Verwirrtheit/Delir bei Tumorpatienten

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SOP Verwirrtheit/ Delir bei Tumorpatienten
Verwirrtheit/Delir bei Tumorpatienten
Inhalt
A)
Ziel und Zweck ___________________________________________________________ 2
B)
Zuständigkeit _____________________________________________________________ 2
C)
Geltungsbereich __________________________________________________________ 2
D)
Mitgeltende Unterlagen _____________________________________________________ 2
E)
Verfahrensbeschreibung ____________________________________________________ 2
1.1 Definition ___________________________________________________________ 3
1.2 Subtypen ___________________________________________________________ 3
1.3 Symptome __________________________________________________________ 3
1.4 Diagnostik __________________________________________________________ 4
1.5 Therapie ___________________________________________________________ 4
1.6 Therapieerfolgskontrolle/ Nachsorge _____________________________________ 5
1.7 Pflegerische Besonderheiten ___________________________________________ 5
1.8 Literatur ____________________________________________________________ 6
1.9 Autoren ____________________________________________________________ 6
Bearbeiter/in
Freigabe
(QMB/Leitung)
Prof. Dr. U. Herwig
Dr. R. Mayer-Steinacker
Prof. Dr. Döhner
Version/Datum
(letzte Änderung)
Seite
3.1
02.11.2012
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Dieser Ausdruck ist eine unkontrollierte Kopie!
Für die Übereinstimmung mit der im “QM-Arbeitsplatz“ hinterlegten Version trägt jeder Mitarbeiter selbst die Verantwortung.
Das Dokument ist Eigentum des Comprehensive Cancer Center Ulm (CCCU) und unterliegt dem Copyright.
SOP Verwirrtheit/ Delir bei Tumorpatienten
A) Ziel und Zweck
Darstellung von Therapieleitlinien zur Festlegung von einheitlichen krankheitsspezifischen Behandlungsstrategien und Transparenz
B) Zuständigkeit
Ärztliche Mitarbeiter der Mitgliedseinrichtungen des CCCU
C) Geltungsbereich
Die Mitgliedseinrichtungen des CCCU
D) Mitgeltende Unterlagen
Arzneimittel-Hausliste des Universitätsklinikums Ulm
E)
Verfahrensbeschreibung
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1.1 Definition
Der Verwirrtheitszustand, auch amentielles Syndrom, geht mit einer Orientierungsstörung und
meist mit psychomotorischer Erregung und Bewegungsdrang einher. Die Verwirrtheit ist als organisches Psychosyndrom zu sehen. Das akute organische Psychosyndrom beruht auf einer
Störung des Zentralnervensystems und ist durch akuten Beginn mit fluktuierender Beeinträchtigung geistiger Fähigkeiten wie Bewusstsein, Affektivität, Psychomotorik, Orientierung, Denken
und Wahrnehmung charakterisiert. Kommen noch paranoide Symptome wie Verfolgungsängste
oder Wahnideen sowie halluzinatorisches Erleben, v.a. visuelle Halluzinationen hinzu, besteht
das Vollbild eines Delirs. Es ist bei adäquater Behandlung in der Regel voll reversibel.
1.2 Subtypen
Verwirrtheitszustände lassen sich nach ihrem zeitlichen Verlauf, ihrer Ätiologie und der begleitenden Psychopathologie einteilen. Eine Verwirrtheit mit Halluzinationen und Wahn entspricht
einem Delir (nicht nur bei Alkoholerkrankung). Das früher so bezeichnete Durchgangssyndrom
entspricht einer Verwirrtheit ohne Vigilanzstörung. Bei vorliegender quantitativer Bewusstseinsstörung z.B. Somnolenz, ist von einem schweren organischen Psychosyndrom auszugehen.
Weiterhin gilt zu unterscheiden, ob ein akuter Verwirrtheitszustand vorliegt, am häufigsten einem deliranten Syndrom zuzuordnen, oder eine chronische Desorientiertheit z.B. im Rahmen
einer Demenz. Das Verwirrtheitssyndrom im Sinne eines akuten organischen Psychosyndroms
im Rahmen von Tumorerkrankungen unterscheidet sich nicht grundsätzlich von dem anderer
Ursachen. Es kann sowohl als sog. Durchgangssyndrom wie auch als delirantes Bild imponieren.
1.3 Symptome
Bei der Verwirrtheit stehen Desorientiertheit und psychomotorische Erregung im Vordergrund,
bei der Vollausprägung eines Delirs kommen prominent Halluzinationen und Wahn hinzu. Die
Desorientiertheit zeigt sich in einem mangelnden Wissen über die aktuellen zeitlichen, räumlichen, situativen und persönlichen Begebenheiten. Mit zunehmender Schwere der Orientierungsstörung gehen in der Regel zunächst die zeitliche Orientierung, zuletzt die Orientierung
zur Person verloren.
