Indirekte Nachweismethoden für Dunkle Materie Martin Bendschneider 18.01.2011 1 1.1 Zusammenfassung der Grundlagen Hinweise auf Dunkle Materie 1.1.1 Rotationskurven von Galaxien Wenn man die Keplerschen Gesetze zugrunde legt, dann erwartet man eine Abhängigkeit der Form 1 vrot ∝ r− 2 für die Rotationsgeschwindigkeit einer Galaxie. Man beobachtet jedoch eine Rotationsgeschwindigkeit, die auÿerhalb des galaktischen Kerns in etwa konstant bleibt. Um dieses Phänomen zu erklären, nimmt man an, dass die Galaxie in einem sphärischen Halo aus Dunkler Materie eingebettet ist, der 80-90% der Gesamtmasse der Galaxie ausmacht. Um die konstante Rotationsgeschwindigkeit zu erklären muss die Masse des Halos proportional mit der Entfernung zum Zentrum der Galaxie zunehmen. 1.1.2 Gravitationslinseneekt und Bullet-Cluster Aus der ART wissen wir, dass Licht durch ein Gravitationspotential abgelengt wird. Der Ablenkwinkel hängt dabei von der Masse ab, die das Potential bildet: α= 4M G bc2 Mit Hilfe dieses Eekts lässt sich nun beim Bullet-Cluster zeigen, dass sich ein Groÿteil der Materie auf der Position der Galaxien bendet und nicht bei den Gaswolken, die einen Groÿteil der sichtbaren Materie ausmachen. Dadurch schlieÿt man auf Dunkle Materie, die bei der Kolision nicht mit sich selbst oder anderen Bestandteilen wechselwirkte. 1.2 Kosmische Hintergrundstrahlung und Kosmologischer Dichteparameter Man kann durch Untersuchungen des kosmischen Mikrowellen Hintergrundes und deren Anisotropie, sowie anderen Experimenten Rückschlüsse auf die gesamte Verteilung der Masse bzw. Energie im Universum machen. Zum Beispiel gibt die relative Höhe des ersten Peaks im Leistungsspektrum Aufschluss über die Materiedichte im frühen Universum. 1 Abbildung 1: 1.3 ⇒ Mögliche Kanditaten • kalte Baryonische Dunkle Materie (kalte Gas- oder Staubwolken, braune Zwerge, Planeten) • Heiÿe Dunkle Materie (Neutrinos) • CDM: kalte Dunkle Materie (WIMPs - Weakly Interacting Massive Particles) Nur CDM kann einen wesentlichen Beitrag zur Dunklen Materie liefern. Hier wurden einige vorgeschlagene Kandidaten einem zehn Punkte Test unterzogen. Sobald auch nur eine der Bedingung nicht erfüllt ist kommt das Teilchen nicht mehr in Frage. 2 2 Indirekter Nachweis durch Neutralino Annihilationen Neutralinos gelten als ein sehr guter Kandidat. Sie treten in supersymmetrischen Modellen als eine lineare Kombination der neutralen Eich- und Higgsbosonen auf. Da sie ihre eigenen Antiteilchen sind, können sie miteinander annihilieren. Möglicherweise kann man Neutralinos im Galaktischen Halo durch Produkte der Annihilationen nachweisen. Dabei misst man vor allem Positronen, Antiprotonen und γ Strahlung. Abbildung 2: Feynman Graph zur Neutralino Annihilation. Viele weitere Graphen sind möglich. Energieabhängiger Fluss der Annihilationsprodukte durch Integration entlang der Sichtlinie: dN dE : Energiespektrum hσAnn · vi: über die Geschwindigkeit gemittelter Wirkungsquerschnitt Quadratische Abhängigkeit von der Dichte, da zwei Neutralinos an Annihilation beteiligt sind. 2.1 Indirekter Nachweis durch γ Strahlung Messung von DM-Spitzen: Dunkle Materie Überdichten, die man um supermassereiche Schwarze Löcher (SMBH) herum erwartet. SMBH sind Annihilations-Booster. Da solche SMBH in Zentren von Galaxien auftreten, sind diese bevorzugte Objekte für die Suche nach dunkler Materie. Zum Beispiel gibt es im Zentrum unserer Milchstraÿe das SMBH Sagittarius A*. Sterne in der nähe des Schwarzen Loches könnten sich durch diese DM-Spitzen bewegen. Durch die Annihilationen im inneren der Sterne würden sich deren erwartete stellare Parameter ändern. Man kann auch die difuse Gamma Strahlung unserer Galaxis auf mögliche Beiträge von Annihilationen von Neutralinos hin untersuchen. Im folgenden werden die Ergebnisse von EGRET vorgestellt. 