Baubiologische Architektur Bauen mit Lehm Veranstaltung im Bauzentrum München Die Vorteile des Baustoffs Lehm sind baubiologisch interessierten Bauherren, Planern und Handwerkern zwischenzeitlich gut vertraut – nicht so in der bayerischen Landeshauptstadt. Zwar werden hier jährlich rund 5.000 Wohnungen erstellt, der gesunde Naturbaustoff spielt dabei allerdings kaum eine Rolle. Als Baubiologe mit langjähriger Bau- und Wohnerfahrung mit Lehm habe ich den Versuch gewagt, dieses Defizit in der Lehmbau-Diaspora München etwas zu korrigieren. „Bauen mit Lehm“ war das Thema einer Veranstaltung am 24.11.2010 im Bauzentrum München. Erfreulich und ermunternd zugleich war die Resonanz. Etwa 60 Personen – Architekten, Handwerker und Bauherren – nutzten die Gelegenheit und informierten sich über den „exotischen“ Baustoff. Denkmalsanierung mit historischen Baustoffen Um die Zuhörer von Anfang an zu begeistern, habe ich den Architekten Albrecht Weber aus Langenargen gebeten, den Einführungsvortrag zu halten. Er präsentierte ein wahres Schmuckstück, das mit besonders viel Feingefühl und Sachverstand in den vergangenen Jahren restauriert und zu einem kleinen Hotel mit Gaststätte und Biergarten umgebaut wurde. Eingesetzt wurden überwiegend natürliche Baustoffe, die mit der Historie des Bauwerks in Verbindung stehen – vorwiegend Holz und Lehm. Im vergangenen Frühjahr konnte ich mich persönlich davon Außenbild „Der Amtshof“ 74 überzeugen, dass das Baudenkmal aus dem Jahre 1590, der sogenannte Amtshof in Langenargen, konsequent nach baubiologischen Grundsätzen zum Biohotel umgebaut wurde. Der Eigentümer Herr Wocher – das Anwesen befindet sich seit vielen Generationen in Familienbesitz – hat gemeinsam mit dem Architekten und den weiteren Planungs- und Baubeteiligten dafür gesorgt, dass nicht nur die Gebäudehülle wieder in Stand gesetzt wurde, sondern auch in Gaststätte und Gästezimmern ein besonderes Ambiente entstanden ist. Die einzelnen Gästezimmer und Appartements haben nicht nur eigene romantische Namen, sondern Holzbadewanne im Amtshof sind auch innen nach allen Regeln der baubiologischen Kunst ausgestattet: Farbige Lehmputze mit Bemalungen, behagliche Betten aus Zirbenholz, Bettwäsche aus Holzfasern, Kopfkissen mit Zirbenspänen und Holzbadewannen für die entspannenden Stunden. Nach all diesen erfreulichen Informationen vermutet man, dass die Bauakteure spätestens bei der Energiebilanz an ihre Grenzen gestoßen sind. Aber weit gefehlt. Der Energieverbrauch des Gebäudes wurde durch entsprechende WärmedämmMaßnahmen („Jasmin“) soweit reduziert, dass die neue Wärmepumpe leichtes Spiel hat, die benötigte Wärmeenergie bereit zu stellen. Auf einem Nebengebäude erzeugt eine Photovoltaik-Anlage jährlich mehr elektrische Energie, als die Wärmepumpe im Jahresdurchschnitt benötigt. Fazit: Der Amtshof in Langenargen ist eine Reise wert und verdient ein großes Lob aller an Planung und Bau beteiligten Personen. Wohnung + Gesundheit 3/11 - Nr. 138 Baubiologische Architektur Einblasen der Holz-Lehmdämmung von Jasmin Gesund dämmen mit natürlichen Materialien Herr Maximilian Jehle, Eigentümer der Holz-Lehmhaus GmbH, stellte seinen Wärmedämmstoff „Jasmin“ vor. Ein reines Naturprodukt, dessen feste Bestandteile aus der Allgäuer Region bezogen werden und zu 75 % aus Holzspänen und zu 25 % aus Lehm bestehen. Jasmin ist bauaufsichtlich zugelassen durch die MPA Nordrhein-Westfalen, ist eingestuft in die Brandschutzklasse B2, hat mit 0,042 W/mK einen guten Wärmeleitfähigkeitswert und hat einen Dampfdiffussionswiderstand von 1-2. Als Schüttung wird Jasmin mit ca. 100 kg/m³ eingebracht, im Einblasverfahren zwischen 110 -150 kg/m³. Durch die positiven bauphysikalischen Eigenschaften der Bestandteile Holz/Lehm und das hohe Eigengewicht hat der Dämmstoff folgende Vorteile gegenüber Konkurrenzprodukten: − begünstigt ein angenehmes und gesundes Wohnklima − führt zu einer durchschnittlich höheren Raumluftfeuchte − verfügt über eine sehr positive Herstellungs-Energiebilanz − bietet hohen Schallschutz und sommerlichen Hitzeschutz − ist im Winter ein guter Wärmespeicher. Zur Verarbeitung werden spezielle Einblasmaschinen benötigt. Der Hersteller beliefert Kunden in ganz Deutschland. Lehm-Passivhaus in Modulbauweise Herr Meingast von der österreichischen Firma „Lopas AG“ präsentierte die nach seinen Aussagen Lehm-Passivhaus der Fa. Lopas AG weltweit ersten Module für nachhaltigen Passivhausbau aus Holz, Lehm und Naturfasern. Die Gebäude