Die Erregung kann sich in einem oft schwer zu bremsenden Bewegungsdrang äußern und mit
intensiver Furcht und Ängstlichkeit sowie Selbst- und Fremdgefährdung einhergehen. Der Patient kann allerdings auch hypoaktiv und lethargisch sein, was die Gefahr in sich birgt, die Akuität des Geschehens zu übersehen.
Kognitive Störungen können rasch und unvorhersehbar fluktuieren, so dass auch Phasen der
Klarheit nicht zu schnell zu nachlassender Betreuung und Überwachung führen sollten. Die
Störungen sind meist nachts unter Reizdeprivation ausgeprägter. Wahrnehmungsstörungen imponieren als illusionäre Personenverkennungen, als Suggestibilität und als meistens optische,
aber auch sensorische Halluzinationen. Sie können von einer wahnhaften Ausgestaltung der
realen Erfahrung begleitet sein.
Wichtig ist die Erfassung vegetativer Störungen wie Blässe und Erröten, Schwitzen, Hyperthermie, kardiale Arrhythmie, Übelkeit, Erbrechen.
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1.4 Diagnostik
Der akute Verwirrtheitszustand ist ein Notfall, der rascher Abklärung und Therapie bedarf. Für
eine rasche strukturierte Einschätzung kann die Confusion Assessment Method (CAM) mit einer Sensitivität von 94% und Spezifität von 90% angewendet werden. Diese erfasst folgende
Punkte: 1. Akuter Beginn und fluktuierender Verlauf mit offensichtlicher akuter Beeinträchtigung
des mentalen Status mit abnormaler Fluktuation im Tagesverlauf, 2. Unaufmerksamkeit mit hoher Ablenkbarkeit und Schwierigkeiten, einem Gespräch zu folgen, 3. Desorganisation des
Denkens mit inkohärenter Konversation, unklarem oder unlogischem Gedanken- und Ideenfluss, unvorhersagbarem Themenwechsel, 4. veränderter Bewusstseinszustand. Die Diagnose
erfordert das Vorliegen der Punkte 1 und 2 sowie 3 oder 4.
Differentialdiagnostisch kommen Anämie, epileptischer Absencen-Status, Hypoxie, Dehydratation, Substanzmissbrauch mit Intoxikationen, Schmerzsyndrome, Infektionskrankheiten, Schädel-Hirn-Trauma, zerebrale Insulte und metabolische sowie Elektrolyt-Entgleisungen anderer
Ursache in Frage. Zudem ist auch an mögliche akut- und hochpsychotische primäre psychiatrische Erkrankungen wie Manie oder Schizophrenie zu denken. Entsprechend muss die Diagnostik auf die Abklärung von Intoxikation oder Entzug psychotroper Substanzen, auf strukturelle zentralnervöse Affektion wie ZNS-Infektion, Trauma oder Tumor mit Kompression und
Hirndruck und auf endokrinologische Störungen wie Hyperthyreose ausgerichtet sein.
Die chronische Orientierungsstörung kann im Rahmen einer Demenz auftreten, aber auch als
Folge einer Enzephalitis, eines ZNS-Traumas, eines Hirndrucks bei Tumoren oder im Rahmen
eines Korsakow-Syndroms.
Meist gibt die Anamnese schon den entscheidenden Hinweis auf die Ätiologie der Verwirrtheit
bzw. des deliranten Syndroms. An Labor-Untersuchungen werden Elektrolyte, Blutbild, Leberund Nierenparameter, ggbf. TSH, FT4 und Alkohol- bzw. Medikamentenspiegel kontrolliert. Medikamente, die ein pychoorganisches Syndrom verursachen können, sind u.a. Anticholinergika,
alle psychotropen Medikamente, Beta-Blocker, Diuretika, H2-Blocker, Kortikoide. Wichtig ist die
Erhebung begleitender psychopathologischer Symptome wie Vigilanzstörungen, Wahn und
Halluzinationen, oder neurologischer Symptome wie Aphasien, die Hinweise auf die Ätiologie
geben können. Nach Suizidalität ist immer zu fragen.
Hinsichtlich Orientierung wird nach aktuellem Datum, Jahr oder Jahreszeit, nach dem aktuellen
Ort, wie Zimmernummer, Klinik, Stadt, nach der Situation, z.B. ärztliche Untersuchung, und
nach Geburtsdatum, Namen und wichtigen lebensgeschichtlichen Gegebenheiten gefragt. Bezüglich Wahn wird auf nicht nachvollziehbare Ideen geachtet. Typische Halluzinationen für ein
Delir sind optischer Art, z.B. Kleintierhalluzinationen. Konfabulationen sprechen für ein Korsakow-Syndrom.
Bei unklarer Genese sind eine kranielle Bildgebung mit CT oder MRT und eine neurologische
Untersuchung, evtl. EEG, durchzuführen sowie ggf. eine Lumbalpunktion angezeigt. Ein psychiatrisches Konsil ist empfehlenswert.
