Interview Entwurfsarchitekt 1 „Gebäude und Maschine sind untrennbar verbunden“ Bielefeld. Entwurfsarchitekt Frank Lang von der TU Darmstadt erklärt im Interview, warum die ETA-Fabrik interdisziplinär entwickelt wurde und was ihm an der Schüco Parametric Fassade gefällt. Herr Lang, was waren die Grundgedanken beim Entwurf der ETA-Fabrik? Uns haben im Wesentlichen zwei Fragen beschäftigt: Wie können wir die Energiekreisläufe von Maschinen und Gebäude intelligent verknüpfen? Und wie soll die Fabrik später Mal zurückgebaut werden? Um Wand- und Deckenelemente thermisch zu aktivieren, haben wir uns für ein massives, energiespeicherndes Material entschieden: Beton. Trotzdem weist die Fassade einen modernen Schichtaufbau auf. Alle Schichten bestehen aus Beton-Sorten, die auf ihre jeweilige Funktion hin optimiert sind. Die gesamte Fassade lässt sich aufgrund ihres homogenen mineralischen Charakters einfach recyklieren. Das Gebäude ist als Röhre konzipiert: Dach und Längsseiten sind geschlossen, die Stirnseiten offen. Wie kam es zu dieser Struktur? Die Längsseiten dienen als groß dimensionierte Heiz- bzw. Kühlflächen zur Raum- und Maschinenklimatisierung und sind daher fast vollständig geschlossen. Als Tragwerk haben wir hierzu ein modulares System aus Betonfertigteilen ausgewählt, das sich beliebig erweitern oder zurückbauen lässt. Die Ansprechpartner für die Redaktion: Schüco International KG Ulrike Krüger Karolinenstr. 1–15 33609 Bielefeld Tel.: +49 (0)521 783-803 Fax: +49 (0)521 783-950803 Mail: [email protected] www.schueco.de/presse www.schueco.de/press Architektur der Betonhülle ist eher unspektakulär, aber sie hat eine schöne Materialität. Das System kann als Prototyp verstanden werden für eine Fabrikhalle, wie sie auch an anderer Stelle, in anderer Größe entstehen und genutzt werden könnte. Die Stirnseiten können hierbei individuell je nach Anforderungen und Budget gestaltet werden. In unserem Fall sind sie offen und vollflächig verglast, um Tageslicht in die Fabrik zu holen und Ein- sowie Ausblicke zu ermöglichen. Wie unterscheiden sich die Nord- und Südseite? Die Nordseite, hinter der die Büros liegen, ist als StructuralGlazing-Konstruktion ausgeführt. In den Zwischenräumen der opaken Öffnungsflügel wurden hochwärmegedämmte Vakuumisolierpaneelen eingelegt: So erreichen wir – trotz der großen Glasflächen – einen passablen U-Wert. Nach Süden erhielt die Halle eine Elementfassade mit integriertem Tor und vorgelagerter Anlieferzone. Um eine Überhitzung im Sommer und thermische Verformungen an den Maschinen zu vermeiden, verhindern Lichtlenklamellen in den Scheibenzwischenräumen eine direkte solare Einstrahlung und leiten das Licht an die Hallendecke. Im unteren Fassadendrittel verschatten Schüco Parametric Elemente den Innenraum und ermöglichen zugleich Sichtbezüge zwischen Innen und Außen. Bei den drei oberen, stärker der Sonne ausgesetzten Scheiben wurden 32 Prozent des Glases mit einem Punktmuster als Sonnenschutz bedruckt. Die unterste Scheibe ist dagegen transparent, damit man hinein- bzw. hinausschauen kann. Architekten, Bauingenieure und Maschinenbauer haben die ETA-Fabrik gemeinsam entwickelt. Was halten Sie von diesem interdisziplinären Ansatz? Zusammenarbeit geklappt? Und wie hat die Komplexe Bauaufgaben lassen sich in interdisziplinären Teams besser bewältigen. Klar war die Zusammenarbeit nicht immer einfach, aber es hat sich gelohnt. Man sieht dem Gebäude die fachübergreifende Teamarbeit an. Es wirkt, wie aus einem Guss. Meist ist es doch so: Die Architekten entwerfen, die Fachingenieure kommen erst später hinzu. Da ist es aber 2/3 eigentlich schon zu spät. Das Gebäude hat dann oft den Charakter eines – um den Architekten Robert Venturi zu zitieren – ‚dekorierten Schuppens‘: eine konventionelle Halle, die mit innovativen technischen Applikationen bestückt ist. Das war bei der ETA-Fabrik anders. Unser Ziel war ein integratives Gebäudekonzept, das von Anfang an von allen beteiligten Disziplinen in einem gemeinsamen Prozess entwickelt wurde. Gebäude und Maschine sind so untrennbar miteinander verbunden. An der Südseite wurde das Schüco Parametric System verbaut. Warum haben Sie sich für diese Fassade entschieden? Das Gebäude ist ein Prototyp, daher wollten wir auch eine innovative Fassade einsetzen. Hier bot sich das Parametric System an: Die dreidimensional gestalteten Glaselemente ermöglichen durch ihre Geometrie einen Sonnenschutz ebenso wie Ein- und Ausblicke. Während bei planen Glasflächen häufig störende Reflexionen entstehen, kann man hier durch die leicht nach vorn geneigten Glasscheiben von außen blendfrei in die Halle blicken. Zudem gliedert die Parametric Fassade die Südfassade. Es entsteht eine Sockelzone, die die Neugierde auf das Gebäude weckt. Was schätzen Sie am Parametric System? Es ist ein patentes System, indem viele Möglichkeiten stecken: Man kann unterschiedliche, dreidimensionale Geometrien gestalten, verschiedene Gläser oder Bleche einsetzen. Dadurch lässt sich Bewegung in große Fassaden bringen. Bei der ETAFabrik haben wir uns für eine vergleichsweise ruhige Lösung entschieden, um die Fassade nicht zu überladen. Mit dem Ergebnis sind wir sehr zufrieden. 3/3