bestehen aus einer statisch belastbaren Holzkonstruktion. Strohhäcksel als Abfallprodukt der Getreideernte Kontaktdaten der Referenten: Name e-mail Albrecht Weber [email protected] Maximilian Jehle [email protected] Rudolf Meingast [email protected] Horst Paulik Nederkorn [email protected] Johannes [email protected] Hermann Gä[email protected] Stefan Jö[email protected] Uta [email protected] Wohnung + Gesundheit 3/11 - Nr. 138 ermöglichen eine hervorragende Wärmedämmung. Ein Biofaserlehmputz sorgt für eine angenehme Wohnatmosphäre mit ausgeglichenem Raumklima. Die äußere Gestaltung der Fassade kann dem Kundenwunsch angepasst werden. Die Gebäudehülle verfügt über eine hocheffiziente Wärmedämmung, der U-Wert der Wände beträgt 0,1 W/ m²K, der des Daches 0,085 W/m²K. Herr Meingast verspricht eine einzigartige Ökobilanz seiner Gebäude. Mit dem Innenausbau werden gesunde Wohnräume im modernen Wohndesign und natürlichen Baustoffen angestrebt. Tel. 07543/912086 07553/918860 0043/2252/89029960 08469/901715 089/44900-477 08071/93115 03643-778349 030/41716601 Baustoff Lehm – traditionell und modern Herr Paulik-Nederkorn von der Firma Claytec zeigte die Vielfalt des Baustoffes und der Einsatzmöglichkeiten auf. Er zeigte zunächst eindrucksvolle Bilder beeindruckender Gebäude im Sonnengürtel der Erde, wo Lehm bereits seit Jahrtausenden als Baustoff verwendet wird. Traditionelle Fachwerkhäuser, die heute noch in zahlreichen deutschen Städten Bewohner und Touristen begeistern, präsentierte er genauso wie die Einsatzmöglichkeiten von Lehm in modernen Gebäuden. Claytec stellt 75 Baubiologische Architektur Traditionelle Lehmbaukunst - Al Jahili, Fort in Al Ain, Arabische Emirate, Bj. 1898 eine breite Palette an Baustoffen bereit, z. B. Lehmziegel, Mörtel, Grob, Fein- und farbige Putze oder Lehmbauplatten für den Trockenbau. Herr Paulik-Nederkorn gab einen leicht verständlichen Einblick in den Baustoff Lehm und dessen hervorragende bauphysikalischen Fähigkeiten. Er erläuterte kurz die aktuellen Lehmbau-Regeln, die Qualitätssicherung bei der Herstellung und Verwendung von Lehmbau-Produkten sowie verschiedene Lehmbautechniken. Innenraumgestaltung mit Lehmputzen Johannes Hajer und Hermann Gärtner berichteten aus Sicht des Handwerkers aus ihrem beruflichen Alltag bei der Innenraumgestaltung mit Lehmputzen in den verschiedensten Varianten – von den vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten, von harmonischen und kräftigen Farbtönen, von den positiven bauphysikalischen und haptischen Eigenschaften und von den Eigenarten und Möglichkeiten bei der Verarbeitung. Lehmbau-Normung in Deutschland Herr Stefan Jörchel vom Dachverband Lehm übernahm den „trockens- 76 te Austausch von Lehrenden und Lernenden gefördert. Menschen sollen ermuntert und befähigt werden, Naturbau-Materialien wie z. B. Lehm, Stroh und Kalk anzuwenden. Die Qualitätssicherung ist dabei ein wichtiger Bestandteil des Bildungskonzeptes. Angeboten werden Lehrgänge wie z. B. „GestalterIn für Lehmputze (HWK)“ mit abschließender Zertifizierung. Dazu wurden umfangreiche Lehrgangsmaterialien begleitend zum Praxisunterricht entwickelt. Vermittelt werden nicht nur handwerkliche Fähigkeiten sondern auch gestalterische und BeratungsKompetenzen. ten“ aber nicht minder wichtigen Teil der Veranstaltung - Normung und Gesetzgebung. Nach einem Rückblick zu alten – nicht mehr gültigen – DIN-Normen erläuterte er die Entwicklung zu den Lehmbau-Regeln – aktueller Stand 2008. Er erwähnte die Anwendungsmöglichkeiten von Lehm ebenso wie bauaufsichtliche Anforderungen, die in Deutschland an Lehmbaustoffe gestellt werden. Herr Jörchel erläuterte Baustoffund Bauteilkennwerte und ging im Detail auf die Anforderungen tragender bzw. nichttragender Lehmwände sowie der Lehmputze ein. Abschließend wies er noch auf Weiterbildungsmöglichkeiten für Handwerker zur zertifizierten „Fachkraft Lehmbau DVL“ und einen neuen Studiengang „Planen und Bauen mit Lehm“ für Architekten und Ingenieure ab Sommer 2011 an der Bauhaus Weiterbildungsakademie Weimar e.V. hin. (Lern-)Wege zum Lehm Frau Uta Herz von der europäischen Bildungsstätte für Lehmbau FAL e.V. widmete sich ebenfalls dem Thema Weiterbildung. In dieser Bildungseinrichtung werden Inhalte zum nachhaltigen Bauen vermittelt und der regionale und europawei- Arbeiten an der Bildungsstätte für Lehmbau FAL e.V. Herbert Danner Baubiologische Beratungsstelle IBN [email protected] 81825 München Wohnung + Gesundheit 3/11 - Nr. 138