Die Antoniuskapelle in Waltalingen

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Die Antoniuskapelle in Waltalingen
Waltalingen bietet mit dem Schloss Schwandegg, der Antoniuskapelle und dem alten
Dorfkern ein eindrucksvolles Bild der gegliederten mittelalterlichen Gesellschaft: Adel,
Kirche, Volk. Die eigenwillige Form der Antoniuskapelle ist das Ergebnis einer langen und oft
unterbrochenen Baugeschichte. Von ihren Ursprüngen ist nichts schriftlich überliefert. Als
Stifter können wohl die Ritter von Schwandegg in der Mitte des 13. Jahrhunderts gelten.
Der älteste Teil ist der überhöhte, ursprünglich romanische Turmchor. Sein rippenloses Kreuzgewölbe, der halbrunde Chorbogen und die nachträglich ausgebrochenen gotischen Fenster lassen exakte geometrische Formen vermissen. Beim Bau des bescheidenen
Gotteshauses ging es nicht um ein architektonisches Meisterwerk, sondern um die
Errichtung einer eigenen Kirche für eine kleine Landgemeinde. Eine gedeckte Aussentreppe
führt zur Glockenstube mit ihren drei Glocken, zwei davon aus dem 15. Jahrhundert.
Darüber erhebt sich ein achteckiger Dachreiter mit spitzem Turmhelm. Das ursprüngliche,
winzige Kirchenschiff wurde um 1335 nach Westen erweitert. Das abgeflachte hölzerne
Tonnengewölbe deutet in seiner Unregelmässigkeit die beschränkten technischen
Möglichkeiten des mittel- alterlichen örtlichen Handwerks an.
Auch die Waltalinger und Guntalinger, die ihr Gotteshaus gemeinsam gebaut hatten, wollten
den vorreformatorischen Bilderschmuck nicht missen. Am Anfang des 14. Jahrhunderts
wurde die Nordwand des Schiffes mit Szenen aus der Passionsgeschichte ausgemalt:
Jesus mit den schlafenden Jüngern, der Judaskuss und Jesus vor Herodes. Die gleichzeitig
an der Südwand angebrachten Fresken, vermutlich Kreuztragung, Kreuzigung und Auferstehung, wurden bei der geringfügigen seitlichen Erweiterung des Mittelteils im 17. Jahrhundert zerstört. Die geschlossene Bemalung des Chors von 1485 wurde beim Bildersturm in
der Reformationszeit übertüncht. Heute ist der Namenspatron der Kapelle, der ägyptische
Eremit Antonius, wieder an der Südwand des Chors zu sehen. Als Schutzpatron des
Viehs wurde er von der Landbevölkerung verehrt und bei Krankheiten und Seuchen um
seinen Bei- stand angefleht. Die obere Hälfte der Fresken im Westteil des Schiffes fiel im 17.
Jahrhundert dem Einbau der Empore zum Opfer. Denkmalpflegerische Ueberlegungen waren
damals unbekannt. In den erhaltenen Bruchstücken können Fachleute noch Szenen aus dem
Leben Jesu und einige Heiligenfiguren erkennen. Die Fresken in der Antoniuskapelle sind
zwar nicht von bedeutenden Malern geschaffen worden. Die Gestalten wurden mit wenigen
Linien umrissen und nur flächig ausgemalt. Einzelheiten fehlen, allerdings auch weil nach
verschiedenen Restaurationen nur noch die Unterbemalung erhalten geblieben ist. Die
bescheidenen Bilder sind ein Zeugnis für die Bedeutung der Kirche auch in einem kleinen
Bauerndorf.
Die Antoniuskapelle war nie selbständige Pfarrkirche. Ein letztes Gesuch der Gemeinde
wurde 1779 vom Zürcher Rat abgelehnt. In dem verwinkelten Kirchenraum ist etwas von
mittelalterlicher Stimmung erhalten geblieben. Heute steht die Antoniuskapelle als
Kulturdenkmal unter eidgenössischem Denkmalschutz.
Markus Diener, Waltalingen 2003
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