdem nicht, dass manche Szenarien am Taufstein einem Weihnachtsbild mit Säugling und „heiliger Familie“ ähneln: Immerhin hat doch beides zu tun mit der Freude über einen neuen Menschen, der zur Welt gekommen ist. Mit Dankbarkeit für dieses neue Geschöpf Gottes, ob es nun als Retter der Welt schon seit Generationen erwartet wurde oder sich eher überraschend angekündigt hat. Also eine kleine Parallele: An Weihnachten ist große Freude über dieses kleine Menschenkind, das so ein großer Hoffnungsträger ist. Die Taufe andererseits wird von vielen Eltern und Familien als Fest der Freude über diesen neuen kleinen Menschen gefeiert. Freude, Dankbarkeit, Hoffnung angesichts eines neuen Menschen, das verbindet Weihnachten und Taufe existentiell, gefühlsmäßig. Trotzdem: Der Kern dessen, was es bedeutet, getauft zu sein – der ist damit nicht unbedingt getroffen. Was bedeutet es aber, getauft zu sein? Darüber kann man natürlich viel Kluges sagen und schreiben... ohne es damit völlig zu ergründen. An einer Stelle der Taufliturgie heißt es: „In der Taufe nimmt Gott dieses Kind als sein Kind an.“ Wer getauft ist, ist ein Kind Gottes. Und damit so etwas wie ein Geschwisterkind dieses erst- und eingeborenen Sohnes, dessen Geburt wir zu Weihnachten feiern. Wer sich zu Weihnachten an die eigene Taufe erinnert, erinnert sich also daran: So wie dieses Kind in der Krippe bin auch ich ein Kind Gottes. Dieser Erstgeborene, Jesus Christus, ist in die Welt gekommen, damit wir alle Kinder Gottes sein können (vgl. Joh 1,12). Man nennt Weihnachten ja auch das „Fest der Familie“. Von der Taufe her gesehen, haben wir allen Grund dazu, uns dieses Fest der Familie größer zu denken als in den meisten Fällen üblich: Nicht nur als Ansammlung von Feiertagen, wo Großeltern, Eltern, Kinder und weitere Anverwandte endlich mal wieder zusammenkommen und (gefälligst!) in Frieden beieinander sind – sondern darüber hinaus als ein Fest der Verbundenheit aller Kinder Gottes, denen Gott Vater und/oder Mutter ist. Es ist die große Familie aller Getauften, aller Gotteskinder, 4 Meditation „Weihnachten – Taufe – Familie Gottes“ die den Geburtstag dieses Erstgeborenen feiert. Des Erstgeborenen, der diese „heilige Familie“ zu dem zusammengerufen hat, was sie ist – und sie zusammenhält. Wenn ich mich zu Weihnachten an meine Taufe erinnere, dann weiß ich: Ich gehöre dazu! Diese schöne Weihnachtsgeschichte vom Kind in der Krippe, die hat auch unmittelbar mit mir zu tun, weil sie auch von mir handelt, von meiner „Verwandtschaft“. So weit, so gut. Wir feiern die Geburt des Kindes, durch das wir alle Kinder Gottes werden können. Ein Familienfest größerer Art, für die „heilige Familie“ aller Getauften, die sich Gottes Kinder nennen dürfen. Aber was ist mit denen, die zwar zu Weihnachten in die Kirche kommen, aber nicht getauft sind – oder sich durch einen Kirchenaustritt dazu entschlossen haben, von ihrer Taufe sozusagen keinen Gebrauch mehr zu machen? Sind diese dann automatisch aus dieser Familie ausgeschlossen? Wer sich auf einer Familienfeier von Leuten, die nicht die eigenen Verwandten sind, einfindet, hat dafür in der Regel einen guten Grund. Eine Einladung zum Beispiel, die davon zeugt, dass man mit dieser Familie auf die eine oder andere Weise verbunden ist. Es gibt in vielen Großfamilien diejenigen entfernten Verwandten, von denen gar keiner so recht