1.5 Therapie
Das erste Ziel der Behandlung der Verwirrtheit ist die Beruhigung und Strukturierung der Situation zur Behebung von Selbst- oder Fremdgefährdung. Zudem müssen zugrundeliegende möglicherweise lebensbedrohliche Ursachen rasch erkannt und therapiert werden. Dem Patienten
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ist wieder ein Konzept von seinen aktuellen Lebensumständen zu geben, welches ihm ermöglicht, sich selbständig in der Umgebung zurechtzufinden.
Bei erregten, psychomotorisch unruhigen, selbst- oder fremd-gefährdenden Patienten besteht
akute Behandlungsindikation. Zunächst muss der Schutz von Patient und Umgebung gewährleistet sein. Hierzu ist häufig aufwendige personelle Betreuung notwendig, wobei auch dem Patienten vertraute Personen wie Familienmitglieder unterstützend einbezogen werden können.
Zwangsmassnahmen wie Fixierung und Medikation gegen den Willen sollen nach aller Möglichkeit vermieden werden. Grundsätzlich muss naheliegender Weise die diagnostizierte ursächliche Problematik behandelt werden. Weiterhin ist auf internistische Basisbehandlung vegetativer Alterationen wie Tachykardie, Hypertonus, Dehydratation, Fieber sowie Schmerzen
etc. zu achten.
Zunächst ist möglicherweise delirogene Medikation, die nicht vital notwendig ist, abzusetzen.
Als Akutmedikation dienen hochpotente Neuroleptika wie z.B. Haloperidol (Haloperidol) parenteral oder p.o. als Tropfen 5-15 mg, auch in Kombination mit Benzodiazepinen z.B. Lorazepam (Tavor®) 2-4 mg i.m. / i.v. oder Diazepam (Valium) 5-15 mg i.m. / i.v. oder bei längerer Behandlung oral. Bei älteren oder hirngeschädigten Patienten reichen oft Dosen von 0,5 bis
2 mg (Lorazepam) bzw. 2-5 mg (Diazepam). Wegen der kürzeren Halbwertszeit und bei im
Vordergrund stehender Angst empfiehlt sich als Benzodiazepin primär Lorazepam (Tavor) 12,5 mg bis 4x / d. Zur Sedation können auch niedrigpotente Neuroleptika wie Chlorprothixen
(Truxal) 15-300 mg oder Promethazin (Atosil) 25-150 mg dienen. Es folgt die Behandlung
der Grunderkrankung z.B. Intoxikation, Alkohol-Entzugsdelir (auch mit Clomethiazol (Distraneurin) 2-24 Kps), Hirndruck und einer eventuellen vegetativen Entgleisung. Desweiteren können
auch neuere „atypische“ Neuroleptika wie Risperidon, Quetiapin oder Olanzapin eingesetzt
werden, wobei aber z.B. bei letzterem ein eigenes anticholinerg delirogenes Potenzial zu beachten ist.
Zur gezielten neuropsychologischen Behandlung andauernder Desorientiertheitszustände dient
die regelmäßig geduldig wiederholte verbale Information des Patienten über seine Situation.
Weiterhin sollen Informationen über seine Person mit Hilfe von in seinem Krankenzimmer angebrachten persönlichen Fotos und Fotos seiner Angehörigen mit Namen, Fotos des betreuenden Personals und aufgezeichnet die persönlichen Eckdaten gegeben werden. Datum, Uhrzeit
und Tagesplan sollen immer gut sichtbar sein. Hilfreich ist das Erlernen von prozeduralen
Techniken zum Selbsterwerb der Informationen z.B. anhand eines Notizbuches.
1.6 Therapieerfolgskontrolle/ Nachsorge
Vor Entlassung bzw. Abschluss der Therapie müssen die geistigen Funktionen wie Bewusstsein, Orientierung, Wahrnehmung, Affektivität und Psychomotorik geprüft und unauffällig sein.
Die Ursache sollte ggf. erkannt und eine Grunderkrankung angemessen behandelt worden
sein. Mit dem Patienten ist sein Erleben der Situation im Nachhinein aufzuarbeiten.
1.7 Pflegerische Besonderheiten
Cave Selbst- und Fremdgefährdung
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1.8 Literatur
1. Berger: Psychische Erkrankungen: Klinik und Therapie. 2. Auflage. Urban und Fischer 2008
2. Möller, Laux, Kapfhammer: Psychiatrie & Psychotherapie. 3. Auflage. Springer Verlag 2007
1.9 Autoren
Version 0:
Version 1.0:
Version 2.0:
Version 3.0:
Version 3.1:
Prof. Dr. U. Herwig (Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie III)
Prof. Dr. U. Herwig (Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie III)
Prof. Dr. U. Herwig (Psychiatrische Universitätsklinik Zürich / apl. Prof. Universitätsklinikum Ulm)
Prof. Dr. U. Herwig (Psychiatrische Universitätsklinik Zürich / apl. Prof. Universitätsklinikum Ulm)
geprüft und verlängert
Prof. Dr. U. Herwig (Psychiatrische Universitätsklinik Zürich / apl. Prof. Universitätsklinikum Ulm)
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