Direkter Nachweis Dunkler Materie - A1

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Seminar Kern- und Teilchenphysik SS2011 18.08.2011
Heinrich Leithoff
Betreuer: Prof. Dr. Uwe Oberlack
Direkter Nachweis Dunkler Materie
Was ist dunkle Materie?
Dunkle Materie beschreibt eine beobachtbare Gravitationswirkung ohne Licht
oder andere elektromagnetische Strahlung. Erste Hinweise fand Fritz Zwicky
1933, als er den Virialsatz auf Galaxien des Coma-Clusters anwandte und
diese deutlich zu schnell waren. Ernsthaft Beachtung fand die Vorstellung,
dass neben der sichtbaren noch große Mengen unsichtbarer Materie existieren erst in den 70ern, nachdem Vera Rubin die Rotationsgeschwindigkeiten
von interstellarem Gas in Spiralgalaxien gemessen hatte und diese außerhalb
der inneren Region im wesentlichen konstant waren (siehe 1).
Abbildung 1: Rotationsgeschwindigkeit
Abhängigkeit des Abstandes zum Zentrum
interstellarer
Materie
in
Daraus folgt, dass die Massenverteilung in der Galaxie linear im Radius
sein muss – zumindest für große Radien, im Widerspruch zur Verteilung der
sichtbaren Materie.
Auch aus dem Gravitationslinseneffekt lässt sich ablesen, dass viele Galaxien
ein Vielfaches der sichtbaren Masse haben müssen. Betrachtet man die Anisotropieen der kosmischen Hintergrundstrahlung, so lassen sich diese nur mit
Baryonen schlecht erklären – mit nichtbaryonischer Materiehingegen sehr
gut. Aus ihrer Größe ergeben und anderen Messungen lässt sich die heutige
Vorstellung des Universums ableiten, wonach etwa 0,4% der Materie im Universum Sterne sind, ca. 4% Baryonen (und Leptonen), 23% dunkle Materie
und der Rest dunkle Energie. Betrachtet man die großskaligen Strukturen
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im Universum, so zeigen Simulationen, dass diese sich nur mit nichtrelativistischer dunkler Materie schnell genug bilden, um mit den beobachteten
Daten übereinzustimmen.
Stabile, neutrale, relativ schwere Teilchen die nur sehr schwach mit normaler
Materie wechselwirken, sogenannte WIMPs, könnten alle diese Beobachtungen erklären.
Modellannahmen
Betrachtet man typische Spiralgalaxien und nimmt an, dass WIMPs die
dunkle Materie stellen, so gehen übliche Modelle davon aus, dass diese
sich auf ungestörten keplerschen Bahnen in einem sphärischen Halo um die
Galaxie bewegen und eine Maxwellsche Geschwindigkeitsverteilung haben.
Passt man diese Annahmen an die beobachteten Geschwindigkeiten in unserer Milchstraße an, so ergibt sich bei der Sonne eine mittlere Dichte von
0,3 GeV
für eine mittlere Geschwindigkeit von 270 km
s . Da die Bewegungen
cm3
der WIMPs als ungerichtet angenommen werden, ist die mittlere Relativgeschwindigkeit zur Erde ca 230 km
s (die Geschwindigkeit der Sonne um das
galaktische Zentrum).
Nachweismethoden
Dunkle Materie lässt sich auf verschiedene Arten nachweisen:
indirekt An Orten hoher Dichte dunkler Materie – z.B. Gravitationssenken
– wird nach Annihilationsereignissen gesucht, die von DM-Teilchen
stammen können.
Beschleuniger In Beschleunigerexperimenten können DM-Teilchen direkt erzeugt und
durch fehlenden Impuls nnachgewiesen werden.
direkt Bei Relativgeschwindigkeiten von 230 km
s können die Teilchen einen
messbaren Rückstoß an Kernen des Detektormaterials hervorrufen.
Diese Rückstoßkerne lassen sich elektromagnetisch nachweisen.
Die Anforderungen an Detektoren zum direkten Nachweis sind hoch:
die erwarteten Energieen liegen im Bereich weniger keV bis 100 keV und
die Rate ist mit weniger als 1 TEreignis
ag∗T onne extrem niedrig. Die Detektoren
müssen also bei sehr niedriger Schwellenenergie eine extrem gute Hintergrundunterdrückung haben und insbesondere vor Neutronen (produzieren
ähnliche Rückstöße) und kosmischen Myonen (können Neutronen induzieren) geschützt werden.
XENON100
In diesem Experiment wird flüssiges Xenon als aktives Medium verwendet. Dabei wird sowohl die Szintillation als auch die Ionisation durch den
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Rückstoßkern ausgelesen. Im Aufbau sind inneres und äußeres Volumen
optisch voneinander getrennt. Im inneren Volumen befindet sich über der
flüssigen eine gasförmige Phase, knapp über dem Boden ist eine Kathode
angebracht, wenige mm über der Phasengrenze liegt die Anode. Ausgelesen wird das aktive Volumen durch Arrays von Photomultipliern oben und
unten (siehe 2).
Abbildung 2: Prinzipieller Aufbau von XENON100
Abbildung 3: Funtionsweise von
XENON100
Wechselwirkt ein DM-Teilchen mit einem Kern im inneren Volumen, so
verursacht der Rückstoßkern zum einen direkte Szintillationsphotonen (S1),
zum anderen ionisiert er einen Teil der Xenonatome. Die Elektronen driften im elektrischen Feld zur Anode, wo sie stark beschleunigt werden und
sekundäre Szintillationsphotonen (S2) entstehen. Die Zahl dieser Photonen
ist proportional zur erzeugten Ladung. An dem Verhältnis der Signale S1
und S2 lassen sich Elektronen- und Kernrückstöße unterscheiden und somit
insbesondere γ-Ereignisse gut trennen. Das äußere Volumen dient als aktives Veto, die Abschirmung erfolgt durch hochreines Kupfer, Blei, Wasser,
Polyethylen und das Felsmassiv in Gran Sasso.
Abbildung 4: S1-Signal im oberen und im unteren Array. Der äußere Ring
zeigt kein Signal an, d.h. im äußeren Volumen gab es keine Wechselwirkung
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Ergebnisse
Bisher konnte noch kein WIMP zweifelsfrei nachgewiesen werden, dies ist
für die meisten Theorien auch so zu erwarten. Die Empfindlichkeit der Detektoren sollte aber mit der nächsten Generation in die Bereiche vorstoßen,
in denen die theoretischen Vorhersagen ernsthaft getestet werden können.
Abbildung 5: Ausschlussregionen verschiedener Experimente für Wirkungsquerschnitt und Masse von WIMPs
Quellen
• Dark Matter“, V. Zacek, arXiv:0707.0472v1 [astro-ph] 3 Jul 2007
”
• Dark Matter Results from 100 Live Days of XENON100 Data“, (The
”
XENON100 Collaboration), arXiv:1104.2549v3 [astro-ph.CO] 7 Sep
2011
• Direct detection of WIMPs, David G. Cerdeño, Anne M. Green, arXiv:1002.1912v1 [astro-ph.CO] 9 Feb 2010
• http://xenon.physik.uni-mainz.de/presentations/Xe100Poster4Mainz vertical.pdf,
28.01.2012
• http://www.hephy.at/physik/die-physik-des-allerkleinsten/kosmologie/,
28.01.2012
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