PFLANZEN + SORTIMENTE ganz links: ‘Diana’ links: ‘Barmstedt’ rechts und unten: ‘Jelena’ Gehölze für den Hausgarten Hamamelis – Blütenzauber im Winter 10 43/2002 S H. mollis icherlich kein anderes Gehölz ist so eindrucksvoll in der Lage, seine volle Blütenpracht im Winter zu entwickeln und so jeden Betrachter zum Staunen und Verweilen zu veranlassen, wie es die Hamamelis-Arten und -Sorten können. So bilden die Zaubernüsse die bedeutendste Gattung innerhalb der Familie der Hamamelidaceae, zu der auch die Gattungen Fothergilla, Corylopsis, Parrotia und Liquidambar, allesamt attraktive Ziergehölze, zählen. Kannte man früher vor allem die Arten Hamamelis japonica und H. mollis, so sind in den letzten Jahren immer mehr Sorten aus diesen beiden Arten hervorgegangen. Häufig übertreffen diese die Arten in ihrer Blütenpracht. Allerdings sind sie vielen Gärtnern nur unzureichend bekannt. Daher wurden auf dem Versuchsgelände der Sächsischen Landesanstalt für Landwirtschaft in Dresden-Pillnitz eine Vielzahl der Sorten nebeneinander aufgepflanzt und seit 1999 untereinander verglichen. Ausgangspunkt: Arten ‘Arnold Promise’ Bei der Auswahl von Solitärgehölzen stehen die Zaubernüsse ganz vorne an, denn neben ihrem malerischen Wuchs begeistern sie mit Blüten in einer unwirtlichen Jahreszeit, gleich zu Beginn des Jahres. 43/2002 Als Ziergehölze werden von den insgesamt sechs bekannten Arten bei uns vor allem zwei Arten verwendet, Hamamelis japonica und H. mollis. Beide Arten stammen aus dem ostasiatischem Raum und sind Winterblüher. Sie lassen sich von der Blüte her im Wesentlichen wie in der Tabelle beschrieben unterscheiden. Ab und an sieht man gerade in älteren Parkanlagen Hamamelis-Sträucher, die schon im Herbst blühen. Ihre rein hellgelbe Blüte fällt allerdings kaum auf, da sie durch die prächtige Laubfärbung überdeckt wird. Hierbei handelt es sich um Hamamelis virginiana, die als Ziergehölz heute jedoch wenig verwendet wird. Sie ist dennoch gärtnerisch, das heißt baumschulisch, von Bedeutung. Einerseits dient sie als Unterlage bei der Veredlung der Sorten, anderseits wird sie für medizinische Zwecke angebaut. Sortenvielfalt Der Großteil der heute auf dem Markt befindlichen Sorten, die so genannten Hamamelis × intermedia-Sorten, gehen auf Kreuzungen mit den beiden ostasiatischen Arten H. japonica und H. mollis zurück. Direkt nur von einer der beiden Arten abstammende Sorten sind weniger vertreten. Dass in Fachbüchern ein und dieselbe Sorte mal H. mollis und mal der H. × intermedia zugerechnet wird, zeigt, wie schwierig die Zuordnung ist. Wichtiger als diese Zuordnung ist für die Verwendung der Pflanzen sicherlich eine Einteilung nach den Blüteneigenschaften, in erster Linie nach der Blütenfarbe. Gelb blühende Sorten (gelbe Petalen) lassen sich dahingehend unterscheiden, ob ihr Blütenkelch dunkelrot oder eher grüngelb gefärbt ist. Sorten wie zum Beispiel ‘Allgold’, ‘Barmstedt's Gold’ und ‘Primavera’ erinnern mit ihren goldgelben Petalen an eine H. mollis. Jedoch sind Ihre Petalen nicht glatt, sondern immer gedreht oder gekräuselt! Sorten wie ‘Pallida’ und ‘Westerstede’ kommen mit dem Hellgelb ihrer Petalen eher in den Bereich einer H. japonica avera. Unter den rot blühenden Sorten gibt es einige wie zum Beispiel ‘Jelena’, bei denen die Farbe der Petalen von gelborange in ein dunkles Rot übergeht. Aus