Implementierung von Big Data Warum Prozesse und Kultur von zentraler Bedeutung sind Big Data bedingt eine ganzheitliche und grundlegende ­Transformation des Unternehmens. Solange Unternehmen hierin nur eine weitere ­Technologieimplementierung sehen, können sie das Potenzial nicht ­ausschöpfen. 48 Detecon Management Report blue • 1 / 2015 Das starke Interesse von Unternehmen an Big Data und dessen zahlreichen Applikationen ist mehr als gerechtfertigt: Vom Internet der Dinge bis hin zu Marketing Analytics verändert Big Data die Geschäftswelt. Die Implementierung von Big Data wird allerdings in vielen Unternehmen nur wie „noch eine weitere“ Technologieimplementierung behandelt. Diese Sichtweise ist nicht nur falsch, sondern vor allem ineffektiv. Wer die Leistung von Big Data wirklich nutzen will, muss die internen Prozesse und operativen Ziele eines Unternehmens völlig neu gestalten. Wir sehen hierfür vier Gründe: Alte Hierarchien sind ein Hindernis: Die Bezeichnung Big Data er- folgte aus gutem Grund. Damit Big Data sich für ein Unternehmen als effizient erweist, müssen so viele Daten wie möglich aggregiert werden. Das bedeutet jedoch, dass Daten nicht separat gemäß den alten Linienfunktionen oder Hierarchien gespeichert werden können. Individuelle Linienfunktionen oder Abteilungen, die ihre Daten in separaten Data Warehouses speichern, verfehlen den Zweck für Big Data. Data Pockets stehen im Gegensatz zu Big Data: Technische Einschränkungen und die Nachteile der Linienfunktion – mangelndes „linienübergreifendes“ Denken und Wissen auf der Fachseite sowie Machtinteressen – führen dazu, dass Daten heute oft nur eingeschränkt verfügbar sind. Damit Big Data effektiv ist, müssen die Daten jedoch für alle zugänglich sein. Big Data ist mit Linienfunktionen unvereinbar. Verfügbarkeit der Rohdaten für alle: Die Rohdaten müssen allen Abteilungen und Mitarbeitern innerhalb eines Unternehmens zur Verfügung s­ tehen und nicht über eine Abteilung oder Mitarbeitergruppe gefiltert werden. Zusätzliche Einblicke und Erkenntnisse, die nicht planbar oder vorhersehbar sind, können erst dann generiert werden, wenn verschiedene Personen und Abteilungen die Analysen aus unterschiedlichen Perspektiven durchführen. Management der Analyse statt Management der Daten: Eines der größten Probleme bei Big Data ist nicht das Management der Daten, ­sondern das Management der Analyse. Das Problem „Paralyse durch Analyse“ wird sich in großen Unternehmen mit der Implementierung von Big Data noch ­potenzieren. Da viele Personen und Abteilungen Analysen durchführen, besteht für die Unternehmen das Risiko, eine Überfülle an Analysen zu erhalten und daher wichtige Entscheidungen nicht rechtzeitig zu treffen. In welcher Weise müssen Unternehmen sich also neu aufstellen, um die Leistung von Big Data effektiv nutzen zu können? 49 Detecon Management Report blue • 1 / 2015 Eine effektive Big-Data-Implementierung beinhaltet ­Folgendes: Neugestaltung der Unternehmenshierarchie: Falls Globalisierung und Soziale Medien es noch nicht geschafft haben, die alten Funktionssilos in den Unternehmen aufzubrechen, wird Big Data den Anstoß zum Handeln geben! Damit Big Data gut funktionieren und effektive Analysen auf der Basis von aggregierten Daten liefern kann, ist es erforderlich, die Datenströme neu zu definieren. In den meisten Unternehmen verläuft der Datenstrom „bottom-up“, da der Großteil der Daten sich aus den täglichen Interaktionen zwischen Unternehmen und Kunden generiert. Die Verwaltung dieser Daten ist entscheidend für den Erfolg von Big Data. In der Vergangenheit war das Management dieser massiven Datenvolumen durch die Linienfunktionen eine wahre Herkules-Aufgabe. Wir sehen jedoch zwei Trends, die das Aufweichen dieser alten starren Struktur bewirken: Erstens geht mit dem Eintritt der Generation Y ins Arbeitsleben ein Wertewandel einher. Zweitens stehen heute leistungsstarke und kostengünstige Technologien für die Speicherung, Verarbeitung und Analyse unendlich vieler Daten zur Verfügung, die atemberaubend sind im Vergleich zu den Möglichkeiten der letzten drei Jahrzehnte. Geschwindigkeit und Datenvolumen der Analysen haben sich vervielfacht. Zentrale Datenerfassung und -speicherung: