Vorstellung der Einheit „Archias“ In den ersten Monaten dieses Schuljahres nahm die Klasse 4Gym während des Lateinunterrichts die Einheit „Archias“ durch. Dabei stand die Arbeit zu Ciceros Rede „Pro A. Licinio Archia Poeta“ im Mittepunkt. Bevor die Schüler jedoch zum Wörterbuch griffen und sich ans Übersetzen machten, wurde zuallererst die Geschichte der Rhetorik, von ihren Anfängen im antiken Griechenland bis hin zu ihrer Blütezeit im alten Rom, besprochen. Redner wie Isokrates, Demosthenes, aber auch Theoretiker der Rhetorik, beispielsweise Platon und Aristoteles, spielten eine große Rolle in der Entwicklung der Redekunst. In Rom wurde diese erst spät aufgenommen, als das Reich komplexer wurde und das Reden vor dem Volk eine immer größere Bedeutung erhielt. Natürlich erfuhren die Schüler nun auch die Lebensgeschichte des größten römischen Redners, Marcus Tullius Cicero, der von 106 bis 43 vor Christus lebte. Trotz seiner ländlichen Herkunft gelang es ihm, einem „homo novus“, in Rom politisch Karriere zu machen. Als Anwalt erreichte er Berühmtheit durch einen sogenannten Repetundenprozess, den Prozess gegen den Statthalter Siziliens Verres im Jahre 70 v. Chr. Sieben Jahre später hielt Cicero während seiner Amtszeit als Konsul die Catilinarischen Reden, welche wohl seine bekanntesten Reden sind. Allerdings machte sich der talentierte Redner einige Feinde in Rom, darunter auch Cäsar, weshalb er mehrere Male ins Exil gehen bzw. sich aus der aktiven Politik zurückziehen musste. Schließlich wurde Cicero im Alter von 69 Jahren von Antonius‘ Helfern nach dessen Bündnis mit Octavian hingerichtet. In dieser Einheit lernte die Klasse 4Gym auch die verschiedenen Arten einer Rede kennen: die Gerichtsrede (Genus iudiciale), die politische Rede (Genus deliberativum) und die Lobrede, die vor einer Festversammlung gehalten wurde (Genus demonstrativum). Eine Rede ist in vier Teile gegliedert. Sie fängt mit der Einleitung, dem Exordium, an, darauf folgen der Hauptteil, die Narratio, und die Beweisführung, die Argumentatio. Die Peroratio bildet den Schluss. Außerdem wurden den Schülern viele rhetorische Mittel vorgestellt, von denen Cicero und die anderen Redner Gebrauch machten. Miteinbegriffen sind die Antithese, die Captatio benevolentiae, die Exclamatio, das Hendiadyoin und viele andere. Nachdem die Theorie abgeschlossen war, konnte in der Klasse die konkrete Arbeit zu Ciceros Rede „Pro Archia Poeta“ beginnen. Archias war ein erfolgreicher griechischer Dichter, der 120 v. Chr. in Antiochia geboren wurde. In Rom nahm ihn besonders die Familie der Licinii Luculli auf, mit welcher er das römische Reich bereiste. Er kam unter anderem auch in die süditalische Stadt Heracleia, die ihm aufgrund seiner künstlerischen Verdienste ihr Bürgerrecht verlieh. Nun hätte der Dichter eigentlich das Recht auf die römische Bürgerschaft gehabt. Doch nach seiner Rückkehr von einer Reise nach Kleinasien (als Begleiter des Licinius Lucullus) wurde er von Grattius, einem Anhänger Pompeius‘, der Anmaßung des römischen Bürgerrechts angeklagt. So entstand Ciceros Rede zu Archias Verteidigung, von der man annimmt, dass sie erfolgreich war. Die Schüler übersetzten den Großteil der Rede, wobei sie auf die vielen rhetorischen Mittel achteten, und ihre Ergebnisse stets in der Klasse untereinander verglichen, um eventuelle Fehler zu verbessern. Gründlich war auch die Analyse des Textes, die stets nach dem Übersetzen erfolgte. Dies war wichtig, um alle Hinweise Ciceros auf das Zeitgeschehen und auf juridische Elemente richtig zu interpretieren. Cicero führte nämlich eine doppelte Argumentatio an, bei der er in der ersten bewusst kurz die Argumente des Anklägers zurückwies, indem er sich auf die Lex Plautia Papiria bezog; in der zweiten und längeren betonte er hingegen, dass Archias es wegen seiner Dichtung und Bildung verdiente, römischer Bürger zu sein. Abschließend befassten sich die Schüler der 4Gym noch mit zwei unterschiedlichen rechtshistorischen Kontexten. Während eine Hälfte der Klasse den „Abriss der Geschichte des römischen Bürgerrechts bis 91 v. Chr.“, bearbeitete, bei dem viele wichtige Gesetze, die Cicero erwähnte, erklärt wurden, beschäftigte sich die andere Hälfte mit dem Text „Rom und das Fremde“. So konnten die Jugendlichen einen Vergleich aufstellen, wie die „Ausländer“ von damals im Gegensatz zu heute aufgenommen werden und welche die grundlegenden Unterschiede sind. (Martina 4 gym)