weiß: Sind das Nenntanten oder sind wir richtig verwandt? Manchmal gehören Patinnen und Paten fast zur Familie. Wer allein lebt oder allein erzieht, baut sich oft ein Netz besonderer (Familien-)Art. Wer zur Familie gehört und wer nicht, das ist nur manchmal leicht zu sagen. Bei den Gotteskindern ist es nicht anders: Gott allein weiß, wer da alles dazugehört! Wenn wir von der Taufe her über Weihnachten nachdenken, wenn wir feiern als „heilige Familie“ der Gotteskinder, dann tun wir das nicht, um diese Familie möglichst sauber nach außen abzugrenzen. Wer zu einer Familienfeier einer anderen Familie kommt, freut sich vielleicht über eine freundliche Aufnahme – oder auch darüber, wenn gar nicht zu viel Aufhebens darüber gemacht wird. Wer kommt, hat dafür in der Regel einen guten Grund. Oder eine bestimmte Sehnsucht. Nach einer besonderen Atmosphäre, nach Stimmung und Feierlichkeit, vielleicht auch nach Nestwärme. Und vermutlich hat es auch seinen Grund, wenn Menschen, die man hier sonst nicht sieht, gerade an diesem Ort danach suchen. Bei diesem menschgewordenen Gott und seinen Menschengeschwistern. 5 Meditation „Weihnachten – Taufe – Familie Gottes“ In diesem Sinne ist es richtig und gut, wenn diese „Familienfeier der Getauften“ offen und gastfreundlich gefeiert wird – mit Dankbarkeit dafür, dass wir Gottes Kinder heißen dürfen, und auch mit einem Bewusstsein für die Aufgabe, die Gottes Kinder in der Welt haben: Mit dem Evangelium von Gottes Erstgeborenem Hoffnung unter alle Menschen zu bringen. „Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater erwiesen, dass wir Gottes Kinder heißen sollen – und wir sind es auch! Darum kennt uns die Welt nicht; denn sie kennt ihn nicht. Meine Lieben, wir sind schon Gottes Kinder; es ist aber noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden. Wir wissen aber: Wenn es offenbar wird, werden wir ihm gleich sein; denn wir werden ihn sehen, wie er ist.“ (1.Joh 3,1-2) Pastorin Dr. Nicole Chibici-Revneanu, Groß Bisdorf 6 Gottesdienst zum Heiligen Abend Ein Fest der Familie Orgelvorspiel Begrüßung Zu unserem Gottesdienst zum Heiligen Abend begrüße ich Sie recht herzlich. Weihnachten wird für viele als Fest der Familie gefeiert. Auch wir wollen heute in diesem Gottesdienst so ein Fest feiern. Lassen Sie sich überraschen, so wie es zu Weihnachten eben üblich ist. Wir feiern diesen Gottesdienst im Namen Gottes, den wir auch Vater nennen dürfen, der uns ein Zuhause bietet. Wir feiern diesen Gottesdienst im Namen seines Sohnes Jesus Christus, der für uns wie ein Bruder wird, je mehr wir seine Familie kennen lernen. Wir feiern diesen Gottesdienst im Namen des Heiligen Geistes, der versucht, die Familie zusammen zu bringen und füreinander zu begeistern. Lied: Es ist ein Ros entsprungen – EG 30, 1-3 Weissagung Jes. 9, 5 – 6 Jahrhunderte vor Jesus Christus verkündigt der Prophet: „Uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter; und er heißt Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater; Friede-Fürst; auf dass seine Herrschaft groß werde und des Friedens keine Ende auf dem Thron Davids und in seinem Königreich, dass er`s stärke und stütze durch Recht und Gerechtigkeit von nun an bis in Ewigkeit.