Big Data ist nur dann effektiv, wenn alle Daten zentral aggregiert werden. In diesem Kontext sollte darauf hingewiesen werden, dass zentralisiertes Erfassen und Speichern nicht identisch ist mit zentraler Kontrolle. Das zentrale Erfassen und Speichern ist absolut wichtig, damit gewährleistet werden kann, dass alle Daten für eine sorgfältige Analyse und Interpretation der relevanten Fragen, die es zu beantworten gilt, verfügbar sind. Verhindern, dass das Erfassen und Speichern von Daten in der Unternehmenshierarchie „verloren geht“: Eine der einschneidendsten Änderungen, die Unternehmen bei der Implementierung von Big Data kontinuierlich überwachen müssen, ist, dass die Daten nicht innerhalb der einzelnen Linienfunktionen oder Hierarchien „versteckt werden“ oder „verloren gehen“. Bereitstellung der erforderlichen Tools, Schulungen und Support: Big Data ermöglicht es, die Daten innerhalb der gesamten Unter- nehmensstruktur „freizusetzen“. Diese Datenfreiheit ist jedoch mit einer großen Verantwortung in Bezug auf Analysen verknüpft. Eine freie Verfügbarkeit der Daten ohne die erforderlichen Schulungen, Tools und Support ist die Anleitung für eine perfekte Unternehmenskatastrophe. Ein konsequentes Schulungsprogramm ist unverzichtbar. Dedizierter Support in Bezug auf Unternehmensressourcen: Eine effektive Big-Data-Implementierung erfordert ein mit Ressourcen ausgestat- 50 Detecon Management Report blue • 1 / 2015 tetes Team, dessen Aufgabe nicht nur in der schnellen Durchsetzung der kulturellen Veränderungen und Überprüfung der Prozesse besteht, sondern das zur effektiven Implementierung von Big Data angemessene Schulungen durch- und Regeln innerhalb des Unternehmens einführt. Kultureller Wandel: Mit der Neukonzeption der Datenströme und der ­Verfügbarkeit von Datenanalysen müssen im Unternehmen neue kulturelle ­Normen gesetzt werden, um effektive Entscheidungsprozesse zu ermöglichen und der ­„Paralyse durch Analyse“ vorzubeugen. Die Verankerung einer entsprechenden Kultur ist von zentraler Bedeutung in einem Umfeld, in dem Daten ausgetauscht werden und für jeden verfügbar sind, insbesondere auch zur Vermeidung von ­Silobildung. Ebenso wichtig ist die Offenheit in Bezug auf Daten-Sharing und Analyse. Bereinigte Daten ja, „politisch“ bereinigte Daten nein: Mit konsequent bereinigten Daten kann sichergestellt werden, dass die Analysen ­präzise sind und relevante Erkenntnisse liefern. Bereinigte Daten dürfen jedoch nicht als Daten interpretiert werden, die so bearbeitet wurden, dass einzelne P ­ ersonen oder Abteilungen „gut aussehen“. Außer in Bezug auf die Konsistenz dürfen an den ­Daten keine Änderungen vorgenommen werden. C-Level-Support: Das größte Hindernis bei der effektiven Implementierung von Big Data ist die Gewährleistung eines durchgehenden und dedizierten C-Level-Supports. Ohne C-Level-Support wird jeder Versuch einer effektiven BigData-Implementierung zum Scheitern verurteilt sein. Da Big Data für den Ausbau von Wettbewerbsvorteilen unverzichtbar sein wird, müssen Unternehmen schnell handeln und adäquate Implementierungspläne erstellen. Die hohe Relevanz, die Technologiepläne haben, muss auch den Veränderungen in Kultur, Prozessen und HR beigemessen werden. Unternehmen sollten Big Data auf keinen Fall bloß als ein weiteres Technologieprojekt betrachten, das einfach nur implementiert werden muss. Vielmehr geht es bei Big Data um eine ganzheitliche und grundlegende Transformation des Unternehmens, die kurz- wie auch langfristig mit großer Sorgfalt angegangen werden muss. Nur wenn diese ­Prämisse eingehalten wird, können Unternehmen daraus ihren Nutzen ziehen. Eric Quon-Lee ist als Management Consultant bei Detecon Inc., USA, tätig. Er ist Spezialist für ­Themen in den Bereichen Finanzen, Humankapital und Projektmanagement. Thomas Peters, Senior Consultant, nutzt seine Erfahrungen aus der Telekommunikationsindustrie und erbringt Beratungsleistungen für Kunden in Sachen ICT-Systeme und -Infrastruktur in service­ orientierten Umgebungen. Darüber hinaus erstellt er Geschäfts- und Marktanalysen und ist spezialisiert auf die Entwicklung und Ausrichtung von Geschäfts- und Technologiestrategien. 51 Detecon Management Report blue • 1 / 2015