3 Abbildung 3: Links: mit Berechnungen für bekannte Quellen lässt sich das gemessene Spektrum nicht erklären. Rechts: Mit einem zusätzlichen Beitrag von der Annihilation vonn Neutralinos mit einer Masse von etwa 60 GeV lässt sich das Spektrum gut beschreiben. Dabei wurden zunächst die konventionellen Beiträge berechnet: • Zerfall neutraler Pionen, die in der Wechselwirkung der Kosmischen Strahlung mit dem interstellaren Medium erzeugt werden: p + p → nπ 0 + X, π 0 → γγ • Bremsstrahlung von Elektronen • Inverser Comptoneekt von Elektronen an Photonen verschiedener Hintergrundstrahlungsquellen. Diese reichen allerdings nicht aus, um das Spektrum vollständig zu beschreiben. Es ergibt sich ein Dezit von etwa 100MeV bis 100GeV. Nimmt man jedoch ein möglichen Annihilationsprozess von Neutralinos in ein Quark Antiquark Paar hinzu χχ → qq → nπ 0 + X → π 0 → γγ und rechnet mit einer Neutralino Masse von etwa 60GeV, dann kann man das Spektrum gut beschreiben. Bei diesen Daten handelt es sich jedoch möglicherweise nur um einen systematische Messfehler, denn das Nachfolgeexperiment Fermi konnte keinen solchen Eekt feststellen 2.2 Atmosphärische Cherenkov Teleskope Mit Satelliten kann man den GeV Enegiebereich gut abdecken. Für den TeV Bereich verwendet man Atmosphärische Cherenkov Teleskope (ACT). Diese haben jedoch den Nachteil, dass man nur bei sehr günstigen Wetterbedingungen Beobachtungen mit ihnen machen kann. 4 Mit Hilfe von H.E.S.S wurde das galaktische Zentrum der Milchstraÿe im TeV Bereich untersucht und ein klares Signal gefunden. Theoretische Modelle unterschätzen dieses Signal zwar, aber eine Interpretation mit annihilierenden WIMPs ist nicht möglich. Dafür ist die Vielzahl an unterschiedlichen Quellen zu groÿ. 2.3 Indirekter Nachweis durch Antimaterie Da sich die Antimateriesignale gut vom Untergrund trennen, beschränkt man sich auf die Messung von z.B. Positronen oder Antiprotonen. Abbildung 4: Im linken Diagramm kann man das gemessene Positronenussverhältnis sehen (Punkte). Im Gegensatz dazu die aufgrund des Galaktischen Teilchenstrahlungshintergunds erwartete Kurve. Im rechten Diagramm ist das Antiproton-Proton Verhältnis zu sehen. Hier stimmen die Erwartungen mit den Messungen überein. Bei der Interpretation dieser Messungen muss man allerdings vorsichtig sein, wenn man die gemessenen Eekte den Neutralinos zuschreibt. Denn da die Anhilationsprodukte geladen sind, wechselwirken sie mit EM Feldern auf dem Weg zu unserem Sonnensystem. Daher kann man ihnen keinen örtlichen Ursprung zuweisen. Auÿerdem könnte es sich bei der Quelle auch um Pulsare handeln. 5 Abbildung 5: Durch galaktische Magnetfelder (deren Feldlinien ungefähr den Spiralarmen folgen), werden die geladenen Teilchen mehrfach abgelenkt. Dadurch ist eine Herkunftsbestimmung bei solchen Messungen nicht möglich. 3 Zusammenfassung Das Nachweisen dunkler Materie durch indirekte Methoden stellt die Wissenschaftler vor besondere Herausforderungen. Denn um ein Signal eindeutig Dunkler Materie zurordnen zu können erfordert es eine sehr genaue Modellierung vieler verschiedener Phänomene. Auch wenn die schon vorliegenden Ergebnisse von PAMELA, HESS ... vielversprechend sind, ist eine Interpretation mit dunkler Materie sehr spekulativ. In der Zukunft werden Experimente am LHC und mit AMS-02 durch höhere Enegien, bzw. höhere Genauigkeiten möglicherweise Aufschluss geben. 4 Quellen http://www.spektrum.de/artikel/1009303&_z=798888 http://paduaresearch.cab.unipd.it/1715/1/MarcoTaosoThesis.pdf http://www.ecap.physik.uni-erlangen.de/~katz/ws08/atp/talks/1/KT/KT. http://arxiv.org/PS_cache/arxiv/pdf/0902/0902.1347v1.pdf http://arxiv.org/PS_cache/hep-ph/pdf/0404/0404162v4.pdf http://arxiv.org/PS_cache/arxiv/pdf/1009/1009.4936v2.pdf http://arxiv.org/PS_cache/hep-ph/pdf/0404/0404175v2.pdf 6