“ Meditation Weihnachten, ein Fest der Familie? Gerade an diesem Tag wird viel gestritten, obwohl wir das nicht wollen. Wir wollen heute ein Fest feiern, das uns zusammen bringt. Wir wollen Familie als Zuhause erfahren. Weihnachten, ein Fest der Gottesfamilie? Vielleicht kann Sie mir Halt, Schutz und Geborgenheit geben, auch wenn ich heute alleine feiern muss. Ich will es versuchen. 7 Gottesdienst zum Heiligen Abend Ein Fest der Familie Gebet Gott, der du auch unser Vater sein willst: Wir sehnen uns nach Geborgenheit und finden sie oft nicht. Wir suchen nach Halt und fassen ins Leere. Wir wünschen uns, dass du nicht fern bist, sondern nah, dass du uns nicht fremd bleibst, sondern vertraut wirst. Lass uns das heute erfahren. Amen Lied: Lobt Gott ihr Christen alle gleich – EG 27, 1 – 3 Krippenspiel: Alternativ zu den Lesungen und Liedern kann an dieser Stelle auch ein Krippenspiel eingefügt werden. Lesung: Lk. 2, 1-7 Überleitung Es ist geschafft. Das Kind ist da, hilflos und klein, aber wunderschön. Lied: Ich steh an deiner Krippen hier – EG 37, 1.2.4 Lesung: Lk. 2, 8 – 14 Überleitung Engel, wer braucht sie nicht? Manchmal entdecken wir sie als Schutz und Hilfe. Lied: Vom Himmel hoch – EG 24, 1-6 Lesung: Lk. 2, 15 – 20 Überleitung Ich verstehe nicht völlig, was damals zu Weihnachten passiert ist. Aber wie Maria will ich alles, was ich heute höre, in meinem Herzen bewegen. 8 Gottesdienst zum Heiligen Abend Ein Fest der Familie Lied: Stille Nacht – EG 46, 1-3 Predigt: 1. Johannes 3, 1-2 „Wir sollen Gottes Kinder heißen“ Lied: Ihr Kinderlein kommet – EG 43, 1-4 Gebet Sprecher A: Weihnachten, Fest der Familie, Sehnsucht nach Harmonie und Gemütlichkeit. Zuhause sein und verstanden werden. Das wünsche ich mir. Sprecher B: Gibt es bei dir ein Zuhause, Gott? Wenn ja, dann hilf mir, das zu erfahren. Sprecher A: Weihnachten, Fest der Familie? Schön wäre es, aber ich bin allein, meine Familie ist zerbrochen. Manchmal fürchte ich mich sogar vor Weihnachten. Sprecher B: Gott, ich kann die Klischees nicht erfüllen. Wenn du Vater für alle sein willst, dann hilf mir, das zu erfahren. Sprecher A: Weihnachten, Fest der Familie? Kind Gottes, was heißt das? Die Taufe kann ein Schlüssel dafür sein. Aber trotz allem: Unsere Kinder und wir brauchen Schutz, aber die Welt bietet diesen nicht. Krieg, Ungerechtigkeit, Missbrauch, Benachteiligung, Leid – wer schützt uns davor? Sprecher B: Hilf uns und dieser Welt, dass nicht Macht und Ungerechtigkeit das Geschehen regieren, sondern die Liebe, die du uns auch heute wieder zu Weihnachten zeigst. Begleite uns dabei, wenn wir deiner Liebe trauen. Sprecher A: Wir dürfen dich Vater nennen, so wie Jesus es uns vorgemacht hat: Vater unser 9 Gottesdienst zum Heiligen Abend Ein Fest der Familie Segen Wir stellen uns jetzt unter den Schutz und Segen Gottes. Der Herr segne dich und behüte dich, deine Familie und deine Freunde. Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig, damit es hell wird in deinem Leben und du klare Perspektiven sehen kannst. Der Herr hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden, damit dein Leben fest wird und du Frieden erfährst. Amen Abkündigungen Lied: O du fröhliche – EG 44, 1-3 Orgelnachspiel + Glocken Der Spiegel mit der Aufschrift „Gottes Kind“ kann während des Liedes „Ihr Kinderlein kommet“ oder am Ausgang verteilt werden. Pastor Martin Wiesenberg - Tauforientierte Gemeindeentwicklung 10 Predigt zu 1. Joh 3,1-2 „Wir sollen Gottes Kinder heißen“ Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus. Amen. Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater erwiesen, dass wir Gottes Kinder heißen sollen – und wir sind es auch! Darum kennt uns die Welt nicht; denn sie kennt ihn nicht. Meine Lieben, wir sind schon Gottes Kinder; es ist aber noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden. Wir wissen aber: wenn es offenbar wird, werden wir ihm gleich sein; denn wir werden ihn sehen, wie er ist. (1. Joh 3,1-2) I Liebe Gemeinde, Es gibt viel zu sehen am Weihnachtsfest: die hellen Kerzen in der dunklen Nacht, die weit geöffneten Kinderaugen im Moment der Bescherung oder die freudig ausgebreiteten Arme der Familienmitglieder, die an diesem Tag einmal wieder zusammenkommen. Aus der Bibel haben wir gehört: „Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater erwiesen, dass wir Gottes Kinder heißen sollen – und wir sind es auch!“ „Welch eine Liebe hat uns Gott, der Vater, erwiesen.“ Luca ist ein kleines Baby. Drei Monate alt. Er ist der ganze Stolz seiner Eltern. Seine große Schwester ist ganz vernarrt in ihn. Oma Elfriede kann sich nicht sattsehen und schaut fast täglich vorbei. Nun ist es soweit: Der kleine Luca soll getauft werden. Alle haben sich versammelt in der schön geschmückten Kirche. Mama, Papa, seine große Schwester Luise, Oma Elfriede, und noch eine ganze Reihe Tanten und Onkel. Nicht zu vergessen, die beiden Paten. Alle wollen Sie dabei sein, bei Lucas erstem großem Tag in seinem jungen Leben. Die Pfarrerin bittet die Familie um den Taufstein. Im Halbkreis stehen sie da und Luca in der Mitte auf dem Arm seiner Mutter. „In der Taufe nimmt Gott dies Kind als sein Kind an.“, sagt die Pfarrerin. Und plötzlich denke ich an Weihnachten. Das Kind in der Mitte. Maria und Josef, die Hirten und die Könige stehen um die Krippe wie um einen Taufstein. Weihnachten und die Taufe eines kleinen Kindes. Beides sind Familienfeste. Und beide haben mehr miteinander zu tun, als man auf den ersten Blick meint. Weihnachten und Taufe sind Familienfeste der Familie Gottes. 11 Predigt zu 1. Joh 3,1-2 „Wir sollen Gottes Kinder heißen“ II Jesus der Erstgeborene der Familie Gottes An Weihnachten feiern wir das Fest des Erstgeborenen der Familie Gottes: Jesus Christus. An ihm und seinem Leben wird die ganze Liebe Gottes zu uns Menschen deutlich. Darin erweist Gott uns seine Liebe, dass er uns seinen Sohn schenkt. Jesus Christus wird dabei nicht deshalb Mensch, weil das Leben auf der Erde so schön wäre. Er kommt, weil er den Menschen helfen will. Er will sie retten aus der Schuld, in die sie verstrickt sind. Er tröstet, wo Tränen fließen. Er gibt Hoffnung, wo es keine Alternativen mehr zu geben scheint. In diesen Wintertagen spüren wir die Dunkelheit der langen Nächte. Morgens geht die Sonne spät auf und abends früh unter. Wenn es trübe ist, dann wird es den ganzen Tag nicht richtig hell. Deswegen zünden wir Kerzen an, damit es hell wird und die Dunkelheit uns nicht völlig verschlingt. Ein solches Licht in einer dunklen Nacht ist Jesus Christus. Die Nacht um uns herum können wir nicht völlig ausblenden. Auch an Weihnachten nicht. Es ist Nacht, wo Menschen gegeneinander Krieg führen. Wir denken an die Länder des Nahen Ostens, wo der arabische Frühling so hoffnungsvoll begonnen hatte und wo jetzt ein Land nach dem anderen in Krieg und Bürgerkrieg versinkt und kein Frieden einkehren will: Ägypten, Tunesien, Syrien, aber auch an Israel und Palästina. Die furchtbaren Morde einer rechtsextremen Terrorzelle in unserem Land lassen uns erschrocken auffahren. Was ist hier unter uns möglich? Es ist dunkel, wo eine Ehe zerbricht und einer den anderen zurücklässt. Ich denke an ein befreundetes Ehepaar. Eine mustergültige Ehe. Doch dann fängt es an zu bröckeln. Von außen bekommt man es kaum mit und dann ist plötzlich dieser Brief dar: Wir haben uns getrennt. Der Schmerz ist groß und kaum zu betäuben. Es ist finster, wenn liebe Menschen gestorben sind und man alleine zurück bleibt. Ich denke an eine alte Frau. Letztes Jahr hat sie noch zusammen mit ihrem Mann gefeiert. Dieses Jahr sitzt sie alleine vor dem Fernseher. Kinder hatten sie keine. Weihnachten wird ihr zur gefühlt längsten Nacht des Jahres. Und dennoch feiert an Weihnachten die Familie Gottes den Geburtstag ihres erstgeborenen Sohnes. Später einmal sagt er von sich: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.“ Joh 8,12. Der Erstgeborene ist darum das Licht der Welt, weil er uns zeigt, dass Gott die Menschen noch nicht aufgegeben hat, sondern sich ihnen zuwendet. Gott lässt uns nicht allein. Er hilft 12 Predigt zu 1. Joh 3,1-2 „Wir sollen Gottes Kinder heißen“ durch Jesus Christus und schenkt eine neue Perspektive für Zeit und Ewigkeit. „Dieser Erstgeborene, Jesus Christus, ist in die Welt gekommen, damit wir alle Kinder Gottes sein können (vgl. Joh 1,12).“1 Im Glauben nehmen wir dieses wunderbare Weihnachtsgeschenk Gottes an. Und in der Taufe spricht Gott es uns noch einmal persönlich zu. Du bist mein Kind. Der Erstgeborene soll nicht alleine bleiben. Viele Geschwister soll er bekommen. Und so feiert die Familie Gottes an Weihnachten mit allen Geschwistern, dass die Dunkelheit gebrochen ist und das Licht der Hoffnung in Jesus Christus aufleuchtet. III Die Getauften – Geschwister des Erstgeborenen „Wer getauft ist, ist ein Kind Gottes. Und damit so etwas wie ein Geschwisterkind dieses erst- und eingeborenen Sohnes, dessen Geburt wir zu Weihnachten feiern.“2Durch den Glauben und die Taufe werden Menschen zu Kindern Gottes. Die Bibel redet deswegen von der Taufe auch als neue Geburt oder Wiedergeburt. Durch meine Taufe werde ich zu einem Kind Gottes. Darum denke ich an dem Geburtstagsfest von Jesus Christus auch an meine eigene Taufe. Ich weiß jetzt: Ich gehöre dazu. Weihnachten ist das Kind Gottes in diese Welt gekommen, damit wir alle Gottes Kinder würden. Der Apostel Johannes sagt uns: „Wir sind schon Gottes Kinder, aber es ist noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden.“ Die Geburt eines Kindes ist erst der Anfang. Kinder entwickeln sich. Kinder sind noch im Wachsen begriffen. So auch wir. Es ist unsere Bestimmung, Jesus ähnlicher zu werden. Wir werden das Ziel auf dieser Erde nicht erreichen. Aber wir leben in einer unübersichtlichen Welt mit einer Orientierung. Christen können in dieser Welt auch nicht alles verstehen und einschätzen. Aber sie wissen, wenn wir uns an dem Christkind, an Jesus orientieren, dann haben wir eine Richtung. Wer sich in seinem Leben an Jesus Christus orientiert, ist auf dem richtigen Weg. Erst wenn Gott von dieser Welt den Schleier der Vergänglichkeit nimmt, kommen wir an das Ziel. Erst wenn wir in der Ewigkeit oder im Himmel angekommen sind, dann „werden wir ihm gleich sein“. Das wird sein, wenn Gott sich endgültig „offenbaren“ (V. 2) wird, wenn wir dann Gott sehen, wie er wirklich ist. Weihnachten öffnet sich der Vorhang zu Gottes ewiger Welt einen kleinen Spalt weit. Am Ende wird Gott den Vorhang ganz heben. Jetzt üben wir uns darin, Gott, unserem Vater, immer ähnlicher zu werden. Damit es einmal heißt: Der Apfel fällt nicht weiter vom Stamm. Oder: „Ganz der Vater.