der Entfernung betrachtet, präsentieren sich die Blüten dann leuchtend orange bis hellrot. Andere Sorten wie ‘Diane’ erscheinen eher einheitlich leuchtend dunkelrot. Blühverlauf der Sorten Bis auf H. virginiana blühen die Hamamelis-Arten und -Sorten im Winter beziehungsweise im Frühjahr. Der Blühverlauf der einzelnen Sorten auf dem Versuchsfeld in Pillnitz in den letzten drei Wintern wurde festgehalten und kann als Graphik bei der DEGA-Redaktion angefordert werden. Bestimmt wurden die Zeitpunkte Aufbrechen der Blütenknospe (das heißt erstes Sichtbarwerden der Blütenfarbe), Blühbeginn (das heißt 10 % geöffnete Blüten) und Abblüte (das heißt die Blüte besitzt keinen Zierwert mehr). Bei Hamamelis ist der Blühverlauf durch zwei Phasen gekennzeichnet: Eine „Blühvorphase“, in der sich die Blüte nur etwa 2 mm öffnet und die Farbe der Petalen zu erkennen ist, und die „eigentliche Blühphase“, in der sich der Blütenkelch öffnet und sich die Petalen voll entrollen. Die Sorte ‘Zuccariniana’ ist beispielsweise eine der Sorten, die sehr früh „Farbe zeigt“ aber erst spät zur Vollblüte kommt. Als eher früh blühende Sorten (bezogen auf die Vollblüte) präsentierten sich bislang ‘Jelena’, ‘Moonlight’ und ‘Feuerzauber’. Auch die Blühdauer (bezogen auf die Vollblüte) ist sortenabhängig. Als Sorten mit lang anhaltender Blütezeit präsentierten sich bislang ‘Arnold Promise’, ‘Moonlight’ und ‘Zuccariniana’. An den Sorten ‘Jelena’ (rot-orange blühend) und ‘Diane’ (rot blühend) konnte beobachtet werden, dass mitunter bereits im Spätsommer einige Vorschlag einer Hamamelis-Sortenwahl (nach Sorteneigenschaften) der Kunde bevorzugt die Farbe Gelb/Orange: bevorzugt ein leuchtendes Dunkelrot: bevorzugt intensiven Duft: will die frühest blühende Sorte: will die spätest blühende Sorte: ist ein Hamamelis-Liebhaber: erwartet nach dem Sichtbarwerden der Blütenfarbe schnell eine Vollblüte: legt auch auf besonders schöne Herbstfärbung Wert: die Sorte 'Barmstedt's Gold' 'Diane' 'Pallida' 'Jelena' 'Zuccariniana' eine früh und eine spät blühende Sorte 'Feuerzauber', 'Barmstedt's Gold' rot blühende Sorten, 'Arnold Promise' 11 PFLANZEN + SORTIMENTE Blüten sich vorzeitig öffneten. Diese waren gelb gefärbt. Anscheinend wird der rote Farbstoff erst sehr spät in die Petalen eingelagert. Herbstfärbung Hinsichtlich ihrer Herbstfärbung zeigte von den gelb blühenden Sorten bislang nur die Sorte ‘Arnold Promise’ ansprechendes, leuchtendes, orange-rotes Laub. Bei allen anderen gelb blühenden Hamamelis waren die Blätter zumeist grünlich-gelb gefärbt und wiesen häufig einen braunen Blattrand auf. Die rot oder orangerot blühenden Sorten zeigten dagegen alle eine ansprechende Herbstfärbung des Laubes. Dabei wiesen die rotblühenden Sorten eine tiefere Rotfärbung der Blätter auf als orangerot blühende Sorten. Da die Herbstfärbung wie auch das Blühverhalten sehr stark temperaturabhängig sind, reichen drei Beobachtungsjahre an einem Standort nicht aus, um generelle Aussagen über die einzelnen Sorten abzugeben. Die Ergebnisse sind als vorläufige Beobachtungen am Standort Dresden-Pillnitz zu sehen. Richtige Sortenwahl Richtige Sortenwahl setzt die Kenntnis um die Besonderhei- Hamamelis-Arten: Unterscheidungsmerkmale der Blüten Hamamelis japonica Kronblätter (Petalen) - hellgelb, an der Basis gerötet - gedreht, gekräuselt Hamamelis mollis - goldgelb, am Grunde rötlich unterlaufen - nicht gewellt oder gedreht Hamamelis virginiana - durchgehend hellgelb - stark zerknittert ten der einzelnen Sorte voraus. Außerdem ist bei jeder Sortenempfehlung zu prüfen, welche der oben genannten Sorteneigenschaften für den Kunden von besonderer Bedeutung sind. Einen Vorschlag zu einer kundenorientierten Sortenempfehlung zeigt die Tabelle auf Seite 11. Hamamelis kommen eigentlich nur voll zur Geltung, wenn sie einzeln stehen (Solitärgehölze) und nicht in einer Gruppe gepflanzt werden. Diese kostbaren Winterblüher müssen einen Blickfang in jedem Garten darstellen. Man sollte sie daher in der Nähe von Hauseingängen, Wohnzimmerfenstern, Terrassen, Verweilplätzen oder auf Rasenflächen pflanzen. Dies sind Bereiche im Garten, die häufig betrachtet werden, wo keine Konkurrenz besteht und wo sich gleichzei- Kelchblätter (Septalen) - purpurviolett, an den Enden deutlich zurückgeschlagen - innen purpurfarben, außen filzig, an den Enden nicht zurückgeschlagen - gelb bis bräunlich, außen rostbraun behaart tig dem Betrachter die Möglichkeit eröffnet, die wundervollen Einzelblüten aus der Nähe zu betrachten. Größte Wirkung erzielen die Zaubernüsse, wenn sich die Blüten kontrastreich von der Umgebung abheben. So bilden dunkle Hecken (zum Beispiel Taxus) oder dunkle Gruppenbepflanzungen einen idealen Hintergrund für die gelb blühenden Arten und Sorten. Die dunkelrot blühenden Sorten kommen dagegen vor einem helleren Hintergrund besser zur Geltung. Ansprüche und Pflege Um ausreichenden Standraum für eine Zaubernuss vorzusehen, sollte man pro Standjahr von einem Zuwachs von 30 bis 50 cm ausgehen. Da Hamamelis als kostbares Gehölz oft in Blüten - leicht duftend - hängt glockenartig an dünnen, bogenförmig nach unten geneigten Stielen - angenehm duftend - steht aufrecht an kürzeren, dickeren, stark filzigen Stielen - strenger, unangenehmer Duft - steht aufrecht in den Achseln der abfallenden Blätter (an langen Stielen) kleinen Ausgangsgrößen gepflanzt werden, eignen sie sich sehr wohl auch für kleinere Gärten. Allgemein muss man bei allen Sorten im hohen Alter von einer Endhöhe von circa 5 m ausgehen. Dabei werden die Pflanzen mindestens so breit wie hoch. Der Boden sollte tiefgründig sein und einen pH im Bereich schwach sauer bis neutral haben. Eine gute Wasserspeicherfähigkeit des Bodens ist Vorraussetzung dafür, dass Hamamelis auch im trockenen Sommer ohne aufwendiges Wässern ausreichend Blüten ansetzen. Hamamelis vertragen dann auch die volle Sonne! Eigentlich sollte sich ein solch wertvolles Gehölz ohne Schnitt frei entwickeln können. Den Schnitt einiger Blütentriebe für die Vase nehmen größere Sträucher allerdings nicht übel. Auch ein stärkerer Rückschnitt ist möglich, sollte aber wirklich die Ausnahme bleiben, da die Hamamelis, anders als eine Vielzahl der uns bekannten Sträucher, von Natur aus selten Neutriebe aus der Basis oder der Mitte des Gehölzes bildet. Wildtriebe aus der Basis sind dagegen sofort zu entfernen. Bei den auf Hamamelis virginiana veredelten Sorten können diese Wildtriebe in den ersten Jahren immer mal auftreten. Um deren Entfernen zu erleichtern, sollte man flach pflanzen. Text und Bilder: Harald Buner, Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft, Fachbereich Gartenbau und Landespflege, Dresden-Pillnitz 12 43/2002