“ Bei Jesus ist das schon so. Und so finden wir bei ihm, dem Erstgeborenen, die Orientierung, die wir brauchen. Wenn wir an Weihnachten das Fest der Geburt des Erstgeborenen feiern. Dann feiert die ganze Familie, ja alle Geschwister feiern mit. 1 2 Aus der Meditation von Nicole Chibici-Revneanu. Aus der Meditation von Nicole Chibici-Revneanu. 13 Predigt zu 1. Joh 3,1-2 „Wir sollen Gottes Kinder heißen“ IV Viele Gäste feiern mit – von nah und fern Und die Familie Gottes feiert nicht allein. In vielen Tauffeiern wird das deutlich. Nicht nur die Eltern des Kindes sind dabei. Auch die Großeltern, und die nahe und ferne Verwandtschaft. Freunde der Familie sind wichtig und freuen sich mit. Viele sind eingeladen mitzufeiern. Und viele kommen und feiern auch mit, denn es gibt ja auch einen guten Grund zum Feiern. So auch heute an Weihnachten. Weihnachten, die Geburt von Jesus ist ein offenes Fest. Es gehört nicht den Christen alleine. Es ist vielmehr ein Fest für alle Menschen, weil Gottes Liebe allen Menschen gilt. Sie gilt dir und mir. Sie gilt meinem Nachbarn und sogar meinem Feind. Sie gilt sogar denen, die Gott nicht kennen oder kennen wollen. Und warum ist Weihnachten ein Fest, bei dem alle mitfeiern dürfen? Es lädt auch jeden ein, der noch nicht zur Familie Gottes gehört. Er darf nicht nur mitfeiern, er ist auch herzlich eingeladen Teil der Familie selbst zu werden. Schluss Luca´s Mama beugt sich über die Taufschale und hält ihr Baby über das Wasser. Noch ist es glatt und wie im Spiegel erkennt sie Luca´s Gesicht. Die Pfarrerin nimmt nun Wasser in die Hand und gießt es über Luca´s Kopf. „Ich taufe dich im Namen des Vaters, der dich liebt und als sein Kind annimmt. Ich taufe dich im Namen des Sohnes, des erstgeborenen der Kinder Gottes. Und ich taufe dich im Namen des Heiligen Geistes, der in dir vollenden will, was heute begonnen hat.“ Das Wasser beruhigt sich wieder. Kurz bevor sich alle wieder setzen, sieht Luca´s Mutter, wie ihr eigenes Gesicht sich im Wasser der Taufe spiegelt. Da durchfährt es sie: Auch ich gehöre dazu. Ich bin ein Kind Gottes. Liebe Weihnachtsfestgemeinde, dieses Erlebnis können wir alle machen. Wir sehen unser Antlitz und staunen darüber, dass Gott uns in seine Familie aufnehmen will. Ein Mensch wird getauft – ob als Kind oder als Erwachsener spielt keine Rolle – und er gehört zur Familie Gottes. Wenn wir in diesen Tagen eine Krippe sehen oder Bilder von Maria, Joseph und dem neugeborenen Jesuskind, dann sehen wir Darstellungen der Familie Gottes, zu der wir auch dazu gehören dürfen. Die Geschichte der Heiligen Familie hat damals begonnen und kommt erst zu ihrem Ziel, wenn Sie und ich, wenn wir auch dazu gehören. Amen. Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen. Bischof Dr. Hans-Jürgen Abromeit / Pastor Dr. Michael Giebel 14 Kopiervorlage Gottesdienstblatt (Siehe auch extra Dateien im PDF Format) 15 Kopiervorlage Gottesdienstblatt (Siehe auch extra Dateien im PDF Format) 16